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Das Rollenspiel >> Die Stadt Talyra >> Llwyfanen Llawr
(Thema begonnen von: Tantchen am 03. Aug. 2008, 22:14 Uhr)

Titel: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Tantchen am 03. Aug. 2008, 22:14 Uhr
Llwyfanen Llawr  (gesprochen: Liufainen Laur)


Das Haus

Im Norden der Mühleninsel, dort, wo der Llarelon sich in zwei Arme teilt, liegt Llwyfanen Llawr, ein großes, lang gestrecktes Grundstück, umgeben von einer halbhohen Mauer aus goldgelbem Sandstein. Seinen alten Tamairgenamen hat das Anwesen von den Eschen und Erlen, welche die Inselufer an beiden Flussarmen säumen, und von den hohen Nurmweiden und ausladenden Linden, die ihre schattenspendenden Äste über die weitläufigen Wiesen rund um das alte Haus breiten und diesem Teil der Insel das verwunschene Aussehen eines uralten und in Vergessenheit geratenen Parks verleihen. Im Süden des Grundstücks, dort, wo der Pfad von der Mühle am anderen Ende der Insel heraufführt, gewährt ein hoher, grüner Baldachin aus Blauregen anstelle eines Tores Zugang zu Llwyfanen Llawr, so dicht und verschlungen, dass der Rankbogen aus Holz darunter schon seit Jahren nicht mehr zu sehen ist. Dahinter beginnt ein gepflasterter Weg aus glatten, hellen Bruchsteinen, der sich durch hohes Gras unter den Bäumen hindurch schlängelt, wo er sich gabelt und sowohl linkerhand zu den Ställen und zu ein paar Nebengebäuden auf der Ostseite der Insel, als auch nach Westen führt, wo das Haus, umgeben von einer großen Linde und einigen Trauerweiden, am linken Flussufer liegt.

Llwyfanen Llawr ist ein altes, zweistöckiges Anwesen von nahezu quadratischem Grundriss mit Erkern an drei Hausecken und einem Wehrturm mit gemauerten Zinnen an der vierten, südöstlichen Ecke. Es trägt ein hohes Satteldach aus dunkelgrauem Schiefer, hat ein Fundament aus unbehauenen Flusssteinen und sicherlich eineinhalb Fuß dicke Mauern aus Fachwerk mit waldhonigfarbenen Balken. Das Haus schmiegt sich direkt an das Flussufer und wurde schon vor vielen, vielen Generationen unmittelbar an einen alten Rundturm aus lang vergangenen Zeiten angebaut - heute, zweihundert Jahre oder mehr nach seiner Grundsteinlegung sieht Llwyfanen Llawr mitsamt dem wuchtigen Turm so verzaubert und verwunschen aus, als sei es geradewegs einem uralten Märchen entsprungen: das ganze Gebäude ist bis hinauf zum Dach von wildem Wein und Efeu an der Nord- und Ostseite, von üppigen Kletterrosen mit goldgelben, weißen und lachsfarbenen Blüten und von duftendem Hopfen und zarten Waldreben an den West- und Südseiten vollkommen umrankt und verwuchert. Der grüne, blühende Umhang, den es trägt, ist so dick, dass er die strengen, verwinkelten Formen des alten Hauses längst weich geschliffen hat und nur noch erahnen lässt, und auch von den Außenwänden ist fast nichts mehr zu sehen  - nur hier und da blitzt noch ein Stück weißer Putz oder etwas vom wuchtigen Schnitzwerk der alten Balken hervor, und die zahlreichen, bernsteinfarbenen Sprossenfenster blinzeln wie tief liegende Augen aus dem dichten Blätterpelz. Erkertürmchen mit ebenso verschlungenen Schnitzereien und zierlichen Helmdächern ragen an drei Seiten wie anmutige Pilze aus den dichten Weinreben und den blühenden Rosenranken, im ersten Stock hängen hölzerne Lauben wie Schwalbennester zwischen Hopfensträngen und wucherndem Grün, und auf dem verwinkelten, hochgewölbten Dach sitzen zahlreiche kleine, halbrunde Gauben mit ebensolchen Fenstern.

Um die Süd- und Westseite des Hauses verläuft eine Veranda aus silberbleichen Holzbohlen, die sich zum Flussufer hin zu einer weitläufigen Terrasse verbreitert, bis sie ans Wasser reicht und in einen kurzen Bootssteg mündet. Auf der Nordseite des Hauses schließt sich an die Mauer ein kleiner Küchengarten mit einem Aprikosenbäumchen in der nordöstlichen Ecke und einem sprudelnden Quellbrunnen, der von ein paar moosigen Steinen eingerahmt wird, an. Rosmarin und Thymian, Lavendel, Majoran und Salbei, Minze und andere Kräuter blühen hier an der Hausmauer und verströmen in den Sommermonaten ihren würzigen Duft, Himbeeren und Johannisbeerbäumchen säumen die Wege, und die alten, steingefassten Beete bieten Platz für den Anbau von Früchten und Gemüse. An der südöstlichen Hausecke, direkt neben dem alten Rundturm, der sich unverrückbar und trutzig wie ein grimmiger, efeubärtiger Leibwächter an das Anwesen drängt, liegt geschützt von einem Windfang mit holzgeschnitzten Säulen die schwere, zweiflügelige Eingangstür aus dem gleichen Bernsteinholz wie die Sprossenfenster, die Fachwerkbalken und die Lauben, verziert mit kunstvollen Eisenbeschlägen. Links und rechts der Tür befinden sich zwei kleine, tief gesetzte Fenster mit bleigefassten Scheiben und bunten Glaseinlagen, und als Türglocke dient eine faustgroße gusseiserne Glocke, die von einem geschwungenen Halter in Form einer Fischflosse baumelt.




Das Erdgeschoss:

Durch die zweiflüglige Eingangstür gelangt man in eine weitläufige Halle von sicherlich 15 Schritt Länge und zehn Schritt Breite, die den zentralen Mittelpunkt des Erdgeschosses bildet. Der Eingangsbereich ist dabei von der eigentlichen Halle durch zwei mächtige hölzerne Pfeiler getrennt, die die balkendurchzogene Gewölbedecke tragen. Ranken und filigranes Blattwerk schlingen sich als kunstvoll gearbeitete Schnitzereien um die honiggoldenen Stützpfeiler und verflechten sich unterhalb der Decke zu halbrunden Bögen mit Mustern und Ornamenten. Vom Eingangsbereich aus, der auch als Garderobe genutzt wird und über Haken für Mäntel und Umhänge sowie eine geschnitzte Bank unter dem Fenster neben der doppelflügeligen Tür verfügt, gelangt man nach Norden in einen großen, lichtdurchfluteten Raum, der einen weiten Blick in den verwilderten, parkähnlichen Garten gewährt. Nach Süden hin schließt sich an die kleine Eingangshalle das verwitterte Gemäuer des mächtigen alten Rundturms an, der durch einen breiten, offenen Durchgang betreten werden kann. Das Untergeschoss des Turmes verfügt über eine große Feuerstelle und eine steile, gewundene Steintreppe, die sich in die Rundung der Außenmauer schmiegt und sich in die oberen Stockwerke des Turms hinauf schlängelt. Auch die große Halle verfügt über eine Feuerstelle, einen gewaltigen, gemauerten Kamin, mit dem sich gut und gern das ganze Stockwerk beheizen lässt, und zudem über einen gekachelten Rundofen in der Südwestecke des Raumes. In die Nische zwischen Südmauer und Turm schmiegt sich, der Turmrundung folgend, eine breite, geschwungene Holztreppe mit einem kunstvoll geschnitzten Geländer, die in das darüberliegende Stockwerk führt.

Gegenüber der Treppe, an der Nordseite des Hauses, befinden sich eine große, gewölbeartige Küche und links daran anschließend ein geräumiger Vorratsraum, von dem aus eine Falltür und eine schmale Stiege hinab in einen kleinen Eiskeller führen. Durch eine Außentür in der Nordmauer des Raums gelangt man in den an das Haus anschließenden Küchengarten hinaus, der Platz für Gemüsebeete, Kräuter und Beerensträucher bietet und einen Ziehbrunnen mit einer gemauerten Umfassung beherbergt. Die Küche des Hauses ist ein heller, rechteckiger Raum mit hoher Balkendecke und zwei großen Fenstern, zwischen denen sich eine gewaltige Feuerstelle mit eisernem Rost befindet, so groß und breit, dass man ohne weiteres einen halben Ochsen darin braten könnte. An der gegenüberliegenden Wand, neben der Eingangstür, befindet sich zusätzlich ein Küchenherd für den täglichen Gebrauch, ein eisernes Ungetüm mit Türchen und Laden, einem Wasserschiff und einer Bratröhre, und ein ausladender Spülstein in Form einer halben Muschel mit einer Wasserpumpe nimmt die gesamte nordwestliche Ecke ein. Die Mitte des Raumes beherrscht ein großer, massiver Tisch aus altersdunklem Eichenholz, der sowohl als Arbeitstisch, als auch als Esstisch genutzt werden kann. Die Westfront des Erdgeschosses nehmen drei große helle Räume ein, die über doppelte Fenstertüren verfügen, durch die man hinaus auf die hölzerne Veranda gelangt. Die Räume sind ebenso wie die Küche, der Vorratsraum und die Halle mit glatten, hellen Natursteinen ausgelegt. Die Wände im Erdgeschoss sind weiß gekalkt und teilweise von den mächtigen, bernsteinfarbenen Balken des Fachwerks durchzogen. Nur der Rundturm im Süden weist noch sein ursprüngliches, unverputztes Mauerwerk auf.


Das Obergeschoss:

Das obere Stockwerk ist vom Grundriss her ähnlich geschnitten wie das Erdgeschoss. Über die breite, hölzerne Treppe, die vom unteren Stockwerk herauf führt, gelangt man in eine weitläufige Diele, die den Mittelpunkt des Stockwerkes bildet. Die Westfront des Hauses nehmen drei große, helle und sonnige Räume mit hohen Fenstertüren ein, durch die man auf geschnitzte Balkone gelangt, die wie grünüberwucherte Schwalbennester an den Mauern des alten Hauses kleben. In der Nordostecke des Stockwerkes befindet sich ein etwas größerer Raum, der im Westen von einem weiteren Zimmer und im Süden von zwei kleineren Kammern flankiert wird. Die Böden bestehen hier, anders als im Erdgeschoss, aus glänzend dunklen Mooreichendielen. Neben der Haupttreppe im breiten Flur befindet sich eine weitere, etwas schmalere und steilere Treppe, die hinauf in den riesigen verwinkelten Speicher mit seinen Türmchen, Erkern und zahllosen kleinen Gaubenfenstern führt, der die ganze Breite und Länge des Hauses einnimmt und gut und gern so hoch ist wie eineinhalb weitere Stockwerke. Von der Diele aus gelangt man ebenso wie auch im Erdgeschoss in den gemauerten Rundturm, der sich im Süden anschließt. Das erste Turmgeschoss ist jedoch auch über die halbrunde Treppe von unten her zu erreichen. Die Stufen führen noch weiter nach oben in die dritte Ebene des Turms, von der aus man über eine schmale Stiege hinaus auf die zinnenbewehrte Plattform gelangt, welche im Sommer und bei schönem Wetter als luftige, hochgelegene Dachterrasse genutzt werden kann. Bis auf den langen Arbeitstisch in der Küche, sowie ein paar verstaubte, wuchtige Holzregale in der Vorratkammer ist das gesamte Haus, die Halle, die Diele, der Eiskeller, jeder einzelne Raum gähnend leer - bis auf einen, das erste Zimmer auf der Südwestseite im Erdgeschoss, allerdings ist auch das nur äußerst sparsam möbliert. Ein Schrank, ein Bett unter dem Fenster, ein kleiner Schreibtisch, ein Stuhl, ein Waschtisch und eine Kommode bilden die gesamte Einrichtung. Die Möbel sind schlicht, aus schönem Holz und gut gearbeitet, doch es fehlt alles, was einen Raum wohnlich machen würde - es gibt weder Bilder an den Wänden, noch Gobelins oder gar Felle auf dem Boden, noch nicht einmal einen Flickenteppich, geschweige denn irgendwelchen Zierrat. Auf dem Schreibtisch findet sich ein Tintenfass, ein paar gespitzte Federkiele und in den Schubladen Löschsand und feines Pergament, sowie ein paar persönliche Gegenstände, und auf einer hölzernen Puppe in einer Ecke hängt eine prachtvolle Rüstung und ein silbern schimmerndes Kettenhemd.


Das Grundstück:

Der Grund des Anwesens von Llwyfanen Llawr umfasst die ganze nördliche Hälfte der Mühleninsel im Llarelon und besteht hauptsächlich aus schattigen Weiden unter alten Bäumen und blühenden Wiesen. Hohe Bäume, vor allem Weiden, Zitterpappeln und Ulmen säumen die Ufer und schirmen die Insel so vom Lärm und dem geschäftigen Treiben der Stadt ab. Beete finden sich auf Llwyfanen Llawr außerhalb des Küchengartens nur rund um das Haus, wo gelbe und weiße Kletterrosen, Blauregen, Hopfen, Efeu, wilder Wein und Waldreben, Knöterich und Geißblatt wachsen und sich längst die Hauswände bis hinauf zum Dach erobert haben. Diamantgräser, Schilfgras und langfaserige Rispengräser, dazwischen Wegwarte, Spitzwegerich, Wiesenblumen, Kerbel und Bibernelle bilden einen grünen Teppich unter ausladenden Baumkronen, die ihre verzweigten Äste wie sonnendurchsprenkelte Baldachine über das Grundstück breiten.

Ganz im Norden der Insel bilden knorrige Obstbäume einen kleinen Hain um einen runden, rosenumrankten Pavillon von etwa vier Schritt Durchmesser. Seine halbhohen Wände und gedrechselten Säulen tragen ein vollkommen überwachsenes Dach und sind mit kunstvollen Schnitzereien verziert - Rankenornamente und Blattwerk schlingen sich um Koboldsgesichter, die vorwitzig hinter Heckenrosenblüten hervorlugen, flatternde Feen jagen zarte Schmetterlinge, Einhornköpfe bilden die zierlichen Kapitelle, Schwäne schmiegen ihre eleganten Hälse um die gedrehten Säulen und Geländer, ja selbst die Wände sind mit Reliefen verziert, die Szenen aus Märchen und Fabeln zeigen.

Am Ostufer der Insel finden sich ein paar Nebengebäude, die um einen gepflasterten Hofplatz angeordnet sind. An der Längsseite, nach Osten zum Fluss hin, befindet sich ein Pferdestall mit zwei großen Laufboxen, die Platz für sechs Tiere bieten würden, von denen derzeit aber nur eine hergerichtet ist, und einem fest umzäunten Auslauf mit sandigem Boden an der Nordseite, den ein Teil des tief gezogenen Holzschindeldaches beschattet. Im Auslauf, der auf der Ostseite direkt an den Llarelon reicht, wurde ein kleiner Teil des Ufers begradigt, eingefasst und speist mit seinem Wasser einen halbhohen Steintrog, der als Tränke dient. Der helle, luftige Stall besitzt ein Fundament aus grauen, unbehauenen Flusssteinen und weißgetünchten Fachwerkmauern mit silbergebleichten Holzbalken, sowie einen halbdunklen Heuboden unter seinem hohen Speicherdach. An der Südseite schließt sich ein hölzerner Anbau an, der als Sattel- und Futterkammer dient, wo in sauberen, fest verschließbaren Futterkisten und Holzfässern Hafer, Mais und Möhren gelagert werden können, und säuberlich aufgereihte Haken und Stangen an den Wänden Platz für Halfter, Zaumzeuge und Geschirre, Sättel und Schabracken bieten. Es riecht warm nach Leder, nach süßem Heu und Sattelseife, nach Hufteer und Pferd. So kahl und leer das Haus auch zurzeit wirken mag - der Stall ist in tadelloser Ordnung und bestens ausgestattet.

Nördlich des Stalles findet sich eine breite Holzscheune mit einer kleinen, aber gut bestückten Werkstatt, die ebenso aufgeräumt und ordentlich wirkt, wie der Stall. Größtenteils steht die Scheune leer, würde aber geräumigen Platz für Kutschen und Wagen bieten, beherbergt jedoch im Augenblick nur ein altes Heufuhrwerk, ein paar Bretterstapel, einen Hackklotz, einen Brühtrog, mehrere Kiepen und Flechtkörbe aus Weide und allerlei Gartengerätschaften. Gegenüber der Scheune, an der Südseite des gepflasterten Hofes sind weitere Stallgebäude - ein weiß verputztes Hühnerhaus und ein niedriges, lang gestrecktes graues Gemäuer, in welchem Boxen und Ställe für Kleinvieh wie Schweine, Gänse und Enten untergebracht sind. Der Schweinestall hat zudem einen kleinen Auslauf mit einer Matschsuhle, welcher mit dicken Balken umfriedet ist.

Ein Stück südlich dieser kleinen Hofstelle auf der Ostseite der Mühleninsel findet sich nahe am Fluss unter einer alten Weide zudem das Waschhaus, ein kleines Gebäude mit einer Feuerstelle, einem großen Waschkessel, mehreren Zubern und einer Wasserpumpe.

Titel: Re: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Tantchen am 03. Aug. 2008, 22:40 Uhr
"So, also... da wären wir." Sie haben die Mühleninsel von Südosten her kommend über die kleine Steinbrücke betreten, sind an der Llarelonmühle vorbei auf einem weichen, sich sanft schlängelnden Weg unter alten Bäumen entlang geschlendert und stehen nur vor dem Blauregentor. "Hier ist es... und der Vertrag ist ebenfalls fertig, wie ich sehe." Der Schreiber reicht Lady Caitrin einen Bogen Pergament, eng beschrieben mit schwungvollen Buchstaben und sie überfliegt das Schriftstück rasch mit den Augen, ehe sie es an Liadan weiterreicht, ihr jedoch zunächst keine Zeit zum Lesen lässt. "Sehr schön. Ihr bleibt hier, Ihr auch, Voldrin, ich bedarf Eurer Dienste im Augenblick nicht mehr. Liadan, komm nur und sieh dir alles in Ruhe an, ich werde dich gern ein wenig herumführen..." Gesagt getan. Lady Caitrin Darragh führt die junge Frau und ihren Skurro über das weitläufige Grundstück, zeigt ihr Wirtschafts- und Stallgebäude und bringt sie schließlich zum Haus hinauf. "Llwyfanen Llawr," stellt sie vor, als handle es sich um eine alte Persönlichkeit und im Grunde tut es das ja auch, " ehe sie einen Schlüssel vom klimpernden Bund an ihrem Gürtel löst und die Tür aufsperrt, um Liadan ins Innere zu führen. Drinnen ist es angenehm kühl und es riecht schwach nach Verbenen, Schmierseife und Lavendel, offenbar Überreste des letzten Großreinemachens, das noch nicht allzu lange her sein kann. "Ein paar meiner Scheuermägde waren im Frühjahr hier," erklärt Lady Darragh mit einem fast entschuldigenden Lächeln, "aber seither hat niemand mehr Llwyfanen betreten und ich fürchte es wurde auch nicht gelüftet. Du siehst also, die Anwesenheit einer Haushälterin hier ist wirklich dringend vonnöten. Und... könntest du dir vorstellen, das Angebot anzunehmen? Du hättest es hier wirklich gut und dein ahm... der Vogel, ich meine Sid, natürlich auch."

Titel: Re: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Liadan am 13. Aug. 2008, 19:30 Uhr
Erst als sie nach ihrem kleinen Spaziergang schließlich in der dämmrigen Halle Llwynfanen Llawrs stehen, gelingt es Liadan zum ersten Mal einen angefangenen Satz auch zu Ende zu sprechen, ohne dass er von der netten alten Dame schon nach allerhöchstens drei Worten zwar freundlich, aber überaus bestimmt wieder unterbrochen wird. Liadan hat in ihrem Leben zwar schon mit dem einen oder anderen plauderfreudigen Gegenüber zu tun gehabt, aber Lady Caitrins wasserfallartiger Redefluss übertrifft bei weitem alles, was ihr bislang untergekommen war, einschließlich ihrer tratschsüchtigen Tante Trine aus Mawr Hafran, die bis dato unangefochten den Spitzenplatz im Schnell- und Vielreden unter allen ihr bekannten Personen inne gehabt hatte. Lady Caitrin Darragh schlägt besagte Tante jedoch um Längen. Die alte Dame scheint zwischen den in atemberaubender Geschwindigkeit hervorgesprudelten Sätzen nicht einmal zum Luftholen eine Pause einlegen zu müssen, und Liadan ist inzwischen davon überzeugt, dass selbst ein schwatzhafter Kobold gegen solche Wortgewalt regelrecht schweigsam wirken würde. All ihre Bemühungen, den unablässig auf sie niederprasselnden Redeschwall zu unterbrechen und Mylady darauf hinzuweisen, dass hier offenbar ein gewaltiges Missverständnis vorliegen muss, waren ohne Erfolg geblieben, und sie hätte ebenso gut gegen eine Wand reden können – das Ergebnis wäre wohl in etwa das gleiche gewesen. "Das Angebot annehmen?" echot sie nun, ungläubig, verwirrt, und mittlerweile fest davon überzeugt, dass die gute Frau nicht mehr alle Tassen im Schrank haben und unmöglich ernst meinen kann, was sie ihr da soeben angetragen hat. "Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr mich nicht mit irgend jemandem verwechselt? Ihr könnt unmöglich mich damit meinen! Ihr kennt mich ja nicht einmal, und dennoch wollt Ihr mich in Eure Dienste nehmen und mir die Verantwortung für ein solches Haus übertragen?"

Es muss ein Traum sein. Ganz sicher bin ich nur in einem Traum gelandet, es kann gar nicht anders sein. Niemand, nicht einmal geistig verwirrte alte Damen, käme auf die Idee, ein wildfremdes Mädchen von der Straße aufzusammeln und ihr so eine Arbeit anzubieten, vor allem nicht eines, das ein völlig verdrecktes Kleid trägt, tausendschrittweit gegen den Wind nach Fisch stinkt und ein verfressenes Monster von Vogel bei sich hat. In einer Mischung aus Argwohn und ungläubiger Verwirrung starrt Liadan die alte Dame an, die eigentlich gar nicht wie jemand aussieht, der offenbar vollkommen den Verstand verloren hat, sondern eher wie die gute Zauberin aus den Märchen ihrer Kindheit. So wie sie Liadan gerade anlächelt, ihr begütigend den Arm tätschelt, und mit erwartungsvoller Miene auf eine Antwort wartet, wirkt sie völlig klar im Kopf, und so, als wüsste sie ganz genau, was sie da gerade eben tut. Von geistiger Verwirrung ist jedenfalls nicht die leiseste Spur zu sehen. Na gut, dann ist es eben kein Traum, sondern ein Märchen – auf jeden Fall kann es nicht real sein. So viel Glück hat kein Mensch, am allerwenigsten so ein Unglücksrabe wie ich. Und wenn doch, dann muss es irgendwo einen Haken geben, und zwar einen ganz gewaltigen! Nervös tritt Liadan von einem Fuß auf den anderen und überlegt fieberhaft, wo dieser Haken sein könnte. Sie ist gar keine nette alte Lady, sondern sie ist dieser Mädchenmörder, der zur Zeit in der Stadt umgeht und sich nur zur Tarnung als nette alte Lady verkleidet hat, mutmaßt sie und ihre Augen verengen sich zu misstrauischen Schlitzen. Oder es ist die Mutter dieses Mädchenmörders, die ihrem Perversling von Sohn gerade neue Opfer besorgt. Oder ... allmächtige Götter .... dieser ominöse Neffe, der hier angeblich wohnt, ist selbst dieser Mädchenmörder, Himmel....

Bevor ihre Phantasie jedoch allzu verrückte Kapriolen schlagen kann, schaltet sich ihr gesunder Menschenverstand wieder ein und schimpft sie eine dumme, hysterische Pute. Liadan Briaque, jetzt komm gefälligst mal wieder runter auf den Teppich! Sieht diese nette Dame vielleicht aus wie die Mutter einer mörderischen Bestie? Nein, tut sie nicht. Also, dann fackle nicht lange, sondern unterschreibe jetzt endlich diesen Vertrag, bevor sie sich jemand anderen sucht. Sei nicht blöd - so viel Glück muss man einfach beim Schopf ergreifen! Und wirklich, kaum eine halbe Stunde später, nachdem Lady Caitrin sie vergnügt durch sämtliche Stockwerke und Räume des Gebäudes geschleift, ihr alles gezeigt und ihr zudem versichert hatte, dass das Angebot ernst gemeint sei, sie alle Voraussetzungen erfüllen würde (welche das sein sollen, hat Liadan zwar nicht so ganz verstanden, aber sie wagt auch nicht, sich genauer danach zu erkundigen), der Vogel nicht stören würde, ihr Neffe kein Serienmörder und sie selbst keine geisteskranke Irre sei, starrt Liadan auf das eng beschriebene Pergament, das sie in den Händen hält und soeben eigenhändig unterzeichnet hat. Das alles war so schnell gegangen, dass sie noch gar nicht richtig begreift, was sie da gerade eben getan hat. Götter im Himmel, hoffentlich habe ich jetzt nicht den Fehler meines Lebens begangen .... Zusammen mit Lady Caitrin und deren Scriptor war Liadan Passus für Passus des Vertrages durchgegangen, aber ihre Aufregung war so groß gewesen, dass sie einiges gar nicht richtig verstanden hatte. Da waren einige merkwürdig klingende Wendungen gewesen, die sie ein wenig stutzig gemacht und zum Nachfragen bewegt hatten, aber Mylady hatte sie nur angestrahlt und ihr versichert, dass dies alles völlig unwichtige Nebensächlichkeiten wären.

Nun ist sie jedenfalls offiziell die Haushälterin Llwynfanen Llawrs – und fühlt sich, als wäre sie gerade von einer Horde ausgewachsener Oger in Kampfausrüstung überrannt worden. Völlig sprachlos blickt sie sich in der riesigen Eingangshalle um, die so groß ist, dass man mühelos die alljährliche Herbstkarawane darin unterbringen könnte und immer noch Platz für drei Regimenter Blaumäntel hätte. War ihr die Kinnlade schon allein beim Anblick des parkähnlichen Anwesens nach unten geklappt, so war sie ihr beim Rundgang durch das Gebäude dann vor lauter ungläubigem Staunen vollends auf die Brust gesackt. Das Haus ist riesengroß, die Zimmer wahre Ballsäle, und durch den gewaltigen Rundturm und die vielen Nischen, Erker, Gauben und spitzen Dächlein wirkt es ein wenig wie ein verwunschenes Märchenschloss. Zwar ist es staubig, vernachlässigt, verlassen und leer, aber es ist wunderschön. Liadan kann beim besten Willen nicht verstehen, dass niemand sich bislang die Mühe gemacht hat, mehr aus diesem Haus zu machen, es mit Leben zu erfüllen und aus seinem Dämmerschlaf zu wecken. Auch wenn sie anfangs nicht ganz sicher gewesen ist, ob dies die richtige Arbeit für sie sein würde – jetzt ist sie überzeugt, dass sie genau das ist. Und am liebsten würde sie auf der Stelle damit anfangen. Liadan wirft Lady Caitrin, die neben ihr steht, einen vorsichtigen Blick zu. "Und ich kann hier auch wirklich wohnen, Mylady?", vergewissert sie sich noch einmal. "Und Sid auch? Wann soll ich denn anfangen? Und wann kommt Euer Neffe von seiner Reise zurück? Und wo kann ich Euch erreichen, wenn ich Euch brauche?" Jetzt sprudeln auf einmal tausend Fragen nach oben, und sie beginnt, ohne es überhaupt richtig zu bemerken, aufgeregt ihre Hemdsärmel hochzukrempeln, so als wolle sie sich auf der Stelle in die Arbeit stürzen. "Und ... und ... Ihr sagtet doch, Ihr würdet die Kosten für die Anschaffungen übernehmen? Könnte ich dann vielleicht einen Besen besorgen? Und einen Wassereimer und Schmierseife? Jedenfalls habe ich nichts davon hier im Haus gesehen ..."

Titel: Re: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Tantchen am 29. Aug. 2008, 15:41 Uhr
Auf dem Original des Vertrages und der Abschrift trocknet die Tinte und Lady Caitrin pustet sie ebenso behutsam wie zufrieden, und nutzt das dicke Pergament vor ihrem Gesicht gekonnt, um das Glitzern des Triumphes in ihren Augen ebenso zu verbergen, wie ihr Lächeln, das gut in das Gesicht einer Katze gepasst hätte, die eben den Sahnetopf entdeckt hat. Wundervoll! Der gute Voldrin an ihrer Seite hingegen sieht aus, als habe er auf eine Zitrone gebissen und beschießt seine Arbeitgeberin mit vielsagenden Blicken, die allesamt von Hölle und Verdammnis künden - allein, es nützt ihm nichts, denn Caitrin Darragh ignoriert ihn vollkommen. Herrje, was hatte sie reden müssen, um diesen widerspenstigen Lockenkopf zu überzeugen - wie ein Wasserfall hatte sie auf das Mädchen neben ihr eingeschnattert und war sich selbst beinahe vorgekommen wie eine dieser fetten Julnachtsgänse, ihr war bald schon nichts mehr eingefallen. Und dann hatte die Kleine auch noch angefangen, eine um die andere Frage auf sie abzuschießen wie Erbsen aus einem Blasrohr, so dass ihr nichts anderes übrig geblieben war, als ihr immer wieder rigoros ins Wort zu fallen, aber die Mühe hatte sich gelohnt. Sie hat unterschrieben! Caitrins Herz schlägt vor lauter Aufregung schneller. Großartig! Sie war ja von Anfang an überzeugt von der Kleinen gewesen, doch jetzt ist sie restlos begeistert von dem Mädchen. Das ist keine, die sich leicht den Schneid abkaufen lässt. Sie hat Mumm in den Knochen und das Herz am rechten Fleck... und sie ist bildhübsch, mehr kann ja wohl niemand verlangen. Außerdem ist sie nicht auf den Mund gefallen und auf den Kopf schon gar nicht, und ich kann in ihren Augen sehen, wie sehr ihr Llwyfanen gefällt - alles bestens. Dabei hatte sie dem armen Voldrin sogar jedes Mal dezent auf den Fuß treten müssen, wann immer sie beim Durchgehen des Kontrakts an eine umständlich formulierte, heiklere Vertragsfloskel gelangt waren - von denen es genau genommen nur zwei gibt -, damit dieser dem Mädchen auf ihr verwirrtes Stirnrunzeln hin nur ja nichts erklärt. Das wäre ja noch schöner! Aber einerlei, es ist geschafft. Jetzt muss nur noch...
>Und ich kann hier auch wirklich wohnen, Mylady?< Unterbricht Liadan Lady Caitrins weit in die Zukunft vorausseilende Gedanken und diese rollt lächelnd den Vertrag zusammen, reicht ihn an Voldrin und nickt verschmitzt. "Aber natürlich mein Kind. Und Sid selbstverständlich auch. Wie solltest du sonst auch... ähm... ich meine, das ist doch viel praktischer so. Außerdem sind Kost und Logis traditionell frei für Haushälterinnen und Oberste Mägde, ich kenne keine, die nicht in dem Haushalt lebt, den sie führt."

>Wann soll ich denn anfangen?<
"Anfangen? Nun, am besten sofort, wenn du das einrichten kannst. Ich hoffe, du hast keine anderweitigen Verpflichtungen?"
Das Mädchen schüttelt eilig den Kopf, hat aber sogleich die nächsten Fragen parat. >Und wann kommt Euer Neffe von seiner Reise zurück? Und wo kann ich Euch erreichen, wenn ich Euch brauche?< Sie hat noch nicht einmal ausgeredet, als sie auch schon arbeitseifrig ihre Ärmel zurückschiebt. Lady Caitrin unterdrückt ein leises Prusten und verdreht vielsagend die Augen zur Hallendecke. "Das wissen allein die Götter - oder vermutlich noch nicht einmal die. Er kann übermorgen wieder hier sein oder erst in zwei Jahren. Du kannst mich aber jederzeit im Stadthaus der Darraghs im Seeviertel erreichen oder in unserer Komturei am Hafen, dort bin ich fast jeden Vormittag."
>Und ... und ... Ihr sagtet doch, Ihr würdet die Kosten für die Anschaffungen übernehmen? Könnte ich dann vielleicht einen Besen besorgen? Und einen Wassereimer und Schmierseife? Jedenfalls habe ich nichts davon hier im Haus gesehen ...<
"Oh ja natürlich - nun, wie du siehst herrscht ein eklatanter Mangel an Einrichtung in diesem Haus, aber ich bin mir sicher du wirst das rasch ändern. Ich schicke dir gleich noch einen Boten mit dem nötigen Silber vorbei, sobald ich zu Hause bin. Du kaufst einfach alles, was du brauchst und was dir sonst noch nützlich erscheint, ja? Apropos... herrje, es ist spät, ich muss mich sputen. Gesellschaftliche Verpflichtungen, weißt du. Hier sind die Schlüssel..." Caitrin drückt Liadan ohne Umschweife den schweren Eisenring mit den zahlreichen Schlüsseln in den verschiedensten Größen und Ausführungen in die Hand. "Ich habe leider überhaupt keine Zeit, dir zu zeigen, welcher für welches Schloss gehört, du wirst sie ausprobieren müssen. Der Große ist für die Eingangstür. Also, mein liebes Kind, wir sehen uns und hören voneinander." Mit einem letzten gütigen Lächeln verabschiedet sich Caitrin Darragh von einer immer noch ein wenig verdutzt drein blinzelnden Liadan, tätschelt Sid noch einmal den Kopf, sammelt ihren Schreiber ein und verlässt Llwyfanen Llawr mit einem höchst selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht. Voldrin, der Skriptor, schüttelt nur den Kopf, und als er hinter seiner Herrin das Blauregentor passiert und die beiden Wachmänner sich ihnen mitsamt den Hunden wieder anschließen, raunt er resigniert in ihr Ohr: "Mylady, dafür werdet Ihr ganz sicher in der Hölle schmoren!"
"Papperlapapp!" Ist Caitrin Darraghs einzige fröhliche Antwort und ihr perlendes Lachen ist noch zu hören, als sie die Mühleninsel längst verlassen haben.

Eine Stunde später erscheint, flankiert von zwei weiteren, doch diesmal anderen Wachen des Hauses Darragh, ein Bote in Llwyfanen Llawr, der mit wichtigtuerischer Miene und ganz steif vor Verantwortung eine kleine, eisenbeschlagene Holztruhe schleppt. Er überreicht sie Liadan nebst den passenden Schlüsseln mit langen Fingern und den besten Grüßen seiner Herrin, Lady Darragh. "Ich bin Meister Gruffyd, der Haushofmeister des darraghschen Stadthauses. M'lady hat mir aufgetragen dir auszurichten, dass du nicht sparsam mit dem Silber umzugehen brauchst und alles Notwendige anschaffen möchtest. Darüber hinaus bittet sie dich, unbedingt auf Qualität - die Darraghs haben schon immer viel Wert auf Qualität gelegt - zu achten und keine Kosten zu scheuen." Sein Gesichtsausdruck macht deutlich, was er von derlei Vorschußlorbeeren was Vertrauenswürdigkeit und Verantwortung angeht, hält, schließlich steht er schon dreißig Jahre in den Diensten der Darraghs und weiß, was sich gehört (was garantiert nicht einschließt, einem wildfremden Gör soviel Silber in die Hand zu geben). Blasse, graue Augen huschen forschend über Liadans Gesicht und ihre Gestalt, und allmählich wird die strenge Miene des dürren, alten Haushofmeisters weicher und in Gruffyds schlaffen Mundwinkeln erscheinen winzige Falten, die so etwas wie ein dünnes Lächeln bilden. Eine wirkliche Gelegenheit tatsächlich noch freundlich zu werden gönnt sich der Mann dann allerdings doch nicht, denn schließlich ruft die Pflicht und er muss an seine höchst ehrenvolle und obendrein sehr wichtige Arbeit zurück. Gruffyd überlässt Liadan also Silber und Anweisungen, verabschiedet sich mit einer steifen, kleinen Verbeugung und verlässt Llwyfanen ebenso säuerlich wieder, wie er es betreten hatte.

Titel: Re: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Lady Caitrin Darragh am 12. Okt. 2009, 12:34 Uhr
Langsam und bedächtig streift eine hochgewachsene Frauengestalt in einem dunklen Umhang, der feucht ist vom ewigen Nebel und dem leichten Herbstregen, durch die leeren Räume des alten Hauses. Nirgendwo stehen Möbel, keine Teppiche, noch nicht einmal Binsen bedecken den Boden, kein Gobelin verschönt die kahlen Wände, und so hallen ihre Schritte laut von dieser beschämenden Nacktheit und Leere wider, obwohl sie sich bemüht, leise aufzutreten. Die glänzenden Dielen unter ihren Lederschuhen sind von einer dicken Staubschicht bedeckt, die Steinfliesen im Erdgeschoss ebenso. Lady Caitrin Darragh rümpft ihre Nase und schüttelt den Kopf. Sie hatte so viel Hoffnung in das junge Mädchen gesetzt, das sie als Magd und Haushälterin eingestellt hatte, aber leider hatte sich das als Irrtum erwiesen. Oh, die Kleine war nicht verkehrt gewesen, trotz ihres seltsamen Vogels, aber sie hatte nicht bleiben wollen und war schon nach wenigen Tagen wieder verschwunden und nur die Götter wissen, wo sie abgeblieben war. Spielt das eine Rolle? Sie war wohl nicht die richtige für Llwyfanen Llawr und du solltest nicht immer so überheblich sein anzunehmen, du könntest alles und jeden richtig beurteilen. Ihr verletzter Stolz schmerzt mehr als die Tatsache, dass das Mädel einfach sang- und klanglos und ohne jede Erklärung gegangen war. Nun, immerhin hat sie das gute Silber zurückgelassen. So leer und kalt wirkt das alte Haus im düsteren Herbstgrau draußen wie ein verwunschenes Gemäuer und Lady Caitrin zieht fröstelnd ihren Umhang fester um die Schultern. Was bei allen Göttern sollte sie ihrem Bruder schreiben? 'Der Junge ist immer noch nicht wieder da, aber es war ohnehin die reine Verschwendung, ihm das Haus zu überlassen, denn selbst wenn er in der Stadt wäre, was er nicht ist, würde er nicht hier leben?' Sie hatte dieses Haus geliebt als sie jung gewesen war, aber damals war es voller Licht und Wärme gewesen. Und voller Lorcains jeden Alters… aber wir sind wenige geworden und das Haus steht leer. Es ist eine Schande.

Ihr älterer Bruder hatte seine Frau zu früh verloren und nur einen einzigen Sohn, und ihre zwei jüngeren Brüder waren alle in den sûrmerischen Grenzkriegen gefallen. Sie selbst war eine Darragh geworden und die Götter hatten keines ihrer sechs eigenen Kinder das zwölfte Jahr erreichen lassen. Das kommt davon, wenn man einen schwachen Mann zum Gemahl nimmt… Oh, sie hatte den alten Darragh geliebt so lange er ihr Leben geteilt hatte und dann viel zu früh in Sithechs Reich gegangen war, aber er war schwach gewesen, eher ein Gelehrter und Schöngeist, als ein Mann des Stahls. Er war ein erstklassiger Schütze gewesen und ein guter Jäger, aber auf seinen Schwertarm hätte sie nicht gewettet. Götter, selbst ich hätte ihn an einem guten Tag leicht niederzwingen können. Aber die Gedichte, die er mir schrieb, haben mein Herz immer zum zittern gebracht. Geboren in einem alten herzländischen Clan der stolz war auf das wilde Blut seiner Vorfahren, hatte auch sie als junges Mädchen den Umgang mit Schwert, Schild und Speer erlernt, und sie war gut gewesen. Doch als sie vor so vielen Jahren, vor einem ganzen Leben wie es ihr scheint, Baran Darraghs Frau geworden war, hatte sie das aufgegeben. Ich habe Kinder geboren, die mir die Götter nahmen, aber bei allem was mir heilig ist, ich habe keines so geliebt wie diesen ungezogenen Jungen, den Sohn meines Bruders. Sie hatte ihn praktisch großgezogen, als seine Mutter bei der Geburt ihres zweiten Sohnes im Kindbett gestorben war und das Baby mit ihr, und er war ein wildes Kind gewesen. Sie kann nicht mehr sagen, wie oft sie ihm die Ohren lang gezogen oder ihn übers Knie gelegt hatte, weil er allen Unfug auf Rohas weitem Rund auf einmal anstellen musste. Wild ist er immer noch. Und nicht hier. Hör auf, dir über etwas den Kopf zu zerbrechen, was du nicht ändern kannst, alte Frau. Und nun mach dass du nach Hause kommst und ein paar Scheuermägde hier vorbeischicken kannst. Es sieht entsetzlich aus. Die hochgewachsene Gestalt in dem dunklen Umhang verlässt das alte Anwesen so rasch und ungesehen, wie sie gekommen war und das alte Gemäuer mit seinen leeren Räumen und dem grünüberwucherten Turm fällt zurück in seinen verwunschenen Zauberschlaf.


Titel: Re: Llwyfanen Llawr
Beitrag von Varin am 25. Nov. 2010, 11:16 Uhr
<- Verder Tor

"Da wären wir." Varin hat Calait, den Wagen und sämtliche Tiere (soweit er sagen kann waren fast alle, die Lía vorhin in den Wald entlassen hatte, kaum dass sie mit Rhordri Talyra den Rücken gekehrt hatte, postwendend wieder zum Tor herein und in Calaits wartende Arme marschiert) auf die Mühleninsel im Llarelon gebracht und steht nun im flackernden Schein seiner zischenden Fackel vor dem Blauregentor. "Hier könnt Ihr bleiben und die Tiere auch. Kommt ich zeige Euch, wo Ihr den Wagen lassen könnt." Er führt sie auf den Weg aus glatten Bruchsteinen, doch nicht hinauf zum Haus, das in der Nacht bestenfalls als dunkler Umriss irgendwo nördlich von ihnen zu erahnen ist, sondern zu den Ställen am Ostufer der Insel. "Hier in der Scheune steht nur ein altes Heufuhrwerk, wenn Ihr wollt, könnt Ihr den Wagen dazu stellen, dann habt Ihr… ein bisschen mehr Dach über dem Kopf. Hier im Stall gleich unterhalb der Scheune könnt  Ihr die Pferde lassen. Lasst sie auf dem eingezäunten Sandplatz, es gibt einen Steintrog den der Fluss mit Wasser speist. Futter und Einstreu solltet Ihr auf dem Heuboden unter dem Dach finden, aber ich weiß nicht, wie frisch beides ist. Ich lasse Euch morgen etwas von der Steinfaust her bringen, für heute sollte es jedoch genügen. Außerdem könnt Ihr Eure… Pferde, Schafe und Esel auch auf den Wiesen weiden lassen. Ich weiß nicht, ob schon Äpfel reif sind, aber hinter dem Haus wachsen auch Brombeeren… jedenfalls gab's dort mal welche. Ihr müsst einfach selbst nachsehen, aye? Aber ich denke, für heute Nacht seid Ihr versorgt. " Er hilft ihr noch die Pferde abzuschirren und den Wagen in die Scheune zu schaffen, doch sie scheint in Gedanken weit fort, vermutlich bei ihrer Schwester, und ist sehr schweigsam, so dass Varin sich bald verabschiedet. "Ich sehe morgen nach Euch, Wildkatze, ich muss auf meinen Posten zurück. Eure Schwester ist bei Rhordri in den besten Händen, er kennt das Larisgrün in und auswendig und seine Hunde werden jede Fährte Colevars aufnehmen, die es gibt. Macht Euch keine allzu großen Sorgen, aye? Schlaft gut und… behaltet Eure Knie bei Euch, wenn wir uns wiedersehen."



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