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Das Rollenspiel >> Die Stadt Talyra >> Anukis' Tempel
(Thema begonnen von: Niniane am 20. Okt. 2002, 14:12 Uhr)

Titel: Anukis' Tempel
Beitrag von Niniane am 20. Okt. 2002, 14:12 Uhr
Im Tempelviertel, inmitten der weitläufigen, lichten Haine die sich um den Faeyristempel erstrecken, liegt ein kleiner Wald mit dichterem Baumbestand. Schwarzkiefern und mächtige Buchen sind ungewöhnlich hoch und bilden ein undurchdringliches Laubgewölbe, das den Himmel fast völlig verdeckt. Ein schmaler Pfad führt etwa fünfzig Schritt tief in den Wald hinein und mündet dann unvermittelt in eine Lichtung. Zwei Wolfsstatuen flankieren das Ende dieses Weges zu beiden Seiten, eine aus milchweißem, andere aus mattschwarzem Marmor. Ihre Augen aus Bernstein und Jett scheinen den Pfad mit funkelnder Wachsamkeit zu beobachten - Nachtjäger und Schwarzfell, die steten Begleiter der Anukis, Göttin der Wälder, der Wildtiere, der Jagd, der Kobolde und Feen.
Hinter ihnen erhebt sich das steinerne Rund des Anukistempels: die Außenwände sind mit wundervollen Steinreliefs geschmückt, die in eindrucksvollen Bildern von den Legenden künden, die sich um Anukis und ihre Archonen ranken und sich rund um das ganze Gebäude ziehen. Der Eingang zum Tempel selbst führt über drei flache, breite Stufen hinauf zu einem Tor, das von zwei schlanken Goldbuchen aus gelbgoldenem Erikarmarmor gebildet wird, deren Kronen sich als hochgewölbter Torbogen ineinanderverschlingen.
Das Innere des Tempels ist ein einziger, hoher runder Raum. Er hat keinen Boden, doch duftendes, stets blühendes Smaragdgras bewächst ihn. Schlanke, wie Bäume geformte Säulen tragen das gewölbte Dach, umrankt von weißblühenden Lianen mit herzförmigen, dunklen Blättern. Handtellegroße Schmetterlinge in leuchtenden Farben schwirren in dem Säulenwald umher und saugen Nektar von den großen Blütenkelchen der Lianen. Stets herrscht im Inneren des Anukistempels grünes Zwielicht und goldener Dunst.
Inmitten dieser Lichtung thront die Statue der Anukis, ganz in ein Gewand aus Laub, Lianen und Blütenranken gehüllt. Ihre Augen sind aus faustgroßen, rundgeschliffenen Smaragden und der weiße Alabaster ihrer Haut ist mit Goldstaub überpudert. Zu ihren Füßen, die sich zwischen Gräsern und Farnen verlieren, erhebt sich ein Schwarm Schmetterlingsfeen, die Flügel aus bunter Jade und Kobolde aus Bronze und Stein sind um sie her. So erhaben diese Statue wirkt, sie hat dennoch etwas wildes, geheimnisvolles an sich und stets ist ihr smaragdener Blick wachsam und tief.
Im Rund der Mauer um den Säulenwald sind die Schreine ihrer Archonen eingelassen und deren Abbilder stehen in Wandnischen über kleineren Opferaltären - Nimrod Schattenjäger mit seinem mächtigen Bogen und dem gewaltigen Jagdhorn, daneben Sechmet, deren Unterleib einem Skorpion gleicht, die Herrin der Insekten und Gifte. Hinter Anukis zur Linken der Schrein Tapios, des Herren der Tiere, dessen Bronzestatue einen gewaltigen Höhlenbären zeigt.  Neben Tapio, rechts hinter der Göttin, steht Wer, der Wandler mit den gelben Raubtieraugen und schließlich, winzig klein unter den anderen, die Statue von Schnellzunge, Königin der Kobolde und Feen, einem kleinen geflügelten Wesen mit riesigen Augen.


NSC's:

Thrandar,
der Oberste Priester und Tempelvorsteher, ein recht humorloser und bisweilen ziemlich sauertöpfischer alter Knochen.

Frau Eluna,
Anukispriesterin und Novizenmeisterin, freundlich und grauhaarig.

Bruder Galbert,
ein etwas ängstlicher Anukispriester mit haarlosem Kopf und rosigem Mäusegesicht.

ein namenloser Kräutermeister

Halyn,
ein junger Novize mit dem Hang impertinente Fragen zu stellen und leicht zu erröten.

und noch etwa zwanzig weitere Priester und doppelt soviele Novizen und Tempeldiener.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 20. Okt. 2002, 20:11 Uhr
Sie brauchen nicht lange, bis sie den Tempelbezirk erreichen und Falcon sie zu einem schmalen Pfad in der Nähe des Faeyris Tempels führt. Die Bäume stehen dicht und halten den Wind ab, der eben in den Straßen noch an ihren Mänteln gezerrt hat. Ihr dichtes hohes Dach, einer lebenden Kuppel gleich, ließe selbst dann kaum einen Stern am Abendhimmel erkennen, wenn sie nicht schon von Wolken verdeckt wären.

Arwen zählt die Schritte nicht, aber es kommt ihr nicht sehr weit vor, als zwei marmorne Wolfsstatuen treffen, die wie Wächter die Mündung des Pfades auf eine Lichtung hüten. Eine merkwürdige Spannung erfasst sie. Sie kennt diese Bildnisse, kennt sie aus einem Tempel ihrer Kindheit. Nachtjäger und Schwarzfell! Kurz sucht ihr Blick Falcon, wandert dann zum Tor des Tempels, dessen Marmor von innen heraus golden zu schimmern scheint. Die Reliefs werfen unregelmäßige Schatten und wirken wie lebendig. Dieser Tempel ist Anukis geweiht! Langsam und voller Ehrfurcht treten sie näher an den Tempel heran, betreten die Stufen und stehen dann vor dem Tor, dessen Flügel geschlossen sind. Zögernd, unsicher hebt Arwen die Hand undlegt sie gegen den Knauf des Torflügels. Zu ihrem Erstaunen genügt ein leichter Druck um das Tor sich lautlos öffnen zu lassen. Nochmals blickt sie zu Falcon, schlägt dann ihre Kapuze zurück und geht hinein.

Arwen sieht sich dem Abbild ihrer Göttin gegenüber und bleibt wie erstarrt stehen. Ihr ist, als ob die strahlenden grünen Augen ihr ins herz und bis auf den Grund ihrer Seele schauen. Demütig senkt sie den Kof und kniet nieder. Eine ganze Weile verharrt sie in stummem Gebet ehe sie sich wieder erhebt und nach Falcon umsieht. Jetzt weiss sie, was er mit einem wahrhaft heiligen Ort gemeint hat. Kein Tempel könnte ihr so heilig sein, wie dieser. Sie streckt ihm die Hand entgegen, und als er sie ergreift, geht sie mit ihm näher an die Statue heran. Zu Füßen der Statue, aber mit einem respektvollen Ab-stand, lässt sie sich auf dem Boden inmitten des Smaragdgrases nieder und schlägt ihren Mantel zurück. Dann fängt Arwen an zu reden, ihre Stimme ist leise und oft stockt sie zwischen den Worten.

"Meine Mutter war Hohe Priesterin von Anukis und hat im Unsterblichen Reich gelebt. Es war nicht irgendein Dämon, gegen den sie kämpfte. Ich weiss zwar nicht warum und wie es dazu kam,  was dieser Erzdämon tat, ob er auf den Himmelsinseln für den Dunklen spionierte, als meine Mutter es mit ihm aufnahm... vielleicht wüsste mein Vater es, aber hat immer dazu geschwiegen... auf jeden Fall war er wohl gut verborgen und sehr stark, sie konnte ihn nicht bezwingen... aber ebensowenig konnte er sie bezwingen... und als er das schließlich einsehen musste, rächte er sich mit diesem Fluch, der nicht nur die Macht meiner Mutter brechen sollte, sondern die aller Frauen aus ihrer Linie im Hause Mitarlyr.

Das Medaillon, das mein Vater ihr  an dem Tag geschankt hatte, als er sie zu seiner Hohen Gemahlin machte, zerbrach unter dem Fluch in fünf Teile, die in alle Winde verschwanden... Mutter wandte all ihre Macht auf um den Fluch zu brechen, doch zu mehr als seine Folgen zumindest teilweise zu bannen, reichte auch ihre Macht nicht."

Falcon hat ihre Hand nicht losgelassen und hört ihr schweigend zu. Und als sich eine einzelne Träne aus ihrem Auge löst, wischt er sie mit einer behutsame Geste fort.

"Für meinen Vater bin ich in zweifacher Hinsicht ein verfluchtes Kind... Denn Teil des Fluches war, dass meine Mutter ihm keine lebenden Kinder mehr würde schenken können, was sie jedoch verschwieg. Doch einen solchen Fluch kann selbst eine Hohe Priesterin nicht ungestraft abwenden. Als sie mich zur Welt brachte, bezahlte sie mit ihrem eigenen Leben dafür, sie starb noch im Kindbett.

Ich wuchs auf, und lange Jahre zeigte der Fluch scheinbar keine Auswirkungen bei mir. Als ich alt genug war, gab mein Vater mir den Siegelring meiner Mutter und führte mich bei Hofe ein, so wie es üblich war. Erst später, als ich schon längst von zu hause fort war, wurde mir bewusst, we oft hinter mir her getuschelt wurde und manche einen großen Bogen um mich machten. Und dann geschah das, was alle seit meiner Geburt befürchtet hatten. Einige Zeit, nachdem du damals verschwunden warst, waren Wut, Trauer und Zorn so groß, dass der Fluch sich zum ersten Mal rührte und die Kontrolle übernahm... Von  der Einrichtung in meinen Gemächern blieb nicht viel übrig und ich verletzte mich dabei schwer. Du kennst die lange weiße Narbe an meiner Seite, sie erinnert mich ständig an diesen Tag. Und diese Ausbrüche kamen immer öfter, ohne dass ich es verhindern konnte. Mein Vater litt darunter mindestens ebenso wie ich, darunter mir nicht helfen zu können, und was er nicht alles versuchte. Schließlich sah die Familie nur noch eine Ausweg, ich sollte zu einem Lehrer, der die Macht hätte mir das beizubringen, was ich bräuchte um diese Ausbrüche zumindest soweit kontrollie-ren zu können, dass ich mich und andere nicht mehr verletzte. Ich kam zu Naurgol in den nördlichen Bergen, und was dort geschah, weißt du ja schon. Der Fluch forderte das nächste Opfer."

Arwen holt tief Luft und kämpft gegen die Tränen an, die ihre Augen schon längst verdächtig glänzen lassen. Es dauert eine Weile, bis sie wieder weiterspricht.

"Kannst du dir vorstellen, was in mir vorging, als ich jetzt von Elen diese Silberteile bekam? Und mir bewusst wurde, dass Naurgol sie schon seit langer Zeit besessen haben musste? Es sind vier der fünf Teile des Medaillons. Meine Hoffnung auf ein Leben in Frieden ist nicht mehr länger nur ein Traum, ich bin diesem Ziel so nahe wie nie zuvor... Und gleichzeitig tun sich soviele Fragen auf... Wie lange hatte er die Teile schon? Wusste mein Vater davon? Schickte er mich deshalb zu Naurgol?... Ich habe das Gefühl, dass das Ruhen des Fluches auch damit zusammenhängt, dass diese vier Teile wieder zusammen sind, dass dem Fluch dadurch ein Teil seiner Macht genommen ist, zumindest vorerst."

Endlich hat sie sich alles von der Seele geredet, sie fühlt sich erleichtert und erschöpft... und hungrig. Seit dem Frühstück, einer Scheibe weißen Brotes mit Honig, waren schon einige Stunden vergangen. Schweigend senkt sie den Kopf und warte auf eine Reaktion von Falcon, der dicht neben ihr sitzt. Sie muss lächeln, als einer der Schmetterlinge sich auf ihrer Hand niederlässt, seine Flügel ausbreitet und flatternd einen grüngoldenen Staub auf ihrem Handrücken verteilt ehe wieder davonfliegt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 20. Okt. 2002, 20:46 Uhr
Als Falcon mit Arwen den Tempel betritt, kommen in ihm Bilder aus der Vergangenheit in den Sinn. In eben so einem Tempel war er zusammen mit Thoronder zum Templer geschlagen worden. Auch damals waren Nachtjäger und Schwarzfell anwesend gewesen um die letzte Prüfung ihres Glaubens zu überwachen.

Geduldig hört Falcon Arwen zu wie sie von ihrer Vergangen spricht und von iher Mutter. Zum Teil kennt er sie schon, doch gibt es auch viele neuen Dinge, die die Geschichten über den Fluch in ein ganz anderes Licht erscheinen lassen. Ihm überläuft es Eiskalt als sie von diesem Erzdämon spricht und irgendwie wird ihm mulmig als sie die Himmelinseln erwähnt. Als sie endet und dem Schmetterling hinterherschaut, nimmt Falcon sie in den Arm.

" Glaubst du das das etwas an unserer Liebe ändert? Ich habe dir gesagt das ich dir Helfe den Fluch zu brechen, wir sind füreinander Bestimmt Arwen, und kein Mensch, Elb oder Dämon wird dich mir noch einmal wegnemen. Wir werden das fünfte Teil finden, und diesen Fluch endich brechen. Das schwöre ich hier und jetzt und mögen die Götter zeugen meines Schwur werden.
Hört ihr Nimrod, Sechmet,Tapios,Wer,Schnellzunge, und auch du Anukis? Ich werde nicht eher ruhen bis der Fluch der auf dem Haus Mitarlyr liegt, gebrochen ist." Falcon kniet vor Arwen nieder" Und auch bei unserer Liebe Arwen Rhîviel".

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 06. Nov. 2002, 11:42 Uhr
Ehrfürchtige Scheu erfasst Arwen, wie immer, wenn sie einen der Tempel ihrer Göttin betritt. Sie legt die Hand gegen einen der beiden großen Türflügel und ohne das geringste Geräusch schwingt er auf und sie kann einreten.

Ruhe und Stille umfängt sie und ein sanftes grünes Zwielicht liegt zwischen den lianenumkränzten Säulen. Schmetterlinge umschweben die weißen Blüten, die Nischen und Kapellen der Archonen und die alles beherrschende Statue von Anukis. Wie schon bei ihrem ersten Besuch hier, hat Arwen das Gefühl, die strahlenden Augen würden ihr bis in die tiefsten Tiefen ihrer Seele blicken. Rspektvoll nähert sie sich der Statue bis auf wenige Schritte und kniet mit gesenktem Kopf vor ihr nieder. Stumm spricht sie ihre Gebete und legt einen der von ihr geflochtenen Herbstkränze am Fuß der Statue ins Smaragdgras.

Nach einer Weile, in der sie regugslos verharrt, holt sie zwei lederne Pakete aus ihrem Korb und legt sie vor sich hin. Sie schlägt das Leder auseinander, richtet ihren Blick nach oben und sieht ihre Göttin an; kein Laut kommt über ihre Lippen, als sie stumm um deren Segen bittet. Vor ihr liegen ein Bündel schlanker, silbergrauer Pfeile mit weißen Federn und ein elbisches Schwert mit leicht geschwungener Klinge in einer schmucklosen Lederscheide.

Anukis! Herrin! Lange Jahre ist es her, dass meine Mutter diese Waffen mit Eurem Segen und in Eurem Namen führte... und in der Stunde ihrer schwersten Prüfung das größte Opfer brachte... Auch wenn ich heute noch einen anderen Namen trage als den, den mein Vater mir einst gab, kann und will ich nicht länger verleugnen, wessen Tochter ich bin und wem ich diene.

Dann hast Du Dich also endlich entschlossen, dein Erbe zu akzeptieren und anzunehmen? ... Arwen Liasiranis? Die Stimme, die im Geiste Arwens widerhallt, ist mächtig und sanft zugleich, uralt wie die Felsen tief unter den Wäldern der Welt, und sie erfüllt die Elbin mit unerwarteter Ruhe.

Wer bin ich, dass ich mich dem Schicksal und dem Willen der Götter widersetzen könnte? Ich bin die Tochter von Amithra Winterwind, und ich werde das Erbe meiner Mutter antreten. So wie es vorherbestimmt ist und wie meine Mutter einst auch... in Eurem Dienst... als eine Eurer Priesterinnen.

So sei es denn, Liasiranis, doch nicht hier imTempel liegt deine Aufgabe.

Ich weiss, Herrin, und deshalb bin ich auch hier um Euren Segen und Schutz zu erbitten. Eine dunkle Bedrohung ist unter dieser Stadt erwacht, und ich werde jene begleiten, die sich dem stellen wollen... mit den Waffen meiner Mutter und der Macht, die mir von Euch gegeben ist.

Tue, wozu du dich entschlossen hast, und nimm die Waffen deiner Mutter, auf denen auch in deinen Händen mein Segen liegen möge... Doch hüte dich vor dem Toben der Dunkelheit, der Fluch in dir ruht nur, er ist noch lange nicht gebrochen.

Dankbar senkt Arwen den Kopf fast bis zum Boden, hatte sie doch kaum zu hoffen gewagt, dass ihre Göttin auf ihre Gebete antworten würde. Mit langsamen Bewegungen schlägt sie Pfeile und Schwert wieder in Leder ein und legt sie zurück in den Korb. Mit einer letzten Verneigung erhebt sie sich und verlässt den Tempel wieder, um sich zusammen mit dem noch immer wartenden und inzwischen frierenden Knecht auf den Weg zurück nach Vinyamar zu machen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 12. Jan. 2003, 12:46 Uhr
Voller Stolz reitet Falcon hinter Arwen her, zum ersten mal seit ewiger Zeit hatte Arwen sich als das gezeigt was er sie wirklich war die Erbin eines der mächtigsten Elbenhäuser, und anscheinend war sich dessen jetzt wieder bewußt. Gebieterisch reitet sie durch die Straßen der Stadt ohne sich auch nur mal umzu sehen. Falcon auf Shadow an ihrer Seite um sie gegen jegliche Gefahren zu beschützen.Caewlin würde sich wahrscheinlich nicht mehr einbekommen Ein leichtes lächeln legt sich auf sein GesichtDieser Segen kommt wie von den Göttern gesant, nun entlich kann ich sie fragen ob sie meine Frau wird. Oder sollte ich warten bis sie das Amulett wieder zusammen gefügt hat und somit den Fluch gebrochen hat?

Zusammen kommen sie am Tempel an, und erst jetzt dreht Arwen sich zu ihm um. Steigt ab und läßt die Zügel von Amrod hängen.

" Hier drinnen wird sich mein und unser Schicksal entscheiden " haucht sie, dann geht sie in das Gebäude hinein.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 12. Jan. 2003, 20:18 Uhr
Der Schnee auf der offenen Grasfläche vor dem Tempel ist kaum berührt, nur wenige Gläubige scheinen den Weg hierher in den Hain zum Tempel zu finden. An den breiten, flachen Stufen, die zum Tor des Tempels führen, zögert Arwen kurz und schlägt die Kapuze ihres Mantels zurück. Ihr Blick bleibt an den aus gelbem Marmor gefertigten Goldbuchen hängen, die das Portal einrahmen. Sie scheinen aus sich selbst heraus zu leuchten, sanft wie ein Gruß und unerbittlich in der Mahnung an die Macht der Göttin, der dieser Tempel geweiht ist. Ich weiss, dass meine Entscheidung die richtige ist, aber warum habe ich dann Angst davor zu tun, was getan werden muss? Arwen holt tief Luft und nach einem weiteren, kaum merklichen Zögern tritt sie über die Stufen bis vor das Tor, Falcon kaum einen Schritt hinter sich spürend.

Sie legt ihre Hand gegen das Tor, und wie bei ihren Besuchen zuvor lässt es sich leicht öffnen und schwingt nach Innen auf um sie einzulassen. Mit wenigen Schritten treten sie in das grüne Zwielicht zwischen den Säulen des Tempels, das sich mit dem goldenen Dunst zu einem sanften Dämmerlicht vermischt.
Arwen geht bis auf wenige Schritte an die Statue Anukis' heran. Das Gefühl, dass die grünen Augen ihrer Göttin ihr bis in die Tiefen ihrer Seele schauen ist ihr inzwischen schon fast vertraut und bereitet ihr kein Unbehagen mehr. Sie beugt das Knie und mit gesenktem Kopf spricht sie im Geist ihr Gebet mit der Bitte um den Segen Anukis' für das was sie vorhat. Nach einer Weile erhebt sie sich und wendet sich zu Falcon um, der dicht hinter ihr steht und wartet. Besorgt und fragend ruht sein Blick auf ihr. Kurz greift sie nach seiner Hand und hält sie für einen Moment fest.

"Ich bin mir sicher, Falcon. Wo, wenn nicht hier, sollen wir Rat finden? Oder auf Hilfe hoffen dürfen?" Auch mein Vater suchte einst die Hilfe der Priester.

Arwen löst ihre Hand aus seiner und gemeinsam treten sie zwischen den baumgleichen Säulen hindurch in das grüne Zwielicht des Säulenganges der die Kapellen der fünf Archonen miteinander verbindet un die Smaragdgraslichtung mit der Statue Anukis' umgibt. Wie es scheint, sind sie alleine im Tempel, in keiner der Kapellen sind Gläubige anzutreffen, und auch Priester sehen oder hören sie nicht. Erst als sie an der Kapelle von Nimrod anlangen, treffen sie auf einen jungen Burschen in der dunkelgrauen Tracht der Novizen. Als er sie hört, dreht er sich zu ihnen um und wirkt etwas erstaunt und erschrocken, als er sich so plötzlich den beiden Elben gegenübersieht. Arwens Gesicht bleibt unbewegt, als sie ihn anspricht.

"Anukis zum Gruße. Ich erbitte eine Unterredung mit dem Priester, der diesem Tempel vorsteht. Bringt uns zu ihm."

Der Blick des Novizen wandert irritiert von der Hochelbin vor ihm zu dem Mann neben ihr und dann zu dessen Schwert, dass unter dem zurückgeschlagenen Mantel offen zu sehen ist. Noch nie hat er außer den Templern jemanden Waffen im Tempelbereich tragen sehen. Doch dann bemerkt er das Amulett, das milchig auf dem Wams des Mannes schimmert und ihn als Angehörigen der Templer Anukis' ausweist. Mit einem kurzen Nicken verschwindet der Junge zwischen den Säulen des Tem-pels.

Es dauert nicht lange, bis der Novize in Begleitung eines Priesters zurückkehrt, ihn zu Arwen und Falcon führt und dann in den Schatten verschwindet, bemüht nicht weiter aufzufallen. Schweigend steht der Priester den beiden Elben gegenüber und mustert sie eingehend. Schnell bemerkt er das Amulett der Templer bei dem Elben, doch die Frau vermag er nicht wirklich einzuschätzen. Eine Hochelbin, soviel kann er sehen, doch etwas an ihr scheint anders zu sein als an den Elben die er bisher traf.

"Ich grüße euch. Ihr wünschtet den Obersten der Priester zu sprechen. Was führt euch zu ihm?"

"Ich möchte ihn in einer vertraulichen Sache sprechen, einer Angelegenheit die nicht für jede Ohren bestimmt ist." Ihre Stimme wird leiser, aber nicht weniger bestimmt. "Es geht um Amithra Winterwind und das Haus Mitarlyr, ich ..."

Der Priester erbleicht sichtlich als er die Namen hört und unterbricht Arwen mit einer respektvollen Geste die sie auch gleich bittet ihm zu folgen. Der Mann schweigt, selbst als sie an einem kleinen Rundbogentor aus Goldbuchenholz angelangen, spricht er kein Wort, sondern öffnet stumm den Türflügel und lässt sie beide hindurchtreten. Hinter ihnen schließt er die Tür.
Sie befinden sich nun wieder außerhalb des Tempels. Ein säuberlich gefegter und vom Schnee befreiter Weg aus rötlichen Pflastersteinen führt direkt auf ein schlichtes Haus mit hölzernen Wänden und grasbewachsenem Dach zu. Schlanke Stämme junger Weiden und Buchen flankieren den Weg, neigen ihre Kronen einander zu und ihre Äste bilden einen lebendigen Laubengang über dem Weg.der Schnee und Wind abhält.  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 12. Jan. 2003, 20:20 Uhr
Der Weg bis zudem Haus ist nicht weit, und schnell stehen sie vor der Tür. Der Priester bittet sie hin-ein bis in den Vorraum und verschwindet dann durch eine der Seitentüren. Doch nur wenig später kehrt er zurück und bittet sie ihm weiter zu folgen. Er führt die beiden Elben durch kurze Gänge und Flure, deren Boden mit altersdunklen Fliesen belegt sind bis zu einer hohen Tür aus reich geschnitztem schwarzen Holz.

"Der Älteste unserer Priester wird euch empfangen."

Er nöffnet die Tür, dann ist er fort und Arwen und Falcon stehen dem Ältesten der Anukis-Priester gegenüber. Ein großer, schlanker Mann mit dichten weißen Haupthaar, den das Alter nicht gebeugt hatte. Gekleidet in das grüne Gewand der Anukis-Priester und das Zeichen seiner Göttin auf der Stirn, sind doch seine Augen das Auffälligste an ihm: Grau wie der Nebel im Herbst und blau wie die Wasser der Meere im Sommer ist ihnen eine Tiefe zu eigen, wie Arwen sie noch nie zuvor bei einem Menschen erlebt hat. Eine Tiefe die von großem Wissen spricht, von Verständnis und Mitgefühl und von der Macht die aus diesen Dreien erwächst.

"Ich heiße euch willkommen, ich bin Thrandar, der Älteste hier. Man sagte mir, ihr wünschtet mich zu sprechen. Doch sagt mir, wer seid ihr, und warum sucht ihr mich auf?"

Seine Stimme ist tief und ruhig als er spricht und die beiden Elben neigen respektvoll die Kopfe zum Gruß. Ein gütiges Lächeln steht in den Augen des Alten, die die beiden aufmerksam mustern. Arwen ist ein kurzes Zögern anzumerken, als die beiden Stimmen in ihrem Inneren wieder erwachen. Doch schnell bringt sie die eine zum Verstummen.

"Ich... wir suchen euch auf, weil wir uns von euch Rat und Hilfe in einer schwierigen Angelegenheit erhoffen.... Ich..." Ihr Götter, warum ist es so schwer die Wahrheit auszusprechen? "Mein Begleiter hier ist Falcon An Cu. Und ich... mein Name ist Arwen Liasiranis, und es geht um Amithra Winterwind und den Fluch der über sie und das Haus Mitarlyr kam. Es geht um das Erbe, das von meiner Mutter auf mich kam. "

Es ist ihr anzusehen, wie schwer es ihr gefallen ist, dieses auszusprechen, doch nun, wo es getan ist, wirkt sie erleichtert und sieht den Priester offen an. Thrandar hingegen ist von der Bücherwand an der er eben noch gestanden hat näher an sie heran getreten und sein durchdringender Blick hat etwas Wachsames angenommen.

"Ihr nennt Namen aus längst vergangenen Zeitaltern als wäre es erst wenige Monde her. Doch so ist es wohl bei den Elben die den Tod nicht kennen, nur den endlosen Wandel der Zeiten. IHR seid also das verfluchte Kind... Aber was führt euch zu mir? Welche Hilfe erhofft ihr euch? Ich bin kein Magier, und schon gar nicht einer der Hohepriester, die solch einen Fluch brechen könnten."

Arwen greift unter ihren Mantel und löst den kleinen Lederbeutel von ihrem Gürtel. Heraus holt sie ein in Seide eingeschlagenes Bündel und breitet es auf dem Tisch aus, vor dem der Priester steht, die vier Teile aus Yalaris und den Smaragd. Das Pergament holt sie hervor undlegt es neben die fünf Teile. Mit leiser Stimme und in knappen Worten berichtet sie, von dem was in dem Pergament steht, was die Überlieferungen über das Medaillon und die Möglichkeiten zum Brechen des Fluches berichten und über ihre Unsicherheit bezüglich des Smaragdes, über den Brief ihres Vaters. Sie endet damit, dass sie von dem Ruf Anukis' berichtet, der sie erreichte und verbirgt nicht länger das Zeichen auf ihrer Stirn, das sich in einem kräftigen Grün auf ihrer Stirn zeigt.
Thrandar lauscht ihren Worten schweigend, in seinem Gesicht ist keinerlei Regung zu erkennen, selbst Arwen fällt es schwer, etwas von seinen Gefühlen an seinen Augen abzulesen. Als sie geendet hat,  schweigt der Priester einen langen, lähmenden Augenblick. Dann nickt er.

"Eine lange Zeit ist seit all diesen Ereignissen vergangen, viele Generationen von Priestern wurden geboren und starben wieder seither. Doch wurde das Wissen immer weitergegeben... Auch wenn die Linie der Hohepriesterinnen mit dem Tod eurer Mutter für viele Jahrhunderte unterbrochen wurde. Doch wie es scheint seid ihr wirklich die Tochter und Erbin von Amithra... Und es gab nicht nur jene fünf Bücher, die jetzt die Shenrahpriester im Haus der Bücher bewahren."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 12. Jan. 2003, 20:22 Uhr
Und dann berichtet der alte Priester ihnen, dass es einst sechs Bücher waren, die der Hohe Tempel von Barad-Giliath bewahrt hatte. Das sechste Buch habe Aufzeichnungen über den Kampf Amithras mit dem Erzdämonen und über den Fluch enthalten unter den sie fiel, außerdem eine Sammlung von Bannsprüchen und Gegenzaubern. Ein Buch also, das dem Kundigen große Macht eröffnen würde, Macht die niemals in falsche Hände geraten durfte.
Die Geschichte, die unter den Priestern von Generation zu Generation überliefert wurde und irgendwann beinahe den Rang einer Legende einnahm, berichte, dass dieses Buch damals dem Haus Mitarlyr überlassen werden sollte um einen Weg zu finden den Fluch zu brechen; oder wenn er nicht zu brechen sei, ihn wenigstens zu bannen. Doch das Buch wurde von einem ungetreuen Boten ebenso unterschlagen wie der Smaragd, und die Hoffnungen Tianrivos wären zu Staub zerfallen. Der Bote blieb verschwunden, ebenso das Buch und der Stein. Viele Gerüchte und Legenden würden sich um den Verbleib es Buches ranken, die niemand zu belegen vermocht habe oder zu widerlegen. Einst sollle ein Priester das Buch gefunden, es tief unter der Erde verborgen und mit einem Schutzbann vor den Dienern des Dunklen und ihren Anhängern geschützt haben. Ein Bann, der jedem dunklen Wesen oder Diener des Bösen den Zutritt dazu verwehren würde.

"Ihr seht also, es liegt außerhalb meiner Kenntnisse und meiner Macht euch zu helfen den Fluch zu brechen. Vermutlich haben die alten berichte Recht, die besagen, dass nur das Zusammenfügen des Medaillons den Fluch brechen wird. Aber WIE das zu schaffen ist, vermag ich nicht zu sagen. Wenn es euch bestimmt ist, das Medaillon zu vereinen, werdet ihr einen Weg finden."

Schweigend haben Arwen und Falcon den Worten des Mannes gelauscht, und Enttäuschung breitet sich in ihnen aus. Und das obwohl sie vieles erfahren haben, was sie bisher noch nicht wussten. Dinge von denen sie vielleicht nur noch nicht wissen, wazu es ihnen einst dienen wird, es zu wissen. Und ebenso schweigend schaut Arwen zu, wie Thrandar den Smaragd in die Hand nimmt und ihn gegen das Licht einer Kerze hält, die Gravuren auf den beisen Seiten prüfend betrachtend.

"Auch wenn ich euch nicht gegen den Fluch helfen kann, kann ich euch vielleicht helfen, herauszufinden, ob dies das Herzstück des Medaillons ist. Bitte folgt mir."

Er wartet, bis Arwen die anderen Teile wieder in das Seidentuch eingeschlagen und in dem Beutel an ihrem Gürtel verstaut hat und das Pergamnt in der Tasche ihres Kleides verschwunden ist. Wortlos folgt sie dem Priester durch die Flure aus dem Haus und zurück zum Tempel. Ihr Blick trifft den Falcons, und für einen kurzen Moment suchen ihre Hände einander und halten sich fest. Im Tempel ver-gewissert Thrandar sich kurz, dass niemand außer ihnen dort weilt. Dann bedeutet er Falcon am Portal zu wachen und führt Arwen vor die Statue von Anukis in der Mitte der Lichtung.

"Breitet dieTeile aus und legt den Smaragd in ihre Mitte. Das Medaillon wurde von den Priestern Barad-Giliaths geweiht. Wenn es der richtige Stein ist, dann sollte er sich im Angesicht der Göttin offenbaren."

Er legt Arwen den Stein in die Hand und tritt zurück in das grüngoldene Zwielicht zwischen den Säulen. Für einen Moment macht sich Unsicherheit in Arwens Augen breit und Ihre Augen suchen den Blick Falcons. Ein beruhigendes Lächeln ist die Antwort.

Was haben wiwr schon zu verlieren? Nichts. Selbst wenn es nicht der Stein ist, haben wir wenigstens Gewissheit.

Sie holt die Teile wieder aus dem Beutel, breitet das Tuch zu Füßen der Statue aus und legt die vier silbernen Teile zu einem Ring zusammen, die Symbole der fünf Archonen nach oben. Als letztes legt sie den Smaragd in die Mitte, mit der Anukis-Rune nach oben. Dann tritt sie einen Schritt zurück und blick zum Gesicht der Statue empor, die Gedanken ein einziges Flehen um eine Antwort.

Ein sanftes grünes Leuchten am Rande ihes Blickfeldes zieht ihren Blick wieder nach unten. Ein Schwarm Schmetterlinge umkreist das zusammengelegte Medaillon und goldener Staub rieselt von ihren Flügeln auf das Seidentuch herab. Doch Arwens Blick hängt wie gebannt auf dem Smaragd, alles was sie noch wahrnimmt ist das strahlend grüne Leuchten der eingravierten Anukisrune auf dem Stein.

Es ist der richtige Stein, Thrandar hatte Recht.

Ohne dass sie es merkt, laufen ihr Tränen über das Gesicht und sie sinkt auf die Knie.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 12. Jan. 2003, 21:11 Uhr
Falcon eilt zu Arwen herüber und kann sie gerade noch auffangen. Ihre Schultern beben und ein leises schluchtzen ist zu hören, doch kann der Silvan ihre Tränen nicht sehen, hat sie doch ihr Gesicht in ihren Händen verborgen.

" Es ist gut, alles wendet sich zum Guten. Die Göttin ist uns hold, hörst du Arwen?"


Thrandar kommt langsam näher, bleibt bei den Stücken stehen und beobachtet kurz die Schmetterlinge, dann hebt er das Seidentuch und die einzelnen Teile vorsichtig hoch, wickelt sie ein und überreicht sie an Falcon.

" Sei an ihrer Seite Templer wenn sie dich braucht, den ein dunkler Weg liegt vor ihr, und auch vor dir. Das Haus der Falken ist längst nicht mehr auf dem Weg der Göttin, aber du bist nicht wie sie, das spüre ich. Und vielleicht kannst du das unrecht wieder gut machen, das einst begangen worden ist. Geht jetzt, es gibt viel über das ihr nach zu denken habt."

Arwen erhebt sich und ihre Augen sind gerötet, doch liegt ein lächeln auf ihrem Gesicht. Sie verbeugt sich vor Thrandar, dann dreht sie sich um und schaut Falcon in die Augen, das mal auf ihrer Stirn verblasst wieder.

" Lass uns nach Hause gehen, wir haben gehört was wir hören sollten. " Ihr Lächeln ist so bezaubernd und der Glanz in ihren Augen bricht die letzten Zweifel über ihre gemeinsamme Zukunft. Zaghaft ergreift der Silvan die Hände von Arwen, führt sie an seine Lippen und berührt sie sanf. Thrandar ist vergessen...der Fluch ist vergessen...alle Zweifel und Änste sind verflogen.
Die Zeit scheint still zu stehen, für diesen magischen Augenblick, der nur den beiden gehört.
" Arwen Rhiwiel, denn für mich wirst du immer die selbe bleiben. Gewähre mir die Ehre meine Frau zu werden, auf das wir immerdar zusammen sein werden. Meine Liebe zu dir, ist stärker als jede Magie. Bitte werde meine Frau."
Falcon neigt den Kopf und berührt mit der Stirn ihre Handflächen.

Im Hintergrund hören beide Thrandar:

" Seit je her gibt es  den Spruch, dass Liebe stärker ist als alle Magie und jeder Fluch.
Das Medaillon war ja einst ein zeichen der Liebe."



Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 12. Jan. 2003, 21:31 Uhr
Sein Gesicht verrät ihr seine Aufgewühltheit, die grünen Augen sind dunkel wie bodenlose Brunnen. Dann beugt er sich vor, nimmt ihre Hände in seine, und küsst sie behutsam. Ihr Herz schlägt mit einem schmerzhaften Schlag schneller und sie kann ihren Blick nicht von seinem lösen.

"Falcon... ich..." Sie weiß nicht, was sie sagen soll, und sein Tonfall und der Spruch von Thrandar, der in ihren Ohren wiederhallt wie ein Orakelspruch, verwirren sie noch mehr. Zögernd hebt sie die Hand und streicht ihm die hellen Haare aus der Stirn, ihre Hand lässt sie an seiner Wange liegen. "Ich weiß nicht, was ich dir antworten soll, Falcon. Du kennst meine Gefühle für dich... aber ich bin auch Priesterin, mein Leben habe ich in die Hände der Herrin gelegt. Niemand außer ihr weiß, welches Schicksal mich erwartet oder welche Opfer noch von mir verlangt werden." Unsicherheit klingt in ihrer Stimme mit. "Gleichwohl habe ich das Recht und die Freiheit der Wahl...."

Ihre Augen wandern über sein Gesicht als suche sie darin die Antwort auf eine unausgesprochene Frage. Sie betrachtet sein Gesicht, er wirkt sehr ruhig, nur seine Augen lassen ahnen, was in ihm vorgeht. Sie sehen Arwen offen an, gewähren ihr schutzlos Einblick in seine Seele. Der Ausdruck ihres Gesichtes ändert sich, der fragende Blick verschwindet aus ihren Augen und ein Lächeln spielt um ihre Lippen und lässt ihre Augen strahlen.

"Ich habe meine Wahl schon lange getroffen, Falcon. Mag mein Schicksal auch in den Händen Anukis' liegen, mein Herz und meine Liebe gehören dir... ich gehöre dir."

Sie lächelt, ein langsames strahlendes Lächeln nur für ihn allein. Dann nimmt sie seine Hand, berührt die Handflächen sanft mir den Lippen und legt sie an ihren Hals, dort, wo unter dem Stoff ihres Kleides das Amulett ruht, das er ihr im Sommer geschenkt hat.

"Ich lieb dich, Falcon. Ich will den Bund mit dir eingehen, und dass ein Priester den Segen der Herrin über uns spricht. Ich möchte mein Leben mit deinem verbinden."

Ihre Stimme ist nur ein Flüstern, die Worte nur für Falcon bestimmt. In diesem Moment ist die Welt um sie herum völlig bedeutungslos.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 12. Jan. 2003, 21:48 Uhr
Sie Wissen nicht wie viel Zeit vergeht, wie sie so dastehen und sich in den Armen halten. Zeit spielt keine Rolle, nicht für die beiden Elben, sie bemerken nicht wie der Priester geht um ihr Glück nicht zu stören. Ein Singvogel läßt sich ganz in ihrer Nähe nieder, ein Vogel der gar nicht hier sein dürfte um diese Jahreszeit und singt sein Lied nur für sie.
Lange Zeit später rührt sich Falcon als erster, von seinem Finger nimmt er einen unscheinbaren silbernen Ring, ohne jegliche Verzierung oder Schrift.

" Ich weiß das unsere Liebe keine Zeichen braucht um uns daran zu erinnern, aber ich bitte dich trage ihn, bis ich mein eigenes Haus mein eigen Nenn, den nicht mehr zum Haus der Falken gehöre ich."

Vorsichtig steckt er ihr den Ring an den Finger, dann Verlassen sie gemeinsam den Tempel. Vor dem Gebäude warten Arod und Shadow, und als wenn sie die Feierlichkeit der Stunde errieten, beugen die beiden edlen Rösser die Köpfe. Der Silvan hebt Arwen aufs Pferd bevor er auf Shadow steigt und sie zusammen zurück reiten, zurück nach Hause.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 05. März 2003, 20:50 Uhr
Irgendwann weicht die Sonne und der Schatten der Ross und Reiter geworfen haben verschwinden, auch wird der Straßenlärm den Falcon die ganze Zeit vernommen hat weniger, bis er allmählich ganz versiegt. Durch die stille um ihn herum schreckt er auf und schaut sich erstaunt um. Schwarzkiefern und mächtige Buchen umgeben ihn, strecken ihre Wurzeln und Äste nach ihm aus und der Elb meint das die Bäume ihm nachschauen, doch ist es nur seine Einbildung. Falcon ist schon mal hier gewesen, jetzt erkennt er den Ort. Ein schmaler Pfad führt weiter in den kleinen Hain hinein und der Templer meint die Augen der beiden Wölfe zu sehen die ihn anstarren.
" Du hast mich zwar nicht nach Hause geführt Shadow, dennoch bin ich dir nicht böse."
Bedächtig langsamm steigt Falcon ab und läßt den Rappen hinter sich als er in den Hain geht. Kurze Zeit später sieht er Nachtjäger und Schwarzfell als stumme Wächter vor den Tempelmauern, als er stehen bleibt stupst Shadow ihn von hinten an, ihn auffordent weiterdrängend. Jaja mein schwarzer Freund, du hast recht.
Mit einem stillen Gruß an die beiden Wächter passiert Falcon die Stufen zu den Goldbuchen, er hat heute keine Augen für die feinen Arbeiten an der Außenmauer, schnell geht er auf die Lichtung direkt zur mitte. Vor der Statue der Anukis bleibt er stehen schaut zu ihr hinauf, dann sinkt er auf die Knie und vergräbt sein Gesicht in seine Hände. In der Steinfaust hatte er sich nur mit mühe zusammen reißen können, schon als Olyvar ihm das Pergament mit der Nachricht reichte und dann als er Kalmir sah und mit ihm sprach. Heute hatte er erfahren das sein Elternhaus, das Haus der Falken dem Untergang geweiht war, entgültig und offiziel. Niemand, nicht einmal Falcons Vater konnte sich den Elbenfürsten und ihren Gesetzten wieder setzen, es war noch nicht oft vorgekommen und man sprach noch seltener davon, aber Falcon wußte was mit dem Haus der Falken geschehen würde. Sein Vater würde zum Tode verurteilt werden und alle Familienangehörigen verbannt. Der Name des Hauses und somit das Haus würden getilgt werden, auf das man es vergisst.
"Warum nur Anukis, warum nur muß ich in solchen Zeiten des Elend leben? Ist meine Liebe zu Arwen verboten, das man mich so sehr Straft?"
Die Göttin gibt dem ratlosen Templer keine Antwort, stumm und starr steht sie über ihn.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 05. März 2003, 21:23 Uhr
Falcon schaut nicht hoch, er hatte nicht wirklich eine Antwort erhalten und als er plötzlich eine kleine Hand auf seinem Kopf spürt, schreckt er auf und fällt auf den weichen Grasboden. Vor ihm steht ein junges Mädchen, eine Elbin mit schwarzem Haar und grauen Augen, ihre Haut ist alabasterweiß und spannt sich fest über ihre hohen Wangenknochen, doch am meisten fesseln  Falcon die tiefen Augen. Als sie spricht ist ihr Stimme leise und er hat schwierigkeiten sie zu verstehen. " Du bist nicht der einzige der hier vergeblich Trost sucht, auch ich bin hierher gekommen um zu trauern, doch die Götter erhöhren unser flehen nicht...nicht mehr. Die Welt um uns herum versinkt in Schatten und Blut und SIE steht immer nur herum und tut nichts, hält ihre Untergebenen nicht beisammen. Nein SIE hört uns nicht, sie will uns nicht hören! Die Welt versinkt in Schatten und Blut....Schatten und Blut." Sie steht vor dem Elben und starrt an ihm vorrüber in die Lehre, ihre Lippen bewegen sich immer noch stumm. Zuerst hatte Falcon geglaubt sie wäre eine Vision, doch noch bevor sie anfing zu sprechen wußte er das sie aus Fleisch und Blut war, eine Elbin.
" Wer bist du? " fragt er leise, dabei richter er sich zaghaft wieder auf " Woher kommst du, ich habe dich hier noch nie gesehen."
" Ich bin niemand, nicht mehr! Einst war ich Tochter und Schwester, doch heute bin ich nichts mehr, ich bin allein, auf immer allein." Sie kniet sich hin und zeigt auf die Statue von Anukis " Er hat mir alles genommen was mir lieb und teuer war " ER? Falcon schaut wohin sie zeigt und erkennt erst jetzt hinter seiner Göttin das Gesicht von Wer dem Wandler mit seinen gelben Augen. Was ist nur Geschehen?

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon An Cu am 06. März 2003, 13:11 Uhr
Behutsam streckt er seine Hand nach ihr aus, doch sie weicht scheu zurück. Angst steht in ihren großen Augen als der Templer auf sie zutritt, als er das sieht bleibt er stehen und hebt beschwichtigend die Hände. Diese junge Elfe hatte irgendwas furchtbares Erlebt, irgendwas oder irgendwer hatte ihr so eine Angst eingejagt das sie sich vor ihrem eigenen Volk fürchtet. Falcon weicht noch zwei schritte zurück und läßt sich auf dem weichen Gras nieder bewegt sich dabei so langsamm wie möglich um sie nicht noch weiter zu verunsichern, dann greift er in seine Gürteltasche und bringt seine Flöte zum Vorschein um darauf eine sanfte Musik zu spielen. Der Klang der Musik zieht durch den ganzen Hain und verzaubert diesen Ort noch mehr und nach einiger Zeit kann der Templer sehen wie sie neugierig näher kommt wie ein junges Reh.

" Sie überfielen uns in der Nacht " unterbricht sie ihn nach einer weile völlig überraschend, ihre Stimme ist wieder leise. " Meine Eltern und meine beiden Brüder hatten nicht damit gerechnet und nur mein Vater hielt Wache in der Vollmondnacht. Ich weiß nicht was es für Bestien waren, sahen sie zuerst aus wie große Wölfe, glichen sie wenig drauf gewaltigen Menschen. Ohne ersichtlichen Grund griffen sie uns an. Ich sah wie drei dieser Biester meinem Bruder die Kehle herausrissen, als er gerade einen von ihnen tötete." Heiße Tränen laufen ihr über ihr junges Gesicht als sie die Ereignisse vor ihrem inneren Auge noch mal erlebt. " Schreie, wilde Schreie und das Wehklagen meiner Mutter die sie nachdem mein Vater und meine Brüder tot waren an einen Baum banden und sie langsamm zu tode quälten." Bei der Erinnerung an diese qualvollen Stunden brach sie zusammen und krümmt sich auf dem Boden wie ein kleines Kind. Falcon wagt nicht zu Bewegen, wagt nicht den Bann den er mit der Musik geschaffen hatte zu durchbrechen und so wartet er, wartet darauf das sie sich wieder beruhigt.
Der Elb weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist, als sie wieder aufschaut, ihn mit rotgeweinten Augen anschaut, erst jetzt fragt Falcon sie nach ihrem Namen.

" Mein Name ist vergessen, er tut auch nichts mehr zur Sache in dieser Welt."

Ihre Stimme hat jegliche Emotion verloren und ihr Blick ist leer, als sie sich erhebt und gehen will.

" Warte...bitte, sag mir wie das alles überlebt hast. "

Sie dreht sich nocheinmal zu Falcon um und ein mattes kraftloses Lächeln liegt auf ihrem Gesicht. " Wer sagt das ich es überlebt habe? Ich starb damals genau so wie der Rest meiner Familie, nur ist es mir nicht vergönnt endlich zu ihne zu gehen und mich aus zu ruhen. Nicht so lange wie ihr tot nicht gerächt ist. Lange Zeit habe ich geschlafen, ich weiß nicht wie lange. Doch vor einigen Monden erwachte ich aus meinem traumlosen Schlaf und hörte das Wolfsgeheul im Wald, im Wald und in den Grundsümpfen. SIE sind wieder da!"

Falcon will sie noch soviel Fragen, doch sie geht und es hat den Anschein das ihre Füße gar nicht den Boden berühren. Der Templer folgt ihr, doch als er in den Hain hinaustritt ist sie verschwunden...verschwunden in die Schatten aus die sie gekommen ist.

Seltsamme Dinge geschehen im Larisgrün, wenn meinte sie mit Sie sind wieder da?

Noch mehr in Gedanken als vorher verläßt Falcon den Tempel, zuerst die Sache mit seinem Bruder und seiner ganzen Familie und jetzt das. War es eine Botschaft seiner Göttin, das er sich mehr um andere Kümmern sollte, als sich um seine eigenen Probleme. Schließlich hatte er verantwortung, war er nicht ein Templer und hatte somit eine Pflicht gegenüber aller Bürger?
Als er den Tempelbezirk verläßt bemerkt er das es schon wieder früher Morgen ist, verwundert schaut er zurück. Hatte er die ganze Nacht im Tempel verbracht? Arwen würde sich sorgen, schnell gibt er Shadow ein Zeichen und begibt sich ins Seeviertel.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 09. März 2003, 21:55 Uhr
Im Tempelbezirk sind nur wenige Leute am frühen Morgen unterwegs, und als sie ihre Pferde auf den schmalen Pfad lenken, der sie von Tempel der Faeyris zu dem von Anukis führen wird, umfang sie die Stille des winterlichen Haines aus mächtigen Schwarzkiefern und Buchen. Nur wenige Spuren sind auf dem Pfad zu erkennen, an dessen Mündung auf die Lichtung des Tempels die beiden Wolfstatuen wachen. Wachsam liegen die Augen aus Jett und Bernstein auf dem Pfad und scheinen jeden Besucher zu mustern, auch die beiden Elben auf ihren Pferden.
Am Rand der Lichtung zügeln sie Arod und Shadow. Schnell ist Falcon aus dem Sattel und hebt Arwen in ihrem dunkelgrünen Kleid von Arods Rücken. Anbinden brauchen sie ihre Pferde nicht, keines von ihnen würde fortlaufen oder einen Fremden im Sattel dulden. Und so wenden sie sich dem Tempel zu und betreten die breiten Stufen, die zu seinem Portal führen.

Die Bildnisse der Goldbuchen umrahmen das Portal, dass sich schon auf einen leichten Druck der Elbin nach innen hin öffnet und sie eintreten lässt.Wie stets liegen ein grünes Zwielicht und ein golde-ner Dunst zwischen den Säulen. Jetzt, zur Morgenandacht sind dicke hohe Kerzen in den Räumen zwischen den Säulen aufgestell, deren flackerndes Licht die weißen Lilien an den Ranken um die Säulen schimmern und leuchten, und die Bildnisse der Archonen in ihren Nischen und Kapellen wie lebendig wirken lässt. Die Statue Anukis', die sich in der Mitte des Raumes aus dem Smaragdgras erhebt, scheint aus sich selbst heraus zu schimmern.
Arwen streicht die Kapuze ihres Mantels zurück und schlägt auch den schweren schwarzen Samt ihres Mantels zurück. Hier im Tempel hat der Winter keine Macht und die Luft scheint dem Frühling näher zu sein als dem Winter. Arwen und Falcon treten näher an die Statue heran und knien kurz mit gesenkten Köpfen nieder um ihrer Göttin ihren Respekt zu erweisen. Als sie sich anschließend an den Rand es Raumes zurückziehen, schimmern ihre Amulette im Licht der Kerzen. Hier im Tempel tragen beide sie offen und verbergen sie nicht unter dem Stoff ihrer Kleidung. Nur wenige Gläubige sind au-ßer ihnen anwesend, genau genommen sind es bis auf sie und die Priester und Novizen kaum eine Handvoll die den Weg hierher gefunden haben.

Nur wenig später erscheint Thrandar, der Älteste der Priester in Begleitung jenes Mannes, der sie damals zu ihm geführt hatte und beginnt die Feier der Morgenandacht mit einem Lied. Die Töne und Worte verbinden sich zu einem seltsamen Klangteppich, der sich in die Höhen des Tempels zu schrauben scheint, die Säulen umfließt und sich wie das grüngoldenen Zwielicht im Tempel ausbreitet. Es ist eine schlichte Andacht, es werden Gebete gesprochen, und die von den Priestern ange-stimmten Lieder sind schlicht, kein Vergleich mit den Hymnen die im tempe Shenrahs intoniert werden, doch liegt in ihnen die selbe Kraft und das geliche Leben, wie es in den Pflanzen und Tieren des Waldes unter schlichtem Fell und dunkler Baumrinde verborgen liegt. Die Zeremonie ist einfach und schlicht, und bezieht doch gerade daraus ihre Würde.
Die Zeit vergeht, ohne dass Arwen oder Falcon es wirklioch bemerken würde, es ist ein Gefühl wie die Heimkehr nach hause nach einer langen Reise. Schon viel zu lange sind sie nicht mehr in einer der Andachten gewesen, hatten ihre Gebete zu hause verrichtet und nicht hier im Tempel. Mit einem Fürbittengebet und dem Segen beendet Thrandar dann die Morgenandacht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 10. März 2003, 12:16 Uhr
Mit einem freudigen lächeln kommt Thrandar zu ihnen herüber um sie zu Begrüßen, er mußtert beide eindringlich von Kopf bis Fuß und Falcon glaubt das er in sein innerstes schaut, etwas demütig senkt er den Blick.

" Ich freue mich euch hier zu sehen, und das zu dieser Zeit. Es ist immer am schönsten hier, kurz nachdem die Sonne aufgegangen ist. " Falcon hört geduldig zu wie der alte Priester einige Worte mit Arwen wechselt, sie reden über dies und das, aber Thrandar vermeidet geschickt auch nur ein Wort über das Amulett oder den Fuch zu verlieren, und dafür ist Falcon ihm sehr dankbar. Als er sich verabschieden will meldet sie Falcon zum ersten mal zu Wort " Verzeiht, aber ich möchte gerne noch etwas mit euch Besprechen, wenn es eure Zeit erlaubt? "
Thrandar schaut unter seinen buschigen Augenbraue zu dem Templer herüber " Natürlich habe ich etwas Zeit für euch, was kann ich für euch tun? " Falcon geht auf ihn zu und flüstert ihm etwas in Ohr, wärend Arwen versucht nicht neugierig zu Erscheinen. Die dunklen Augen des Priesters leuchten belustigt, dann nickt er. Er schaut noch mal kurz zu Arwen um sich dann mit einer leichten Verbeugung vor beiden zu Verabschieden.

Kurz darauf sitzen die beiden wieder in den Sätteln ihrer Pferde und Falcon grinst die ganze Zeit vor sich hin, ohne ein Wort über das zu verlieren was er zu Thrandar gesagt hat, allerdings ist Arwen auch viel zu Stolz um nach zu Fragen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von NaToth am 03. Mai 2003, 21:49 Uhr
Mit letzter Kraft zieht es Na'Toth zu diesem Tempel hin, welchen sie vorher noch nicht besucht, jedoch aus der Entfernung beobachtet hat. Irgendetwas hat sie hierher gezogen, und so spürt sie auch etwas seltsames, als sie den Ort erreicht, etwas, was sie auch nicht erklären kann.

Es ist eine schöne Stimmung, so empfindet die Narg. Die Dunkelheit läßt sie zwar nicht weit blicken, doch weiß sie, das sich hier niemand anderes befindet. Oder trüben mich meine Augen schon so sehr?

Sie setzt sich, schwer atmend, an eine Säule und schließt die Augen. Ist dies mein Tod? So soll er an diesem schönen Ort vollführt werden ... Ein Lächeln umspielt Na'Toths trauriges Gesicht, und eine Träne kullert langsam aus ihrem Auge über ihr Gesicht. Jetzt bin ich zufrieden.

So bleibt sie einige Zeit sitzen, bis sie sich ein wenig erholt hat. Ihre Schmerzen bemerkt sie kaum noch, doch nimmt sie auch alles andere um sich herum abgestumpft wahr. Was nun weiter passiert, weiß sie nicht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Väinämöinen am 28. Mai 2003, 07:09 Uhr
Väinämöinen, alt und weise ...

Serkku betritt den Tempel an diesem Abend, leise auf Ruhe bedacht. Er hat sich entschieden, diesen Tempel der Göttin der Tiere aufzusuchen, um sich bei diesem Gott, welcher jedoch nicht sein Hausgott war, für die Hilfe zu danken, welche sie ihm während diesem Jahr des Ausritts mit seinem treuen Freund gewährt hatte.

Er ist eine unheimlich beruhigende Stille in diesem Tempel, fernab jeglichen Lärms, als ob er der Welt entrückt ist. Väinämöinen betritt den Tempel und kniet nach nur wenigen Metern nieder. Er beginnt zu beten, in einer Sprache, welche man hier im Ildorel nur selten zu hören bekommt. Als er nach wenigen Minuten fertig und des Glückes voll ist, will er sich schon, aufstehend, abwenden, als er aus einer dunkleren, hinteren Ecke leise Stöhngeräusche vernimmt.

Er begibt sich vorsichtig in diese Richtung, da sich seine Augen nur schwerlich an die tiefe Finsternis gewöhnen. Doch dann erkennt er die riesenhafte Gestalt einer Narg; einer Art Narg, welche er noch nie gesehen hat. Sogleich begibt er sich auf sie zu, da er ihren Schmerz spüren kann. Zudem würde ein Tier in diesem Tempel nie jemanden angreifen können, von daher bestand von dort keine Gefahr.

Serkku kniet über der Narg und schaut sie besorgt an. Das sie eine sie ist, hat er schon längst erkannt, trotz der rot unterlaufenen Kutte, welche schier den gesamten Körper bedeckt. Er nähert sich ihrem Kopf und flüstert ihr einige Begrüßungsworte in der nicht umfangreichen nargschen Sprache zu, welche sie aus ihrem Trauma schüttelt.

Diese Worte hat die Narg hier nicht erwartet. Und Serkku stellt zufrieden fest, das wenigstens der Wortstamm der beiden Nargvölker, der Nordnarge in seiner Heimat Immerfrost und der Sandnarge im südlichen Azurien, gleichgeblieben ist. Er untersucht die jämmerliche Gestalt vor ihm so gut er kann und stellt hier und da Wunden fest, welche schlecht verheilt sind und noch mit Krusten übersäht. Bei Sithech, sie muß hier schon viele Tage liegen. Sie kann froh sein, wenn Anukis ihr das Leben errettet hat.

So vorsichtig Serkku vermag hilft er der Narg in den Stand. Diese, völlig entkräftet, stöhnt dazu nur leise. Auf den Immerfroster gestützt verlassen sie langsam den Tempel. Serkku kann sich entsinnen, am nördlichen Tore dieser Stadt eine Heilerin gefunden zu haben. Dorthin bewegen sich die beiden in ihrem langsamen Tempo.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Väinämöinen am 30. Mai 2003, 20:52 Uhr
Von dem Vorgehen in der Kräuterkate natürlich nicht informiert treibt es Väinämöinen zurück in den Tempel der Anukis, wo er sich für die "Behandlung" der Narg bedanken will. Was er bei ihr an Wunden gesehen hat, läßt, trotz seiner Unkenntnis in Sacehn der Medizin, daraus schließen, das sie, wie viele Schamanen ihres Volkes, den Verstand dahingehend verloren hat, das einer der Naturgeister von ihr Besitz ergriffen hat.

Serkku gibt sich auch nicht die geringste Mühe, zu hinterfragen, warum die nargschen Schamanen dies immer wieder tun; dazu fehlt dem Immerfroster der Einblick. Doch ist ihm bewußt, das solch einen inneren Aufstand nur wenige dieser außergewöhnlichen Wesen überleben.

Da diese Narg die erste Sandnarg ist, welche Serkku angetroffen hat, wirft er sich gleich noch mehr ins Schaffen. Am Tempel angekommen, welcher immer noch leer ist, bittet der tief religiöse Väinämöinen bei Anukis um Verzeihung, da er sich in der Vergangenheit sehr seinem Gott gewidmet hat und nur wenig den anderen. Dann erbittet er einen Hoffnungsfunken, das die Narg überleben sollte. Das Gebet schließt er mit einem kurzen Kniefall und einem obligatorischen Handkuß ab.

Dann wendet er sich zum gehen. Er wird noch seinen Gott um Hoffnung ersuchen, doch dazu wird Serkku durch die gesamte Stadt gehen müssen: der städtische Friedhof.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Lorne am 11. Juli 2003, 11:59 Uhr
Mit schleppendem Schritt nähert sich das kleine Mädchen dem Portal des Anukis-Tempels und betritt das Heiligtum. Das Smaragdgras, welches den Boden bedeckt, kitzelt ihre bloßen Füße und die Kleine sieht sich staunend um.

Sie befindet sich in einem riesigen, runden Saal, der von einem sanften grünen Zwielicht erfüllt ist. der Duft des Smaragdgrases steigt ihr in die Nase und schönen Lilien, mit den herzförmigen Blättern strahlen in einem reinen Weiß.

Doch Lornes Blick wird von etwas anderem gefangen genommen. Wie versteinert starrt sie auf die wunderschöne Anukis-Statue, im Zentrum des Tempels. Plötzlich zittert sie am ganzen Körper und fängt fürchterlich zu weinen an. Trotz ihres verletzten Fußes stolpert sie so schnell sie kann vorwärts und auf die Staue zu.

Zu Füßen der Statue, die sie mit ihren unergründlichen Smaragaugen, zu mustern scheint, fällt sie zu Boden und krallt ihre Hände in das weiche Gras. Sie vergisst alles um sich herum und weint sich ihren ganzen Kummer von der Seele. Und während sie so daliegt, kann sie nicht aufhören, an ihr Zuhause in Sarnamar zu denken und an ihre Mutter und ihre Freundinenn Mandel, Taitai und Raspel, die sie vor so langer Zeit zurücklassen musste.

Imitten diese grünen Oase schüttelt das Mädchen entsetzliches Heimweh und es fühlt sich so alleine und verlassen wie schon lange nicht mehr. Doch irgendwann versiegen die Tränen des Mädchens und es hebt seinen Kopf. Rote Ränder umranden ihre Augen, aber als sie das Gesicht der Statue betrachtet, schleicht sich doch ein kleines Lächeln darauf.

Jetz fühlt sich Lorne wieder besser. Mit den Tränen ist auch ihr Kummer wieder versiegt und die Welt beginnt bereits wieder etwas schöner auszusehen. Erleichtert steht die Kleine auf und verlässt den Tempel. Jedoch nicht, ohne sich zuvor eine der Lilien gepfückt und vorsichtig in ihrem Rucksack verstaut zu haben, wo sie die Blüte zwischen den Seiten eines schmallen Büchleins presst, dass sie allein für diese Zwecke benutzt.  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 09. Aug. 2003, 09:31 Uhr
Stolz und mir hocherhobenem Kopf reitet er durch die Straßen, nicht weil er es will, sondern weil das von ihm erwartet wird. Staunend folgen die Blicke der Bürger dem Zug der Elben, die mit ihren schimmernden Rüstungen und prächtigen Rössern einem Trugbild aus alten Tagen gleich an ihnen vorbei ziehen.
Selbst die Ritter hinter ihm staunen als sie in den kleinen Hain kommen, die Ruhe und Reinheit ist fast magisch und ein sanftes Lächeln legt sich auf ihr Antlitz. Die Wölfe am Eingang scheinen neugierig auf die nahende Gruppe zu blicken, als Falcon am Tempel ankommt. Deutlich ist ihm die Nervosität jetzt anzumerken, überträgt sie sich doch auf sein Schlachtross. Wie sehr wünscht er sich jetzt an den See, zusammen mit Arwen. Der Mantel liegt schwer auf seinen Schultern und trotz der Morgenstunde ist es schon unerträglich heiß.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Mottenfaenger am 09. Aug. 2003, 11:29 Uhr
Mottenfaenger hatte die Sternblume in einer kleinen Holzkiste verstaut, die er nun in seiner Tasche trägt. Beinahe den ganzen Weg bis zur Stadtmauer kann der Druide den Blick kaum von seiner Gefährtin nehmen. Er hat sich nie viel aus Mode oder ähnlichen Tand gemacht, dem viele Städter anhängen, doch sieht Raven in dem blutroten Kleid für ihn schlichtweg wunderschön aus. Erst als er merkt, wie sie langsam aber sicher errötet legt er ihr kichernd den Arm um die Schulter.

Einmal in der Stadt brauchen sie nicht mehr lange, um den Anukistempel zu erreichen, der, was Mottenfaenger sehr entgegen kommt, von einem dichten Hain alter Kiefern und mächtiger Buchen umgeben ist. Weit hinein in diesen Hain kommen sie jedoch nicht, denn eine ganze Prozession von Elben in fremdartigsten Rüstungen war schon vor ihnen da. Ohne eine Laut zu verlieren reihen sich die beiden ein und halten Ausschau nach Falcon und Arwen, die sie tatsächlich ganz vorne, schon am Eingang des Tempels zu erblicken glauben.
Zum ersten aber bestimmt nicht letzten Mal an diesem tag ist Mottenfaenger froh über seine einfache Kleidung, die die Hitze zwar nicht ganz abzuhalten vermag, ihm aber zumindest nicht so zu schaffen macht, wie so manchen vor ihnen unter seinem Adelsgewand.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Sol am 09. Aug. 2003, 11:40 Uhr
"Oh hervorragend. Wald." murmelt Sol abschätzig als er nach einer kleinen Irrfahrt durch die Stadt endlich am Anukistempel ankommt. "Können denn Elben nicht normal heiraten...unter einem Berg zum Beispiel...?"
Seufzend schüttelt der Zwerg diese Gedanken von sich und betritt den Pfad, der ihn zum Eingang des Tempels führen soll. Was für eine eigenartige Tempelanlage... Trotz aller Skepsis, die der Zwerg der lebenden Natur gegenüber hegt, kann er sich neugierige Blicke abseits des Weges nicht verkneifen und den Wuchs und die Form der hohen Bäumem, die ihn an mächtige Säulen der großen Ständte unter dem Berg erinnern, nur bewundern.

Nach etwa fünfzig Schritt, in denen der Zwerg wie eine wandelnde Silbermünze durch den Wald gestreift ist, endet der Weg und gibt den Blick auf eine riesige steinerne Halle preis. Das ist schon eher etwas für mich... Nach einem zweiten Blick aus der Ferne erspäht er, dass schon einige Gäste vor ihm da sind, doch bisher erblickt er niemanden, den er kennt. Nur ganz vorne am Eingang kann er den Bräutigam, Falcon, in einem Gewand, das den Zwerg fast den Atem stocken lässt, erkennen.
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht nähert Sol sich schließlich dem Festzug buntgekleideter Adliger.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 09. Aug. 2003, 12:39 Uhr
Nervös schaut sich Falcon immer wieder um, bis sein Onkel ihm beruhigend die Hand auf den Arm legt und ihn mit einem freundlichen Lächeln ansieht. „ Du hast so lange gewartet Hardor, nun wirst du dich diesen Augenblick doch auch noch gedulden können“ sagt er leise. Der Templer holt tief Luft, für ihn ist es wie eine Ewigkeit hier vor den Wachsammen Augen der Steinwölfe auf seine Braut zu warten, doch dann tauchen die ersten Gäste auf und dem Elb verschlägt es fast die Sprache als er Raven neben dem hochgewachsenen Druiden sieht, sie trägt ein dunkelrotes Kleid das sie aussehen lässt wie eine Elbenprinzessin und gar nicht mehr an die kleine Diebin erinnert, die Wutentbrannt  vor ihm Gestanden hat auf ihrer Reise nach Liedberg. Freundlich lächelt er ihnen zu und grüßt sie mit einem Nicken. Auch Sol der Zwergenpriester erscheint zwischen den Bäumen, gekleidet als wolle er in den Kampf ziehen, sogar einen Kriegshelm hat er auf. Unsicher schaut er sich um, zwischen all den Elben die Hoch zu Ross vor dem Tempel Aufstellung genommen haben.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Elvellon am 09. Aug. 2003, 12:46 Uhr
Auch Elvellon ist bereits unter den Gästen, welche zu dem Tempel der Anukis geströmt sind, um sich das Schauspiel einer Hochzeit anzuschauen. Für den Elben jedoch hat es noch eine viel größere Bedeutung, da die Tochter des Truchsessen heiraten wird, und beide sind vom Volke der Hochelben, was es Elvellon zur Ehre gereicht, ein Hohelied auf die beiden zu singen, wenn sie an ihm vorbeigehen.

Er reiht sich ein in eine der vorderen Reihen, von wo aus er das Brautpaar erblicken kann, und schaut sich den Zug der Elbenkrieger an, auf ihren Pferden, in ihren Rüstungen. Für ihn sind dies auch nicht alltägliche Dinge, die hier geschehen, doch sieht der Elb so etwas schon öfter als der Rest der Immerlande.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Calyra am 09. Aug. 2003, 12:56 Uhr
Die Sänfte schaukelt und ruckelt durch die Straßen der Stadt und Calyra hat die Vorhäng wegen der Hitze weit geöffnet, so daß sie das bunte Treiben auf den Straßen gut verfolgen können. Cron und Caewlin reiten zu beiden Seiten der Sänfte her und wo immer sie hinkommen, wird ihnen bereitwillig Platz gemacht. Beide tragen ihre Surcots mit den aufgestickten Wappen ihrer normander Heimat - der knurrende Bluthund in Braungold und Berntein und der brüllende Drachenschädel in blutrot und Rubin. Ihre Pferde tragen keine Schabracken, nur die bronzebeschlagenen Ledergeschirre und ihre Herren und Reiter sind heute nicht in Stahl und Kettenwerk, sondern in Brokat und feines Tuch gewandet. Niniane trägt ein Festgewand aus sehr dunkler, grüner Wildseide, das schimmert wie dunkelste Smaragde, wenn sie sich bewegt. Feine Goldstickereien sind auf dem Mieder und an den Säumen angebracht und der Gürtel, der um die Hüften geschlungen und vorn zu einem V verknotet war, war aus geflochtenen Golddrähten. Sie selbst trägt ein Gewand aus taubengrauem Seidenbrokat und den Schmuck Ykenais, den Caewlin ihr geschenkt hatte.  Dalla neben ihr hält Brynden auf dem Schoß, der auf einem Stück Süßholz herumkaut und wohl bald seinen ersten Zahn bekommen würde. So lange die Zeremonie dauerte, würde die Mogbarmagd auf Brynden achten. Auf die Feier in Vinyamar könnte sie ihn dann gewiß mitnehmen.

Im heiligen Anukishain ist es schattig und angenehm kühl, als dringe die Sommerhitze nicht wirklich in den Schatten der alten Bäume. Knechte und Tempeldiener stehen bereit, um die Sänften und Pferde in Empfang zu nehmen, und Calyra ist froh, aus dem schwankenden Ding zu entkommen.  Vor dem Tempel hat sich bereits eine ansehnliche Menge versammelt - hauptsächlich Elben, die  mit großen Katzenaugen zu ihnen und den beiden Nordmännern herübersehen. Sie kann Falcon und Arwen zwischen ihnen nicht ausmachen, aber vielleicht sind sie auch schon im Tempel. Aber sie entdeckt Sol, den Schmied, der glänzt wie ein neuer Silberling und winkt ihm erfreut zu und dann trifft ihr Blick auch Mottenfaenger und Raven und sie strahlt die beiden an. Caewlin tritt zu ihr und sie hakt sich bei ihm ein, legt kurz den Kopf an seinen Arm. Sie weiß, er denkt ebenso wie sie selbst an ihre eigene, so ganz andere Hochzeit vor etwas mehr als einem Jahr....

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 09. Aug. 2003, 13:02 Uhr
Raven ist wie erschlagen von all der Pracht und der Tempel sieht so wundervoll geschmückt aus, daß es ihr buchstäblich die Sprache verschlägt. Mit großen Augen mustert sie die prunkvollen Gewänder der elbischen Adligen, die bestickten Waffenröcke und edlen Kleider aus kostbaren Stoffen, die silberschimmernden Rüstungen und sie fühlt sich fast in ein Märchen aus vergangenen Tagen zurückversetzt. Und sie sieht nicht weniger aus, als wäre sie einem Märchen entsprungen, in einem Kleid, das wie tiefroter Sommerwein schimmert und dessen enggeschnürtes Mieder und der weite Rock, der bis auf den Boden schleppt, sie noch schmaler aussehen lassen als sonst. Auf dem dunklen Haar schimmern verstreut die Perlen und funkelnden Steine des spinnwebfeinen Haarnetzes, das sie von Calyra bekommen hatte.

Obwohl auch sie selbst den einen oder anderen bewundernden Blick auffängt, kommt sie sich in dem Kleid reichlich albern vor und hält sich dicht an Mottenfaenger, der so gelassen und ruhig inmitten der herausgeputzten Menge steht, als würde ihn dies alles nichts angehen. Nach und nach tauchen auch bekannte Gesichter unter den Gästen auf und sie kann einen kurzen Blick auf Falcon erhaschen. Gleich darauf grinst sie, als sie Sols stämmige Gestalt in prachtvollem Silber auftauchen sieht. Und sie muß fast lachen - nun sind sie hier versammelt in vornehmen Festgewändern und doch ist es kaum ein halbes Jahr her, daß sie verdreckt, verwundet und abgerissen Seite an Seite durch die stinkenden Kanäle gerobbt sind. Auch Mottenfaenger hat den Zwergenschmied erspäht und sie grüßen freundlich hinüber. Und nun treffen auch Calyra und Caewlin mit ihrem Sohn ein, gefolgt von Niniane und dem Nordmann.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 09. Aug. 2003, 13:12 Uhr
Mit wehendem Haar kommt der Knappe den Weg heruntergeritten und verkündet das nahen der Braut und dem Brautzug. Man möge bitte innerhalb des Tempels warten, so wie es Sitte sei.
Seine Stimme ist Stolz und man merkt das er öfters als Herold für seinen Herrn unterwegs ist.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 09. Aug. 2003, 13:22 Uhr
Olyvar, Kizumu und Ieras haben sich unter die kleine Menge der Wartenden Elben gemischt, die vor dem Anukistempel stehen, haben Falcon begrüßt und beglückwünscht und Borgil mitten unter den Schönen erspäht, heute ganz in rotem und goldenem Brokat, Bart und Zöpfe schwer von Goldringen, ebenso wie der Gürtel und die Finger. Selbst die Scheide seiner Axt ist vergoldet. Sie sehen Raven und Mottenfaenger ankommen, die zierliche Bogenbauerin heute in einem blutroten Kleid aus Seidendamast, das glänzt wie Rubine, durch die Feuerschein fällt, Perlen im dunklen Haar. Sie sehen einen Zwergen ganz in Silber, von dem Kizumu ihm ins Ohr flüstert, es sei der berühmte Schmied Sol und schließlich Caewlin, Calyra, Niniane und Cron in ihrem Feststaat. Dann kommt der Herold, ein Knappe,  und verkündet den Brautzug, und alle strömen auf die weit geöffneten Tempeltore zu und versammeln sich im grünen Dämmerlicht des Anukistempels.  Es dauert ein wenig, bis jeder seinen Platz gefunden hat und eine Weile ist die hohe Kuppel mit den schlanken Säulen und dem weichen Smaragdgras auf dem Boden von Raunen und Wispern erfüllt - doch dann kehrt Stille ein und die Erhabenheit und Heiligkeit des Tempels zieht alle in den Bann.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Phelan am 09. Aug. 2003, 13:33 Uhr
Ehrfürchtig betrachtet der Waldläufer den kleinen Hain aus stark gewachsenen Buchen und Kiefern, die wie gute Freunde eng beienander stehen. Und im Schatten der ausladenden Bäume erhebt sich das steinerne Rund eines Tempels, dessen Eingang von zwei marmornen Wölfen bewacht wird. Heilige Mutter Anukis Phelan senkt ehrfürchtig den Kopf begleitet von einer Geste der Demut gegenüber der Göttin. Erst dann erfasst sein Blick die zahllosen Elben, die im hellgrünen Schatten  einhergehen. Ihre festlichen Gewänder schimmern in der Sonne. Und dann wird Phelan gewahr, dass es sich hier um eine Hochzeit handeln muss, denn ein junger Elb kommt mit wehendem Haar dahergeritten und verkündet die baldige Ankunft der Braut.

Atemlos brennen sich die wundervollen Bilder in seinen Geist und er bedauert, dass Aethling nicht hier sein kann, um mitzuerleben, was seinem Vater hier gerade zuteil wird. Unauffällig bewegt sich Phelan im Schatten am Rand des Hains, doch er wagt nicht näher an die herrliche Gesellschaft zu treten. Mit ehrfürchtigen Blicken bewundert er die Edelsten der Elben, die hier offensichtlich versammelt sich und wartet, ebenso wie sie alle anderen, voller Spannung auf die Ankunft der Braut.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 09. Aug. 2003, 14:15 Uhr
Als sie am Tempel angelangen, sieht Arwen gerade noch, die Letzten durch das große Portal im Inneren verschwinden als sie gerade die beiden Wolfstatuen passieren, Wachsam und scheinbar mit wohlwollendem Blick ruhen die Augen aus Jet und Bernstein auf dem Weg der zur Lichtung des Tempels führt. Arwen wird etwas ruhiger, je  näher sie dem Tempel ihrer Götin kommt.

Knappen und Pagen warten schon auf der Lichtung, kümmern sich nun um ihre Pferde und helfen Arwen respektvoll vom Pferd herunter. Ein flüchtiger Blcik geügt, die beiden riesenhaften dunklen Pferde von Caewlin und Cron sind nicht zu übersehen, ebenso der Braune von Raven. Und eine Sänfte wartet im spärlichen Schatten, der aber mit der immer höher steigenden Sonne bald verschwunden sein wird.

Wie immer gehen die beiden Herolde ihnen voran, und selbst als sie vom hellen Sonnenlicht in das grüngoldenen Zwielicht des Tempels treten, schimmern Haare und Rüstungen noch immer weiß und silbern. Die beiden Elben treten zur Seite und nehmen beiderseits der Tür Aufstellung, während Arwen am Arm ihes Vaters weiter in den Teempel hinein tritt und sie sich rechterhand zwischen den Säulen vor die Statue Anukis' stellen, hinter ihnen die hohen Lords der Häuser.

Nervös wandert Arwens Blick zwischen den Säulen umher und bleibt schließlich am Gesicht ihrer Göttin hängen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 09. Aug. 2003, 14:16 Uhr
Der Blick Thrandars wandert über die Anwesenden, die am Rand der Smaragdgrasrundes mit etwas Abstand zur Statue der Göttin Anukis stehen, und eine freudige Spannung liegt über dem ganzen Tempel.
Mit einem ernsten Lächeln im Gesicht tritt er aus dem grünen Zwielicht hinter der Statue hervor und tritt vor die Versammlung hin, eine hochgewachsene Gestalt im dunkelgrünen Gewand der Priester Anukis' , die hohe Mitra in Grün und Gold auf dem Haupt.

"Im Angesicht der Hüterin sind wir versammelt, denn ein Templer Anukis' begehrt eine ihrer Priesterinnen zur Gemahlin. So tretet nun vor", er wendet sich Falcon zu und hebt in einer auffordernden Geste die Hand, "und erklärt euch vor Göttern, Elben, Menschen und Zwergen."

Kein Zögern ist Falcon anzumerken, als er vor den Priester in die Mitte der Lichtung und des Tempels tritt, erhobenen Hauptes und stolz zu voller Größe aufgerichtet und doch nervös und angespannt bis in die Haarspitzen. Nur wie eine Ahnung spürt er, dass So'Tar Blaufalke und Niniane sich einen Schritt weit hinter ihn stellen.

"Ich, Falcon Lyr'Aris, Templer der Anukis, Vasall der Häuser Arien und Relavendis begehre Arwen zur Gemahlin. Meine Bitte fand Gehör und sie willigte ein... Und so stehe ich nun heute hier vor Euch." Er wendet sich Arwens Vater zu. "Tianrivo Morgenstern, Fürst des Hauses Mitarlyr, Truchsess von Lomirion, Hüter der Schlüssel und Wächter der Stadt, ich bitte Euch um die Hand Eurer Tochter Arwen Liasiranis. Ich bitte Euch darum, sie aus der Obhut Eures Hauses zu entlassen und sie mir als meine Hohe Gemahlin anzuvertrauen. So wie sie es mir gewährte."

Eine Verneigung voller Respekt beendet seine Worte. Sein Blick aus strahlend klaren Augen ruht auf Tianrivo, wartet auf eine Antwort.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Tianrivo am 09. Aug. 2003, 14:21 Uhr
Schweigend und aufmerksam beobachtet Tianrivo die Gäste, die sich im Tempel eingefunden haben. Elben, Menschen und Zwerge, die wie seine Tochter ihm erzählt hat zu ihren und Falcons Freunden zählen.

Mit Wohlwollen hört er die förmlichen Worte des Templers, auch wenn dies vermutlich außer seiner Tochter niemand in seinem Gesicht zu lesen vermag. Einen kurzen Moment der Stille lässt er vergehen, ehe auch er vortritt und die Verneigung Falcons mit einem Neigen des Kopfes erwidert.

"Falcon Lyr'Aris! Eure Worte habe ich vernommen. So wie auch meine Tochter sie vernommen hat. Sie hat euch erhört und eingewilligt eure Gemahlin zu werden. Den Brautpreis habt ihr erbracht wie er gefordert wurde und ihn neben die Brautgabe gestellt. Und so gebe auch ich meine Einwilligung zu eurer Verbindung."

Er wendet sich halb um und streckt Arwen die Hand entgegen. Unmerklich zitternd legt sie ihre Hand in seine und tritt aus dem dämmrigen Schatten der Säulen neben ihren Vater und neben Falcon.

"So wie sie es wüscht, entlasse ich sie aus der Obhut meines Hauses und vertraue sie euch an, auf dass Arwen Liasiranis, Priesterin der Anukis und Erbin von Amithra Siranvendis aus dem Haus Dúne eure Gemahlin werde."

Bei diesen Worten löst er die Schließe ihres Mantels und zieht ihn ihr mit den letzten Worten von den Schultern; zum Zeichen, dass sie nun das Haus Mitarlyr verlassen wird um in das Haus des Mannes einzutreten, dem sie in Liebe verbunden ist. Mit einem tiefen Atemzug macht er eine halben Schritt zur Seite und steht nun leicht schräg hinter Arwen, so wie So'Tar und Niniane hinter Falcon. Den Jungfrauenmantel Arwens reicht er seinem Pagen, der lautlos wieder in den Schatten des Säulenganges verschwindet.

Ein stolzes Lächeln funkelt in seinen Augen, als er beobachtet, wie Falcon – und die anderen auch – beim Anblick der Braut reagieren. Hat doch bis zu diesem Moment außer ihm niemand mehr von ihrem Brautkleid gesehen als Schleier und Haarschmuck, denn der Mantel hat das prachtvolle Kleid verhüllt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen Rhiwiel am 09. Aug. 2003, 14:30 Uhr
Aus den Schatten der Säulen heraus wandert Arwens Blick über die im Tempel versammelten Gäste, ihre Freunde und die Edlen aus dem Gefolge ihres Vaters, die Priester und Novizen des Tempels, die Schatten gleich im Säulengang stehen. Die Schmetterlinge, die sonst die Statue ihrer Göttin umschwirren sind nicht zu sehen, aber dafür schlägt ein ganzer Schwarm von ihnen Kapriolen in ihrem Bauch. Eine Mischung aus Freude und Nervosität hat sie erfasst.

Fast ist sie erleichtert, dass Thrandar endlich vor sie alle hintritt und mit seinen ruhigen Worten die Trauzeremonie beginnt. Als Falcon vortritt und öffentlich hier vor allen seinen Wunsch erklärt sie zu ehelichen, steht er im hellen Licht, das durch das offene Portal in den Tempel fällt. Die Stickereien des Mantels schimmern sacht und die Opale machen ihrem Namen alle Ehre, brechen das Licht in alle Farben des Regenbogens und lassen es wie Funken durch das grüne Zwielicht huschen. Die Antwort ihres Vaters bekommt sie kaum mit, erst wieder, dass er ihr die Hand hinhält und sie dann vor die Statue und neben Falcon führt. Überdeutlich wird ihr bewusst, dass er ihr den Mantel der Mitarlyrs von den Schultern zieht und sie damit aus seiner Obhut gibt. Für die Zeit der Trauung, bis zum Ehegelübde wird sie nun weder die Farben ihres Geburtshauses noch die des Hauses Lyr'Aris tragen.

Das, was sie in Falcons Augen liest, was wie mit übergroßen Lettern in sein Gesicht geschrieben steht, als sie nun vor ihm steht, das Kleid unverhüllt, lässt sie ihn mit einem scheuen Lächeln von unten ansehen. Sanfte Gedanken voller Staunen und zärtlicher Bewunderung, die er wie Schmetterlinge in ihren Geist wandern lässt, zaubern eine zarte Röte auf ihre Wangen und fast scheint es, als gewinne das Zeichen Anukis', das auf ihrer Stirn schimmert seit sie den Tempel betreten hat noch an Intensität. Erst ein leises Räuspern Thrandars lässt die beiden Elben ihre Blicke wieder von einander lösen und sich dem Priester vor ihnen zuwenden, der mit ruhiger tiefer Stimme ein Lied zu Ehren der Göttin anstimmt, der sie beide dienen. Nach und nach fallen die Stimmen der Priester und Novizen in seinen Gesang ein und der Klang der Stimmen verbindet sich mit der Stille des Tempels, breitet sich aus wie Morgennebel am Waldboden und gewinnt an Kraft wie ein Sämling der zum Baum wächst und schützend seine Krone ausbreitet und hallt noch eine Weile im grüngoldenen Dämmern über ihnen nach, als der letzte Ton schon lange gesungen ist.

Tief und ruhig klingt es, als Thrandar erneut zu sprechen beginnt, und die beiden Elben vor sich ansieht.

"Den Bund wollt ihr miteinander eingehen, vor den Gesetzen der Götter, vor Elben und Menschen. So sprecht nun die heiligen Gelübde der Zwölf, deren Segen auf euch ruhen möge."

Falcon und Arwen wenden sich einander zu, legen ihre Hände ineinander und gemeinsam, wie mit einer Stimme sprechen sie die Gelübde, eines für jede der zwölf Mächte und der Priester spricht nach jedem der Gelübde den Segen einer Gottheit über sie, deren Name wie ein leises Echo von den Priestern und Novizen wiederholt wird.

"Jeden neuen Tag will Dir Licht und Leben sein."
"Shenrah, Herr der Sonne, das Allsehende Auge wache über euch."

"Auch in der dunkelsten Nacht werde ich nicht von Deiner Seite weichen."
"Faeyris, Herrin der Nacht, die Allwissende weise euch mit dem Licht ihrer Sterne den Weg von Weisheit und Vernunft."

"Stetig wie die Wasser will ich die Kreise der Welt mit Dir durchstreifen."
"Amur, Herr der Wasser, lasse euch einander Rast und Ruhe in den Strömen des Lebens sein."

"Wenn die Stürme des Lebens tosen, werde ich Dich halten."
"Mögen die Mächte von Vendis mit euch wehen und die Schwingen des Sturmdrachen euch behüten."

"Mit Dir will ich für uns ein Haus erbauen"
"Was mit eurer Hände Arbeit erschaffen, im Kleinen wie im Großen trage den Segen Sils."

"Mit Dir will ich einen Garten anlegen."
"Der Segen Amitaris möge euch im Wandel der Jahrestänze begleiten."

"Ich werde Dich immer schützen und behüten."
"Bran gebe euch die Kraft und den Mut einander Schild und Schutz zu sein."

"Mit Dir will ich das Lied unseres Lebens singen."
"Lyr der Herr der Künste lasse euer Lied nie verklingen."

"Unverlöschlich wie die Flammen Loas ist meine Liebe für Dich."
"Loa, die Herrin der Flammen behüte euer Haus und lasse euer Herdfeuer nie verlöschen."

"Nicht nur die Nächte des Roten Mondes, sondern jeden Tag will ich mit Dir teilen."
"Die reine und bedingungslose Liebe des Herzens und des Geistes ist das höchste Geschenk, das Inari Mann und Frau macht, damit sie es einander schenken können."

"Dein bin ich über den Tod hinaus."
"Möge Sithech euch noch lange nicht zu sich rufen. Und wenn die Stunde gekommen, möge er euren Bund erneuern und bestätigen."

"Anukis, Herrin, Dir sind wir verschworen und erbitten deinen Segen für unseren Bund."
"Die Hüterin der Wälder und Tiere lasse den Sämling eures Bundes zu einem Baum werden, der alt und stark wird."

Hat Arwens Stimme am Anfang noch ein leises Zittern in sich getragen, so schwindet dies mit jedem Gelübde, mit jedem Augenblick, den ihre Hände länger in Falcons liegen und ihre Blicke einander festhalten. Nur zögernd lösen ihre Blicke und Hände sich, als sie sich wieder dem Priester zuwenden, der nun mit kräftiger Stimme das Hochzeitslied anstimmt. Eine Stimme von solcher Kraft, dass sie den ganzen Tempel erfüllt und die in ihm enthaltenen Segen für das Brautpaar fast körperlich greifbar macht. Eine Stimme, deren Tiefe einen lebhaften Kontrast zu den silberklaren Stimmen der beiden Elben bildet, die einem Wechselgesang gleich die Namen der Götter und Archonen wiederholen, die sie zu Zeugen für ihren Bund anrufen.

Ernst liegt in Thrandars Gesicht und Stimme, als er sich mit lauter Stimme an die Anwesenden wendet.

"Wenn einer einen Grund weiß, warum diese beiden nicht den Bund miteinander eingehen dürfen, so trete er nun vor und spreche, oder er möge im Leben wie im Tode darüber schweigen."

Stille breitet sich im Tempel aus, lastendes Schweigen. Und für einen schmerzhaften Schlag setzt Arwens Herz vor Angst aus, irgendwer oder irgendetwas könnte in diesem Moment alle ihre Träume wie eine Seifenblase zerplatzen lassen. Doch nichts geschieht, das Schweigen verliert seine Bedrohlichkeit und mit einem Lächeln wendet Thrandar sich zu Falcon.

"Da nichts und niemand gegen euren Bund spricht, ist es nun an der Zeit, dass ihr ihn besiegelt."

Sie stehen nebeneinander vor dem Priester und der Statue ihrer Göttin, Seite an Seite, und das hereinfallende Licht der Sonne schimmert auf dem Silberstern von Falcons Mantel, tanzt auf den Rubinen am Saum von Arwens Kleid und zaubert silbernen Schimmer auf ihre dunklen Haare unter dem Schleier.
Falcon neben löst die Spange seines Mantel und macht einen kleinen Schritt zurück. Das Herz schlägt ihr so heftig in der Brust, dass Arwen meint es müsse zerspringen, als er seinen schweren Mantel mit Schwung abnimmt und ihn ihr um die Schultern legt. Halb neben, halb hinter ihr stehend beugt er sich vor um die Spange mit den Wolfsköpfen zu schließen, und kommt ihr dabei so nahe, dass seine Lippen ihre Wange streifen. Flüchtig, ein Hauch nur, und doch so eigentümlich intensiv, das Versprechen des Kusses, der noch folgen soll, der ihren Bund endgültig besiegeln wird.
Wieder stehen Arwen und Falcon sich gegenüber, und jeder seine Hände in denen des anderen liegend sprechen sie das Ehegelübde.

"Mit diesem Kuss gelobe ich meine Liebe und Treue und nehme Dich zu meinem Herrn und Gemahl...."
"Mit diesem Kuss gelobe ich meine Liebe und Treue und nehme Dich zu meiner Herrin und Gemahlin..."

Die Worte, von ihnen zur selben Zeit gesprochen, verbinden sich zu einem einzigen Schwur, so wie sie sich aneinander binden. Ihre Köpfe neigen sich einander zu, und nur widerwillig wollen ihre Lippen sich nach einem kurzen Kuss wieder von einander trennen. Röte huscht über Arwens Gesicht, als sie sich dem Priester wieder zuwenden und sie ein gütiges, wissendes Lächeln in dessen Gesicht erkennt als er den Segen über sie spricht.

"Hier im Angesicht der Götter verkünde ich, dass Falcon aus dem Haus Lyr'Aris und Arwen Liasiranis aus dem Haus Mitarlyr von nun an Mann und Frau sind, ein Fleisch, ein Herz, eine Seele, jetzt und für immerdar und verflucht seien all jene, die sich zwischen sie stellen, denn was die Götter gefügt und die Liebenden gegen das Schicksal verteidigt haben soll niemand mehr trennen."

Und dann ist es vorbei. Wie benommen steht Arwen da, seinen Mantel um den Schultern und alles was sie nach dem Segen noch wahrnimmt, ist Falcon. Mit strahlenden Augen steht er vor ihr, schiebt seine Hände unter den Mantel, fasst sie sanft um ihre Mitte und zieht sie fest an sich um sie zu küssen. Und dieser Kuss ist nicht kurz und flüchtig, sondern das innige Versprechen ihrer Liebe.


Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Elvellon am 09. Aug. 2003, 14:32 Uhr
Das Gelübde ist gesprochen, die beiden heiratenden schauen sich in die Augen und geben sich einen langen, innigen Kuß. Das ist das Stichwort für Elvellon, welcher die allgemeine Ruhe des Volkes in dieser Situation ausnutzt und zu einem Lied ansetzt, welches er aus dem Gesangesschatz der Elben von den Sommerinseln nimmt. Seine tiefe Stimme übertönt die Stille spielend, ohne jedoch aufdringlich zu wirken oder zu erschrecken.


Es treffen Eure Wege - einfach ungefragt
voll aufeinander - an einem heißen Sommertag
ihr seid nicht mehr die jüngsten - doch habt ein Kind in der Brust
die Leidenschaft im Herzen - voll Sehnsucht und Lust

die Hände sprechen bände - ein jeder Kuß liebkost
euch zuzuseh'n - ist Wonne grenzenlos
wenn blicke zaubern könnten - dann hättet ihr Talent
zwei weise Engel - Glück an Glück gelehnt

und sie erfahr'n ihr zweites Leben
sie genießen späte Zeit
als Geschenk die große liebe
so lang gesucht - und doch jetzt erst bereit

ihr kennt die Höhen und die tiefen - schon tausendfach gelebt
stets auf der suche - was ein jeder Elb erstrebt
wenn blicke zaubern könnten - dann hättet ihr Talent
zwei weise Engel - Glück an Glück gelehnt

gewartet all die ganzen Jahre
auf den Moment so sehr gehofft
nicht mehr geglaubt an diese Chance
und dann war sie plötzlich da - ganz unverhofft

Als er geendet hat, verneigt er sich vor den beiden Elben.

(Original von Jule Neigel Band)


Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Phelan am 09. Aug. 2003, 14:44 Uhr
Leise, sich ein Herz fassend, ist Phelan der edlen Hochzeitsgesellschaft bis zum Eingang des Tempels gefolgt, auf dass er wenigstens von ferne einen kleinen Teil der Zeremonie mitbekäme. Der Moment, als der Braut der traditionelle Mantel abgenommen wird, verzaubert ihn vollkommen, ebenso die uralten Gelübde, die beide im Anschluss ablegen. Ergriffen und still steht er halb in der Kühle des Tempel, halb im Schatten des Hains und seine Kehle wird eng, als die beiden sich ewige Treue schwören, ewige Treue für das ewige Leben der Elben. Und wie sie alle dort stehen, still schweigend, als könnte jeder Laut den Zauber des Augenblicks zerstören, da setzt ein Sänger an ein Lied auf die beiden zu singen und seine Stimme hallt wie selbstverständlich durch die heilige Halle Anukis. Wie oft habe ich mir gewünscht, den Bund einzugehen mit Aethlings Mutter, doch nie war es uns vergönnt. Kummer überschattet sein Gesicht einen Moment lang.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Mottenfaenger am 09. Aug. 2003, 14:49 Uhr
Zugegebenermaßen macht Mottenfaenger sich nicht allzu viel aus der Zeremonie mit ihren ganzen einstudierten Floskeln und Ritualen, und wenn es sich nicht um Freunde handeln würde, hätte er bestimmt schon nach einigen Minuten den Faden verloren.
Als die Zeremonie sich jedoch dem Ende nähert, macht sich ein frohes Lächeln auf seinen Zügen breit. Unverkennbar stehen dort zwei Freunde von ihm und Raven, die sich aufrichtig Leben, denn trotz aller Formalitäten vermag ein jeder dies aus ihren Gesichtern zu lesen.

Als die Vermählung mit einem innigen Kuss besiegelt wird, schlingt Mottenfaenger sacht den Arm um Raven und für einen Moment treffen sich ihre Blicke, in denen ein Funkeln zu liegen scheint. Gleich darauf zieht sie der Barde Das ist doch der Elb vom Bardenwettstreit in seinen Bann, während der Blick des Druiden von einem seiner Freunde zum anderen schweift.
Zufällig bemerkt er dabei in den Augenwinkeln einen fremden Mann, der allein in der Tür zum Tempel steht, gekleidet in der Tracht eines Waldläufers.
Wer kann das denn sein? will es ihm durch den Kopf gehen, doch da wird er auch schon von Raven abgelenkt, die ihm etwas ins Ohr flüstert.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Calyra am 09. Aug. 2003, 14:52 Uhr
Die Zeremonie zieht vorbei wie im Traum. Völlig gefangen in der seltsamen, fast mystischen Atmosphäre des Tempels lehnt sie sich an Caewin, der den Arm um ihre Schultern legt und versucht gar nicht erst, ihre Tränen zu verbergen. Seufzend flüstert sie: "Götter... ist das schön..." -  und sucht dan leise in dem kleinen Brokatbeutel, der von ihrem Handgelenk baumelt, nach einem Taschentuch. Sie lächelt, als Caewlin sie besorgt mustert und schüttelt kaum merklich den Kopf. Falcon und Arwen stehen im Licht der Sonne, die durch die offenen Tempeltore hereinfällt, sehen sich an und ihre Gesichter leuchten, während sie die heiligen Eide sprechen. Staunend lauscht sie der uralten elbischen Zeremonie und den heiligen Worten und muss vor lauter Freude und Ergriffenheit noch mehr weinen. Caewlin sieht sie nur an und lächelt sein unnachahmliches, halbes Lächeln, das wohl für immer ihr Herz gefangen halten würde. Sie schmiegt sich an ihn und er drückt einen Kuss auf ihr Haar und vor der Statue küßt Falcon Arwen in einem grüngoldenen Schleier aus Sonnenlicht, nachdem der Priester sie feierlich zu Mann und Frau erklärt hatte.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Kizumu am 09. Aug. 2003, 14:59 Uhr
Ihr stockt der Atem, als sie Arwens Kleid zum ersten Mal sieht. Sie hatte noch nie an einer Hochelbenhochzeit teilgenommen und auch in ihrer Heimat nur selten einer Hochzeit beigewohnt und wenn waren diese lange nicht so prunkvoll wie diese gewesen. Stille breitet sich über dem Hain aus und Kizumu läßt ihren Blick über die vielen Gäste schweifen. Ein wenig unwohl fühlt sie sich schon unter all den Edlen ihres Volkes und wieder einmal schweifen ihre Gedanken in ihre Heimat, diesmal jedoch zu Enris, die ja selbst aus dem Hause Dûne stammte.
Arwen und Falcon sprechen die ewigen Gelübde, ihre Blicke ineinander versunken und eine Gänsehaut kriecht ihren Rücken herab. Sie wendet ihren Blick ab und schaut zu Olyvar auf. Er blickt ebenso gebannt wie alle anderen nach vorn, doch als würde er es spüren wendet er ihr seinen Blick zu und sein Lächeln läßt einen Bienenschwarm durch ihren Bauch fliegen. Sie drückt sacht seine Hand, dann wenden sie sich wieder der Trauung zu. Der schwarzhaarige Barde, der in der Harfe so wundervoll gesungen hatte stimmt ein Lied auf die beiden an und in der Feuerbergelbin steigt leise Wehmut auf.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 09. Aug. 2003, 15:09 Uhr
Die Zeremonie hüllt das Innere des Tempels in andächtiges Schweigen und als Arwen und Falcon schließlich ihr Gelübde sprechen und dann die sanften Klänge des elbischen Liedes wehmütig durch die Hallen ziehen, ist gar das eine oder andere leise, ergriffene Schnüffeln aus den hinteren Reihen zu vernehmen. Für die Dauer einiger Herzschläge treffen sich Ravens Blicke funkelnd mit denen ihres Gefährten und ein stilles Wissen liegt in ihnen, das Wissen, ebenso untrennbar zusammenzugehören, auch ohne Zeremonien und Festakte und heilige Schwüre, die doch nur gesprochene Worte im Wind sind und Raven spürt tief in ihrem Inneren, daß es viel mehr ist, was sie mit ihrem Gefährten verbindet.

Der Festakt neigt sich seinem Ende zu und die andächtige Stille weicht den ersten ausgespochenen Glückwünschen an das Hochzeitspaar, an dem in diesem Moment alle Augen hängen. So bemerkt kaum jemand den Fremden, der im Dämmerlicht der Tür reglos der Zeremonie lauscht.  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Niniane am 09. Aug. 2003, 15:22 Uhr
Die zwölf Gelübde sind gesprochen und die zwölf Segen erteilt. Nachdem das Hochzeitslied gesungen ist und niemand Einwände gegen ihre Verbindung vorgebracht hat, ist es an der Zeit, daß Falcon Arwen seinen Mantel umlegt und somit ihren Bund besiegelt.

Die Mitra des Anukispriesters ist ein prachtvolles Stück aus smaragdgrünem Samtbrokat und Gold, zwei Ellen lang und so schwer, daß Niniane sich fragt, wie der Mann ein solches Gewicht so ungerührt tragen kann. Sie glitzert im grüngoldenen Dämmerlicht, jedesmal, wenn der Priester den Kopf bewegt und nun wendet er sich lächelnd an den Templer. Sie grinst und tauscht fast gegen ihren Willen einen Blick mit Cron, als Arwen und Falcon im goldenen Dunst vor der Statue der Göttin Seite an Seite Aufstellung nehmen und der Templer einen kleinen Schritt zurücktritt, um seinen schweren Mantel mit einem Schwung abzunehmen.

Der silberne Stern glitzert sacht und das Licht bricht sich in den Regenbogenopalen, als Falcon Arwen den Mantel um die Schultern legt, sich vorbeugt, um die Spange mit den Wolfsköpfen an ihrem Hals zu schließen und dabei sacht mit dem Mund über ihre Wange streift.
Gleich darfst du sie küssen, Falcon... Ninianes Grinsen wird breiter und sie tauscht einen lächelnden Blick mit Tianrivo, der leicht schräg hinter Arwen steht, so wie sie und So'tar Blaufalke hinter Falcon. Auch entdeckt sie das gleiche, liebevolle Lächeln auf vielen Gesichtern ringsum.  

Elben und Menschen in einem Tempel zur Hochzeit dieser beiden....und zwei Nordmänner unter ihnen...wenn das kein Anlaß zur Hoffnung ist, dann weiß ich auch nicht weiter...
Das Ehegelübde wird gesprochen, einige Elbenlords treten vor und bekräftigen mit klaren Stimmen: "Wir bezeugen es."
Erneut tanzt das Licht durch die Mitra des Anukispriesters, während dieser Falcon aus dem Haus Lyrs'Aris und Arwen aus dem Haus Mitarlyr feierlich zu einem Fleisch, einem Herz und einer Seele erklärt und Falcon Arwen an sich zieht, um sie zu küssen.

Eine Wolke von Schmetterlingen flattert aus den Blumen zu Füßen der Anukisstatue empor und ihre zarten Flügel verdecken einen Augenblick fast völlig das Hochzeitspaar, ehe sie sacht im grünen Dämmer verschwinden.
Es ist getan....die beiden sind wirklich verheiratet...
Als sie sich strahlend umwenden, werden sie beinahe augenblicklich umringt und ein Regen von ersten Glückwünschen und Hochrufen geht auf sie nieder, ehe sie sich daran machen, den Tempel zu verlassen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Tianrivo am 09. Aug. 2003, 15:24 Uhr
Während der Kuss von Arwen und Falcon von einer grüngoldenen Wolke aus Schmetterlingen verhüllt wird, wechselt Tianrivo einen lächelnden Blick mit So'Tar und Niniane, in dem unverhohlener Vaterstolz liegt. Und als endlich auch der Letzte der Schmetterlinge im grünen Zwielicht der Tempelkuppel verschwunden ist und die beiden Frischvermählten sich ihm und den anderen Anwesenden zuwenden, ist der strahlend glückliche Anblick der beiden einer der schönsten Momente seines langen Lebens. Nur wenige waren schöner gewesen, und für einen kurzen Moment der Wehmut denkt er an jene Stunden zurück, als Amithra ihm zwei Kinder geboren hatte.

Er steht nah genug an den beiden, und so ist er zusammen mit So'Tar der erste, der ihnen gratuliert. Dann zieht er sich einige Schritte zurück um ihren Freunden Platz zu machen, die nun auch heran drängen. Hochrufe und Gratulationen erklingen. Und während das Brautpaar die Glückwünsche entgegennimmt, kümmert er sich um das, wofür sie in diesem Moment des Glücks weder Blick noch Gedanken haben. Zusammen mit den Herren der Häuser Nevisanar und Valayar, die während der Zeremonie das Ehegelöbnis bezeugt haben, geht er zum Schreiber des Tempels, wo sie alle drei ihre Siegel neben jenen des Tempels auf die Eheurkunde setzen. Die Urkunde nimmt Tianrivo an sich. Falcon und Arwen haben jetzt andere Dinge im Kopf, als sich um solchen Papierkram zu kümmern.

Irgendwann ebben die Hochrufe und die Reihe der Gratulanten ab, und auf knappes Zeichen von ihm hin verlassen die beiden weiß gewandeten Ritter ihre Plätze neben den Flügeln des Portales und führen den Zug der Hochzeitsgesellschaft aus dem Tempel hinaus.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Phelan am 09. Aug. 2003, 15:28 Uhr
Eine Frau fällt Phelan ins Auge, deren rubinrotes Haar im Zwielicht des Tempels von innen heraus zu leuchten scheint. Offensichtlich fällt ihr die Rolle der Trauzeugin zu. Doch als sie sich umwendet merkt Phelan auf. Niniane, die Protektorin. Sie ist also auch hier. Und obwohl sein Weg ihn zu ihr geführt hätte, so hält er sich doch nun zurück, um die Feierlichkeit der Hochzeitsgesellschaft nicht zu stören, denn er ist nicht geladen, sondern nur ein Zaungast am Garten eines Palastes. Beide, Braut und Bräutigam, scheinen eher zu schweben als zu gehen, als sie sich abwenden, dem Ausgang zu, dorthin, wo er selbst steht und so zieht er sich unauffällig zurück in den Schatten des Hains, um ihren Fortgang zu betrachten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Cron am 09. Aug. 2003, 16:44 Uhr
Zwei Ritter der Mitarlyrs in schneeweißen Rüstungen und weißen Mänteln führen die Prozession aus dem Tempel - selbst ihr Haar ist weiß - , ihnen folgt Natie, die aus einem Körbchen Orchideenblüten für das Brautpaar verstreut.  Hinter Falcon und Arwen gehen Tianrivo, So'Tar Blaufalke und Falcons Onkel Khelenar, gefolgt von den Edlen der verschworenen Häuser der Mitarlyrs, dann sind sie selbst an der Reihe.
"Mylady." Cron bietet Niniane seinen Arm an und sie nimmt ihn, doch er spürt, wie steif sie sich macht, während sie durch den Tempel ziehen. Nicht ein einziges Mal sieht sie ihn an. Hinter ihnen reihen sich die anderen Gäste der Hochzeit ein: Caewlin und Calyra, Raven, Mottenfaenger, Olyvar von Tarascon und Kizumu, Borgil in einem bestickten Brokatrock in rot und gold, grinsend unter seinem gewaltigen Bart, der heute schwer vor Goldringen glänzt und noch andere mehr. Er hört den Jubel draußen schon, ehe sie das Tempeltor erreichen. Hier im Tempelviertel finden an diesen Festtagen  des Sonnengottes vielerlei Vermählungen statt, in nahezu jedem Heiligtum jeder Gottheit, doch eine Elbenhochzeit in solchem Stil ist etwas ganz besonderes - und natürlich hat sich das Ereignis schneller in der Stadt herumgesprochen, als man das Wort "Gerücht" aussprechen kann. Eine kleine Menge Neugieriger und Schaulustiger hat sich schon eingefunden, als sie aus dem angenehm kühlen Grün des Anukistempels in die stechende Sommerhitze hinaustreten. Arwen und Falcon stehen , umgeben von den Elbenlords, auf dem Weg, der zu den beiden Wolfsstatuen hinabführt. Die Elbenritter in Weiß halten allzu aufdringliche Zaungäste zurück, während die beiden Wölfe aus Stein wohlwollend auf sie blicken. Sie reihen sich in die kleine Prozession ein, um dem frischvermählten Paar zu gratulieren, hinter ihnen Caewlin und Calyra, vor ihnen Raven und Mottenfaenger und noch immer bleibt Niniane so kühl wie ein Eisberg im Nordmeer. Er beglückwünscht Falcon und Arwen, während sie die beiden umarmt und er sie zum ersten Mal seit der Zeremonie lächeln sieht, aber selbst das wirkt aufgesetzt - jedenfalls für seine Augen.

Borgil macht gar eine tiefe Verbeugung vor Falcon, ehe er ihm einen freundschaftlichen Rippenstoß versetzt und küßt Arwen so galant die Hand, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan.
Diener, Pagen, Knappen und Knechte bringen Sänften und Pferde und langsam setzt sich der Zug der Hochzeitsgesellschaft in Richtung Vinyamar in Bewegung. Die Sänfte Ninianes und Calyras hatte in der Sonne gestanden, und hinter den cremefarbenen Vorhängen muss es ungeheuer warm sein. Doch während Caewlins silberhaarige Frau sich seufzend Luft zufächelt, und ihr Sohn in den Armen der Mogbarmagd schläft, starrt Niniane nur auf ihre Hände. Ihr scheint die Hitze nichts auszumachen. Kunststück...sie badet auch in siedend heißem Wasser... Caewlin und er selbst reiten neben der Sänfte her, hinter ihnen Raven und der Druide gemeinsam auf dem großen Braunen der Diebin. Borgil ruckelt in seiner eigenen Sänfte, bespannt mit grünem Tuch, in das Hunderte goldener Harfen eingewebt sind, voraus und Olyvar und Kizumu schließen auf ihren festlich herausgeputzten Pferden zu ihnen auf. Weiter vorne kann er Arwens Haupt unter dem roten Schleier erkennen und die Sonne bricht sich glänzend in den Edelsteinen ihres Stirnkranzes, als leuchte ihnen ein rötlicher Schein voraus. Caewlin auf der anderen Seite der Sänfte macht eine leise Bemerkung und er nickt nur, in Gedanken weit fort. Die Straßen der Stadt sind wegen des Sommerfestes und der zahlreichen Gäste in Talyra nicht eben leer und so dauert ihr Weg länger, als er eigentlich ist. Viel Volk bleibt am Straßenrand stehen, stimmt spontan alte Hochzeitslieder an oder bringt Hochrufe aus und sieht ihnen meist noch lange nach, als sie vorüberreiten, doch schließlich erreichen sie das Seeviertel, wo ihnen angenehm kühler Wind vom Ildorel herauf entgegenweht und passieren das Ulmentor zu Vinyamar.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Sol am 09. Aug. 2003, 17:43 Uhr
Nachdem Sol einige Bekannte, darunter Raven, Caewlin, Calyra und Kizumu, die mit ihm vor mehr als einem halben Jahr durch die Gedärme der Stadt gerobbt sind, wiedergesehen und freundlich gegrüßt hat bittet ein elbischer Herold die Hochzeitsgesellschaft in die heiligen Hallen.
Obwohl er, des Anstandes wegen, versucht einen natürlichen zwergischer Drang, der seinen Blick von den Gästen, hin zu den Wänden- und Deckenreliefs schweifen lässt, zu unterdrücken, will ihm dies nicht sonderlich gelingen, so dass er die wenigen Minuten bis zur Ankunft der Braut gebannt den Tempel beschaut.
Falscher Ort, falsche Zeit...

Kaum hat sich der Zwerg sattgesehen, erscheint Arwen, Arm in Arm mit einem Mann, der ihr Vater zu sein scheint und nimmt vor den versammelten Gästen Aufstellung.
Noch nie hat Sol eine Hochzeit mitgemacht, keine der recht seltenen zwergischen und erst recht keine der, wie er nun am eigenen Leib erfährt, prunkvollen und aufwendigen elbischen Eheschließungen.

Gebannt verfolgt er was vor seinen Augen passiert und gegen den Anblick von Arwen verblasst selbst für den Zwerg die schönste Architektur. Wie in Trance läuft die Seremonie vor Sol ab und er kann seinen Mund vor staunen kaum mehr schließen, das Stück des Barden bekommt er kaum mit.

Sol drängt sich schnell unter die Gratulanten, um einer der ersten zu sein, der dem frisch vermählten Paar gratulieren kann. Einer tiefen Verbeugung vor Falcon und einem Handkuss für Arwen folgen zahllose Glückwünsche und Ausdrücke der Freude von den Lippen des im wahrsten Sinne des Wortes strahlenden Zwerges.

Als sich der Zug in Richtung Ulmenanwesen fortbewegt reiht sich Sol nahtlos in die feiernden Reihen ein.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 09. Aug. 2003, 18:16 Uhr
Ebenso wie die anderen Gäste gratulieren auch Mottenfaenger und Raven dem Hochzeitspaar, deren Gesichter vor Glück zu leuchten scheinen. Das Gedränge rund um die beiden Elben ist so groß, daß sie schnell Platz machen, um die nachfolgenden Gratulanten zu den beiden durchzulassen und die Welle der Glückwünsche reisst nicht ab.

Schließlich lösen sich die Feierlichkeiten im Anukistempel auf und die Schar der Gäste strömt hinaus auf die Lichtung rund um den Tempel, wo Pagen die Sänften bereithalten und die Pferde herbeiführen. Die Elbenrösser sind prachtvoll geschmückt und tragen verzierte Sätteln und Zaumzeuge und kostbar bestickte Satteldecken, wogegen sich Ravens Brauner fast ein bißchen schäbig herausnimmt. Ein Page führt ihn heran und nachdem sie sich auf seinen ungesattelten Rücken geschwungen haben - wobei sich das lange Kleid als ziemlich störend herausstellt und Raven die weiten bauschigen Röcke bis weit über die Knie raffen muß, um sich darin nicht zu verheddern - reihen auch sie sich in den Zug aus prächtigen Pferden und Karossen ein, der sich nun langsam in Richtung Vinyamar in Bewegung setzt.

Sie halten sich ziemlich am Schluß und lassen erst die gesamte Schar an Elben und Ehrengäste vorbeiziehen, bevor Raven den Braunen aufschließen lässt. Mottenfaenger, der hinter ihr auf dem Pferd sitzt, schüttelt kaum merklich den Kopf über so viel Pomp und verschwenderische Pracht und auch ihr selbst ist es geradezu unheimlich. Insgeheim wünscht sie sich, sie könnten einfach kehrt machen und in den heimischen Wald davongaloppieren, anstatt sich den Abend über mit höfischer Etikette herumplagen zu müssen, aber da Falcon und Arwen gute Freunde sind, verwirft sie den Gedanken schnell wieder und lässt den Braunen brav hinter dem langen Zug der Festgäste hertrotten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Elvellon am 09. Aug. 2003, 18:19 Uhr
Als die Gäste nun das Brautpaar bestürmen, um ihm zu beglückwünschen, wird Elvellon schnell in die hintersten Reihen gedrückt, wo er verharrt: teils aus Anstand, teils aus Verärgerung. Es wäre sein Geburtrecht gewesen, als einer der Hochelben zumindest in der Nähe Arwens sein zu dürfen und ihr zu gratulieren, doch wird dies nun verhindet. Er steht nun am Ende dieser nach Beglückwünschung lechzenden Menge und schaut sich das Schauspiel nun angewidert an.

Nachdem die Menge nun den Tempel verlassen hat und draußem am weitergrölen ist, beschließt Elvellon, seinem Gott Lyr zu huldigen. Dabei fällt ihm auf, warum es ihn nicht in die Gesellschaft der Feiernden zieht: durch seine lange Reise geschunden trägt der Elb einen nun alten Umhang und die darunterliegende Kleidung. So ist er sichtlich froh, nicht so unter die Augen Frau Arwens getreten zu sein.

Vor Lyr kniet er nieder und erlaubt sich ein elbisches Gebet. Nach wenigen Minuten hat er diese Prozedur beendet, steht wieder auf und begibt sich zum Tor. Dort angekommen schaut er der johlenden Menge hinterher und beschließt, in die entgegengesetzte Richtung davon zu gehen und einen großen Bogen um diese zu machen. Sein Ziel ist der Marktplatz, auf welchem er noch so einiges zu erblicken gedenkt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Phelan am 09. Aug. 2003, 20:23 Uhr
Die Eindrücke der wundervollen Hochzeit klingen in Phelan nach und nachdem die Gesellschaft den Hain verlassen hat, bleibt er am Fuß einer alten Buche sitzen und genießt die Nähe zu Anukis und das Treiben um den Tempel her, als befände er sich auf einer Insel inmitten eines bewegten Ozeans.       Leise summt er eine Melodie vor sich hin, die ihm just in diesem Augenblick durch den Kopf klingt. Irgendwann färbt sich der Himmel im Westen purpurn und die Hitze lässt nach. Überall werden Fackeln entfacht und Laternen und Mädchen in den buntesten Kleidern und Sommerblumen im Haar laufen vorbei, kichernd und schnatternd wie eine Schar Gänse und allerlei anderes Volk strömt in Richtung des Zentrums, wo am Mittag des Tages seinen Rappen untergestellt hatte. Herolde und Ausrufer ziehen kleine Trommeln schlagend vorbei. "Hört, hört! Wohnt dem Feuerwerk und den Feuerschluckern zu Beginn der Nacht bei und erblicket die Gaukler und Narren, damit Euer Herz dieses Fest recht genießen kann. Hört, hört!"

Phelans Lippen verziehen sich zu einem Lächeln als er sich aufrappelt. Wenn diese Stadt feierte, dann wollte er nicht hintenan stehen. Und vielleicht läuft mir ja der, den ich suche, über den Weg.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 06. Sept. 2003, 07:56 Uhr

Der Weg durch die morgendlichen Straßen ist schnell zurückgelegt, und Arwen verschwindet im Schatten uralter Schwarzkiefern und Fichten, die den Anukis-Tempel umgeben. Ein vertrautes Gefühl breitet sich warm in ihr aus, als sie die beiden Wolfstatuen erblick, in deren Augen aus Jet und Bernstein ein lebendiges Funkeln zu liegen scheint.

Die Morgenandacht ist schon längst gefeiert, und der Platz vor dem Tempel menschenleer. Mit lautlo-sen Schritten tritt Arwen über die Stufen hoch zum Eingan des Tempels. Der goldene Marmor der Bäume schimmert im Licht des frühen Morgens wie aus sich selbst heraus. Ein warmer Willkommensgruss für die Besucher der heiligen Hallen und eine Mahnung an die Macht Anukis'.

Das grüngoldene Dämmern zwischen den baumgleichen Säulen und in den Kapellen der Archonen ist Arwen derart vertraut geworden in den letzten Monden, dass es ihr fast vorkommt, als kehre sie nach hause zurück, als sie durch das Portal tritt und die Flügeltür sich hinter ihr leise wieder schließt. Hell schimmern die Kelche der weißen Blüten an den Säulen und die Falter und Schmetterlinge huschen wie goldene und grüne Funken um die Säulen und die Statue der Göttin, der dieser Tempel geweiht ist.
Arwen schlägt den Mantel zurück und tritt näher an die Statue heran, um in angemessenem Abstand niederzuknien. Fast erscheint es ihr die Erinnerung an ihre Trauung hier vor einem Mondwechsel wie ein Traum. Bilder und Erinnerungen huschen flüchtig durch ihre Gedanken, ehe sie in stummem Gebet versinkt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 07. Sept. 2003, 15:25 Uhr
Wie lange sie regungslos im Gebet verharrt hat, vermag Arwen nicht zu sagen. Irgendwann hebt sie den Kopf wieder und ihre Augen sind klar und strahlend auf das Hier und Jetzt gerichtet. Eine Bewegung in ihrem Augenwinkel lässt sie den Kopf wenden. Und als sie Thrandar zwischen den Säulen stehen sieht, wird ihr erst bewusst, dass er schon bei ihrem Eintreten dort gestanden hatte. Sie hatte ihn wohl gesehen, aber nicht wirklich wahrgenommen. Und sein Gesichtsausdruck vermittelt ihr den Eindruck, dass er sie erwartet hat. Arwen erhebt sich aus dem Gras vor der Statue und geht zu ihm hinüber, mit einer entschuldigenen Geste und einem Lächeln neigt sie grüßend den Kopf vor dem Priester.

Einige leise Worte werden gewechselt, ehe Arwen dem Priester durch die kleine Pforte im Schatten der Statue aus dem Tempel hinaus folgt, unter dem Dach des Baumspaliers hinüber zum Tempelhaus. In der Eingangshalle kommt ihnen einer der Priester mit einer unruhigen Gruppe von Jungen und Mädchen in den braunen Gewändern der Novizen entgegen, die sich bei Thrandars Anblick rasch um Ruhe und Ordnung bemühen, aber ihre neugierigen Blicke hinüber zu der unbekannten Elbin kaum verbergen können. Und während Arwen Thrandar zu dessen Zimmer folgt, verlassen die Novizen tuschelnd und kichernd das Haus.
Fast entschuldigend erklärt Thrandar, dass die Kinder erst seit dem Sommerfest der Obhut des Tempels zur Ausbildung anvertraut sind, und viele von ihnen nicht hier aus Talyra stammen, und daher den Anblick von Elben nicht gewohnt sind. Dass sie sich aber wohl daran würden gewöhnen müssen, denn er würde es gerne sehen, wenn sie, Arwen, sich mit um die Aubildung der Novizen kümmern würde. Vor allem das Lesen und Schreiben, das die meisten nicht beherrschen. Eine Bitte, die Arwen erstaunt, was sich auch an ihren Augen erkennen lässt.

"Ich soll die Novizen unterrichten, Thrandar?... Ich bin doch selber nie zur Priesterin aiisgebildet worde, ich habe nie die Novizenzeit durchlaufen.... Ich- ..." Etwas verstört bricht sie im Wort ab.
"Doch, genau ihr sollt die Kinder unterrichten, Arwen. Ich weiss, dass ihr nie zur Priesterin ausgebildet wurdet. Zumindest nicht so wie die meisten von uns, die als Novizen im Tempel lernten, was sie als Priester wissen müssen. Aber es gibt unterschiedliche Arten, wie jemand zum Priester oder zur Priesterin wird. Die einen spüren schon früh den Ruf der Göttin und folgen ihm in den Tempel, wo sie ausgebildet werden. Andere kommen als Waisen zu uns oder werden uns von den Eltern anvertraut. Manche von ihnen erreicht der Ruf und sie bleiben hier um zu lernen und später Anukis zu dienen, andere verlassen uns, wenn sie erwachsen sind um ihren Weg in der Welt zu finden. Immer in dem Wissen, es gibt einen Ort an den sie zurückkehren können, wenn der Ruf sie doch noch erreichen sollte. Und dann gibt es noch einige wenige, zu denen auch ihr gehört, die erreicht der Ruf Anukis' auf ungewöhnliche Weise. Und er weckt in ihnen gleichsam ein ruhendes Wissen um ihre Berufung und ihre Aufgaben, und ohne je die Ausbildung der Novizen durchlaufen zu haben, erfüllen sie ihre Aufgaben im Dienste der Göttin. Und oft sind gerade diese Berufenen es, denen besondere Aufgaben obliegen, gerade weil ihre Pflichten nicht im täglichen Tempeldienst liegt." Er macht eine kurze Pause, in der er die Elbin vor sich eingehend mustert, nicht auf eine unangenehme sondern auf eine freundliche Art. "Ihr habt eine Ausbildung genossen, wie nur wenige hier in den den Immerlanden, Arwen, Ihr habt Sprachen und Schriften studiert, ihr wisst von Dingen, die wir nur als blasse Ahnung aus alten Büchern lernen können, wenn überhaupt. Es wäre für uns alle ein Gewinn, wenn ihr wenigstens einen Teil eures Wissens weitergeben würdet, an die Novizen und an die Priester hier im Tempel. ... Und ich bin mir sicher, dass auch ihr hier noch manches lernen und erfahren könnt... Vorallem werdet ihr hier jederzeit die Ruhe finden, die ihr in den nächsten Monden brauchen werdet."
"Woher...?" Abrupt blickt Arwen dem Priester tief in die Augen. Woher weiss er um das Geheimnis, das sie unter ihrem Herzen trägt?
"Ich zwar keiner vom schönen Volk, aber auch mir ist die Gabe verliehen, die Aura eines Wesens erkennen zu können. Und auch wenn es euch selbst vielleicht nicht bewusst ist, aber eure Aura hat sich verändert. Ein klares goldenens Schimmern durchzieht sie und kündet von dem neuen Leben, das unter eurem Herzen heranwächst. Jeder, der Augen hat es zu sehen, sehen zu wollen, kann es erkennen... Ihr habt es noch niemandem gesagt." Der letzte Satz ist leise, aber es ist eine Feststellung, keine Frage.
"Nein, ich..." Arwen senkt kurz den Kopf, dann sieht sie Thrandar wieder an. Ihre Maske aus Selbstbeherrschung ist in sich zusammengebrochen, und in ihrem Gesicht ist ihre Unsicherheit nun offen zu erkennen. Fast flüstert sie, als sie weiterspricht. "Ich habe es noch nicht einmal meinem Gemahl gesagt... Ich habe Angst, Thrandar. Ich habe Angst, dass... dass mein Kind icht nur ebenso unter den Fluch fällt wie ich, sondern, dass ... dass ich auch den anderen Fluch meiner Mutter geerbt habe, dass ich das Kind gar nicht erst  lebend zur Welt bringen werde.... Ich habe nicht die Mächte, die meine Mutter hatte. Wenn es wirklich so sein sollte, werde ich nicht die Macht haben zu tun, was sie einst für mich tat."
"Es wird geschehen, wie die Götter es wollen. Macht euch keine Gedanken um etwas, was außer eurer Macht liegt, Arwen. Verliert nicht die Hoffnung, redet mit eurem Gemahl darüber, teilt eure Sorgen mit ihm... und freut euch gemeinsam auf das Kind. Denn so die Götter wollen, wird es gesund und lebendig zur Welt kommen.... Und nun vergesst die trüben Gedanken. Es ist hoher Mittag, wenn ihr mögt, dann kommt mit mir und nehmt an unserem Mittagsmahl im Speisesaal teil. Dann kann ich dort auch gleich allen sagen, dass ihr ab sofort mit für die Ausbildung der Novizen sorgen werdet und euch vorstellen."

Essen... Alleine bei dem Gedanken daran wird Arwen wieder unwohl, und das obwohl sie eigentlich Hunger hat. Nur eiserne Selbtsbeherrschung verhindert, dass sie reflexartig zu würgen beginnt. Doch vor Thrandar kann sie es trotzdem nicht verbergen, un dder Priester schüttelt mit einem wissenden Lächeln den Kopf.

"Also leiden auch Elbinnen unter diesem Zeichen der Schwangerschaft... Nun denn, dann gehen wir vorher noch zu unserem Kräutermeister. Er wird euch etwas geben, das den Magen zumindest soweit beruhigt, dass ihr etwas zu euch nehmen könnt ohne dass euch sofort unwohl wird. Aber die morgendliche Übelkeit wird auch er euch nicht nehmen können. Die gibt sich nur von alleine, wenn die ersten Monde vorbei sind."

Und so besucht Arwen zusammen mit Thrandar erst noch einen Mann mit gebeugtem Rücken und langem Bart, der in einem säuberlich aufgeräumten Herbarium über gläsernen Kolben sitzt und vorsichtig Essenzen aus Kräutern destilliert und sich bei ihrem Eintreten mühsam aufrichtet. Als Thrandar ihm sagt, was er braucht, lächelt der Mann Arwen freundlich und ein wenig mitleidig an und reicht Arwen eine Phiole aus hellgrünem Glas. "Vor jeder Mahlzeit zehn Tropfen davon in zwei Schluck Wasser, das beruhigt den Magen... Es sind feinste Essenzen von bitteren Schleifenblumen, Angelikawurzeln, Kamillenblüten, Distelfrüchten, Melisse, Pfefferminze, Schöllkraut und Süßholzwurzeln. Ihr seht, nichts davon wird eurem Kind schaden."

Mit einem Dank verlässt Arwen zusammen mit Thrandar das Herbarium wieder, und mit leisem Bedauern, der Duft der Kräuter dort, die Bücher in den Regalen und die Bündel der trocknenden Kräuter unter der Decke ließen den Raum so vertraut wirken, so beruhigend.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 23. Nov. 2003, 11:01 Uhr
Thrandar schreitet durch die Kreutzgänge und ist tief in Gedanken versunken, die Gerüchte in der Stadt sind bis zu ihm vorgedrungen und sie beunruhigen ihn aufs äußerste. In seinem Morgengebet an Anukis hat er um Hilfe für den bevorstehenden Sturm gebeten, um die Kraft das übel ab zu wehren. Ein junger Novize bringt ihm einen Becher hellroten Wein und er dankt ihm mit einem knappen Nicken, dann entlässt er ihn mit einer Handbewegung und einem sanften Lächeln. Der kühle Wein klärt etwas seine trüben Gedanken als er zu seinen Gemächern geht.
Plötzlich hält er inne, irgendetwas schreckt ihn auf beunruhigt ihn. Vor der Türe zu seinen Privatgemächern steht eine Gestallt in einem dunklen Umhang und scheint auf ihn zu warten. Thrandar spannt sich an, sollte es wirklich ein Attentäter an all den Wachen bis zu ihm geschafft haben. Gerade will er die Wachen rufen als er das kleine Zeichen auf dem Umhang des Fremden sieht. Und ein ungläubiger Ausdruck erscheint auf seinem Gesicht und seine Lippen formen ein lautloses „ Ihr?“
Die Kleidung des Fremden ist verschmutzt und zerrissen. Getrocknetes Blut und Brandspuren sprechen Bände und der Priester geht ohne ein Wort an ihm vorbei und schließt mit einem verzierten Schlüssel die runengestärkte Türe zu seinen Gemächern auf, dann dreht er sich halb zu ihm um und lächelt ihn Gutmütig an „ Tretet ein Falcon   Lyrs'Aris...tretet ein und Berichtet was euch zu gestoßen ist“ Und berichtet was mit eurer Frau ist
Denn in dem Augenblick wo er den Elben gesehen hat, weiß er was ihn die ganze Zeit so in Unruhe versetzt hat, einer Priesterin der Anukis war etwas zugestoßen. Nicht hier in der Stadt, das hätte er gespürt, aber irgendetwas schreckliches war geschehen das war sicher.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 23. Nov. 2003, 11:44 Uhr
Behutsam schließt der Priester hinter dem Elbentempler die Türe und bleibt einen Augenblick stehen um ihn zu mustern, dann tritt er an seinen Tisch und bittet Falcon auf einem der Stühle platz zu nehmen.
Falcon nickt leicht und streift sich mit der Hand die Kapuze vom Kopf. Thrandar hält kurz den Atem an und sein Blick fällt zuerst auf die geschundene Hand und dann auf das Gesicht des Elben, doch sagt er kein Wort sondern lässt den Templer beginnen.
Lange Minuten blickt Falcon nur auf den kahlen Steinboden des Zimmers ohne den Priester an zu sehen, als er dann doch spricht ist seine Stimme zittrig und leise. Die Minuten werden zu Stunden und Falcon berichtet immer noch von allem was nach der Hochzeit passiert ist. Erzählt von seiner Vergangenheit und auch von den Hürden die das Schicksal für sie bereitgestellt hat. Von seiner Zeit im Mondsichelgebirge mit seinem Onkel und seinem ersten Treffen mit Arwen vor so langer Zeit.
Thrandar hört schweigend zu, nickt ab und an zustimmend oder weitet ungläubig die Augen als Falcon von Wegesend und seiner Familie Erzählt. Als der Templer dann endet und wieder zu Boden blickt liegt eine drückende Stimmung in der Luft. Und der Priester denkt über die letzten Worte des Templers nach. „ Nein!“ Sagt er dann mit einer Bestimmtheit die, die Stille zerreist „ Die Hoffnung ist nicht gestorben in diesem Kellergewölbe...aber ich denke das ihr einen großen Fehler begangen habt, als ihr in den Larisgrün lieft.“ In seiner Stimme ist kein Vorwurf zu hören, keine Anklage nur ein leises Bedauern. „ Ihr musstet viel Erleiden Falcon...aber nicht nur ihr. Auch andere haben gelitten und nicht zuletzt eure Frau und wahrscheinlich auch euer ungeborenes Kind. Eure Freunde haben viel für euch getan, sie haben viel Riskiert um euch zu Retten und nicht weil sie sich verpflichtet fühlten. Sie taten es aus Freundschaft zu euch...ihr könnt nicht die ganze Last alleine tragen Herr Templer ohne daran zu zerbrechen.“ Falcon blickt auf und sieht ihn mit tief liegenden Augen lange Zeit an ohne ein Wort zu sagen „ Mein Blick geht tief Falcon, es hätte nicht viel gefehlt und ihr wärt das geworden was dieser Elb der einst euer Vater war von euch gewollt hat. Findet zur Güte zurück...findet den Falcon wieder der ihr einst wart und die Hoffnung wird leben“
Der Priester erhebt sich von seinem Stuhl und geht zu einem Wandschrank um eine gläserne Karaffe und zwei Bleiglasgläser heraus zu holen. Während er die wundervoll verzierten Gläser mit einer honiggelben Flüssigkeit füllt spricht er ein leises Gebet zu Anukis, dann reicht er Falcon eins der Gläser „ Sucht sie auf, sie wird an dem einzigen Ort sein an dem sie Trost und Heilung finden kann...sucht sie auf und bittet sie um Verzeihung, nur gemeinsam könnt ihr Bestehen. Ihr seit eins und nur als ein ganzes könnt ihr gedeihen und müsst nicht verdorren.“

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Falcon am 23. Nov. 2003, 21:20 Uhr
Aus grünen Augen schaut Falcon den Priester an und zuerst sieht es so aus als wolle er nicken, doch dann senkt er den Kopf wieder. „ Ihr habt mir nicht zugehört Priester...ich kann nicht einfach zu ihr zurück und sie um Verzeihung bitten. Zuviel ist geschehen...zuviel habe ich falsch gemacht, als das sie mir Vergeben könnte.“ Langsam steht Falcon auf und löst die kleine Brosche von seinem Mantel und legt sie auf den Tisch vor sich. „ All die Jahrhunderte lebten wir in einer Illusion, wir glaubten an die große Liebe und an die Ewigkeit. Wir glaubten daran das sie über alles Erhaben wäre, über all das Leid und das sie die Zeit überdauern würde.“ Falcon schüttelt den Kopf und blickt den Priester dabei fest an. „ Kann Liebe so stark sein alter Mann? Ich sah ihre Augen, ihr Herz zerbrach als ich mich im Wahn von ihr abwendete in Wegesend, nie wieder wird sie mich so lieben können wie sie es einst tat. Und das ist etwas was ich nicht ertragen kann. In gewisser Hinsicht hat mein Vater sein Ziel erreicht, auch noch nach seinem Tot.“ Flüstert er, und geht unruhig im Raum hin und her. „ Ich kann ihr nicht wieder unter die Augen treten, nicht jetzt! Mein Herz verlangt nach ihr, aber ich spüre das ihr Herz nicht mehr mit meinem im Gleichklang schlägt.“
Schweigend hört der Priester zu, legt seine Finger an die Lippen und hört die Worte von Falcon, doch will er sie nicht glauben.
„ Was habt ihr nun vor Falcon  Lyrs'Aris?“
Zögerlich dreht der Templer sich um und seine Stimme ist ein Flüstern „ Ich werde Talyra verlassen.“

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Galrin am 14. Dez. 2003, 19:32 Uhr
Friedlich liegt der Tempel in der Mittagssonne. Plötzlich ertönt der Schrei eines Raubvogels und durch das Fenster oberhalb des Altars schießt ein großer Falke herein. Ein Priester eilt herbei und beobachtet das Tier interessiert. Es landet auf dem Altarstein und mustert den Mann mißtrauisch, läßt sich aber dann ohne Gegenwehr das Pergamentröllchen abnehmen, das ihm jemand an den rechten Fuß gebunden hat.

Mit gerunzelter Stirn liest der Priester das Pergament, reißt dann die Augen auf und eilt zu seinem Skriptorium.

"Schickt sofort nach Lady Arwen. Es kommen Leute, die unsere Hilfe brauchen."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 15. Dez. 2003, 20:52 Uhr
Arwen führt Nadir auf dem kürzesten Weg durch die Gassen und Straßen, und die meisten Leute machen ihnen bereitwillig den Weg frei. Nicht lange und sie erreichen das Tempelviertel. Vorbei am Tempel Faêris' lenkt sie Shur auf den schmalen Pfad unter den Schwarzkiefern, der sie vorbei an den beiden Wolfstatuen auf die Lichtung vor dem Anukis-Tempel führt. Doch anders als sonst sitzt Arwen hier nicht ab, sondern lässt Shur den Steinbau umrunden und über einen schmalen Kiesweg zum Haus der Tempelangehörigen gehen.

Den ganzen Weg über kreisen ihre Gedanken um die Frage, warum Thrandar sie in den Tempel rufen lässt. Auch wenn dies nur ein kleiner Tempel ist, dem weniger Priester und Novizen als den Tempeln von Shenrah oder Faêris angehören, so wäre man auch ohne die Novizinnen, die den Heerzug begleiten ohne weiteres in der Lage eine gewisse Zahl von Verletzten zu versorgen, ohne dass man sie würde rufen müssen.Und wieso überhaupt Verletzte aus Tiefwald? So weit kann der Tross kaum schon gekommen sein. Oder hatte der LordCommander sich zu Gewaltmärschen hinreissen lassen und die Truppen waren geschwächt in Scharmützel verwickelt worden? Oder lässt er sie rufen, weil Falcon unter den Verletzten ist und Thrandar ja noch nicht von der Auflösung der Ehe weiss? Es gelingt Arwen nicht wirklich, ihre Gedanken und ihre Sorge aus ihrem Gesicht zu verbannen.

Als sie am Haus der Tempelangehörigen ankommen, hat der Junge mit seinem Braunen wohl erst kurz vor ihnen sein Ziel erreicht und von ihrem Kommen berichtet. Wie es scheint hat er sich Arwens Rat, das Pferd zu schonen, zu Herzen genommen. Thrandar steht vor dem Haus, und bei ihm steht der Priester, der sie damals zu ihm geführt hatte, als sie um die Unterredung gebeten hatte. Sie steigt aus dem Sattel und geht zu den Männern in den dunkelgrünen Gewändern hinüber. Aus den Augenwinkeln sieht sie, dass Nadir ihr folgt, wie stets in den letzten Tagen. Der Bursche in der grauen Tracht der Novizen, der die Nachricht zu ihr brachte, geht zu den Pferden und will sie wie seinen Braunen in die Ställe bringen, doch Shur weigert sich auch nur einen Huf vor den anderen zu setzen. Erst als Arwen ihn ansieht und leise nickt, folgt er dem Burschen.
Die Begrüssung durch die Priester ist freundlich aber kurz, denn die fast ungläubigen Blicke werden von dem Elben neben Arwen angezogen, von seiner ungewöhnlichen Haarfarbe und der Waffe die er auf dem Rücken trägt. Eine Situation, die Arwen für einen kurzen Augenblick lächeln lässt.

"Das ist Nadir Shunjalir, ein... Freund...  meiner Familie, der mir seinen Schutz gewährt, so lange er in Talyra weilt." Weiter sagt Arwen nichts dazu, denn die Gründe gehen keinen der Anwesenden etwas an. Nur Thrandar sieht sie mit seinen wissenden Augen an, und sie meint kurz so etwas wie Bedauern darin zu lesen, Bedauern und Wissen. Falcon ist hier bei ihm gewesen wird ihr klar Er weiss, was in Wegesend geschah Ein bitterer Geschmack liegt ihr plötzlich auf der Zunge, während Thrandar höflich Nadir grüsst und sie dann alle in das Innere des Hauses, in seine Räume bittet.

Es dauert nicht lange, bis er ihnen allen die Botschaft gezeigt hat, die der Falke brachte: Verwundete Dörfler, Alte, Frauen und Kinder aus Tiefwald würden von dem Windschiff gebracht werden, die einzigen Überlebenden von Tiefwald, ungefähr ein Dutzend. Nur. Mehr hatten nicht überlebt.
Bitteres Schweigen legt sich für einen Augenblick über den Raum, leise Gebete für die Toten vermischen sich flüsternd mit der Bitte um Schutz für Jene, die sich aufgemacht haben um diesem Grauen ein Ende zu bereiten. Doch die Gebete verstummen bald wieder. Viel Zeit bleibt ihnen nicht, bis die Verletzten eintreffen werden, und vieles ist vorzubereiten. Schnell ist das Anstehende besprochen, werden Preister dazu gerufen und Aufgaben verteilt, werden Novizen den Priestern zugeteilt, denen sie zur Hand gehen sollen. Rege Betriesbsamkeit bricht aus, so als habe jemand einen Stein in einen Ameisenhaufen geworfen. Arwen zieht sich nur kurz in ein Nebenzimmer zurück, um ihre Kleidung gegen das grüne Gewand einer Priesterin zu tauschen. Und als sie zu Thrandar und Nadir zurückkehrt, die als einzige noch warten, ist sie dabei, ihre Haare zu einem festen Zopf zu flechten, offen würden sie sie in den kommenden Stunden nur behindern.

"Ich muss euch noch sprechen, Arwen. Alleine," gibt Thrandar ihr noch mit ehe sie sich auf den Weg durch die Gänge zum Kräutermeister des Tempels macht. Einige junge Männer und Frauen warten dort schon auf sie. Novizen, die kurz vor der Priesterweihe stehen und seelisch stark genug sind um auch mit den schweren Fällen zurecht zu kommen, jenen, die sterben würden oder deren Geist sich umnebelt hatte. Und die mit den Tränken und Tinkturen umzugehen wissen ohne noch Anleitung zu brauchen.

In den Gängen und Fluren hört man es rumpeln und poltern, als sie Novizen-Schlafsäle freigeräumt werden um Platz für die Verletzten zu schaffen, große Kiepen mit Holzscheiten werden geschleppt, Säcke mit Stroh, Decken, Felle und Kissen, Kessel mit heißem Wasser vorbereitet, reines Linnen für Verbände zugeschnitten und bereit gelegt. Und in der Küche schwitzen einer der Priester und die Küchenjungen über den Kesseln mit Brühe, den Ofen mit Broten und dem Gemüse, was geputzt und zerkleinert werden muss, über Markknochen, die der Brühe Kraft geben sollen, und, und, und.

Die Stunden vergehen wie im Flug, und dann ist alles so weit vorbereitet, wie man es in der kurzen Zeit vorbereiten kann, und es heisst warten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Galrin am 15. Dez. 2003, 21:40 Uhr
Ein langer Schatten fällt von oben auf den Tempel der Anukis, der im späten Abendsonnenschein liegt. Wie ein großer Raubvogel senkt sich das Windschiff des Schiffsbauers Galrin Ragnarsson aus dem rötlich erleuchteten Himmel herab und mit einem Klirren fällt der Anker zu Boden.
Die "Windkind" hat Talyra erreicht und die Verwundeten aus Tiefwald zum Tempel gebracht. Nachdem die Segel gerefft worden sind und das gewaltige Schiff zum Stillstand gekommen ist, öffnet sich im vorderen Drittel des Rumpfes eine große Luke. Aus ihr senkt sich, von vier starken Tauen gehalten, ein Aufzugkorb herab, in dem sich der Kapitän selbst, eine Novizin der Anukis, sowie drei Verletzte befinden. Die ersten Überlebenden von Tiefwald, zwei Männer und eine alte Frau, sind auf weiche Laken gebettet und sind froh, in Talyra angekommen zu sein. Zum Teil kann sich der Kapitän auch des Eindruckes nicht erwehren, daß die Bauern und Handwerker aus dem von den Nargen verwüsteten Dorf erleichtert sind, das fliegende Schiff wieder verlassen zu können.

Galrin begrüßt die anwesenden Priesterinnen, Priester, Novizinnen und Novizen mit einem kurzen: "Die Götter zum Gruße." und beginnt dann damit, die Verwundeten vorsichtig aus dem Aufzug zu bringen. Helfende Hände assistieren ihm dabei und noch bevor die Verwundeten auf ihren Bahren in Richtung Tempel getragen werden, hat Galrin einen Pfiff ausgestoßen und der Aufzugkorb entfernt sich wieder nach oben.
Kurz nacheinander werden nun auch die anderen Verwundeten herunter gebracht. Ein ums andere Mal spuckt das Windschiff mit seinem Korb am langen Seil seine zerbrechliche Fracht preis, ein ums andere Mal lassen die Männer und Frauen an Bord den Aufzug herabgleiten und wieder emporsteigen, um die Überlebenden des Massakers von Tiefwald zum Tempel zu bringen.

Mit der letzten Fahrt wird der Mann, der an Bord gestorben ist, herunter gebracht. Sein Gesicht ist mit einem schwarzen Tuch verhüllt und er wird von zwei Matrosen begleitet, die Kerzen in den Händen halten. So erweist die Mannschaft der "Windkind" dem Verstorbenen die letzte Ehre. Galrin zieht seine Filzmütze vom Kopf, senkt den Blick und sieht dann den beiden Novizen zu, die mit vorsichtiger Behutsamkeit den Toten aus dem Aufzug holen.
Als diese traurige Pflicht vollendet worden ist, faßt Galrin sich ein Herz und wendet sich an die ihm nächststehende Priesterin, eine Elfe mit jadegrünen Augen, die von einem zweiten Elfen begleitet wird.

"Verzeiht, Euer Gnaden, aber Lord Olyvar von Tarascon bat mich, nachzufragen, ob Ihr vielleicht für die Truppen, welche gegen die Narge ziehen, eine ausreichende Menge an Mohnblumensaft bereitstellen könntet. Da es auch in der bevorstehenden Schlacht zahlreiche Verwundete geben wird, hofft der Lord Commander, Ihr könntet vielleicht etwas davon entbehren, um die Schmerzen der Verletzten zu lindern."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 15. Dez. 2003, 22:12 Uhr
Der Gruß des Kapitäns des Windschiffes - es fliegt tatsächlich anstatt auf dem Wasser zu schwimmen - wird von der versammelten Priesterschaft leise erwidert. Zu sehr macht der Anblick der ersten Ver-wundeten sie betroffen. Aber es braucht nicht lange, bis Bewegung in die Priester und Novizen kommt. Tragen werden herbei geschafft um jene in das Tempelhaus zu bringen, die nicht mehr selber laufen können. Sei es weil sie zu schwach oder zu schwer verletzt sind.

Beim Anblick des Toten, der als letzter aus dem seltsamen Aufzug geholt wird, nimmt das Murmelnde Beten der Novizen und Priester noch zu, einem Bach gleich, der über Kiesel und Steine fliesst und in seinem ruhigen Lauf gestört wird. Zwei der Novizen, heben den Leichnahm vorsichtig auf eine Bahre und bringen den Toten in eines der ruhigen Seitenzimmer, um ihn dort aufzubahren.

Arwen schickt gerade eines der jüngeren Mädchen, das mit dem Anblick sichtlich überfordert ist, mit einem Auftrag los. Sie soll zum Sithechtempel laufen und die Grauen Schwestern holen, damit die sich um den Toten kümmern können und ihm eine angemessene Besatttung bereiten.

Der kapitän spricht sie so zögernd und voller Respekt an, dass Arwen sich zuerst gar nicht sicher ist, ob sie gemeint ist. Mit >Euer Gnaden< ist sie noch nie angeredet worden, und schon gar nicht, als Priesterin. Hinter dem Kapitän steht ein junges Mädchen in der grauen Tracht der Novizinnen Anukis', und stellt sich mit einem schüchternen Knicks vor. "Mein Name ist Alena, Herrin." Fast ist Arwen versucht die Augen zum Himmel zu verdrehen und den Rat der Götter zu erflehen, wie man mit soviel unverdienter Ehrerbeitung umgehen soll, doch der Rumpf des fliegenden Schiffes versperrt ihr die Sicht auf den Himmel.

"Ich grüße euch, Kapitän.  Eine traurige Fracht ist es, die euch hierher führt... Mohnblumensaft... wir haben welchen hier, doch werden wir für die Verletzten die ihr gebracht habt selber einiges davon brauchen." Sie wendet sich zu der Novizin. "Alena, geht mit dem Kräutermeister in seine Räume. Er hat die Verletzten gesehen und soll euch das mitgeben, was er entbehren kann." Traurigkeit huscht durch ihre Augen, auch wenn ihr Gesicht unbewegt bleibt. "Ich weiss nicht, wieviel es sein wird. Aber ihr werdet bekommen, was wir entbehren könne.... Und wir alle werden hoffen, dass es nicht gebraucht wird."

Priester eilen an ihnen vorbei, Kerzen in den Händen. Dreizehn Stück sind es, und sie werden sie um den aufgebahrten Toten herum aufstellen und zwölf von ihnen anzünden, eine für jede der Gottheiten. Nur die dreizehnte, die für den, der nicht mehr genannt wird, die würde nicht brennen. Die beiden Priester würden die Totenwache halten, bis die Grauen Schwestern kämen um den Toten abzuholen und für die Bestattung herzurichten.

Und schon bald kehrt Alena zurück, in der Hand einen Beutel in dem das leise Klirren einiger Phiolen zu hören ist. Arwen verabschiedet die Novizin ebenso wie den Kapitän mit freundlichen Worten, doch in Gedanken ist sie bereits im Haus bei den Verletzten. Sie hat einigen von ihnen ansehen können, dass sie nahe an der Schwelle zu Sithechs Reich stehen, und das es viel Anstrengung kosten würde, ihre Leben zu retten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Galrin am 15. Dez. 2003, 23:10 Uhr
"Eine traurige Fracht, fürwahr.", antwortet Galrin mit verbittertem Gesichtsausdruck, während er den Tempeldienern hinterher sieht, die den Leichnam in das Gebäude bringen, "Wir konnten leider nichts mehr für ihn tun. Meine Verlobte und Alena haben getan, was in ihrer Macht stand, aber die Verwundungen, die er durch die Waffen und Hauer der Narge davongetragen hatte, waren zu schwer. Bitte sorgt dafür, daß er die Bestattungsriten erhält... und belastet die Kasse der Werft damit, wenn Ihr es wünscht. Er ist auf meinem Schiff gestorben und das macht mich, zumindest nach meinem Dafürhalten, in gewisser Weise zu einem Angehörigen."
Leise murmelnd fügt der Schiffsbauer hinzu: "Ich weiß nicht einmal, wie er hieß. Schande über mich." Wie man an Galrins verkniffenem Mund sehen kann, nimmt sich der Mann aus Normand den Tod des unbekannten Dörflers sehr zu Herzen. Dann wendet er sich ab und schaut wieder Arwen an.

Als die Elfe davon spricht, daß sie vermutlich einigen Mohnblumensaft selbst brauchen würden, nickt der Nordmann. "Was Ihr entbehren könnt, muß ausreichen. Seid bedankt, Euer Gnaden.", sagt er mit der Andeutung eines Lächelns. Anschließend blickt er sich zu Alena um. "Paß bitte auf diese Phiolen gut auf. Wir werden sie noch brauchen."

Schließlich betreten der Kapitän und die Novizin wieder den Aufzugkorb. Arwen findet noch zum Abschied einige freundliche Worte, die Galrin mit einem aufmunternden Lächeln erwidert, dann entschweben die Beiden nach oben. Kurz darauf sind von oben laute Befehle zu hören, die wohl der Mannschaft des Windschiffes gelten, denn im Nu wird der Anker aufgeholt, die Segel fallen, und die "Windkind" dreht sich so lange, bis der lange, spitze Rammsporn am Bug des Schiffes wie ein riesiger Zeigefinger nach Westen weist. Dann gleitet das Windschiff wieder davon, majestätisch und geheimnisvoll, beinahe schon unnahbar. Doch der einsame, schwarze Wimpel, der am oberen Mast weht, zeugt davon, daß die Mannschaft der "Windkind" um den Mann trauert, der in ihrer Mitte von dieser Welt ging.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 17. Dez. 2003, 22:17 Uhr
Bei der Frage des Silberelben hebt Arwen den Kopf und sieht ihn einen Moment schweigend an. Müdigkeit liegt in ihren Augen, sie ist seit Stunden auf den Beinen. Von einem zum anderen wurde sie gerufen, half, leitete an, tröstete wo sie konnte, und mit ihr Thrandar und die anderen Priester des Tempels. Mitternacht ist lange vorbei, und sie alle sind müde. Die meisten der Verletzten sind schon in dem hergerichteten Schlafsaal, versorgt mit warmem Essen und Decken, die Wunden versorgt, finden sie nach und nach Ruhe und Schlaf. Sogar das junge Mädchen mit dem starren Blick des Wahnsinns, das zuerst niemanden in seiner Nähe hatte dulden wollen, hat sich von einer der Novizinnen schließlich waschen und in ein sauberes Gewand kleiden lassen. Und mit jedem Moment, den sie länger im Schutz und der Sicherheit des Tempels verweilt, weicht der Wahnsinn aus ihrem Blick ein wenig mehr. Jetzt liegt sie auf einer der Strohmatratzen und in ihren Armen liegt der kaum einjährige Junge, dem das Erlebte die Sprache geraubt hat, eng an sie geklammert. Die Wege der Götter sind unergründlich. Die Obhut für den Jungen mag dem Geist des Mädchens Halt geben und den Wahnsinn fern halten, und ihre Nähe dem Jungen seine Sprache wiedergeben. Die Götter mögen es wissen.

Doch der junge Mann, an dessen Seite Arwen kniet, lässt auch den erfahrenen Heiler des Tempels nur bedauernd den Kopf schütteln. Die eitrige Entzündung ist schon zu weit fortgeschritten. Keine der Tränke und Tinkturen über die sie verfügen, würde helfen das Bein zu retten.

"Ich weiss es nicht, Nadir. Ich weiss es wirklich nicht." Arwens Blick geht zurück zu dem jungen Mann. Behutsam nimmt sie seine Hände, die fahrig über die Decke gleiten, die über seinem Oberkörper liegt und legt sie ineinander verschränkt auf seiner Brust. Sie nimmt das feuchte Tuch entgegen, das Nadir ihr reicht und legt es dem Jungen auf die Stirn. Sein Körper glüht im Fieber und versucht sich vergeblich gegen die Entzündung im Bein zu wehren. Sein leerer Blick richtet sich gegen die Decke und seine immer wiederholte Bitte... Arwen ist sich nicht einmal sicher, worum er sie bittet - ihm nicht das Bein abzunehmen, ihm die Schmerzen zu nehmen oder ihn im Tode Erlösung finden zu lassen. Früher wäre es für sie unvorstellbar gewesen, doch die letzte Woche hat sie verändert, sie kennt das Gefühl in Sithechs Reich Zuflucht suchen zu wollen, kann es nur zu gut nachvollziehen. Mit einem Kopfschütteln vertreibt sie due dunklen Gedanken, die sich hinterrücks anschleichen wollen.

"Ich weiss nicht einmal, ob wir sein Leben retten können, selbst wenn wir ihm das Bein bis zum Knie abnehmen. Seht." Arwen nimmt den Dolch von ihrem Gürtel und schneidet die restlichen Fetzen der Hose des Jungen bis zur Hüfte auf. Ein dunkler Strich zieht sich von der schwärenden Wunde am Schienbein über den Oberschenkel und hat schon fast die Hüfte erreicht.

Tharndar erscheint mit dem Kräutermeister und einem jungen Priester. Sie flößen dem jungen Mann einen Trank ein, der moosdunkel ist und fast genauso riecht. Widerstandsslos schluckt er es, und nur wenig später beginnen seine Lider zu flattern und er driftet in einen dumpfen Nebel hinüber, in dem er keine Schmerzen spüren wird; zumindest für eine Weile. Schweigend beginnen die Männer damit, das schwärende Fleisch wegzuschneiden um die Wunde zu reinigen und die Blutung zu stillen. Es ist die einzige Hoffnung, die sie sehen. Der Mann ist zu schon zu schwach, als dass er es überleben würde, wenn sie das Bein abnehmen würde.
Arwen hat sich hinter den jungen Mann gekniet, kaum den Knabenalter entwachsen zeigt sich kaum der erste Flaum auf seine Wangen. Sie bettet seinen Kopf in ihren Schoß un dlegt ihre Hände auf seine Schultern. Ihr Blick verändert sich, verschwimmt und scheint sich auf einen unbestimmten Punkt in der Unendlichkeit zu richten. Das grüne Leuchten auf ihrer Stirn nimmt noch zu, als sie ihren Geist fallen lässt und sich dem Reich ihrer Göttin anvertraut. Das pulsierende Leben und die Macht der Elemente die sie flirrend umgeben sind ihr so vertrautgeworden, dass sie sich ihnen anvertraut, sie in sich aufnimmt und mit ihrer eigenen Krfat verbindet um sie an den Jungen weiterzugeben. Seinem Körper die Kraft zu geben die Entzündung und das Fieber zu besiegen, zu leben. Es ist wie ein warmer Strom aus sanftem Licht, der sich ausbreitet und den Jungen wie eine Decke einhüllt, sich mit seiner geschwächten Aura verbindet und auf ihn übergeht.

Lange kann Arwen diese Verbindung zwischen der Macht Anukis und dem Jungen aber nicht aufrecht erhalten. Sie kann die Macht nur weitergeben, wenn sie dabei immer auch etwas von ihrer eigene Kraft gibt. Und sie ist selber noch schwächer als sie zugeben würde und  trägt ein Kind unter dem Herzen. Doch Anukis schützt ihre Dienerin, und der Strom aus sanftem Licht reisst ganz plötzlich ab und Arwen sackt erschöpft in sich zusammen nach hinten gegen die Wand.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 19. Dez. 2003, 13:39 Uhr
Arwen ist noch gar nicht wieder richtig im Hier und Jetzt angekommen, als sie spürt, wie jemand sie in einen Mantel hüllt und hochhebt. Irritiert wandert ihr Blick umher, bis sie ihre Umgebung klar wahrnehmen kann und Nadir erkennt, der sie durch die Tempelgänge trägt. Sie protestiert nicht, legt einfach nur den Arm um seine Nacken. Dadurch, dass er ihr keine Wahl lässt, sondern einfach handelt, erspart er es ihr, dass sie in Thrandars Gegenwart zugeben muss wie erschöpft sie ist und Nadir bitten muss, sie wegzubringen. Etwas, wofür sie ihm auf eine erleichterte Art fast dankbar ist, denn sie hat die mißbilligenden Blicke wohl bemerkt, mit denen der Priester es beobachtet hat, wie Nadir stehts an ihrer Seite gewesen ist. Und das eigenmächtige Handeln des Silberelben lässt dem Priester wieder Unmutsfalten auf der Stirn erscheinen als er ihnen hinterher blickt.

Kein Raum ist zu finden, der nicht schon belegt ist, und so bringt Nadir sie schließlich in die Halle des Tempels, wo er sich zu Füßen von Anukis mir ihr niederlässt. Einem der wenigen Orte, wo Arwen sich sicher und behütet fühlt. Das grüngoldene Dämmerlicht ist nach dem steten Flackern der Fackeln und Lampen in den Räumen der Verletzten angenehm und die Stille fast hörbar, die nur vom leisen Wispern der Schmetterlingsflügel durchdrungen wird.

"Es freut mich, dass es euch in den Hallen Anukis' gefällt. Denn so lange ihr als Freund meines Vaters und Gast meines Hauses hier seid, " das Boshafte in seinem Lächeln übergeht sie einfach, ebenso wie sie das Wort "Beschützer" meidet wie Dämonen heiligen Boden, "werdet ihr vermutlich öfter einen Tempel betreten als bisher in euren Leben." Ein schalkhaftes Lächeln huscht durch ihre Augen, als er seine umbequeme Position mit einem der bronzenen Kobolde im Rücken als Rache der Götter bezeichnet. Ganz kurz scheint es sogar, als würde sie darüber lachen, doch dann bleibt es bei einem Lächeln. "Die Rache der Götter? Nein, das wohl nicht, die Mächte sind nicht rachsüchtig. Aber das Kleine Volk mag es nicht, als Kissen benutzt zu werden, auch nicht, wenn es aus Bronze ist."

Er hat eine ihrer Hände ergriffen, und erst als sie in seinen liegt, wird Arwen bewusst, dass sie eiskalt sind. Fast schmerzhaft kehren unter seinen Händen Blut und Wärme in die Finger zurück. "Leute kommen hierher und suchen etwas. Nicht immer finden sie was sie suchen. Aber wenn man die Augen schließt und sich Anukis öffnet, sieht man, was man mit sich bringt. Wünsche, Erinnerungen... Ängste." Sie sieht ihn an. "Es hat euch an die Wälder Eurer Heimat erinnert, nicht wahr? Mich erinnert es an die Gärten Lomirions, so wie ich sie vor langer Zeit zuletzt sah." Ganz plötzlich ist zwischen ihnen wieder diese Nähe, genauso unerwartet wie an jenem Abend im Kaminzimmer. Ungeachtet seiner fast spöttischen Worte, reicht sie ihm ihre andere Hand, die bis dahin auf ihrem Leib geruht hatte, dort wo das Kind in ihr wächst. Ganz so als wolle sie es beruhigen, nachdem sie ohne auf sich und ihr Kind zu achten, so ihre Kräfte überschritten hat. "Mein Bruder würde eher mir den Kopf abreissen, weil ich selber nicht auf mich und das Kind geachtet habe, als dass er den euren fordern würde," murmelt sie. Arwen hat sich und ihrem Körper mehr abverlangt in den letzten Stunden, als er zu geben im Stande ist. Denn auch wenn sie es sich selber kaum eingestehen will, sie ist noch längst nicht von den Ereignissen in Wegesend wiederhergstellt. Sie ist erschöpft, und ihr Körper fordert sein Recht, holt sich die Ruhe die er braucht um sich zu erholen. Ihre Augenlider beginnen zu flattern wie ein junger Vogel, der die ersten Flügelschläge übt. Dann fallen sie ihr zu, und noch während ihr Geist sich in eine tiefe traumlose Ruhe flüchtet, sinkt sie gegen Nadir. Und ihre Hand liegt noch immer kalt in seinen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 21. Dez. 2003, 16:31 Uhr
Die Dämmerung des nächsten Morgens ist noch kaum mehr als ein zartrosa Band am Horizont, verborgen hinter Nebelschleiern, als Arwen von einer leichten Bewegung erwacht. Nadirs Arm liegt noch immer um ihre Schultern, doch hat er ihre Hände unterdessen losgelassen. Stattdessen liegt sein Schwert in seiner Hand. Doch das, was sich ihnen aus dem Schatten des Säulenganges genähert hat, ist keine Bedrohung, sondern nur eine junge Novizin von kaum zwölf Jahren, die schüchtern und mit rotem Kopf um Entschuldigung für die Störung bittet. Aber Thrandar habe sie geschickt um Arwen zu holen, die er zu sprechen wünscht. Und außerdem wäre es bald Zeit für die Morgenandacht und da könnten sie nicht hier bleiben. Das Mädchen stammelt fast, als es die Worte des Tempelvorstehers überbringt. Noch kaum richtig wach, ringt Arwen sich ein Lächeln ab und schickt sie mit der Nachricht zurück, dass sie kommen werde. Gleich.

Noch immer müde, und mit von der Erschöpfung steifen Muskeln löst sie sich aus Nadirs Mantel und erhebt sich vom Boden. Obwohl es hier im Tempelinneren nie wirklich kalt wird, fröstelt sie für einen kurzen Moment. Nach einer Verneigung vor dem Abbild ihrer Göttin verlässt sie die behütende Stille der Tempelhalle und geht hinüber zum Tempelhaus, wo auch Thrandar seine Räume hat. Hier, im Hain, umgeben von uralten, hochgewachsenen Schwarzkiefern, weht kaum Wind, aber der Schnee des beginnenden Winters fällt leise taumelnd herab und bedeckt Bäume, Boden und Gebäude mit einer feinen weißen Schicht. Rein und unberührt, so als gäbe es den Schrecken nicht, dessen Opfer in der letzten Nacht das Windschiff brachte. Kaum ein Laut ist zu hören, bis auf das leise Huschen der Priester und Novizen mit den morgendlichen Pflichten. Die meisten der Verletzten ruhen noch im tiefen Schlaf der Erschöpfung und den Schwerverletzten haben die Priester mit dem Saft der Mohnblume Linderung der Schmerzen verschafft, dass auch sie zumindest eine Weile Ruhe finden. Immer unter den wachenden Augen eines Priesters. Auch der Junge mit dem entsetzlich zugerichteten bein ruht im Schlaf der Mohnblume. Noch immer glüht sein Körper im Fieber und sein Atem geht schnell. Aber er lebt, und seine Aura ist nicht schwächer geworden, was Arwen für ihn hoffen lässt.

An der Tür zu Thrandars Räumen angekommen, bittet Arwen Nadir, der ihr wie immer in den letzten Tagen und Stunden wie ein Schatten gefolgt ist, zurückzubleiben. Thrandar will sie alleine sprechen, und dem wird sie folgen, auch wenn sie ahnt, worum es gehen wird und das Gespräch nur zu gerne vermieden hätte. Mit einem leisen Klopfen öffnet sie die Tür und tritt ein.
Thrandar steht neben einer großen bronzenen Feuerschale und sieht ebenso müde und erschöpft aus wie Arwen sich trotz der Ruhe der letzten Stunden noch immer fühlt. Der Blick, mit dem er ihr stumm entgegen sieht, ist wissen, voller Bedauern - und voller Mißbilligung. Und letzteres verwirrt Arwen, lässt sie ebenso schweigen wie ihn, schweigen und abwarten. Und sie muss nicht lange warten, bis der Priester beginnt zu sprechen. Knapp merkt er an, dass Falcon bei ihm gewesen sei, dass er wisse, was geschehen sei. Und dann verlangt er zu wissen, was es mit der Anwesenheit des blauhaarigen Elben auf sich habe. Egal was auch geschehen sei, sie habe immerhin erst vor wenigen Wochen ihrem Gemahl Treue und Liebe geschworen, die heiligen Eide mit ihm abgelegt. Es könne ja wohl nicht angehen, dass sie, kaum dass ihr er mit dem Heerzug gegen die Narge die Stadt verlassen habe die Nacht in den Armen irgendeines Elben verbringe. Und das auch noch unter den Augen Anukis'.

Für einen Augenblick verschlägt es Arwen die Sprache. Sie lebt schon lange genug unter Menschen, um deren Ansichten und Denken zu kennen. Dachte sie. Doch das, was Thrandar da sagt... sie kann es kaum glauben. Stumm starrt sie den Mann vor sich an ehe sie Worte findet. "So, Falcon war also bei euch? Und ihr wisst was geschehen ist?" Ihre Stimme hat einen fauchenden Unterton bekommen. "Ihr wisst nur, was er sah, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Ich werde euch erzählen, was dort noch geschah." Hochaufgerichtet steht sie vor ihm. Und nur die funkelnden Augen und die zu Fäusten geballten Hände lassen ahnen, welcher Sturm der Gefühle in der Elbin tobt. Und sie berichtet dem Priester, was alles dort in den Kellern des Gasthauses geschah. Jene Dinge, die Falcon nicht wissen konnte, weil er besinnungslos in seinen Fesseln gehangen hatte. Kalmirs Übergriffe auf sie, der Kampf ihrer Freunde gegen die Falkenkrieger, der Tod von Tyalo und Kalmir, der Dolchstich und das Gift, das Arwen beinahe zu Sithech geschickt hatte, das Gegengift, das nicht ihr Gemahl sondern ein Nordmann geholt hatte.
Als der Priester sie unterbrechen will, zieht sie die Luft so scharf ein, dass es wie das Fauchen einer wütenden Katze klingt. "Ich habe meine Eide nicht gebrochen, Tharndar!" Ihre Stimme wird lauter, und es braucht keine elbischen Ohren, um sie auch auf dem Gang vor dem Zimmer durch die geschlossene Tür zu verstehen. "Ich habe sie alle erfüllt. Um seinetwillen tat ich, was... sein Bruder verlangte...  damit seine Qualen ein Ende haben sollten. Und was tat er? Er wandte sich von mir ab, ließ mich zurück, als ich ihn brauchte wie nie zuvor in meinem Leben. Er war es, der alle Eide brach, die er mir je geschworen hat. Und NEIN, er war nicht bei mir um mit mir zu reden. Er war wohl am Baum, aber er sprach nur mit Lady Niniane. Mich meidet er seit jenem Tag wie ein Dämon geheiligten Boden. Falcon Silberstern ist nicht länger mein Gemahl. Ich habe die Ehe auflösen lassen." Wild schlägt das Herz in ihrer Brust, und sie muss tief Luft holen, um es zu beruhigen. "Lasst mich ausreden Thrandar!" Mit einer knappen Geste schneidet sie ihm das Wort ab. "Und was Nadir Shunjalir angeht... Was ihr da unterstellt, Thrandar, wäre es nicht so unglaublich, müsste man darüber lachen. Abgesehen davon - Er ist nicht irgendein Elb. Er ist ein Freund meines Vaters, auf seine Bitte ist er hier, um mich zu schützen. Um das zu tun, was die Pflicht des Mannes gewesen wäre, der einmal mein Gemahl war. Und was ist falsch daran, dass er diese Nacht über meine Ruhe wachte? Unter den Augen und der Obhut von Anukis?"

Ihre Kraft ist fast aufgebraucht und das lässt ihre Stimme wieder leiser werden, nimmt ihr die Schärfe und den fauchenden Unterton. Mit einer müden Geste wendet sie sich ab und nimmt das Bündel mit ihrem Mantel und den Kleidern, in denen sie zum Tempel gekommen war. "Ich werde mich zurückziehen, Thrandar. Keiner der Verletzten leidet noch so sehr, dass er unbedingt meiner Hilfe bedürfte. Und um meiner und meines Kindes Willen werde ich jetzt gehen. Sollte etwas geschehen, dass meine Anwesenheit hier unabdingbar macht, findet ihr mich auf Vinyamar."

Ohne ein weiteres Wort oder einen Gruß wendet sie sich von dem Priester ab und verlässt dessen Räume. Ungeweinte Tränen schnüren ihr die Kehle zu, dass sie fast keine Luft mehr bekommt. Wortlos geht sie mit Nadir hinaus zu den Unterständen, in denen ihre Pferde auf sie warten. Gut versorgt mit Heu und warmen Decken über den Rücken warten Shur und die milchweiße Stute des Silberelben, heben die Köpfe un sehen ihnen entgegen, als sie sich nähern.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 22. Dez. 2003, 13:51 Uhr
Arwen hört Nadir einfach nur zu, als er sie bei den Pferden anspricht. Seine Stimme ist ruhig und fast sanft als er sich bei ihr entschuldigt. Sie kann ihm nicht antworten, dazu ist sie noch zu aufgewühlt, hat sie die Unterstellung des Priesters zu sehr getroffen. Wortlos lassen sie ihre Pferde im Schritt nebeneinander her gehen, und der Weg aus dem Hain hinaus und auf die Straßen Talyras liegt schon fast zur Hälfte hinter ihnen, als Arwen endlich leise spricht.

"Es muss euch nicht leid tun, Nadir." Sie sieht ihn einen Moment wieder nur schweigend an. "Genausogut müsste ich mich bei Euch entschuldigen, dass ich euch in diese Lage gebracht habe. Der Priester mag zwar keine Ahnung haben, aber... Ich hätte es ahnen müssen, hätte es wissen sollen. Ich lebe lange genug unter den Sterblichen, um ihre merkwürdigen Vorstellungen von Moral und der Rolle einer Frau zu kennen." Ein fast entschuldigendes Lächeln spielt kurz um ihre Lippen. "Ihr habt nichts getan, wofür ihr euch bei mir entschuldigen müsstet, Nadir. Bei mir nicht und auch bei sonst niemandem. Und nun lasst uns bitte nicht darüber streiten, wer von uns sich nun bei wem entschuldigen muss."

Sie lässt Shur in einen leichten Trab fallen und schon nach wenigen Längen verlassen sie den windgeschützten Schatten der Schwarzkiefern. Und das wird nicht das letzte Mißverständnis bleiben. Es wird noch mehr Gerede geben, über mich, das Kind, Falcon... und über Nadir. Götter, warum sind die Sterblichen so kompliziert in solchen Dingen? Warum können sie nicht verstehen... Sie hängt ihren Gedanken nach, während Shur sie mit leichten, federnden Schritten zurück nach Vinyamar trägt. Das Treiben des Schnees im Wind nimmt immer weiter zu. Und als sie das Ulmenanwesen erreichen, ist der Garten dort mit dem feinen weißen Tuch Kenens bedeckt, unter dem alles Wachsen ruht und schläft, bis der Winter vorüber ist und Nanna im Frühling neues Leben erwachen lässt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 10. Jan. 2004, 18:23 Uhr
Arwen wagt es kaum, zu Nadir hinüber zu sehen, der wie immer an ihrer Seite reitet. Seit jenem Kuss unter dem Mistelzweig fordert es ihre ganze Selbstbeherrschung, ihn überhaupt unbefangen anzusehen. Und sein bis dahin stets spöttelnder Ton, wenn er mit ihr sprach ist seltsam kühl geworden. Während des Essen hat er kaum ein Dutzend Worte gesprochen, auch wenn das Essen ihm geschmeckt zu haben scheint. Aber was Arwen noch viel mehr irritiert als seine Schweigsamkeit ist diese Ahnung von Wut und Zorn die ihn umgibt wie ein flüchtiger Nebel. Ein Nebel, der ihn schon zu umgeben schien, als er das Kaminzimmer an diesem Abend betrat. Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlt sie sich daran schuldig.  Sie hatte damit gerechnet,d ass er auch an diesem Abend seine Waffe nicht ablegen würde, dass er vermutlich keine Festkleidung sondern den Wappenrock tragen würde. Aber sein Anblick, als er den Raum betreten hatte, hatte ihr Herz für einen Schlag aussetzen lassen. Der Wappenrock, den er diesmal trug, gab den Blick auf die Saphire an seinem Ket-tenhemd frei. Der Stirnreif, seine Waffen, seine ganze Erscheinung. Vor ihr steht ein Prinz der Kheleda'Ya, nie ist ihr das deutlicher gewesen als in diesem Moment. Man kann spüren, ob er im Raum ist oder nicht, obwohl er es nicht darauf anlegt, Aufmerksamkeit zu erregen. Das hat er auch gar nicht nötig, wie sich selber eingestehen muss.

Am Tempel angelangt hilft er ihr wie stets aus dem Sattel, doch auch dies mit einer Reserviertheit im Blick, die sie mehr trifft als ihr auf den ersten Blick anzusehen ist. Nur wer sie länger kennt, würde merken, dass das Grün ihrer Augen blasser und grauer wird und die kleinen silbernen Funken in ihnen verblassen. Abrupt wendet sie sich um und geht hinüber zum Tempel.

Die Bildnisse der Goldbuchen umrahmen das Portal, dass sich schon auf einen leichten Druck der Elbin nach innen hin öffnet und sie eintreten lässt.Wie stets liegen ein grünes Zwielicht und ein goldener Dunst zwischen den Säulen. Jetzt, zur Andacht sind dicke hohe Kerzen in den Räumen zwischen den Säulen aufgestell, deren flackerndes Licht die weißen Lilien an den Ranken um die Säulen schimmern und leuchten, und die Bildnisse der Archonen in ihren Nischen und Kapellen wie lebendig wirken lässt. Die Statue Anukis', die sich in der Mitte des Raumes aus dem Smaragdgras erhebt, scheint aus sich selbst heraus zu schimmern.  
Arwen streicht die Kapuze ihres Umhangs zurück und schlägt auch den schweren Samt ihres Mantels zurück. Hier im Tempel hat der Winter keine Macht und die Luft scheint dem Frühling näher zu sein als dem Winter. Arwen tritt näher an die Statue heran und kniet kurz mit gesenkten Köpfen nieder um ihrer Göttin den Respekt zu erweisenund zieht sich dann an den Rand des Raumes zurück. Mehr Gläubige als sonst sind außer ihnen anwesend. Wo sonst kaum eine Handvoll Gläubiger neben Priestern und Novizen den Weg zur Andacht findet, suchen jetzt, in Zeiten von Not und Krieg, viele den Trost der Götter. Arwen sieht eine Gruppe von Waldläufern, viele von ihnen offensichtlich verletzt, und ihre Gedanken wandern kurz fort aus dem Tempel, zu den Verletzten in der Obhut der Priester, zu dem Feldzug, zu ihren Freunden dort und zu dem, was sie durchmachen mochten.

Nur wenig später erscheint Thrandar und beginnt die Feier der Mitternachtsandacht mit einem Lied. Die Töne und Worte verbinden sich zu einem seltsamen Klangteppich, der sich in die Höhen des Tempels zu schrauben scheint, die Säulen umfließt und sich wie das grüngoldenen Zwielicht im Tempel ausbreitet. Es ist eine schlichte Andacht, es werden Gebete gesprochen, und die von den Priestern angestimmten Lieder sind schlicht, kein Vergleich mit den Hymnen die im Tempel Shenrahs intoniert werden, doch liegt in ihnen die selbe Kraft und das gleiche Leben, wie es in den Pflanzen und Tieren des Waldes unter schlichtem Fell und dunkler Baumrinde verborgen liegt. Die Zeremonie ist einfach und schlicht, und bezieht doch gerade daraus ihre Würde. Mit einem Fürbittengebet für die Männer und Frauen auf dem Feldzug und einem Segen beendet Thrandar dann die feierliche Andacht.

Die Zeit vergeht, ohne dass Arwen es wirklich bemerken würde, ihre Gedanken wielen nicht wirklich hier im Tempel und bei dem Zeremoniell. Sie sind bei ihrer Mutter, die sie nie kennengelernt hatte, die sie nur am Skyr gesehen hatte, als ihr selber der Weg in die Hallen Sithechs verwehrt wurde. Und bei einem Kuss unter einem Mistelzweig, der sie in ihrem Innersten völlig aus dem Gleichgewicht gebracht hat.

Nach den Ereignissen der letzten Wochen, sollte sie, wenn sie schon nicht jeden Mann hassen würde, zumindest keinen von ihnen näher an sich heran lassen. Was würden die Leute sich das Maul zerreissen, wenn die Eheauflösung bekannt würde und sie, obwohl mit dem Kind des einstigen Gemahls schwanger, einen neuen Gefährten an ihrer Seite hätte. Ganz abgesehen davon, dass ihm vermutlich ohnehin nichts an ihr liegt, und er nur versucht, sich den Aufenthalt hier, der ja auch nicht wirklich freiwillig ist, so angenehm wie möglich zu gestalten. Die Gedanken sind kaum durch ihren Geist gehuscht, als Arwen mit eisiger Klarheit bewusst wird, dass sie schon viel zu lange unter den Sterblichen lebt. Kein Elb würde etwas daran finden, wenn eine freie Frau einen gefährten oder einen Geliebten hat. Und meine Schwangerschaft geht nur mich etwas an, niemand würde in den Elbenlanden nach dem Vater fragen... Ich lebe eindeutig schon viel zu lange unter Menschen... Und ich sollte aufhören mir den Kopf zu zerbrechen, der Wille der Götter geschehe, was sein wird, wird sein. Solche und ähnliche Gedanken gehen ihr durch den Kopf, während sie den Tempel nach der Andacht wieder verlassen. Novizen verteilen an die Gläubigen kleine Gebinde aus den Lilien des Tempels, Ilex, Tanne und Mistelblättern mit Segenswünschen für die Zukunft.

Schweigend, die Liliengebinde in der Hand, gehen sie zurück zu ihren Pferden, die geduldig unter einer der Kiefern auf sie gewartet haben, wo sie der noch immer fallende Schnee nicht erreichen kann. Einem plötzlichen Impuls folgend, geht sie jedoch nicht zu Shur, sondern zu Nadirs Stute und steckt ihr Gebinde an deren Stirnriemen fest. "Damit Eure Wünsche sich in der Zukunft erfüllen mögen," lächelt sie, als er sie fragend ansieht, und das Lächeln erreicht mit kleinen Silberfunken auch ihre Augen, al sie sich umwendet um zu ihrem Grauschimmel zu gehen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 04. Feb. 2004, 22:20 Uhr
Endlose Augenblicke vergehen in stillem Gebet, in stummer Zwiesprache mit ihrer Göttin, in denen sie im Smaragdgras vor der Statue kniet. Kein Laut bricht die sanfte Stille des Tempels, selbst das Wispern der Schmetterlingsflügel scheint Teil dieser Stille zu sein, während Arwen sich Anukis anvertraut und ihre Herrin um deren Segen für ihr Kind bittet, für Nadir und für sich selber, für das, was zwischen ihr und dem Silberelben erwacht ist und sie auf eine Weise verbindet, die Arwen noch immer nicht in Worte zu fassen vermag. Sie weiß nicht, was sie erwartet, ob sie überhaupt ein Zeichen ihrer Göttin erwartet hat. Doch sie nimmt es mit einem Lächeln als Geste des Segens hin, dass einer der handtellergroßen Falter sich auf ihrer Hand niederlässt und mit langsamem Flügelfächeln schimmernden Staub in ihre Handflächen rieseln lässt ehe er sich wieder emporschwingt und im grüngoldenen Dämmern der Tempelkuppel aus ihrem Blick verschwindet.
Die Schritte Thrandars im grünen Gras lassen sie sich erheben, und sie erwidert den Gruß des Pries-ters respektvoll mit einem leichten Neigen des Kopfes. Was ihn nicht davon abhält, ihr mit unverhohlenem Vorwurf in der Stimme mitzuteilen, dass ihr Gemahl, der Vater ihres Kindes in der Schlacht gefallen sei, und dass man seiner, wie auch den anderen Gefallenen, die nur ein Feuer auf dem Schlachtfeld statt eines Grabes in geweihter Erde finden würden in den Abendgebeten gedenken werde. Arwen kann ein leichtes Kopfschütteln nicht unterdrücken, während sie Thrandar mit leiser, fast tonloser Stimme erklärt, dass Falcon Silberstern nicht mehr ihr Gemahl ist, dass er dem Kind niemals Vater sein wird. Ebenso ruhig teilt sie ihm mit, dass sie von seinem Tod bereits wisse, dass Lady Niniane ihr Nachricht geschickt habe. Und dass man seinen toten Körper zurück nach Talyra bringen werde, damit er angemessen bestattet werden kann. "Ich möchte euch bitten, dass er hier in der kleinen Seitenkapelle aufgebahrt wird wenn sie ihn zurückbringen, bis ich die Bestattung vorbereitet habe.... Er soll seine letzte Ruhe im Wald finden, nicht auf dem Sithechacker hinter den Mauern der Stadt," beantwortet sie seine umausgesprochene Frage. Mit einem schweigenden Nicken erhält sie die Erlaubnis, und fast ist sie darüber erleichtert, denn auf Vinyamar... sie hätte ein ungutes Gefühl dabei gehabt, ihn dort aufzubahren. Die wachsamen und unerfreuten Blicke, die Thrandar Nadir immerwieder zuwirft während sie reden, entgehen Arwen nicht, sie folgt dem Blick des Priesters, und ihr Blick bleibt voller Zärtlichkeit an einem Paar nachtblauer Augen hängen. Und auf die leise, aber deshalb nicht weniger scharfe Frage, "ob ihr Schatten nun ständig an ihrer Seite kleben wird", antwortet sie zuerst nicht. Nicht direkt. Sie streckt ihre Hand aus, Nadir entgegen, damit er zu ihr kommen möge. Das Lächeln hat etwas Trauriges, als sie Thrandar wieder ansieht. Sie ist es müde, dieses Unverständnis der Menschen für die Sitten und Gesetze der Elben, diese oft so verlogene Moral und was >Sitte und Anstand< in dieser Welt der Sterblichen einer Frau abverlangen können, die Abneigung Cassandras gegen ihn, Thrandars unverhohlene Ablehnung des Elben. Sie will sich nicht dauern dafür rechtfertigen müssen, was geschehen ist, es immer und immer wieder erklären müssen. Und doch ahnt sie, dass sie genau das noch oft wird tun müssen. Selbst unter ihren Freunden weiß kaum einer, dass die Ehe aufgehoben wurde, alle außer Niniane und Cron werden in ihr Falcons Witwe sehen. Und selbst diese beiden wissen nichts von dem, was ihr und Nadir geschehen ist. Gildins Worte, mit denen er sie vor Nadir hat warnen wollen, vor dem Ruf, der ihm vorauseilt, hallen in ihr wieder. Sie wird ihre Liebe verteidigen müssen, diese Erkenntnis erwacht ganz langsam in ihr. Aber jetzt, hier, im Tempel ihrer Göttin, will sie nicht kämpfen, sich nicht rechtfertigen müssen. Sie will einfach nur, dass Thrandar es akzeptiert, dass Nadir der Mann ist zu dem sie gehört, und der zu ihr gehört. Der Mann, der der Vater ihrer Tochter sein wird. Nadirs Nähe, als er hinter ihr steht, und seine Hand sacht an ihre Seite legt, ist beruhigend, und sie ist versucht, sich rücklings gegen ihn zu lehnen. "Ja, das wird er." Den Tonfall des Priester ignoriert sie einfach, aber in ihren Augen liegt die warnende Bitte, Thrandar solle es akzeptieren, dass Nadir der Mann an ihrer Seite ist. Dem Priester ist nicht anzusehen, was in ihm vorgeht, und Arwen würde niemals versuchen in seinen Gedanken zu lesen, aber erleichtert nimmt sie zur Kenntnis, dass er Nadir wenigstnes nicht mehr so ablehnend ansieht.

Zu dritt verlassen sie den Tempel und gehen hinüber in das Haus, wo die überlebenden Dörfler aus Tiefwald Unterkunft gefunden haben. Für einen flüchtigen Augenblick lehnt sie sich an den Elben, als der ihr ihren Mantel wieder um die Schultern legt, kaum dass sie das Portal des Tempels erreichen und die Illusion von Frühling und Sommer hinaus in eine kalte weiße Welt verlassen. Es ist nicht weit hinüber zu dem Haus mit der Tür aus dunkler Mooseiche, mit den Türklopfern aus altersdunklem Silber, und angenehme Wärme empfängt die drei im Inneren. Schnelle sind Tempeldiener da, um ihnen die Mäntel abzunehmen, und Novizinnen, um Arwen zu den Verletzten zu bringen, nach denen sie sehen möchte.
Die meisten sind längst auf dem Weg der Heilung, einige haben die Spuren des Nargüberfalles schon verloren, zumindest die äußeren. Selbst der junge Mann mit der schrecklichen Beinwunde liegt wach und fieberfrei auf einem Lager aus Stroh und reinen Laken. Er versucht tapfer zu sein, aber Arwen braucht nicht seine Gedanken zu lesen, um zu sehen, wie sehr er darunter leidet, dass die Priester ihm doch noch das bein bis hoch zum Knie abnehmen mussten ums ein Leben zu retten; die Wunde hatte einfach nicht heilen wollen, zuviel Haut und Fleisch hatten sie wegschneiden müssen.
Der kleine Junge, dem die Schrecken des Erlebten die wenigen Worte geraubt hatte die er schon kannte, spricht zwar noch immer nicht, aber er lässt sich mit einem zaghaften Lächeln von Novizinnen und Dorffrauen auf den Arm nehmen, gibt glucksende Laute von sich, krabbelt und läuft unsicher an der Hand einer Frau zwischen den Schlafplätzen umher. Auch von Arwen lässt er sich ohne Scheu hochheben. Unsicher wandern kleine Augen über ihr Gesicht, die großen Augen, dann legt er den Kopf zur Seite und sieht mit großen fragenden Augen auf die geschwungenen, spitzen Ohren der Elbin, Kleine Hände bewegen sich voller zaghafter Neugier zu ihrem Gesicht, legen sich an die Wangen und versuchen sich anden Haarsträhnen festzuhalten, die ihre Ohren halb verdecken. Und große Kinderaugen tauchen in den graugrünen Blick Arwens, voller Vertrauen. Mit einem Lächeln sieht Arwen zu Nadir, der neben ihr steht, und legt dann den Jungen zurück in die Arme einer der Dörflerinnen, die sich um ihn kümmert. Der Kleine würde gesunden, auch an seiner Seele, er wird seine Sprache wiederfinden.
Ganz anders das Mädchen, dass in der Ecke des Zimmer auf ihrem Lager kauert. Die Beine angezogen und die Arme darum geschlungen wiegt es sich vor und zurück, ist ihr Blick nicht mehr der starre Blick des Wahnsinns. Aber es scheint als sei jedes Leben aus ihm gewichen, stumpf und leblos sieht sie auf die Decke vor sich, und nimmt doch nichts um sich herum wahr. Die Novizin erklärt Arwen leise, dass das Mädchen weder schlafe noch rede, sie säße immer nur so da. Essen täte sie nur, wenn man sie füttert, so als sei es ihr egal, was mit irh wird. Arwen kniet sich zu dem Mädchen, sucht deren Blick, versucht eine Verbindung zu ihrem Geist zu finden, doch da ist nichts außer einer dumpfen Leere, außer Verzweiflung und eisiger Einsamkeit. Götter... sie ist noch so jung... und doch versucht ihr Geist, sich von ihrem Körper zu trennen... Ich hatte gehofft, der Junge könnte den Wahnsinn fern und ihren Geist hier halten. Es macht sie traurig, hier nicht helfen zu können. Um eine sosehr verletzte Seele zurückzurufen, die fast alles hinter sich gelassen hat, reicht ihre Macht nicht. Mitleid und Trauer liegen in ihrem Lächeln, als sie Nadir ansieht, der die ganze Zeit an ihrer Seite geblieben ist, und die Hand nach ihrem Mantel ausstreckt. Sie fühlt sich plötzlich so klein und hilflos angesichts dieses Mädchens, dass sie hinaus muss aus dem Haus, hinaus an die klare kalte Winterluft. Vielleicht auch noch einmal in denTempel um zu beten, sie weiß es nicht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 07. Feb. 2004, 00:05 Uhr
Der Anblick des Mädchens lässt sie nicht los, diese leeren Augen, und die eisige Leere, die sie in ihrem Geist gespürt hatte. Die kalte Luft, klar und schneebeladen, klärt ihre Gedanken. Und Nadirs Nähe, das wortlose Verständnis, in dem er ihre Hand ergreift und mit ihr schweigt... sie kann nicht, anders, sie muss trotz aller Traurigkeit um das Menschenmädchen lächeln, als aus seinem Mund der leise Rat kommt, es als Willen der Götter hinzunehmen. Und das von ihm, einem Mann, der die Götter sonst nicht als fromme Erklärung bemüht. "Der Wille der Götter... Ich wünschte, ich wüsste, was der Wille der Götter ist... sie ist noch so jung, selbst unter den Menschen noch fast ein Kind," ihre Stimme ist leise als sie spricht und es ist unschwer zu merken, wie es sie trifft, nicht helfen zu können.

Ihr Weg führt sie zu ihren Pferden, die sich bei ihrem Nahen mit leisem Schnauben nähern, weiß und grau im noch immer taumelnden Schnee. Ihre Stiefel hinterlassen kaum Spuren im frischgefallenen Schnee, und die Säume ihrer Mäntel wirbeln kleine weiße Wolken auf. Er hat ihre Hand nicht wieder losgelassen, und als sie nun zwischen ihren Pferden stehen, fasst er auch ihre andere Hand und zieht sie sacht an sich. Sie will ihn gerade fragen, was Thrandar nun schon wieder auszusetzen hatte - denn auch wenn sie die Worte nicht verstanden hat weil sie mit den Jungen beschäftigt gewesen ist, sie hat das Zischen seiner Stimme sehr wohl gehört - da ertönt über ihnen aus den Wipfeln einer der Schwarzkiefern ein in der Stadt ungewohnter Schrei: Der Ruf eines großen Bergadlers.
"Sulmae!" Thrandar und sein Unmut sind vergessen, als Arwen den Blick in die Bäume hebt und ihren Adler in den Ästen einer der Kiefern sitzen sieht. Kaum hat sie den Namen des großen Vogels ausgesprochen, als der auch schon die Schwingen spreizt und sich mit sparsamen Flügelschlägen herunter gleiten lässt und auf dem Sattel von Shur landet. Arwen streift ihre Handschuhe über und mit leisen, lockenden Worten lässt sich der Adler nicht lange bitten, ehe er vom Sattel auf ihre Faust hüpft und die Elbin aus klugen Augen ansieht. "S'Ijea, Sulmae... Freund und Wächter... Ich brauche deine Hilfe, die Geschwindigkeit deines Fluges." Ihr Lächeln vertieft sich noch und lässt silberne Funken in ihren Augen tanzen, als der Vogel mit leisen Lauten den Kopf fast schon fragend zur Seite neigt und den Mann neben der Elbin ansieht, die ihn gefüttert und seinen gebrochenen Flügel geheilt hatte, als er, kaum flügge, einen seiner ersten Flugversuche übertrieben hatte. Der Elb erwidert seinen Blick ruhig, ernsthaft, und nach einem Moment öffnet der Adler den Schnabel. Und es ist ein leiser Ruf wie zur Begrüßung, als er fast zu nicken scheint, kein fauchendes Zischen des Unmutes, mit dem er den Elben bedenkt und dann vesucht er Arwen mit dem Schnabel vorsichtig an den Haaren zu ziehen. Mit einem leisen Lachen streicht Arwen dem Vogel über den Kopf und das glänzende Brustgefieder. "Kannst du eine Nachricht für mich zu Gildin bringen? Du weißt, dass er hier war, und welchen Weg er nehmen wird? Zurück nach Lomirion? Es ist wichtig für mich." Die Antwort ist, dass Sulmae zurück auf den Sattel von Shur wechselt und sich von Arwen an jeder Klaue eine kleine Lederhülse befestigen zu lassen. Während ihre Finger behutsam die Hülsen mit der Nachricht von Falcons Tod befestigen, erzählt sie Nadir von Sulmae, wie sie ihn fand und er im Laufe der Zeit zu ihrem Freund und Wächter in den Landen der Sterblichen wurde, sie auf ihren Wanderungen begleitete.

Ein letztes Mal streichten ihre Fingerspitzen über die Brustfedern des Vogels, dann wirft sie ihn von ihrer Faust an. Große Schwingen breiten sich aus, und der Luftzug der kräftig schlagenden Schwingen eines sich in den winterlichen Himmel erhebenden lässt Haare wehen, sich im Luftzug vermischen, indigoblau und zobeldunkel. Eine Weile folgen sie mit dem Blick dem Adler, bis er sich im grauen Licht des Himmels und den treibenden Schneeflocken verliert.
Sie steigen in die Sättel und verlassen den Anukishain mit dem im frischen Schnee golden schimmernden Tempel.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 08. Feb. 2004, 16:05 Uhr
Es dauert tatsächlich nicht lange, bis Calyra zu ihnen in die Halle zurückkehrt, diesmal ohne Wollfusseln auf der Kleidung, dafür mit der Geldkatze am Gürtel und einer Bodhran in der Hand. Mogbars erscheinen und bringen ihnen die Mäntel, und die Hündin steht schwanzwedelnd und mit aufmerksamem Blick neben ihrer Herrin als sie vor der Tür ihre Pferde gebracht bekommen.

In ruhigem Schritt lassen sie ihre Pferde den Weg durch das Seeviertel zurück in den Osten der Stadt laufen, dorthin wo sich die lichten Haine des Tempelviertels befinden. Der Schneefall hat wieder zugenommen, und schon bald haben alle drei Pferde die gleiche milchelle Farbe wie Nadirs Stute, zumindest dort, wo der Schnee auf den Kruppen kurz liegen bleibt, ehe die Wärme der Pferdeleiber ihn wieder tauen lässt. In den Straßen und Gassen sind so wenig Bewohner unterwegs, dass sie zu dritt nebeneinander reiten können, Arwen in der Mitte. Sie erzählt Calyra von den Dörflern, wann und wie sie von Galrin mit dem fliegenden Schiff gebracht wurden, in welchen Zustand sie waren, vor allem das Mädchen. Sie erzählt davon, dass sie alle gehofft hatten, die Nähe und Sorge für den kleinen Jungen, der seine Sprache verloren hatte, würde den Wahnsinn von ihr fernhalten, der wie eine eisige Flamme in ihrem Blick gelodert hatte. Und das diese Hoffnung sich nicht erfüllt hatte, zumindest nicht für das Mädchen, dessen Geist sich zwar dem Wahnsinn entzog, sich nun aber auch der Welt der Lebenden zu entziehen scheint, während der kleine Junge auf dem Weg der Heilung ist und schon sein Lachen wiedergefunden hat.
Der kleine Junge erinnert Arwen an Brynden, den sie eben im Haus nicht gesehen hat, und ihre Frage, wie es dem jüngsten Erbern der Sturmlords gehe, zaubert Calyra ein Strahlen in die Augen und ins Gesicht, gegen das selbst die Sterne verblassen würden. Mit dem unverhohlenen Stolz einer Mutter in der Stimme erzählt sie von den ersten Worten ihres Sohnes, davon dass er zu laufen beginnt und dass das Zahnen ihn und seine Mutter leiden lässt und schlaflose Nächte berschert. Schweigend hört Arwen ihr bei den Erzählungen zu, hält die Zügel nur in einer Hand, und legt die andere unter dem Mantel auf ihren Leib, dorthin, wo ihre Tochter wächst... und gerade schläft, wie sie mit einem Lächeln feststellt. Ihr Blick sucht den Nadirs, der neben ihr reitet. Ich wünschte, sie wäre schon geboren, der Fluch gebrochen und ich würde unser Kind lebend im Arm halten können.

Die lichten Haine der Tempel sind bald erreicht, und sie biegen auf den schmalen Pfad ein, der sie vom Faêristempel zum Tempel von Anukis führt. Wachsam scheinen ihnen die beiden Wolfstatuen entgegen zu schauen, auf denen keine Schneeflocke liegen bleibt. Arwen führt sie um den Tempel herum zum Haus der Priester, dorthin, wo sie Dörfler untergebracht sind. Einer der Tempeldiener erscheint bei den Geräuschen der sich nähernden Pferde und nimmt die Zügel entgegen um die Tiere in den schneegeschützten Schatten der Bäume zu bringen.
Sie führt Calyra und Nadir zu der schweren Tür aus schwarzem Holz, und als sie eintreten, kommen ihnen Novizinnen entgegen, die Arwen bittet, zu Thrandar zu gehen und den Tempelvorsteher zu dem Mädchen zu bitten, dem keiner helfen konnte, sie habe jemanden mitgebracht, der vielleicht helfen könne und wünsche ihn dort zu sprechen. Während die Mädchen davoneilen geht Arwen mit Calyra durch die Gänge, vorbei an Schreibstuben, Schlafkammern und Lehrzimmern, an den Räumen des Kräutermeisters und der Heiler zu dem Schlafraum, in dessen Ecke das Mädchen noch immer kauert und sich hin und her wiegt, den Blick leer und seelenlos auf den Boden gerichtet.
Mit einigem Abstand zu dem Mädchen verharrt Arwen, sieht erst Nadir kurz an und dann Calyra. Der Anblick trifft die Elbin mit jedem Mal mehr. "Ich weiß nicht, was du brauchst, Calyra. Oder ob du es hier versuchen willst, oder lieber drüben im Tempel selbst. Aber was immer du brauchst, werde ich veranlassen oder holen lassen." Sie wendet sich um, als sie Thrandars Schritte sich nähern hört, und auf die Frage, was hier los sei, tritt sie näher an den Priester heran und erklärt ihm mit leisen Worten, wer Calyra ist, und warum sie sie hierher gebeten hat. Er hört ihr schweigend zu, und gibt schließlich nickend sein Einverständnis. Sie sollen es versuchen, und der Segen der Hüterin möge mit ihnen sein. Er zieht sich in den Türdurchgang zurück - woran auch der Anblick der Bluthündin seinen Anteil hat - und weist die Novizenmeisterin an, dass in der nächsten Zeit niemand hier stören dürfe. Sein wachsamer Blick aus grauen Augen wandert über den Raum und die Anwesenden. Und wenn er sich in der Gegenwart der Bardin auch wenigstens seine offene Ablehnung im Gesicht verkneift, so ist für Arwen doch deutlich der Unmut zu spüren, der bei jedem Blick auf den Silberelben noch zu wachsen scheint. Auch ohne seine Gedanken zu lesen, kann sie mehr als deutlich spüren, dass er Nadir am liebsten nicht nur aus dem Raum verbannen würde. Aber sie drängt alle Gedanken an Thrandar aus ihrem Bewusstsein und richtet ihre ganze Aufmerksamkeit auf Calyra.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Calyra am 09. Feb. 2004, 19:23 Uhr
"Nein, nein... ich denke, hier wird es schon gehen..." Sie weiß wirklich nicht, was sie erwartet hatte bei Arwens Beschreibung von dem Mädchen, aber sicher keinen Anblick, der ihr so zu Herzen gehen würde. Äußerlich fehlt ihr nichts, außer daß sie zu bleich und sehr mager scheint. Ihr Haar ist glanzlos und strähnig und ihre Finger sehen aus, als wären sie schon einmal sauberer gewesen, aber was wirklich erschreckend ist, sind ihre Augen. Sie sind leer, wie Fenster ins Nichts.
Man hatte sie höflich begrüßt und hereingeführt und flüchtig hatte sie auch Thrandar gesehen. Seine Ablehnung Nadir Shunjalir gegenüber ist kalt und tief - das zu bemerken brauchte es keine Elbensinne. Er sieht ihn so verächtlich an, wie nur ein Priester einen in seinen Augen Unwürdigen ansehen kann. Calyra kennt diesen Blick. Niemand, niemand kennt diesen Blick so gut wie ich. Genau so sahen meine Mutter und die anderen Harfenpriester alle an, die nicht zu ihrer Gemeinschaft gehörten. Plötzlich erfaßt sie heftige Abneigung gegen den Vorsteher dieses Tempels und sie ist froh, als er sie endlich mit Arwen, Nadir und dem Mädchen allein läßt. Akira kann ihn auch nicht leiden. Die Bluthündin hatte den Diener Anukis' mit einem Blick gemustert, mit dem sie sonst nur die Ratten in den Gassen bedachte - bevor sie sie fraß. Aber als sie endlich allein sind und Arwens mitleidiger Blick auf dem Mädchen ruht, verbannt sie alle Gedanken in den Hintergrund. Einen Augenblick lang fühlt sie sich entsetzlich hilflos. Sie weiß nicht, was sie tun soll, wie sie helfen könnte, sie weiß nicht, wie sie Arwens Bitte erfüllen sollte. Zweifelnd und auf ihrer Unterlippe nagend betrachtet sie das Mädchen und fragt sich, wie sie sich fühlen mag - irgendwo dort in ihrem Inneren, wenn sie denn etwas fühlte. Schmerz. Angst. Trauer. Ohnmacht. Wut. Hass. Rache. Das wären meine Gefühle. Sie packt die Bodhran aus, bedeutet Akira, sich hinzulegen und setzt sich dann neben das Mädchen auf die leere und unberührte Lagerstatt im Raum. "Arwen... setz dich zu ihr, bitte. Ich habe leider keine Ahnung, was ich eigentlich genau tun soll, aber vielleicht... vielleicht kann ich versuchen ihre Gefühle in Töne zu kleiden und dir damit eine Brücke in ihr Inneres zu bauen. Etwas anderes... will mir auch nicht einfallen." Arwen tut schweigend, worum sie sie gebeten hatte und kaum hat sich die Elbin anmutig neben dem Mädchen niedergelassen, tappt Akira zu ihr und legt sich neben sie. Nahe genug, um sie beide zu berühren, aber auch unaufdringlich genug, um das Mädchen nicht in die Ecke zu treiben. Mit stillem Lächeln blickt Calyra zu dem blauhaarigen Elben. Seine Haut hat einen anderen Ton Arwens. Ob er auch ein... ein Hochelb ist? Nadir sieht sie nicht an, sein Blick ruht unverwandt auf Arwen, aber auch er nimmt auf dem Boden Platz, sein langes, doppelläufiges Schwert über den Knien. Calyra schließt die Augen und lauscht. Stille breitet sich um sie her aus. Ihre Ohren suchen ein ganz bestimmtes Geräusch. Unter dem Atmen der Elben, dem Schnauben des Hundes und ihrem eigenen Herzschlag sucht sie den des Mädchens ... und irgendwann findet sie ihn, langsam, aber stetig. Und als sie beginnt zu spielen, tun ihre Finger lange Zeit nicht mehr, als diesen Rhythmus auf der Trommel wiederzugeben. Dumm...dumm...dumm... Sie beobachtet das Mädchen, während sie spielt, erst zart, dann kräftiger, beobachtet ihr Wiegen, lauscht auf ihr Herz und fängt schließlich leise an zu summen. Es ist eine langsame, traurige Melodie, nur begleitet von gemessenem Trommelschlag. Aus ihrem Summen werden Worte und aus den Worten eine Geschichte - ein Lied von Schmerz und Trauer. Worauf es ankommt, sind die Klänge ihrer Stimme, die wie flüssiges Silber durch den Raum ziehen, aufsteigen, zerfallen und nachhallen, sie könnte singen, wovon sie wollte, aber ein Lied von Schmerz scheint ihr angemessen, um Arwens Reise ins Innere dieses verschlossenen Geistes zu beginnen.


"...Sieben Sterne im stillen Fluß
Und sieben am Himmel weit,
Sieben Sünden, die Königstochter muß,
Sie tragen in Ewigkeit.

Rote Rosen zu Füßen ihr,
Rote Rosen im rotgoldnen Haar,
Und zwischen Busen und Gürtelzier,
Rote Rosen, ein heimliches Paar.

Schön ist der erschlagene Rittersmann,
Der in Ried und Schilfe ruht;
sieh, die mageren Fische kommen heran,
Zu kosten von Fleisch und Blut.

Schön ist der erschlagene Knappe dort,
Kostbar die goldene Tracht.
Die schwarzen Raben sieh über dem Ort
Sie sind schwarz, so schwarz wie die Nacht.

Was tun sie da so starr und tot?
Es ist Blut an ihrer Hand
Was sind die Lilien gefleckt so rot?
Es ist Blut auf dem Ufersand.

Zwei reiten nach Süden und Osten aus,
Zwei dem Norden und Westen zu,
Für die schwarzen Raben ein guter Schmaus,
Für die Königstochter Ruh.

Doch der eine, der treue Liebe ihr gab,
Rot, rot sind die Flecken von Blut!
Bei der dunklen Eibe grub er ein Grab,
Ein Grab ist für Viere gut.

Kein Mond am stillen Himmel steht
Noch im schwarzen Wasserschoß,
Sieben Sünden ihre Seele trägt,
Seine Sünde ist eine bloß...."



*frei nach Oscar Wilde: The Dole of the King's Daughter

Seven stars in the still water,
And seven in the sky;
Seven sins on the King's daughter,
Deep in her soul to lie.
 
Red roses at her feet,
(Roses are red in her red-gold hair)
And O where her bosom and girdle meet
Red roses are hidden there.
 
Fair is the knight who lieth slain
Amid the rush and reed,
See the lean fishes that are fain
Upon dead men to feed.
 
Sweet is the page that lieth there,
(Cloth of gold is goodly prey,)
See the black ravens in the air,
Black, O black as the night are they.
 
What do they there so stark and dead?
(There is blood upon her hand)
Why are the lilies flecked with red?
(There is blood on the river sand.)
 
There are two that ride from the south to the east,
And two from the north and west,
For the black raven a goodly feast,
For the King's daughter to rest.
 
There is one man who loves her true,
(Red, O red, is the stain of gore!)
He hath duggen a grave by the darksome yew,
(One grave will do for four.)
 
No moon in the still heaven,
In the black water none,
The sins on her soul are seven,
The sin upon his is one.


Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 09. Feb. 2004, 21:56 Uhr
Sie tut, wie von Calyra gebeten und setzt sich neben das Mädchen, nah und doch fern, ihr den Raum lassend sich zu wiegen und doch nach genug um Halt zu geben. Sie spürt, wie Akira sich nähert und sich neben sie und das Mädchen legt, ruhig, groß, beschützend. Ein trauriges Lächeln huscht über Arwens Gesicht, genauso hatte Akira sich im Keller von Wegesend neben sie gelegt, nachdem Caewlin und sie Kalmir getötet hatten. Die große normander Bluthündin, die Momente zuvor einem Elben Kehle und Genick zerrissen hatte, hatte sich wärmend und schützend zu ihr gelegt. Sie schiebt die Erinnerungen weit von sich, vergräbt sie tief in ihrem Inneren und lauscht auf den leisen Trommelschlag, den Calyras Finger tanzend der Bodhran entlocken, ruhig und gleichmäßig wie der Schlag eines Herzens. Der Schlag gewinnt an Kraft, an Intensität, so wie das Herz eines Kranken mit der Genesung an Kraft gewinnt. Und dann schweben Töne durch den Raum, ein leises Summen, langsam, getragen, voller Trauer und Leid, kein Wort kommt über die Lippen der Bardin, und doch drücken die Töne soviel aus, was die Seele jedes Zuhörenden berühren muss, so dein Herz nicht aus eisigem Fels ist. Arwen schließt ihre Augen, überlässt sich dem Schlagen der Bodhran und dem Klang der Stimme Calyras, die wie damals in den Tunneln keine Worte zu brauchen scheint.
Silberhell, klar wie Glas und rein wie frisch gefallener Schnee weben Töne und Worte einen Teppich in dem Raum, der sie alle einhüllt und verbindet. Die Worte sind sanft und erzählen eine Geschichte voller Traurigkeit, doch sind die Worte nicht wirklich von Bedeutung, ihr Klang ist es. Arwen hat ihre Augen geschlossen und kniet entspannt neben dem Mädchen, öffnet ihren Geist und lässt sich von der Herzschlagtrommel und den Tönen davontragen, sie öffnet plötzlich ihre Augen, doch der Blick geht auf einen unbestimmten Punkt in der Unendlichkeit. Das grüne Zeichen ihrer Göttin zeigt sich auf ihrer Stirn, erst sanft schimmernd, dann immer kräftiger je weiter ihr Geist das Hier und Jetzt verlässt. In dem Moment, wo sie sich ganz der anderen Seite, dem Reich ihrer Göttin anvertraut, spürt sie Nadirs Nähe. Er sitzt nicht nur wenige Schritte von ihr entfernt, sein Geist ist bei ihr, wartend, schützend, Halt und Kraft gebend. Auch wenn er diese Grenze nicht überschreiten kann wie sie, er würde auf sie warten, wie ein sanft schimmerndes Licht in trübem Nebel, damit sie zurückfinden kann zu ihm.

Und dann versteht sie plötzlich, was Calyra mit der Brücke gemeint hat, die sie Arwen zum Inneren des Mädchens bauen wolle. Der Herzschlagrhythmus, wie ein suchender Lichtstrahl wandert er durch dichte Nebel, Schatten dräuen neben dem Pfad, den Arwen die bunten Funken des Lebens weisen und dem sie folgt, ebenso suchend, wartend. Und dann scheint der Rhythmus Antwort zu finden, sein Gegenstück zu erreichen. Die Schläge verklingen nicht mehr in den Nebeln, sie hallen nach, vibrieren, lassen die drohenden Schatten zittern und verschwinden und nur der Nebel bleibt zurück. Silbrig helle Töne folgen dem Rhythmus, ziehen mondhelle Spuren wie von Spinnenseide in den Nebel, folgen den Herzschlägen, die wie goldene Schneeflocken aus einem undurchdringlichen Nichts zu fallen scheinen und beginnen einen Weg zu bedecken, der tiefer in den Nebel hinein führt und auf dem Fußspuren zu erkennen sind, silbern im Gold des Weges. Und ganz fern kann Arwen in den Nebeln ein purpurnes Glühen erkennen. Angst erfasst sie, und während ihr Geist den Spuren folgt, beginnt ihr Körper fern von ihr zu zittern, Angst lässt ihren Atem schneller gehen und die Anstrengung feine Schweißperlen auf ihre Stirn zeichnen. Sie kennt diese Nebel, diesen Ort, den Weg. Es ist noch nicht sehr lange her, dass sie selber diesen Weg gegangen ist, durch die Nebel des Lebens hin zum Skyrr, zum Purpurfluss. Leid und Trauer, Schmerz und Angst, der Wunsch, Zuflucht in den Hallen des Herrn über Tod und Winter zu suchen. Sie will sich nicht erinnern, aber sie kann sich nicht gegen die Bilder und Erinnerungen wehren, sie lauern ihr in den Nebeln auf, bedrängen sie, lassen sich hier nicht verdrängen oder aus ihrem Geist verbannen. Hier ist sie nur Geist, hier muss sie sich ihren Erinnerungen stellen. Allen. Egal wie grausam sie sein mögen.
Sie geht weiter, folgt den Spuren im Nebel, und jede Erinnerung trifft sie wie ein Schlag ins Gesicht. Sie würde weinen, wenn sie es denn könnte. Der Hauch einer Stimme wispert durch die Erinnerungen Du bist stark... Ich bleibe bei dir... Du gehörst mir... und wie ein tiefer, ruhiger See, dessen stille Oberfläche ein Windstoß kräuselt, erwacht ganz tief in ihr eine sanfte, aber unwiderstehliche Kraft, die Arwen die Bilder der Erinnerung ertragen lässt, die ihr hilft sich den Erinnerungen zu stellen. Und dann sind sie fort. Vergangen wie Morgennebel in der Sonne, und der Weg mit den Spuren liegt klar und unverhüllt vor ihr. Gewunden und veschlungen führt der Pfad durch die Nebel, nähert sich dem purpurnen Glühen. Und dann steht Arwen dort, wo sie schon einmal stand, doch diesmal hat der Purpurfluss seine Verlockung für sie verloren. Nicht fern von ihr verharrt eine schemenhafte Silhouette, zierlich, fast schon Frau und doch noch Kind, wendet sie der Elbin den Rücken zu und scheint sehnsüchtig und unentschlossen auf den Fluss zu starren, als erwarte sie das Erscheinen eines Schiffes und wisse doch nicht, ob sie an Bord gehen soll.

Du wirst erwartet.... aber nicht dort.... hier... bitte dreh um und komm zurück...

Schweißperlen laufen ihr in die Augen, aber sie spürt das Brennen nicht, auch nicht, wie ihr Körper noch immer zittert als erbebe er unter dem Rhythmus der Bodhran. Das Anukiszeichen auf ihrer Stirn erstrahlt so kräftig wie zuletzt in den Tunneln unter Talyra, als sie in der letzten großen Halle ein flammendes Inferno beschworen hatte um die Wurmdämonen zu vernichten. Und als ihr Geist den des Mädchens tatsächlich gefunden hat und ihn bittet zurückzukehren, verharrt das Mädchen in ihrem Schaukeln. Sein Blick ist noch immer leer und seelenlos, aber es legt den Kopf schief, als lausche es nicht auf Trommel und Gesang, sondern auf etwas anderes, das nur sie hören kann, weit fort und doch so nah.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Calyra am 10. Feb. 2004, 21:40 Uhr
Ihre Stimme webt einen Pfad aus Klängen in die Nebel hinein, und sie kann spüren, wie Arwen ihm folgt. Sie selbst ist nicht wirklich dort bei der Priesterin, aber sie spürt das grüne Leuchten, welches das Nichts teilt und sich auf die Suche macht... und während sie singt, Klänge aufleben und ersterben läßt, und ihre Finger über die straffgespannte Haut der Bodhran tanzen, ziehen Bilder an ihr vorbei: die Ufer rötlich schimmernder Wasser und ein kleiner, verwirrter Stern, der in all dem Grau nach Arwens hellem Licht tastet. Als die letzten Worte ihres Liedes verklingen, stimmt sie ein neues an, einfach nur, um zu singen, wohl wissend, daß die Worte, die Sprache, die Geschichte völlig nebensächlich sind. Worauf es ankommt, ist die Musik allein und die Macht, die in ihrer Stimme liegt. Berauscht und frei von allen Zweifeln strömt die Luft aus ihren Lungen, füllt sich ihr Mund und ihr Herz mit schmerzlosem Feuer und trägt die Töne mit sich davon.

"...Wo ist er, dem mein Herz gehört,
der all um alles mir versprach?
Ging treulos fort. Mein Herz zerbrach.
Die Liebe ist zerstört.

Wo ging er hin, o Lindenbaum?
In welchen Armen fand er Glück?
Wie ruf ich wieder ihn zurück?
Find du ihn mir im Traum!

Frag nicht danach, o Herrin mein,
nur ungern geb ich Antwort dir.
Unmöglich ist die Lüge mir.
Du würdest traurig sein.

Verwehr's mir nicht, o Linde wert,
sag mir, zu wem heut nacht er kam!
Wer ist die Frau, die ihn mir nahm,
daß er mein Wort nicht hört.

Vernimm die Wahrheit, Herrin gut,
dein Mann, du siehst ihn nimmermehr.
Er ging am Fluß heut nacht, am Wehr,
und stürzte in die Flut.

Der Wasserfrau gilt jetzt sein Kuß,
und sie umschlingt ihn voller Glück.
Doch sendet sie ihn dir zurück,
tropfnaß und kalt vom Fluß.

So kehrt er wieder heim zu dir,
tropfnaß und kalt vom Fluß..."*


* Aus der Osten Ard Saga von Tad Williams

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 10. Feb. 2004, 22:40 Uhr
Endlose Momente vergehen, doch hier, an der Grenze zwischen Leben und Tod hat Zeit keine Bedeutung mehr. Reglos verharrt Arwen am Saum zwischen den Nebeln und den Ufern des Skyrr, ruft sie leise an und streckt ihr eine Hand entgegen; die Bitte umzukehren und das Versprechen sie zu halten und vor den Nebeln zu schützen. Sie wartet, mehr kann sie nicht tun. Sie hat das Mädchen gefunden, Calyras Gesang hat sie zu ihr geführt. Und die Macht der Töne ist es, die sich nun wie ein unsichtbarer, wärmender Mantel um den Geist des Mädchens legt, sanft pulsierend und vibrierend wie ein schlagendes Herz. Ein Ruck geht durch die Silhouette, dunkel vor den Flammen des Flusses, dann noch einer, und sie dreht sich um.

"Warum ist das Feuer so kalt?" Sie kommt ihr nicht entgegen, aber die Erleichterung darüber, dass sie sich vom Purpurfluss abgewendet hat, lässt Arwen hoffen. "Der Tod ist immer kalt, und ebenso kalt sind die Flammen des Skyrr... Geh nicht dorthin, komm mit mir zurück.... bitte, komm zurück, zurück ins Leben, zurück dorthin, wo es warm ist" Arwen nähert sich dem Mädchen noch immer nicht weiter, sie will sie nicht drängen, nicht erschrecken, denn sie kann spüren, wie sehr der schwache Menschengeist vor ihr voller Angst, Schmerz und Verzweiflung ist. Und es berührt etwas tief in ihr, das über einfaches Mitgefühl hinausgeht, mehr als Mitleid ist. Sie hatte solche Verzweiflung am eigenen Leib erfahren, diesen Schmerz, der brennt wie ein unstillbares Feuer, die Sehnsucht nach der Stille von Sithechs Hallen. "Ich will nicht zurück, nicht zurück... wo...wo..." Das Mädchen starrt an ihr vorbei in die Nebel, die Augen weit aufgerissen und voller Angst. Arwen ahnt, was das Mädchen schreckt, wie die Nebel hinter ihr in Bewegung geraten, auch wenn sie den schmalen silbernen Pfad nicht verdecken können. Die Erinnerungen sind es, die das Mädchen schrecken, die ihr Angst machen und daran hindern den Weg zurück zu gehen. "Du brauchst keine Angst mehr haben... es ist vorbei, niemand kann dir mehr etwas antun... Komm mit mir zurück, du must nicht alleine gehen... Ich werde bei dir sein, neben dir, auch dann, wenn die Erinnerungen kommen. Du bist stark, stärker als du weißt... Du hast überlebt, du wirst auch mit den Erinnerungen leben können, und sie werden Teil deiner Stärke werden... Komm zurück... Komm mit mir." Sie streckt dem Mädchen nun beide Hände entgegen, wartet, hofft, dass sie kommen wird, dass sie sich bald entscheidet, denn sie kann spüren, wie ihre eigene Kraft nachlässt, wie sie nicht mehr lange hier verweilen kann. Der Herzschlag der Bodhran lässt den silbrigen Pfad pulsieren, hat etwas zwingendes, ermunterndes und die Töne von Calyras Gesang die zu ihnen vordringen sind sanft wie die Arme einer Mutter die ihr Kind tröstend in den Schlaf wiegt, sanft und unerbittlich wie ein Sommerregen, der Wasser und Leben bringt.

Ein letztes Zögern, dann macht das Mädchen erst einen Schritt, dann noch einen, und steht dann vor Arwen. Kein Wort kommt von ihr, nur in den Augen steht die Bitte, sie von diesem Ort fortzubringen. Ebenso wortlos nickt Arwen und nimmt die Hand des Mädchens. Sie kehren um, wenden sich ab von Skyrr und folgen den Pfad aus Herzschlag und Gesang durch die Nebel. Auch wenn sie die Erinnerungen nicht sehen kann, die dem Mädchen in den Nebeln auflauern, sie kann es spüren, denn jedes Mal sucht die enger ihre Nähe. Der Pfad windet sich, scheint immer länger zu werden, sich zu ziehen und zu strecken, endlos zu werden.
Aber dann kann Arwen etwas in den Nebeln schimmern sehen, das so ganz anders ist als der sanfte Glanz des Weges, den Calyra ihr mit ihrem Gesang zeichnet. Es ist die Aura eines Geistes, den sie kennt wie keinen Zweiten, mit dem sie eins ist, der zu ihr gehört wie sie zu ihm. Der Anblick gibt ihr Kraft, wo ihre eigene sich langsam erschöpft, die Kraft, auch den Rest des Weges zu gehen und aus den Nebeln in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Mit dem Moment, in dem der Geist es Mädchens in ihren Körper zurückkehrt, verliert deren Blick die seelenlose Leere, wandert unsicher durch den Raum, über die Elben, die Bardin und den riesigen Hund zu ihren Füßen und füllt sich dann mit Tränen. Atemholen hallt wie zerreißendes Leinen durch den plötzlich lautlosen Raum im Tempel. Und wie aus weiter ferne nimmt Arwen die aufgeregte Stimme einer Novizin wahr, das Tappen unsicherer Kinderfüße und Stimmen die versuchen ein Kind am Fortlaufen zu hindern. Und dann stolpert der kleine Junge auf unsicheren Beinchen durch die halboffene Tür, bleibt unsicher stehen, sieht von einem zum anderen und tapert dann eilig und stolpernd zu dem Mädchen und fällt ihr mit leisen Lauten, die fast klingen, als kämen die Worte zu ihm zurück um den Hals. In einer wilden Mischung aus Lachen und Weinen legt das Mädchen seine Arme um das Kind und hält es fest.

"Wie haben getan, was wir konnten... der Wille der Götter geschehe...."

Sie fühlt sich müde, aber die Erschöpfung weicht schnell und macht einer aufgewühlten Erleichterung Platz, während sie Calrya ansieht. Das "Danke" an die Bardin  ist kaum mehr als ein Wispern, während ihr Geist die Nähe Nadirs sucht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 11. Feb. 2004, 20:51 Uhr
Für einen endlosen Augenblick lässt sie ihren Geist wieder fallen und überlässt sich der Wärme und Nähe von Nadir, der nicht nur ihren Körper sanft umfängt und hält. Jeder seiner Gedanken, die sie berühren ist wie ein Kuss, sanft, zärtlich, warm. Doch der Moment dauert nicht lange. Er hat Recht, beide, das Mädchen und der kleine Junge, brauchen jetzt vor allem Ruhe und Zeit für sich alleine um richtig im Diesseits ankommen zu können. Sie lässt sich von ihm auf die Füße helfen, und schon im Gehen legen sie alle ihre Mäntel wieder an. Thrandar, dem sie auf den Gang vor dem Zimmer begegnen, stehen zwar nicht die Haare zu Berge, aber es ist unübersehbar, dass der Gesang auch ihn nicht unberührt gelassen hat, und dass in ihm die Ungewisstheit nagt, ob er hätte tun können, was die Elbin dort gerade getan hat. Arwen wechselt nur wenige leise Worte mit ihm: Er wird dafür sorgen, dass die Dörfler nun nicht gleich alle auf das Mädchen einstürmen, sondern dass sich die Novizin, die sich schon die Tage um sie gekümmert hatte auch weiter um sie kümmern würde bis sie wirklich zu sich selber zurückgefunden hat.

Schweigend verlassen sie zu dritt das Haus und die Schneehelle des Tempelhaines blendet für einige Momente ihre Augen nach dem Dämmerlicht der Nebel. Sie sind alle noch gefangen im Nachhall dessen was dort geschehen ist, und laute Worte scheinen nur zu stören. Ich bin müde, lass uns bitte nach hause reiten... aber zuerst sollten wir Calyra nach hause begleiten. Arwen wird siedendheiß bewusst, dass Calyra ihre Gedanken ja gar nicht verstehen kann, und mit einem entschuldigenden Lächeln dreht sie sich in dem Arm, den Nadir um ihre Schultern gelegt hat und sieht die Bardin an, die neben ihnen bei den Pferden steht. "Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, Calyra. Ohne dich und deinen Gesang hätte ich weder das Mädchen noch den Weg zurück finden können." Sie greift nach ihrer Hand. "Und von allem was du befürchtet hast ist nichts geschehen," lächelt sie, "außer vielleicht, dass Thrandar tatsächlich die Nackenhaare zu Berge stehen ob der Macht, die in einer Stimme liegen kann... Wir begleiten dich noch nach hause, jetzt wo es langsam dunkelt und Abend wird."

Nadir hilft erst ihr und dann Calyra in den Sattel und sie verlassen den Hain aus Schwarzkiefern, die wachsamen Blicke der beiden Wolfstatuen im Rücken. Akira läuft hechelnd immer einige Schritte vor den Pferden her, erst als sie die Tempelhaine ganz verlassen und in die Straßen der Stadt einbiegen, hält sie sich wieder dicht neben dem Pferd ihrer Herrin.
Die Pferde der beiden Elben laufen so dicht neben einander her, dass sich ihre Knie fast berühren, und Arwen sehnt sich schon danach, die Tür von Vinyamar hinter sich schließen zu können, den warmen Boden unter den Füßen zu spüren - und das Abendessen fertig vorzufinden. Sie hat Hunger und Durst, seit dem frühen Mittagsmahl, das nur aus einigen Kleinigkeiten bestanden hatt, hat sie nichts mehr zu sich genommen, und nun senkt sich schon die Abenddämmerung über die Stadt. Das sacht flatternde Gefühl, mit dem sich ihre Tochter wieder bemerkbar macht, lässt ihre Augen mit Tränen schimmern, sie wünscht sich sie könnte dieses Gefühl des erwachendes Geistes mit Nadir teilen, so wie er dem Schlagen ihres Herzens ihrer Tochter hinterherspürt, wenn sie nachts in seinen Armen liegt. Doch auch wenn sie nur die Hand auszustrecken bräuchte um ihn zu berühren, so ist das doch jetzt unmöglich. Ihr Blick sucht seinen, findet ihn und hält sich mit zärtlicher Sehnsucht an ihm fest. Ich werde nirgendwo mehr hingehen, wohin du mir nicht folgen kannst....

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 08. März 2004, 12:44 Uhr
So wie er es ihr versprochen hat, ist er da, ist er bei ihr, als das alles für Arwen zuviel wird und sie das verzweifelte Ringen um ihre Selbstbeherrschung verliert. Geborgen in seinen Armen und gehüllt in seinen Mantel hört sie nur wie von Ferne das unmütige Schnauben, mit dem Niniane auf die leisen Worte des Nordmanns reagiert. Ninianes Antwort >"Ob sie weiß, was sie tut...? Nadir Silberklinge ist ein Frauenheld. Die Zahl seiner Liebschaften ist fast ebenso sprichwörtlich wie seine silberne Klinge und seine Vorliebe für Indigoblau."< lässt sie zusammenzucken und die grad versiegten Tränen fast wieder in ihre Augen steigen. "Ist es denn so schwer zu verstehen und zu akzeptieren was uns verbindet? Dass das, was früher gewesen ist NICHTS mit unserer gemeinsamen Zukunft zu tun hat?" Ihre Stimme ist kaum mehr als ein Murmeln im weichen Tuch seines Überwurfes, und auf seinen Vorschlag nickt sie nur wortlos. Er hält sie, bis sie sich gefasst hat und ihr Atem wieder ruhiger geht. Gemeinsam verlassen sie den Schatten des Wehrganges, und ihr Blick trifft den Protektorin, golden, undurchdringlich und fast fragend, während Nadirs Arm unverrückbar um ihre Schultern liegt.  Cron hat bereits einen der Roßknechte herangerufen, der den Karren lenken wird, und auch die Pferde werden ihnen gebracht. Nadir hebt sie in den Sattel, und sie verlassen den unterdessen leeren Burghof der Steinfaust und machen sich auf den Weg durch die leeren Gassen der Stadt zum Tempelviertel im Nordosten.

Der freudetrunkene Taumel, der die ganze Stadt gefangen zu halten scheint, verklingt löangsam hinter ihnen, als sie die Haine des Tempelviertels erreichen und der kleine Zug hinter dem Totenkarren auf den schmalen Pfad unter noch immer schneebeladenen Schwarzkiefern einbiegt, der sie zum Anukistempel führen wird. Reglos hocken die Wolfstatuen im Schnee, doch die Augen aus Jet und Bernstein scheinen ihnen wachsam entgegen zu blicken. Und die beiden Wölfe sind nicht die einzigen, die sie erwarten. Eine Gruppe von Priestern in dunkelgrünen Gewändern, unter ihnen Thrandar, scheint sie erwartet zu haben. Leise Gebete wispern wie das Murmeln eines Baches über die nachtdunkle Lichtung, als die Priester den Leichnahm des Templers von dem Karren heben und ihn auf einer Bahre zum Tor des Tempels tragen, um ihn dort in einer Seitenkammer herzurichten und aufzubahren bis sie ihn in drei Tagen würden bestatten können.
Nadir ist als erster aus dem Sattel und hebt sie vom Pferd, als Thrandar zu ihnen kommt und zu aller erst respektvoll Niniane begrüßt, ehe er sich Arwen zuwendet. Die Verachtung in seinen Augen, als sein Blick Nadir streift, ist unübersehbar, und es irritiert Arwen, dass fast so etwas wie Genugtuung von ihm auszugehen scheint, als er ihre rotgeweinten Augen bemerkt. Sein Tonfall, in dem er fragt ob sie wenigstens gedenke, ihren Pflichten als Witwe des Templers nachzukommen, ist weder zurückhaltend, noch mitfühlend, sondern hat etwas beißendes an sich. "Ich bin nicht seine Witwe! Begreift das endlich!" Arwens Stimme ist leise, sie ist zu müde um laut zu werden, aber der Unterton ist fauchend. Sie ist alles andere als in sanfter Stimmung, und sie ist es leid, sich immer und immer und immer wieder rechtfertigen und erklären zu müssen. Sie wendet sich abrupt ab, lässt den Priester einfach stehen, entlohnt den Rossknecht der Steinfaust mit einigen Kupferlingen und sieht Niniane und Cron an, die hinter ihnen von den Pferden gestiegen sind. "Danke, dass ihr ihn zurückgebracht habt.... Er wird seine letzte Ruhe im Wald finden, in drei Tagen-" Es kostet sie ihre ganze Beherrschung, diesmal die Oberhand über die aufsteigenden Tränen zu behalten. Dieser Tag ist einfach zuviel für ihr Nervenkostüm. Nadir steht direkt hinte rihr, sie kann seine Wärme spüren, und dann auch seine Hand, die beruhigend über ihren Rücken wandert und sich sanft um ihren Nacken legt. Sie greif tnach den HÄnden der Waldläuferin.   Thrandar verachtet Nadir und verdammt mich weil ich die Ehe lösen ließ, Cassandra will mich vor ihm beschützen, mein Bruder misstraut ihm und was mein Vater dazu sagen wird, wage ich nicht zu raten....   Nadir ist der Mann, dem ich gehöre, Niniane. Der Mann, der meiner Tochter der Vater sein wird. Bitte Niniane, stell du dich nicht auch noch gegen uns. ... Es ist auch so schon schwer genug.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Niniane am 08. März 2004, 22:03 Uhr
Ihr Weg durch die Straßen ist schweigend verlaufen und wo immer sie mit dem ratternden Holzkarren vorübergekommen waren, hatte man ihnen bereitwillig Platz gemacht und die freudige Siegeslaune der Menschen hatte sich in schweigenden Respekt verwandelt. Sie alle können erahnen, wer auf dem Wagen aufgebahrt ruht, und selbst wenn nicht: daß es ein Mann war, der für die Stadt und ihre Bewohner auf dem Schlachtfeld sein Leben gelassen hatte, ist schon am Banner Talyras unschwer zu erkennen. Sie passieren die Statuen Mondjägers und Nachtfells und werden am Tempel bereits erwartet. Niniane und Cron steigen ebenso wie Arwen und Nadir aus den Sätteln, während die grüngrau gekleideten Anukispriester Falcons Leichnam vom Wagen holen, aufbahren und in den Tempel tragen. Thrandars tiefe Verbeugung registriert sie nur mit einem knappen Kopfnicken, ihre Gedanken sind bei Nadir und Arwen und springen in ein Dutzend Richtungen davon. Was sie in Nadirs Augen gesehen hatte, war echt und man brauchte die beiden nur anzusehen, um zu erkennen, daß sie völlig vom jeweils anderen gefangen waren. Sie berühren sich ständig, suchen einander mit den Augen, leuchten, wenn sich ihre Blicke treffen... und Nadir sieht sie an wie ein hungriger Hund einen saftigen Knochen. Andererseits weiß sie von Arwens Schwangerschaft und von Nadirs Ruf, der nicht von ungefähr kommt... von der ganzen, komplizierten Lage. Hergeschickt von ihrem Vater als ihr Beschützer war eine Liebschaft mit Arwen bestimmt das letzte, an das Silberklinge gedacht hatte - und doch schien er diesmal tatsächlich sein Herz verloren zu haben. Hätte sie selbst mit eigenen Augen die Sonne im Westen über der Bucht von Ebenandra aufgehen sehen, hätte sie das nicht mehr verwundern können. Thrandars giftige Art entgeht ihr nicht, auch wenn sie seine Worte und die Arwens nicht hören kann, da sie sich mit Cron im Hintergrund hält. Aber sie meint deutlich eine Ader an Nadirs Hals pochen zu sehen, direkt über der silbern schimmernden Halsberge des Kettenhemdes. Als Arwen und somit auch er sich ihnen jedoch wieder zuwenden, sind seine Augen so ausdruckslos wie der Ildorel bei Nacht und verraten rein gar nichts von dem, was hinter ihnen vorgehen mag. Arwens Blick dagegen ist offen und man sieht ihr an, daß sie alles andere als ruhig und beherrscht ist. Als die Elbin ihre Hände ergreift, spürt sie deutlich ihr Zittern und schließt ihre warmen Finger fest um Arwens. Thrandar verachtet Nadir und verdammt mich weil ich die Ehe lösen ließ, Cassandra will mich vor ihm beschützen, mein Bruder misstraut ihm und was mein Vater dazu sagen wird, wage ich nicht zu raten....   Nadir ist der Mann, dem ich gehöre, Niniane. Der Mann, der meiner Tochter der Vater sein wird. Bitte Niniane, stell du dich nicht auch noch gegen uns. ... Es ist auch so schon schwer genug. Arwens gedankliche Berührung ist zart, fast unsicher und Niniane mustert sie einen Moment aufmerksam, ehe sie ihr antwortet und ihre Bedenken einfach beiseite wischt. Ach Arwen, ich möchte dich auch nur beschützen. Ich stelle mich nicht gegen euch... das würde ich nie tun. Ich weiß um seine Vergangenheit, ja. Aber all diese Frauen hatten schließlich die freie Wahl, oder? Nadir mag vieles sein, aber ein Lügner ist er nicht. Sie wußten von Anfang an, auf was sie sich einließen, denke ich mir... hoffe ich zumindest. Sie lächelt katzenhaft, wirft Nadir einen Blick zu und sieht dann wieder Arwen an. Und ich bin nicht blind.
"Wir werden da sein wegen Falcon. Kümmert sich jemand um ein Grab? Gut. Gib uns bescheid, sobald alles bereit ist. Und ich denke, wir sollten auch den anderen Nachricht geben. Caewlin. Calyra, Raven und Kizumu und... allen, die ihn gekannt haben."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Cron am 09. März 2004, 21:38 Uhr
Cron kann sich nur mühsam das Lachen verbeißen, als Nadir Silberklinge mit tropfendem Umhang und durchweichten Stiefeln, aber sehr selbstzufriedener Miene und einem gänzlich unreumütigen Lächeln aus dem Tempel wieder auftaucht, das man beim besten Willen nur  dämonisch nennen kann. Niniane neben ihm schnaubt mindestens ebenso belustigt. Die triefend nassen Hosen, die Stiefel und tropfenden Kleidersäume des Elben beeinträchtigen seine Ausstrahlung von hoheitsvoll-düsterer Verruchtheit keinen Deut. Sie alle, selbst Arwen, hatten dem Silberelben nur verblüfft hinterher sehen können, als er den quiekenden Priester halb vor sich hertreibend, halb neben sich mitschleifend ins Innere des Tempels verfrachtet hatte - und als er wieder herauskommt, können sie alle sehen, wo Thrandar wahrscheinlich gelandet ist. Irgendwo, wo es naß und kalt war.  "Ich nehme an, der Priester weiß Eure Zurückhaltung zu schätzen," wendet er sich trocken an Nadir, zu dessen Füßen sich kleine Wasserpfützen bilden, aber in seinen Augen glitzert es belustigt, " immerhin habt Ihr ihn nicht ersäuft." Der Elb erwidert nur ein verächtliches Zungeschnalzen als Antwort.  

Sie verabschieden sich von Arwen und dem Blauhaar mit dem versprechen, an Falcons Bestattung teilzunehmen und Shugorn zu Raven, Mottenfaenger und Borgil zu schicken, wenn Arwen die Benachrichtigung Kizumus, Caewlins und Calyras und der anderen Bekannten Falcons übernehmen würde, und verabreden, sich vor der Bestattung in Vinyamar zu treffen, um dann gemeinsam zum Tempel zu kommen, und Falcon Silberstern das letzte Geleit zu geben. Einen Augenblick erwägt er, Arwen beiseite zu nehmen und ihr von Falcons letzten Worten und seinen letzten Lebensmomenten zu erzählen, aber dann verwirft er den Gedanken wieder. Falsche Zeit, falscher Ort. Das kann warten. Er hebt Niniane in den Sattel wie Nadir Arwen, und sie begleiten die Elben noch durch die stillen, nächtlichen Tempelhaine, bis sie sich an der breiten Straße zum Nordtor hinauf schließlich von ihnen trennen. Während Arwen und Nadir sich nach Süden, dem Tempelviertel zuwenden, führt ihr eigener Weg sie nach Norden und aus der Stadt hinein ins Larisgrün und zurück in den Baum. Der Wald ist kalt, still und dunkel, doch ihre Pferde finden den schmalen Pfad, der unter den Bäumen hindurch auf die Lichtung am Smaragdstrand führt, und die Laternen des Baumes leuchten ihnen warm in der Schwärze der Nacht entgegen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 24. März 2004, 11:39 Uhr
Die Sonne hat ihren höchsten Stand noch lange nicht erreicht, als sie zu viert mit dem Wagen in den schmalen Pfad einbiegen, der sie zum Anukis-Tempel führt und den sie nur wenige Nächte zuvor schon einmal genommen hatten. Kein Schnee liegt mehr auf dem Weg, dunkler Boden, nass und schwer vom Tauwasser des Schnees, gibt unter den Hufen der Pferde federnd nach, und wo die Hufe den Boden wieder verlassen haben, bleiben für einige Augenblicke kleine Pfützen zurück. Tempeldiener erscheinen, nehmen die Zügel der Pferde während die vier Reiter aus den Sätteln steigen. Priester und Novizen erscheinen und winken Ulmar mit dem Fuhrwerk näher an das Tempelportal heran. Arwen spürt die Blicke der Priester auf sich noch ehe sie sich zu ihnen umwendet. Und sie ist ehrlich erleichtert, dass Thrandar nicht unter ihnen ist. Kurz tritt sie noch einmal an ihr Pferd heran, löst ein längliches, in Leder eingeschlagenes Paket vom Sattel und wendet sich zu Nadir, der wie immer so dicht neben ihr steht, dass sie sich berühren als sie sich umwendet. Ein kleines, trauriges Lächeln huscht durch ihr Gesicht, als sie ihre Hand über sein Herz legt, und durch das kühle Geflecht aus Yalaris unter seinem Überwurf den ruhigen, gleichmäßigen Schlag seines Herzens spüren kann. "Einen Augenblick nur, Diomo, er soll mit seinem eigenen Schwert beigesetzt werden, nicht mit dem eines Fremden." Sie hebt den Kopf um ihm in die Augen sehen zu können. "Und bevor die anderen alle hier sind, will ich..." Sie bricht ab, sieht Nadir an, und weiß auch so, dass er sie versteht. Ebenso wie sie weiß, dass er sie trotzallem begleiten und nicht alleine in die Kapelle gehen lassen wird, egal was er über den Templer denken mag. Aber er weiß auch, dass hier heute mehr geschieht als die Beisetzung eines in der Schlacht gefallenen Templers. Wenn sich nachher das Grab über Falcon schließen würde, würde damit auch ein Abschnitt im Leben Arwens sein Ende finden und begraben werden, endgültig und unwiderruflich.

Mit einem kurzen Blick zu Niniane und Cron verlassen sie den Platz, wo die Pferde stehen und betreten den Tempel duch das Goldbuchen-Portal aus Erika-Marmor. Es ist der Kräutermaester, der sie in dem grüngoldenen Dämmerlicht vor der Statue der Hüterin der Wälder erwartet und sie mit einem leisen, mitfühlenden Lächeln begrüsst. "Mylord. Frau Arwen.  Im Gegensatz zu Thrandar begrüsst er den Silberelben höflich und voller Respekt, ehe er sich Arwen zuwendet. "Thrandar hat sich heute zu Gebet und Meditation in seine Räume zurückgezogen," beantwortet er Arwens unausgesprochenen Frage noch ehe sie in ihren Gedanken Gestalt annimmt. Und es ist ihm an seinen Augen abzulesen, dass er dies für eine gute Idee hält, nachdem, was sich neulich Nacht im Tempel mit diesem unfreiwilligen Bad des Tempelvorstehers ereignet hatte. "Seid ihr sicher, dass ihr euch das antun wollt, Frau Arwen?" Der Priester hatte sie schon am Tag nachdem sie den Leichnam des Templers gebracht hatten dagegen ausgesprochen, dass Arwen dabei ist, wenn er ein letztes Mal gewaschen, mit den Sachen angekleidet würde die sie gebracht hatte und mit den heiligen Ölen gesalbt würde. Alles Dinge, die Niniane schon in Liam Cailidh erledigt hatte, die Thrandar aber trotzdem hatte vornehmen lassen. Zusammen mit der Novizenmeisterin hatte er auf sie eingeredet, darauf hingewiesen, dass sie an ihr Kind denken solle und das alles sicherlich nicht zu den Dingen gehört, die eine Schwangere tun sollte. Schließlich hatte Arwen es aufgegeben und sich dem Wunsch der beiden gebeugt - auch und vor allem, weil Nadir derselben Meinung gewesen ist. Aber das jetzt, würde sie sich nicht untersagen lassen. "Ja, ich bin mir sicher, diesmal werdet ihr es mir nicht ausreden." Der Priester nickt einfach nur und führt sie in die Schatten der Säulengänge, vorbei an sacht fächelnden Schmetterlingen und den Kapellen, in denen die Bildnisse der Archonen Anukis' ihre von flackernden Kerzen erhellten Plätze haben, zu einer Seitenkapelle, an deren unverschlossener Tür zwei junge Priester die Totenwache halten. Dann bleibt er zurück und lässt die beiden Elben alleine eintreten.

Dämmerlicht herrsch in der kleinen Seitenkapelle, nur durchbrochen von den flackernden Flammen der zwölf schlanken, schwarzen Kerzen, die zu Ehren der Götter entzündet wurden. Und die eine, für den der icht mehr genannt wird, die nie entzündet wird. Arwens Atem steigt auf wie winzige weiße Nebelwolken, so kalt ist es hier, obgleich es ansonsten im Tempel immer so scheint als habe der Frühling Einzug gehalten. In der Mitte des Raumes, auf einem schlichten Steinblock aus grauem Granit haben sie den Templer aufgebahrt: Die Bahre verhüllt mit dem Tuch eines Rechteckmantels, wie ihn die Templer sonst tragen, weiß und mit den beiden Wolfsköpfen. Angekleidet mit den Gewändern, die Arwen herausgesucht hatte, schwarz und silbern, und die er auch am Shenrahfest getragen hatte, die Haare gewaschen und säuberlich gekämmt um seinen Kopf und über die Schultern gelegt, die linke Hand um den Knauf des Schwertes von einem unbekannten Gefallenen gelegt und das Banner Talyras bereits bis zu den Knien über seine Beine gelegt. Wäre sein Gesicht nicht so totenwächsern, könnte man trotz der Blutleere fast meinen, er schliefe nur. Seinem Gesicht ist von den Spuren aus Wegesend nichts mehr anzusehen, und auch sein grausamer Tod auf dem Schlachtfeld hat keine Spuren in ihm hinterlassen. In seinem Gesicht liegt ein solcher, fast befreit wirkender Frieden, dass es Arwen beinahe unheimlich ist. Zögernd tritt sie an ihn heran, verharrt mit der Hand über der des Templers. Es kostet sie ihre ganze Selbstüberwindung, die kalte Hand zu ergreifen und die Finger vom Griff des fremden Schwertes zu lösen. Sie lehnt es an den Steinsockel, befreit Sûlgil aus seiner ledernen Hülle und legt die leblose Hand um den Schwertknauf. Schweigend steht sie eine Weile wie erstarrt dort und sieht auf das leblose Gesicht des Elben herab. "Du konntest nicht anders, oder? Calyra hatte Recht, der Tod war für dich die einzige Lösung, der einzige Weg. Du hast den Tod in der Schlacht gesucht, weil es dir als der einzige Weg erschien, deine verloren geglaubte Ehre wiederherstellen zu können." Ihre Stimme ist nur ein tonloses Flüstern, selbst für Elben kaum zwei Schritt weit zu hören. "Wir haben es beide nicht verstanden. Du nicht und ich nicht. All die Jahrhunderte nicht. Die ganzen 'Steine', die das Schicksal uns in den Weg gelegt hatte, es waren keine Prüfungen für uns, es waren Fingerzeige, die wir nicht erkannt haben. Wir waren nie für einander bestimmt, nicht als Mann und Frau. Geschwister, Freunde, Vertraute und Gefährten, ja, aber als Mann und Frau... nein... das nie."

Ihre Augen beginnen sich mit silbrig schimmernen Tränen zu füllen, die dicht an der Oberfläche glänzen, sich einen Weg suchen und dann heimlich und verstohlen über ihre Wangen rinnen. Sie hatte um ihn getrauert in den vergangenen Tage. Auf eine stille Art, tief in ihrem Inneren hatte sie getrauert, aber sie hatte nicht um Falcon weinen können. Erst jetzt, hier, wo sie endgültig Abschied nimmt, scheint es so, als löse sie sich endlich ganz von ihm, als löse sich auch das letzte Band das sie durch ihre wachsende Tochter noch immer an ihre Vergangenheit mit ihm gebunden hatte. Gefährte, Geliebter und der Gemahl der sie verließ verschwinden in den Nebeln der Zeit. Zurück bleibt nur ihr Ziehbruder, der vertraute Freund seit Kindertagen. Und nun kann sie auch endlich um ihn weinen. "Götter, hat all das Leid wirklich sein müssen? Gab es keinen anderen Weg?" Stumme Tränen suchen sich ihren Weg über hohe Wangenknochen, und kein Laut ist mehr in der Kapelle zu hören. Sie spürt Nadirs Nähe, die Wärme seiner Hand, die er tröstend in ihren Nacken legt. Eine Berührung, die mehr Halt und Nähe gibt, als diese kleine Geste vermuten ließe. Er spricht kein Wort, lässt sie trauern und Abschied nehmen. Nur seine Gedanken sind bei ihr, berühren sie sacht und tröstend. Und als ihre Tränen versiegt sind, ihr Atem wieder ruhig geht und sie sich gefangen hat, legt er den Arm um ihre Schultern und führt sie hinaus aus der Kapelle und dem Tempel, hinaus zu Niniane und Cron, ihren Freunden, die dort auf sie beide warten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 24. März 2004, 12:47 Uhr
Schon früh am Morgen hatten Mottenfaenger und Raven den Baum verlassen. Nebelschleier hängen zäh über dem Larisgrün und die Dächer der Stadt sind feucht vom nächtlichen Regen, der sich inzwischen zu einem kalten Nieseln abgeschwächt hat. Beerdigungswetter... Raven zieht die Kapuze ihres Umhangs noch ein Stück weiter ins Gesicht, doch der feine Sprühregen scheint überall zu sein und findet trotz hochgeschlagener Krägen einen Weg, sich unangenehm bemerkbar zu machen und durch Mantel und Hemd zu kriechen. Mit verschlossener Miene wandert sie neben ihrem Gefährten her und versucht die wirren Gedanken zu ordnen, die in ihrem Geist herumkreiseln und sich zumeist um den toten Templer und um verworrene Bestattungsbräuche drehen. Die Aussicht, einer komplizierten, elbischen Totenzeremonie beizuwohnen, der Gedanke an Gesichter voller Pein und Trauer, weckt in ihr ein großes Unbehagen und am liebsten wäre sie einfach umgekehrt und hätte schleunigst die Flucht ergriffen. Stattdessen stapfen sie nun durch den Regen in Richtung des Tempelviertels.

Der Hain wirkt beinahe verlassen, als sie ihn erreichen. Wo im Sommer die Luft erfüllt ist mit dem Zwitschern der Vögel und schillernden Schmetterlingsflügeln und sich wogendes Grün wie eine natürlich gewachsene Kathedrale über den Tempel wölbt, weisen nun zum Winterende die laublosen, dürren Äste in den regenschweren Himmel, als wollten sie eine Totenklage singen. Die kunstvoll gemeisselten Reliefs, die sich um das Tempelrund ziehen, glänzen vor Nässe und von den beiden Wolfsstatuen, die den Eingang hüten wie zwei grimmige, steinerne Wächter, tropft das Wasser. In einiger Nähe sehen sie im Schutz einer Baumgruppe vier hochgewachsene Gestalten dicht beisammen stehen - Niniane, den Nordmann und eine totenbleiche Arwen neben einem ihnen unbekannten Elben mit indigoblauem Haar und abweisender Miene. "Komm, lass uns zu ihnen gehen."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Mottenfaenger am 24. März 2004, 13:55 Uhr
Trotz des traurigen Anlasses huscht ein Lächeln über Mottenfaengers Züge, als er den Fuß in den Hain des Anukistempels setzt. Von allen Bauten des Tempelviertels hat ihm dieser schon immer am besten gefallen, denn eins muss man den Priestern der Anukis lassen, mit Pflanzen kennen sie sich bestens aus. Auch wenn Mottenfaenger in anderen Belangen herzlich selten mit den Priestern und Priesterinnen derselben Meinung war.
Erst Ravens Bemerkung reißt ihn wieder aus seinen Gedanken, worauf er ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen gibt, doch voran zu gehen.

Die Begrüßung ihrer Freunde fällt leise und der Situation angemessen aus, wobei ihnen der Fremde als Nadir vorgestellt wird. Mottenfaenger und Raven tauschen einen Blick und der Druide muss ein achselzucken unterdrücken. Auch er weiß sich keinen Reim darauf zu machen, wer dieser Nadir sein könnte, sondern kann höchstens raten, dass es sich um einen späten Kameraden Falcons in der Schlacht mit den Nargen handeln könnte.
Seine Gedanken schweifen wieder ab, dieses Mal hin zu Falcon, der wahrscheinlich im Tempel selbst liegt. Eingeölt und -gewickelt nach jahrhundertealter Kunst, bedacht mit Riten, die nur Priester kennen denkt er, nicht ohne innerlich zu schaudern. Er selbst würde nach seinem Tod hoffentlich nicht in die Hände von Priestern gelangen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Kizumu am 24. März 2004, 14:01 Uhr
Morgana war, nachdem sie einander begrüßt hatten einige Schritte vor gegangen und hatte Kizumu für einen Augenblick verwirrt. "Morgana..? Das Pferd ist eigentlich für dich gedacht, der Weg zum Tempel ist recht weit und ich glaube nicht, dass du ihn laufen möchtest." Mit einem deutlichem Blick auf ihren wachsenden Bauch war die Elbin auf die Heilerin zugegangen und hatte der errötenden Frau auf Prins Rücken geholfen.
Scheinbar hatte es über dem Larisgrün in der Nacht geregnet und je näher sie dem Anukistempel kommen, um so ungemütlicher wird das Wetter. Schließlich setzt ein feiner, unangenehmer Nieselregen ein und die beiden Frauen sind über ihre Umhänge, die wenigstens ein bisschen Nässe abhalten froh.
Endlich erreichen sie das Tempelviertel und sie können, ein Stück weit vor ihnen Mottenfaenger und Raven in den Anukishain einbiegen sehen. "Mal sehen, ob wir die letzten sind." Sie grinst unter ihrer Kapuze zu Morgana empor und führt Prins ein wenig schneller, ohne ihn in Trab fallen zu lassen. Wer weiß, was diesem Pony sonst noch einfällt.
Der Hain liegt friedlich wie immer vor ihnen und als sie ihn betreten umfängt die beiden Frauen diese Ruhe, lullt sie ein und wärmt sie ein wenig. Raven und der Druide sind bereits bei Niniane, Cron, Arwen und einem großen Elben angelangt. Sie erkennt ihn, auch wenn sie den Prinzen der Silberelben noch nie gesehen hat, an seinem Indigohaar. Sie braucht sich nicht zu bemühen um die starke Anziehung zwischen Arwen und Nadir zu spüren und ein verständnisvolles Lächeln findet den Weg auf ihr Gesicht. "S'ljea, Arwen." Sie ist unsicher, wie sie die Elbin begrüßen soll, etwas in der Art wie Nadir neben ihr steht, macht sie unsicher. Sie neigt den Kopf vor dem Mann und wendet sich dann Niniane, Cron, Raven und Mottenfaenger zu.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Sol am 24. März 2004, 15:14 Uhr
Schon als der Zwerg seine Schmiede verlassen hatte, hing ein dichter Wolkenschleier am Himmel, der jeden Sonnenstrahl in ein dumpfes Licht verwandelte und jetzt, als er den Hain des Anukistempels erreicht, scheint das Grau des Himmels gar noch bedrohlicher, noch trüber, noch dunkler. Und das obwohl der Tag noch jung ist und die Sonne noch im Begriff ist, ihren Höhepunkt zu erreichen. Die Umgebung erscheint Sol unwirtlich, die Bäume sind kahl und vermitteln dem Zwerg mit ihren Fratzen das Gefühl zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein. Ihr Bäume wärt die letzten die mich hier fernhalten würde! Sol wird grimmig, weil er, einer ausdrücklichen Einladung zum Trotz, hier nicht willkommen zu sein scheint, und zieht sich noch tiefer in seinen wärmenden, schwarzen Umhang zurück, den er ob des schlechten Wetters noch kurz vor seinem Aufbruch angelegt hat und der das zeremonielle Kettenhemd sowie die beiden Schwerter verdeckt.

Festen Schrittes geht er voran und heftet seinen Blick auf den Pfad, der vor ihm liegt, während die Bilder der Hochzeit im letzten Sommer durch seinen Kopf ziehen. Er nahm damals den gleichen Weg, doch alles wirkte so einladend, selbst für einen Zwerg: grüne Bäume, alles war in vollster Blüte, Pracht und Prunk war allgegenwärtig und selbst der Hain schien die Ehe zu begrüßen. Doch davon ist nach kaum einem halben Jahr und, wie es scheint, zahllosen Ereignissen, die, wie der Zwerg fürchtet, unbemerkt an ihm vorübergezogen sind nichts mehr übrig. Es scheint, der Hain hat sich den Umständen angepasst, auch wenn Sol weiß, dass Laubbäume im Winter ihre Blätter verlieren.

Nach wenigen Minuten zu Fuß schält sich der Tempel immer deutlicher aus dem Gewirr lebloser Äste heraus und auch dessen Fels, für Sol einst sonderbar faszinierend, scheint sich der allgemeinen Trauerstimmung angepasst zu haben; obwohl das massive Gestein vor Nässe glänzt wirkt es für den Zwerg sonderbar matt, kraft- und freudlos. Mit jedem Schritt wird Sol wieder aufmerksamer, öffnet sein geistiges Schneckenhaus, in welches er sich seit Tagen zurückgezogen hat, der Außenwelt und lässt seinen Blick umherziehen. Nach nur einem kurzen Augenblick erkennt er aus der Ferne eine Gruppe nahe eines Baumes stehen, aber zu viel mehr sind seine Augen aus dieser Entfernung nich fähig. Als wären sie gerade erst aufgetaucht entdeckt Sol jetzt auch Kizumu und Morgana -letztere auf etwas das mehr einem Pony, denn einem Pferd gleicht reitend- die zwar nur wenige Schritte vor ihm herlaufen, deren Existenz von seinen Augen aber bisher noch nicht an sein Gehirn gemeldet worden war. Schnell erreichen die Beiden die Gruppe, und begrüßen die Anwesenden, namentlich Arwen, Cron, Niniane, Raven, Mottenfaenger und -wie er Sol später vorgestellt wird- Nadir. Vermutlich ein Bekannter Falcons... Der Schmied verlangsamt seinen Schritt und nähert sich der Achtergruppe, die er mit einem bedeutungsschweren Kopfnicken aus seinem Umhang heraus begrüßt, während er so unauffällig wie möglich versucht den fremden, blauhaarigen Elben zu mustern.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Caewlin am 24. März 2004, 15:35 Uhr
Als sie im Tempelhain um den Anukistempel ankommen, hat der Morgen sich endgültig dafür entschieden, grau und nasskalt zu werden. Er hat keine Ahnung, was bei einem elbischen Totenzeremoniell auf sie zukommen mag, aber Calyra hatte die Bodhran mitgenommen und Akira dafür zu Hause bei Brynden gelassen - und seine Gedanken spuken um das, was sie ihm von Arwen und diesem Nadir Shunjairgendetwas erzählt hatte, und um Falcons Ende auf dem Schlachtfeld. Er hatte es nicht selbst gesehen, aber Cron hatte ihm davon erzählt und er hatte Falcon aufgebahrt in den Ruinen der Türme von Liam Cailidh gesehen... hatte gesehen, wie der Templer von den Nargen zugerichtet worden war, von Kopf bis Fuß ein einziges zerhacktes, blutiges Etwas. In Normand würden die Frauen die Totenklage singen und die Männer würden von dem Gefallenen erzählen... man würde Met und Feuerwein zu seinen Ehren trinken und ihn dann mit seinen Waffen dem Feuer übergeben und seine Asche im Wind verstreuen - oder ein Hügelgrab über ihm wölben... wie mag eine elbische Bestattung aussehen?

Er steigt aus dem Sattel des Grauen und hebt Calyra von Halbmonds Rücken und beinahe augenblicklich erscheinen einige Tempeldiener und nehmen ihnen die Pferde ab. Hinter ihnen kommen noch andere in die Tempelhaine, offenbar ebenfalls auf dem Weg hierher: er sieht Gavin von Tarascon, nicht in elbischem Trauerweiß, sondern im schneeigen Überwurf der Templer, hinter ihm ein halbes Dutzend seiner Gefolgsmänner, dicht gefolgt von einer kleinen Heerschar Blaumänteln, vornehmlich die Bogenschützen, die Falcon auf den Türmen befehligt hatte, geführt von Vareyar, der als ranghöchster Offizier der Steinfaust wohl Olyvar und Rhordri vertrat. Der Lord Commander wäre sicher selbst gekommen, wäre er nicht so schwer verwundet worden. Caewlin hebt die Hand zum stummen Gruß und Vareyar erwidert die Geste. Blaumäntel und Templer nehmen schweigend vor dem Anukishain Aufstellung - sie waren hier, um Falcon das letzte Geleit zu geben, aber sie würden sich nicht aufdrängen.

Caewlin sieht sich suchend um und entdeckt die anderen  - unter ihnen zu seiner Freude auch Raven - im Windschatten eines kleinen Gehölzes nicht weit vom Tempeleingang. Die noch dürren, blattlosen Äste bieten wenig Schutz vor dem feinen, sprühenden Nieselregen, aber wenigstens den kalten Morgenwind halten sie einigermaßen ab und so wie es aussah, warteten sie noch nicht lange, aber außer ihnen hatten sich wohl alle bereits versammelt. Der Boden ist feucht und schlammig, so daß er Cal kurzerhand über die Pfützen hebt und auf dem Kiesweg um den Tempel wieder auf die Füße stellt, und selbst der Himmel hüllt sich in fahle Trauer. Er nickt Kizumu, Morgana, Sol, Cron und Niniane zu, ebenso Arwen, mißt den blauhaarigen Elben an ihrer Seite mit einem kurzen Blick... Das muß dieser Silberklinge sein, von dem Cal erzählt hat... und wendet sich dann an Raven. Auch wenn das hier eine Beerdigung war, er hatte sie seit Monaten nicht mehr gesehen und nur einen Augenblick später hat er sie fest umarmt. "Auch wenn der Anlaß miserabel ist, Raven, es ist schön, dich zu sehen. Wie ist es dir ergangen? Was habt ihr den ganzen Winter über gemacht, du und der Spaßmacher?" Er nickt zu Mottenfaenger hinüber, der ihre Begrüßung mit einem nachsichtigen kleinen Lächeln quittiert.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 24. März 2004, 17:15 Uhr
Nach und nach treffen all jene ein, die Falcon gekannt hatten, und die ihm nun auf seinem letzten Weg das Geleit geben wollen. Man begrüsst sich leise, und der feine Nieselregen, der unterdessen eingesetzt hat, lässt die kahlen Bäume um sie herum nur noch trauriger wirken, so als habe auch der Tempelhain Trauer angelegt. Hinter Caewlin und Calyra erscheinen zwei kleine Abordnungen der Shenrah-Templer und der Stadtwache, doch die Männer halten sich im Hintergrund. Lediglich der Praezeptor der Templer und Sire Vareyar treten näher, werden als Abgesandte der Stadt und ihres Rates auch an der Zeremonie im Tempel teilnehmen. Ihre Männer, fast alles Bogenschützen wie Arwen sehen kann, werden lediglich dem Wagen mit dem aufgebahrten Toten nachher vom Tempel bis zum Stadttor als letzte Ehre das Geleit geben. Ein Bote des Stadtrates hatte am Vortag auf Vinyamar angefragt, ob Arwen dies so Recht sei, man wolle sie in ihrer Trauer nicht belästigen. Und Arwen hatte zugestimmt.
Jetzt, wo alle versammelt sind, wandert ihr Blick kurz über die Männer und Frauen, Menschen, Elben und Zwerge, die ihr in den beiden letzten Jahren zu... ja, zu Freunden geworden waren, mit denen sie schon so manches erlebt und überstanden hatte. Nur Silver fehlt, und es wundert Arwen ehrlich, warum der kleine Drache nicht erschienen ist um sich von seinem Freund zu verabschieden. Aber vielleicht würde er das später tun, heimlich und alleine. Das Grab zu finden sollte ihm nicht schwer fallen. Sie spürt Ninianes Blick auf sich ruhen, und die sachte Berührung Nadirs an ihrer Seite und reißt sich von ihren wandernden Gedanken los. Es wird Zeit...  Sie kann seine Gedanken hören, als spreche er sie aus, und nickt nur. Mit einem lautlosen Seufzen wendet sie sich dem Tor des Tempels zu, und tritt mit Nadir an ihrer Seite als erste in das grüngoldene Dämmerlicht des Tempels.

Während sie draußen gewartet haben, haben Priester die Bahre aus der Seitenkapelle geholt und zu Füßen der Anukis-Statue gelegt, in den Schatten der Göttin, der Falcon als Templer Gefolgschaft geschworen hatte. Da Arwen noch immer nicht weiß, wie Falcon zu Tode kam, wie die Narge ihn zugerichtet hatten, sie nicht weiß, wieviel Mühe es Niniane gekostet hatte, ihn herzurichten und die Priester sie nicht hatten dabeisein lassen, als sie den Toten erneut gewaschen und gesalbt hatten, kann sie natürlich auch nicht nachvollziehen, wie sehr Cron und Caewlin es verwundern muss, dass der Templer nun so scheinbar unversehrt hergerichtet ist und den Anschein erweckt, als schliefe er nur.
Priester treten aus den Schatten der Säulengänge, und das Licht der Kerzen in ihren Händen wirft flackernde Schatten in das Smaragdgras auf dem Boden. Es ist eine stille Zeremonie, in der sich leise Gebete mit dem sanften Klang der Gesänge vermischen wie sich im Wald die zahllosen Laute und Lieder der Bäume und Blätter zum endlosen Lied des Lebens verbinden, zum Lied von Werden, Wachsen und Vergehen, dem ewigen Kreis. Dort, wo zu anderen Zeiten Kampfgefährten oder Familie vorgetreten wären, um den Namen des Toten zu ehren, seine Taten zu rühmen. Treten nun Priester vor, um im Namen des Toten den Eid zu wiederholen, den er Anukis einst schwor, und seine Seele ihrer Obhut anzuempfehlen, nachdem er sein Leben in der Schlacht gab. Und während nun das Banner Talyras den Toten ganz verhüllt, erheben sich die Stimmen der Priester zur Totenklage. Und unter die gemeinsame Sprache der Menschen mischt sich mit den Stimmen Arwens und Ninianes auch die Totenklage im Shidar der Elben. Jene Klage, die Niniane in den Ruinen Liam Cailidhs schon angestimmt hatte, als sie die Totenwache gehalten hatte.

Brith Shunjaes sis Myr ten Anar
cir ayaes lyres shaeres.
Nevis îr Shunja, Tialhor îr Mova
ayaes miat myrior. Ayaes miat myrior.
Khelaênin Darauris
coprinior-te shiron Anar
carior-te tines Nindis
ta Shaer îhiot morn îr nimarion
uro ta Anar yannat gashaer
gashaer îr aliat ti delior...
Brith Shunjaes sis Myr ten Anar
cir ayaes lyres shaeres.
Nevis îr Shunja, Tialhor îr Mova
ayaes miat myrior. Ayaes miat myrior.


Schweigen legt sich über den Tempel, als Vareyar vier Blaumäntel heranwinkt, die die Bahre aufnehmen und sie aus dem Tempel tragen, hinaus zu dem Wagen, der sie zu dem Grab im Wald bringen würde. Schweigend folgen sie den Männern, Ninaine und Cron direkt hinter Arwen und dem Silberelben, dann all die anderen. Etwas unsicher sieht Arwen sich um, sieht in die Gesichter der anderen. Nicht alle sind zu Pferde gekommen, und der Weg zur Weidenlichtung ist, wenn auch nicht all zu weit, bei diesem Wetter und den aufgeweichten Böden alles andere als ein Frühlingsspaziergang. Sie weiß nicht recht, ob sie einfach fragen kann, wer sie noch begleiten wird. Sie will nicht, das sich ihre Feunde das Gefühl haben, dazu verpflichtet zu sein. Und sie könnte es nur zu gut verstehen, der eine oder andere nicht mitgehen würde.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Morgana am 24. März 2004, 17:31 Uhr
Morgana ist ein wenig überrascht das Kizumu ihr Prins anbietet, nimmt dann aber doch dankend an, denn der Weg war wirklich recht weit. Es nieselt und der Himmel ist grau als sie den Hain erreichen, der den Anukistempel umgibt. Sie sehen Arwen, Niniane, Cron,Raven und Mottenfänger am Tempel stehen und neben Arwen steht ein grosser Elb, den Morgana noch nicht gesehen hat. Als sie die Gruppe erreichen grüsst Morgana in die Runde und ein kurzer neugieriger Blick fällt auf den Elben neben Arwen. Seine ganze Haltung und auch die leisen Gefühle, die durch die anderen traurigen Gefühle zu ihr durchdringen machen ihr sehr schnell klar in welchem Verhältnis der Elb zu Arwen steht. Sie freut sich für Arwen, wenigsten sie müsste ihr Kind nun nicht alleine aufziehen. Weiter denkt sie aber nicht weiter darüber nach, denn immer mehr Trauergäste kommen zum Tempel. Sol, der Schmied, erscheint und kurz darauf auch Caewlin mit Calyra, alle begrüssen sich und Caewlin umarmt Raven fest, die er wohl schon lange nicht mehr gesehen hat. Morgana hält sich ein wenig zurück. Sie hatte Falcon wohl von allen am wenigsten gekannt. Die meisten hatten mit dem Templer gegen die Würmer in den Kanälen gekämpft und auch Falcon und Arwen aus Wegesend befreit.

Morgana weiss nicht wie eine elbische Beerdigung von statten geht, sie wusste nur, das die Trauerfarbe, nicht wie bei den Menschen schwarz, sondern weiss ist, aber das ist auch schon alles. Sie würde sich an Kizumu halten, schliesslich ist diese Elbin und würde wissen was man beachten muss. Es dauert nicht lange und Arwen betritt mit dem elben voran den Tempel. Morgana schliesst sich den anderen an und folgt ihnen in das innere des Tempels. Es ist still und die Stimmung betreten. Viele unterschiedlich starke Gefühle stürmen auf Morgana ein und fast wird ihr ein wneig schwindelig davon. Sie hält sich in der Nähe von Kizumu, es ertönen Gesänge und Priester treten aus dem Halbschatten der Säulengänge hervor. Was sie singen versteht Morgana nicht, aber die traurige Melodie reicht aus um zu wissen um was es geht. Still wartet sie ab was weiter geschehen wird. Einige Blaumäntel treten an Falcons aufgebahrten Körper und heben ihn hoch, um ihn aus dem Tempel zu tragen. Arwen und der Silberelb folgen der Bahre und alle anderen schliessen sich schweigend an. Morgana weiss das Falcon im Wald begraben werden soll und sie hofft das der Weg nicht zu weit sein würde. Aber sie würde ihn gehen um einem Kämpfer das letzte Geleit zu geben.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 24. März 2004, 17:49 Uhr
Der Hain um den Tempel füllt sich langsam und neben etlichen Offiziellen, uniformierten Stadtgardisten und herumschwirrenden Tempeldienern, die den eintreffenden Gästen die Rösser abnehmen, tauchen nach und nach auch weitere bekannte Gesichter durch den Nieselregen auf. Auch Sol ist inzwischen eingetroffen und hat sich mit ernster, schwermütiger Miene zu ihnen gesellt; ebenso Kizumu und Morgana, die zu Pferd gekommen sind und nun zu der kleinen Gruppe herüberkommen, um sie zu begrüßen.

Unter den schlichten Umhängen tragen die beiden Frauen edle Gewänder, die dem feierlichen Anlass entsprechen, und Morgana hat ihr langes Haar zu einem kunstvollen Zopf gewunden, der wie eine Krone aus geflochtenem Haar auf ihrem Haupt thront. Ravens eigener langer Zopf baumelt dagegen wie ein nasser Rattenschwanz über ihrem Rücken und einen Moment lang kommt sie sich zwischen all den festlich gekleideten Trauergästen ein wenig schäbig vor in ihren alten, abgetragenen Sachen. Doch dann reckt sie das Kinn und verscheucht den Gedanken schnell wieder. Falcon wäre es sicher egal und was die anderen denken, darüber brauche ich mir wirklich nicht den Kopf zu zerbrechen.

Die Worte und Begrüßungen, die gewechselt werden, sind leise und verhalten, als hätten die Anwesenden Angst, die Ruhe des Elben zu stören, der aufgebahrt im Inneren des Tempels auf sein letztes Geleit wartet. Bei dem Gedanken, gleich einen toten Falcon betrachten zu müssen, krampft Ravens Magen sich zu einem Knoten zusammen, doch bevor sie noch weiter darüber nachdenken kann, fühlt sie sich plötzlich vom Boden hochgehoben und in eine bärenstarke Umarmung gerissen. Die spöttische Stimme an ihrem Ohr kennt sie nur zu gut und für einen Augenblick ist alle Trauer und Niedergeschlagenheit wie weggeblasen und macht einem glücklichen Jauchzer Platz. "Caewlin, bei allen Göttern", ächzt sie und fragt sich, wie lange ihre Rippen die freundschaftliche Umarmung noch aushalten würden, "ich bin so froh, dich am Leben zu sehen. Den ganzen Winter über hatten wir Sorge, du und die anderen könnten vielleicht nicht mehr zurückkehren."

Seine stoppelbärtige Wange kratzt an ihrer und sie drückt ihn fest, bevor sie ihn eine Armlänge von sich schiebt und ihn mit einem Lächeln betrachtet. "Was wir den Winter über getan haben? Uns Sorgen um euch gemacht. Lass dich anschauen, mein Bruder." Die Spuren und die Erschöpfung, die der lange Feldzug hinterlassen hat, sind nicht zu übersehen, aber alles in allem sieht der hünenhafte Nordmann heil und unversehrt aus. Hinter ihm erspäht sie Calyra und auch die zierliche, silberhaarige Bardin wird herzlich umarmt. Erst als ringsum Getuschel laut wird und einige missbilligende Blicke die offensichtliche Wiedersehensfreude dämpfen, besinnt sich Raven wieder des Grundes, weswegen sie hier zusammengekommen sind. Vielleicht würde sich später noch Gelegenheit zum reden ergeben, doch erst mussten sie alle die Trauerzeremonie hinter sich bringen, die nun zu beginnen scheint, als die Bahre mit Falcons Leichnam aus dem Tempel getragen wird. Schweigend folgen sie dem seltsamen Zug.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Kizumu am 24. März 2004, 18:15 Uhr
Sol, Caewlin, Calyra und etliche Blaumäntel erscheinen nach ihnen und nachdem alle einander begrüßt haben, beginnen die Priester auch schon mit der Trauerzeremonie. Sie hatte erst an zwei elbischen Trauerfeiern teilgenommen, doch keine davon hatte in einem richtigen Tempel stattgefunden. Sie bemerkt, dass Morgana sich nahe bei ihr hält und wirft der Heilerin einen kurzen, lächelnden Blick zu.
Sie hört Ninianes und Arwens Stimme ein elbisches Trauerlied anstimmen und auch wenn sie die Worte und die Melodie kennt, wagt sie nicht, in den Gesang einzustimmen. Sie hatte schon lange nicht mehr gesungen und auch früher war ihre Stimme nicht die schönste gewesen.
Schließlich beenden die Priester ihre Gesänge und einige Blaumäntel tragen die Bahre mit Falcons Körper zu einem wartenden Wagen. Arwen, Nadir, Niniane und Cron wenden sich um, um der Bahre zu folgen und Kizumu fängt den Blick der Elbin auf, als sie sich umdreht und das Gefolge betrachtet. Kizumu wirft Morgana einen kurzen Blick zu. "Wenn du willst, kannst du gerne wieder Prins reiten, ich glaube es ist ziemlich weit bis zu seinem Grab." Sie hatte dem Tempeldiener, der ihr das Pony hatte abnehmen wollen, dankend abgelehnt und Prins war, nachdem sie ihm den Zügel über dem Hals zusammengebunden hatte, etwas abseits getreten.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Niniane am 24. März 2004, 20:09 Uhr
Neben Falcons Freunden haben sich auch Gavin von Tarascon in strahlend weißer Clamys und Vareyar mit einigen Blaumänteln eingefunden, die sich jedoch allesamt ein wenig zurückhalten und schweigend im Tempelhain Aufstellung nehmen. Erst als Falcons Leichnahm aus der Seitenkapelle des Tempels getragen wird, tauchen wie aus dem Nichts vier Stadtgardisten auf, die jene Aufgabe übernehmen und den Templer schweigend auf den Wagen betten, der ihn zu seiner letzten Ruhestätte bringen würden. Beim Hinausgehen tauscht Niniane einen Blick mit Arwen, die unschlüssig über die Versammelten hinwegblickt und schüttelt kaum merklich den Kopf. Sie ahnt, was die Elbin beschäftigt - nun, wer immer sich ihnen anschließen möchte, dem steht es frei das zu tun, aber ein Zwang ist es sicher nicht. Cron löst das Problem der Fortbewegung, in dem er Donner und Nachtwind einfach am Zügel nimmt. Wer immer reiten wollte, der könne das tun, sie jedenfalls würden ihre Pferde am Zügel hinter dem Leichenkarren her führen. Sie nimmt ihm die Jagdstute ab, als sie sich hinter Arwen und Nadir einreihen und sieht, wie es Caewlin und Calyra ihnen gleich tun. Morgana hat wieder auf Prins Rücken Platz genommen, aber niemand erwartete von einer Schwangeren, daß sie meilenweit durch den Wald stapfte... ihr selber macht es nichts aus, aber sie fühlt sich auch nicht schwerfällig und wenn es ihr zuviel würde, könnte sie immer noch aufsitzen. Hinter ihnen schließen sich Kizumu, Morgana, Caewlin, Calyra, Raven, Mottenfaenger und Sol an und nach dem Zwergen, der wirklich prächtig in seiner Rüstung aussieht, reihen sich Gavin, die Templer und schließlich Vareyar und der Rest der anwesenden Blaumäntel ein.  
Es ist ein schweigender Trauerzug, der aus den Tempelhainen hinaus zum Nordtor der Stadt hinauf und schließlich unter dem hochgezogenen Fallgitter hindurch ins Larisgrün hineinführt. Sie hatte im Tempel mit Arwen gesungen und sich gewünscht, jemand könnte das für sie übernehmen. Ihre Stimme war schon immer zu rauh zum Singen... aber Arwen und sie selbst sind neben Kizumu die einzige Elbenfrauen, die anwesend sind und Falcon hatte es verdient, beklagt zu werden, also... in Gedanken versunken suchen ihre Finger die Hand Crons, der neben ihr geht und gleich darauf spürt sie seine Wärme und den festen Griff, tröstlich, stark und ruhig.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 26. Sept. 2004, 22:00 Uhr
Der Tag neigt sich schon dem Abend zu, als Arwen das Haus der Tempelangehörigen verlässt und auf dem hellen Kiesweg den eigentlichen Tempel zu Ehren Anukis' umrundet. Niemand begegnet ihr mehr, Gläubige und Besucher der abendlichen Andacht sind längst wieder auf dem Heimweg, und auch die Priester und Novizen haben sich nach den letzten Gebeten im Haupthaus versammelt. Nicht mehr lange, und sie werden gemeinsam das Abendessen zu sich nehmen. Eine Mahlzeit, an der Arwen sich nie beteiligt hat, seit sie vor nunmehr einer Woche ihren Dienst im Tempel aufgenommen hat. Meist hatte sie sich schon nach dem Mittagsmahl verabschiedet und ist nach Vinyamar zurückgekehrt, nur selten ist es so spät geworden wie an diesem Tag.

Die letzten Strahlen der Sonne eines Endamitartages lassen das Goldbuchenportal in einem sanften Goldton schimmern und die Treppen vor dem Tor geben die wenige Wärme zurück, die sie im Laufe des Tages in sich gesammelt haben. Arwen setzt sich auf die oberste Stufe, dorthin, wo sie die letzten Sonnenstrahlen genießen kann - nach diesem Tag ist ihr nach Ruhe und Stille, nach stummen Son-nenlicht und den Geräuschen einer lauen Brise in den Kiefern und den Stimmen der Vögel in den Zweigen. Rialinn in ihrem Tragetuch ist frisch gewickelt und gestillt und nun mehr als ausgeschlafen. Mit begeisterten "Eek!" Lauten und freudigem Strampeln begrüßt sie es, dass ihre Mutter sie aus dem Tuch holt und so in ihrem Arm hält, dass der herumtollende Laon als huschender rauchgrauern Schemen immer wieder in ihr Blickfeld gerät. Der Hund ist nach dem Tag im Tempel und den anderen Gebäuden, wo er stets an der Seite der Elbin ist, wenig laufen kann und wie eine Sphinx neben ihr und dem Korb mit dem Kind wacht, mehr als begeistert, dass er seinem Bewegungsdrang nachgeben kann und versucht mit er-staunlicher Ausdauer die Blätter zu erhaschen, die sich langsam in allen Gold- und Kupfertönen färben und vereinzelt schon im sachten Wind von den Bäumen zu boden segeln.

Lächelnd sieht Arwen dem Hund bei seinem Spiel zu... und muss sich an die Worte ihres Mannes erinnern, als sie vor einem Siebentag darüber geredet hatten, dass sie ihren Dienst im Tempel aufnehmen will. > Aber nimm wenigstens Laon mit und behalte ihn bei dir, wenn du mich schon nicht bei dir haben willst<  und an ihre Antwort darauf >Dass ich dich nicht bei mir haben will, ist nicht wahr, und das weißt du auch.<  Sie ist sich auch jetzt noch nicht sicher, ob er jenen Satz im Ernst oder halb im Scherz gesprochen hat. Es gibt noch immer Momente, wo es ihr unmöglich ist, ihn einzuschätzen. Aber wenn sie ehrlich ist, macht genau das einen Teil seines Wesens aus der sie fasziniert. An jenem Abend hatten sie noch lange zusammen am Feuer des Kamins gesessen, leise Worte und stumme Gedanken gewechselt und Arwen hatte ihm das Versprechen gegeben, dass er nicht gefordert hatte; nämlich, dass sie den Tempelbezirk nicht ohne seine Begleitung verlassen wird, und dass sie Laon mit sich nehmen und bei sich behalten wird. Sie muss schmunzeln, als ihre Gedanken zu dem ersten Morgen hier im Tempel zurück wandern. Nadir hatte sie herbegleitet und sich die Kammer zeigen lassen, die für Arwen bestimmt war. Dass sie im inneren Bereich des Tempelhauses liegt, schien ihn wenigstens etwas zu beruhigen. Dass sie fast direkt neben den Zimmern Thrandars liegt, allerdings eher weniger. Und dem Obersten Priester schien Nadirs Anwesenheit in den Gängen des Tempels nicht zu behagen. Auch wenn er sich jeden Kommentar oder beißende Worte verkniffen hatte, sein Gruß war so knapp gewesen, dass er gerade eben nicht beleidigend war und sein Blick auf den Elben und die beiden Hunde hatte Bände gesprochen. Nadirs Anblick mit dem Waffenrock über dem Kettenhemd, mit den polierten Schienen an Armen und Beinen, die Engelsklinge auf dem Rücken und den Dolch im Gürtel ist Arwen selber schon so vertraut, dass die Wirkung die diese Erscheinung auf andere hat, sie stutzen lässt. Sie muss sich selber dann daran erinnern, welche Wirkung dieser Anblick anfangs auch auf sie selber gehabt hat. Thrandar hatte zugestimmt, dass Laon bei ihr bleibt, auch im Tempel und den anderen Gebäuden - zähneknirschend, und nur unter der Bedingung, dass nur ein Hund bei ihr bliebe, nicht beide.

Gedankenverloren verharrt Arwens Blick auf der Wegmündung und den beiden Wolfsstatuen, dort wo Nadir erscheinen muss. Sie schaut ihm entgegen, wie sie ihm morgens hinterher sieht, wenn sie sich verabschiedet haben und er den Tempelhain wieder verlässt. Wenn er fort ist, erscheint ihr das herbstlich goldene Licht wie durch ein trübes Glas. Und es braucht weniger als den Lauf einer Stunde, bis sie ihn vermisst. Er fehlt ihr auf eine Weise, die sie wie einen körperlichen Schmerz spüren kann, so als habe ihr jemand einen Teil ihrer selbst genommen. Nicht ganz so heftig wie in der Zeit als sie Wöchnerin gewesen ist, aber es ist das selbe Gefühl des Nicht-Ganz-Seins, das sie spürt. > ... es lieber sehen würde, wenn du hier auf Vinyamar deinen Pflichten nachkommst< Ein leises Seufzen kommt über ihre Lippen. Jetzt, wo sie meist wenigstens den halben Tag im Tempel ist, sind ihr die wachen Stunden am Abend, wo sie ihre Gedanken austauschen können und die frühen Morgenstunden, wo sie einfach nur schweigend die Nähe des anderen suchen noch kostbarer geworden als schon zuvor. Und mit jedem Tag, den die Götter werden lassen, fällt Arwen der Weg zum Tempel schwerer. Als sie mit Thrandar ihre Pflichten hier vereinbart hatte, war es eine ganz andere Situation gewesen, alles war anders gewesen. Sie muss eine Lösung finden, eine andere Regelung, die es ihr ermöglicht, dass sie Vinyamar nicht so oft und lange verlassen muss, dass sie in Nadirs Nähe sein kann. Denn so wie es jetzt ist, fühlt es sich einfach nicht richtig an.

WWUUFF !! Laon verharrt mitten in seiner Jagd nach einem frühen Nachtfalter. Erst erstarrt er mitten in der Bewegung, um dann mit einem langen Satz einen Platz zwischen Arwen und der Wegmündung zu beziehen. Mit aufmerksamen Blick schaut er dem entgegen, was da kommt. Doch da sich weder sein Fell sträubt, noch er beginnt zu knurren, sondern mit aufgerichteten Ohren und wedelndem Schwanz dort steht, steht eher zu vermuten, dass sich Nadir und Nuba nähern, als jemand der eine Bedrohung für Arwen und Rialinn sein könnte.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 02. Okt. 2004, 22:29 Uhr
Als Nadir in der Wegmünde erscheint, kann Arwen seine Nähe schon spüren wie die Wärme einer sich nähernden Fackel noch ehe seine Stute aus dem abendlichen Schatten der Schwarzkiefern tritt. Laon freut sich scheinbar ebenso wie sie selber, den Elben auf dem Pferd zu sehen, denn der Hund ist kaum zu bremsen, als Nadir vom Pferd steigt. Lächelnd huscht ihr Blick kurz zum Toben der beiden Hunde, um dann am Gesicht und den sommernachtsblauen Augen ihres Mannes hängen zu bleiben, als der seine Tochter hochhebt. Rialinn strampelt begeistert mit Armen und Beinen als sie die Nähe und Stimme ihres Vaters erkennt, und schmiegt sich vertrauensvoll in die Armbeuge, während eine winzige Hand sich erstaunlich fest in den Stoff des Überwurfes gräbt. Ein Bild, dass die Elbin lächeln lässt. Und zur selben Zeit versetzt es ihr einen kleinen bitteren Stich zu sehen, wie ihre Tochter auf die Gegenwart ihres Vaters reagiert - und ihr damit auch zu erkennen gibt, dass der ihr den Tag über gefehlt hat.

Sein Kuss ist kurz, aber alles andere als flüchtig, und für einen schwindenden Moment überlässt sie sich ganz der Wärme seiner Umarmung, ehe sie zulässt, dass Nadir sie ein Stück von sich weg hält. > Was? Du siehst nachdenklich aus, Dioma. Ist irgendetwas geschehen heute?< Sein Blick reicht tief. In seiner Nähe ist sie noch nie gut darin gewesen, zu überspielen, was sie bewegt, schon vom ersten Tag an nicht. Und jenes besondere Band, das sie beide seit der Sithechnacht verbindet, macht es ihr schlicht unmöglich ihm etwas zu verheimlichen oder vorzumachen. Er kennt ihre Gedanken, und das oftmals besser als sie selber. Und so wundert es sie nicht wirklich, dass er fast sofort spürt, dass sie etwas umtreibt, dass einige ihrer Gedanken keine Ruhe finden können und um sich selber kreisen wie unruhige Blätter im Wind. Es ist ein gezwungenes Lächeln, das ihre Worte begleitet, als sie Nadir antwortet. "Geschehen? Nein, geschehen ist nichts... nicht wirklich... es ist nichts ... es ist eher das, was nicht ist...." Ihr Blick hält sich an seinem fest, und jedes weitere Wort verstummt, als einer der Tempeldiener erscheint und ihr Shur bringt. Nicht, dass er des Shidar mächtig wäre, aber es ist fast wie ein Reflex, der Arwen verstummen lässt, so lange der Mann in Hörweite ist. "Nicht hier. Lass uns zuhause darüber reden, in Ruhe." Für einen endlosen Moment ruhen ihre Blicke ineinander, nachtblau der eine, jadedunkel der andere. Es fällt Arwen wie jedes Mal schwer, sich davon zu lösen, doch irgendwie gelingt es ihr. Sie steigt in Shur's Sattel und lässt sich von ihrem Mann dabei helfen, Rialinn wieder in ihr Tragetuch zu legen, wo sie warm und sicher an der Brust ihrer Mutter ruht.

In vertrautem Schweigen machen sie sich auf den Weg zurück nach Vinyamar, wo Cassandra vermutlich schon mit dem Abendessen auf sie warten würde. Arwens Gedanken kreisen noch immer um die Entscheidung, die sie treffen muss. Obwohl... eigentlich hat sie sie schon getroffen, oder weiß zumindest, worauf es hinauslaufen wird, worauf hinauslaufen muss. Aber sie will und muss mit Nadir darüber reden, und das lässt sie nicht unbedingt ruhiger werden. Nicht, dass sie befürchtet, er würde ihr vorhalten, dass er ihr das ja gleich gesagt habe. Oder dass er so etwas wie Genugtuung darüber empfinden würde, dass er Recht behalten hat. So ein Mann ist Nadir nicht, und das weiß sie auch genau. Und das ist es auch nicht, was Arwens Herz schmerzhaft pochen lässt. Sie hat das Gefühl, versagt zu haben.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 13. Feb. 2005, 22:54 Uhr
Sie will Nadir gerade antworten, als Thrandar im Rahmen der Tür erscheint. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Nachricht vom toten Protektor des südlichen Larisgrüns in den Hallen des Tempels umgehend zu ihm gelangt. Während er zu wissen verlangt, was geschehen sei, bleibt sein Blick kurz an dem Silberelben hängen, ehe er sich Arwen zuwendet. Der Blick aus ihren Augen lässt den Obersten Priester allerdings kurz stutzen. Die Elbin hatte seine Stellung oder seinen Rang hier im Tempel nie angezweifelt, doch jetzt liegt in ihrem Blick die mehr als deutliche Warnung, sich jeden Kommentar bezüglich Nadirs zu verkneifen. An diesem Morgen ist sie nicht in der Stimmung für solcherlei Sticheleien, nicht nach den Nachrichten die dieser Morgen gebracht hat. Er ist mein Gemahl. Nehmt es hin, Thrandar, wenn ihr es schon nicht akzeptieren wollt, aber schweigt dazu. Grüßend neigt sie den Kopf vor dem Priester und setzt ihn mit knappen, leisen Worten über das Geschehene in Kenntnis und darüber, dass sie Phelan selber für seine letzte Reise vorbereiten will. Thrandar schweigt einen Augenblick dazu, nickt dann und sieht sie prüfend an. "Ihr habt ihn gekannt..." Dass er mehr als das Kennen des Namens meint, muss er nicht aussprechen. "Wenn das euer Wunsch ist und ihr meint, dem gewachsen zu sein... Also gut... Ich werde unterdessen Nachrichten nach Verd schicken, an den Tempel dort und an die Waldläufer im südlichen Larisgrün. Auch sie müssen erfahren, dass der Protektor ihrer Wälder verstorben ist." Ein knappes Neigen des Kopfes in Arwens und Nadirs Richtung, und Thrandar ist auf dem Weg zu seinen Räumen.

"Ob du etwas tun kannst?" Nun kann sie endlich auf die Frage ihres Mannes antworten. Ein trauriges Lächeln spielt dabei um ihre Lippen als sie so leise spricht, dass nur Nadir sie verstehen kann. "Du kannst ... ich hätte dich gerne hier in meiner Nähe." Sie weiß, daß die Tempel und ihre Rituale nicht seine Welt sind, und würde ihn zu anderer Zeit auch nicht darum bitten. Aber anders als in der vergangenen Nacht, als sie alleine zur Andacht gegangen ist, braucht sie diesmal seine Nähe. Allein das Wissen um seine Gegenwart, das Wissen darum, dass er bei ihr ist, hilft ihr, die Trauer um ihre Freunde noch von sich fernzuhalten. Für einen kurzen Moment lehnt sie sich an ihn, birgt ihr Gesicht im weichen Tuch seines Mantels und ist versucht, der Trauer zu erlauben von ihr Besitz zu ergreifen.
Das Erscheinen eines Priesters, der eine Truhe aus alterschwarzem Holz in einer der Fensternischen abstellt und dann mit respektvoll geneigtem Kopf näher tritt, nimmt ihr die Entscheidung ab. "Mylord. Lady Arwen... " Sie löst sich aus Nadirs Nähe und nickt dem Priester zu.  Nicht jetzt... Später.... Später... Ihr Blick wandert rasch durch den Raum und zu dem Tisch auf dem der Leichnam Phelans ruht. Wasser steht ebenso bereit wie weiche Tücher und Binden, Wundgarn und Nadeln um die Wunden zu schließen, in der Truhe am Fenster warten neben gläsernen Phiolen mit den heiligen Ölen der Zwölf auch die Totenkerzen und eine nachtschwarze Phiole mit dem Totenöl und jene Essenzen, die den Körper des Toten für lange Zeit so erhalten werden, wie sie ihn nun herrichten würden. Ein letztes tiefes Einatmen, einem Seufzen gleich, dann legt Arwen ihren Mantel ab. Und während sie an den Tisch herantritt, schlingt sie ihre Haare im Nacken zu einem Knoten und schlägt die Ärmel ihres Gewandes zurück.

Die Novizen haben bereits damit begonnen, Phelan aus seinen blutstarrenden, verstauben, zerrissenen und teilweise zerschnittenen Kleidern zu befreien. Deutlich ist zu sehen, dass Morgana einen großen Teil der Wunden noch versorgt hat. Egal wie sinnlos das gewesen sein mag. Sie entfernen die alten Verbände, waschen Blut, Schweiß und Schmutz von der kalten Haut und aus den Haaren. Entsetzen zeigt in den Gesichtern der Novizen und des Priesters, als sie all der Verletzungen ansichtig werden: Das linke Handgelenk ist ebenso gebrochen wie die Schulter und der rechte Unterarm regelrecht zerfetzt. Der ganze Körper ist übersät mit dunklen Prellungen und größeren und kleineren Schrammen. Mehrere Rippen sind gebrochen und so wie es sich anfühlt, ist auch sein Rückgrat an mehr als einer Stelle gebrochen. Eine tiefe Schnittwunde an seiner rechten Seite ist unversorgt geblieben, und Arwen kann sich denken, warum. Hätte jemand das Lederwams entfernt und die Leinenbinden, die jemand darunter gestopft hatte, Phelan wäre vermutlich binnen Augenblicken verblutet. Anukis! Herrin!… Es ist ein Wunder, daß Borgil ihn überhaupt noch lebend zurück an die Oberfläche schaffen konnte. Mit zitternden Fingern näht Arwen die klaffende Wunde, verbindet sie ebenso wie die anderen mit reinem Leinen. Leise Gebete wispern aus dem Inneren des Tempels bis in diesen Raum, begleiten jeden Handgriff. Sie salben den Toten mit Essenzen und den heiligen Ölen der Zwölf und kleiden ihn dann wieder an.
Von Phelans Ausrüstung hat kaum etwas den Weg zusammen mit ihm aus den Kanälen gefunden. Arwen mag nicht in der Steinfaust nachfragen lassen, ob er dort bei seinem Aufbruch etwas zurückgelassen hat. Und so wird Phelan völlig neu eingekleidet, so wie er auch einst an jenem Tag eingekleidet worden war, als er seine Eide als Protektor der Wälder und Diener Anukis' geleistet hatte: Lederne Hosen, leinene Tunika und darüber ein Lederwams und ein Mantel in den Farben der Wälder. Arwen nimmt die schwarze Phiole mit dem Totenöl aus der Truhe. Sie legt ihm den Säbel auf die Brust, faltet seine Hände um das Heft und berührt sie dann mit eine Tropfen Totenöl. Sein Herz, die Stirn, Arwen zeichnet sie mit einem Tropfen Totenöl udn dem Mal der Hüterin der Wälder. Und ehe sie ihm die gereinigten Stiefel anlegen und zuschnüren, werden auch seine Füße mit dem Totenöl berührt.

Einer der Novizen bringt ihr dreizehn schlanke, schwarze Kerzen aus der dunklen Truhe, die Arwen zusammen mit dem Priester rund um Phelans Totenlager aufstellt. Sie entzündet jede einzelne, bis auf die letzte, die unberührt bleibt. Mit jeder Flamme, welche ihr flackerndes, goldenes Licht mit dem trüben Grau eines Wintertages mischt, singen sie den Namen eines Gottes, bis sie bei der letzten Kerze anlangen und schweigen. Für den, dessen Namen wir nicht nennen, dessen Pfaden wir nicht folgen, dessen Lehren wir verachten, dessen Saat wir bekämpfen, der vergangen ist und vergessen sein soll bis ans Ende aller Zeiten.
Die Kerzen brennen, Arwen dankt den beiden Novizen und schickt sie hinaus, auch der Priester verlässt sie nach einem wortlosen, fragenden Blick. Sie bleibt allein mit Phelan und Nadir zurück und nimmt ihren Platz am Fußende des Totenlagers ein. Sie ist alles andere als eine begnadete Sängerin, aber ihre Stimme steigt - wenn auch leise - klar und silbern zwischen den Kerzen auf, um Phelan Desmond, Diener und Kämpfer der Anukis und Protektor des südlichen Larisgrüns das letzte Geleit einer Totenklage zu geben.

Brith Shunjaes sis Myr ten Anar
cir ayaes lyres shaeres.
Nevis îr Shunja, Tialhor îr Mova
ayaes miat myrior. Ayaes miat myrior.
Khelaênin Darauris
coprinior-te shiron Anar
carior-te tines Nindis
ta Shaer îhiot morn îr nimarion
uro ta Anar yannat gashaer
gashaer îr aliat ti delior...
Brith Shunjaes sis Myr ten Anar
cir ayaes lyres shaeres.
Nevis îr Shunja, Tialhor îr Mova
ayaes miat myrior. Ayaes miat myrior.

(c) Niniane


Was bleibt ist Schweigen. Schweigen, Erinnerungen und Tränen. Jetzt kann sie die Trauer an sich heran lassen. Und sie weiß nicht, um wen sie mehr weint. Um Phelan. Um Morgana, die unter dem Verlust zu zerbrechen schien. Um Caewlin, Calyra und Raven. Um den Verlust von Freunden. Um Brynden, der in einer Nacht Vater und Mutter verlor. Oder um die grausame Ungerechtigkeit des Schicksals, das solches geschehen ließ.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Caylith am 24. März 2005, 21:36 Uhr
Als Feydor feststellt, dass es wohl Tempel sind, die vor ihnen zwischen den Baeumen aufragen, blickt sie nachdenklich zu den Daechern und den Baumkronen hinueber. Sicher, lesen koennen sie bestimmt.. Hoffnungsvoll und vorsichtig verlaesst sie die Straße und betritt den schmalen Pfad, der in den Hain hineinfuehrt. Zoegernd verlangsamt sie ihren Schritt, als sie die Gebaeude zwischen den Baeumen und Bueschen hervorschimmern sieht und versucht zu erkennen, welchem der Goetter sie geweiht sein koennten. Wenn es wirklich Tempel sind heisst das..
Langsam tritt sie etwas tiefer in den Hain hinein, der immer dichter wird, wohinter sie aber bereits ein weiteres Gebaeude waehnt. Sie will es etwas genauer betrachten, obwohl ihr das immer enger werdende Laubnetz ueber ihrem Kopf nicht geheuer ist. Neben dem dumpfen Hufschlag ihrer eigenen Hufe hoert sich etwas versetzt hinter sich auch die des Zentauren. Er scheint ihre vorsichtige Neugier zu teilen und als sie ihr Gesicht halb zu ihm wendet, erkennt sie den pruefenden Blick, den er nach alle Richtungen wirft. Vor ihnen jedoch teilen sich die dunklen Baeume und geben den Blick auf ein rundes Gebaeude, deren Außenwaende mit Steinbildern bestueckt sind und eigene Geschichten erzaehlen.

Die Faunin wirft Feydor einen skeptischen Blick zu und zoegert die Stufen des Tempels hinaufzugehen. Erst weiter oben im Eingang bleibt sie stehen und laesst den Blick durch den Raum gleiten. Ihr scheint, als ob ploetzlich der Fruehling ueber sie eingebrochen ist, denn der Boden ist voll saftigem Gras, Schmetterlinge schwirren direkt vor ihrer Nase hinweg und lassen sich ab und an auf bunten Blueten nieder. Verwirrt schaut sich Caylith um, nach draußen, wo es kalt und am Wegesrand trotz des dichten Laubwerkes ueber ihren Koepfen hellweißer Schnee ruht. Neben sich hoert Feydor den Namen Anukis fluestern und als sie ihrem Blick nach vorn in den Tempel folgt, erblickt auch sie die große Statue der Goettin. Erst nach einer Weile kann sie mit Erschaudern den Blick von der erhabenen Gestalt abwenden und sich erneut in dem Raum umsehen. Sie entdeckt auch eine ebensolch gehauenes Abbild eines Mannes mit großem Bogen und Jagdhorn. Schattenjaeger... Der Gedanke huscht wie ein Windhauch durch ihren Kopf, wie ein Fluestern mit fremder Stimme.
Nur zoegernd ruehrt sie sich von der Stelle, an der sie zuvor wie angewurzelt stehengeblieben ist. Bei jedem Hufschlag scheucht sie Schwaerme von winzigen und großen Schmetterlingen von dem smaragdenen Teppich auf, von denen sich einige vertrauensvoll auf den Hoernern der Faunin niederlassen. Diese hat aber nur Augen fuer den Archonen, den sie sofort erkannt hat, obwohl sie nicht weiß warum. Ihr ist jedoch das Pantheon der Goetter bekannt und es kann sonst niemand anders sein, als Nimrod. Wer sonst ist in einem Anukistempel so ausgestattet.
Die Gehoernte bleibt vor dem Opferaltar stehen und betrachtet diesen ruhig. Alles ist mit einem Mal ruhig in ihr. Die Gedankenstuerme scheinen sich fuer diesen Moment gelegt zu haben. Sie erinnert sich, wie sie ihr beigebracht wurde zu jagen, mit dem Jagdbogen umzugehen und immer auf der Hut zu sein, was ihr bisher nicht nur fuer die Jagd nuetzlich war. Gedankenbilder formen sich vor ihrem inneren Auge, als sie den Verlauf ihrer Jugend ueberdenkt. Zwar nicht stuermisch aber sie sind da. Sie spuert wie ihre Flanken zucken, als sie Erinnerungen an einer Hetzjagd ueberkommt. Doch diesmal war sie die Gejagte. Sie hoert sich entfernt aufschreien und eine Stimme die ihren Namen ruft Caylith... Caylith.. Caylith!

Cay blinzelt und wendet die Augen von dem Schrein ab um sich herumzudrehen und in Feydors besorgtes Gesicht zu blicken. "Oh...was?" Hinter dem Zentauren macht sie eine leichte Bewegung aus und auch Feydor dreht sich herum. Dort steht in dem Gewand der Anukis eine Priesterin die mit verwundertem aber freundlichem Gesicht ihnen entgegenblickt. "Anukis zum Gruße.. was kann ich fuer Euch tun?"
Wieder blinzelt die Faunin, denn fuer einen Augenblick hat sie wieder vergessen, weshalb sie hier in den Hain und dann in den Tempel eingedrungen sind. Mit leiser Scheu mustert sie die Priesterin und wuehlt im naechsten Moment in ihrer Umhaengetasche nach dem Pergamentstueck "Ich... ich habe... ich weiss nicht..." stammelnd deutet sie wedelt sie etwas mit der Schriftrolle herum und weicht einen Schritt aus reiner Gewohnheit zurueck, als die Frau naeher kommt. "Ich kann nicht lesen...", gesteht die Faunin. Kurz glaubt sie, sie muesse sich dafuer schaemen, ruft sich aber schnell wieder ins Gedaechnis, dass sie aus dem Volk der Faune stammt. Selten koennen Faune lesen oder schreiben.
Die Anukispriesterin nickt und entwendet ihr die Schriftrolle aus den Haenden um es sich anzuschauen. Ein kurzer Blick scheint dieser zu reichen um zu wissen, was es bedeutet. "Es ist eine Zeichnung fuer einen Teil von Talyra. Dort," sie deutet auf einen Punkt "steht, dass dies das Haus des Sehers Sethai ist. Es deutet darauf hin, dass Ihr wohl dorthin sollt, wie es die Pfeile darauf zeigen." Kurz erklaert sie noch andere Zeichen und Worte, die wohl einige Angelpunkte bedeuten um sich zu orientieren. Laechelnd reicht die junge Frau das Stueck Pergament zurueck. "Am Besten ist es, wenn Ihr nach Sethais Haus fragt... Mehr kann ich Euch auch nicht sagen."
Kleinlaut und mit gewohnter Vorsicht in der Stimme bedankt sich die Faunin und wirft noch einen knappen Blick zu Nimrods Altar, ehe sie mit Feydor zusammen von der Priesterin hinausbegleitet wird.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 28. Apr. 2005, 21:05 Uhr
Baum am Smaragdstrand/Straßen der Stadt/Tempel



Mühsam und mit gequältem Stöhnen hievt Raven sich aus dem Bett, verflucht leise grollend die vom Lehmstampfen schmerzenden Muskeln in den Beinen und ihrem Allerwertesten, schrubbt sich die Zähne und klatscht sich eine Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht, jedoch ohne nennenswerten Erfolg, denn recht viel wacher wird sie dadurch auch nicht. Schlaftrunken bürstet sie an ihrem Haar herum und beäugt aus zusammengekniffenen Augen ihr zerzaustes Spiegelbild, das an diesem Morgen irgendwie gar nicht richtig zu ihr zu gehören scheint, als die Tür zum Schlafgemach plötzlich so heftig aufgerissen wird, dass sie aus den Angeln zu springen droht. Erschrocken fährt sie herum, als Caewlin in das Zimmer stürmt, mit flammenden Augen und so wilder Entschlossenheit im Blick, dass sie hastig einen Schritt zurückweicht. Hinter ihm sieht sie eine völlig verdattert dreinblickende Niniane im Türrahmen, die nervös von einem Fuß auf den anderen tritt und einen Hals wie eine Giraffe macht, als sie versucht, um ihn herum, an ihm vorbei oder über ihn hinweg zu spähen. Götter, was hab ich denn nun schon wieder ausgefressen? fragt Raven sich verwirrt und durchkramt in aller Eile ihr Gedächtnis nach irgendwelchen Verfehlungen oder Fettnäpfchen, die sie erwischt haben könnte, doch ihr will beim besten Willen nichts einfallen und als sie in Caewlins Augen sieht, sind es auch gar nicht Wut oder Zorn, die sie dort findet, sondern zu ihrer maßlosen Überraschung etwas völlig anderes. Sie findet keinen Namen dafür, aber unter seinem Blick wird ihr ziemlich seltsam zumute und es fühlt sich plötzlich an, als würde eine kleine Sonne in ihrem Inneren zu glühen beginnen.

>Du kommst mit mir<, hört sie ihn sagen und bevor sie auch nur zum Atemholen kommt, packt er ihre Hand und zerrt sie hinter sich her aus dem Zimmer und vorbei an einer nach Luft schnappenden Niniane. "Was ... was zum Henker ist denn in euch gefahren? Kann mir vielleicht mal jemand erklären, was los ist?" Verwirrt blickt sie von einem zum anderen, doch Caewlin gibt keine Antwort und auch der Waldläuferin scheint es kurzzeitig die Sprache verschlagen zu haben, so dass ihr nichts anderes übrig bleibt, als hilflos hinter ihm herzuhüpfen, während er mit langen Schritten durch den Vorraum und hinaus ins Freie eilt. "Ich möchte einmal erleben, dass ich in diesem Baum in Ruhe frühstücken darf und nicht in aller Götterfrühe von durchgedrehten Nordmännern aus dem Bett gezerrt werde!" schnaubt sie wütend. "Was soll das? Wo willst du denn überhaupt hin? Lass mich los! Caewlin!" Sie erntet nur ein beängstigendes Grinsen und gleich darauf findet sie sich auf dem Rücken des wild schnaubenden Grauen wieder - im Nachthemd und mit bloßen Füßen. Nur die Ringelsocke fehlt diesmal. "Ooooh nein! Neineineinein! Nicht noch einmal!" braust sie auf. "Ich werde mich nicht schon wieder von einem wildgewordenen Nordmann durch die Gegend schleifen lassen, mit nichts als so einem Fetzen am Leib! Ich bin doch kein Kartoffelsack, den man sich nach Belieben über den Sattel schmeißen kann! Lass mich gefälligst runter!" Doch bevor sie auch nur ein Bein über den Pferderücken schwingen kann, um auf der anderen Seite wieder hinabzurutschen, landet Caewlin hinter ihr im Sattel, hält sie fest und seine nächsten Worte lassen ihr die Kinnlade auf die Brust sinken. >Du bleibst hier. Hier bei mir, wo du hingehörst.<

"Wo ich hingehöre?" echot sie und auf einmal ist sie froh, dass sie sitzt, wenn auch auf einem herumzickenden Pferd, weil ihr sonst bestimmt die Knie nachgegeben hätten. "Wawawas meinst du denn damit?" fragt sie perplex über ihre Schulter und versucht, einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, doch im gleichen Augenblick macht der Hengst einen so mächtigen Satz nach vorne, dass sie sich erschrocken an Caewlins Arm festklammert. In ihren Ohren pocht es, als würde jemand mit einem gewaltigen Schmiedehammer darin herumhämmern und sie kann nicht sagen, ob es der dröhnende Hufschlag des Grauen ist, Caewlins wilder Herzschlag oder ihr eigener, der ihr plötzlich die Brust zu sprengen droht. Blätterbüschel, zartgrün belaubte Äste und dunkle Baumstämme peitschen an ihnen vorbei und seine Stimme geht in dem Donnern beinahe unter, als es hinter ihr tönt >Mach den Mund zu, Liebling. Du brauchst nachher noch ein wenig Luft, um Ja zu sagen.<  "Was?" Raven glaubt im ersten Moment, sich verhört zu haben und starrt fassungslos und mit offenstehendem Mund über ihre Schulter. "Wie bitte? Ich brauche ... was?" Ihr Verstand weigert sich hartnäckig, den Sinn seiner Worte zu verstehen und sie fragt sich völlig verwirrt, ob sie vielleicht noch immer träumt und noch gar nicht aufgewacht ist. Nein. Nein, das kann gar nicht sein, ich hab mich verhört. Ich muss mich verhört haben... er treibt nur wieder seine hinterhältigen Späße mit mir...

Sie will etwas sagen, gegen den Wind anschreien, der ihr ins Gesicht peitscht und bringt doch nicht mehr als einen erstickten, kleinen Laut aus ihrer Kehle. Der Wald lichtet sich und die gewaltigen Stämme der uralten Bäume weichen zurück und geben den Blick auf das Nordtor frei. Caewlin denkt gar nicht daran, den Grauen zu zügeln, als sie über die breiten, sandigen Wege auf das Tor zujagen und eine Gruppe Reisender, die offenbar zum Inarifest in die Stadt wollen, stiebt kreischend auseinander, um der stahlgrauen, schnaubenden Lawine von Schlachtross Platz zu machen, die auf sie zudonnert. Schaum flockt ihm vom Maul und Brust und Flanken sind dunkel vor Schweiß. Geschickt lenkt der Sturmender den Hengst durch die Gruppen von Festgästen, ohne das Tempo auch nur eine Spur zu verlangsamen und Raven hört die wachhabenden Blaumäntel ihnen verärgerte Flüche nachrufen - wieso nur kommt mir das alles so merkwürdig bekannt vor? - doch dann sind sie schon unter dem gewaltigen Torbogen hindurch und an Morganas Kate vorbei. Rund um das Tor und auf der breiten gepflasterten Straße herrscht sogar um diese frühe Morgenstunde schon die krabbelige Aufgeregtheit eines Ameisenhaufens, so dass Caewlin den Grauen doch durchparieren muss, will er nicht arglose Passanten über den Haufen reiten.

Ravens Herzschlag rast noch immer, jedoch nicht allein von der ungestümen Jagd durch das Larisgrün. Eine Frage brennt ihr auf der Zunge, rauscht glühend durch ihre Adern und lässt ihre Gedanken in tausend Richtungen zugleich davonflattern. "Caewlin ... bei allen Göttern, wo willst du denn hin?" Wortlos lenkt er den Hengst unter Dutzenden von verwunderten Blicken von der gepflasterten Straße herunter, zwischen den hohen, graugrünen Säulen der Buchenstämme hindurch und in die grünen Haine des Tempelbezirks, während sie ihn mit einem sprudelnden Wortschwall aus Flüchen und Protestgezeter überschüttet - und wieder keine Antwort auf ihre Fragen erhält. Rund um den Inaritempel schwirrt eine Gruppe in bunte Gewänder gekleideter Novizinnen wie eine Schar aufgeregter Schmetterlinge umher und eine ganze Reihe Priester eilen geschäftig über die Lichtung, offenbar schon mitten in den Vorbereitungen für das anstehende Fest. Nicht weit vom rotmarmornen Tempelrund entfernt jedoch wird es wieder mucksmäuschenstill unter dem grünbelaubten Kathedralendach des Haines und die einzigen Laute, die sie hören, sind das leise Zwitschern der Vögel hoch über ihnen und der dumpfe Hufschlag des Grauen im weichen Gras. Und auf einmal wird Raven schlagartig klar, dass sie sich keineswegs verhört hat und sie verstummt so abrupt, dass sie sich fast an ihren eigenen Worten verschluckt. "Was willst du denn hier?" presst sie schreckerstarrt zwischen den Zähnen hervor und schüttelt wild den Kopf, während sie vor sich die reliefgeschmückte Fassade des Anukistempels in der friedlichen, grünen Stille auftauchen sieht. "Götter ..... nein! Ich weiß nicht, was du vorhast, aber wenn es das ist, was ich denke, das du vorhast, dann schlag dir das auf der Stelle aus dem Kopf!" Wieder erhält sie keine Antwort, stattdessen steigt er aus dem Sattel, wirft einem verdutzt dreinblickendem Priestergehilfen die Zügel des Grauen zu und zerrt sie vom Pferderücken und hinter sich her auf den Tempel zu. Da er keinerlei Anstalten macht, stehenzubleiben oder auch nur seine Schritte zu verlangsamen, klammert sie sich an das Erstbeste, was ihr in die Finger kommt - das mattschwarze Marmorohr eines Wolfes, der das Tor flankiert - und rammt die Fersen in den Boden.

"Caewlin! Was machst du denn .... du musst verrückt geworden sein! Ich werde nicht einen Fuß in diesen Tempel setzen! Bitte hör mir doch erst einmal zu!" Er wendet sich halb zu ihr um, ohne sie loszulassen, und in seinen Mundwinkeln zuckt es verdächtig, während er auf sie hinab blickt. "Das ... das kann nicht dein Ernst sein!" stottert Raven ungläubig und weiß in ihrer Verwirrung nicht, ob sie es sich oder ihm einreden will. Ein Blick in seine Augen macht ihr jedoch deutlich, dass er es sehr wohl ernst meint und in seinem Lächeln liegt auf einmal nichts mehr von seinem üblichen Spott. "Caewlin .... nein! Hör mir zu, bitte!" Sie klammert sich an die glattpolierte Statue wie an einen Rettungsanker. "Es geht nicht ... du kannst nicht ... du ... du ... du weißt ja nicht, was du tust!" Er hat sich schon wieder abgewandt, ignoriert ihre Proteste und steuert unbeirrt auf den Eingang des Tempels zu, ohne sich noch einmal umzudrehen, ihre Hand fest in seiner. "Willst du mir jetzt verdammt noch mal zuhören!" Sie hüpft wutentbrannt wie ein kleiner Springteufel um ihn herum und versucht, ihn zum umkehren zu bewegen, und als er nicht reagiert, klettert sie mit nackten Füßen auf den Sockel der Wolfsstatue, bis sie auf gleicher Augenhöhe mit ihm ist, packt ihn am Hemdkragen und zwingt ihn so, sie anzusehen. "Nein! Ich werde nicht dort hinein gehen, auf keinen Fall. Und schon gar nicht im Nachthemd. Hol sofort dein Pferd zurück und bring mich nach Hause! Ich ... ich kann nicht..." Ihre Stimme wird zu einem kratzigen Flüstern. "Es geht nicht, und es gibt so viele Gründe dafür. Ich weiß nicht, warum du das tun willst, aber ich ... ich kann nicht deine Frau werden. Du bist ein Nordlord und der Erbe von Sturmende. Und ich nur ein kleiner Dieb, der sich großspurig Bogenbauer nennt und ich ... ich besitze nichts, was ich dir geben könnte ... nichts, nicht einmal mehr meine Ehre, verstehst du denn nicht?" Einen Augenblick lang glaubt sie, kein einziges Wort mehr aus ihrer Kehle zu bringen, als sie ihn ansieht und das Herz schlägt ihr vor Verzweiflung bis zum Hals. "Ich liebe dich viel zu sehr, als dass ich dich enttäuschen möchte. Und jetzt hol endlich dein verdammtes Pferd."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Caewlin am 29. Apr. 2005, 13:13 Uhr
Nach dem ganzen wimmelnden Chaos auf den Straßen Talyras empfängt sie die dämmrige Kühle der Tempelhaine mit ihren tiefen grünen Schatten und hellen Sonnenflecken im Gras mit wohltuender Stille und Caewlin steuert auf den erstbesten Tempel zu, der ihnen in den Weg kommt. Wie es der Zufall will, sind es Anukis' heilige Hallen, vor denen er den Grauen zum Stehen bringt, das Pferd in der Obhut eines reichlich verwirrten Kuttenträgers lässt, der bestimmt viel Spaß mit ihm haben wird, und Raven dann hinter sich herzieht, alle ihre erschrockenen Fragen, ihr Fischweibgezeter und die bisher noch recht halbherzigen Proteste stoisch ignorierend. Er hätte mit sehr viel mehr Widerstand gerechnet - wenn sie sich wirklich hätte befreien wollen, hätte sie es gekonnt und dass sie es nicht getan hat, verleiht ihm Hoffnung. Als sie jedoch vor dem Tempel ankommen, scheint ihr endgültig zu dämmern, was die Stunde geschlagen hat, und sie besinnt sich plötzlich auf heftige Gegenwehr. Zwar hat sie ihm mit ihrem Fliegengewicht nichts entgegenzusetzen, aber zwischen den marmornen Wolfsstatuen findet er sich dennoch abrupt von ihr zum Stehen gebracht, und als er sich zu ihr umdreht, sieht er, wie sie sich am Ohr des armen Schwarzfell festkrallt, so verzweifelt, dass ihre Knöchel weiß durch die Haut schimmern. "Himmel..." Ihm bleibt nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben, will er ihr nicht den Arm ausrenken.
>Caewlin! Was machst du denn .... du musst verrückt geworden sein! Ich werde nicht einen Fuß in diesen Tempel setzen! Bitte hör mir doch erst einmal zu!<
"Raven," warnt er, obwohl eindeutig Belustigung in seinem Blick und der Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht liegt und tritt so dicht vor sie, dass sich das andere Ohr des schwarzen Wolfes schmerzhaft in ihren Rücken bohren muss, "hör auf, wie eine Schmeißfliege an diesem blöden Steinwolf zu kleben!"
>Das ... das kann nicht dein Ernst sein!<
"Mein voller Ernst und jetzt lass los," erwidert er, während er versucht, ihren Hand von der Marmorstatue zu lösen, deren Ohr sie eisern umklammert. Ihre Kraft erstaunt ihn. Er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie er sie in diesen Tempel bekommen soll, ohne ihr ein paar Knochen zu brechen.

>Caewlin .... nein! Hör mir zu, bitte!< Sie fingert hinter sich herum und umschlingt dann den ganzen Wolfsnacken mit ihrem freien Arm. >Es geht nicht ... du kannst nicht ... du ... du ... du weißt ja nicht, was du tust!<
"Ich wusste noch nie so genau, was ich tue, wie jetzt in diesem Moment. Lass den Wolf los, Raven oder ich schwöre dir, du wirst mit einer Marmorstatue in der Hand heiraten!" Er versucht probeweise, sie einfach mit sanfter Gewalt wegzuziehen und muss aufgeben, will er ihr nicht ernsthaft wehtun, weil sie anfängt, sich wild in seinem Griff zu winden und herumzuzappeln wie Mais in der Pfanne, bis sie tatsächlich halb auf dem Wolf, halb auf dessen Sockel steht und ihm in die Augen sehen kann. Das hat zwar zur Folge, dass sie das elende Steinvieh endlich loslässt, aber dafür packt sie ihn am Hemdaufschlag, als wolle sie ihn schütteln... dummerweise hat sie dabei nicht bedacht, dass er jetzt nur noch die Arme um sie schließen muss und sie landet der ganzen Länge nach dicht an seinem Körper.
> Nein! Ich werde nicht dort hinein gehen, auf keinen Fall. Und schon gar nicht im Nachthemd. Hol sofort dein Pferd zurück und bring mich nach Hause! Ich ... ich kann nicht...<
"Raven, halt die Klappe." Er legt seine Hand um ihren schlanken Nacken und kostet zum ersten Mal das Gefühl, seine Finger in diesem Haar zu vergraben. Es ist weich und schwer wie Seide. Ihr Blick irrt hilflos über sein Gesicht und die Wut in ihrer Stimme verraucht in kläglichem Flüstern, als sie fortfährt.>Es geht nicht, und es gibt so viele Gründe dafür. Ich weiß nicht, warum du das tun willst, aber ich ... ich kann nicht deine Frau werden.<
"Du wirst meine Frau werden und es wird dir verdammt noch mal gefallen!" Er schüttelt sie sacht. "Bist du jetzt fertig? Dann können wir..." Sie hört ihm nicht einmal zu, geschweige denn, dass sie ihn ausreden ließe.
>Du bist ein Nordlord und der Erbe von Sturmende. Und ich nur ein kleiner Dieb, der sich großspurig Bogenbauer nennt und ich ... ich besitze nichts, was ich dir geben könnte ... nichts, nicht einmal mehr meine Ehre, verstehst du denn nicht?< Ihre Gesichter sind sich jetzt so nahe, dass sich ihr Atem mit seinem mischt, aber sie starrt unverwandt in seine Augen und in ihrem Blick flattert Angst.

"Wenn du jetzt nicht still bist," grollt er leise, "dann werde ich dafür sorgen, dass du den Mund nicht mehr auftust."
Für einen Moment flehen ihn ihre Augen an und ihr Mund zittert. >Ich liebe dich viel zu sehr, als dass ich dich enttäuschen möchte. Und jetzt hol endlich dein verdammtes Pferd.<
Er neigt den Kopf und erstickt jedes weitere Widerwort mit einem so sanften, wie hungrigen Kuss. Ihr Herz flattert, er kann es durch den dünnen Stoff ihres Nachtgewandes und den seines Hemdes spüren und einen Moment lang trinkt er sie, lässt er sich von ihrem Geschmack und ihrem Geruch berauschen, bebt unter ihrem Zittern und dann... dann gelingt es ihm irgendwie aufzuhören. Er reißt sich von ihr los und schiebt sie ein Stück von sich, ringt nach Luft und spürt sein eigenes Herz wie eine Trommel in seiner Brust. "Ich liebe dich und du liebst mich. Sag mir ins Gesicht, dass du mich nicht willst und ich lasse dich gehen." Sie presst eine zitternde Faust auf ihren Mund und senkt den Blick, als würde sie zerbrechen, wenn sie ihn noch einmal ansähe. Dann schüttelt sie sacht den Kopf und glättet dabei angestrengt seinen inzwischen reichlich mitgenommenen Hemdkragen. "Aaah-ja." Obwohl er nichts lieber getan hätte, als sie richtig zu küssen, hier, auf diesem albernen Marmorwolf und seinetwegen bis ans Ende aller Zeit, reißt er sich von ihrem Anblick los, hebt sie mühelos hoch und legt sie sich wie einen Mehlsack über seine Schulter. Sie gibt einen quietschenden Protestlaut von sich und trommelt nach einer Schrecksekunde wie verrückt mit den Fäusten auf seinen Rücken, bevor das ewig grüne Dämmerlicht im Tempelinneren sie beide verschluckt. Er platzt mitten in die mittägliche Andacht, verharrt einen Moment angesichts dieser unverhofften Menge an Priestern und bahnt sich dann grinsend seinen Weg durch die reichlich verwirrt dreinblickenden Scharen grüngrau gewandeter Kuttenträger, während Raven sich auf seiner Schulter windet wie ein Fisch und ihm in den Nacken zischt, er solle sie gefälligst sofort herunterlassen, er sei wohl nicht ganz bei Trost, verrückt, vollkommen durchgedreht, sie habe ihm doch gerade erklärt, warum sie ihn auf gar keinen Fall heiraten könne, aber er höre ihr ja einfach nicht zu und so fort. Die Gesänge verstummen und die Priester starren ihn an, während entsetztes Raunen anhebt, mustern ungläubig seine wild protestierende Last, sehen seine Narbe, seine Waffen und seine Größe und bringen sich hastig außer Reichweite. Manchmal hat ein miserabler Ruf eindeutig etwas für sich.

Manchmal allerdings auch nicht, denn wie er zu seiner Verärgerung feststellen muss, bringen sich gleich alle außer Reichweite, und das so gründlich, dass man in diesem verdammten Tempel zwei Wochen lang nach einem Priester suchen könnte und keinen mehr finden würde. Er schnappt sich also hastig den nächstbesten Anukisdiener, der sich nicht schnell genug an einer Säule vorbeidrücken kann, eine kleine grüngraue Maus mit wasserblauen Augen, rosigem Faltengesicht und einem Kopf, so rund und kahl wie ein Ei, und schiebt ihn energisch vorwärts, bis sie alle drei mitten vor der Götterstatue stehen. "Verheiratet uns. Sofort bitte."  Der Priester nickt, schluckt, nickt noch einmal und wirft dann einen spekulativen Blick auf Ravens strampelnde Beine. Inzwischen sprachlos vor Zorn, gibt sie nur noch wutschnaubende Zischellaute von sich. "Mylord... Ihr und äh...diese Frau?"
"Diese Frau," erwidert Caewlin, stellt Raven auf die Füße, ohne sie loszulassen und legt sanft, aber fest seine Hand über ihren Mund. Sie nutzt die Gelegenheit, um ihm den Ellenbogen in den Bauch zu rammen, gegen sein Schienbein zu treten und ihre Fingernägel schmerzhaft in seine Hand zu senken.
"Sie ist im Nachtgewand, Mylord."
"Das sehe ich auch. Jetzt gleich, Priester."
"Sie scheint nicht zu wollen..."
"Sie will."
"Aber... so geht das nicht..."
Caewlin zerrt seine Geldkatze vom Gürtel, was einhändig noch viel schwieriger ist, als sie zu füllen, da er Raven nicht loslassen kann und sie erst auf seine andere Seite schieben muss, um sie in seinen rechten Arm zu stopfen und wirft den schweren Lederbeutel dann dem Priester vor die Brust. Silberlinge und Goldmünzen springen heraus und verschwinden in klingelnden Schauern im hohen Gras. "Es geht. Diese Frau und mich. Jetzt!"
Ohne seine Hand über ihrem Mund, nutzt Raven die Gelegenheit, fauchend dazwischenzufahren. "Wagt es ja nicht! Caewlin, tu's nicht! Das kannst du nicht tun!"
"Hört einfach nicht hin. Sie ist nicht ganz bei sich." Raven wechselt erneut die Seite, um prompt wieder den Mund zugehalten zu bekommen und Caewlin drückt sie so fest an sich, dass sie sich nicht mehr groß bewegen kann. Unter seinen Fingern verstummt ihr Gezeter zu gedämpftem Knurren, ob vor Wut oder Verzweiflung kann er nicht sagen, aber sie versucht immerhin nur zweimal, ihn zu beißen, während sie abwechselnd ihn und den Priester mit zornsprühenden Blicken bedenkt.


"Wie? Ihr wollt und sie will auch, aber sie will nicht, dass Ihr wollt?"
"Das trifft den Nagel auf den Kopf."
"Mylord...aber wir brauchen Zeugen, den Vertrag, das Aufgebot..."
"Vater," Caewlins Augen werden schmal und die des Priesters weiten sich unsicher. "Ihr seid Priester. Wisst Ihr oder wisst Ihr nicht, welche Worte bei einer Trauung zu sprechen sind? Ihr wisst es? Sehr schön. Dann sprecht sie und zwar auf der Stelle."
Der Priester hüpft vor Schreck einen halben Schritt rückwärts, klappt den Mund auf und zu und fügt sich angesichts von Caewlins finsterem Gesichtsausdruck hastig in sein Schicksal. "Wir haben uns hier im Angesicht der Göttin Anukis und ihrer Archo... ich... denke, ich lasse das besser einfach aus. Und äh... es gibt auch niemanden, der Einspruch erhebt, also...Wollt Ihr äh... wer immer Ihr auch seid, diese Frau... wer immer sie auch ist... zu Eurer Gemahlin nehmen und so weiter... Schwört Ihr, ihr die Treue zu halten und sie zu beschützen und wollt Ihr sie lieben und ehren in guten wie in schlechten Tagen, in Siechtum und Gesundheit, in Freude oder Leid von diesem Tage an bis in alle Zeit?"
"Ich will."
Raven erstarrt und wird vollkommen ruhig. Der Priester, nicht minder überrascht wie Caewlin von diesem plötzlichen Umschwung, zwinkert ein paar Mal, ehe er das Wort an sie richtet - nicht weniger hastig, aber so ängstlich, als erwarte er, dass sie ihm jedem Moment ins Gesicht springen würde. "Und äh... Ihr, mein zorniges Kind, wer immer Ihr auch seid, wollt Ihr diesen Mann zu Eurem Gemahl nehmen? Wollt Ihr ihm gehorchen, ihn lieben und ehren und schwört Ihr, ihm die Treue zu halten, in guten wie in schlechten Tagen, in Siechtum und Gesundheit, in Freude und Leid von diesem Tage an bis in alle Zeit? Mit... oh, ahem... mit Verlaub, hm... Mylord, aber Ihr müsst Eure Hand jetzt von ihrem Mund nehmen."
"Oh." Caewlin lässt sie los und streicht sacht über die roten Male, die seine Finger auf ihren Wangen hinterlassen haben und dann warten sie, der Priester und er und die steinernen Götterbilder ringsum. Selbst die ewig flatternden Schmetterlinge sind still. Ihr Gesicht ist so weiß wie der Stoff ihres Nachthemdes und das gelbgrüne Zwielicht wirft Goldstaub über ihre Wangen. Ihre Augen riesengroß und dunkel, sehen ihn so lange unverwandt an, dass er schon fürchtet, verspielt zu haben, aber dann bewegt sich ihr Mund und es dauert einen endlosen Herzschlag, bis ihn ihre Worte erreichen. Sie spricht leise, aber klar und deutlich... >Ich will<... und im nächsten Moment rattert der Priester seinen Segen herunter.

"Mann und Frau. Hiermit erkläre ich euch nach den Gesetzen der Götter und Menschen zu Mann und Frau und was die Götter zusammengefügt haben, soll niemand mehr trennen. Ihr dürft die Braut jetzt... oh." Seine Hand liegt immer noch an Ravens Gesicht und irgendwo unter seinen Fingern kann er ihren Puls so hektisch Flattern spüren, als bebten tausend kleine Flügel gegen ihre Haut. Er zieht sie an sich und hebt sie gut einen halben Schritt vom Boden, um sie küssen zu können. Kaum hat sie wieder weiches Gras unter den Füssen, als sie ihm auch schon mit beiden Händen von sich schiebt, ein paar Mal zitternd Luft holt, ihn mit einem bitterbösen Blick bedenkt und dann an ihm vorbei nach draußen rauscht. Caewlin schüttelt grinsend den Kopf und das letzte, das hört, als er ihr folgt, ist das aufgebrachte Zetern des Priesters, der etwas von Registern und Namen und Urkunden jammert. "Setzt alles auf und bringt es zum Baum der Protektorin. Und sorgt für genügend Zeugenunterschriften. Und jetzt, wenn Ihr erlaubt, gehe ich meine Frau einfangen, bevor sie wer weiß was anstellt." Zu seiner Überraschung findet er Raven im Sattel des Grauen, der trügerisch friedlich im ausladenden Schatten einer Goldbuche grast, den Kopf hoch erhoben, die Arme vor der Brust verschränkt, als müsse sie sich an sich selbst festhalten. Sie bebt immer noch vor Wut und Schreck. Von dem Tempeldiener, dem er ihn überlassen hatte, ist weit und breit nichts zu sehen, aber zu seiner Erleichterung entdeckt Caewlin auch keine Blutlachen oder Körperteile im Gras. Raven würdigt ihn keines Blickes, sie sieht ihn nicht einmal an, als er hinter ihr in den Sattel steigt und er unterdrückt nur mit Mühe ein Lachen. Er schlingt die Arme um sie, nimmt die Zügel auf und treibt den Grauen durch die Tempelhaine in Richtung Nordtor davon. "Ich werde nicht sagen, wir hätten es nicht tun sollen. Das werde ich nie zu dir sagen."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Raven am 30. Apr. 2005, 13:32 Uhr
Raven brodelt wie ein überschäumender Waschkessel und sie ist derart zornig, dass es sie kein bisschen wundern würde, wenn ihr auf einmal wutschnaubende Wölkchen aus der Nase dampfen würden. In ihrem Inneren herrscht ein einziges wildes Chaos aus Wut und Verwirrung, Angst, Empörung und noch tausenderlei anderen Gefühlen und sie weiß nicht, ob sie lachen oder weinen, schreien oder auf und davon rennen, irgend etwas kurz und klein hauen oder alles und jeden umarmen soll. Sie ist keines klaren Gedankens und erst recht keiner klaren Worte mehr fähig und so wütend und verwirrt, dass die Luft um sie herum knisternde Funken zu sprühen scheint, als sie aus dem grünen Dämmerlicht des Tempels geschossen kommt. "Dieser ... dieser .... dieser .... argh!" Diesmal fällt ihr wirklich kein Schimpfwort mehr ein, das diesem verrückten Normander gerecht wird und so stößt sie nur eine Salve erboster Knurrlaute aus, als sie durch das hohe Gras davonstapft. "Mmmpf! Mich einfach so in einen Tempel zu schleppen und zu ... zu ... zu heiraten! Heiraten! Heiraten? Götter im Himmel ... was hab ich getan! Was hat er getan...? Das war ein Traum. Ganz sicher. Ich muss das geträumt haben. Ich kann nicht verheiratet sein! Auf gar keinen Fall! Was hab ich gesagt? Was hat er gesagt? Was hat der Priester gesagt? Was mache ich hier eigentlich? Ich muss den Verstand verloren haben. Und Caewlin erst recht ... Götter, er ist irre! Verrückt geworden! Völlig wahnsinnig! Und du!" schnaubt sie den verdattert dreinblickenden Priestergehilfen an und bohrt ihm den Zeigefinger in die magere, kuttenverhüllte Brust. "Du geh mir aus dem Weg in deinem ... deinem ... komischen Bettlaken!"

Der Novize, der gerade den herumtanzenden Grauen zu beruhigen und ihn davon abzuhalten versucht, ihm mit den Zähnen den Arm zu amputieren, macht einen erschreckten Satz nach hinten, als Raven ihm die Zügel aus den Fingern reißt. Einen Moment lang starrt er sie perplex an, mustert sie von den zerzausten Haaren bis hinunter zu den nackten Füßen, als würde er sich fragen, welchem Irrenhaus sie gerade entsprungen sei, dann sucht er kopfschüttelnd das Weite und verschwindet irgendwo in den Tiefen des Hains. Sie wirft ihm einen finsteren Blick hinterher und kann aus den Augenwinkeln gerade noch eine Bewegung erkennen, als sich ein riesiger, grauer Pferdeschädel mit gebleckten Zähnen und angelegten Ohren neben sie schiebt. "Wag es ja nicht!" zischt sie drohend und starrt den Hengst böse an. "Dämlicher Gaul!" Er gibt ein höchst missmutiges Schnauben von sich und rollt gefährlich mit den Augen, aber dann klappt er das Maul zu und die Ohren wieder nach vorne und verzichtet auf weitere Boshaftigkeiten - zumindest vorerst. Er lässt es sogar zu, dass sie sich schweratmend gegen seine Schulter lehnt. "Du siehst aus wie ein Pferd. Du riechst wie ein Pferd. Und du fühlst dich an wie ein Pferd - es kann also kein Traum sein."

Einen Moment lang muss sie sich wirklich am Sattel des Grauen festklammern, weil sie das Gefühl hat, drei Schritt über dem Boden zu schweben und in ihrem Kopf summt alles durcheinander: Bilder, Stimmen, - >Raven, halt die Klappe.< - Gefühle, die ganze Zeremonie, falls man dieses aberwitzige Spektakel überhaupt als Zeremonie bezeichnen kann (wobei Raven es eher als vorsätzlichen Menschenraub mit Heiratsfolge bezeichnen würde), die entsetzten Mienen der flüchtenden Priester, - >Du wirst meine Frau werden und es wird dir verdammt noch mal gefallen.< - der wirre Wortschwall, den der Anukisdiener ausgespuckt hatte - irgend etwas von Mann und Frau und dem Segen der Götter, - >Wollt Ihr diesen Mann zu Eurem Gemahl nehmen....< - sie kann sich nicht einmal mehr richtig daran erinnern -, flirrendes Goldlicht, ein Kuss, eine Frage >Ich liebe dich und du liebst mich. Sag mir ins Gesicht, dass du mich nicht willst und ich lasse dich gehen.< - und die Stille, die sich daraufhin bange über die grüngoldenen Hallen gesenkt hatte. >Willst du?< Sie hatte die Frage in ihrem Inneren bewegt, hatte Caewlin angesehen ... und dabei hatte sich ihr Herz schon lange entschieden und sie hätte am liebsten lauthals herausgeschrien Ob ich will? Und wie ich will! Ich will ihn, und ich will ihn ganz und gar und mit Haut und Haaren und ich will ihn mehr als alles andere auf der Welt! Aber schließlich waren es nur zwei kleine, leise Worte gewesen, die ihr über die Lippen gekommen waren und vor nichts hatte sie sich in ihrem Leben mehr gefürchtet.

Mit zittrigen Knien und einem konfusen Wirrwarr in ihrem Inneren klettert Raven in den Sattel und schlingt die Arme um ihre Mitte, als könne sie so ihr wild pochendes Herz daran hindern, ihr aus der Brust zu hüpfen. Als dann jedoch Caewlin aus dem Tempel kommt und über die sonnengefleckte Lichtung auf sie zuschlendert, nimmt das Gefühlschaos in ihrem Inneren die Ausmaße eines mittelschweren Erdbebens an und sie ist hin und her gerissen zwischen dem übermächtigen Bedürfnis, ihm irgend etwas möglichst großes, möglichst schweres quer über den Schädel zu braten und dem Verlangen, ihn bis zur Besinnungslosigkeit zu küssen. Noch immer schmeckt sie seinen Mund auf ihrem. In ihrer Fantasie hat sie ihn schon so viele Male geküsst und mehr als das, aber die Bilder werden zu blassen Schatten angesichts der Wirklichkeit, die sie einfach völlig sprachlos macht, die ihre Knie zu weicher Butter zerschmelzen lässt und in ihr den Wunsch geweckt hat, er möge sie nie wieder loslassen. Mit grimmiger Miene und zusammengepressten Lippen wartet sie, bis er sich hinter ihr in den Sattel schwingt und den Grauen Richtung Nordtor lenkt. Und sie weiß, auch ohne ihn anzusehen, dass er mit einem Lachen kämpft. Blöder Kerl! Wütend knufft sie ihm den Ellbogen in die Rippen. >Ich werde nicht sagen, wir hätten es nicht tun sollen. Das werde ich nie zu dir sagen,< tönt es über ihrer Schulter, als Caewlin den Hengst durch die in die Stadt strömenden Menschenmassen lenkt. "Aber du wirst es dir irgendwann wünschen," grollt sie und lehnt sich gegen seine Brust. "Irgendwann wirst du es bereuen und mich in die finstersten Höllen schicken wollen. Wie ... wie ... wie kannst du nur? Irgend jemand muss dir dein Gehirn zu den Ohren herausgezogen haben - wie könntest du sonst so etwas wie mich freiwillig heiraten wollen? Und ich blödes Weibsbild sag auch noch ja dazu. Mmmpf, hör sofort auf, so bescheuert zu grinsen - ich seh das genau!"

Caewlin treibt den Grauen seelenruhig um eine Traube Inarinovizinnen herum, die mitten auf der Straße stehen, ihnen gackernd und kichernd hinterher blicken und Raven offenbar für eine verfrühte Beute der Inarinacht halten, denn eine von ihnen inspiziert tatsächlich ihre Fußsohlen neugierig auf rote Farbe. Raven wirft ihr einen giftigen Blick zu und hätte ihr am liebsten das dämliche Grinsen aus dem Gesicht getreten, aber bevor sie ausholen kann, sind sie schon wieder an ihnen vorüber. "Heiraten .... allmächtige Götter, was ist nur in dich gefahren! Du ahnst ja nicht einmal, wen du gerade zu deiner Frau gemacht hast, du verrückter Kerl. Was weißt du denn schon von mir ... götterverdammt, du hättest mir zuhören sollen, aber nein - rennst einfach in den nächsten Tempel und stürzt dich in dein Unglück! Du ... du hättest mich ja wenigstens vorher fragen können", setzt sie kläglich hintendran und hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft - doch unter ihren nackten Beinen, die vom Pferderücken baumeln, befindet sich nichts als Luft und der weiche Waldboden, auf dem der Hengst inzwischen entlangtänzelt, ist gut eineinhalb Schritt weit entfernt. Ihre Stimme wird noch ein wenig kläglicher, als sie die Male ihrer Fingernägel auf Caewlins Arm entdeckt, der ihre Mitte umfasst, und etwas, das aussieht wie ... Götter, sind das wirklich Bissspuren? "Ohje, war ich das?" erkundigt sie sich in einem spontanen Anflug von Mitgefühl und streicht vorsichtig mit den Fingern darüber. "Du hast wohl ziemlich was abgekriegt. Aber es geschieht dir auch ganz recht", meldet sich nun wieder helle Empörung in ihrer Stimme, "mich vor einer gaffenden Meute Kuttenträger in einen Tempel zu schleppen .... und dann auch noch dieser komische Eierkopf von Priester, Götter..." Ravens Gedanken und erst recht ihre Worte rasen immer noch hektisch durcheinander, als sie schon längst wieder den Baum der Waldläuferin erreicht haben und aus dem Sattel steigen. Sie hat Gras und Dreck an den Füßen, ein völlig zerknittertes Hemd am Leib und ein wild klopfendes Herz in der Brust, das ihr in einem Wirrwarr aus Wut, Angst, Panik, Liebe, Zorn und Verwirrung die Rippen zu sprengen droht. Und vor allem hat sie keine Ahnung, was sie nun tun muss oder was Caewlin von ihr erwartet und sie kann ihn nur einen Moment hilflos anstarren, bevor sie die Arme um ihn schlingt und erstickt an seiner Brust murmelt "Es ist einfach verrückt. Götter, was haben wir getan..."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 08. Juni 2005, 11:39 Uhr
<-- Auf den Straßen der Stadt



- Am Tag nach dem Inarifest –




Im Inneren des Tempels brauch Halyn sie gar nicht erst bis zu den Räumen zu bringen, in denen sonst die Unterweisungen stattfinden. Stimmen dringen aus einem der Leseräume. Anscheinend hat einer der älteren Priester den bisherigen Morgen damit verbracht, den Novizen die Legenden nahezubringen, die sich um die Archonen der Hüterin ranken. Eine meist recht trockene - und für die jungen Zöglinge ermüdende - Veranstaltung, bei der ihnen die Legenden ganz oder in Teilen aus einem mächtigen, in alterdunkles Büffelleder gebundenen Folianten vorgelesen werden. Anschließend die Jungen und Mädchen dazu zu bringen, selber zu erkennen, welche Lehren sich in den Legenden verbergen, ist allerdings ein nicht ganz leichtes Unterfangen, und treibt Lehrer wie Schüler nicht selten zur Verzweiflung.

Einer der Jungen, ein Novize von knapp vierzehn Jahren steht noch im Leseraum, und redet mit sich selber während er pflichtgemäß die Bücher in weiches Leder einschlägt um sie in einem der Regale an der Wand wegzuräumen. In seinem Selbstgespräch darüber, daß die vorgelesenen Legenden ohne jedes Leben sind, nichts als tote Buchstaben in alten, staubigen Büchern, hat er sich unbeobachtet und wohl vor allem ungehört gewähnt. Doch er hat die Ohren einer Elbin deutlich unterschätzt. Arwen hat seine Worte gehört, einen kurzen Blick mit Eluna, der Novizenmeisterin gewechselt die zu ihnen getreten ist, und die beiden Frauen haben kurzentschlossen die Pläne für ihren eigenen Unterricht geändert. Anstatt sogleich dem Botanikum des Tempels und seinem Kräutermaester einen Besuch abzustatten um sich mit dem Methoden der Kräuterverarbeitung näher zu befassen, führen sie die Novizenschar aus dem Tempel. Hinaus aus dem Goldbuchenportal und herum um den Tempel.
Für den frühen Grünglanz ist es erstaunlich warm, und das nicht nur im Windschatten der Schwarzkiefern des Tempelhaines. Laon und Nuba stöbern im Gras herum und versuchen jappend, einige der grüngoldenen Falter zu haschen die ihnen aus dem Inneren des Tempels in die Sonne gefolgt sind. Sie entfernen sich dabei aber nie mehr als einige Schritte von der Elbin und ihrem Kind, während diese den Novizen die Reliefs auf der Außenmauer des Tempels erklärt. Der Anblick der Steinmetzarbeiten ist allen so vertraut, daß keinem der Tempelzöglinge bewusst gewesen ist, daß hier all jene Legenden dargestellt sind, die ihnen die Priester in endlosen Stunden vorgelesen und in ihrer Bedeutung erklärt haben. Und mit einem Mal bekommen die trockenen Worte Farbe und Leben, erschließend sich Bedeutungen, die vorher nur Worte älterer Priester waren nicht mehr nur mit dem Verstand, sondern nun auch mit dem Herzen.

Sehr lange bleiben sie allerdings nicht draußen, auch wenn einige der Novizen sich am liebsten alle Reliefs im Licht dieses Wissens nochmal eingehend angesehen hätten. Doch Arwen scheucht sie zusammen mit der Novizenmeisterin zurück in das Innere des Tempels, nachdem sie sich die Bilder zweier Legenden angesehen haben. Die Sonne steht golden an einem hohen blauen Himmel und hat unterdessen ihren Weg bis zum Mittag schon fast gänzlich beschritten, als Arwen sich zusammen mit der Novizenmeisterin und einem knappen Dutzend Mädchen und Jungen in der grauen Tracht der Novizen, Rialinn auf dem Arm und die Hunde an ihrer Seite im Tempel zu Füßen der Anukisstatue niederlässt.
Unruhiges Wispern und Tuscheln wandert zwischen den Jungen und Mädchen hin und her, während Arwen ihre Tochter aus dem Tuch holt und Rialinn die Haube aus hellem Batist abnimmt, deren Bänder aus Seidenkordeln wie stets sofort das gesteigerte Interesse ihrer Tochter erregen. Die Novizenmeisterin versucht vergeblich, ihre Zöglinge zur Ruhe zu rufen. Eigentlich hat sie vorgehabt, ihnen jetzt noch einiges über die Archonen der Hüterin zu erklären, mit Nimrod hat sie anfangen wollen, denn draußen haben sie sich eben eines der Reliefs über den Schattenjäger angesehen. Aber wie es scheint, sind die Jungen und Mädchen aus welchem Grund auch immer heute viel zu aufgedreht, um sich zu konzentrieren - der Frühling und die Reste des goldenen Dunstes in der Luft scheinen auch hier seine Wirkung nicht zu verfehlen. Und so scheinen sie tausend andere Dinge und Fragen im Sinn zu haben, nur nicht die Archonen jener Göttin, in deren Dienst sie einst stehen werden. Schließlich kapituliert Eluna vor bittenden Blicken und fragenden Augen. "Also gut, also gut, also gut. Fragt sie. Aber wenn sie 'nein' sagt, dann heißt das auch 'nein'. Dann wird nicht mehr weitergefragt!"

Arwen, die von dem was vorangegangen ist, kaum etwas mitbekommen hat, weil sie mit Rialinn beschäftigt gewesen ist, sieht erstaunt auf. Ihr Blick sucht den der grauhaarigen Frau neben sich, und sie weiß nicht recht, was nun kommen soll. Aber aus irgendeinem Grund, einer dunklen Ahnung heraus beginnt ihr Herz unruhig schneller zu schlagen. Was für Fragen? An wen? Warum sollte jemand die Fragen der Novizen zurückweisen? Es ist ein Mädchen von kaum zwölf Sommern, die diese unausgesprochenen Fragen der Elbin beantwortet. "Dürfen wir euch etwas fragen, Frau Arwen? Etwas, das nicht mit Anukis und ihren Archonen zu tun hat?" Irritiert sieht Arwen die Frau neben sich wieder an, doch auch die zuckt nur mit den Schultern. Das Herz beginnt hart gegen ihre Rippen zu schlagen. "Ja, ich denke schon. Was möchtet ihr wissen?" Als ob sie einen Staudamm eingerissen hätte, prasselt es nun auf die Elbin ein. Fragen werden gestellt, eine nach der anderen, gleichzeitig und quer durcheinander. Dazwischen dann Bemerkungen und Zurechtweisungen anderer Novizen zu den Fragen; es ist ein heilloses Durcheinandern heller Stimmen. Arwen muss sich im ersten Moment bemühen, dabei ernst zu bleiben, denn den Jungen und Mädchen scheinen ihre Fragen wichtig zu sein. Doch als es dann zu ihr vordringt, was sie da alles gefragt wird, kommt sie sich schlagartig so vor, als stünde sie mitten im tiefsten Winter alleine auf den höchsten Zinnen des Ambersteins, allein in Eis und Schnee und tobenden Winden.

"Der Mann auf dem weißen Pferd, ist das ein Prinz?" "Du bist vielleicht dumm, bloss weil er ein Elbenritter ist und auf einem weißen Pferd reitet, muss er doch kein Prinz sein," weist einer der Knaben das Mädchen zurecht. "Und du bist auch nicht besser. Nicht jeder Elb im Kettenhemd muss ein Ritter sein, auch wenn er so ein komisches Schwert trägt," unterbricht Alena, eine der Novizinnen, die mit auf dem Nargenfeldzug gewesen ist den Jungen. "Was bedeutet der Name eurer Tochter? Er bedeutet doch etwas, oder?" "Elbennamen bedeuten immer etwas." "Tun sie das?" "Nein, tun sie nicht." "Tun sie doch!" "Warum will uns keiner der Priester die Legende von Winterwind und dem Dämonenfürsten erzählen?" "Wie lange hat eure Novizenzeit gedauert?" "Wenn wir Herrn Thrandar fragen, heißt es immer nur, sie sei zwar alt, reiche aber bis in unsere Tage." "Sind die Tempel in den Elbenlreichen genauso wie hier bei uns?" "Warum sagt er, nur ihr, Frau Arwen könntet sie erzählen. Was meint er damit?" "Gibt es bei den Elben kein Trauerjahr für Witwen?" "Ist der Elb mit den blauen Haaren wirklich euer Gemahl?" "Bekommen Elbinnen ihre Kinder wirklich erst nach zwölf Mondläufen?" "Stimmt es, was auf dem Markt über euch und den Templer erzählt wird?"

Schon bereut Arwen, den Jungen und Mädchen die Fragen gestattet zu haben, und das Herz schlägt ihr schnell und hart in der Brust. Erinnerungen wollen aus den Tiefen aufsteigen, in die sie verbannt wurden, schleichen sich hinterrücks an und lassen sich nur schwer wieder verdrängen. Um Zeit zu gewinnen, hebt Arwen Rialinn hoch, die sie eben erst in ein Nest aus ihrem Tragetuch gelegt hat. Etwas, das ihre Tochte rmit begeistertem Quietschen und Brabbeln würdigt. Nicht mehr lange, und sie wird anfangen zu sprechen... nicht mehr lange... Rialinn sitzt viel lieber von ihrer Mutter gehalten in deren Schoß, wo sie alles um sich herum sehen kann, als daß sie eingewickelt neben ihr liegt, wo sie sich allenfalls vom Rücken auf den Bauch drehen kann und an wegkrabbeln nicht wirklich zu denken ist, und sie beileibe nicht alles sehen kann, was sie sehen will. Etwas, das meist über kurz oder lang in ungehaltenes Quengeln und empörtes Senden mündet, denn die kleine Elbin will alles um sich herum sehen. Und um ihrer Mutter zu entkommen, dazu reichen ihre Krabbelkünste noch nicht aus, zumindest dann nicht, wenn die sie in ihr Tuch gehüllt hat. Mehr als eine der Fragen läßt Arwen innerlich zusammenzucken. Und das erst recht, als Eluna, die grauhaarige Novizenmeisterin die Frageflut schließlich scharf unterbricht. "Das dumme Gerede vom Markt hat in diesen Hallen nichts zu suchen. Es schickt sich nicht für Angehörige des Tempels, sich an Klatsch und Tratsch zu beteiligen, für Priester nicht, und schon gleich gar nicht für Novizen." "Was wird geredet, Eluna?"
Arwens Augen haben schlagartig ihre silbernen Sprenkel verloren, und das Grün wird von  einem steinigen Grau durchzogen, das nicht erkennen lässt, was sie in diesem Moment denkt oder fühlt. Aber es ist der sichtbare Hinweis darauf, daß die Fragen die Elbin nicht unberührt gelassen haben. In ihrem Inneren ist bei den Worten ein wildes Durcheinander aus Erinnerungen, Wut, Zorn und Enttäuschung ausgebrochen, das ihr das Herz bis in den Hals schlagen lässt. Hart ist der Blick der Elbin von einem Moment auf den anderen geworden, von kalter Beherrschtheit und unerbittlich. Ein Ausweichen auf ihre Frage wird sie jetzt nicht hinnehmen. Eluna versucht vergeblich, diesem Blick auszuweichen, druckst herum und bedenkt die Novizen, die sie mit ihren Fragen in diese Lage gebracht haben mit wütend funkelnden Blicken. Bisher hat die Elbin scheinbar nichts von diesem Gerede mitbekommen; wofür man eigentlich den Göttern danken müsste. Und nun soll ausgerechnet sie ihr von diesen Gerüchten erzählen. Mit einem Blick hoch zur Statue Anukis' und einem leisen Seufzen fügt sie sich dann in dieses Schicksal und erzählt Arwen von den Gerüchten, die seit dem Nargfeldzug im vorvergangenen Winter über den Templer, Arwen und Nadir auf dem Markt im Umlauf gewesen waren und teils noch heute sind: Daß man die Elbin schon kurz nach Aufbruch des Heerbanns nur noch in Begleitung des Herrn Nadir gesehen habe, daß der vom ersten Tag an in ihrem Haus gewohnt und nicht nur unter ihrem Dach sondern auch in ihrem Bett geschlafen habe, und schließlich, daß Arwen dem Templer den Tod gewünscht und ihn in den Feldzug getrieben habe, um ungestört mit dem Silberelben an ihrer Seite leben zu können, als dessen Frau sie dann ja wohl auch geworden sei, kaum daß sich das Grab über dem Templer geschlossen hatte.

Elben schlafen nicht.... ist Arwen versucht die Frau zu unterbrechen. Und wenn diese Unterstellungen nicht so absurd wären, würde sie vielleicht sogar darüber lachen können. Aber sie kann es nicht. Sie kennt die Menschen und ihre Denkweise leider nur zu gut. Eine Denkweise, von der auch Priester nicht frei sind. >Es kann doch nicht angehen, daß ihr, kaum daß euer Gemahl die Stadt mit dem Heerzug verlassen hat, die Nacht in den Armen irgendeines Elben verbringt!< Sie kann die harschen Worte Thrandars noch immer wie ein Echo hören. Hart schlägt das Herz in ihrer Brust, und sie muss tief Luft holen, um es zu beruhigen und um ihre aufgewühlten Gedanken zur Ordnung zu rufen, die sich in einem wilden Ring aus Eis drehen. Götter im Himmel... wenn... weiß Nadir von diesem Gerede? Cassandra weiß es bestimmt, und hat es verschwiegen... Sie weiß nicht ob sie ihrer Obersten Magd dafür dankbar sein soll oder nicht. Aber sich vorzustellen, was Nadir tun könnte, sollte er von dem Gerede erfahren oder gar herausfinden, wer es in Umlauf gebracht hat, das wagt sie nicht. Mit einer sparsamen Geste winkt sie Elunas fragenden Blick ab. "Nein, Eluna, ich will gar nicht wissen, wer das Gerede in die Welt gesetzt hat." Es ist besser, wenn ich es nicht weiß... wenn es niemand weiß... Borgil... Borgil weiß es bestimmt... aber ich will es nicht wissen... Arwens Blick verliert etwas von seiner Kälte, aber den Harnisch aus Beherrschtheit und eisiger Selbstdisziplin, den sie bei den Worten der Menschenfrau angelegt hatte - etwas, das sie seit über einem Jahreslauf nicht mehr getan hat - den legt sie nicht wieder ab. Und als sie ihren Blick über die Gesichter der Novizen wandern lässt, rutschen einige von denen unruhig im Smaragdgras hin und her. Ihnen wird erst jetzt bewusst, was sie da gefragt haben. Und die Auswirkungen auf die innere und äußere Haltung der Elbin sind auch unübersehbar, selbst für Sterbliche ohne jede empathische Gabe.
"Reichlich persönliche Fragen, die ihr da stellt, meint ihr nicht?... Aber gut, ich will versuchen, es euch zu erklären.... zumindest einiges davon." Sie holt tief Luft und legt Rialinn, die sich unterdessen zufrieden in ihrem Arm wegdöst vorsichtig zurück in das warme Nest aus dem Tragetuch. "Lord Silberstern, der Templer, war mein Gemahl... für ... für eine kurze Zeit. Doch die Ehe wurde schon vor dem Feldzug gegen die Narge aufgelöst und für nichtig erklärt. Nach elbischem Recht kann dies im ersten Jahreslauf nach der Trauung geschehen, und dann ist es so, als habe sie nie existiert. Und ehe jetzt einer von euch fragt: Das 'Warum' geht hier absolut niemanden etwas an. Und der Feldzug... es war seine ureigenste Entscheidung, sich dem Feldzug anzuschließen. Erfahren habe ich davon erst, als der Heerbann die Stadt schon längst verlassen hatte. Seine Gründe dafür kennen außer ihm nur die Götter." Seine Gründe.... Ob er Gründe hatte, außer verletztem Stolz und angeblich verlorener Ehre? Todessehnsucht, die hatte er, und den Tod hat er gesucht und gefunden... "Und was den blauhaarigen Elben angeht," der Anflug eines Lächelns lässt einen Teil der Anspannung aus ihrem Gesicht weichen und die Silbersprenkel in das Grün ihrer Augen zurückkehren. "Ja, Lord Nadir ist ein Prinz der Elben und mein Gemahl. Und das Schwert, das er führt, ist nicht komisch, allenfalls ungewöhnlich. Solch ein Schwert mit doppelter Klinge nennt man Engelsklinge." Es ist das erste Mal, daß sie vor jemandem der nicht zu ihrem Freundeskreis gehört, den Rang ihres Mannes offenlegt. Unter Freunden ist das etwas, das ohne Bedeutung ist. Aber hier hat sie plötzlich das Gefühl, daß es wichtig ist, daß die Kinder verstehen müssen, von welchem Rang Nadir ist. Von welchem Rang sie damit auch sie als seine Frau ist. Und daß sie verstehen müssen, daß Rang und Titel ohne Bedeutung sind, daß sie nicht den Wert einer Person ausmachen. Auf eine merkwürdige Art ist Arwen davon beunruhigt. Hier in Talyra sind Rang und Herkunft bisher für sie nicht von solcher Bedeutung gewesen. Und sie wüsste auch nicht zu sagen, woher jetzt dieses Gefühl kommt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 09. Juni 2005, 12:58 Uhr
Rialinn räkelt sich träge unter dem Tuch, das sie einhüllt, treibt am Rand des Erwachens entlang und lallt trancetrunken vor sich hin, berührt von dem Aufruhr, der noch immer im Inneren ihrer Mutter tobt. Behutsam streicht Arwen einige der ihr wirr ins Gesicht fallenden Locken zurück und kann sich lange Augenblicke nicht von dem Anblick ihrer Tochter lösen. Sacht streichelt sie über rosige Wangen, bis Rialinn sich beruhigt und wieder in die Tiefen traumloser Trance gleitet. Arwen sieht die Jungen und Mädchen an, einen nach dem anderen. Kinder noch die meisten, andere schon an der Schwelle zum Erwachsensein. Einige auf eigenen Wunsch hier im Tempel, andere von ihren Eltern gebracht und mehr als eines als Findelkind oder Waise auf die Stufen des Tempels gesetzt und der Obhut Anukis' anvertraut. Nicht alle von ihnen würden die Weihe empfangen und das graue Gewand der Novizen gegen das grüne der Priester tauschen. Einige würden als Bedienstete des Tempels bleiben, andere den Weg der Waldläufer wählen, vielleicht sogar Nimrods Ruf folgen, und manche würden den Tempel am Ende ihrer Ausbildung ganz verlassen, um sich ein Leben fern des Tempels zu suchen. So viele Leben, so viele Wege in die Zukunft. Und nur Llaeron mochte wissen, welche Muster er für sie gewebt hat. Möge Llaeron ihre Lebensfäden davor bewahren, sich zu verfangen oder zu verheddern... Die Stimme eines Novizen reißt Arwen aus ihren Gedanken: Halyn, noch immer  ...  oder schon wieder ? ...  mit roten Ohren.

"Wenn ihr eine Prinzessin seid, Shu'ra, wie kommt es dann, daß ihr hier als Priesterin und Lehrerin in einem Tempel der Menschen dient? Solltet ihr dann nicht selber einem Tempel vorstehen, einem Tempel der Elben?" Bei dieser Anrede kann Arwen sich gerade noch zusammenreißen, nicht die Augen gen Himmel zu verdrehen (auch wenn der durch die Decke des Tempels ohnehin verborgen ist) und den Beistand der Götter ob solch unnötiger Ehrbezeugungen zu erflehen. "Bitte, nicht Shu'ra, das ist ... nein, du hast nichts falsch gemacht, Halyn, mach nicht so ein Gesicht, ich bin dir nicht böse... Shu'ra ist eine Ehrenanrede, der Titel mit dem man eine Person von Rang anspricht, ja. Aber mir gegenüber, hier im Tempel ist sie unangebracht und unnötig. Ich bin eine Priesterin Anukis', ja, und damit nicht mehr und nicht weniger als auch Frau Eluna, Bruder Galbert oder der Kräutermaester. Ganz gleich, welchen Titel jemand außerhalb dieser Mauern auch tragen mag, er ist vor den Göttern ohne Bedeutung und sollte es auch für euch sein, wenn dieser jemand im Dienst der Göttin steht. Es spielt keine Rolle, als wessen Tochter ich geboren wurde, und wen ich geheiratet habe. Und einem Tempel steht der vor, den die Götter dazu bestimmen. Namen und Titel sind dabei ohne Belang, nicht mehr als hübscher aber nutzloser Tand, sie machen nicht den Wert einer Person aus, ebenso wenig wie das was sie besitzt. Es gab Kriege, in denen hochgeborene Ritter bei den ersten Anzeichen einer Schlacht in Panik gerieten und flohen, und Knappen die ihnen anvertrauten Pferde nur mit einem Dolch in der Hand bis zum letzten Blutstropfen verteidigt haben. Es sind die Taten, die einen zu dem machen, was man ist. Aber das heißt nicht, daß man die Meßlatte in den Himmel hängen darf. Jeder macht Fehler, und selbst die edelsten Absichten und ein reines Herz bewahren einen nicht davor, niemanden, nicht einmal die Heiligen, selbst sie haben Fehler und machen welche. Aber wer weiß, daß er selber nicht unfehlbar ist, der kann auch anderen ihre Fehler verzeihen."

Für eine Weile kehrt Schweigen ein, selbst das stete Wispern der Schmetterlinge scheint zu verstummen. Unsicher halten einige der Novizen die Köpfe gesenkt, scheuen sich, einander oder die beiden Priesterinnen anzusehen. Andere lassen ihre Blicke verlegen über die Kapellen der Archonen wandern oder scheinen jeden Grashalm einzeln zählen zu wollen. Nuba bewegt sich so leise wie ein Hund aus elbischer Zucht nur sein kann, und doch scheinen ihre Bewegungen, als sie sich erhebt, streckt und sich dann einen neuen Platz neben Rialinn sucht, die Stille zu zerreißen. Ein leises Lächeln begleitet Arwens Blicke, als sie zusieht, wie ihre Tochter sich auf die Seite dreht und eine kleine Faust in das weiche Bauchfell der Hündin gräbt.
"Ihr habt nach dem Namen meiner Tochter gefragt... Rialinn Siranfaêr Lyresfian." Ein wenig versonnen klingt der Singsang elbischer Worte, als sie den Namen ihrer Tochter ausspricht, und ihren Blick nicht von ihr abwenden mag. "Ja, ihre Namen bedeuten etwas... In der Gemeinsamen Sprache lautet ihr Name... Feuerkind Wintermond aus dem Haus Sternenfall." Welche Bedeutung die Namen über den reinen Wortlaut hinaus haben, das wird sie den Tempelschülern aber mit Sicherheit nicht auseinandersetzen, das geht dann doch entschieden zu weit. Auch, wenn ihr zweiter Name in direkter Verbindung zu der von den Novizen angesprochenen Legende von Winterwind und dem Dämon steht. Man kann es ihr weder ansehen noch ihrer Stimme anhören, aber die Gefühle in Arwen, als sie nun weiterspricht, sind eine wirbelnde Mischung aus Erleichterung über den gebrochenen Fluch, Trauer und Sehnsucht nach ihrer Mutter die sie nie gekannt hat, dem was sie für Nadir empfindet und der Liebe einer Mutter für ihre Tochter. Ihr Blick verliert sich für einige endlose Augenblicke im grüngoldenen Dunst zwischen den Säulen, wandert ziellos umher und verharrt dann auf dem Gesicht der Anukis-Statue. Ihre Stimme scheint von weit her zu kommen, als sie schließlich weiterspricht.
"Die Legende von Winterwind und dem Dämonenfürst.... Thrandar hat Recht, sie ist alt, sogar sehr alt, und zugleich ist sie sehr jung. Sie nimmt ihren Anfang vor vielen tausend Jahresläufen, auf den Himmelsinseln im Unsterblichen Reich,... im Westen der verloren ist...." sie holt tief Luft ehe sie mit einem zittrigen Lächeln fortfährt, "...und sie findet ihr Ende im Sonnenthron des vergangenen Jahres... Und daß Thrandar meint, nur ich könnte sie erzählen, wobei er vermutlich eigentlich meint, nur ich könne sie so erzählen, wie es wirklich geschehen ist... nun,... das liegt wohl daran, daß Amithra Winterwind, jene Priesterin, von der die Legende berichtet, daß... sie... daß sie meine Mutter ist." Erwartungsvolle Augen sehen sie an, Gesichter, in denen die Fragen stehen wie in aufgeschlagenen Büchern. Man muss weder Elb noch Empath sein, um zu wissen, was in diesem Moment in den Köpfen der Novizen vorgeht. Mit einer abwehrenden Geste schüttelt Arwen den Kopf. "Ich weiß nicht, was ihr über diese Legende schon wisst, wenn sie euch noch niemand in Gänze erzählt hat. Aber es ist mit ihr wie mit den meisten Legenden: Nicht alles, was man sich erzählt, ist auch wirklich so passiert. Legenden sind wie Nebel, sie verbergen die Wahrheit... Aber heute werde ich euch nicht mehr von Amithras Kampf gegen den Dämonen erzählen, dazu ist die Geschichte zu lang. Ein anderes Mal... vielleicht."  

Eluna will die Novizenschar gerade mit energischen Worten und einem antreibenden Händeklatschen aufscheuchen, damit sie sich nun endlich zum Kräutermaester begeben können, als einer der älteren Novizen sich noch einmal umdreht und an Arwen wendet. "Wenn die Legende ihr Ende im letzten Sommer gefunden hat, heißt das dann, daß der Dämonenfürst da vernichtet wurde, daß ihr ihn vernichtet habt?" Arwen kann spüren, wie sich auch die Blicke der anderen auf sie richten, kann sehen, wie sich diese Blicke von Neugier in eine staunende, fast ungläubige Ehrfurcht wandeln, als sie zögernd nickt. Und diese Blicke und das was in den Köpfen der Jungen und Mädchen vermutlich damit verbunden ist, sind ihr derart unangenehm, daß sie sich innerlich zu winden beginnt und sich verzweifelt wünscht, dieses Thema wäre nie zur Sprache gekommen. "Ja, er wurde vernichtet. Aber ich war nicht alleine. Ich hatte Freunde, sehr gute Freunde, die mir geholfen haben, und ohne die ich es nie geschafft hätte. Wisst ihr... wirkliche Freunde sind ein Geschenk der Götter, man kann es nur in Dankbarkeit annehmen und hüten wie einen unermesslichen Schatz. Denn selbst wenn ihr alles Gold Rohas auf einen Haufen schaffen würdet, es wäre doch nur ein winziger Bruchteil dessen, was wahre Freundschaft wert ist... Aber das gehört alles zu der Geschichte, die ich euch ein anderes Mal erzählen werde... Und nun aber los, der Maester wartet schon im Kräutergarten auf euch."

Eluna hat die Novizen auf- und aus dem Tempelinneren gescheucht, doch als Arwen Anstalten macht, ihre Tochter aus dem Tuch zu wickeln und hochzuheben um ihr zu folgen, winkt die grauhaarige Frau ab. "Nein, lasst nur, das schaffe ich zusammen mit dem Kräutermaester auch alleine. Bleibt hier und lasst die Kleine schlafen. Ich komme euch holen, wenn wir mit den Kräutern fertig sind." Die Frau will sich schon abwenden um den Novizen zu folgen, als sie sich nochmal umdreht und Arwen ansieht. "Ar-... es tut mir leid, Frau Arwen, dass ich ihnen die Fragen gestattet habe. Aber ich hatte keine Ahnung, was sie alles fragen wollten, das müsst ihr mir glauben."  Die Frau wirkt ehrlich zerknirscht, was Arwen die Hand nach ihr ausstreclken lässt. "Eluna, bitte, ich mache niemandem einen Vorwurf, und euch am allerwenigsten. Und was soll diese förmliche Anrede? Ihr habt mich bisher auch bei meinem Namen genannt. Ich wüsste keinen Grund, der daran etwas geändert hat ... Ich glaube nicht, dass Thrandar damit einverstanden wäre, wenn ich hier bliebe. Er hat mich sicher nicht ohne Grund heute morgen extra hier her holen lassen." Langsam kehrt ein Lächeln in das Gesicht der grauhaarigen Novizenmeisterin zurück. "Ach Thrandar, der... oh... Meister Thrandar..." Was auch immer Eluna sagen wollte, sie bricht mitten im Satz ab, richtet ihren Blick an Arwen vorbei auf die offenen Tempeltore und neigt respektvoll grüßend den Kopf. Auch Arwen wendet den Kopf und folgt dem Blick der Menschenfrau. Im Gegenlicht ist zwar nur eine Silhouette zu erkennen, aber die ganze Haltung reicht aus, um darin den Vorsteher des Tempels zu erkennen. "Ich gehe dann mal in den Kräutergarten, man wartet sicher schon auf mich." Ein kurzer verstohlener Blick, den Eluna der Elbin noch zuwirft, dann ist sie auch schon in Säulenschatten und grüngoldenem Dunst verschwunden, und nur das leise Rascheln ihres Gewandes begleitet die Novizenmeisterin. Wie ein Echo klingt das Wispern von Arwens Gewändern, als sie sich aus dem Smaragdgras erhebt und Thrandar ebenso respektvoll grüßt. Laon und Nuba, die sich mit dem Erscheinen des Priesters erheben wollen, bedeutet Arwen mit einer knappen Geste, ihre Plätze neben Rialinn zu behalten.

"Meister Thrandar, Anukis zum Gruße. Die Vorsehung muss euch hergeführt haben, ich wollte euch ohnehin aufsuchen, um mit euch zu reden... über meine Aufgaben hier im Tempel." Rialinn gibt leise Unmutslaute von sich, wie immer, wenn sie zu erwachen beginnt. Und kaum hat sie die Augen aufgeschlagen, als sie ihre kleinen Arme auffordernd nach ihrer Mutter ausstreckt. Eine Aufforderung, der die Elbin auch umgehend nachkommt und ihre Tochter hochhebt, um sie an ihre Schulter zu legen. Allerdings scheint der die Blickrichtung nicht zu gefallen, denn Rialinn stemmt sich von der Schulter weg, dreht sich halb herum und beäugt aus der Sicherheit der mütterlichen Arme neugierig den Mann in den grünen Gewändern. Was jeden anderen lächeln lassen würde, entlockt dem Tempelvorsteher jedoch nicht einmal die Andeutung eines Schmunzelns. "Mich sprechen wollt ihr? Wegen eurer Aufgaben?... Seid ihr sicher, dass es nicht um euren Rang hier im Tempel geht, Shu'ra?" Seine Stimme ist kühl wie immer - also fast schon unterkühlt - aber diesmal hat sie einen beißend scharfen Unterton, und das letzte Wort zischt er fasst. "Zur Mittagszeit, wenn Shenrahs Auge seinen höchsten Stand hat. Ich schicke jemanden, der euch holt, wenn ich Zeit für euch habe." Ohne jedes weitere Wort oder einen Gruß dreht er ihr abrupt den Rücken zu und verschwindet durch das Portal im hellen Sonnenlicht des Tempelhains.

Sprachlos starrt Arwen dem Mann hinterher. Diese offene Ablehnung und der Tonfall haben sie völlig überrumpelt. Laon und Nuba hat es nicht auf ihren Plätzen gehalten, ob der kaum verhohlenen Angriffslust in Tonfall und Haltung des Mannes sind sie aufgesprungen und haben sich wachsam neben Arwen postiert. "Rhunarir-te!" Bleibt! Das leise Wort genügt, um die Hunde daran zu hindern, dem Mann zu folgen, und mit einem kurzen, tonlosen Grollen lassen sich die beiden Hunde wieder im Gras nieder. "Glählalalammhmm?" "Nein, meine Kleine, ich weiß auch nicht, was das sollte. Ich meine, überschwängliche Freundlichkeit war noch nie seine Art. Aber DAS?..." Wieso plötzlich diese Anrede? Shu'ra hat er mich noch nie genannt... Wie lange hat er schon zugehört? Hat er die Fragen der Novizen mitbekommen?

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 11. Juni 2005, 10:58 Uhr
"Wundert es euch wirklich, wie Thrandar auf euch reagiert?" Eluna tritt aus dem Schatten der Säulen, sieht Arwen prüfend an und schüttelt bei den offenen Verständnislosigkeit imBlick der Elbin mit einem kleinen Lächeln den Kopf. "Es ist euch wirklich nicht bewusst, oder?... Götter im Himmel, ihr solltet euch selber einmal sehen, wenn ihr morgens hier erscheint: Augen so grün wie Smaragde, eure Haut im Sonnenlicht wie Alabaster und Goldstaub und dann die beiden Hunde, weiß und dunkelgrau. Es braucht nicht viel Phantasie, um darin einen Wink der Götter zu sehen, wohin euch euer Weg noch führen mag." Arwen erstarrt, als sie langsam, sehr langsam begreift, was die Frau ihr sagen will, und was ihr Denken sich lange Augenblicke schlicht weigert zu begreifen. "Aber das... das ist ... Thrandar ist der Oberste Priester hier, der Vorsteher des Tempels. Ich habe nicht vor, Anspruch auf seinen Platz zu erheben oder ihm seinen Rang streitig zu machen. Allein der Gedanken ist absurd, Eluna. Ich bin eine einfache Priesterin, so wie ihr auch. Und mehr will ich auch gar nicht sein." Die grauhaarige Novizenmeisterin lächelt noch immer auf eine Art, die Arwen langsam aber sicher unheimlich wird. "Eine einfache Priesterin also... Kind, Kind, Kind..."
Die Menschenfrau stutzt und macht eine entschuldigende Geste, als ihr bewusst wird, daß die Elbin vor ihr vielleicht aussehen mag wie eine junge Frau, tatsächlich aber um ein Vielfaches älter ist als sie selbst. "Ihr tragt Winterwinds Medaillon! Das Medaillon, das nicht nur für uns Menschen, sondern selbst bei den Elben nur noch eine Legende aus längst vergangenen Zeitaltern war, verloren in den Nebeln der Zeit. Ihr habt den Fluch gebrochen und den Dämon vernichtet. Einen Erzdämon, den einst nicht einmal eure Mutter überwinden konnte, und die war eine Hohepriesterin... Und nun behauptet noch einmal, ihr wäret nur eine einfache Priesterin...." Arwen öffnet den Mund um etwas zu entgegnen, schließt ihn dann unverrichteter Dinge wieder. Sie sucht nach den richtigen Worten um der Menschenfrau zu erklären, wie falsch deren Vermutungen und Deutungen sind. "Aber ich bin eine einfache Priesterin! Der Fluch... das Medaillon... der Dämon... Himmel, Eluna. Ich habe das doch alles nicht alleine geschafft. Nur zusammen mit meinem Gemahl konnte ich das Buch überhaupt öffnen, das uns den Weg wies. Und nur zusammen mit zwei anderen Priesterinnen, zwei Hohepriesterinnen deren Macht ungleich größer ist als meine, war es möglich den Dämon zu bezwingen. Während Nadir und Cron die Höllenkreaturen in Schach hielten, die im Gefolge des Schattendieners erschienen waren... Alleine hätte ich das alles nie geschafft. Alleine wäre es unmöglich gewesen."

Die grauhaarige Frau sieht sie lange Augenblicke nur schweigend an. Schweigt und sieht sie an, so lange, daß es Arwen unangenehm wird, und sie nervös beginnt Rialinn die Haare aus dem Gesicht zu streichen, die der wie immer in wilden Locken um den Kopf liegen. "Arwen... Ist euch jemals der Gedanken gekommen, daß eure Stärke genau darin liegt? Daß ihr Freunde, Vertraute und einen Gemahl hattet, die ihr um Hilfe bitten konntet? Es braucht Mut, seine eigene Schwäche einzugestehen, vor allem vor sich selber. Und es braucht noch mehr Mut und auch innere Stärke andere dann auch um Hilfe zu bitten." Das Gesicht der Elbin kann den aufkommenden Gefühlswirrwarr nicht ganz verbergen, und das Kind auf ihrem Arm wird unruhig, schmiegt sich wie schutzsuchend eng an den Hals seiner Mutter und verbirgt das kleine Gesicht in den dunklen Haaren. "Mut? Stärke?... Götter!... Ich habe mich nie zuvor erbärmlicher gefühlt, als in den Momenten, als ich meine Freunde um Hilfe gebeten und sie damit in allergrößte Gefahr gebracht habe, sie und ihre ungeborenen Kinder... Wenn ich eine andere Wahl gehabt hätte..." Die Gefühle von damals, Scham, Angst, Erleichterung und Dankbarkeit kommen wieder in Arwen hoch. ...aber die hatte ich nicht... ich hatte keine andere Wahl, als sie zu fragen und zu bitten...  
"Zwei Priesterinnen waren an eurer Seite, zwei Hohepriesterinnen... Ich bin nicht dabei gewesen, aber ich kann mich an einen Tag im Sturmwindmond des vergangenen Jahres erinnern. Die Schmetterlinge im Tempel waren in hellem Aufruhr, mitten in der Morgenandacht begannen sie wie wild herumzuflattern, sammelten sich in der Kapelle von Nimrod Schattenjäger und Thrandar war... es ging ihm an jenem Tag nicht gut, er war abgelenkt, so als würden seine Gedanken ständig wandern und an ferne Orte gerufen werden... Und wenn ich nachfragen würde, könnte man mir vermutlich aus zwei anderen Tempeln von ähnlich merkwürdigen Vorfällen berichten... Ich kann mir also mehr als nur vage vorstellen, welche Mächte ihr entfesselt haben müsst, um diesen Dämon zu vernichten. Und glaubt mir, einfache Priesterinnen wären dazu niemals in der Lage gewesen." Wieder versucht Arwen der Frau zu widersprechen, mit ruhiger Stimme, um ihre Tochter nicht noch weiter zu beunruhigen, aber deshalb nicht weniger entschieden. "Ab-" Vergeblich, Eluna lässt sie ihre Erwiderung gar nicht erst aussprechen. "Kein Aber! Nehmt es als gegeben hin. Wir alle sind Kelche in den Händen der Götter. Und sie alleine entscheiden, womit sie diese Kelche füllen, welche Macht sie uns anvertrauen. Und euch haben sie scheinbar große Macht anvertraut." Die grauhaarige Frau lächelt noch immer, und in ihren Augen schimmert ein warmes Schmunzeln. "Auch wenn ihr es nicht wahrhaben wollt, Arwen. Thrandar weiß es, ebenso gut wie die Priester hier, und selbst die Novizen ahnen es... schon gut, ihr wollt es nicht hören, aber das ändert nichts an den Tatsachen... Geht zu Thrandar, diesem alten Griesgram. Redet mit ihm, und ihr werdet sehen, daß er hinter seiner harschen Art sehr verständnisvoll sein kann... wenn er will ... oh, schaut mich nicht so an, Arwen. Er ist nur halb so bärbeißig, wie er immer tut... Nehmt eure Tochter, jetzt wo sie ohnehin schon wach ist, und kommt mit in den Kräutergarten. Setzt euch dort zu uns. Die Kleine kann dort gefahrlos herumkrabbeln, und auch die Hunde könne sich bewegen, ohne dass jemand einen Grund hätte sich daran zu stören."

Wirklich abwarten tut sie Arwens Antwort nicht, sondern bückt sich umgehend nach Rialinns Tragetuch und der Tasche. Und ehe Arwen es sich versieht, findet sie sich mit Eluna, dem Kräutermeister und einer inzwischen wieder aufgeregt durcheinander schnatternden Novizenschar im Kräutergarten des Tempels wieder. Sie sucht sich einen Platz im Schatten der Kiefern und legt Rialinn auf das Tuch, in der Hoffnung ihre Tochter würde vielleicht noch eine Weile ruhen. Doch die hat nichts dergleichen vor. Kaum wieder festen Boden unter sich, krabbelt sie zielstrebig einen Schritt weiter und widmet sich hingebungsvoll der Klee-Ernte.

"Diese Pflanze hier ist etwas besonderes. Nicht nur, dass man daraus wunderschöne Kränze für hübsche Mädchen flechten kann." Die sommersprossige Novizin, die sich plötzlich blumenbekränzt inmitten der anderen wiederfindet, läuft bis in die Haarspitzen rot an und wünscht sich nichts als ein Mauseloch, in das sie sich verkriechen kann, um dem Mittelpunkt des Interesses zu entgehen. Doch der Kräutermaester erlöst sie rasch, indem er ihr die blühenden Ranken vom Haar nimmt. "Nicht nur, dass ihre gelben und orangeroten Blüten jede Maid zieren. Die Corbinskresse ist ebenso bei den Heilern wie den Küchenmeistern beliebt. Während ich für meine Aufgüsse und Tinkturen die Blüten und Blätter brauche, erscheint unser Küchenmeister immer dann hier im Garten, wenn er Blütenknospen und später dann die noch unreifen Früchte ernten kann. Allerdings will er daraus ja auch keine Tinkturen machen, sondern legt sie erst in Salz und später dann in Essig ein. Nun schaut nicht so ungläubig, ihr habt sie schon viele Male gegessen. Allerdings nicht im Ganzen, sondern gehackt, als Würze in den Mahlzeiten.
Nur mit halbem Ohr hört Arwen dem Priester bei seinen Ausführungen zu. Ihre Aufmerksamkeit gilt ihrer Tochter, die unterdessen das Interesse an den Kleeblüten verloren hat und zielstrebig auf Nuba zukrabbelt. Die weiße Hündin hat sich im unsteten Halbschatten niedergelassen, hoheitsvoll wie eine Sphinx und ignoriert jeden Versuch Laons, sie noch weiter zum spielen zu veranlassen. Hechelnd von der Grünglanzwärme liegt sie dort und schaut mit schräg gelegtem Kopf der kleinen Elbin zu, die nun neben ihr angelangt ist und energisch den kleinen Windelpo in die Luft reckt. Ein seltsamer, überdimensionaler Käfer, der da nun anstatt auf Händen und Knien auf Händen und Füßen steht, vor sich hin brabbelt, und dann die Hündin als Hilfestellung benutzt, um die Hände vom Boden zu lösen und sich aufzurichten. Dass sie dabei mehr als einmal recht fest am Fell Nubas zieht, scheint die weniger zu stören, sondern sie scheint das Ganze mit derselben Gelassenheit zu betrachten wie sie auch das übermütige Spiel pelziger Welpen betrachten würde. Rialinn steht nun, wenn auch noch recht wackelig, aufrecht da, die kleinen Hände aus Nubas Fell gelöst, strahlt ihre Mutter an und macht eine kleinen, wackeligen Schritt vorwärts. "Glaaa'ha?" Dass sie vor Staunen und Spannung den Atem angehalten hat, merkt Arwen erst jetzt. Behutsam streckt sie ihrer Tochter die Arme entgegen." Ja, was ist denn das? Die Kleine kann schon laufen!" Mit ruhigen Worten und sachten Bewegungen, um ihre Tochter nicht zu erschrecken oder gar in ihrer Konzentration zu stören, richtet Arwen sich auf die Knie auf, die Hände nach ihrer Tochter ausgestreckt, und bereit sie jederzeit aufzufangen, sollte sie das Gleichgewicht verlieren. Doch die macht keinerlei Anstalten zu fallen, zwar noch etwas wackelig, aber erstaunlich zielstrebig setzt sie einen Fuß vor den anderen und erreicht schließlich die Arme ihrer Mutter, die sie voller Freude und Stolz in die Arme schließt. "Weißt du, dass dein Vater Recht hatte, kleine Dame?" Sie hat Rialinn unter den Armen gefasst, hebt sie hoch über ihren Kopf und lässt sich selber dabei auf den Rücken fallen. Dieses 'Fliegen' entlockt Rialinn wie stets begeistertes Krähen. "Du bist wirklich frühreif. Schon vor deinem ersten Namenstag fängst du an zu laufen. Lass mich raten, das Sprechen wird auch nicht mehr lange dauern, oder?" Begeistertes strampelnd quittiert Rialinn die Landung auf dem Bauch ihrer Mutter. "Gläähhm lehammam." Dass im Kräutergarten unterdessen schweigsame Stille herrscht, und mehr als ein Dutzend Augenpaare die ersten Schritte ihrer Tochter beobachtet haben, kriegt Arwen vor lauter Begeisterung und Mutterstolz gar nicht mit.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 15. Juni 2005, 10:54 Uhr
Shenrahs Auge hat seinen höchsten Stand schon längst überschritten, als Arwen vor der dunklen Steineichentür steht, die zu Thrandars Räumen führt und anklopft. Rialinn hatte nach einigen weiteren Gehversuchen ein wenig geruht und stützt sich jetzt im Arm ihrer Mutter hoch, um die noch verschlossenen Tür eingehen zu beäugen, ganz so als wolle sie mit ihren großen Kinderaugen durch das Holz hindurch schauen. Flankiert von Laon und Nuba wartet Arwen darauf, daß Thrandar sie herein bittet. Und sie muss deutlich länger warten, als das sonst der Fall ist, ehe eine gedämpfte Stimme durch die Tür dringt. Thrandar erwartet sie in der Mitte des Raumes, und der Ausdruck seines Gesichtes ist ähnlich reglos wie der einer Totenmaske. "Meister Thrandar," sie neigt grüßend den Kopf. "Danke, daß ihr euch die Zeit für mich nehmt. Was ich mit euch besprechen möchte, ist für mich von großer Wichtigkeit." Ganz gleich, wie sehr sein Tonfall und seine Worte sie vorhin im Tempel auch getroffen haben mögen, Arwens Stimme ist ruhig und höflich. Auf keinen Fall hat sie vor, ihm gegenüber die Form zu verletzen oder ihm einen Grund zu geben, sich angegriffen zu fühlen. "Was sollen die beiden Hunde hier? Ich dachte, ich hatte mich damals klar genug ausgedrückt, Arwen. EIN Hund ist mehr als genug... Als ob ihr hier in diesen Räumen den Schutz eines Hundes bräuchtet... Schickt sie hinaus, sie sollen vor der Tür auf euch warten." Weder Ton noch die Wortwahl tragen dazu bei, daß Arwens Anspannung sich legt, im Gegenteil. Und die beiden Hunde spüren das nur zu genau. Sie muss nicht hinsehen, um zu wissen, daß beide den Mann vor ihr mit wachsamer Aufmerksamkeit betrachten. "Das werde ich nicht tun." Sie weicht dem Blick Thrandars nicht aus. Ihre Absicht, jeden Streit mit dem Tempelvorsteher zu vermeiden, löst sich augenblicklich in Luft auf. Hier und heute, würde sie mit ihm nicht nur ihr Aufgaben hier im Tempel klären, sondern auch das, was seit über einem Jahreslauf zwischen ihnen schwelt. "Ich habe nicht vor, die Hunde fortzuschicken. Sie werden euch ebenso wenig etwas tun wie mir oder meiner Tochter." So lange ihr den Frieden wahrt. Diesen Gedanken spricht sie nicht aus, aber es ist den Hunden nur unschwer anzusehen, daß sie den Priester zu jenen zählen, den sie nicht auf weniger als einen Schritt an Mutter und Kind heranlassen würden. Ein scharfes Ausatmen und eine wegwerfende Handbewegung sind die einzige Reaktion des Mannes, aber man muss auch kein Hellseher sein, um zu wissen, daß das seine Laune bestimmt nicht verbessert hat. Friedfertigkeit ist nicht der Ausdruck, der in seinem Gesicht und seiner Körperhaltung vorherrscht.

"Also, was ist mit euren Aufgaben hier, das ihr mit mir besprechen wollt?... Es ist noch keine zwei Jahresläufe her, seit ihr dem Ruf Anukis' gefolgt seid und euch als Priesterin in den Dienst des Tempels gestellt habt. Oder ist es eigentlich euer Rang hier im Tempel, der euch zu mir führt? Ich habe eure Unterhaltung vorhin mit den Novizen sehr wohl mitbekommen. Elbin hin, Prinzessin her. Noch bin ich der Oberste Priester und Vorsteher dieses Tempels. Ihr werdet es also sicher verstehen, wenn ich nicht vor euch das Knie beuge und um Erlaubnis bitte, wem ich welche Aufgaben zuweise, Shu'ra." Das Wort trifft sie wie eine Ohrfeige. Nur jahrelang geübte Selbstbeherrschung lässt Arwen die Fassung wahren und nicht zusammenzucken. Noch nie zuvor hat sie erlebt, daß jemand diese eigentlich respektvolle Anrede mit solcher Verachtung ausgesprochen hat. "Muss ich euch erst an eure Mutter erinnern? Zu stolz, Hilfe zu erbitten, trat sie einem übermächtigen Dämon alleine entgegen. Ein Hochmut, der zu Versagen, Fluch und Tod führte. Zu hochgeboren, um zu erkennen, an welchen Platz eine Frau und Mutter gehört." Vieles hätte Arwen hinnehmen können, doch was zuviel ist, ist zuviel. "Lasst meine Mutter aus dem Spiel! Ihr habt nicht die geringste Ahnung, was sie tat, und warum sie es tat. Und ihre Beweggründe würdet ihr ohnehin nicht begreifen, selbst wenn ich versuchte, sie euch zu erklären." Kurz streicht sie ihrer Tochter über den Lockenkopf, die den unterdrückten Aufruhr ihrer Mutter ebenso spürt wie die Hunde, und schutzsuchend die kleinen Hände in den Kleiderstoff gräbt. Mit leiser, ruhiger Stimme spricht Arwen weiter, bemüht, ihr Kind nicht noch mehr spüren zu lassen, was in ihr vorgeht. "Ja, ich bin in jenem Sommer dem Ruf der Hüterin gefolgt. Und ich habe mich in den Dienst des Tempels gestellt. Aber damals war meine Situation eine völlig andere als heute. Damals ging ich noch davon aus, daß ich die Geburt meiner Tochter ohnehin nicht überleben würde. Und wenn ich ehrlich bin, wusste ich auch nicht, welche Pflichten mich erwarten würden. Heute weiß ich es: Die Führung eines Hauses wie Vinyamar, mein Gemahl und mein Kind, und nicht zuletzt auch der Tempel. Es bedeutet mir viel, hier zu sein, zu helfen, und die Novizen zu unterweisen, soweit ich es kann, Anukis zu dienen. Aber alles zusammen sind es mehr Pflichten als ich erfüllen kann. Ich bin dem nicht gewachsen, zumindest nicht zur Zeit. Und nicht so, daß ich jedem so gerecht werden kann, wie es ihm zusteht." Für einen kurzen Augenblick wendet Arwen den Blick von Thrandar ab und lässt ihn über die Bücher und Pergamente auf dem Tisch des Tempelvorstehers wandern. "Ich weiß nicht, was euch zu der Annahme verleitet hat, Meister Thrandar, aber weder strebe ich nach den Weihen einer Hohepriesterin, noch will ich euren Platz einnehmen. Ich bin es zufrieden, so wie es ist. Ich möchte euch im Gegenteil darum bitten, mich von meinen Pflichten hier im Tempel zu entbinden, von jenen Aufgaben, die meine regelmäßige und tägliche Anwesenheit hier erfordern. Ich werde gerne kommen, wenn meine Hilfe hier von Nöten ist, und auch zu den Andachten werde ich kommen so oft es mir möglich ist. Aber im Moment ist es für mich wichtiger, meiner Aufgabe als Mutter gerecht zu werden. So lange es noch so klein ist, geht mein Kind für mich vor." Noch immer unruhig rangelt Rialinn auf ihrem Arm umher, sucht eine bequemere Haltung und kuschelt sich enger an Arwens Hals, wo sie das Gesicht in den dunklen Haaren ihrer Mutter verbirgt, und leise vor sich hin brabbelt.

"Euer Kind!? Sooo wichtig kann es euch ja nicht sein. Es trägt ja nicht einmal den Namen seines Vaters! Wollt ihr denn jede, auch die allerletzte Erinnerung an Lord Silberstern vernichten? Sie ist immerhin seine Tochter!" Die Stimme des Priesters klingt aufgebracht und wird vor unterdrückter Empörung lauter als zuvor. Auf den Gängen vor den Räumen wird man ihn auch ohne lauschen zu müssen gut verstehen können. Doch das ist sein Problem, nicht Arwens. "Sie trägt den Namen ihres Vaters, sie ist eine Lyresfian." Nur mühsam gelingt es Arwen ihre Stimme auch weiterhin ruhig klingen zu lassen, etwas, das sie in ihrem Inneren ganz und gar nicht ist. "Sie trägt den Namen des Mannes, der mir beigestanden hat, als sie geboren wurde, der jeden Zahn den sie bekommt mit ruhelosen Nächten begleitet und sie tröstet, wenn sie weint, der ihre ersten Worte hören und ihre ersten Schritte sehen wird. Den Namen des Mannes, der sie aufwachsen sieht." Thrandars Gesicht wechselt seine Farbe von einem aufgebrachten Rot zu entgeistertem Weiß, als er die Bedeutung dessen begreift, was er da hört, und was die Elbin mit ihren nächsten Worten noch bekräftigt. "Falcon Silberstern hat sie gezeugt. Ja. Das alleine macht ihn aber nicht zu ihrem Vater. Ihr Vater war er nicht, ist er nicht und wird er auch nie sein. Und das nicht nur, weil er tot ist. Er wäre auch dann nicht ihr Vater, wäre er lebend von diesem Feldzug zurückgekehrt. Als er sich in jenem Winter entschied, sich von mir zu trennen und sich abzuwenden, da hat er sich auch gegen das Kind entschieden. Die Ehe wurde für nichtig erklärt. Auf mein Bestreben hin, ja, aber das lasse ich mir nicht vorwerfen. Es war mein gutes Recht, nachdem was geschehen war. Er hatte keinen Anspruch mehr, weder auf mich noch auf das Kind... Anders mein Gemahl. Lord Nadir hat seit dem Tag, da wir zusammenkamen," was Thrandar unter diesem Zeitpunkt versteht, ist Arwen in diesem Augenblick vollkommen gleichgültig, "Anspruch sowohl auf mich als auch auf das Kind erhoben. Und er wusste von Anfang an, von wessen Blut es ist." Auch nachdem sie geendet hat, schlägt das Herz hart in ihrer Brust, und sie kann spüren, wie ihr das Blut laut und rauschend durch die Adern pulsiert.
"Euer Gemahl," das Schnauben, das Thrandars Worte unterbricht könnte unter andern Umständen viele Bedeutungen haben, aber jetzt klingt es deutlich eher verächtlich als wohlwollend, "Mich wundert das Gerede nicht im geringsten, das über euch auf dem Markt in Umlauf  gewesen ist... Wer auch immer euch getraut haben mag, ein Priester der Anukis war es nicht. Und ich habe auch aus keinem der anderen Tempel gehört, daß man dort eine hochgeborene Elbin in angemessenem Rahmen vermählt hätte. Aber vielleicht ist ihm die Ehe mit euch einen solchen Aufwand ja nicht wert gewesen." Wieder, wie schon so oft, benutzt der Oberste Priester des Anukis-Tempels Worte wie Pfeile. Doch dieses Mal hat er sich in der Reaktion der Elbin vor ihm verschätzt. Denn anders als sonst, ist sie heute nicht eben in sanfter Stimmung, nicht nach dem, was sie vorhin von Eluna gehört hat, nicht nach dem, wie Thrandar sich ihr gegenüber verhält und was er ihr mit Worten an den Kopf wirft. Sie hat es endgültig satt, sich ständig verteidigen und rechtfertigen zu müssen. In diesem Augenblick verflucht sie den Schatten, den der Templer immer wieder auf ihr Leben wirft, auch noch nach seinem Tod. Das und die Engstirnigkeit mancher Leute. "Nein, es war kein Priester der Hüterin, und die Trauung fand auch in keinem Tempel statt, da habt ihr Recht." Wut flammt jetzt unverhüllt in ihrem Blick, fährt mit lodernder Flamme durch ihr Herz und lässt ihre bisher mühsam beherrschte Stimme klingen wie das aufgebrachte Fauchen einer Katze, die jemand in die Ecke gedrängt hat. "Den Aufwand nicht wert? Was wisst ihr denn schon!" Mühsam ringt sie um Luft und versucht den Zorn in ihrem Inneren zu besänftigen - vergeblich. Dankt den Göttern, daß der Fluch längst gebrochen ist, Thrandar, ansonsten wäre das hier euer Tod, und ich könnte nichts tun um es zu verhindern...  Jener denkwürdige Tag in Ninianes Baum, das Silberbuch, die Nacht zuvor, die Vorbereitungen für die Dämonenjagd, die Trauung, Niniane, Cron, Morgana, der Weg durch das Larisgrün zu den weißen Grotten von Serershen So'Tar, die Vereinigung des Medaillons und der Kampf mit dem Dämon. Bilder tauchen aus den Tiefen der Erinnerung auf - unerwartet und ungefragt - , rollen einer Woge gleich über Arwen hinweg und reißen sie beinahe mit sich fort. Bilder, unter deren Eindruck sie sich innerlich schüttelt wie ein Katze, die in den Regen gekommen ist. Aber dann ist ihr Blick wieder auf Thrandar gerichtet, kalt, beherrscht und angefüllt mit einer noch immer unterschwellig lodernden Wut. "Tenn'ra Niniane hat uns vermählt, in ihrem Baum am Smaragdstrand.... Nennt mir hier in Talyra auch nur eine Person von höherem Rang, die uns hätte trauen können. Nadir Shunjalir ist mein Gemahl, und Rialinn ist seine Tochter. Nehmt es hin, Thrandar, wenn ihr es schon nicht akzeptieren könnt oder wollt, aber schweigt dazu. Und hört endlich damit auf, uns anzufeinden, kaum daß ihr eines von uns ansichtig werdet."

Sprachlos starrt der Priester die Elbin vor sich an. Er kann sehen, wie die Ader an ihrem Hals pulsiert, die lodernde Wut in ihren Augen und das stumme Unverständnis in den Augen des kleinen Kindes auf ihrem Arm... und er spürt das tonlose Grollen der beiden Hunde. Thrandar hat einiges als Reaktion von Arwen erwartet, doch sicher nicht das, was er eben erlebt hat. Wie alle anderen auch kennt er sie nur als stets beherrscht, höflich und freundlich. Nur ein Mal zuvor hat er sie ihre Stimme erheben hören. Selbst in den seltenen Fällen, in denen sie einen der Tempelzöglinge hat zurechtweisen müssen, hat ihre Stimme, ihre ganze Art immer etwas Sanftes an sich gehabt. Aber von Sanftheit ist bei dieser Frau vor ihm nun nicht im Geringsten etwas zu spüren, sie hat eher etwas von einer Wildkatze.

Zeitlos lange Augenblicke liegt Schweigen über dem Raum. Ein Schweigen, das nach den hitzigen Worten die vorangegangen sind um so lastender ist und sich ausbreitet wie zäher Nebel. In diesen zeitlosen Momenten mustert Thrandar die Elbin vor sich eingehend. Hoch aufgerichtet steht sie vor ihm, und von der Sanftheit, mit der sie ihr Kind hält, ist in ihrer sonstigen Haltung und den Blicken die ihm gelten nichts zu spüren. Und noch etwas kann er in ihrem Blick entdecken: den unbeirrbaren Willen nicht nachzugeben. Sonnenlicht lässt das Medaillon auf dem grünen Stoff schimmern und zieht seinen Blick an. Yalaris und ein Smaragd von solch innerem Feuer, wie es in den Immerlanden wohl keinen zweiten gibt. Uralt. Älter selbst als Winterwinds Fluch. Der Anblick des Medaillons lässt ihn erstarren. Er hatte Arwen zu sich gerufen, in der festen Absicht, es auf einen Machtkampf ankommen zu lassen, seine Position hier im Tempel ein für alle Mal klarzustellen. Doch jetzt, in diesem Augenblick erkennt er, wie sinnlos das ist. Und das nicht nur, weil Arwen nicht nach seinem Platz strebt - er glaubt ihren Worten unbesehen, wie er sich widerwillig eingestehen muss. Ihm wird in diesem Augenblick klar, daß sie mehr ist als einfach nur die Tochter von Amithra Winterwind, daß das Wort 'Erbin' hier noch eine ganz andere Bedeutung hat.
Sein tiefes Atemholen durchbricht die Stille, und sofort ist die Aufmerksamkeit von Mutter, Kind und Hunden auf ihn gerichtet. Mit einer Handbewegung, als wolle er alles was zuvor gesagt wurde fortwischen, ergreift Thrandar das Wort.  "Nun gut... Ihr wollt vom Tempeldienst entbunden werden, dann soll es so sein. Sollten sich jedoch Dinge ereignen, die eure Anwesenheit hier erfordern, werde ich nach euch schicken lassen." Auch wenn er jetzt weiß, wie unsinnig die Konfrontation gewesen ist, die er ganz bewusst herbeigeführt hat, er würde sich nicht entschuldigen, oder seine Worte zurücknehmen. Worte, die er in dem Moment als er sie ausgesprochen hat auch so gemeint hat. Auch wenn er jetzt weiß, wie dumm es gewesen ist. "Nur aus einer Pflicht werde ich euch nicht entlassen." Er kann sehen, wie Wachsamkeit im Blick Arwens aufblitzt. "Ihr habt den Protektor des südlichen Larisgrüns hier im Tempel hergerichtet und aufgebahrt. Doch auch die heiligen Totenöle könne ihn nicht ewig bewahren. Der Lordcommander hat mich wissen lassen, daß die Stadtwache ihm eine Ehrenwache als Geleit geben wird. Es wird Zeit, daß er beigesetzt wird, kümmert euch darum... Ach ja, und sorgt doch bitte dafür, daß eure ...Freunde," er stockt kurz vor dem Wort, "sich angemessen verhalten, so sie denn hier im Tempel erscheinen. Ich will nicht wieder erleben, daß wildgewordene Nordmänner den Frieden und die Andacht des Tempels stören." Ein Neigen des Kopfes ist alles, was er an Antwort erhält, doch kann er sich des Eindrucks nicht erwehren, daß so etwas wie ein Schmunzeln um die Lippen Arwens gespielt hat. Ohne darauf einzugehen, entlässt er Arwen mit einem ebenso stummen Kopfnicken.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 26. Juni 2005, 13:30 Uhr
Es ist noch früher Morgen, als Arwen aus dem Goldbuchenportal des Tempels tritt und tief Luft holt. Die Luft ist noch frisch, trägt in sich aber ebenso die Erinnerung an Tau und die Kühle der Nacht wie das Versprechen auf einen sonnigwarmen Tag. Prüfend wandert ihr Blick in den klaren Himmel, der sich hoch und azurblau über Roha spannt. Es wird warm werden heute, viel wärmer als sonst zu dieser Zeit... und die nächsten Tage auch... Daß Thrandar den Leichnam ein letztes Mal mit den heiligen Totenölen hat salben lassen, wird ihn auch noch die letzten Tage bewahren helfen, aber... Der Gedanke, einen Kältezauber wie einen Mantel um den toten Körper des Waldläufers zu legen um ihn vor der Sommerwärme zu schützen, behagt Arwen nicht wirklich. Und das nicht nur, weil sie so etwas noch nie zuvor versucht hat. Sie würde das nicht alleine schaffen, sie würde es zusammen mit dem Tempelvorsteher tun müssen. Auch wenn sich das Verhältnis zum Obersten der Priester seit ihrer Auseinandersetzung um einiges entkrampft hat, gänzlich frei von Spannungen ist es noch immer nicht. Mit einem kaum hörbaren Seufzen schiebt sie die Entscheidung noch eine Weile vor sich her, und verlässt über die flachen, breiten Stufen den Schatten, den der Tempel auf das weiche Gras der Lichtung wirft.

Begleitet von Laon und Nuba geht sie hinüber zu Morgana und Maèl, die im Schatten der hohen Buchen mit den Pferden warten. Der Blick der Heilerin wandert über die Lichtung und den Tempel, und Arwen glaubt zu wissen, wo deren Gedanken sind. Sie hatte der Frau angeboten in der Stille des Tempels alleine von Phelan Abschied zu nehmen ehe all die andern einträfen, doch das Angebot war mit einem stummen Kopfschütteln und einem unsicheren Lächeln abgelehnt worden. Dem selben Lächeln, das Arwen nun entgegen sieht und das Arwen auch schon vor weniger als einer Stunde auf Vinyamar an Morgana gesehen hat, als die ihr Maèl vorgestellt hat. Es hat keiner weiteren Worte bedurft um zu erklären, wer er ist oder in welcher Beziehung er zu Morgana steht. Ihr Tonfall und das Funkeln ihrer Augen, als sie seinen Namen genannt hat, sind Erklärung genug gewesen. Und so hatte Arwen nur die Hände der Heilerin ergriffen und ein leises "ich wünsche euch Glück" geflüstert. Klein-Ians Zurückhaltung, mit der er aus der Sicherheit der mütterlichen Arme die unbekannten Leute und Hallen betrachtet hatte, war verschwunden wie Morgennebel im Licht der Sonne, als Rialinn ihren Platz auf dem Lammfell am Kamin mit schnellen Wackelschritten verlassen hatte und zu ihnen gekommen war. In dem kleinen Gesicht hatten sich Neugier und die Suche nach Schutz vor den fremden Leuten in der Nähe ihrer Mutter ein munteres Stelldichein gegeben. Ian allerdings begann heftig mit Armen und Beinen zu zappeln und begehrte herunter gelassen zu werden. Und Rialinn schien von dem anderen Kind in ihrer Größe mindestens ebenso begeistert zu sein, denn kaum hatten beide festen Boden unter den kleinen Füßen, saßen sie rohavergessen zwischen den Füßen ihrer Mütter auf dem Boden und ergingen sich in brabbelnden Kindergesprächen.

Rialinn! Allein der Gedanken an ihre Tochter genügt um Arwen das Herz schmerzhaft zusammen zu ziehen. Während des Inaritages von ihr getrennt zu sein, war Arwen schon schwer angegangen, doch jetzt einen ganzen Siebentag ohne sie zu sein... allein der Gedanken daran bereitet ihr ein solches Unbehagen, daß es sie körperlich schmerzt. Sehnsucht nach ihrer Tochter  - schon jetzt, nach kaum mehr als seiner Stunde -  und Wehmut  breiten sich in ihr aus. Erst einen Tag ist es her, daß Rialinn das erste richtige Wort gesprochen hat. "Eama." Ganz leise ist es gewesen, und doch hatte der Klang Arwen mehr getroffen als jeder andere Laut auf Rohas weitem Rund es je könnte - süßer als die Stimmen der Seharim oder die Musik der Götter. Lange Augenblicke hatte sie nicht gewusst, ob sie lachen oder weinen soll, und hatte schließlich beides getan. Rialinn hatte sie aus großen, grünen Augen angesehen, gelacht und voller Begeisterung immer wieder ihr erstes Wort wiederholt. Und nur einen halben Tag hatte es gedauert, bis sie dann auch ihren Vater mit einem leisen "Eamo." beglückt hatte. Götter, ausgerechnet jetzt... Rialinn fängt an zu sprechen und ich bin einen ganzen Siebentag nicht bei ihr. Sie hatte weder Cassandras Worte hören, noch deren Gesicht sehen müssen, um zu wissen, was ihre Oberste Magd davon hält, daß ihre Aufgaben als Priesterin sie ausgerechnet jetzt von Heim und Kind fort führen. Und es gefällt ihr selber ebenso wenig. Arwen schüttelt sich innerlich wie eine Katze, die in den Regen gekommen ist, und verbirgt diese Gedanken im Innersten ihres Herzens.
Mit einem höflichen Lächeln, das nichts von dem erahnen lässt, was die Elbin denken oder fühlen mag, winkt sie einen der Tempeldiener zu sich. "Geht hinein und gebt den Priestern Bescheid. Sie sollen den Protektor aus der Kapelle holen und in der Hohen Halle herrichten und aufbahren. Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Ehrenwache der Stadtgarde hier eintrifft, ebenso wie die anderen, die ihm das letzte Geleit geben wollen.... Und bittet Thrandar auch dorthin zu kommen, er weiß weshalb." Kaum dass der Mann im Inneren des Tempels verschwunden ist, wandert Arwens Blick wieder zum Himmel und dem Stand der Sonne. Die vereinbarte Stunde die Niniane ihr durch Shugorn hatte mitteilen lassen, ist fast erreicht. Das Lächeln, mit dem sie sich ihren beiden Begleitern zuwendet, ist warm und längst nicht so unverbindlich wie das eben, und es gilt vor allem Morgana. "Ich muss euch nochmal alleine lassen, es wird nicht lange dauern. Aber..." Ihre Stimme wird leiser, als sie sich ganz Morgana zuwendet, denn auch wenn Maèl ein Elb ist, ist Arwen sich nicht sicher, wie er zu Magie im Allgemeinen und der der Priester im Besonderen steht. "... ich möchte sichergehen, dass Phelans Leichnam unversehrt dem Grab übergeben werden kann. Ich werde mit dem Obersten Priester einen Kältezauber um ihn legen." Mit einem kurzen Neigen des Kopfes in Richtung des Elben neben der Heilerin verlässt Arwen die beiden und kehrt in den Tempel zurück. Laon und Nuba, die ihr wie stets schattengleich folgen, heißt sie mit einer kurzen Geste an den Toren zurückbleiben. Bei dem was sie nun tun wird, möchte sie die beiden Hunde nicht in ihrer unmittelbaren Nähe haben. Und so lassen sich die beiden Hunde vor den Goldbuchen nieder, allerdings nicht, ohne der Elbin mit wachsamen Augen zu folgen - und in diesem Moment gleichen sie weniger zwei Sphinxen, als den beiden marmornen Wolfstatuen an der Wegmünde auf die Tempellichtung.

Im Inneren des Tempel herrscht wie stets ein sanftes grüngoldenes Dämmern, doch es braucht weniger als einen Wimpernschlag, bis sich Arwens Augen nach der Sonnenhelle auf der Lichtung daran gewöhnt haben. Mehrere Priester sind dabei, Phelan herzurichten, den sie zu Füßen der Anukis-Statue aufgebahrt haben. Wie schlafend ruht der leblose Körper der einmal der Protektor des südlichen Larisgrüns gewesen ist auf einer Bahre, deren Strohpolster unter einer Decke im Blau der Stadtwache verborgen ist. Gekleidet wie jeder Waldläufer und Protektor am Tag seines Eides, den Griff seines großen Schwertes in den auf der Brust verschränkten Händen, und wäre nicht diese blutleere Blässe, man könnte der Illusion erliegen, er schlafe nur. Doch Arwen weiß nur zu genau, daß es ein Trugbild ist. Phelan Desmond schläft nicht, er ruht auch nicht nach Art der Elben, er ist tot, endgültig und unwiderruflich. Thrandar ist ebenfalls schon anwesend, ebenso wie Eluna, die bei den Priestern ist, die den Waldläufer aufbahren. Die Blicke der beiden Frauen treffen sich, und für einen kurzen Augenblick sieht Arwen sich durch die Augen der Novizenmeisterin: Die beiden Hunde neben sich, weiß und grau, gekleidet in hohe Stiefel aus Erunkleder, Hosen aus weichem Rehleder, eine Weste aus dem gleichen Leder über einem Hemd aus ungebleichtem Leinen, und den langen geflochtenen Zopf über dem braunen Mantel aus leichtem Tuch mit den aufgestickten Wolfsköpfen auf dem Rücken. Sie ist nicht willentlich in die Gedanken der Frau eingedrungen, das ist etwas, das Arwen nie tun würde. Um so mehr überrascht sie die Intensität, mit der deren Gedanken sie geradezu anspringen, ehe sie ihren Geist dagegen abschotten kann. Verwirrt zögert sie kaum merklich in ihrem Schritt und blinzelt kurz. Und als sie Eluna wieder ansieht, schüttelt die nur lächelnd den Kopf. Arwen kennt dieses Lächeln, weiß was die Frau damit sagen will, und das behagt ihr ganz und gar nicht. Und noch weniger behagt ihr, daß Thrandar das sehr wohl mitbekommen hat, Arwens Reaktion auf das Verhalten der Menschenfrau. Wortlos warten sie, bis die Priester ihre Aufgaben erledigt haben, respektvoll zurücktreten und einen schweigenden Kreis um Thrandar und Arwen bilden.

Arwen und Thrandar treten an die Bahre heran, jeder auf eine Seite, stehen sich gegenüber und sehen sich wortlos an. Tiefes, gleichmäßiges Atmen der beiden scheint der einzige Laut zu sein, der im Tempelinneren zu hören ist. Selbst das ewige Wispern der Schmetterlingsflügel ist verstummt. Erst ganz leise, an der Grenze des Hörbaren, dann immer deutlicher mischt sich in das Atmen ein sanftes Summen wie der Nachhall großer Bronzeglocken, vibriert in der Luft, breitet sich aus und schwebt in die Kuppel empor. Arwens Blick ruht in dem des Obersten Priesters, was sie hier tun, kann nur gemeinsam getan werden. Der Rhythmus ihrer Herzen, ihre Atmung, ihr ganzes Denken stimmt sich auf den Gegenüber ein, gleicht sich an. Und in dem Maße, wie sie im Geist die Pforte durchschreiten, die in das Reich ihrer Göttin führt, verblasst alles andere um sie herum und schwindet aus ihrer Wahrnehmung. Nebliges Grau umgibt sie, sanft wie Sonne die durch Wolken scheint, und alles was für Arwen in diesen Augenblicken fern von Raum und Zeit noch von Bedeutung ist, ist der Zauber, den es zu weben gilt. Wie auf ein unausgesprochenes Zeichen hin löst sich die Starre und beide beginnen sie Worte zu sprechen, die so uralt sind, daß Arwen sich in einer fernen Ecke ihres Denkens fragt, ob es noch jemanden unter den Lebenden gibt, der ihren Ursprung kennt. Laute, Töne und Worte erwachen, steigen auf, senken sich herab, wirbeln umeinander und scheinen eins zu werden. Nebel steigt aus dem Boden, wabert über den Teppich aus Smaragdgras und scheint sich zu Füßen der beiden Priester zu einem bebenden See zu sammeln, so wie Nebel im Winter zwischen den Bäumen des Waldes hängt ehe er sich in einem Panzer aus Reif und Eis um Bäume und Büsche legt. Schienen Arwen und Thrandar bis eben noch wie in der Bewegung erstarrt zu sein, heben sie nun ihre Hände und beginnen in völligem Gleichklang komplizierte Muster in die Luft zu zeichnen. Und je weiter sich die Muster ineinander legen, desto höher steigt der Nebel, windet sich wie Ranken um die beiden Priester. Ein silbriges Schimmern breitet sich in der Luft aus, dort wo Gesten und Klänge aufeinander treffen. Und in diesen Hallen, über die der Winter sonst keine Macht hat, in denen immer Frühling zu herrschen scheint, breitet sich der kühle Hauch eines Wintermorgens aus. Eine letzte Geste, die Hände erst wie einen Kelch zusammen gelegt, der dann in der Mitte zerbricht und seinen Inhalt über der Bahre ausbreitet, und das Schimmern rieselt winziges Eiskristallen gleich über den Toten, hüllt ihn ein. Ein letztes silbrig-eisiges Aufschimmern, dann nichts mehr. Es ist vollbracht... Im selben Moment, da der Schimmer, der den Leichnam umhüllt verblasst, kehrt Arwen ruckartig in das Hier und Jetzt zurück, und taumelt ehe einer der Priester bei ihr ist um sie zu stützen. Und Thrandar ergeht es nicht viel anders, wie sie mit einem knappen Blick feststellen kann. Magie zu wirken erscheint Außenstehenden immer so leicht, fast wie ein Kinderspiel, doch tatsächlich ist es kräftezehrende Knochenarbeit. Und das erstrecht für jemanden wie Arwen, der nie die Ausbildung der Novizen durchlaufen und all diese Dinge auf anderen Wegen erlernt hat. Doch es dauert nicht lange, bis Arwen sich zumindest einigermaßen wieder gefangen hat und erneut an die Bahre herantritt. Gemeinsam mit Thrandar breitet sie einen Mantel über Phelan, der jenem der Anukis-Priesterschaft gleicht, den auch Arwen heute trägt. Eluna reicht ihr, was sie schon vorhin mitgebracht hatte und das sie nun neben den Waldläufer auf das braune Tuch des Mantels legt: Einen Langbogen bester elbischer Machart, mit feinen Schnitzereien und dazu einen passenden Köcher aus punziertem Leder mit einem Bündel milchigweißer Pfeile, alles aus den Werkstätten der Bogenbauer von Lomirion. Sie spürt Thrandars Blicke auf sich und hebt den Kopf. "Kein Waldläufer und Protektor der Wälder sollte seinen letzten Weg in dieser Welt ohne Waffe antreten, die seiner und der Hüterin würdig sind." Thrandar sagt kein Wort, aber sie sieht die Frage in seinen Augen und nickt nur stumm zur Antwort. Bogen, Pfeile und Köcher stammen aus ihrer eigenen Waffenkammer auf Vinyamar, über solche Waffen verfügt der Tempel nicht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Mael Duinc am 29. Juni 2005, 18:20 Uhr
Die folgenden Tage nach Máels erster Nacht in der Kate, die er nicht als Patient dort verbringt, sind angefüllt mit vielen Besorgungen und Erledigungen, um die Vorbereitungen für die Reise zu Phelans letzter Ruhestätte abzuschließen. Nicht zu Letzt deshalb sind sie teilweise sehr anstrengend, weil die Nächte doch häufig sehr viel weniger Schlaf bringen, als Morgana und er eigentlich bräuchten, doch ein anderes Verlangen ihrer Körper sitzt tiefer als das Bedürfnis nach Schlaf, und so sitzen sie des Öfteren müde aber glücklich gemeinsam mit Ian am Frühstückstisch. Hestur hat seine Bleibe inzwischen wieder im Stall des Hauses Alvineyard gefunden, und Máel besucht ihn einmal am Tag, um ihn zu versorgen oder ihn für einem Ausritt an den Strand abzuholen, den ganzen Tag angepflockt in Morganas Garten zu stehen, wäre wohl kaum die geeignete Unterbringung für ein Pferd.

Palathia hatte vor der Fülle an Aufgaben, die Morgana ihr für die Dauer ihrer Abwesenheit übertragen hat, bereits hilflos die Augenbrauen nach oben gezogen, denn immerhin ist sie nur ein Lehrmädchen, doch Schilama wird ihr hilfreich zu Seite stehen. Allerdings wird sich Kassandra, die oberste Magd des Ulmenanwesens, das direkt neben Máels neuem Heim liegt, um Ian kümmern, da sie im Umgang mit kleinen Kindern geübt ist. Lady Arwen wird auch ihre Tochter  in der Obhut der erfahrenen Magd lassen, wenn sie als Anukis-Priesterin an der Beerdigungszeremonie teilnimmt. Aus dem Pferdebestand des Hauses Vinyamar wird Morgana auch eine Sute für die Reise bekommen, so dass sie sich nicht extra ein Pferd kaufen muss, denn auch wenn Hestur ein starkes Tier ist, eine mehrtägige Reise wird er Morgana und Máel nicht tragen können, wenn sie nicht die gesamte Gesellschaft aufhalten wollen. Für Ben wird es nichts besonderes sein, eine Reise zu unternehmen, denn er hat  mit dem fahrenden Elfen schon etliche Meilen über Stock und Stein zurückgelegt, und Lupin wird vermutlich die Zeit nutzen, um einen ausgedehnten Abstecher ins Larisgrün zu unternehmen.

Morgana wird mit jedem Tag, mit dem sich die Abreise nähert, anspannter, und es gelingt Máel nicht oft, ihr ein paar unbeschwerte Momente zu schenken, in denen ihr Kopf frei von Sorge, verwirrenden Gefühlen und Unruhe ist. Als der Tag dann endlich gekommen ist, ist Shenrahs Strahlen das genau Gegenteil zu Morganas Laune, und ein wenig hilflos muss Máel mit ansehen, wie die Wunden, die Phelans Tod in ihrer Seele geschlagen hat, wieder aufbrechen. Die Zeit und Máels Gesellschaft hatten die Heilerin viel von ihrem Schmerz vergessen lassen, ohne den Waldläufer zu verdrängen, doch nun kehrt die Erinnerung machtvoll zurück, und mit ihr die Trauer, die Morgana wochenlang in die trostspendenden Mauern des Tempels ihrer Göttin getrieben hatten. In Morganas veilchenblaue Augen schleicht sich ein gehetzter Ausdruck, als sie vielleicht mehr zu sich als zu Máel sagt >>Ich denke es ist alles gepackt und wir können los.<<

Hestur trägt fürs erste ihr gesamtes Gepäck, und Máel führt ihn am Zügel, während Ben aufgeregt neben ihm her läuft. Morgana hat es sich nicht nehmen lassen, Ian zu tragen, auch wenn der kleine Kerl schon ein ordentliches Gewicht hat, und es so ein gutes Stück Weg von der Kräuterkate zu Arwens Haus ist. Der freie Arm des Elfen liegt die ganze Zeit locker um ihre Taille und zärtlich kraulen seine schlanken Finger ihre Seite, um Morgana ein wenig zu beruhigen. Innerlich fühlt sich Máel ein wenig fehl am Platze, denn im Grunde hat er nun den Platz eingenommen, denn bis vor ein paar Monden Phelan hatte, bevor er aus dem Leben gerissen wurde, und auch wenn Morganas Freunde sicher schon auf dem Inarifest vorausgeahnt hatten, was ihm und Morgana in dieser Nacht noch widerfahren sollte, bevor die Beiden es überhaupt selbst wußten, ist es doch etwas anderes, ihnen nun als neuer, fester Partner der Heilerin entgegen zu treten.

Arwen hatte sie beide herzlich empfangen, und auch sie hatte schon alle Reisevorbereitungen abgeschlossen, so dass sie nur noch das Gepäck von Hesturs Rücken neu verteilen mussten. Arwen hatte nicht viel Aufhebens um Máel als Morganas Reisebegleiter gemacht, hatte sie doch in den Augen der Heilerin lesen können, dass er mehr ist, als nur eine tröstende Stütze. Dann war die erste Hürde auf dieser Unternehmung gekommen, Morganas Abschied von Ian. Wie schwer ihr das fällt, steht ihr dabei ins Gesicht geschrieben, und am Liebsten hätte sie seine kleine Hand wohl ewig festgehalten, während er auf Kassandras Arm sitzt, und nur Maels leise, behutsam drängende Stimme „Wir müssen irgendwann einmal aufbrechen, wenn Du es hinter Dich bringen möchtest, und je eher siehst Du ihn wieder.“, hatte sie schließlich zusammen mit Arwen zum Tempel reiten lassen. Natürlich hatte sich Morgana sicher noch ein Dutzend mal umgedreht, obwohl das Ulmenanwesen längst hinter andern Häusern und Straßenbiegungen verschwunden war. Arwen war der Abschied von ihrer Tochter kaum leichter gefallen, und nur die Gewissheit, dass sich Rialinn und Ian sehr schnell angefreundet haben und Kassandras wachsame Augen auf die Kinder Acht geben, hat die beiden Mütter ein wenig beruhigen können.

Nun stehen Morgana und Máel bei ihren Pferden vor dem Tempel im Schatten einiger Bäume, die in dem parkähnlich angelegten Viertel seit ewigen Zeiten wachsen. Arwen kümmert sich drinnen um den sicheren Transport von Phelans Leichnahm, und Máel mutmaßt, dass dabei eine gehörige Portion Magie im Spiel ist, wenn ein Toter so lange Zeit konserviert wird, egal wie kalt es in den unterirdischen Kammern des Anukis-Tempels auch immer sein mag. Vielleicht würden die anderen Reisebegleiter inzwischen erscheinen, während Máel stumm Morganas Rücken an seine Brust zieht, die Arme um sie schlingt und seine Wange an ihre schmiegt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 29. Juni 2005, 20:00 Uhr
Olyvar verlässt die Steinfaust mit dem Sonnenaufgang, flankiert von vier Blaumänteln, hinter ihnen ein Wagen, gezogen von rauchgrauen Pferden. Seine Ladefläche und die Seitenwände sind vollkommen mit schwerem, dunkelgrünem Tuch bedeckt und verhangen, bestreut mit weißen Lilienblättern, der Blume der Toten. Die Straßen der Stadt sind so früh am morgen noch nahezu menschenleer, doch wo immer Bürger bereits ihren ersten Tagesgeschäften nachgehen, neigen sie schweigend die Köpfe zum Zeichen des Respekts. Der Weg von der Steinfaust hinauf zum Templerviertel ist nicht weit und so dauert es nicht lange, bis der kleine Zug berittener Blaumäntel mit dem noch leeren Wagen das beginnende Treiben der Kaufleute und Bauern auf dem Marktplatz hinter sich lässt, und sich nach Norden der Stille der Tempelhaine zuwendet. Olyvar hat keine Eile und hängt schweigend seinen Gedanken nach, die beständig um den Toten, aber ebenso um ganz gegenwärtige Dinge kreisen... wie etwa seine Frau, deren Schwester und seine Kinder. Kizumu und er... sie hatten nicht direkt gestritten in der Inarinacht, aber es ist auch längst nicht alles in Ordnung. Jedenfalls hat er das vage und doch penetrante Gefühl, sie sei mit ihren Gedanken und Gefühlen ständig abwesend, nicht hier, nicht bei ihm... und er weiß nicht, was er davon halten soll. Und dann ist da noch Sefra, die immer noch kein Wort über den wahren Grund ihres Hier seins verraten hatte. Und so hatte er in den vergangenen Tagen jeden freien Augenblick fast ausschließlich mit seinen Kindern verbracht. Er hatte sie morgens mit in sein Solar genommen, mit hinunter auf die Waffenhöfe, mit in die Ställe, Mattis oder Feorna immer im Schlepptau. Sieben Monde alt, sind beide aufgeweckt und ständig dabei, ihre kleine Welt zu erkunden, Zähne zu produzieren und die ganze Festung beschäftigt zu halten, wenn man sie lässt... und es dreht ihm den Magen um, bei dem Gedanken, sie jetzt einen ganzen Siebentag lang nicht zu Gesicht zubekommen.

Sie biegen ins Tempelviertel ein und die Hufe der Pferde wie die Wagenräder knirschen leise auf dem feinen, hellen Kies der Wege. Weder ein Vogel noch sonst irgendein Tier regt sich, so als würde die Natur selbst sich in trauerndes Schweigen hüllen. Die Ahorn und Birkenhaine stehen in vollem, sattem, grünem Laub und das leise Rascheln ihrer Blätter im sachten Morgenwind scheint der einzige Laut auf der Welt zu sein. Olyvar reitet langsam an der Spitze seiner Männer und folgt dem gewundenen Pfad in Richtung Anukistempel. Die Morgensonne glänzt kupfern auf Bayvards kastanienbraunem Fell, als er das Wolfstor passiert. Inzwischen hat die Geschichte von einer mehr als denkwürdigen Hochzeit vor noch gar nicht allzu langer Zeit hier in Talyra auch bis in die Steinfaust ihre Runde gemacht und er kann ein breites Grinsen beim Gedanken an eine sich an ein Wolfsohr klammernde Raven nicht unterdrücken. Unter den ausladenden Ästen zweier hoher Buchen warten Morgana und Stiorlach und Olyvar lenkt Bayvard zu ihnen hinüber, während seine Männer den Wagen vor den breiten, flachen Stufen zum Eingang hinauf geleiten und dort aus dem Sattel steigen. Er steigt aus dem Sattel, lässt Bayvard grasen und begrüßt die Heilerin mit einer kurzen Umarmung und Maél mit einem festen Händedruck. Wegen der Wärme hat er auf einen Umhang verzichtet und ist auch sonst nicht ins Blau der Stadtgarde, sondern in einfache Hosen aus dünnem, weichen Leder und ins leichteste Leinenhemd, das er hatte finden können,  gekleidet. Dolch und Kurzschwert hängen an seinem Waffengurt, Síail in seiner schlichten Lederscheide hängt am Sattel. "Morgana, a Smeóraich, schön, euch zu sehen. Sind wir die einzigen bisher? Borgil wird bald hier sein, denke ich, jedenfalls war im Hof der Harfe schon hektisches Spektakel, als wir vorbeikamen." Er lässt einmal den Blick über die kleine Lichtung schweifen, auf der sich die goldenen Tempelmauern mit ihren steinernen Reliefs erheben, kann aber niemanden sonst entdecken.  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Morgana am 30. Juni 2005, 00:17 Uhr
Als Arwen Morgana fragt, ob sie sich noch hier im Tempel alleine von Phelan verabschieden möchte, kann Morgana nur still den Kopf schütteln. Sie weiss, dass sie es nicht kann, sie könnte nicht alleine mit Phelans Leichnam in einem Raum sein. Sicher haben die Priester den Leichnam hergerichtet, aber vor Morganas geistigem Auge steigen immer wieder die Bilder auf, wie Phelan an jenem grauenvollen Tag ausgesehen hat, die tiefen Wunden, die sein Körper getragen hat und dazu kommt die Hilflosigkeit, die auch jetzt wieder in ihr aufsteigt, genau wie damals, weil sie als Heilerin nichts mehr für ihn tun konnte. Diese Hilflosigkeit macht ihr immer zu schaffen und das ist etwas was sie an ihrer Berufung als Heilerin am Meisten hasst, immer dann wenn sie weiss, dass alle ihre Kräfte nicht mehr helfen. Bilder von der schwindenden Aura um Phelans Körper steigen in ihr auf und verschlingen Arwens Worte, die von einem Kältezauber redet, den sie um Phelans Leichnam legen will. Auch hierzu kann Morgana nur stillschweigend Nicken und schaut Arwen hinterher, die im Tempelinneren verschwindet.

Mael tritt hinter sie und legt sacht seine Arme um sie und warm spürt sie die Wange des Elben an ihrer. Die Geste spendet ihr Trost und Halt, und trotzdem kommt sie Morgana gerade in diesem Moment falsch vor, genauso wie die Gefühle für Mael, die sie empfindet. Sie kann nicht einmal sagen wieso sie ihr falsch vorkommen, so als dürfte sie diese Gefühle nicht haben, aber ihre Gedanken drehen sich so schnell und sie kann keinen wirklich greifen. Morgana hat gewusst, dass diese Reise nicht einfach werden würde, nicht nur wegen der Beerdigung. Alleine schon der Gedanke an Ian, den sie nun einen Siebentag nicht sieht und in fremde Hände gegeben hat, macht die Reise nicht leichter, dann hat Morgana noch ein wenig Angst, wie wohl ihre Freunde auf ihre Beziehung zu Mael reagieren werden, obwohl die Heilerin den Verdacht hat, dass alle beim Festmahl längst wussten, was zwischen ihr und Mael ist, wo Morgana selbst noch nicht die leiseste Ahnung davon hatte.

Während Morgana noch versucht ihre Gedanken in irgendeine vernünftige Form zu bringen, trifft Olyvar in Begleitung der Blaumäntel und eines Wagens ein, der mit dunkelgrünem Tuch umhüllt ist und auf dem weisse Lilien in der Sonne schimmern. Der Anblick lässt Morganas Herz einen Moment aussetzen und in ihrer Kehle bildet sich ein Kloss, der sich einfach nicht herunter schlucken lässt. Alles das, was sie die ganzen Wochen verdrängt hatte, treibt nun an die Oberfläche und die Wunde in ihrem Herzen scheint wieder ein Stück aufzubrechen. Wenn sie gedacht hatte sie hätte den Tod Phelans überwunden und könnte diese Reise überstehen, wird sie nun eines Besseren belehrt. Der Wagen hält vor dem Eingang des Tempels an, während Olyvar sein Pferd in die Richtung von Mael und Morgana lenkt.

Morgana löst sich aus Maels Umarmung und findet sich kurz darauf in einer herzlichen Umarmung des Lord Commanders wieder. Olyvar begrüsst Mael ebenso herzlich, verliert aber kein Wort darüber, dass Morgana und der Elb ein Paar sind, obwohl ihm diese Tatsache nicht entgangen sein kann. Morgana ist Olyvar dankbar dafür und ein leichtes Lächeln schleicht sich auf ihr Gesicht, auch wenn es schief wirkt.>Morgana, a Smeóraich, schön euch zu sehen. Sind wir die einzigen bisher? Borgil wird bald hier sein, denke ich, jedenfalls war im Hof der Harfe schon hektisches Spektakel, als wir vorbeikamen.< "Ausser Arwen, die im Tempel alles für die Reise und den 'Transport' vorbereitet, ist noch niemand da." Das Wort 'Transport' hört sich in Morganas Ohren vollkommen falsch an, aber ihr ist kein besseres Wort eingefallen. DieStimme der Heilerin klingt rau und sie spricht sehr leise weiter, während sie zum Himmel sieht und an Shenrahs Stand die Tagestunde abzulesen versucht. "Noch ist etwas Zeit und die anderen werden sicher bald kommen." Mehr fällt Morgana nicht ein und eine für die Heilerin drückende Stimmung legt sich über die kleine Gruppe, die nur vom Schnauben der Pferde unterbrochen wird. Der Tempelhain liegt still da, und noch nicht einmal die Vögel scheinen wirklich singen zu wollen, so als würden sie merken, was heute hier geschieht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Borgil am 30. Juni 2005, 14:55 Uhr
Von der Harfe zum Anukistempel


Borgil verabschiedet sich lange und mit tiefbrummenden Riesenseufzern des Bedauerns von seinem Schneemädchen, während die Knechte sein schweres Frithpony namens Bildur aus dem Stall holen, ein fuchsfarbenes Tier mit einer langen, falben Mähne und einem ebensolchen Schweif, gesattelt und gezäumt mit bronzebeschlagenem Leder und ansonsten von einem ebensolch knurrigen Charakter wie sein narbenköpfiger Herr und genauso breit wie hoch. Bildur ist selbst für ein Frithpony, eine schwere kleine Pferderasse und die einzige, die in der Lage ist, das beträchtliche Gewicht eines Zwergen ohne Schwierigkeiten zu tragen,  recht groß und wie alle seiner Art kräftig und äußerst zäh. Kaum hat er Azra ein letztes Mal geküsst und sich endgültig von ihr abgewandt, taucht Aurian, die Magiernovizin im Dienst der Steinfaust, die sie aus den Kerkern Whytfisks befreit hatten, dreimal verflucht sei seine schwarze Seele, im Hof der Harfe auf und begrüßt ihn mit einem breiten Grinsen. Zu Borgils unendlicher Erleichterung und Freude reitet auch sie ein Pony, wenn auch ein geschecktes und wesentlich zierlicheres Exemplar, als sein guter Bildur. "Ha!" Röhrt Borgil. Der Lärm ringsum ist zwar mittlerweile auf ein erträgliches Maß geschrumpft, aber immer noch vorhanden. "Wen seh' ich da. Etwa auch mit unterwegs, um Phelan zu verabschieden, Mädel? Sehr schön, sehr schön. Tut gut, zu sehen, dass es dir offenbar besser geht. Bist mit Olyvar gekommen, was? Nun, wo steckt er? Was, schon vorausgeritten? Na gut, dann wollen wir mal sehen, dass wir ihn einholen, wie? Los, voran, voran, sonst komme ich hier nie mehr weg..." Ein letzter, bedauernder Blick auf seine Frau, die unter dem Torbogen zurückbleibt, flankiert von winkenden Mägden und Knechten, und sie sind unterwegs. Der Tag ist vorsommerlich warm, die Sonne strahlt aus einem ganz und gar wolkenlosen Himmel, die Luft schmeckt würzig nach reifenden Erdbeeren und sonnenwarmer Erde, nach süßem Gras und Seewasser und Borgil weiß jetzt schon, dass er zu lange nicht mehr im Sattel gesessen war. Morgen habe ich Blasen am Hintern so groß wie Hühnereier, aber was solls...

Der Weg von der Harfe zum Anukistempel ist zwar nicht wirklich weit, aber Olyvar und den Totenwagen holen sie nicht mehr ein. Als sie in den grünen Schatten der Tempelhaine rund um die heiligen Gemäuer der Götterhäuser und Weihestätten Talyras eintauchen, bleiben die Geräusche der allmählich auf die Beine kommenden Stadt hinter ihnen zurück und tiefe Stille hüllt sie ein. Borgil kennt den Weg und führt Aurian zielsicher über verschlungene Pfade und kleine, sonnengefleckte Lichtungen durch ein dichtes Wäldchen bis zum Anukistempel, wo Olyvar, Mael, Morgana und einige Blaumäntel um einen geschmückten grünen Wagen bereits warten. Weder von Arwen, noch von Niniane, Cron, Raven oder Caewlin ist bisher irgendetwas zu sehen, aber als sie näher reiten, hören sie gerade noch, wie Morgana sich leise mit dem Lord Commander unterhält und ihm berichtet, dass Arwen im Inneren sei und die anderen sicher bald kämen und Olyvar daraufhin erwidert, dass Aurian ebenfalls mit von der Partie sei, sie sei nur in der Harfe vorbeigeritten um ihn, Borgil, abzuholen. "Na, das nenn ich aber nett, Mädel," brummt Borgil seiner Begleiterin zu. "Da denkt jemand an einen alten Zwerg!" Der "alte Zwerg" grinst übers ganze Gesicht, was nicht zuletzt daran liegt, dass er aus dem Sattel steigen kann, aber es gilt natürlich vornehmlich Morgana, Mael und Olyvar. "Und hier sind wir auch, den Göttern sei Dank. Warten wir nur noch auf die Herren Nordmänner, Niniane und Raven, sehe ich das richtig? Die werden schon in die Gänge kommen. Schön euch alle zu sehen, auch wenn es aus einem solchen Grund ist. Na kommt schon, Morgana. Nehmt Euer hübsches Köpfchen hoch. Ihr wisst so gut wie ich, dass Phelan dort, wo er jetzt ist, besser aufgehoben ist. Er hat nach Aethlings Tod nie mehr in diese Welt gehört. Trauert um ihn und behaltet ihn in Erinnerung, aber lasst Euch das Herz nicht mehr schwer werden." Mitfühlend tätschelt er die schmale Hand der Heilerin und atmet tief durch. Das hier würde für sie alle nicht leicht werden, aber er ist entschlossen, es mit einem lachenden und einem weinenden Auge hinter sich zu bringen.  


Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Kaney am 30. Juni 2005, 21:59 Uhr
<-- auf den Straßen der Stadt

Und so erreichen Kaney, Garok und Gurp das Schulpferd den AnukisTempel, wo schon viele Leute warten.
Kaney grüßt seinen Lordcommander und die anderen Blaumäntel - Olyvar zieht nur eine Augenbraue hoch als er den Werblütigen erkennt - und er sieht Borgil den Wirt und Morgana die Heilerin... und, das Spitzohr, das er bei der Geschichte mit den Seeräubern auf dem Illdorell kennengelernt hat, und dessen Kopf sich EIGENTLICH auf den Zinnen auf einem Spieß befindet.

Kaney schüttelt den Kopf. Er muss das nicht verstehen. Aber wenn Olyvar, der die Hinrichtung persönlich vorgenommen hat, nichts sagt, dann sagt er besser auch nichts.
Schweigend steigt Kaney von Gurp ab (manche würden es als Herunterfallen bezeichnen) dann wartet der Wargenmischling mit den Zügeln in den Händen etwas abseits, er wartet darauf das etwas passiert...

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 30. Juni 2005, 22:47 Uhr
Sie sind gerade damit fertig, den Waldläufer herzurichten, als durch das Tempeltor das Knirschen von Wagenrädern und Pferden auf Kies hereindringt. Arwen kann leise Stimmen hören, das Klirren von Pferdegeschirren und das Knarren der Ledersättel absitzender Reiter. Nur wenig später betreten vier Männer im Blau der Stadtwache schweigend die Hohen Hallen des Anukistempels. Thrandar wendet sich ihnen zu und nimmt deren respektvolles Grüßen in der ihm üblichen Art entgegen. Ein Bild, bei dem Arwen sich ein Schmunzeln trotz des Ernstes dieses Tages nicht verkneifen kann. Er kann einfach nicht anders... Ihr Blick trifft den Elunas, die bloß sacht den Kopf darüber schüttelt. Mit einer sparsamen Geste weist der Oberste Priester die Männer hin über zu dem aufgebahrten Körper Phelans. Ein kurzes Zögern ist den Männern anzumerken, als die an die Bahre herantreten, denn ein silbriger Schimmer umgibt den Toten - schwach nur, aber für wache Augen durchaus zu erkennen. Arwen glaubt förmlich sehen zu können, wie sich den Männern die Nackenhaare aufstellen und die tonlos gewisperten Worte "Magie" und "Zauberei" entgehen ihr ebenso wenig. Doch so unwohl den Männern auch angesichts der hier offensichtlich gewebten Magie sein mag, sie weichen nicht zurück. Einen Augenblick verharren sie mit geneigten Köpfen, erweisen dem Toten den sie vermutlich nur vom Namen her kennen ihren Respekt. Die anwesenden Priester sehen ihnen hinterher, als die Bahre aufgehoben und aus dem grüngoldenen Dämmern des Tempels hinaus in das helle Licht Shenrahs getragen wird. Auch sie schweigen, wie der Respekt vor dem Toten es verlangt. Ebenso schweigend wie Arwen sich von Eluna und auch Thrandar verabschiedet. Einige Schritte hinter den Blaumäntel verlässt auch Arwen den Tempel und tritt hinaus in den lichten Schatten, den der Tempel auf die Lichtung wirft.

Nur kurz streift ihr Blick den dunkelgrün verhangenen Wagen, die weißen Lilienblätter und die rauchgrauen Zugpferde davor. Die Männer wissen, was zu tun ist, und sie hegt keine Befürchtung, dass der Tote - Sithech bewahre - herunter fallen könnte. Die Hunde wieder an ihrer Seite geht sie hinüber in den Schatten der Schwarzkiefern. Wo vor kurzem nur Morgana und Maèl gewartet haben, sind nun auch noch andere Gesichter eingetroffen, bekannte und unbekannte. Olyvar und Borgil kennt sie mehr als nur flüchtig und entsprechend freundschaftlich fällt die Begrüßung aus, die bei dem Zwerg außerdem noch Gratulationen und die besten Wünsche für ihn und seine Angetraute enthält. Ehe sie Olyvar nach seinen Kindern fragt (das Treffen mit Ierás auf dem Markt ist schon so lange her), wandert ihr Blick kurz zu einem Mädchen, das zwar nicht abseits, aber auch nicht wirklich in der Gruppe steht. Sie hält den Zügel eines gescheckten Ponys, dessen Sattel das Zeichen der Steinfaust trägt. Sie scheint also mit dem LordCommander gekommen zu sein. Arwen kann sich nicht erinnern, sie schon einmal getroffen zu haben. Sie scheint mit dem LordCommander gekommen zu sein. Und sie steht nicht bei den Männern am Wagen... Sie muss also in irgendeiner Beziehung zu Phelan stehen..  Ganz von Ferne kommen die Erinnerungen an das zurück, was Borgil in jener schicksalhaften Sithechnacht erzählt hatte. Er hatte auch was von einem Botenmädchen erzählt, einem Mädchen aus der Steinfaust, das sie dort unten gefunden hatten... vielleicht ist sie das....

Noch etwas weiter weg von der Gruppe steht ein junger Mann mit einem Hund dessen Fell ebenso schwarz ist wie das Haar des Jungen und einem Pony am Zügel, dessen Farbe sich nur schwer beschreiben lässt, aber am ehesten noch Ähnlichkeit mit Schlamm hat. Und das momentan gelangweilt den Kopf hängen lässt um die jungen, zarten Grasspitzen abzuzupfen. Auf den ersten Blick ist nichts ungewöhnliches an ihm, bis Arwens Blick kurz den seinen kreuzt. Wolfsaugen!... Unbehagen kommt keines in Arwen auf, zum einen trägt der Hund ein Halsband, das eindeutig im Blau der Stadtwache gehalten ist und hinter dem Sattel kann sie ein stadtwachenblaues Bündel erkennen das vermutlich der Mantel ist, und zum anderen ist sie eine Anukis-Priesterin, und Wer der Wandler ist einer der Archonen ihrer Göttin. Und selbst wenn all das nicht wäre, Laon und Nuba haben Pferd, Hund und Jungen zwar aufmerksam beäugt, auch kurz gegrollt, doch scheinen sie sich entschlossen zu haben, in ihnen keine Bedrohung zu sehen: Hechelnd von der Grünglanzwärme sitzen sie neben Arwen. Die Elbin sieht Morgana nicht an, aber der Aufruhr, der in der Heilerin herrscht, ist so intensiv, dass Arwen ihn spüren kann, ohne ihre Sinne nach der Frau auszustrecken. Sie hätte so gerne etwas getan, um ihr zu helfen, doch sie kennt diese Situation nur zu gut. Niemand hier kann auch nur irgendetwas tun, um die Last von ihren Schultern zu nehmen. Niemand... der Elb der sie an sich gezogen hat vielleicht ausgenommen.  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Morgana am 01. Juli 2005, 00:18 Uhr
Kurz nachdem Olyvar eingetroffen ist und die Stille für Morgana fast unerträglich wird, kommt Borgil zusammen mit Aurian am Tempel an. Borgil versprüht wie immer seinen zwergischen Charme und auch wenn Morgana kaum danach ist, muss sie lächeln. Kurz sieht die Heilerin sich Aurian genauer an, aber wie es scheint, hat die junge Zauberin ihren unvernünftigen und törichten Versuch ein Kind los zu werden, das es noch nicht einmal gab, soweit überstanden, zumindest was das Körperliche angeht. Morgana nickt dem Botenmädchen kurz zu, ehe Borgils Worte ihre Aufmerksamkeit beanspruchen.>Na kommt schon, Morgana. Nehmt Euer hübsches Köpfchen hoch. Ihr wisst so gut wie ich, dass Phelan dort, wo er jetzt ist, besser aufgehoben ist. Er hat nach Aethlings Tod nie mehr in diese Welt gehört. Trauert um ihn und behaltet ihn in Erinnerung, aber lasst Euch das Herz nicht mehr schwer werden.> Morgana weiss, dass Borgil recht hat, sie weiss es nur zu gut. Wie oft hatte sie versucht Phelan über den Tod Aethlings hinweg zu helfen, aber sie war gescheitert, wie in vielen anderen Dingen auch, sie hatte nie die Liebe, die Phelan zu dem Wald hatte, wirklich verstehen können. Sie hatte ihn geliebt, für all das, was er war, und auch wegen genau dieser Treue zu dem Wald, aber sie war auch eifersüchtig auf den Wald gewesen, wie auf eine Geliebte gegen die man keine Waffen hat. Morgana blickt dem Harfenwirt kurz in die Augen und drückt seine Hand, sie weiss was Borgil ihr damit sagen will und in ihrem Blick liegt ihr Dank, den sie nicht aussprechen muss.

Weiteres Hufgetrappel reisst Morgana aus den Gedanken und sie blickt auf, um zu sehen wer dort ankommt. Erstaunt öffnet sie die Augen ein wenig weiter, als sie Kaney erkennt und auch wenn Freude für die Heilerin im Moment fehl am Platze wirkt, freut sie sich wirklich den Wargjungen hier zu sehen. Kaney, Phelan, Shyada , Schilama und Garett hatten Morgana damals aus den Fängen der Formoraig befreit, und Morgana weiss, dass Phelan besonders den Wargjungen ins Herz geschlossen hatte. Die Heilerin merkt wie unsicher Kaney ist und wie der Wargjunge, der sehr umständlich mit dem Pferd umgeht, auf dem er angekommen ist, etwas entfernt stehen bleibt, einen kurzen Blick zu Olyvar wirft und dann zu Boden schaut. Morgana sieht es als ehemalige Gefährtin Phelans als ihre Pflicht an, und so wirft sie Mael nur einen kurzen Blick zu, ehe sie zu Kaney tritt. "Kaney, es freut mich euch zu sehen und noch mehr freut es mich, dass auch ihr Phelan das letzte Geleit geben wollt, kommt zu uns herüber." Sie nickt dem Blaumantel freundlich zu und deutet mit der Hand auf die kleine Gruppe, die im Schatten unter den Bäumen steht und kehrt dann selber zu der Gruppe zurück.

Kaum hat sie die kleine Gruppe wieder erreicht, wird es am Tempeleingang unruhig und Arwen kehrt aus dem Tempelinneren zurück, gefolgt von den Blaumänteln und dem aufgebahrten Leichnam Phelans. Morgana muss schwer schlucken und wendet ihren Blick schnell ab, weil sie einfach nicht hinsehen kann, sie ist froh Mael erreicht zu haben und greift mit ihrer zitternden Hand nach seiner, weil sie sonst das Gefühl hat, ihre Knie würden unter dem Gewicht zusammensacken, das sich schlagartig auf sie nieder zu senken scheint. Mael tritt dicht neben die Heilerin und legt beruhigend und stützend seinen Arm um ihre Hüften und im Moment sind Morgana alle Gedanken, die ihre Freunde haben mögen, egal und sie lehnt sich an Mael und ist froh seinen warmen Atem auf ihrem Nacken zu spüren. Morganas Hand klammert sich um die von Mael und sie ist sich sicher der Elb würde blaue Flecken davon bekommen, aber er scheint ihr der einzige ruhende Pol zu sein, wie ein Fels in der alles vernichtenden Brandung von Gefühlen, die in ihr toben, und sie weiss, wenn sie die Hand loslassen würde, würde sie in dieser Brandung ertrinken.

Arwen tritt zu der kleinen Gruppe und an dem Gesicht ihrer Freundin kann Morgana sehen, dass ihre Gefühle zumindest für die anwesenden Elben nur zu deutlich zu spüren sein müssen, noch einmal schluckt Morgana und atmet einmal tief ein und aus, und langsam hat sie auch das Gefühl, dass sich wieder Leben in ihren Beinen befindet. Phelans Leichnam ist mittlerweile von den Blaumänteln sicher auf dem Wagen abgesetzt worden und die Blaumäntel stehen nun neben ihren Pferden und neben dem Wagen , wo sie nur auf ein Zeichen des Lord Commanders warten, damit sie aufsitzen können und die Reise zum Heideweg und zu Phelans letzter Ruhestätte beginnen kann.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Niniane am 01. Juli 2005, 00:58 Uhr
Nachdem sich Cron von ihnen getrennt hat, lenken sie ihre Pferde in Richtung Stadt hinauf und die Hufe ihrer Tiere klappern laut in der morgendlichen Stille über das Kopfsteinpflaster. Akira und Stelze traben hechelnd bald neben ihnen, bald ein paar Schritt voraus. Sie haben eigentlich keine Eile, aber sie suchen sich ihren Weg durch das bunte Gewirr der Marktstände doch zügig, um nicht in den ersten Schwung einkaufender Mägde und feilschender Hausfrauen zu geraten, die sich in kleinen Trauben schon an den Brunnen und der ein oder anderen Straßenecken zu morgendlichen Schwätzchen sammeln. Vor dem Hof der Harfe ist ein mittlerer Menschenauflauf und im Vorbeireiten schnappt Niniane ein paar Gesprächsfetzen auf, in denen von "Kriegselefanten", "Banshees", "Signalhörnern" und zuletzt schließlich von azurianischen Gebetsgesängen die Rede ist. Sie schüttelt leise lachend den Kopf und kann sich lebhaft vorstellen, wie ein paar fromme Azurianer mit schmetterndem Morgengebet das arme Talyra in Verwirrung stürzen könnten. "Shenrah'u Akbar", murmelt sie leise. Shenrah ist groß. Auf der breiten Straße zwischen den Tausendwinkelgassen zu ihrer Rechten und der grünen Stille des Tempelviertels zu ihrer Linken sind um die noch frühe Stunde viel weniger Passanten unterwegs, so dass sie rasch vorankommen, auch wenn sie ihre Tiere nicht zur Eile treiben. Caewlin und Raven vor ihr sind auf ihren beiden großen, schweren Pferden in ein leises Gespräch vertieft und Niniane lässt den Blick links und rechts schweifen und hängt ihren Gedanken nach, bis sie ins Tempelviertel einbiegen. Im grünen, sonnengesprenkelten Zwielicht unter den alten Bäumen ist es kühl und dämmrig und sie atmet tief und langsam ein, um den letzten Duft von Morgentau und verblühenden Schlüsselblumen einzufangen. Auf dem schmalen Pfad zum Anukistempel, der zwischen den beiden Wolfsstatuen endet, können sie nur noch im Gänsemarsch hintereinander reiten und der Hufschlag der Pferde klingt dumpf von den dicht stehenden Bäumen ringsum und dem weichen, federnden Waldboden wieder. Akira, allen voraus, grollt lange bevor auch nur die goldbraunen Tempelmauern zwischen den Baumstämmen auftauchen, schon aus tiefster Kehle , doch ein kurzer, scharfer Piff ruft sie an Caewlins Seite und sie gibt Ruhe. Auch Stelze muss sehr zu seinem Leidwesen bei Fuß, oder besser gesagt neben Ravens Braunem bei Huf, gehen, als sie die kleine Lichtung rund um den Tempel erreichen. Am Eingang und auf den flachen Stufen davor treiben sich ein paar grüngrau gekleidete Tempeldiener und Novizen herum, um einen raschen Blick auf die illustre Trauergesellschaft zu erhaschen, die sich hier versammelt, um Phelan Desmond, Protektor des südlichen Larisgrüns das letzte Geleit zu geben, verschwinden aber schlagartig wieder im Inneren, als sie Caewlin sehen.

Olyvar, Borgil, Mael, Morgana und ein wenig abseits Kaney und zu Ninianes Überraschung auch Aurian,  erwarten sie bereits - und ein grünverhangener und mit Lilien bedeckter Wagen, auf den einige Blaumäntel gerade Phelans Leichnam bahren... und neben dem Lord Commander schließlich Arwen. Einen Moment zögert Niniane und zügelt ihre kastanienrote Jagdstute. Sie hatte Arwen lange nicht mehr gesehen... seit der Hochzeit Olyvars von Tarascon mit Kizumu, beinahe ein Jahreslauf ist seither vergangen. Weder Nadir noch Kizumu scheinen hier zu sein, was ihr ein kurzer Blick über die Lichtung bestätigt, aber die Hunde des Silberelben sind an Arwens Seite, hechelnd in der vorsommerlichen Wärme. Sie lenken ihre Tiere zu den Wartenden hinüber, wechseln von grünen Schatten in goldenes Sonnenlicht und wieder zurück in halbdunkles Dämmer, während sämtliche anwesende Hunde jappend und grollend vorstürzen, um ihre jeweiligen Artgenossen genauer in Augenschein zu nehmen, sich eine ganze Weile wachsam und angespannt zu umkreisen und ausgiebig zu beschnuppern. Den Göttern sei Dank scheinen sie sich alle zu vertragen und auch ohne jede Beißerei miteinander auszukommen. Niniane steigt nach einem letzten, argwöhnischen Blick auf das Hundespektakel neben Kaney aus dem Sattel und begrüßt als erstes den Werblütigen mit einem Lächeln und ein paar Worten, ehe sie sich weiter an Aurian wendet und die junge Frau kurz umarmt. Es ist lange her, dass sie bei ihr im Baum war, ein wenig mehr als ein Jahreslauf, aber sie hat sie nicht vergessen und in jener unsäglichen Sithechnacht hatte sie sie in der Harfe überhaupt nicht zu Gesicht bekommen. Raven und Caewlin steigen ebenfalls ab und eine ganze Weile sind sie alle drei nur damit beschäftigt, sich von einem zum anderen durchzuarbeiten und alle ihre Freunde zu begrüßen,  ehe sie schließlich bei Olyvar, Borgil und Arwen anlangen. Niniane nickt einmal in die Runde, wechselt rasch ein paar leise Worte mit dem Zwergen und dem Lord Commander, der Arwen eben etwas über seine Kinder erzählt, und geht dann zu Phelans leblosem Körper auf dem Liliengrün des Totenwagens. Sie sieht lange in sein aristokratisches Halbelbengesicht mit der langen Nase, das grau und eingefallen vom Tod kündet, ehe sie sich abwendet und wieder zu den anderen tritt. "Cron wird bald hier sein. Er muss noch etwas bei Galrin Ragnarsson vorbeibringen, der bald mit seinem Windschiff in den Norden aufbrechen wird, aber das kann nicht lange dauern. Sind wir dann vollzählig?"

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Aurian am 01. Juli 2005, 10:25 Uhr
Einige bekannten Gesichter sehen ihnen entgegen, als Aurian an Borgils Seite den Tempel erreicht. Auf dem relativ kurzen Ritt von der Harfe hierher hatte der Zwerg gescherzt und das Mädchen so von ihrer Nervosität abgelenkt, die sie nun doch beschleicht. Sie, die einfache Botin der Steinfaust sollte mit einigen der Größten der Stadt der Beisetzung von Phelan Desmond beiwohnen. Als sie schließlich absitzen, hat sie für einen Moment das Bedürfnis einfach umzukehren. Doch dann kann sie mit ihren halbelbischen Sinnen nichts als Wärme wahrnehmen, keine Art der Abneigung oder ähnliches. Olyvar ist schon am Tempel und der Commander nickt ihr kurz und aufmunternd zu. Auch Morgena ist da, und die Heilerin scheint erleichtert, dass Aurian wieder auf den Beinen ist. An ihrer Seite jedoch steht ein Elb bei dessen Anblick es Aurian schier die Sprache verschlägt:

„Mutter, Mutter erzähle deinen Kindern  
Das ihre Zeit gerade erst begonnen hat  
Ich habe gelitten für meine Wut  
Es gibt Kriege, die nicht gewonnen werden können  
 
Vater, Vater bitte glaube mir  
Ich lege mein Schwert nieder  
Ich bin zerbrochen wie ein Pfeil  
Vergib mir  
Vergib Deinem eigensinnigen Sohn  
 
Jeder braucht jemanden, um ihn zu lieben  
Jeder braucht jemanden, um ihn zu hassen  
Bitte glaube mir  
Jeder hat etwas zu meckern  
Weil sie nicht genug bekommen können  
...“

Die ersten Zeilen des Liedes kommen ihr in den Sinn, jener Zeilen, die ihr der Elb von seiner Zelle aus gesandt hatte, wenige Tage bevor sein Kopf auf den Zinnen der Steinfaust geprangt hatte. Wie war das möglich? Bevor sie jedoch länger darüber nachdenken kann, erreicht eine weitere Gruppe den Platz vor dem Tempel: Niniane, Caewlin vom Sturmende und eine junge Frau, die Aurian nicht kennt. Zu ihrer Verwunderung scheint die Waldläuferin sich noch sehr genau an sie und jenen Abend im Baum zu erinnern. Jenen Abend, an dem sie ihr einen Teil ihrer Herkunft offenbart hatte. Etwas scheu erwidert Aurian ihre Umarmung, doch die Herzlichkeit, die davon ausgeht, lässt auch den letzten Rest der Aufregung schmelzen. Während Niniane nun von einem zum anderen geht, um alle zu begrüßen fällt der Blick der jungen Magierin auf Kaney. Schon lange hatte sie den Jungen nicht mehr gesehen. Kein Wunder, du hast dich in den letzten Wochen ja auch ganz schon vergraben. Und du tätest es noch immer oder wärst schon tot wenn ja wenn nicht... Ihre Gedanken schweifen zu Cedric. Der junge Gardist hätte sie zu gern begleitet, doch sein Dienst hielt ihn in der Steinfaust fest. >Ich bin  in Gedanken bei dir, denk daran, du bist stark und du bist nicht allein!< Seine Worte, zum Abschied gesprochen, hallen in ihr nach.

Sie strafft die Schultern, als Cawlin sie begrüßt. Obwohl sie schon länger weiß, dass sie ihn nicht  getötet hatte, ist es doch ein seltsamer Anblick. Seit der Sithechnacht hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Der Sturmender mustert sie und obwohl er nicht gesehen hat, wie sie Blutaxt getötet hatte und was im Anschluss mit der Katakombe passiert war, irgendwie keimt in ihr der Verdacht, als ahnte er zumindest im Ansatz, was geschehen war. Jemand der sich noch sehr gut an sie erinnert, ist allerdings sein Hund. Akira stupst immer wieder Schwanz wedelnd mit der Schnauze an ihre Hand und Aurian kann nicht umhin, ihr sanft den mächtigen Schädel zu kraulen, obwohl das Pony an ihrer Hand, ob der Stürmischkeit der Bluthündin etwas nervös von einem Bein auf das andere steigt. „Shsh mein Mädchen, alles gut, sie tut uns nichts. ...Akira nicht so wild, ist ja gut!“  

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Mael Duinc am 01. Juli 2005, 16:31 Uhr
Es soll nicht lange dauern, bis Morgana und Máel nicht mehr alleine vor dem Tempelbau warten müssen, denn schon bald nach dem Arwen durch das große Portal im schattigen Inneren verschwunden ist, erreicht eine Abordnung Blaumäntel das Gebäude. Angeführt wird der kleine Trupp, der sich um einen mit dunkelgrünen Stoffbahnen drapierten und von einem Pferdegespann mit rauchgrauem Fell gezogenen, offenen Wagen positioniert hat, von Olyvar, der zielstrebig auf sie zu hält, um sein Pferd in ihrer Nähe zu zügeln und abzusteigen. Morgana befreit sich sanft aus Máels Umarmung, um den Lord Commander Willkommen zu heißen, und Máels linke Hand folgt ihrem Rücken solange, bis sich schließlich auch die Fingerspitzen seiner ausgestreckten Hand von ihr lösen. Die Begrüßung fällt herzlich aus, und Máel erwidert trotz des Anlasses erfreut den kräftigen Händedruck des obersten Verteidigers von Talyra. Kizumu ist nicht zu entdecken, was der Elf bedauert, denn schon seitdem er die Steinfaust nach seiner fingierten Hinrichtung verlassen hat, hatte er sie nicht mehr sprechen können. Ihm war schon während der Siebentage, die er Olivars und Kizumus Gastfreundschaft genießen durfte, aufgefallen, wie nahe sich das Paar steht. Olivar nun ohne sie auf diesem Ritt zu sehen, kommt Máel seltsam vor. Bereits auf dem Inarifest war ihm die gedrückte Stimmung zwischen den Beiden aufgefallen, und er nimmt sich vor, bei seinem Freund nachzufragen, ob alles in Ordnung ist, wenn sie diesen schweren Ritt hinter sich haben.

Es fällt kein Wort darüber, dass zwischen Morgana und ihm offensichtlich mehr ist als nur Freundschaft, denn dafür war die Umarmung des Elfen dann eindeutig zu zärtlich. Die stille Akzeptanz nimmt Máel einen Teil seiner inneren Anspannung, ob Morganas, und vor allem Phelans Freunde, es gut heißen würden, wenn er als dessen bisher inoffizieller Nachfolger den Trauerzug begleitet. Auf die Frage des Lord Commanders wer bereits alles eingetroffen ist, erklingt Morganas Antwort, doch ihre Stimme ist tonlos und wie ein Wispern, als könne sie einen bösen Geist wecken, der in ihrer Nähe lauert. Sie so zerrissen zu sehen, bricht Máel fast das Herz, weil er einfach nicht mehr tun kann, als sie im Arm zu halten, wo er doch am Liebsten einem realen Feind für sie gegenüber getreten wäre, denn den könnte er wenigstens bekämpfen.

Nach und nach treffen die weiteren Reisebegleiter ein. Als nächstes Borgil samt dem Botenmädchen Aurian, dessen Verstrickung in Phelans Tod dem Elfen inzwischen hinlänglich bekannt ist. Blass und stumm bleibt sie ein wenig abseits, während der narbenschädlige Zwerg zu dem Trio aus ehemaligem Dieb, Blaumantel und Heilerin tritt, um Morgana seinen Trost und seine Anteilnahme auszusprechen. Borgils Worte mögen wahr sein, doch Máel kann den Schmerz und die Zweifel im Herzen seiner Gefährtin spüren, und der See aus bitterem, schwarzen Wasser, der von einer Quelle aus Trauer und dem Gefühl als Heilerin versagt zu haben gespeist wird, verschlingt jeden Funken Zuversicht in ihr.

Aurian betrachtet Máel ebenso verstört wie der Wargenjunge Kaney, der auch eintrifft, um in einiger Entfernung zu warten, denn sie beide müssen Máel immer noch für tot halten! Der Elf seufzt leise, denn diesen Umstand hatte er völlig verdrängt, und so bleibt ihm nicht viel, als ihnen freundlich zu zulächeln, um weniger als böser Geist zu erscheinen. Morgana beschließt, Kaney herzubitten und entfernt sich von Máel mit einem entschuldigenden Blick, um dann mit Kaney zu ihnen zurück zu kehren.

In dem Augenblick, als Morgana mit Kaney zu ihnen tritt,verlassen Arwen und einige Blaumäntel, die feierlich Phelans aufgebahrte Leiche tragen, den Anukis-Tempel, und Máel ergreift Morganas Hand, die sich Halt suchend nach seiner ausstreckt. Ihr Griff ist kräftig, und zeugt von der Anspannung, unter der sie steht, und Máel zieht sie eng an sich, bis er seine Arme um ihre Mitte schlingen kann. Alle möglichen Blicke und Gerüchte kümmern ihn nicht im Geringsten, denn sie braucht ihn. Jetzt und hier. Und er steht zu ihr in dieser schweren Stunde, mochten andere denken, was sie wollen.

Mit Niniane, Raven und Caewlin treffen fast die letzten ein, die diese Reisegesellschaft bilden würden, und es fehlt wohl nur noch Cron, der an der Werft noch etwas abzugeben hat. Zumindest vermutet Máel, dass sie dann komplett sind, denn bis auf Azra und Kizumu sind dann alle hier, die auch an der Inarifesttafel gesessen haben. Inzwischen beschnuppert sich ein ganzes Rudel Hunde der vierschiedensten Arten, und zum Glück vertragen sie sich bis auf kleine Rangspielchen sehr gut.

Máel überlegt, ob er zu Aurian hinüber gehen soll, denn sie steht als Einzige alleine, während die anderen sich die Hände schütteln und Umarmen. Aber er möchte sich auch nicht von Morgana entfernen, falls sie ihn brauchen würde. Deshalb sucht er Aurians Blick, und lächelt ihr mit einem auffordernden Nicken zu, nachdem er Niniane, Raven und Caewlin begrüßt hat. Kommt doch zu uns. Wir beißen sicher nicht! erklingen seine freundlichen Worte in ihren Gedanken.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Caewlin am 01. Juli 2005, 21:07 Uhr
Während Niniane sich schon umarmend und händeschüttelnd durch den Kreis der Trauergesellschaft arbeitet, bindet Caewlin den Grauen im Schatten der Schwarzkiefern an, ebenso wie Ravens Braunen und hebt sie dann aus dem Sattel. Er hält sie einen Augenblick länger fest, als nötig, und in ihren Augen findet er ein Echo seiner eigenen Erinnerung - an den Tag vor Inari, als sie sich im Nachthemd so verzweifelt an einen der Steinwölfe geklammert hatte, an denen sie gerade vorbeigeritten waren. Er grinst, stiehlt sich einen Kuss und nimmt ihre Hand in seine, als sie zu den anderen hinübergehen. "Lass uns kurz Guten Tag sagen, während wir auf Cron warten." Zu seiner Freude entdeckt er neben Morgana Kaney und hebt die handlose Rechte zum Gruß in Richtung des Werjungen. Kaney war sein Späher während des Feldzugs gegen die Narge gewesen und er kann sich noch gut an den Jungen erinnern.... er hatte seine Sache damals mehr als gut gemacht. Die Art, wie Maél, der Elb, der schon auf dem Inarifestessen an Morganas Seite gewesen war, an der Heilfrowe klebt, lässt Caewlin zweimal hinsehen und dann einen Blick mit Raven tauschen. Sie verlieren kein Wort darüber. Die Liebe hat ihre eigenen Gesetze - wenn jemand das in letzter Zeit am eigenen Leib erfahren hat, dann sie. Caewlin nickt einmal in die Runde und wechselt ein paar leise Worte mit Borgil und Olyvar - zum Reden und dafür, Neuigkeiten auszutauschen, hatten sie alle auf ihrem langen Weg durchs Larisgrün später noch genug Zeit. Als er seinen Blick über die versammelten Gesichter schweifen lässt, findet er ein wenig abseits von den anderen im grüngefleckten Zwielicht Aurian mit einer gescheckten Ponystute am Zügel.

Er hat nicht gewusst, dass sie hier sein würde und ihr Anblick bringt eine Menge Erinnerungen an stinkende Tunnel, Schwärze und Schmerz zurück, die er lieber verborgen im Dunkeln gelassen hätte... aber es freut ihn auch, sie am Leben und gesund zu sehen. Caewlin löst sich kurz von Ravens Seite, die gerade Borgil umarmt, und geht zu ihr hinüber. Aurian ist nicht größer als seine Frau und geht ihm gerade bis zur Brust, aber sie hat nicht mehr viel gemein mit dem halbverhungerten, verschreckten, dreckigen, panischen kleinen Ding, das er aus Blutaxts Zelle geholt hatte. Als er vor ihr steht, richtet sie sich ein wenig auf und nimmt die Schultern zurück, als wappne sie sich innerlich auf etwas, und als er sie nachdenklich mustert, dämmert ihm vage auch der Grund. Noch jemand, der sich die Schuld gibt. Er will gerade den Kopf schütteln und ihr sagen, dass sie sich keine Gedanken darum machen solle, doch in diesem Moment tappt Akira an seine Seite und Aurians Pony schnaubt alarmiert und tritt rückwärts. Caewlin schickt die Bluthündin außer Reichweite - dass Akira alle Pferde scheu machen würde, hätte ihnen jetzt gerade noch gefehlt. "Tillbaka, Akira, plats." Sie trollt sich an den Stamm einer Schwarzkiefer und lässt sich dort im Schatten nieder, wo sie hechelnd und gelbäugig die anderen Hunde beobachtet, und Caewlin wendet sich wieder an die junge Frau vor ihm. Das Grün ihrer Augen mag an die Farbe von Katzenaugen erinnern, die Scheu, die noch immer darin liegt, lässt Caewlin eher an ein wachsames Reh denken.

"Schön dich zu sehen. Und schön zu sehen, dass es dir offenbar besser geht." Sie muss ihm nicht sagen, was aus Blutaxt geworden und in der Halle der Kanalratten geschehen war - er hat es längst von Niniane, Cron und Borgil gehört, und wäre er an Stelle des Zwergen gewesen und hätte ganze Steinwände einstürzen sehen, wäre er vermutlich zum selben Schluss gekommen und hätte zugesehen, wenigstens die Übrigen irgendwie noch hinauszuschaffen. Als Raven damit fertig ist, den armen Borgil zu erwürgen, kommt sie zurück an seine Seite und Caewlin zieht sie an sich. "Das ist Raven," stellt er vor und weiß, dass Aurian sich an den Namen erinnern wird. Wegen Raven waren sie überhaupt erst in die Tunnel gekrochen, Borgil, Phelan, das Rotzgör und er selbst - dass sie Jen und Aurian dabei in den Kerkern der Kanalratten entdeckt hatten, war reiner Zufall gewesen. "Meine Frau. Raven, das ist Aurian, das Mädchen, das wir in Whytfisks Kerker gefunden haben." Hinter ihnen wird dumpfer Hufschlag laut und dann spuckt der schmale, grünschattige Pfad, der sich durch den Hain zum Tempel schlängelt, Cron aus. Der Tronjer winkt den anderen auf seine typisch unbekümmerte Art, ohne sich lange mit Begrüßungsfloskeln aufzuhalten, lenkt Donner ein wenig abseits von den anderen Pferden und bindet ihn dort an.

Die Tiere sind unruhig, Pferde wie Hunde, aber da sie nun vollzählig sind und Phelans Leichnam bereits auf dem Totenwagen liegt, werden sie sich hier wohl nicht mehr lange aufhalten. "Gehen wir zu den anderen und sehen wir zu, dass wir aus der Stadt kommen, ehe die Sonne noch höher steigt," murmelt Caewlin und wirft einen Blick in den windigen, blauen Himmel über ihnen -der Tag verspricht so warm zu werden wie seine Vorgänger. Vom stummen Gedankenaustausch zwischen dem Spitzohr an Morganas Seite und Aurian bekommt er nichts mit, aber als Cron zu ihnen tritt, sich den Staub von den Hosen klopft und sich schlicht als "Cron, einfach Cron. Ninianes Mann" vorstellt, gehen sie alle zu den anderen hinüber und mischen sich unter sie. Caewlin hat Gelegenheit, ein, zwei Worte mit Kaney zu sprechen und dann warten sie, bis jemand - vermutlich Arwen oder der Lord Commander - das Zeichen zum Aufbruch geben würde.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Borgil am 01. Juli 2005, 23:25 Uhr
Das Zeichen zum Aufbruch gibt Olyvar, kaum das Cron angekommen ist und Zeit hatte, einmal in die Runde zu winken und jedermann eilt zu seinem Pferd oder pfeift seinen vierbeinigen Begleiter zu sich. Kaum sitzt Borgil im Sattel, geht hinter ihm prustendes Gekicher los und als er sich verwirrt umsieht, sieht er direkt in Ravens vor sprachloser Erheiterung verzogenes Gesicht. Sie beißt sich heftig auf die Unterlippe, um nicht laut loszulachen. "Was, gibt's hier bitte so zu gackern, hö?" Erkundigt er sich, erreicht damit aber nur, dass ihre mühsame Beherrschung sich vollends verabschiedet und sie haltlos in sich hineinkichert. Dann dämmert ihm warum. "HMPF!" Schnaubt er, rafft soviel Würde um sich, wie er gerade aufbringen kann, und dreht ihr demonstrativ den Rücken zu. Bildur, keineswegs mit einer empfindsamen Seele gesegnet, im Gegenteil, nutzt die Gelegenheit zu einem kleinen Buckeln und zerrt, umringt von einer Horde langbeiniger Riesengäule, unmutig an den Zügeln, so dass Borgil eine Weile vollauf damit beschäftig ist, seinen närrischen Gaul zur Räson zu bringen. Als er das endlich geschafft hat, sitzen auch alle anderen im Sattel und Raven hinter ihm will sich immer noch schier ausschütten vor lachen. "Du willst doch wohl nicht den ganzen Weg hinter mir herreiten, oder?" erkundigt er sich pointiert und blinzelt hochmütig zu ihr hinauf. "Marsch ab mit dir schrecklichem Weib. Geh deinen Mann ärgern oder mach sonst etwas..." Sie denkt gar nicht daran und er muss ihr leises Kichern ertragen, bis sie aus dem Tempelhain hinaus sind und Caewlin sie den Göttern sei Dank von ihm ablenkt. Sie sind schon ein Anblick, wie sie durch die Straßen Talyras reiten: vorneweg Niniane und Cron, die als einzige den Weg kennen, hinter ihnen Morgana und Mael, dann der grüne Totenwagen, gelenkt von zwei Knechten der Steinfaust und flankiert von vier Blaumänteln, und hinter ihnen wiederum Olyvar und Arwen, Aurian und Kaney, dann er und schließlich Raven und der riesenhafte Sturmender auf seinem nicht minder riesigen Schlachtross. Und neben ihrem kleinen Tross zwei elbische Jagdhunde, ein mitternachtsschwarzer Laiginer Bärenhund, der in seinem dicken Fell unter der talyrischen Sommersonne tausend Tode sterben muss, ein arduner Wolfshund und eine normander Bluthündin, die kaum kleiner ist als Aurians Pony. Solch einen Totenzug hat Talyra auch noch nicht gesehen... Sie verlassen die Stadt durch das Verder Tor und wenden sich dann nach Süden, folgen einer Weile der breiten, gut gepflasterten Ringstrasse um die Stadt, überqueren den Platz der Händler und biegen dann auf die Große Südstraße ein, der sie den ganzen Tag lang folgen.

-> weiter am Heideweg

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Hisime am 22. Jan. 2007, 21:33 Uhr
<---Ilfsis die Elbenschmiede

Hisime weiß, dass es nicht bei diesen Zustand bleiben kann. Immer mehr verliert er die Kontrolle, wenn er sich zum Wolf verwandelt. Er hat schon damit begonnen, in die Wälder zu gehen wenn der Mond wieder beginnt voller zu werden, denn zu groß ist seine Angst, dass er einen Menschen verletzen könnte, wenn er sich in der Stadt verwandeln würde. Doch auch seine Aufenthalte im Wald sind nicht mehr sicher; nach der letzten Vollmondnacht war in einer Scheune auf dem Heuboden aufgewacht, sein Körper blutbefleckt. Hisime bekam einen riesigen Schreck, doch glücklicherweise stellte sich heraus, dass er in dem Dorf nur einige Hühner gerissen hatte.

Lange hat er sich mit Tyrael beraten und der weiß nur eine Lösung für Hisimes Problem, nämlich den Anukistempel aufzusuchen. Hisime überlegt lange, denn er weiß nicht, was man ihm anstellen wird, wenn er zugibt, ein Werwolf zu sein. Was würde man mit ihm anstellen, doch auch Hisime ist klar, dass es der einzige Weg ist. Denn über kurz oder lang würde es passieren, dass er einen Menschen anfiel, und davor hat er am meisten Angst. Trotzdem sträubt sich alles in ihm, den Tempel aufzusuchen. Tyrael redet Stunde um Stunde mit Hisime und schließlich schafft er es, ihn davon zu überzeugen, dass er es nicht weiter aufschieben kann.

Hisime steuert langsam auf den kleinen, dicht bewachsenen Wald zu, in dem der Tempel der Anukis liegen soll. Mächtige Schwarzkiefern erheben sich neben ihm, und nachdem er ein paar weitere Schritte gegangen ist, kann er auch den Weg zum Tempel sehen. Ihm steigt der Duft der Nadelbäume in die Nase, und als er den Pfad in den Wald betritt, wird es schlagartig dunkel, denn durch das dichte Geäst kann kein Sonnenstrahl dringen. Durch die plötzliche Dunkelheit stellte sich ein mulmiges Gefühl bei ihm ein, doch er hat sich entschlossen, und nun will er sich auch nicht mehr von seinen Weg abbringen lassen. Unwillkürlich muss Hisime daran denken, dass Anukis auf einen Werwolf wie ihn ihre Häscher jagen würde. Wie er auf den Gedanken kommt weiß er nicht, doch es wird für ihn augenblicklich zur festen Realität. Vielleicht wird jeder, der dieser Wald passiert, von der Göttin begutachtet, und wer ihrer nicht würdig ist, wird sicherlich den Wald nicht mehr lebend verlassen. Hisime verscheucht den Gedanken und setzt seinen Weg fort.
Er kann schon ein wenig Licht erblicken und weiß deswegen, dass der Ausgang aus dem Wald nicht mehr weit ist. Der Elb beschleunigt seinen Schritt und läuft fast durch den Wald; plötzlich steht er auf einer Lichtung und  ist froh, dass er es geschafft hat den Wald zu durchqueren, doch dann fällt sein Blick auf den schwarzen Wolf zu seiner Seite. Man wird im Wald also doch geprüft! Hisime gibt einen erstickten Schrei von sich, springt einen Schritt zurück und dreht sich um. Hinter ihm ist ein weiterer riesiger Wolf, dieser aber mit weißen Fell, erschienen, oder ist er schon vorher dort gewesen? Wieso ist er so dumm gewesen und hierher gekommen, er hätte doch wissen müssen, dass Anukis keinen Mischling wie ihn duldet, schon gar nicht auf ihrem heiligen Boden. Doch was kann er tun? Wenn ihre Diener in der Nähe weilen, dann ist sicherlich auch die Göttin nicht fern.
Kurzerhand wirft er sich zu Boden und schreit aus Leibeskräften ein Stoßgebet gen Himmel: „Oh Anukis, Göttin der Wildnis, Hüterin der Tiere, ich wollte nicht deinen Zorn erwecken mit meinem Erscheinen, sondern deine Hilfe erflehen! Ich möchte, dass du mich aus meiner misslichen Lange befreist, oder zumindest meine Pein minderst!“

Er wartet auf irgendeine Reaktion und sieht kurz nach links und rechts, doch die Wölfe sind immer noch da. Auf einmal erschallt eine Stimme: „Wer macht hier solchen Radau?“
Hisimes Blick wandert nach oben und entdeckt einen Priester, der aus dem steinernen Tempel kommt.
„Bitte bewahre mich vor den Wölfen“, fleht der Elb den Priester an, doch dieser schaut verwundert erst zu ihm und dann zu den Wölfen. Mit einigen Schritten ist er bei ihnen und klopft dagegen.
„Die sind aus Marmor und werden dir sicherlich nichts tun, also mach hier nicht so einen Lärm.“

Hisime betrachtet die Wölfe genauer und kommt sich urplötzlich ziemlich dumm vor, als er feststellt, dass der Priester die Wahrheit sagt. In diesem Moment wäre es ihm am liebsten gewesen, dass sich der Boden aufgetan und ihn verschlungen hätte, aber leider tut ihm der Boden den Gefallen nicht. Mit ein wenig Verwunderung muss der Elb feststellen, dass ihn der Priester wegen seines dummen Fehler nicht auslacht. Stattdessen sieht er ihn mit ernstem Blick an, als wartete er ab, ob Hisime ihm noch ein wenig mehr von seiner kostbaren Zeit stehlen möchte.

Hisime blickt ihn einen Moment lang etwas verlegen an, erinnert sich dann aber daran, warum er eigentlich zum Anukistempel gekommen ist, und auch wenn es ihn ein wenig Überwindung kostet spricht er den Priester schließlich an.
„Es tut mir Leid, dass ich die Ruhe des Tempels gestört habe, aber ich habe ein wichtiges Anliegen, weswegen ich gerne mit einem Priester reden möchte.“ Er atmet noch einmal tief durch. Ihm fällt keine Möglichkeit ein, wie er dem Priester sagen soll, dass er ein Werwolf ist. Schon auf dem Weg hierher hat er sich viele Erklärungen überlegt, doch keine scheint irgendwie gut genug. Einige Minuten verharrt er wieder in seinen Überlegungen und der Priester mustert ihn ein wenig argwöhnisch, doch nach dem er einige Minuten höflich gewartet hat, richtet er schließlich das Wort an ihn.
„Wenn es Euch möglich wäre, Euch zu beeilen, ich habe schließlich noch Pflichten im Tempel. Wenn Ihr also wisst, was Ihr von mir wollt, könnt Ihr gerne in den Tempel kommen, aber bitte ohne solchen Lärm zu veranstalten.“
Hisime weiß, dass wenn er es jetzt nicht sagt, es wahrscheinlich nie sagen wird. Er ist so konzentriert darauf, die Worte auszusprechen, dass er leider nicht auf die Lautstärke achtet und deswegen halb geflüstert zu dem Priester sagt: „Ich bin ein Werwolf.“

Der Priester hat zwar gehört, dass der Elb etwas gesagt hat, ihn jedoch nicht verstanden.  „Wie bitte?“ fragt er höflich.
„Ich bin ein Werwolf“, sagt Hisime ein weiteres Mal, doch wieder so leise, dass es der Priester kaum vernehmen kann.
„Wenn Ihr nur gekommen seid um meine Zeit zu verschwenden, dann könnt Ihr gleich wieder gehen. Am besten tut ihr das jetzt und wenn nicht, werde ich der Wache Bescheid geben, dann könnt Ihr die Gitterstäbe in den Zelle anflüstern.“
„Ich bin ein Werwolf“, sagt Hisime nun mit lauter Stimme und erschreckt sich sofort danach. Rasch schaut er sich um, doch er hat Glück und kein weiterer Tempelgänger ist zu sehen.

Der Priester mustert ihn nun mit strengen Blick: „Ihr seid ein Werwolf?“
„Ja“, antwortet Hisime wieder mit leiser Stimme.
Der Priester mustert ihn ein weiteres Mal, bevor er schließlich erwidert: „Kommt mit.“ Damit wendet er sich dem Tempel zu und geht hinein; Hisime eilt schnell hinterher. Als er den Priester erreicht hat, erhebt dieser die Stimme und ruft schnell einige Namen, die Hisime nicht wirklich versteht, dann dreht er sich zu ihm um und schaut ihn mit strengen Blick an.
„Wieso kommt Ihr erst jetzt zu uns? Der letzte Vollmond ist ja schließlich auch ein paar Tage her.“
Hisime weiß, dass er keine befriedigende Antwort darauf hat, besonders weil er sich ja nicht erst seit einem Vollmond in seine Wolfsgestalt verwandelt, und als könnte der Priester seine Gedanken lesen fragt dieser sofort: „Erzählt mir nicht, dass Ihr Euch schon seit mehren Monden verwandelt.“
Hisime nickt kaum merklich, und in dem Blick des Priesters sieht er ein wenig Ärger aufkeimen.
„Seit wie vielen Monden?“
Er zählt kurz in Gedanken nach und antwortet schließlich „Sechs.“
In der Zwischenzeit sind weitere Priester aufgetaucht und warten hinter dem Priester, mit dem Hisime gerade spricht.
„Vater Thrandar?“ sagt einer der Wartenden schließlich, woraufhin sich der ältere Mann umdreht. „Weswegen habt Ihr uns gerufen?“
Mit wenigen Worten erklärt Thandrar die Situation und überlässt Hisime der Obhut der Priester.
„Vater Thandrar wird sehen, wie man Euch helfen kann, währenddessen werden wir hier aufpassen, dass Ihr Euch nicht in die Stadt davon stehlt, wir können schließlich keinen Werwolf frei herumlaufen lassen“, sagt einer der dazugekommen Priester, als Hisime ihn fragend ansieht, doch weiter sagt er nichts.
Während die Priester schweigen, sieht Hisime sich den Tempel genauer an. Zuerst fällt ihm auf, dass es hier keine Steinfliesen als Boden gibt, stattdessen ist er mit blühendem Smaragdgras bewachsen. Inmitten des Tempels steht eine große Statue von Anukis, umgeben von vielen kleinen Säulen, an denen verschieden Pflanzen emporwachsen. Hinter den Säulen sind in der Tempelwand  weitere Statuen aufgestellt, die aber keine Ähnlichkeit mit der von Anukis haben. Es könnten die Archone der Anukis sein, aber wie sie genau heißen, weiß Hisime auch nicht mehr so genau.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Hisime am 02. Juli 2007, 22:00 Uhr
Hisime wird langsam ein wenig ungeduldig, immer wieder wirft er einen Blick nach draußen und sieht der Sonne auf ihrem Weg in Richtung Horizont zu. So langsam packt ihn aber auch die Ungeduld und Hisime möchte wissen, was man mit ihm vorhat, und dazu gesellen sich wieder einmal die ewigen Zweifel.
Ist die Idee wirklich so gut gewesen sich in den Anukis Tempel zu begeben? Vielleicht hätte er einfach in den Wäldern bleiben und versuchen sollen sich mit dem Wesen zu arrangieren. Denn nun ist er der Willkür der Priester der Anukis ausgesetzt, was wenn sie denken, dass man ihn nicht retten kann und sie ihn töten wollen? Doch um das Chaos in seinem Kopf zu vollenden versucht nun ein anderer Teil seines Geistes ihn zu beruhigen, und wie man es so oft kennt hat dies die eher umgekehrt Wirkung. Anstatt sich zu beruhigen schaukelt sich Hisime in seinen Gefühlen der Angst und des Zweifel immer höher.
Er merkt wie seine Hände zittrig werden und der Schweiß aus allen Poren zu fliehen versucht. Doch auch dies nimmt sein Geist nur als weiteren Anlass um in Verzweiflung zu geraten. Ein Teil seines Geistes will ihm weismachen, dass die Priester nun bald wissen würden, dass er Angst hat und sich somit auch auf eine eventuelle Flucht einstellen können. Panisch suchen Hisimes Augen den Tempelraum nach einer Fluchtmöglichkeit ab, doch die Priester stehen so dicht, dass sie ihn, egal welchen Weg er auch nehmen würde, sicherlich erwischten.

Plötzlich senkt sich eine Hand auf seine Schulter und eine ruhige, angenehme Stimme spricht zu ihm: „Fürchte dich nicht. Ich weiß, dass Vater Thrandar im ersten Moment ein wenig beängstigend wirkt, doch er ist ein guter Mann. Er ist immer sehr bemüht und er wird sicherlich einen Weg finden dir zu helfen. Doch du musst auch verstehen, dass wir es nicht zulassen können, dass ein  Werwolf in der Stadt frei herumläuft. Bisher konntest du noch das Tier in dir kontrollieren, aber stell dir vor was passiert wenn das Tier auf einmal Kontrolle über dich hat. Wenn es andere Menschen anfällt, vielleicht sogar tötet. Das können wir nicht zulassen.”
Nur zu gut versteht Hisime die Worte des Priesters, dies ist ja auch einer der Gründe gewesen warum er den Tempel aufgesucht hat. Er selbst hatte ja schon die Befürchtung gehabt, dass er Menschen anfällt wenn er nicht bald das Tier in sich besiegt. Doch die Worte des Priesters schaffen es auch nicht seine Angst zu lindern, was, wenn der einzige Weg das Tier in ihm zu besiegen Hisime den Lebensfunken auszuhauchen ist?

Am liebsten hätte er seine Bedenken dem Priester mitgeteilt, doch es wollen ihm keine passenden Worte einfallen. Hisime nickt dem Priester verstehend zu und blickt in dessen Gesicht. Für einen Moment scheint der Priester zu überlegen ob er noch was sagen soll, doch er scheint zu merken, dass seine Worte Hisime nicht so beruhigen wie er es gerne möchte. Doch dann erhellt sich die Miene des Priesters und ein freundliches Lächeln zeigt sich in seinem Gesicht.
„Geduldige dich noch ein wenig, Vater Thrandar kommt sicher bald zurück.“ Hisime ist ein wenig skeptisch, aber dann  erstaunt als ein paar Minuten später Thrandar den Raum betritt.
„Ich habe eine gute Nachricht für dich junger Elb. Ich habe in den Büchern nachgesehen und es gibt ein Ritual, dass den Geist des Tieres in dir besänftigt. Doch leider können wir dieses Ritual im Moment nicht durchführen, da unsere oberste Priesterin sich auf einer Reise befindet. . Deswegen musst du dich zum Anukis Tempel in die Elbenlande begeben, damit dort das Ritual durchgeführt werden kann. Aber ich warne dich, das Ritual ist gefährlich, du könntest dabei Schaden nehmen, doch es ist der einzige Weg dich dauerhaft von dem Tier zu befreien.“
Hisime versucht den Blick Thrandars zu meiden. Doch er weiß, dass er sich nun zusammenreißen muss, wenn er Antworten haben will. Hisime holt tief Luft bevor er dann schließlich beginnt zu reden: „Was meint Ihr damit, dass ich Schaden nehmen kann? Und wie soll ich die Reise überstehen, schließlich wird diese mehrere Wochen in Anspruch nehmen? Was ist, wenn das Tier in dieser Zeit die Kontrolle gewinnt?“

„Dazu wollte ich gleich noch konnen, ich lasse gerade einen Trank brauen, den du während des Vollmondes trinkst. Dieser setzt den Geist des Tieres außer Kraft, sodass es keinen Schaden anrichten kann. Und bevor du fragst; der Trank kann dich nicht dauerhaft davor bewahren, dass das Tier durchbricht. Denn zum einen lässt der Trank von Mal zu Mal nach und zum anderen ist die Gefahr viel zu groß, dass dir der Trank einmal nicht zur Verfügung steht wenn du dich verwandelst. Zu guter letzt habe ich hier noch ein Schreiben, das du bitte dem Hohepriester Rynthuador, oder einem der Erzpriester  des Anukis Tempels übergibst. Ich habe ihm kurz das Geschehen geschildert. Was die Gefahren angeht, so musst du bedenken, dass dieses Ritual zwar gefahrvoll ist, aber immer noch besser als irgendwann  in irrer Mordlust durch die Gegend zu ziehen und Menschen zu töten.“
In dem Moment betritt ein weiterer Priester den Raum, der eine Feldflasche in den Händen hält und diese Thrandar überreicht. Dieser nickt dem Priester zu, woraufhin dieser wieder davoneilt.
„Dies ist der Trank.“ Mit diesen Worten wendet sich Thrandar wieder an Hisime, „du musst in den  Nächten des Vollmondes einen Schluck vor der Abenddämmerung trinken. Hast du das verstanden?“
Zuerst nickt Hisime nur, dann lässt er aber ein leises, dennoch bestimmtes „Ja“ erklingen.
„Dann hast du alles was du für deine Reise brauchst. Mach dich am besten sofort auf den Weg“, sagt Vater Thrandar und deutet Hisime den Weg  zum Ausgang.
„Danke für Eure Hilfe“, sagt Hisime bervor er sich auf den Weg macht. Ihm ist zwar immer noch unwohl bei dem Gedanken an das Ritual, doch er weiß, dass es der einzige Weg ist. Nachdenklich verlässt er den Tempel und geht durch den Waldpfad wieder zur Stadt. Nun muss er nur noch schnell einige Sachen in der Schmiede zusammenpacken und sich dann auf den Weg machen.

----> Elbenlande

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 13. Okt. 2007, 21:41 Uhr
Der Weg durch die morgendlichen Straßen ist rasch zurückgelegt, und Arúen verschwindet im Schatten uralter Schwarzkiefern und Fichten, die den Tempel ihrer Göttin umgeben. Wie jeden Morgen breitet sich ein vertrautes Gefühl warm in ihr aus, als sie die beiden Wolfstatuen erblickt, in deren Augen aus Jet und Bernstein ein lebendiges Funkeln zu liegen scheint, und die jeden zu mustern scheinen, der den Pfad verlässt.
Die Morgenandacht ist noch nicht gefeiert, und der Platz vor dem Tempel menschenleer. Mit nahezu lautlosen Schritten tritt Arúen über die Stufen hoch zum Eingang des Tempels. Der goldene Marmor der Bäume schimmert trotz des fahlgrauen Lichtes dieser frühen Morgenstunde wie aus sich selbst heraus. Ein warmer Willkommensgruss für die Besucher der heiligen Hallen und eine Mahnung an die Macht Anukis'. Das grüngoldene Dämmern zwischen den baumgleichen Säulen und in den Kapellen der Archonen ist Arúen längst vertraut, und trotzdem kommt es ihr jeden Morgen so vor, als kehre sie nach hause zurück, wenn sie durch das Portal tritt und die Flügeltür sich hinter ihr leise wieder schließt. Hell schimmern die Kelche der weißen Blüten an den Säulen und die Falter und Schmetterlinge huschen wie goldene und grüne Funken um die Säulen und die Statue der Göttin, der dieser Tempel geweiht ist.

Teir und die beiden Hündinnen begleiten sie wie so oft, wenn sie sich zur Morgenandacht in den Tempel aufmacht und Rialinn mit sich nimmt. Meistens schläft ihre Tochter noch, wenn sie aufbricht, und sie nimmt nur die beiden Hunde mit sich - etwas, auf dem der junge Elbenritter hartnäckig besteht, sofern er sie nicht selber begleitet. Aber heute morgen ist Rialinn zusammen mit ihrer Mutter aufgewacht und hat vehement darauf bestanden, nicht alleine zuhause zu bleiben, sondern mitzugehen. Was allerdings auch bedeutet, dass die Elbin sich nicht zu Fuß auf den Weg macht, sondern zu Pferde. Der Weg von Vinyamar zum Tempelhain und wieder zurück ist für die kurzen Beine ihrer Tochter einfach zu weit. Ganz abgesehen davon, dass Rialinn es liebt, vor ihrer Mutter im Sattel zu sitzen und die Welt um sich herum aus ungewohnter Höhe zu betrachten.

Die Sonne steht schon längst über dem Horizont, als Arúen mit einer Gruppe Novizen in einer der Seitenkapellen sitzt. Es ist eine kleine Gruppe von Jungen und Mädchen, die erst im vorangegangenen Jahr ihre Ausbildung begonnen haben, und mit denen sie in den letzten beiden Stunden seit der Morgenandacht über die Worte des vierfältigen Glaubensbekenntnisses gesprochen hat. Über die Worte an sich und über die Bedeutung, die dahinter liegt. Und darüber, dass sich bis weit in das vierte Zeitalter hinein die Glaubensbekenntnisse der Elben und Menschen voneinander unterschieden haben - zwar nicht in ihrem tieferen Sinn, aber in der Wahl der Worte um das Bekenntnis zu den Zwölf Mächten und ihren Gesetzen auszudrücken. Rialinn, die am Morgen noch so aufreizend wach und quirlig gewesen ist, hat sich unterdessen in Arúens Schoß eingerollt wie eine kleine zufriedene Katze und döst friedlich vor sich hin.
Sie können das leise Geräusch hören, als die Pforte des Tempels von jemandem geöffnet und auch wieder geschlossen wird. Es dauert nicht lange, bis zwei zufrieden hechelnden Hunde im Durchgang zur Kapelle auftauchen, kurz verharren und dann die kleine Gruppe umrunden um zu Arúen und ihrer Tochter zu gelangen, wo sie sich niederlassen wie zwei aus Erikarmarmor gehauene Sphinxen. Teir, der mit den beiden Hündinnen vor einer Weile den Tempel verlassen hat, damit die Auris und Nevis Bewegung bekommen, lässt sich nur kurz im Durchgang sehen, zieht sich dann aber nach einer leisen Verneigung wie immer still und rücksichtsvoll zurück. Es genügt aber, um die Aufmerksamkeit von einigen der Novizen kurz abzulenken. Und bei einer von ihnen meint Arúen sogar zu bemerken, wie sie kurz zusammenzuckt, als die Silhouette des Elben zu sehen ist und den Kopf auf eine Weise zwischen den Schultern einzieht, dass es auf rührende Weise scheu wirkt. Sacht öffnet Arúen die Barrieren ein wenig, mit denen sie gemeinhin ihre empathischen Sinne umgibt, und nun ist es an ihr, beinahe zusammenzuzucken. Denn was sie bei dem Mädchen spürt, ist nicht wie erwartet Scheu oder Neugier, sondern schlicht Angst. Eine Angst, die sich sogar noch verstärkt, als die Novizin bemerkt, dass die Elbin sie aufmerksam ansieht.

"Manuella? Was ist mit dir? Was macht dir solche Angst? Niemand hier tut dir etwas, Shu're Teir nicht, die Hunde nicht," ein sachtes Lächeln lässt Arúens ohnehin ruhige Stimme noch ein wenig sanfter werden, "und ich auch nicht." Einige endlose Herzschläge lang sieht das Mädchen sie nur aus großen, ängstlichen Augen an. "Aber das wisst Ihr doch sowieso, Erhabene." Die Antwort ist so leise, dass Arúen sie fast nicht verstanden hätte, und dabei sitzt die Novizin noch nicht einmal zwei Schritt von ihr entfernt. "Was soll ich wissen? Wie kann ich von etwas wissen, wenn Du es mir nicht erzählst, Kind?" Das Mädchen ringt inzwischen seine Hände so sehr, dass die Elbin sich ernstlich Sorgen um die zarten Knochen zu machen beginnt. "Ihr s-seid  ei-eine Elbin und Hohepriesterin... Ihr könnt... und dann wisst..." Die Kleine stottert so sehr, und heftiges Schluchzen verschluckt die meisten Worte, so dass Arúen so gut wie gar nichts versteht, und das Mädchen nur besorgt ansehen kann, in der Hoffnung, sie würde noch etwas mehr sagen, das Licht in das Ganze bringt. Doch Manuella ist so verstört, dass sie schlussendlich die Arme um ihre Knie schlingt und weinend das Gesicht verbirgt. Ein wenig ratlos wandert der Blick der Elbin über die Gesichter der anderen Kinder, und bleibt an dem eines andern Mädchens hängen, ein wenig älter als der Rest dieser Gruppe, und dessen Blick wandert unstet hin und her, so als sei sie sich nicht sicher, welche Entscheidung sie treffen soll. Schließlich erwidert sie aber den Blick der Priesterin. "Ich glaube, ich weiß, was sie meint." Die Stimme der Novizin ist leise, aber nicht zögerlich, und der Blick, den sie auf Arúen gerichtet hat ist fest. "Sie hat abends oft geweint, wenn wir in unserer Kammer sind um zu schlafen. Sie hat Angst... Angst vor euch, also nicht vor Euch, Erhabene, aber vor Elben. Sie hat noch nie vorher welche gesehen, bevor sie hier in den Tempel kam, wisst Ihr. Und... und sie ist der Meinung, dass Elben die Gedanken von andere lesen können, dass sie alles wissen, was wir denken und fühlen."

"Allmächtige Götter." Diese Eröffnung trifft Arúen wie ein Schlag ins Gesicht, und für einige Augenblicke kann sie erst einmal gar nichts darauf erwidern. Dann stellt sie die Frage, die sie einfach stellen muss, auch wenn ihr schwant, dass ihr die Antworten nicht gefallen werden. "Habt ihr alle Angst davor, dass ich oder ein anderer Elb eure Gedanken liest?" Und die Antworten gefallen ihr tatsächlich nicht. "Ja." "Nein." "Manchmal." "Ein wenig." Eine Weile macht sich betretenes Schweigen breit, während die Elbin nach Worten sucht, um den Kindern zu erklären, was es mit den empathischen Fähigkeiten der Elben auf sich hat, und - vor allem - wo deren Grenzen sind.
"Ihr braucht keine Angst zu haben." Es ist ihr erster Satz, und es ist auch das, was ihr am allerwichtigsten ist, dass die Kinder das verstehen und auch glauben. "Kein Elb kann einfach so daherkommen und nach Belieben mit seinem Geist in eurem Kopf herumspazieren und eure Gedanken lesen. Elben sind empathisch begabt. Das bedeutet, dass wir in der Lage sind, die Stimmungen und Gefühlsregungen von anderen wahrzunehmen." "Aber Ihr wusstet auch, dass Manuella Angst hat." Der Knabe, der sie unterbricht, schlägt sich die Hand vor den Mund und schaut drein, als erwarte er dafür bestraft zu werden. "Ja, ich wusste, dass sie Angst hat. Aber ich wusste es nicht, weil ich ihre Gedanken gelesen habe. Wenn jemand Angst hat, dann kann man ihm oder ihr das manchmal ansehen, weil er die Augen ganz weit aufreist und starr auf etwas schaut, oder weil die Ader hier am Hals ganz heftig anfängt zu pulsieren, weil das Herz vor Aufregung schneller schlägt. Und Hunde, wie meine beiden hier, die können Angst sogar riechen." Auris und Nevis sehen sie aus seelenvollen blauen Augen an, als sie ihnen kurz über die Köpfe streicht, so als wüssten sie, dass über sie geredet wird. "Dann ist das so was wie das Einfühlungsvermögen, von dem Vater Thrandar uns letzten Mond erzählt hat, und das jeder Priester entwickeln muss, wenn er den Göttern und den Gläubigen richtig dienen können will?"
"Ja, so etwas ähnliches. Einfühlungsvermögen beruht auf einer guten Beobachtungsgabe, damit man solche Dinge bemerkt, die ich eben beschrieben habe. Es ist aber auch die Fähigkeit, sich in die Lage eines anderen hineinzuversetzen, sich bewusst zu machen, wie er denkt, in welcher Situation er sich befindet, was in ihm vorgehen mag. Einfühlungsvermögen ist es, wenn ich sage: Ich weiß, wie es Dir geht. Es ist die verstandesmäßige Fähigkeit, die Gefühle anderer Leute nachzuvollziehen. Die Empathie der Elben geht noch einen Schritt darüber hinaus." "Darüber hinaus? Wie?" Die Neugier des Mädchens, das ihr von Manuellas Ängsten erzählt hatte, funkelt unübersehbar in deren grauen Augen. "Nun, es ist ein großer Unterschied zwischen 'Ich weiß, wie es Dir geht' und 'Ich fühle, wie es Dir geht', meinst Du nicht?" "Oh.. oh... Dann... dann könnt ihr es also fühlen, wenn jemand Angst hat, weil ihr die Angst dann selber spüren könnt, ja?" "Ja, genau. Aber nur dann, wenn wir unsere Sinne auch dafür öffnen. Wisst ihr, Kinder, das ist etwas, das alle Elben schon als kleine Kinder lernen, wie man seine Sinne gegen die Wahrnehmung der Gefühle von anderen verschließt und wie man auch seine eigenen Gefühle nach außen hin abschirmt. Wir tun es unbewusst, und es gehört zu den ethischen und moralischen Grundätzen der Elben, dass man andere nicht auf diese Art und Weise ausspioniert. Manchmal, wenn man sehr müde ist und unkonzentriert, oder wenn jemand anderes sehr heftigen, starken Gefühlen ausgesetzt ist, dann kann es passieren, dass wir ungewollt diese Stimmungen wahrnehmen."

"Dann können Elben also gar keine Gedanken lesen?" Manuella scheint ihre Angst zumindest so weit überwunden zu haben, dass sie sich traut, ihre Frage direkt an Arúen zu richten. Und für einen Moment ist die Elbin versucht, dem Mädchen seine Angst mit einer gutgemeinten Halbwahrheit zu nehmen. Doch dann entscheidet sie sich dagegen. Wenn sie will, dass die Kinder ihr glauben und vertrauen, dann muss sie ihnen jetzt auch die ganze Wahrheit sagen. "Doch, aber nicht alle. Nur einige wenige, mächtige Elben könnten die Gedanken eines anderen Wesens lesen. Aber es müssten schon wirklich außergewöhnliche Umstände sein, die ihnen keine andere Wahl lassen, als so sehr gegen die moralischen Grundwerte der Elben zu verstoßen. Und selbst wenn sie es täten, könnten sie es niemals unbemerkt tun, der andere würde es immer merken, dass jemand versucht, sich Zugang zu seinem Geist zu verschaffen... Und es kostet denjenigen, der es versucht sehr viel Kraft, selbst dann, wenn ihm jemand seine Gedanken bereitwillig öffnet. Und es gegen den Willen eines anderen zu tun, hinterlässt bei beiden Spuren." "Könntet Ihr es?" Wieder zögert die Elbin mit ihrer Antwort. "Der Priester, der mich auf die Prüfung von Geist, Herz und Hand vorbereitet hat, meinte, ich hätte die Fähigkeit dazu. Aber ich habe es noch nie ausprobiert. Und wenn die Götter gnädig sind, werde ich nie an einen Punkt geraten, wo ich keine andere Wahl mehr habe, als zu sehen, ob der Priester Recht hatte."

Die ganze Aufmerksamkeit der Novizen gilt der Elbin, und was sie von ihnen wahrnimmt ist ein Durcheinander von Neugier, sachtem Unglauben gemischt mit einem unbestimmten Vertrauen und dem Wunsch glauben zu können. Nur Angst kann sie keine mehr spüren, auch nicht von Manuella, und das lässt das Lächeln Arúens sich noch ein wenig vertiefen. "Also gut, wenn ihr keine Fragen mehr habt, dann mal aufauf, es ist Zeit für das Mittagessen. Und nicht rennen in den Gängen, denkt dran. Manuella, richtest Du bitte Vater Thrandar aus, dass ich nicht an der Mahlzeit teilnehmen werde. Ich habe noch etwas außerhalb des Tempels zu erledigen und komme erst morgen wieder." Mit einem Knicks und einem Nicken ist das Mädchen verschwunden, den anderen Novizen so schnell hinterher, dass die Elbin nur lächelnd den Kopf schütteln kann. Novizen hin oder her, es sind vor allem immer noch Kinder.
Rialinn ist längst wieder wach und steht zwischen den beiden Hunden. "Hause?" "Nein, min Lora, wir gehen noch nicht nach hause, wir müssen erst noch etwas besorgen." "Reiten!" strahlt ihre Tochter sie begeistert an. "Ja, genau, wir reiten jetzt ins Handwerkerviertel."

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Teir am 15. Okt. 2007, 23:08 Uhr
Im Tempelhain und Handwerkerviertel


Während der Morgenandacht steht Teir in einer der kleinen Nischen in Arúens Nähe. Er glaubt nicht daran, dass seiner Herrin hier im Inneren des Tempels irgendetwas zustoßen könnte, doch obwohl er nicht besonders gläubig ist, genießt er die friedlichen Andachten, hat er hier doch die Möglichkeit, seinen Gedanken in Ruhe nach zu hängen. Nur das leise Knurren seines Magens stört seine träge vor sich hintreibenden Gedanken. Sein Blick gleitet über die Gläubigen, die sich zu dieser frühen Stunde angefunden haben. Nur drei oder vier der Anwesenden kennt er noch nicht, während viele ihm beinahe wie alte Bekannte vorkommen.
Nach dem einfachen Frühstück im Tempel begibt sich Shadâna Arúen in Rialinns Begleitung mit einer Gruppe junger Novizen in eine Seitenkapelle, während er mit Auris und Nevis eine ausgiebige Runde durch den Tempelhain dreht. Die Hündinnen kennen sich auf dem weitläufigen Gelände aus und er folgt ihnen in gemächlichem Tempo. Hier und da begegnet ihm ein Priester und einen Augenblick bleibt er in der Nähe einer Gruppe Novizen stehen, die von einem älteren Priester etwas über die >..wichtigsten Kräuter dieser Jahreszeit.. erfahren. Kräuter sind nicht unbedingt sein Lieblingsthema, aber etwas an der Art wie der Mann spricht, den ganzen, nicht gerade schlanken Körper dabei zur Unterstützung seiner Aussage einsetzt, lässt ihn lächeln. Wie Vater wenn er von seinem besten Tuch spricht. Mit einem Mal überkommt ihn das Heimweh nach Lyrtaran, seinen Eltern, seinem großen Bruder, sogar nach dem staubigen Kontor seines Vaters, wo er die langweiligsten Stunden seines Lebens zugebracht hatte. Da bin ich in der aufregensten Stadt Rohas und sehne mich ins langweilige Lyrtaran zurück. Er schüttelt den Kopf über sich selbst, beobachtet den in seiner Erklärung völlig aufgehenden Priester noch einen Augenblick, ehe er es schafft, sich loszureißen und den Hündinnen zu folgen.

Er öffnet die Tür des Tempels leise, lässt die Hündinnen hinein und folgt ihnen dann auf leisen Sohlen. Während Auris und Nevis auf dem kürzesten Weg zu Arúen eilen, lässt er sich nur kurz in der Tür der kleinen Kapelle blicken, verbeugt sich wortlos und geht durch den Tempel in Richtung der Nebengebäude. In der Küche wird gerade das Mittagsmahl vorbereitet und er braucht die junge Magd, die ihn am Eingang abfängt nicht lange zu überreden. Sie heißt ihn vor der Tür zu warten und kehrt wenige Minuten später mit drei Bündeln zurück. Er schenkt ihr ein strahlendes Lächeln, als sie ihm drei Honigfinger in die Hand drückt. "Danke!" Sie senkt den Blick und erwidert sein Lächeln. Teir will gerade etwas sagen, als ein Novize sich an ihnen vorbei durch die Tür drängt und im Inneren der Küche eine Stimme laut wird. >Rhea, wo steckst du?< Das Mädchen sieht auf, verdreht die Augen und tritt dann mit einem entschuldigenden Lächeln in die Küche. Er sieht ihr noch einen Augenblick unschlüssig nach, ehe er mit den Schultern zuckt und sich auf den Rückweg macht.
Die Mädchen und Jungen kommen ihm eiligen Schrittes entgegen und einige Mädchen sehen ihn so durchdringend an, dass er sich verwundert nach ihnen umdreht. >Reiten!< Rialinns begeisterter Ausruf lässt ihn sich wieder umwenden und er muss über die Begeisterung des Elbenmädchens lächeln. >Ja, genau, wir reiten jetzt ins Handwerkerviertel.< "Vielleicht wollt Ihr vorher noch eine Kleinigkeit essen, Shadâna?" Er hebt die Bündel mit ihrem Mittagessen und beide Elbinnen belohnen ihn mit einem strahlenden Lächeln. Sie entscheiden nach einem kurzen Blick in das Innere der Bündel, die Mahlzeit doch hier einzunehmen. Arúen führt sie an eine windgeschützte Stelle des Tempelhaines, wo die Sonne das Gras erwärmt hat. Rialinn ist begeistert von diesem improvisierten Picknick und isst die kleinen Fleischpasteten auf einem zur Bank umfunktionierten Baumstamm. Ihre Mutter muss ihr dabei ab und zu helfen, um zu vermeiden dass zuviel von den Pasteten auf dem Kittel der Kleinen oder im weichen Gras landet. Teir lässt sich ohne große Umstände im Gras nieder und reicht Rialinn, als sie mit dem Essen fertig ist, einen der Honigfinger. Wieder erntet er ein seliges Lächeln des Mädchens, das dieser Süßigkeit nie wiederstehen kann. Er reicht auch Arúen eines seiner Beutestücke und sie verlassen die Lichtung satt und mit einem zufriedenen Kleinkind. Einem Einkaufsbummel sollte man wohl immer derart gewappnet entgegensehen können.

Obwohl die Straßen jetzt deutlich voller sind als in den frühen Morgenstunden, dauert es nicht lange, bis sie das Handwerkerviertel erreichen. Shadâna Arúen erklärt ihm auf dem Weg, dass sie für Vinyamar neue, große Wäschekörbe und einige weitere Körbe besorgen will und so führt ihr Weg sie nur an den Rand des Viertels, in die Gasse, in der sich die Korbflechter angesiedelt haben. Teir ist froh darüber, nicht mit den Pferden in dieses Gewirr aus winzigen, schmalen Gassen zu müssen. Denn obwohl dies keine schlechte Gegend ist, sind ihm solche Gassenlabyrinthe, in denen er sich noch dazu nicht auskennt, absolut zuwider. Man wusste nie, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet und das ist keine gute Vorraussetzung, um jemanden zu beschützen.
Sie halten schließlich vor einem kleinen Laden, hinter dem sich wohl auch die Werkstatt befindet. In die Hauswand sind mehrere, große Ringe aus Metall eingelassen, an denen man die Pferde anbinden kann. Teir gleitet aus Nannars Sattel, lässt die Stute jedoch ersteinmal unangebunden stehen und tritt zu Arúen und Rialinn. Das Mädchen streckt ihm kichernd die Arme entgegen. Er hebt die Kleine aus dem Sattel und stellt sie neben sich auf die Erde, um nach Shur´s Zaumzeug zu greifen. Eigentlich ist es nicht nötig den Hengst festzuhalten; das Tier ist zu gut erzogen, um beim Auf- oder Absitzen zu zappeln. Aber wie so einige andere, lässt er sich auch diese kleine Höflichkeit nicht nehmen. Er erwidert das Lächeln seiner Herrin und folgt ihr und Rialinn dann ins Innere der Werkstatt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 18. März 2008, 21:22 Uhr
Es ist unterdessen später Nachmittag geworden. Der Tag ist noch genauso trüb und grau wie er angefangen hat, auch wenn es zumindest im Moment keinen Schneeregen gibt. Allerdings hat Frau Eluna jede Hoffnung, das Wetter könne sich bessern im Keim erstickt. Die Novizenmeisterin plagt sich noch immer mit dem Reißen, das ihr stets bei nasskaltem Wetter in die Knochen schießt. Wie es scheint, werden wir uns noch einige Tage mit diesem Wetter abfinden müssen seufzt Arúen tonlos, während sie einen kurzen Abstecher zu ihren Räumlichkeiten macht um nach Rialinn zu sehen und die beiden Hündinnen bei ihrer Tochter zu lassen, sollte die noch immer - oder schon wieder - schlafen. Vorbei an den Türen, die zu Thrandars Zimmer führen gelangt sie zu ihren eigenen. Die einstigen Gästezimmer, von deren Umbau sie Thrandar nicht hatte abhalten können, sind seit dem frühen Sommer fertig. Leise öffnet die Elbin die Tür, für den Fall, dass Rialinn wie so oft nicht in ihrem Bett geblieben ist, sondern sich mit ihrer Decke ein Nest in einem der großen Korbsessel gebaut hat. Und tatsächlich liegt ihre Tochter auf einem der Sessel, eingerollt wie eine kleine Katze, und schaut ihrer Mutter aus halbwachen Augen entgegen. "S'Ijea, min Arzaen. Îhios eldoron?" Behutsam nimmt sie ihre Tochter auf den Arm und bekommt ein unverständliches Nuscheln als Antwort. "Hmmm, te sigaeliot ile firây ôndo eldoron, ûr?" Nein, weder ist ihr Kind wach, noch hört es sich auch nur ansatzweise so an, wie Arúen mit einem Schmunzeln feststellen muss. Auris und Nevis haben sich, kaum dass sie den Raum betreten haben auf ihren Platz vor dem Kamin verzogen und äugen nun lediglich aufmerksam herüber, als aus dem Nebenzimmer eine Novizin eintritt.

"Oh, Erhabene, ich habe Euch gar nicht kommen hören." Ein leichter Knicks begleitet die Worte. Ihr Götter im Himmel, werde ich mich je daran gewöhnen? Fast ist die Elbin versucht, die Augen gen Himmel zu verdrehen, lässt es dann aber doch sein. Es fällt ihr auch jetzt noch, fast einen Zwölfmond nach ihrer Berufung schwer, mit den Ehrenbezeugungen und Respektsbekundungen klar zu kommen, von denen anscheinend alle der Meinung sind, dass sie einer Hohepriesterin gegenüber unerlässlich sind. "Ich bin auch besonders leise gewesen, weil ich gehofft habe, dass Rialinn noch schläft." Der Blick, den sie für diese Aussage von der Novizin erntet, sagt mehr als tausend Worte: Als ob die Elbin es nötig hätte besonders leise zu sein, wo man ihre Schritte auch sonst so gut wie gar nicht hört. Und die Türangeln sind immer so gut gefettet, dass ein Knarren oder Quietschen eigentlich nicht zu erwarten ist. "Hat sie etwas gegessen, während ich mit den Hunden und den Winterkindern draußen gewesen bin?" Wie in jedem Jahreslauf haben sich auch in diesem Zwölfmond zum Anfang des Winters eine Anzahl Kinder im Tempel eingefunden. Vermutlich würde keines von ihnen den Ruf der Götter vernehmen, aber die Tempel sind für alle, die sich keinen teuren Privatlehrer leisten können die einzige Möglichkeit, ihren Kindern das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Die Kinder von den entfernter liegenden Höfen oder Weilern kommen zum Ende des Herbstes, meist dann, wenn die Erntezeit vorbei ist und der Zehnte abgeliefert oder die Pacht bezahlt werden muss, und bleiben dann den Winter über im Tempel, während die Kinder, die in Talyra wohnen nur zum Unterricht in den Tempel kommen. Die Kinder, die im Tempel unterkommen, hatte irgendwer einmal einer der Priester "Winterkinder" genannt, und dabei war es dann geblieben. Am Vormittag ist immer der Unterricht, oft zusammen mit den Novizen, und am Nachmittag helfen sie den Tempelangehörigen bei den täglich anfallenden Arbeiten. Jeder nach seiner Kraft und seinem Können. Heute ist es die Kontrolle der Erdmieten im Gemüsegarten auf ungebetene Untermieter gewesen, bei der es zu Arúens Erheiterung zu einem lebhaften Diskurs zwischen dem für die Vorräte zuständigen Priester und einem halbwüchsigen Jungen gekommen ist, ob sich Lauch und Rüben besser halten, wenn man sie in sandgefüllten Kisten in einem kühlen, feuchten Keller lagert, oder wenn man sie nach der Ernte in Erdmieten im Garten lagert, wo sie dann auch den Winterfrösten ausgesetzt sind. Bei dem Gedanken an die eifrige Diskussion der beiden, muss die Elbin noch immer schmunzeln, und bekommt die Antwort der Novizin beinahe nicht mit. "Ja, von dem Milchbrei, aber nicht viel. Der neue Zahn scheint ihr noch immer weh zu tun. Dafür hat sie fast den ganzen Tee ausgetrunken. Und ist anschließend fast augenblicklich eingeschlafen." "Naja, so richtig wach ist sie noch immer nicht." Zärtlich streicht Arúen ihrer Tochter die schlafwirren Haare aus dem Gesicht. "Eama rhunaer," nuschelt es leise an ihrer Schulter. "Ja, mein Schatz, Mama bleibt bei Dir... oder vielmehr bleibst Du bei mir. Deine Mama muss nämlich nachher zu diesem Treffen mit den anderen Hohepriestern und Tempelvorstehern und nimmt Dich mit." Die Novizin, die schon im Gehen begriffen ist, wendet sich bei diesen Worten wieder um. "Wollt Ihr sie wirklich mit Euch nehmen, Erhabene? Ich kann gerne noch auf sie aufpassen." Das Lächeln des Mädchens bei diesem Angebot ist offen und ehrlich, und Rialinn ist auch gerne bei ihr. Aber Arúen durchschaut die Novizin trotzdem.

"Wenn ich mich nicht sehr irre, erwartet der ehrwürdige Kräutermeister Dich ebenso wie die anderen Novizen um euch die Gewinnung von Lösungen und Tinkturen aus Heilkräutern zu zeigen." Nicht gerade, dass das Mädchen aufstöhnt, aber ein kurzes Verdrehen der Augen kann sie dann doch nicht verbergen, was die Elbin lächeln lässt. "Ich weiß, der gute alte Vater Padraig ist manchmal etwas... ausführlich... in seinen Erklärungen." Eine höfliche Umschreibung für staubtrocken und langatmig. "Aber fragt ihn einmal nach der 'Sammlung des Wissens um Kraut und Wurz in der Kunde des Heilens' von Nevin Culpeper. Könnte sein, dass der Unterricht dann völlig anders verläuft, als ihr es vermutet... Und nun los, sonst kommst Du noch zu spät." Mit einem aufmunternden Lächeln verabschiedet Arúen die Novizin, und ist dann mit ihrer Tochter und den beiden Hunden alleine. Und mit ihren Gedanken. Und gerade letzteres ist an diesem Tag nicht gerade angenehm. Während sie also ihre Tochter dazu überredet, doch noch etwas von dem inzwischen kalten Milchbrei zu essen, selber ziemlich appetitlos an einigen Haferkeksen nagt und Rialinn erzählt wo sie gewesen ist, und was sie gemacht hat, haben ihre Gedanken nicht besseres zu tun, als sich andauernd wieder den unangenehmen Ereignissen des Tages zuzuwenden.

Nach dem Mittagsmahl hatte sie eine Auseinandersetzung mit Teir gehabt. Arúen hatte auf dem Weg zum Tempel der Steinfaust einen Besuch abstatten wollen, um zu erfragen, wann man den Leichnam von Muriel zur Bestattung freigeben wird. Und der junge Ritter hatte sie um keinen Preis alleine gehen lassen wollen. Was nun wieder die Elbin nicht hatte einsehen wollen, sie sei schließlich nicht wehrlos, und warum überhaupt er sich plötzlich so einmischen würde. Mit einem fast schon verbissenen Ernst hatte er ihr daraufhin erklärt, dass der Diensteid, den er ihr geleistet hatte, ihm das Recht gibt, sich einzumischen, wenn sie etwas tue, dass es ihm unmöglich macht, seiner Aufgabe nachzukommen: Für die Sicherheit von ihr und ihrer Tochter zu sorgen. Da er mit dieser Feststellung nur zu Recht hatte, hatte sie zumindest soweit eingelenkt, dass wenn er sie denn unbedingt begleiten müsse, sie die Hunde bei Rialinn lassen werde. Das hatte nun wieder den Ritter in eine Zwickmühle gebracht. Er
konnte sich zwar verständlicherweise Schöneres vorstellen, als ein schlafendes Kind zu hüten, aber Rialinn alleine mit den Hunden im Haus mit dem neuen Knecht, der ihm nun mal nicht recht geheuer ist, das wollte er auch nicht. Schließlich hatte Rialinn sie aus dem Dilemma erlöst. Das Kind war von dem Wortwechsel aufgewacht und kam mit verschlafenen Augen aus dem Kinderzimmer geschlurft, den Pelzbären und die Kuscheldecke hinter sich her schleifend. Halbwach hatte sie gejammert, sie wolle nicht alleine bleiben, weil dann das Zahnaua wiederkommen würde, wenn Arúen nicht da sei. Nach einigem Hin und Her war es also darauf hinausgelaufen, dass sie Rialinn mit sich nimmt, außerdem auch die beiden Hunde. Und Teir würde sie sie erst zur Steinfaust und dann zum Tempel begleiten, sich dann einen dienstfreien Nachmittag gönnen und die Elbin samt ihrer Tochter zum Abend wieder am Tempel abholen.

In der Steinfaust hatte es eine Weile gedauert, bis sie den Lord Commander hatte sprechen können. Und was sie von ihm erfahren hatte, war nicht unbedingt dazu angetan gewesen, ihre Stimmung zu heben. Muriels Leiche hatte man schon am Vormittag den Grauen Frauen übergeben, die sie für die Bestattung herrichten würden. Dann hatte sie den Fehler begangen, den Tarascon danach zu fragen, wie Muriel zu Tode gekommen war, wie schlimm die Leiche zugerichtet. Und da der Lord Commander kein Mann ist, der leere Phrasen drischt oder um den heißen Brei herum redet, hatte sie Dinge erfahren, die sie selbst in den schlimmsten Befürchtungen nicht vorgekommen waren. Seiner Bitte, diese Dinge, vor allem die Tatsache, dass der Mörder einen Teil Muriels entfernt hatte, für sich zu behalten, sie auch vor den Eltern nach Möglichkeit zu verbergen, kommt die Elbin nur zu gerne nach. Sie hatte etwas gebraucht, um sich angesichts dieser entsetzlichen Details zu fangen. Ehe sie gegangen war, hatte sie ihn dann gebeten, neben den Bildern von Muriel außerdem verbreiten zu lassen, dass sie eine Belohnung von 300 Silberlingen für den aussetzt, der den Mörder ihres Lehrmädchens findet und seiner Strafe zuführt.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Uio am 07. Sept. 2009, 14:46 Uhr
In der Nähe des Anukis´ Tempel


Grün und warm ist es um ihn herum. Hier und da zwischern Vögel und kleine Nagetiere rascheln durchs Gehölz. Uio kann es immer noch nicht ganz begreifen und schließt die Augen. Es fühlt sich gut und richtig an. Ganz ganz langsam macht der Junge mit den langen verfilzten Haaren die Augen auf und schaut auf das kleine Wesen in seinen Händen. Wie ein kleiner Mensch mit in der Sonne blau schimmernden Schmetterlingsflügeln sieht sie aus. So etwas schönes hat Uio noch nie gesehen. Bis vor ein paar Tagen hätte Uio nie im Leben gedacht, dass er einmal  so ein Wesen in den Händen halten würde. Er der kleine… nein Uio schüttelt den kopf! Er ist nicht mehr der kleine, unscheinbare Straßenjunge. Er ist der große Feenretter, Uio, der grandiose Dieb und Beutelerleichterer.

Es hatte mehrere Möglichkeiten gegeben, doch Uio hatte sich dafür entschieden nicht noch mehr Leute mit hinein zu ziehen. Lady Azra zum Beispiel. Er wollte sie nicht mit diesem wirklich unheimlichen, düsteren Mann in Verbindung bringen, bei dem die kleine Fee gefangen gewesen war. Und auch Sig. Sig war eine gute Option gewesen, doch schien dieser schwarzäugige, böse Elb, nachdem Sig nicht aufgetaucht war, keine Geschäfte mehr mit ihr machen zu wollen. Überall hatte er nach Sig gesucht. Vielleicht war sie erwischt worden? Uio schluckt bei dem Gedanken daran. Sig, in den Händen der Blaumäntel? Kein guter Gedanke, aber ein Risiko was alle Diebe und Gauner der Unterstadt tragen müssen. Wieder schließt Uio die Augen und denkt diesmal an Sig. Mögen dich, wo auch immer du bist, die Götter schützen!

Vor seinen Augen taucht ein Bild von Sig auf. Allein in einem dunklen Kerker…und dann dieser Mann. Der Elb aus der Unterstadt. Uio schüttelt den Kopf. Der Blick von diesem unheimlichen  Elb, immer wieder sieht er ihn.  Der Blick, mit dem er ihn angesehen hatte, war abgrundtief böse und kalt gewesen. Einen Tag und eine Nacht, länger wollte er nicht warten und Uio hatte es geschafft! Er war leichtsinnig, ja vielleicht sogar schlimmeres gewesen, aber er hatte das kleine, hilflose Wesen, dass nun auf seinen Händen bewusstlos lag gerettet.

Einen kurzen Moment erschrickt Uio. Was ist wenn die Fee schon Tod ist? Vorsichtig berührt er mit einem seiner dreckigen Finger den bewegungslosen, kleinen Körper in seiner Hand. Hat er sie etwas zu doll festgehalten als er den Gang aus der Unterstadt hinaufgeklettert ist? Uio schaut traurig auf das Wesen in seinen Händen. Wieder berührt er die Fee sacht, streicht ihr die braunen Haare entlang. „Bitte wacht doch auf!“ Haucht er leise.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 08. Sept. 2009, 14:33 Uhr
Das erste was in Zoes gebeuteltes Bewusstsein dringt, ist die angenehme Wärme von Sonnenstrahlen auf ihrer geschundenen Haut. Wie weiche Federn gleiten sie über ihren Körper hinweg und hinterlassen ein angenehmes Prickeln und Kitzeln. Im Gegensatz zu der dunklen Höhle, in der sie gefühlte Jahrtausende verbracht hat, ist dieser Ort hier weich und mollig. Doch wie ist sie hier hingekommen? Sie kann sich nicht entsinnen, ihr schreckliches Gefängnis und den garstigen Großen verlassen zu haben. Irgendwann, als die dicke Kette um ihren Hals immer schwerer geworden war, hat sie ihr Bewusstsein verloren. Der Rest ist Schwärze.
Sie ist so müde, so unendlich müde. Ihr Kopf dröhnt und ihr kleiner Magen fühlt sich an, als hätte sie dicke Steinklumpen, statt Brotkrumen verspeist.  
Nur mühsam und unter furchtbaren Schmerzen richtet sich die kleine, noch völlig benommene Gestalt auf. Ihre Hände zittern vor Anstrengung wie ein Fuchsschweif, als sie es endlich auf die Knie schafft. Die Augen hat sie immer noch geschlossen. Vorsichtig tasten ihre Finger nach dem Reif um ihren Hals. An dem Metallstück war eine dicke Kette befestigt gewesen, so lang und so schwer, dass es Zoe unmöglich war, mit ihr davon zu fliegen. Erstaunt zuckt das kleine Feenmädchen zusammen, der Reif ist weg. Eine dicke Kruste schorfigen Blutes ist das einzige was an ihn erinnert.
Nun muss Zoe doch ihre Augen öffnen. Sie hat zwar Angst was sie erwartet, aber gleichzeitig ist sie neugierig.  
Erschrocken zuckt die kleine Fee zusammen. Ein großes, fremdes Gesicht hat sich über sie gebeugt. Vor Angst fängt ihr kleiner Körper sofort wieder an zu zittern.
„Wwwwer biiiist duu?“, stottert sie leise. „Biiitte tuuu miiiir nicht weh…“

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Uio am 22. Sept. 2009, 14:09 Uhr
Da endlich. Das kleine Wesen in seinen Händen bewegt sich. Nur langsam bewegen sich die kleinen Arme, Beine und schließlich der ganze Körper. Uio starrt fasziniert die kleine Fee an, legt den Kopf schief und unterdrückt ein Kichern, als die Flügel der Fee ihn an den Handflächen kitzeln. Er will sie ja nicht erschrecken. Sie hat noch die Augen geschlossen.  Aber, denkt Uio das ist bei Feen, wenn sie aufwachen sicher so! Manchmall will ich auch nicht die Augen öffnen und lieber weiter Träumen! Von was sie wohl träumt?

Und dann öffnet das kleine Wesen mit den Schmetterlingsflügeln doch die Augen und schaut ihn…an. Ja aber, wie schaut es ihn an. Als hätte sie Angst. Große Angst sogar. Uio stutzt und überlegt, ob er wirklich so schrecklich aussieht, dass man von ihm Angst haben müsste? Einen kurzen Moment beginnt sich vor ihm ein Bild zu formen. Ein Bild in dem er „Uio, der schreckliche“ den fiesbösigen Elb verscheucht hat, nur mit seinem Auftreten... „Hnh!“, gluchst er verzückt und hätte sicher angefangen zu kichern, wenn da nicht die Fee mit zittriger Stimme ihn in die Realität zurückgeholt hätte.

>„Wwwwer biiiist duu?“, stottert sie leise. „Biiitte tuuu miiiir nicht weh…“<
Jetzt schaut Uio weder bedrohlich, was auch nur in seiner Fantasie möglich wäre, noch typisch fröhlich.
„Ähm, ich ähm bin Uio!" sagt er verdutzt. "Ja genau. Und ich …ähm tu dir bestimmt nicht weh. Niemals. Wie kommst du darauf? Das ich…also…niemals! Ehrlich! Du bist doch eine Fee!“, versucht Uio zu erklären und man merkt ihm deutlich an wie es ihn verunsichert, dass sie denkt er würde ihr wehtun.
„Du bist jetzt in Sicherheit! Ich hab den bösen Elb ….ähm…verjagt!“, sagt Uio schnell hinterher und beginnt beim Wort „verjagt“ breit an zu grinsen. Ja, das gefällt ihm. Und, so richtig gelogen ist das ja nun nicht…also nicht wirklich richtig…nur ein bisschen. Das ist nicht schlimm, findet er. Aber sicher geht es die Fee, dann schneller wieder besser wenn sie hört das er ihr Retter ist!

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 23. Sept. 2009, 10:01 Uhr
Mit weit aufgerissenen Augen und verängstigt dreinblickendem Gesicht starrt Zoe das große Gesicht an. Dem kleinen Persönchen schlottern die Knie, so doll fürchtet es sich vor dem Fremden. Ob er ihr auch wieder weh tut und sie einsperrt? Oh nein, oh nein, bitte nicht!
Doch statt ihr die Flügel aus zureissen, sie in einen Sack zu stecken oder ihr eine schwere Kette um den Hals zu hängen, schaut sie der Große mit den langen, roten Haaren nur an.
<„Ähm, ich ähm bin Uio!" sagt er schließlich. "Ja genau. Und ich …ähm tu dir bestimmt nicht weh. Niemals. Wie kommst du darauf? Das ich…also…niemals! Ehrlich! Du bist doch eine Fee! Du bist jetzt in Sicherheit! Ich hab den bösen Elb ….ähm…verjagt!“>
„Eer iiiist weg?“, fragt sie schüchtern den Fremden namens Uio. Ihre Stimme zittert dabei immer noch wie Espenlaub. „Ganz weg? Eer kommt niiicht wieeder?“

So richtig mag es das Feenmädchen nicht glauben. Der Alptraum soll nun endlich vorbei sein? Der garstige, schreckliche, fiese, gemeine Mann hat sie nicht getötet und sie darf nun endlich wieder frei sein? Frei…….
Ja, aber….
Verdutzt schaut sich die kleine Fee um. Was ist das? Keine dunkle, schwarze, muffige Höhle umgibt sie, sondern frischer Wind, geschwängert vom wunderbaren Duft von Blüten, Gräsern und Bäumen, umspielt ihre Nase. Zoe und der große Uio befinden sich inmitten eines Waldes. Dichte Baumkronen verdecken den Himmel, so dass nur vereinzelt Sonnenstrahlen ihren Weg durch das undurchdringliche grüne Laubdach finden.
Das alles fühlt sich so schön und so gut an. Die Stahlbänder aus Angst und Schmerzen, die sich in den letzten Tagen um Zoes kleines Herz gelegt haben, bekommen Risse und geben das Feemädchen endlich frei. Die ersten Tränen rinnen über ihr hübsches Gesicht. Erst eine, dann zwei, dann immer mehr bis die kleine Fee schließlich die Hände vors Gesicht schlägt. Ihr Körper wird geschüttelt von schweren Schluchzern. Viel lieber möchte sie vor Freude tanzen, singen, jubilieren, doch Zoe ist so müde. Die Last auf ihren schmalen Schultern, war so schwer, die Angst so groß gewesen, das sich die Erleichterung in den vielen ungeweinten Tränen ihren Weg nach draußen sucht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Uio am 23. Sept. 2009, 11:47 Uhr
„Oh nein!“, entfährt es Uio als er die Fee weinen sieht. Wieso weint sie denn? Weint sie etwa wegen ihm? Herjee, das wollte er aber nicht!
„He, kleines Mädchen, duuu…also, brauchst gar nicht weinen. Schau wir sind hier draußen und es scheint die Sonne. Und der böse…also, der Elb, der ist weg und kommt ganz bestimmt…“ Uio stockt kurz und denkt noch einmal an den großen, dunklen Elb, der ihn genau beobachtet hatte, als sie sich zum Besiegeln des Handels die Hände gaben. Brrr, war das unheimlich gewesen. Aber Uio war tapfer und hatte so getan als hätte er keine Angst. Uio schluckt kurz und schüttelt den Kopf. „…bestimmt nie wieder. Ich meine, der darf dir nie wieder was antun, dafür sorge ich schon. Ich der große Uio!“

Doch die Fee weint und zittert weiter. Was soll er nur tun damit sie aufhört? Vielleicht…
„Ähm…hast du Hunger? Also, ich hab da noch ein Stück Käse und ein Stück Wurst…warte mal. Und eigentlich hab ich auch noch was von dem süßen leckeren Brot von Markt. Möchtest du?“ Gespannt schaut er auf die Fee und hofft das sie etwas sagt und aufhört mit dem weinen.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 24. Sept. 2009, 09:58 Uhr
Langsam versiegen die vielen, vielen Tränen, die der kleinen Fee über das Gesicht laufen. Die Stimme des Fremden namens Uio, überschlägt sich fast, als er ihr eindringlich zu erklären versucht, dass er ihr ganz bestimmt nicht wehtun wird. Zoe möchte dem rothaarigen Großen so gerne glauben, dass sie jetzt in Sicherheit ist. Am liebsten möchte sie alles, alles was seitdem sie ihre Freunde Volpe und Gatto an den garstigen und  gemeinen Großen mit den schrecklichen Augen geben haben, vergessen. Für immer!
<„Ähm…hast du Hunger? Also, ich hab da noch ein Stück Käse und ein Stück Wurst…warte mal. Und eigentlich hab ich auch noch was von dem süßen leckeren Brot von Markt. Möchtest du?“>, fragt Uio sie schließlich.
Ganz vorsichtig nimmt die kleine Fee die Hände vom Gesicht. Der rothaarige Große sieht gar nicht böse aus. Eigentlich sieht er sogar sehr nett aus mit seinen brauen Augen, vielen Sommersprossen und den langen roten Haaren. Jetzt wo, Zoe ihn das erste Mal so richtig betrachtet, fällt ihr auf, dass er für einen Großen noch sehr jung aussieht. Er ist zwar immer noch ein Riese, aber ein kleiner Riese mit freundlich funkelnden Augen und einer Stupsnase.

Das Feenmädchen schnieft noch einmal kräftig, dann wischt sie sich die letzten Tränen von den Wangen.
„Ich…..“, schüchtern sind ihre Augenauf die schmutzige Handfläche gerichtet, auf der sie immer noch kniet. „Ich… würde gerne etwas Essen. Vielleicht etwas Brot?...Wenn ich darf?“ Ihre Stimme ist ganz leise. Immer wieder schaut sie kurz auf. Wenn sie allerdings Uios Blick auf sich Ruhen sieht, sinkt ihr Kopf sofort wieder verlegen auf die Brust.
„Danke“, haucht sie kurze Zeit später kaum hörbar. „Danke, dass du mich gerettet hast. Ich werde dir dafür immer dankbar sein!“ In diesem Augenblick fällt der kleinen Fee siedendheiß ein, dass sie sich ihrem Retter noch gar nicht vorgestellt. Oh nein, wie unhöflich von ihr! Jetzt ist er bestimmt erbost und hält sie für ein ungezogenes, unhöfliches Mädchen.
„Mein name..meine Name ist Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd. Wenn dir das zu lang ist, kannst du mich gerne auch „kleiner Eisvogel“ nennen. Das bedeutet mein Name nämlich…oder… einfach nur Zoe.“ , fügt sie schnell hinzu, dabei flattern ihre blauen Flügel nervös hin und her.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Uio am 24. Sept. 2009, 20:12 Uhr
Uios Herz macht einen Freudensprung. Die kleine Fee hört auf zu weinen und möchte wirklich etwas essen. „Essen ist immer gut!“, erklärt Uio sogleich. „Wenn der Bauch knurrt wie ein Bär und sich schon so anfühlt als würde er sich zusammenziehen, dann, ja dann sollte man schnell etwas Essen. Wie gut das ich noch etwas habe, das teilen wir natürlich!“ Uio strahlt von einer Wange zur anderen. Und man könnte meinen, wenn er keine Ohren hätte, könnte er einmal im Kreise grinsen.“ Ach und das mit dem Retten…das war doch Ehrensache!“ Uio richtet sich im sitzen gerade auf und schaut ganz, zumindest versucht er es, ehrwürdig drein zu schauen. Ja er, Uio der Retter! >“Mein Name..mein Name ist Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd. Wenn dir das zu lang ist, kannst du mich gerne auch „kleiner Eisvogel“ nennen. Das bedeutet mein Name nämlich…oder… einfach nur Zoe.“ <

„Oh… Zoe Eisvogel klingt echt hübsch!“, sagt er und setzt die kleine Fee sachte auf den Waldboden. „So, da wollen wir doch mal sehen…“ Uio kramt in seiner Umhängetasche, seinen Hosentaschen und in allen sonstigen Taschen nach dem Besagten Brot, Käse und Wurst. Nicht lang und er hat vor Zoe Eisvogel sein ganzes Hab und Gut, das er bei sich trägt ausgebreitet. Natürlich nicht ohne alles zu kommentieren. „ Ah hier schau, das Brot.“ Uio holt ein handflächengroßes und ungefäir zwei Finger dickes Stück süßes Brot hervor und legt es vor dem kleinen Mädchen auf den Boden.  

„Du kannst es aufessen, ich hab schon etwas davon gehabt. Und hier meine Lieblingssteine. Die liegen gut in der Hand und lassen sich fantastisch mit der Steinschleuder werfen! Hier noch ein warmes Hemd von Madame Azra, die anderen Dinge hab ich versteckt. So was kann man nicht immer mit sich herumtragen.  Wust, Käse…ja und ein paar Taler hab ich auch noch. Wäre ich ja auch schön blöd gewesen, wenn ich dem garstigen Elb alles gegeben hätte, was ich mühevoll erbeutet hab!“ Stolz betrachtet Uio seine Sachen und beißt einmal kräftig in das Stück Wurst und Käse bevor er der Fee reicht.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 28. Sept. 2009, 13:32 Uhr
Der Waldboden füllt sich unter Zoes kleinen Füßen toll an. Intuitiv vergräbt die Fee ihre Zehn in das dichte Gewirr aus Moos und Laub. Oh, wie schön das ist. So warm und weich. Ganz anders als der schmutzige, harte Steinboden in der dunklen Höhle. Aber daran mag das Feenmädchen gar nicht mehr denken. Muss sie auch gar nicht, denn ihr Retter fordernd sofort Zoes ungeteilte Aufmerksamkeit ein. In wenigen Augenblicken hat er seine Taschen geleert und all sein Hab und Gut auf dem flauschigen Waldboden verstreut. Mit weit aufgerissenen Augen begutachtet Zoe die Schätze. So viele schöne Dinge die da liegen, Uio muss ein glücklicher Großer sein.
<„Ah, hier schau, das Brot“>, ruft Uio plötzlich und legt ihr ein handflächengroßes Stück Brot vor die Füße.  
Hastig wischt sich Zoe ihr Gesicht trocken und versucht ein kleines Lächeln.
„Danke….“, sagt sie schüchtern. Vorsichtig probiert sie einen Happen des ganz köstlich duftenden Brots. “Ohhhh….das schmeckt aber gut.“
Ihr Lächeln wird breiter, während sie genüsslich an ihrem Brotstück nagt. Uio zeigt ihr unterdessen ausführlich seine vielen Schätze.
Zoe ist wirklich beeindruckt. Wem so tolle Sachen gehören, der muss ein wichtiger Großer sein. Ein wichtiger und mutiger Großer! Denn schließlich hat er sie befreit! Einfach so! Uio ist bestimmt einer dieser Helden, von denen sie schon so viele Geschichten gehört hat. Ihr Onkel hat oft von mutigen Großen erzählt, von Rittern, die ganz selbstlos Prinzessinnen retten und gegen das Böse kämpfen. Und jetzt hat einer dieser mutigen Männern sie, die kleine Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd, gerettet.
Wow…………………….Schüchtern und ein wenig ehrfürchtig blinzelt Zoe zu Uio hoch. So jung und schon ein Held. So wie Uio möchte die kleine Fee auch mal werden.
Als Uio ihr ein Stückchen Wurst und Käse zuschiebt. Schüttelt Zoe vorsichtig den Kopf. Die kleine Fee würde niemals auf den Gedanken kommen, ein Tier zu essen.
Aber sie will Ritter Uio nicht beleidigen, deshalb sagt sie rasch: „Ich esse lieber das Brot….das reicht mir. Danke….“
Zoe ist immer noch müde und schlapp. Nur gut, das sie nicht stehen oder gar fliegen muss. Aber die frische Luft, der Wald, die Sonne und das leckere Essen tragen viel dazu bei, dass es dem Mädchen von Minute zu Minute besser geht.
„Lebst du hier? Ich meine hier in diesem schönen Wald?“, fragt sie ihren Retter schließlich.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Uio am 30. Sept. 2009, 17:06 Uhr
Uio ist so vertieft darin der Fee genau zu erklären, welchen Stein er wo gefunden hat und warum gerade dieser so gut ist, dass er vergisst, wo und wer er eigentlich ist. Nämlich ein Straßenjunge, ein Dieb und Taugenichts der sich in den Wäldern eines Tempels aufhält, was vermutlich die hohen Herrschaften nicht so gern sehen.
>„Lebst du hier? Ich meine hier in diesem schönen Wald?“< Und promt holen in die Worte der Fee auf den Boden eben dieser Tatsache zurück.
Herrjee nein!, fährt es ihm durch Mark und Bein!
„Ähm nein, natürlich nicht! Ich lebe dort…wo es mir gefällt!“ beschließ er kurzer Hand. Schließlich beginnt ja nun ein neuer Lebensabschnitt und da sucht er sich eben aus wo er wohnt, lebt oder so ähnlich. Dort in der Unterstadt möchte er nicht mehr gehen. Wer weiss vielleicht lauert dieser Elb ihm doch noch auf. Aber diesen Gedanken wischt Uio ganz schnell beiseite und denkt sich lieber aus wie sein neues Leben sein soll.
„Also, ich wohne mal hier und mal da und nehme mir was ich zu überleben brauche. Das ist schon abenteuerlich und gefährlich! Jahaaa, aber den großen Meisterdieb Uio hat bisher noch niemand erwischt!“ Uios Fantasien nehmen kaum ein Ende und so erzählt er lange…sehr lange der Fee von seinem aufregenden Leben als Meisterdieb mit den Funkenhänden.

In den nächsten Tagen zeigt Uio ihr die Straßen der Stadt, in der er Tag ein Tag seine Abenteuer bestreitet, den Marktplatz, auf dem man sich vor den Blaumänteln und so manch Anderen lieber fern hält und die goldene Harfe, in der Madame Azra lebt und arbeitet.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 06. März 2010, 22:19 Uhr
Der Tag ist nicht mehr jung, der Ruf zum Mittagsmahl wird kaum mehr eine Stunde auf sich warten lassen, als Arúen mit einer kleinen Gruppe von Novizen in einem der hellen Räume sitzt, die sonst eher zu Meditationszwecken als für Lehrstunden genutzt werden. Aber für das, was sie ihnen heute zeigen will, braucht die Elbin auch eher Ruhe und Zurückgezogenheit, als einen Raum mit Pulten und Bänken. Auch Bücher wird sie keine brauchen. Dieser Unterricht wird sich um etwas drehen, zu dem die Priester der Zwölf keine schriftlichen Aufzeichnungen anfertigen: wie Magie angewandt wird. Wobei, das Wirken der eigentlichen Zauber ist es nicht, worüber sie mit den ihr anvertrauten Zöglingen reden will. Die Zauber an sich würden sich den Novizen je nach Wissen und Können von alleine erschließen. Dazu brauchen sie keine Lehrstunden. Sie sind alle soweit, dass sich ihnen die ersten Zauber eröffnet haben. Es wird Zeit, dass sie mehr darüber lernen, wie sie diese anwenden. Mit einem leisen Lächeln lässt Arúen ihren Blick über die Jungen und Mädchen wandern. Ein wenig Unsicherheit steht ihnen allen ins Gesicht geschrieben, sie wissen nicht recht, was sie erwartet.

"Wie ich in den letzten Siebentagen sehen konnte, seid ihr alle inzwischen so weit, dass sich euch die Zauber des ersten Ranges erschließen. Aber ich habe auch gesehen, dass ihr das, was ihr tut bisher rein instinktiv tut... Daran ist nichts Schlimmes..." Mit einer beschwichtigenden Geste nickt sie einem der Novizen zu. "Das ist völlig in Ordnung so, Halyn, denn so ist es am Anfang immer. Wie ihr aber gemerkt haben werdet, setzt sich das Wirken eines Zaubers aus Sprache und Geste zusammen." Und es ist anstrengender als man vermutet, wenn man es bloß sieht. Aber auch das werdet ihr noch aus eigener Erfahrung lernen. Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage gewesen, aber trotzdem erntet Arúen rundherum zustimmendes Nicken. "Bisher habt ihr intuitiv die richtigen Gesten benutzt. Aber ich möchte, dass ihr euch bewusst macht, was ihr da macht, welche Gesten ihr wann verwendet, und vor allem, wie ihr sie verwendet. Nicht jeder Zauber gelingt immer... auch mir nicht..." Bei ihren Worten muss die Elbin schmunzeln, als sie an einige ihrer eigenen spektakulären Fehlversuche denkt. "Das hängt immer auch davon ab, wie es um eure Kraft und Konzentration bestellt ist. Unsere Magie, die Magie der Priester kommt direkt von den Göttern. Wieviel davon wir anwenden können, hängt immer auch davon ab, wieviel Körper und Geist zu ertragen und lenken in der Lage sind. Deshalb sind die Gesten auch so wichtig. Je genauer ihr sie ausführt, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Zauber gelingt. So wie jedes Wort einen ganz bestimmten Klang und seine ganz eigene Bedeutung hat, so hat auch jede Geste ein ganz eigenes Muster und eine Bedeutung. Und es macht einen großen Unterschied, ob ihr sie nur mal eben so hinschludert..." Die Elbin macht eine nachlässige Handbewegung - und zusammen mit einem leise gesprochenen Wort passiert doch nicht mehr als ein winziger aufblitzender Funke, der aber auch augenblicklich wieder verpufft. "... Oder ob ihr sie konzentriert und mit vollem Vertrauen in die euch gegebene Macht zeichnet." Es ist keine weitschweifige Handbewegung, die sie macht, aber sie ist kraftvoll auf das Kohlebecken gerichtet, das wenige Schritte entfernt steht. "Ria." Feuer Im selben Herzschlag lodert eine Flamme empor und entfacht den Zunder, der unter den Kohlestücken liegt. "Ich möchte, dass ihr, wenn ihr einen Zauber wirkt, darauf achtet, welche Gesten ihr macht, dass ihr sie euch bewusst macht. Ihr müsst sie euch so verinnerlichen, dass ihr in einer Notsituation nicht erst darüber nachdenken müsst, wie ihr sie so ausführt, dass ihr möglichst erfolgreich seid. Denn Instinkt und Intuition, so sehr sie auch das Erlernen erleichtern, haben leider die unangenehme Eigenschaft, dass sie einen meistens genau dann im Stich lassen, wenn man sie am dringendsten braucht."

"Was ist mit den anderen Gesten?" Wie eigentlich fast immer ist es Halyn, der die Fragen stellt, die den anderen auch auf der Zunge liegen. "Welche anderen Gesten meinst Du?" "Naja, in den Andachten.. o-oder auch bei andern Zeremonien, Frau Arúen. Da gibt es doch auch bestimmte Gesten. Wird da dann auch Magie gewirkt?" "Nein, das ist keine Magie. Zumindest nicht im eigentlichen Sinn. Auch wenn ich schon gehört habe, wie jemand bei einer Einsegnung von der Magie des Augenblicks gesprochen hat. Das mag aber daran liegen, dass bei jeder Zeremonie und jedem Ritual, das wir durchführen immer auch die Macht der Zwölf durch uns spricht. Frau Eluna hat das einmal in ein sehr schönes Bild gefasst: Wir sind wie Kelche, und allein die Götter entscheiden, mit wieviel Macht sie den Kelch füllen. Aber so lange wir unseren Glauben nicht verlieren und nicht an unserer Berufung zweifeln, so lange wird er niemals ganz leer sein." Kurz wandern Arúens Gedanken zu jenem denkwürdigen Gespräch zurück, als die Novizenmeisterin ihr quasi den Kopf gewaschen hatte, als die Elbin erklärt hatte, sie sein bloß eine einfache Priesterin, und mehr wolle und werde sie auch nicht sein. Damals hatte sie noch geglaubt, es sei ihre Entscheidung, wohin ihr Weg im Dienst der Hüterin sie führen würde. Götter im Himmel, ich war so naiv. Dabei hätte ich es eigentlich schon begreifen müssen, als der Fluch gebrochen wurde... Bilderfetzen und Erinnerungen huschen vor ihrem inneren Auge durcheinander: Serershen So'tar, die weißen Mauern Lomirion, Rialinns Geburt, das Gespräch mit der Mutter der Erinnerung, der Moment, als sich das Medaillon wieder vereinte, die Prüfung durch Anukis, die Halle der tausend Säulen und das Gespräch mit Shu'Lanore Sessair, so viele Eindrücke... Kurz schüttelt sie sich wie eine Katze, die in den Regen gekommen ist, und wundert sich über ihre an diesem Tag so mangelhafte Konzentration. Jetzt reiß' Dich aber mal zusammen.

"Diese anderen Gesten, die wir verwenden, sind vielleicht noch viel wichtiger als die, die wir beim Wirken der Magie verwenden. Mit der Magie wird uns große Macht, aber damit auch große Verantwortung gegeben. Sie ist also nichts, was wir tagtäglich anwenden, sondern eher die Ausnahme. Sofern ihr euch später nicht als Eremiten von der Welt zurückzieht, werdet ihr tagaus tagein mit anderen Leuten zu tun haben. Ihr werdet mit ihnen reden, ihnen zuhören und ihnen beistehen, wo Beistand von Nöten ist. Und dabei spielen Gesten oft eine wichtige Rolle. Es gibt viele Gesten, die jeder einfach verwendet, sie sind uns so vertraut, dass wir daran keinen Gedanken mehr verwenden. Manche sind nur in bestimmten Gegenden verbreitet, andere sind universell und werden überall auf Rohas weitem Rund verstanden. Diese hier zum Beispiel." Arúen streckt ihre beiden Hände nach vorne und bewegt sie ein wenig zur Seite, die Handflächen offen und den Novizen zugewendet. "Sie ist eine Beschwichtigung. In Worten würde man sie vermutlich mit so etwas wie 'Ich tue Dir nichts' übersetzen. Die Weisen sagen, dass sie einst unter Kriegern aufkam, die sich bei einer Begegnung zeigen wollten, dass sie keine Waffen in den Händen halten und keine Bedrohung sind. Ihr seht also, es ist von großer Bedeutung, was ihr mit euren Händen macht, während ihr mit jemandem redet.
Aber diese Gesten müsst ihr nicht extra erlernen, die lernt ihr von ganz alleine, so wie ihr auch die Sprache eurer Eltern gelernt habt. Was ihr aber lernen müsst, das sind die Gesten, die bei Ritualen und Zeremonien eine Rolle spielen. Die... " Hier stockt die Elbin, legt den Kopf leicht schräg, als lausche sie auf etwas, das nur sie hören kann, schüttelt dann den Kopf und fährt mit einem fast entschuldigenden Lächeln fort. "Bei meinem Volk nennen wir so eine Geste 'Mudra', aber ich weiß das Wort dafür in der Gemeinsprache nicht... 'Mudra' bezeichnet eine rituelle oder auch heilige Geste."
"Mudra... ist das... wie heißt noch die Sprache der Elben... Shidar?"
"Jaein." Die wenig eindeutige Antwort der Elbin verwirrt die Novizen sichtlich, sind sie derartiges von der Priesterin doch nicht gewohnt. "Wir verwenden das Wort so auch im Shidar, das ist richtig. Aber eigentlich ist es ein Wort aus dem Ayaron, der Sprache der Götter." Jetzt legt sich ein ehrfürchtiges Schweigen über die kleine Gruppe. "Die Elben sprechen mit... mit den Götter? Sie können d-die Sprache der Götter sprechen?" Manuella, sonst so scheu wie ein Reh, fängt sich als erste und bricht das Schweigen. "Nein, nicht alle Elben sprechen Ayaron. Selbst unter den Elben sind es hauptsächlich noch die Hochelben, die das Ayaron sprechen können. Aber auch bei uns ist es keine Sprache, die wir im Alltag verwenden. Bei den anderen Elbenvölkern ist es kaum noch verbreitet. Und unter den Sterblichen gibt es vielleicht eine Handvoll, die es erlernt haben... Aber wir wollen uns heute nicht über die Sprachen Rohas unterhalten. Das ist erst viel später ein Thema. Zurück zu den Gesten...
Die, die ihr vermutlich am häufigsten hier im Tempel sehen und auch selber benutzen werdet, ist das Segenszeichen der Zwölf. Auch eine andere habt ihr schon verwendet, auch wenn ihr selber noch keine rituellen Handlungen vornehmt: Wenn ihr bei der Meditation die Hände mit ausgestreckten Fingern ineinander legt und die Daumen sich zu einem Kreis berühren... Das Mudra der Sammlung... Es hilft euch, euch zu konzentrieren, eure Kräfte zu sammeln, geistig und körperlich. Es wird-" Es klopft leise an der Tür und ein junger Mann in der hellgrauen Gewandung der Geweihten unterbricht die Ausführungen der Elbin. "Verzeiht die Störung, Frau Arúen. Ich weiß, dass ihr gerade unterrichtet, aber es ist jemand gekommen, der Euch sprechen möchte."

Arúen kann es nicht leiden beim Unterricht gestört zu werden, und das wissen eigentlich die Novizen und Geweihten auch sehr gut, sie verkneift sich aber jede Unmutsäußerung. Mit einem Lächeln (aber deutlicher Missbilligung im Blick) sieht sie den Geweihten an. "Wer ist es? Und was ist so wichtig, dass es nicht warten kann?" "Es sind zwei Anukis-Templer aus Verd, und sie haben ein Schreiben ihres Großmeisters für Euch." "Firây yavar ît..." Nicht schon wieder... Die Worte sind so leise, dass niemand darauf reagieren muss und jeder so tun kann, als habe er sie nicht gehört. Verstanden haben kann sie glücklicherweise auch keiner, denn des Shidar ist ohnehin niemand der Anwesenden mächtig. Templer aus Verd... Gebe Anukis, dass sie heute bessere Nachrichten bringen, als im vergangenen Zwölfmond. Mit einem nicht zu überhörenden Seufzen erhebt die Elbenpriesterin sich. "Führ' die Templer zu einem der Räume für unsere Gäste und sag ihnen, dass ich gleich zu ihnen komme." Und an die Novizen gewand, "Es tut mir Leid, doch wie es scheint, müssen wir hier abbrechen. Aber wir setzen das morgen fort. Wer noch Aufgaben hat, die vor dem Mittagsmahl zu erledigen sind, tut das dann jetzt. Und die anderen melden sich bei Frau Eluna." Das aufkommende Getuschel unter den Novizen zeigt ihr nur zu deutlich, dass selbst die Kinder und Novizen im Tempel im letzten Grünglanz mitbekommen hatten, warum man sie nach Verd gerufen hatte.

Titel: Re: Anukis' Tempel
Beitrag von Arwen am 08. März 2010, 23:02 Uhr
Obwohl sie äußerlich völlig ruhig und gefasst wirkt, beeilt Arúen sich doch, zu den Templern zu kommen. Und die bange Frage, mit welchen Nachrichten sie kommen, ob sich gar das Unheil des vergangenen Zwölfmondes wiederholt hat, die kann sie nicht aus ihrem Kopf verbannen, zu nah sind noch die Erinnerungen. Ich glaube an die Macht der Zwölf und ihrer Archonen. Ich glaube an jene, die waren und sind und immer sein werden, an die allmächtigen Schöpfer Rohas, des Himmels und der Meere. Ich glaube an die heiligen Gebote der Götter und ihre unverbrüchlichen Gesetze. Ich glaube an die heiligen Tempel, die heiligen Worte der Macht und die Kräfte des Lichts... Die Worte, die ihre stummen Lippen formen, sind das Glaubensbekenntnis, auch wenn sie sie jetzt wie ein Stoßgebet zu ihrer Göttin schickt. Der Wille der Zwölf geschehe. Sie hat jenen Gang erreicht, von dem die Kammern und Aufenthaltsräume für Gäste, Kranke oder Ratsuchende abgehen. Eine der Türen steht halb offen, und sie kann Stimmen hören. Eine davon erkennt sie als die des jungen Mannes, der ihren Unterricht unterbrochen hat. Die andere kommt ihr zwar bekannt vor, es muss einer der Templer aus Verd sein, aber ihr will im Moment weder das Gesicht noch der Name dazu einfallen.
Die Tür knarrt leise in den Angeln, als Arúen sie ganz öffnet und den Raum betritt. Der junge Geweihte stellt gerade einen Tonkrug auf einem niedrigen Tisch ab und zieht sich nach einem kurzen Nicken der Elbin zurück. Die beiden Templer, die sich gerade in den Scherenstühlen neben dem Kohlebecken niederlassen wollten, erheben sich bei ihrem Eintreten sofort wieder und neigen grüßend den Kopf, die rechte Handfläche über dem Herzen. "Erhabene."

An den Respekt, den man ihr entgegenbringt, hat Arúen sich langsam gewöhnt - und selbst das hatte einiges an Zeit gebraucht. Aber an diesen Ehrentitel und die (in ihren Augen vollkommen unnötige) Ehrerbietung, wird sie sich vermutlich nie gewöhnen. Etwas in ihr windet sich bei dieser Anrede stets voller Unbehagen. Manchmal fragt sie sich, ob es daran liegt, dass es noch immer Momente gibt, in denen sie daran zweifelt, ob sie der Hohepriesterschaft wirklich würdig ist. Für diese Gedanken hat sie jetzt jedoch keine Zeit, das würde auf ein anderes Mal warten müssen. "Anukis zum Gruße, Sire Leofric." Jetzt, wo sie ihm gegenüber steht, kann Arúen der Stimme auch wieder einen Namen zuordnen. Aber den jungen Mann neben ihm hätte sie fast nicht erkannt. Er trägt sein Schwert und die weiße Templer-Clamys mit dem Wolfskopf Anukis' noch längst nicht mit der gelassenen Selbstverständlichkeit seines grauhaarigen Begleiters. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte, war er noch der Knappe des Ritters gewesen, der nun neben ihm steht.  "Sire Padraig... Wann habt Ihr den Eid abgelegt? Darf ich Euch noch gratulieren, oder ist es schon zu lange her?" Ein ehrlich erfreutes Lächeln begleitet ihre Worte und lässt silberne Funken in ihren Augen aufschimmern. "Es ist erst einen Mondlauf her, Erh-" Ein kurzes Zucken um die steingrauen Augen des Templers, und er verkneift sich den Ehrentitel. "...Frau Arúen. Und Glückwünsche nehme ich noch immer gerne entgegen." Ein ehrliches Lächeln huscht dem jungen Mann über das Gesicht, und für einen kurzen Moment verschwindet aus seinen Augen der Schatten der Anspannung. "Was unser Jungspund hier in seiner Bescheidenheit verschweig: Der Großmeister persönlich hat ihm den Ritterschlag erteilt und den Eid abgenommen..." Eine Art väterlicher Stolz klingt in der Stimme des Mannes mit. "Er konnte aber auch schlecht anders, nachdem der Junge von der Hüterin der Wälder berufen wurde und seinen ersten Ring erhalten hatte." Jetzt ist Arúen ehrlich erstaunt. Nun gut, irgendwie auch wieder nicht. Denn eigentlich hatte sie bereits nach den Ereignissen des letzten Goldschein fest damit gerechnet, dass der junge Mann seinen ersten Ring erhalten würde. Dass dies dann doch nicht geschehen war, hatte sie nicht wenig irritiert, aber sie hatte den Willen der Götter nicht in Frage gestellt. "Templer und Ritter der Anukis... Ich gratuliere Euch, Sire Padraig. Möge der Segen der Götter mit Euch sein, bei allem was Ihr tut. Was ist geschehen, dass Ihr den Ring doch noch erhalten habt? Ich hatte es nämlich schon im Goldschein erwartet gehabt." "Ich war bei meinem Vater." Eine knappe Antwort, doch die Elbin nickt nur verstehend. Sie weiß, was er meint. Vor diesem Gespräch hatte er mehr Angst gehabt, als davor sich einem Werwolf in den Weg zu stellen.

"Aber wir sind nicht hier, um Euch von seinem Ritterschlag zu berichten, Frau Arúen. Wie Ihr vorgeschlagen hattet, bin ich im letzten Herbst mit ihm nach Ildala gegangen, damit er dort in Caer Margat seine Ausbildung beenden kann. Ihr hattet übrigens Recht. Es gibt dort alte Aufzeichnungen darüber, wie man es nicht nur kontrolliert, sondern auch bewusst herbeiführt. Unser Großmeister gab mir diesen Brief für Euch mit. Und das ist auch der Hauptgrund, der uns zu Euch führt. Das, und ein Paket." Bei diesen Worten des älteren Templers wendet Padraig sich kurz ab und holt eine versiegelte Pergamentrolle und ein dünnes, in festes Leder eingeschlagenes Päckchen aus den Satteltaschen, die neben seinem Stuhl lehnen. "Die Abschrift dieser Aufzeichnungen um die Ihr gebeten hattet." Erleichtert atmet Arúen auf. Kein Hilferuf, keine neuen Unglücksmeldungen oder sonstigen Katastrophen. Bloß ein Brief und ein Päckchen. Dick und rostrot prangt das Siegel des Ordens der Anukistempler auf dem hellen Pergament des Briefes und die Elbin will wissen, was Sire Cédéric von den Acht Schwertern schreibt. Doch da ist auch noch einiges, was sie von den beiden Templern wissen möchte. "Sires, ich weiß nicht, wie eilig Eure Reise ist, aber wenn es die Zeit erlaubt, dann bleibt und ruht Euch und Eure Pferde aus. Ich möchte den Brief Eures Großmeisters lesen, und dann kann es sein, dass ich Euch noch eine Nachricht für den Tempel in Verd mitgebe. Außerdem... einer der Priester hier im Tempel hat das Reißen. Seiner Meinung nach, wird es heute noch vor dem Abend wieder anfangen zu schneien. Und da er meistens Recht hat mit seinen Wettervoraussagen, kann ich Euch unmöglich losreiten und die Nacht unter freiem Himmel verbringen lassen. Außerdem muss ich zugeben, dass ich gerne noch etwas darüber erfahren möchte, wie sich die Dinge in Verd entwickelt haben, nachdem ich abgereist bin. Bitte, seid meine Gäste und teilt das Mittagsmahl mit mir in meinen Räumen." Eine solche Einladung können die Templer schwerlich abschlagen. Ganz abgesehen davon, dass sie und ihre Pferde tatsächlich den einen oder anderen Tag Ruhe gebrauchen können. Und so wird die Einladung gerne angenommen. Nachdem sie ihnen noch erklärt hat, dass einer der Tempeldiener sie zum Essen zu ihr führen würde, verlässt sie die Templer und begibt sich zu ihren eigenen Räumen, die ein wenig entfernt von den Gästequartieren liegen.

In dem Raum, der Arúen im Tempel als ganz privater Rückzugsort dient, ist von den sonst allgegenwärtigen Stimmen der Tempelangehörigen nichts zu vernehmen. Angenehme Stille liegt über dem Gemach, die nur gelegentlich vom leisen Knistern in den wärmenden Kohlebecken unterbrochen wird. Durch die tief in den Mauern sitzenden Fenster fällt blasses Winterlicht herein und fängt sich in den weichen Fellen, die über dem hochlehnigen Stuhl liegen, auf dem sich die Elbin nun an ihrem Schreibtisch niederlässt. Konzentriert räumt sie die noch unerledigten Schriftstücke zur Seite und bricht dann erst das Siegel des Briefes. Zwei eng beschrieben Blätter entrollen sich, bedeckt mit der schwungvollen Schrift des Herrn der Feste Caer Margat in Ildala. Das meiste bezieht sich auf das Schreiben, das sie selber Sire Leofric im vergangenen Jahreslauf mitgegeben hatte. Ja, man habe in den Archiven der Feste solche Aufzeichnungen gefunden, wie sie sie suche. Aufzeichnungen aus längst vergangenen Tagen, die wohl schon seit Generationen kein Templer oder Skriptor mehr in der Hand gehabt hatte. Wie von ihr erbeten sei eine Abschrift angefertigt worden, die er ihr zusammen mit diesem Brief übersendet. Sie legt den Brief zur Seite und nimmt das dünne Paket zur Hand. Mehrere Bögen sandhelles Pergament sind zu einem dünnen Heft gebunden, mit dünnen, hölzernen Deckeln in die jemand mit akkuraten Buchstaben eingebrannt hatte, um welche Art Aufzeichnungen es sich handelt. Neugierig schlägt Arúen den Buchdeckel auf, blättert sich durch die Seiten - und sieht doch nichts. Ihre Gedanken sind längst in der Zeit zurückgewandert, zurück ins vergangene Jahr:

Der Zwölfmond hatte so düster begonnen, wie der vorangegangene geendet hatte. Der Finstere hatte weiter sein Unwesen getrieben. Nichteinmal die Blockade des Gewirrs hatte ihn von seinen Umtrieben abhalten oder sie ihm wenigstens so erschweren können, dass er Spuren hinterließ. Es hatte immer neue tote Frauen gegeben. Und dann, Mitte des Grünglanz war ein halbes Dutzend Anukistempler im Tempel erschienen. Und die Botschaften, die die Männer aus Verd brachten, waren nicht weniger schlecht gewesen. In den Wäldern des Verdlandes war ein Mann von einem Werwolf angefallen worden. Zwei Tage vor Inaris Ehrenfest hatte er sich in den Anukistempel zu Verd geflüchtet und die Priester dort angefleht ihn entweder zu retten oder zu töten, ihn aber um der Götter Liebe Willen nicht der Bestie zu überlassen, die bei Vollmond in ihm erwachen würde. Arúen war sofort klar gewesen, um was es ging. Es gab ein Ritual, dass den Mann retten konnte, aber eine Hohepriesterin der Anukis musste durchführen. Darum hatte man die Templer nach Talyra geschickt, sie sollten sie holen und sicher nach Verd bringen. Der Tag war mit Vorbereitungen in fieberhafter Eile vor sich gegangen. Sie hatte Thrandar gebeten, Nachrichten an den Lord Commander und die Protektorin zu schicken, dass und warum sie Talyra für einige Zeit verlassen würde. Diese Nachrichten waren ihr nicht leicht gefallen, denn sie hatte ihre Hilfe zugesagt gehabt für den Fall, das man den Nekromanten stellen würde. Aber dem Finsteren konnten sich auch andere hochrangige Priester entgegen stellen, das Ritual in Verd konnte hingegen nur jemand durchführen, der von Anukis die Hohe Weihe empfangen hatte. Dann hatte sie die Templer zum Shenrahtempel geschickt. Sie sollten Gavin von Tarascon in ihrem Namen bitten, dass man ihnen frische Pferde im Tausch gegen die Tiere aus Verd gibt. Bei Arúens Rückkehr würde man sie wieder zurückgeben und die eigenen Tiere wieder mitnehmen. Thrandar hatte sich darum gekümmert, dass für die Elbin und die Templer ausreichend Proviant vorbereitet wurde und die Dinge zusammenpacken lassen, die Arúen für das Ritual benötigen würde. Sie selber hatte sich unterdessen nach Vinyamar aufgemacht um ihre Sachen zu packen. Kleidung, Wäsche und sonstige Sachen zusammen zu suchen und in die Satteltaschen zu packen, die Schlaffelle und Decken zu handlichen Rollen zu verschnüren, die sich hinter dem Sattel würden festbinden lassen, alles kein Problem. Deutlich schwieriger hatte es sich gestaltet, Cassandra und Teir nicht nur davon zu überzeugen, dass sie gehen würde, sondern auch alleine, ohne Teir oder die Hunde. Cassandra war sowieso grundsätzlich und überhaupt dagegen, dass sie überhaupt ging, und rauschte irgendwann empört und kopfschüttelnd ab um Vorräte packen zu lassen (auf den Proviant des Tempels vertrauen, wohin käme sie denn da). Teir hingegen hatte sich ein hitziges Wortgefecht mit ihr geliefert und sich schließlich nur gefügt, weil sie ihm den Befehl erteilte, bei Rialinn in Talyra zu bleiben. Aus welchem Grund auch immer, der Elbenritter war nicht der Ansicht, dass sechs Templer einen ausreichenden Schutz für sie darstellen würden. Schweren Herzens hatte sie sich für wenigstens einen Mondlauf von ihrer Tochter verabschiedet und war mit Shur und ihrem Gepäck in den Tempel zurückgekehrt. Die Nacht hatte sie dort verbracht. Am nächsten Tag waren sie mit der Morgendämmerung und dem Öffnen der Stadttore aufgebrochen.

Mit einem Schmunzeln erinnert Arúen sich an die leicht erstaunten Blicke der Templer, als sie erst Virincala auf ihrem Rücken und dann unter dem braunen Priestermantel mit dem aufgestickten Wolfskopf und ihrem dunkelgrünen Lederwams das Kettenhemd bemerkt hatten. Was auch immer sie von einer Hohepriesterin erwartet hatten, das ganz offensichtlich nicht. Sechshundertvierzig Tausendschritt lagen vor ihnen, und Zeit war mehr als kostbar. Sie ritten mit leichtem Gepäck und rasteten nur dann, wenn die Pferde nicht mehr weiter konnten. Keiner von ihnen wollte es wagen, langsamer zu reisen. Mit jeder Nacht, die heraufzog, hatte Arúen wieder und wieder die Tage gezählt. Der Mann, der auf ihre Hilfe wartete, hatte sich zu Inarianar in den Tempel geflüchtet. Die Templer waren am selben Tag aufgebrochen, doch auch wenn sie ihre Pferde nicht geschont hatten, waren sie erst nach fünfzehn Tagen in Talyra eingetroffen. Was bedeutete, dass der Mann bereits einen weiteren Vollmond, eine weitere Verwandlung durchgemacht hatte, dass er wieder einen Teil seiner Menschlichkeit an die Bestie verloren hatte. Für die Schönheit der lichten Wälder entlang des Frostweges, für Äcker, Wiesen und Weiden hatte keiner von ihnen auch nur einen Blick, sie drängte die Zeit. Die Götter waren mit ihnen und die Pferde hielten das scharfe Tempo tatsächlich den ganzen Weg durch. Trotzdem erreichten sie Verd erst am 2. Goldschein, nur fünf Tage vor dem nächsten Vollmond. So wenige Tage waren ihr geblieben, um dem Mann zu erklären, was ihn erwarten würde und sich selber und ihre Kräfte zu sammeln. Das Ritual gelang. Es war knapp, beinahe wäre der Mann gescheitert, aber im letzten aller Momente reichte seine Kraft dann doch. Auch Arúen hatte das Ritual an ihre Grenzen gebracht, physisch und psychisch, nur fiel es ihr etwas leichter als dem Mann, sich davon zu erholen. Und das war auch gut so. Denn in den vergangenen Siebentagen hatten Templer zusammen mit den Waldläufern der Verdwälder und einer Einheit der Stadtwache die Wälder auf der Suche nach Spuren oder Hinweisen auf den oder das durchkämmt, was den Mann angefallen hatte, der sich nun in der Obhut der Anukispriester befand. Sie war in Verd geblieben, denn nicht nur sie selber befürchtete, dass es bei dieser Jagd noch weitere Opfer geben könnte, die dann ihre Hilfe benötigen würden. Eine Befürchtung, die sich dann leider auch bewahrheiten sollte.
Kurz vor Neumond hatte ein Köhler den Waldläufern von merkwürdigen Spuren und Kadaverresten berichtet. Schnell war klar geworden, dass die Spuren keinem Wolfsrudel gehörten, sondern einem Wolf auf zwei Beinen. Zusammen mit Templern hatten die Waldläufer sich aufgemacht. Erschreckend nah an den Meilern des Köhlers hatten sie dann das Versteck ausgemacht. Und als sie die Lagerstatt einkreisten um den Werwolf zu fangen (wenn sie könnten) oder zu töten (wenn sie müssten), ließen sie Fährtenhunde, Pferde und Knappen bei der Familie des Köhlers zurück. Was dann genau geschah, konnte keiner der beteiligten Männer später genau sagen. Es war ein wirrer Bericht über einen Kampf, zwei tote Waldläufer, Bolzentreffer, die den flüchtenden Werwolf nicht zu kümmern schienen, kreischende Pferde, Knappen, die sich mit der Köhlerfamilie in der Kate versteckt hatten... und von einem Knappen, der das Kind des Köhlers vor dem Untier gerettet hatte, indem er sich dem Werwolf in den Weg gestellt und es mit seinem eigenen Körper geschützt hatte. Er war übel zugerichtet worden, ehe die Hundemeute sich auf den Angreifer gestürzt hatte, was den Götter sei Dank so lange abgelenkt hatte, bis die Templer und Waldläufer sie erreichen konnten und den Werwolf endgültig töteten. Der Knappe hatte überlebt, Dank seines Herrn, eines schnellen Pferdes und der Kunst eines Heilers in Verd. Durch das Ritual, das ihn vor dem Schicksal des Werwolfes bewahren sollte, hatte Arúen ihn einige Nächte nach dem nächsten Vollmond geführt. Die Ruhe und Gefasstheit, mit der er sich darauf vorbereitet und dem Unausweichlichen gestellt hatte, hatten die Elbin tief beeindruckt.
Im Grünglanz war nach Verd aufgebrochen, der Goldschein war vergangen und auch der Sonnenthron war schon fast zur Hälfte vorüber, als Arúen endlich wieder in Talyra ankam, und ihre Tochter nach fast drei Monden Abwesenheit in die Arme schließen konnte.

Langsam stellt ihr Blick sich wieder auf das Hier und Jetzt ein, und aus den verschwommenen Schemen werden wieder Buchstaben und Worte. Es klopft an der Tür, und auf Arúens Antwort hin tritt einer der Tempeldiener ein. Er bringt das Mittagsmahl, Gedecke für drei und teilt der Elbin mit, dass einer der Novizen die beiden Templer gleich zu ihr bringen würde.



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