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Das Rollenspiel >> Reisen und Quests durch die Immerlande >> Dror Elymh - Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
(Thema begonnen von: Cyrsad am 25. Nov. 2010, 09:13 Uhr)

Titel: Dror Elymh - Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 25. Nov. 2010, 09:13 Uhr
Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung befinden sich in dem großflächigen Höhlensystem von Dror Elymh. Unterhalb der dreizehn bewohnten Ebenen, die jeweils nach einem Shebaruc-Haus benannt sind, befinden sich die untersten acht Ebenen, die vollkommen verlassen sind und den Toten allein gehören. In der vierzenten Ebene wurde schon vor vielen Jahrhunderten als ein Teil des Tunnelsytems von der Varna Shadrya ein Höhlenlabyrinth angelegt. Hier findet die berühmte Prüfung der Bluttaufe statt, die alle Shebaruc Kinder der Varna Shadrya zu ihrem 25. Gebutrtag durchlaufen müssen, um schließich als vollwertiges und erwachsenes Mitglied anerkannt zu werden und einen festen Platz in der Gesellschaft der Shebaruc zu erhalten.

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 25. Nov. 2010, 09:41 Uhr
Cyrsad steht völlig still im schummrigen Licht des Tunnels. Den Kopf auf die Brust gesenkt hebt und senkt sich sein Oberkörper in einem regelmäßigen Rhythmus. Er hat seine Augen geschlossen, die schlanken Finger ruhen entspannt auf seinen Oberschenkeln.
Zur Ruhe kommen…
sich konzentrieren…
Äußerlich mag der junge Shebaruc mit den dunklen, blutroten Haaren ruhig erscheinen, doch in seinem Inneren sieht es ganz anders aus. Cyrsad spürt ein schwaches Kribbeln in seiner Magengegend, seine Handflächen sind schweißnass und in seinem Kopf schwirrt eine Vielzahl nicht zu Ende gedachter Gedankenfetzen hin und her. Sie kleben an ihn, wollen ihn nicht loslassen und verhindern, dass er sich auf seine bevorstehende Aufgabe fokussieren kann. Die Aufgabe, von deren Erfolg sein künftiges Leben abhängen wird. Wird er in die Fußstapfen der angesehen Familie Seryvxen treten, seiner Vasra und seinem Haus Mondstein ein rumreicher Diener sein oder…? Nein, an eine Alternative zum Sieg, will er nicht denken. Das Wort „Versagen“ kommt in seinem Wortschatz nicht vor! Er wird die Erwartungen seiner Mutter, seines Onkels und seines Vaters erfüllen, so wie er es gelernt hat. Ja, das wird er, denn selbst sein Vater ist von seiner langen Reisen nach Dror Elymh zurückgekehrt, um an seiner Bluttaufe teilzunehmen und ihn zu begleiten. Und dieses Wissen, das sein Vater dort am Ausgang der Höhlen von Sachxaolorn, den Höhlen der Prüfung steht, und auf seine erfolgreiche Rückkehr wartet, erfüllt den jungen Shebaruc mit Stolz und Mut.
Er ist wegen ihm hier! Er will seinen Sohn siegen sehen!

Langsam lässt der Blutelb seine Schultern und seine muskulösen Arme kreisen. Er will seine Glieder auflockern, geschmeidig machen und sie auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten. Ein schmales Lächeln huscht über seine Lippen, als seine Gedanken zu der bevorstehenden Prüfung wandern und sich zwischen Wellen von Nervosität und Ungewissheit die berauschende Vorfreude auf die Jagd und den Kampf mischen. Sein Vater hat Cyrsads Kontrahenten selbst ausgewählt und so wie er ihn kennen gelernt hat, wird er sicherlich nur die besten Kampfsklaven Dror Elymh für seine Prüfung bestimmt haben.
Noch einmal atmet der junge Mann tief ein und aus. Dann öffnet er seine Augen und mit pupillenlosen, nachtschwarzem Blick mustert er den langen Tunnel vor ihm. Alle paar Schritte flackern Pechfackeln an den Wänden und tauchen das Höhlensystem in ein düsteres Licht. Genug Licht um auch Niedernkreaturen, ohne die Gabe der Nachtsicht, faire Bedingungen für den bevorstehenden Kampf zu bieten. Die von zahlreichen Sklaven und Gefangenen im Schweiße ihres Angesichtes glatt polierten Wände des Tunnels spiegeln das Abbild des jungen Shebaruc, der das traditionelle Gewand eine rote Hakama und eine rote Tunika mit V-Ausschnitt trägt. Für einen kurzen Augenblick grinst der Junge sein im Fackelschein flackerndes Spiegelbild an. Es gefällt ihm was er sieht. Er hat das fein geschnittene Gesicht seiner Mutter und den schlanken und trotzdem muskulösen Körper seines Vaters geerbt und obgleich es innerlich ihn im brodelt, blickt ihn ein ruhiges selbstsicheres Raubtier entgehen, bereit das zu tun, was nötig ist um den heutigen Tag zu überleben.
„Ich werde siegen!“, flüstert ihm sein Abbild mit ruhiger Stimme entgegen. „Und niemand kann mich aufhalten!“.
Aus dem schmalen Lächeln des Jungen wird ein überhebliches, fast schon diabolisches Grinsen.
Cyrsad weiß nun was er zu tun hat. Sein Jagdinstinkt ist geweckt. Seine rechten Finger wandern zu den beiden Griffe der Joryl, einem dünnen ca. 3 Ellen langen Metalldraht, das zu den klassischen Nahkampfwaffen eines Assassinen der Shadrya gehört, die er mit einem roten Tuch um seine Hüfte gebunden hat. Cyrsad hat diese schöne, ganz aus schwarzem Metall gefertigte Waffe von seinem Onkel geschenkt bekommen. In den beiden Griffen sind die Runen ihrer Familie eingelassen worden und bald wird neben dem ehrenvollen Namen von Xyntratos auch sein eigener stehen. Fast liebevoll streichen seine Fingerkuppen über den zusammengerollten Draht und die beiden großen dunkel roten Rubine, die die Griffenden der Waffe schmücken. Er hat die Joryl aus dem vielfältigen Sortiment an Waffen, die der junge Mann zu führen vermag, für den heutigen Tag ausgewählt. Im Wissen, das auch schon sein Vater, Onkel und auch sein ältester Bruder nur mit dem dünnen Draht bewaffnet, ihre Blutjagd vollzogen haben, um endlich ein vollwertiges Mitglied der Vasra Shadrya . Und Cyrsad will seinem Vater und seinen Geschwistern in keiner Weise nachstehen!

Noch einmal streckt und dehnt der junge Blutelb seine Glieder, jedes einzeln und gewissenhaft bis alle Muskeln seines Körpers von einer angenehmen Wärme erfüllt sind. Er folgt der strengen Abfolge an Bewegungen, die ihm seine Mutter, ebenfalls wie sein Vater eine angesehene Assassinin aus gutem Hause, in den vielen Stunden des gemeinsamen und kompromisslosen Trainings eingebläut hat. Jede der einzelnen Übungen erfüllt seinen Zweck und ist Voraussetzung dafür, das sein Körper und sein Geist der bevorstehenden Aufgabe gewappnet sind und trotz des Kribbelns in seine Fingern und des immer stärker werden Drangs endlich mit der Jagd zu beginnen, vollzieht der junge Shebaruc eisern und diszipliniert dieses Ritual, das ihn dazu befähigt, die Kunst auszuführen, für die er geboren worden ist, zu töten!
Es vergehen ein paar Minuten in denen nichts außer das leise Zischen der Fackeln und der gleichmäßige Atmen des jungen Mannes zu hören ist, dann steht Cyrsad wieder in seiner in seiner Ausgangsposition da. Seine Nervosität ist nun gänzlich verfolgen. Er löst die Joryl aus ihrer Halterung und macht sich leise und auf den Zehenspitzen schleichend wie ein Nebelpanther auf den Weg, das Tunnelsystem zu erforschen. Was ihn nun erwartet, kann der junge Blutelb nicht sagen. Die Vorschriften der Bluttaufe verbieten den geprüften jungen Männer und Frauen über das traditionelle Ritual zu sprechen. Und nicht einem seiner Brüder und Schwestern ist je auch nur eine Silbe darüber über die Lippen gekommen, so neugierig und penetrant ihr jüngster Bruder mit den blutroten Haaren während seiner kurzen Kindheit sie auch gedrängt hatte.
Es dauert nicht lange und der lange Tunnel verzweigt sich in mehrere Gänge, erst einmal, dann zweimal, bei der dritten Abzweigung bleibt der Blutelb stehen und hält inne. Ein Labyrinth also, stellt er nüchtern fest.
Cyrsad lächelt leicht. Die Hatz wird also schwieriger werden als erwartet, er muss seine Beute erst finden.
Umso besser!!

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 28. Nov. 2010, 10:31 Uhr
Zwei Stunden später

Keuchend beugt sich Cyrsad über die Leiche des breitschultrigen Menschen. Die Joryl hat einen tiefen blutigen Striemen in den fleischigen Hals des Mannes geschnitten. In seinen letzten Zuckungen versuchten sich noch seine Finger unter den Draht zu graben, doch die Waffe war schon zu eng um seinen Hals geschlungen, seine kläglichen Versuche sich zu befreien waren chancenlos.
Schweißtropfen laufen dem jungen Shebaruc über die Stirn, sammeln sich über den Augenbrauen. In seinem pupillenlosen Blick liegt ein Anflug von Fassungslosigkeit, ja sogar Panik. Noch immer starrt er auf die Leiche des stämmigen Kampfsklaven, der schon seid langer Zeit für die Familie Seryvxen im Rim, der berühmten Kampfarena in den Höhlen von Dror Elymh Ruhm und Ehre gewinnt. Doch es ist nicht der Anblick eines von ihm getöteten Mannes zu seinen Füßen, das ihm das Herz schneller schlagen lässt. Einem Mann, der ihm in endlos langen Stunden des gemeinsamen Trainings die letzten fünfzehn Jahre geschult und gestählt hat und der zu einem Großenteil dafür verantwortlich ist, das Cyrsad heute den Sieg davon getragen hat. Nein, Krifs Tod bedeutet dem Jungen nichts! Er ist nur ein Sklave, der heute durch ihn seiner Bestimmung zugeführt wurde, einen ehrenvollen Tod zu sterben, ein Umstand, der nicht vielen Sklaven in Dror Elymh vergönnt ist.
Was den Blutelb mit den roten Haaren so aus dem Gleichgewicht bringt, sind die letzten Worte, die Krif ihm im Todeskampf entgegen gehaucht hat. Es nicht mehr als ein Flüstern, ein fast stimmenloses Bewegen der Lippen gewesen, bevor ihn Cyrsads Joryl endgültig seines Bewusstseins und schließlich seines Lebens beraubt hat.
Doch seine Worte und dessen Bedeutung haben sich tief in Cyrsads Herz eingegraben.
„Lérelion…Melyr.“
Nein, das kann nicht sein, ungläubig schüttelt der Junge den Kopf. Sein Blick bohrt sich in den toten Mann zu seinen Füßen, als könne ihm der Leichnam des Sklaven noch mehr Informationen Preis geben. Doch Krif schweigt, für immer!
Lérelion Immer wieder durchzuckt der Name Cyrsads Gehirn. Kann es wirklich sein? Kann es sein, dass sein Vater wirklich Lérelion als Melyr, als Blutsklaven ausgewählt hat? Nein, sein ganzer Körper sträubt sich gegen diese Vorstellung. Lérelion ist eine Berühmtheit in Dror Elymh. So lange Cyrsad denken kann, ist der Name des Rimkämpfers in Aller Ohren und Munde. Er ist einer der Wenigen, die sich seit weit über 75 Jahren im Rim erfolgreich bewährt haben. Die Logen der Arena sind jedes Mal vollständig belegt, wenn der hochgewachsene, blonde Shida’ya den Ring betritt und obwohl die Shebaruc ihre Elbengeschwister hassen wie kein anderes Volk der Immerlande, so zollen sie doch dem flinken, kompromisslosen Stil des Sklaven und seiner unnachahmlichen Präzision ihren Respekt. Cysrad selbst hat in den letzten Jahren keinen Kampf des Elben verpasst und er weiß nur zu gut was für ein Gegner ihn den Tunneln erwartet, wenn Krif die Wahrheit gesagt hat. Aber warum sollte er ihn im Angesicht des Todes anlügen.
„Das ist Wahnsinn…“, flüstert der junge Shebaruc leise, „..das ist Wahnsinn, Vater. Wie soll ich Lérelion besiegen?“
Cyrsad sinkt langsam in die Hocke. Mechanisch lösen seine Finger die Joryl aus dem Fleisch des Menschenmannes. Ein trockenes „Veshkar….“ kommt seinen Lippen, als er die Waffe mit einem Stückleder aus Krifs Rüstung vom frischen Blut säubert und mit dem roten Tuch wieder um seine Hüften bindet. Noch vor ein paar Tagen erschien die Wahl der Joryl als seine Blutwaffe so logisch, so ehrenhaft, doch nun im Angesicht, seines nächsten Gegners, ist sie nicht anderes als ein schaler Witz. Lérelion ist ein guter, nein eine ein sehr guter Schwertkämpfer und er ist ein verfluchter Elb, der ebenso wie Cyrsad selbst über eine hervorragende Nachtsicht, Empathie und über die für Elben so typischen Gewandtheit und Schnelligkeit verfügt.
Für den Kampf mit der Joryl muss sich der Assassine wie eine Raubkatze an seinen Gegner heranschleichen, ihn hinterrücks überfallen und dann erdrosseln. Bei plumpen, niedern Kreaturen wie Menschen mit verkümmerten Sinnen, ist das für einen gewieften jungen Shebaruc wie Cyrsad ein leichtes diese Narren auszutricksen, doch wie im Namen des Einen Wahren, soll er einem Dreckselben wie Lérelion im Dunkeln auflauern und gar ihn überraschen können?
Ein gedämpftes Zischen erregt plötzlich Cyrsads volle Aufmerksamkeit.
Ruckartig richtet sich der Junge auf und schaut sich um. Die Pechfackeln und seine guten Augen ermöglichen ihm den Gang in beide Richtungen bis zur nächsten Biegung zu überblicken, doch außer dem leisen Prasseln der Fackeln und ihrem Flackern sind keine auffälligen Geräusche zu hören oder Irgendetwas zu sehen.
„Veshkar…“, flucht der rothaarige Shebaruc erneut. „Beruhige dich! Noch ist nichts verloren!“
Er zwingt sich und seinen unruhigen Atmen zur Ruhe. Doch diesmal wollen die Übungen der Disziplin ihm nicht so Recht gelingen. Das Wissen, das irgendwo in den Gängen von Sachxaolorn, den Höhlen der Prüfung Lérelion auf in lauert, jagt dem jungen Blutelb einen kalten Schauer über den Rücken und er verspürt den Druck der nackten und klaren Angst in seinem Herzen.

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 29. Nov. 2010, 08:45 Uhr
Unsicher wendet Cysad sich einmal nach rechts, dann wieder nach links. Schließlich beschließt er auf demselben Weg, den er gekommen ist weiterzugehen. Er kann nicht ewig hier warten, wie ein feiger Menschenhund.
Vorsichtig setzt der junge Shebaruc die Lederstiefeln auf den glatt polierten Felsboden auf. Völlig lautlos und grazil wie eine junge Katze schleicht er sich vorwärts, immer bedacht nur in den dunkeln Winkeln der Tunnel, dort wo das flackernde Licht der Fackeln die Schatten nicht vertreiben kann, kurz inne zu halten und zu lauschen.
Nichts….
Mit einer fließenden Bewegung löst sich der rothaarige Junge aus der Dunkelheit, um mit ein paar schnellen Sprüngen den Schutz in der nächsten unbeleuchteten Nische zu finden. So arbeitet er sich Schritt für Schritt den Gang zurück, bis er schließlich die Stelle erreicht, wo er vor kurzem seinen ersten Melyr erledigt hat. Noch immer liegt der schwarzhaarige Mann genauso dort, wie er in zurück gelassen hat. Unterhalb seiner Kehle, dort wo die Joryl sich tief in das Fleisch des braunhäutigen Menschen eingeschnitten hat, hat sich ein kleine Blutlache gebildet, sein in eine lange schwarze Robe gekleideter Köper liegt verkrümmt auf dem Steinboden, die Augen sind Blut unterlaufen und weit aufgerissen, folgen des unschönen Erstickungstodes, den Cyrsad ihm bereitet hat.
Der Shebaruc verzieht sein blasses Gesicht zu einer unzufriedenen Fratze.
Wäre ich nur nicht so voreilig gewesen, denkt er missgestimmt, während er sich zu dem Leichnam hinunterbeugt und die lange Robe des Toten nach nützlichen Gegenständen untersucht. Doch kaum haben seine Hände den Stoff berührt, so zieht er sie auch wieder zurück, als hätte er sich an etwas unsichtbaren die Finger verbrannt.
Das bringt doch sowieso nichts! Selbst wenn ich bei diesem Magier oder Hexer oder was immer dieser Kerl, bevor er seine letzte Reise in das Totenreich angetreten hat, auch war, irgendetwas Nützliches finden würde, es würde mir sowie nicht behilflich sein.
Die Regeln der Bluttaufe sind streng. Und sie verbieten dem Prüfling bei seiner Jagd etwas anderes als die von ihm gewählte Waffe zu verwenden. Jede Überschreitung, jeder Bruch dieses alten Kodexes wird mit dem Versagen gestraft. Doch die Regeln verbieten Cyrsad nicht nur, die von ihm Getöteten auszunehmen, sie schreiben ihm auch noch etwas ganz anderes vor, etwas, was dem jungen Blutelb, als sein Blick über den verkrümmt am Boden liegenden Mann huscht, erneut ein kalten und scharfen Strich in der Brust verursacht. Zwei Melyr hatte er nun schon getötet, den Dritten und letzten Blutsklaven musste er lebend fangen.
Lebend….
Und was das bedeutet, wird ihm erst jetzt bewusst. Lérelion zu töten, ist schon Herausforderung genug, ihn aber gefangen zu nehmen und zum Ausgang der Höhlen der Prüfung zu zerren, das grenzt fast schon an Unmöglichkeit.
Die unsichtbare Last auf den Schultern des Jungen wird mit jedem Augenblick, mit jeden Gedanken, den er an Lérelion und an die Möglichkeit seines Versagens verschwendet schwerer und schwerer. Sein Blick wandert von der Joryl an seiner Hüfte zu dem Toten. Tief atmet er ein und aus, dann schüttelt er den Kopf, als könnte er so seine düsteren Gedanken vertreiben. Es gibt kein zurück für Cyrsad, nur noch ein Vorwärts, das entweder Sieg oder eine vernichtende Niederlage bedeutet.
Nur widerstrebend löst sich der junge Blutelb von der Leiche und wendet sich wieder dem Labyrinth aus Tunnelgängen zu.
„Lérelion, ich komme….“, zischt der Shebaruc mit den blutroten Haaren leise. Die einzige Antwort die er bekommt ist, das leise Prasseln der Fackeln an den Wänden.

Die Zeit vergeht und entzieht sich gänzlich Cyrsads Wahrnehmung. Der Prüfling durchschleicht einen Tunnelgang, eine Höhle nach der anderen, ohne auf etwas Verdächtiges zu stoßen. Kein Lebewesen, kein Geräusch, nichts was auf die Anwesenheit des verfluchten Elbs schließen lassen würde. Vor jeder Abzweigung hält er inne. Seine Shebarucsinne sind bis zur äußersten Anspannung geschärft und zum ersten Mal in seinem jungen Leben fühlt sich der jüngste Spross der angesehenen Familie Seryvxen überfordert und ja vielleicht sogar so etwas wie allein gelassen.
Er will gerade an einer Kreuzung einem Gang nach links folgen, als er plötzlich ein leises scharrenden Geräusch von rechts hört. Sofort wirbelt Cyrsad herum, presst seinen Körper in eine Nische und lauscht, doch das einzige was er vernehmen kann, ist sein eigener stoßweise gehender Atem. Für einen kurzen Moment schließt er die Augen, seine Brust hebt und senkt sich, um dann in eine atemlose Starre zu verfallen, in der selbst das Fallen einer dünnen Nadel in einem Heuhaufen hörbar geworden wäre.
Nichts…
Hat er sich das Geräusch nur eingebildet?
Cyrsad will sich schon wieder aus seine Bewegungslosigkeit lösen, als er das gedämpfte Geraschel erneut vernimmt. Diesmal ist es eindeutig, es kommt aus dem Gang zu seiner rechten Seite. Lautlos und ohne zu Zögern huscht der Junge in Richtung der Quelle des Geräuschs. Nun sind auch mit einem Schlag alle Bedenken verflogen. Es ist als hätte jemand einen Schalter in seinem Kopf umgelegt und alle unwichtigen Gedanken und Selbstzweifel ausgelöscht. Der junge Körper wird von dem kalten Kitzeln des Jagdfiebers erfüllt, das keine anderen Gefühle außer absoluter Konzentration zulässt.
Die glattpolierten Wände des Tunnels wandern immer weiter auseinander und Cyrsad, der wieder im Schatten zwischen zwei Fackeln Schutz gesucht hat, erkennt, dass es sich um eine Sackgasse handelt, an deren Ende sich der Gang zu einer großen Höhle verbreitert. Mehrere Fackeln hängen im Abstand von zwei bis drei Schritt an ihren Halterungen und erleuchten die Höhle mit einem warmen Licht. An den Wänden direkt gegenüber von Cyrsad wurden Bilder in rot und blau mit dicken groben Strichen auf den glatten Fels aufgetragen. Und trotz ihrer reduzierten und groben Strichführung erkennt der Junge sofort, dass es sich bei dem Wandbild, um eine Szene aus der Thangka, einem Buch mit überlieferten Geschichten aus der Dämonenwelt handelt. Der Laogai, ein aufrechtstehender blauer Dämon mit rotäugigen, doppelköpfigen Stierkopf mit einer düsteren roten Aura hält in den Vorderhufen einen Speer und ein massives Langschwert, mit den Hinterhufen zertrampelt er eine Brut aus bewaffneten Elben und Menschen, die mit weit aufgerissenen Augen ihren Zerstörer anblicken.
Für einen kurzen Moment hält der Anblick des im flackernden Lichtschein fast lebendig wirkenden Wandbildes den Jungen so gefangen, dass er erst der Anwesenheit einer weiteren Person gewahr wird, als sie sich aus einer der Ecken der Höhle herausschält und sich wie von Geisterhand in der Mitte der Höhle materialisiert.
„Die Zeichnungen sind wunderschön, nicht wahr?“
Lérelion….

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 01. Dez. 2010, 08:39 Uhr
Cyrsad zieht seine Augenbrauen zu einer düsteren Fratze zusammen, als er den in eine schartige graue Lederrüstung gewandeten Elb erblickt. Es ist das erste Mal, dass er dem berühmt-berüchtigten Kampfsklaven außerhalb des Rims und nicht aus der Distanz einer Arenaloge gegenübersteht. Seine langen, weißblonden Haare sind zu einem Zopf zusammengebunden. Das blasse, längliche Gesicht des Elben weißt viele Narben auf, Spuren der Kämpfe, die er über viele Jahre zur Belustigung der Shebaruc führen musste und seine hellblauen Augen wirken irgendwie unnatürlich matt und farblos, so als würde in ihnen kein Leben mehr wohnen. Doch vielmehr als Lérelions Äußereres ziehen seine zwei schlichten und schmucklosen Schwerter, eine Tiril'Taqât und eine Taqât Cyrsads Aufmerksamkeit auf sich. Es sind die Waffen, die der Sklave auch im Rim verwendet, um seine Gegner abzuschlachten und die er wie kein anderer Kampfsklave mit einer Geschicklichkeit und Schnelligkeit zu führen vermag.
„Verdammt…“, knurrt der junge Blutelb leise. Er hat sich von der Shida’ya Missgeburt übertölpeln lassen, wie ein blutiger Anfänger. Soviel zum Überraschungseffekt und einem plötzlichen Überfall aus dem Hinterhalt.
„Farog hat mir erzählt, dass seine Großeltern diese Höhle ausmalen mussten. Tyron hatte die Vorlage dazu geschaffen und Farogs Großeltern mussten mit einem Duzend weiterer Sklaven nach seinen Anweisungen arbeiten. Das Rot, dieses tiefe leuchtende Rot, stammt aus dem Blut von Menschen- und Zwergensklaven, die Tyron hier in dieser Höhle hat hinrichten lassen.“
Einen kurzen Moment hält der Elb inne, dann dreht er sich dem Abbild des Laogais zu und mustert die Szene ohne Cyrsad weiter zu beachten. Ein Umstand der dem jungen Mann überhaupt nicht gefällt, schließlich ist er hier, um diesen dreckigen Elben zu töten, doch dieser scheint in ihm keine große Bedrohung für sein Leben zu sehen.
„Das Blut muss ganz frisch und warm sein, wenn man es zu dieser Farbe vermischt. Sonst verliert es mit den Jahren an Leuchtkraft“, fährt der Sklave unbeirrt mit seinem kunstgeschichtlichen Vortrag weiter, als wäre Cyrsad sein wissbegieriger Schüler und nicht sein Gegner. „Tyron zwang Farog und die Anderen dazu, aus dem Blut, das sich auf dem Boden zu einem See sammelte, die Farben an zumischen und dieses Bild zu Ehren des Dämons zu schaffen. Ein Kunstwerk ohne Zweifel….Geschaffen aus Leid und Verzweiflung.“
„Wen interessiert das schon…“, zischt ihm Cyrsad ungehalten entgegen. Ganz nebenbei lösen seine Finger den Knoten des roten Tuchs, mit dem die Joryl an seiner Hüfte befestigt ist. Der metallene Griff der Waffe in seiner Hand gibt seinem schnell schlagenden Herz ein wenig Sicherheit zurück.
„Nun…., du bist doch ein junger, aufstrebender Shebaruc. Mitglied eines Volkes, das sich für ihre außergewöhnliche und von vielen Völkern völlig zu Unrecht als brutale und grausame verschriene Kunst und Kultur rühmt.“ In der Stimme des Rimsklaven schwingt purer Hohn und Sarkasmus mit. „Ob du glaubst oder nicht, im Laufe der Jahre hier habe ich euren skurrilen Sinn für Ästhetik schätzen gelernt. Ihr haltet euch wirklich für Künstler oder so etwas Ähnlichem, wen ihr aus dem Leid und dem Schmerz Anderer Werke erschafft. Diese Verblendung und Selbstüberschätzung macht euch fast schon wieder sympathisch.“

„Schweig, Nelschar…DU weißt nichts!“, fährt Cyrsad wütend dazwischen. Lérelions provozierende Bemerkungen verfehlen seine Wirkung nicht und treiben den Jungen fast zur Weißglut. Noch nie hat es ein Sklave, von den Shebaruc oft beleidigend als Nelschar, Abschaum, beschimpft, es gewagt so mit ihm zu sprechen. Fast automatisch nimmt der Junge eine geduckte Haltung ein. Den feinen Draht der Joryl hat er zwischen seinen Händen gespannt, jeder Zeit bereit seinem Opfer damit die Luft abzuschnüren. Wie ein Raubtier auf Beutejagd schleicht sich der Blutelb näher an den Elb heran, dabei lässt er die beiden Schwerter, die immer noch in ihren Scheiden zu beiden Seiten des Sklaven stecken, nicht aus den Augen.
„Oh, wenn ich dein Ehrgefühl verletzt haben sollte, tut mir das leid, Cyrsad…Das ist doch dein Name, nicht wahr?“ Die kalten ausdrucklosen Augen Lérelions mustern den jungen Shebaruc, der langsam einen kreisförmigen Bogen um den immer noch mitten in der Höhle stehenden Mannes zieht.
„Für dich bin ich immer noch mein Herr, Nelschar! Dein Herr hat die letzten Jahre wohl bei dir zu viel durchgehen lassen, wie es scheint. Aber damit wird nun Schluss sein!“
Cyrsad nachtschwarze Augen bekommen einen unguten rötlichen Glanz. Ein Zeichen das Wut und Zorn in seinen Adern pulsiert und obwohl der Junge ganz genau weiß, dass ihn der Sklave nur provoziert, damit ihm seine rasende Wut die Sinne benebelt und ihn unvorsichtig macht, schafft er es kaum den Hass, den Lérelions zynische Worte in ihm wecken, zu zügeln.
Bleib ruhig! Bleib verdammt noch mal ruhig!, ermahnt sich der Junge zum wiederholten Male.

„Mein Herr...“, der Shida‘ya lacht ein freudloses, kaltes Lachen. „Du hast keine Ahnung! Mein Herr hat zugestimmt, das ich heute gegen ein Kind antrete, das durch Mord beweisen will, dass es kein Kind mehr ist. Glaub mir, Cysad, mein Herr Chyazal weiß genau was er tut oder nicht tut. Und das ich und du heute hier stehen, ist ganz in seinem Sinne. Und wenn mein Herr, mich nicht erzogen hätte…“, der Elb verzieht sein Lippen zu einem schmalen verkniffenen Grinsen, „ …würde ich wohl nicht mehr kämpfen, sondern würde schon längst zu einer Leinwand, einem Knochenspiel oder sonst irgendetwas Kunstvollem verarbeitet sein.“
„Ich bin kein Kind!“, grollt Cyrsad dem Elben mit einer Mischung aus Trotz und Zorn entgegen. Obwohl er sich vorgenommen hat, nicht mehr auf das Gelabber des Elben zu achten, verfehlen seine Spitzen erneut nicht Cyrsads gekränkte Gefühle. Von einem Nelschar als Kind diffamiert zu werden, ist ungefähr dasselbe wie mit Menschendung beschmissen zu werden. Außerdem stellt der Name von Chyazal für kurze Zeit dem Jungen die Nackenhaare auf. Zwar weiß Cyrsad natürlich das Lérelions Herr Ha'ar Chyazal, Oberhaupt des Hohen Hauses Mondstein und Mitglied im Maskenrat Dror Elymhs ist. Trotzdem gefällt dem Shebaruc der Gedanke, das Chyazal mit Lérelion über ihn geredet hat nicht besonders.
„Willst du noch weiter dastehen und reden oder bist du bereit, deinem Tod gegenüber zu treten? Zwei Melyr sind heute schon durch meine Joryl ins Reich der Toten getreten, du wirst der Dritte sein!“
Hochtrabende Worte für einen jungen Shebaruc, der sich alles andere als wohl in seiner Haut fühlt und dessen Finger sich klamm und kalt vor Nervosität anfühlen, aber etwas Besseres fällt Cyrsad gerade nicht ein.
„Du willst also wirklich kämpfen, Cyrsad“, Lérelion schüttelt den Kopf. „Also gut, immerhin scheint es dir an Mut nicht zu mangeln.“
Mit einer raschen Handbewegung, die es selbst Cyrsads geschultem Blick schwer macht ihr zur folgen, zieht der Shida’ya seine beiden Waffen und lässt sie in großen Kreisen durch die Luft wirbeln. Das leise Surren der Schwerter durchdringt die Höhle.
„Mein Herr hat mir die Freiheit versprochen, wenn ich dich heute töte. Tut mir leid, Junge. Es bereitet mir ganz im Gegensatz zu eurem Volk keinen Spaß oder gar Befriedigung zu morden und schon gar nicht Kinder wie dich, aber ….“, Lérelions toter Blick ruht einen Moment auf Cyrsad, der in sprungbereiter Haltung den Elben umkreist, „aber mir bleibt wohl keine Wahl! Soll der Bessere von uns Beiden gewinnen!"

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 16. Dez. 2010, 11:24 Uhr
Endlich…Cyrsad ist froh, dass die Zeit des Redens nun vorbei ist. Das Gerede des Rimsklaven hat ihn nur von dem abgelenkt, was heute wirklich zählt. Seine Bluttaufe und der Sieg.
Mit geschmeidigen Bewegungen umtänzeln sich die beiden Elben, die nicht verschiedener sein könnten. Der Eine hochgewachsen, von einer angeborenen Eleganz und Schönheit, trotz der alten und schlichten Lederrüstung, die er trägt, der Andere muskulös und wendig, umgeben von einer düsteren Aura, die durch seine farblose, blasse Haut und den blutroten Haaren nur noch betont wird.
Cyrsad lässt seinen Gegner keine Sekunde aus den Augen. Er weiß nur zu gut, dass seine Chancen Lérelion zu besiegen, nicht gerade groß sind. Und doch gibt der Junge nicht auf. In leicht geduckter Haltung, den Körper in Anspannung versetzt, um bei der kleinsten Unaufmerksamkeit des Shida’yas losspringen zu können, umschleicht der Shebaruc seinen Gegner. Lérelion zeigt nicht die geringste Regung in seinem Gesicht. Geschickt verlagert er sein Gewicht mal auf den rechten, Mal auf den linken Fuß, während er seine Tiril'Taqât und seine Taqât in einem perfekten Bogen kreisen lässt und Cyrsad muss Widerwillen dem Rimsklaven Respekt zollen, für seine Anmut und Perfektion. In der Deckung des Elben ist keine Lücke. Er zeigt keine Schwächen, die der junge Blutelb mit einem geschickten und schnellen Angriff ausnutzen könnte.
Also entschließt sich der Junge zu warten und Lérelion, den ersten Angriff einleiten zu lassen.
Warte auf deine Chance, Cyrsad! Gerade gegen stärkere Gegner als du, musst du einen kühlen Kopf bewahren. Lass dich niemals zu einem übereilten Angriff hinreißen. Denn wer kopflos handelt, verdient nichts anderes als den Tod!
Die Worte seiner Mutter hallen in seinen Gedanken nach und zügeln Cyrsads Drang sich auf den Shida’ya zu stürzen. Ja, er weiß was er zu tun hat.

Die Zeit vergeht. Aus Sekunden werden gefühlte Stunden. Selbst der leise, flache Atem der beiden Kämpfer klingt durch die völlig aus der Zeit entrückte und mit Energie aufgeladene Atmosphäre unnatürlich laut und störend. Doch plötzlich ist es so weit. Wie ein Blitz, der seine angestaute Kraft mit einem lauten Donnerschlag und einem hellen Gleißen entlädt, springt Lérelion auf den jungen Blutelb zu. Mit nur einem Satz erreicht er den Shebaruc und lässt sein Schert auf den Jungen nieder sauen. Es sind Cyrsads geschulte Reflexe, die ihm vor Klinge des Schwertes bewahren. Mit einer schnellen Bewegung dreht sich der Junge zur Seite. Aus den Augenwinkeln erkennt er wie die kleinere Tiril'Taqât sich ihm in rasender Geschwindigkeit nähert und wieder schafft es der Blutelb, sich durch eine Drehung aus der Stoßrichtung des Schwertes zu entfernen.
„Du bist gut“,  sagt Lérelion. Anerkennend nickt er Cyrsad zu. „Doch es wird nicht reichen und das weißt du!“
Ein hämisches Lächeln huscht über Cyrsads bleiches Gesicht.
„Na komm schon, beweiß es mir!“

Wieder schneiden die Schwerter in einer Geschwindigkeit durch die Luft, die es selbst Cyrsads geschultem Auge schwermachen ihren Verlauf vorherzusagen. Mal nach rechts, mal nach links ausweichend, versucht der junge Blutelb sich einwenig Raum zu verschaffen und die tödlichen Waffen, von sich fern zu halten. Doch durch reine defensive Taktik lässt sich ein Kampf nicht gewinnen.
Mehrmals vollzieht der Junge seine gewagten Ausweichmanöver, während Lérelion ihn quer durch die Höhle treibt. Die Höhlenwand kommt dem Rücken des Shebarucs immer näher und mit wird der Freiraum, um sich vor den Schwertstößen seines Gegner weg zu ducken, immer kleiner.
Noch fünf Schritte, jetzt sind es nur noch vier, noch drei. Da hat Cyrsad eine Idee. In einer Schnelligkeit, die es dem menschlichen Auge kaum möglich macht, sie nach zu vollziehen, dreht sich der Blutelb zur Seite und springt gegen die Felswand. Die Beine gegen den Stein gepresst, drückt er sich ab, um mit einem Satz über den Kopf seines Gegners zu segeln. Geschickt dreht sich Cyrsad in der Luft. Doch auch Lérelion reagiert auf den überraschenden Angriff des Jungen und duckt sich zu Seite. Nur knappt verfehlt die Joryl Lérelions Kopf. Doch zumindest schafft es Cyrsad den Draht um die rechte Schwerthand des Shida’yas zu wickeln und mit einem Ruck ihn zu entwaffnen. Mit einem lautem metallischen Scheppern schlägt das Schwert auf den Höhlenboden auf und bleibt ein Paar Schritte hinter Cyrsad liegen. Es wäre ein einfaches sie zu nehmen und nun mit einem Schwert bewaffnet sich seinem Gegener zu stellen. Damit würden seine Chancen beträchtlich steigen. Doch Cyrsad weiß nur zu gut, dass ihm die Regeln der Bluttaufe verbieten, die Melyr mit etwas anderem als der gewählten Blutwaffe zu besiegen oder zu töten.
„Veshkar…“, flucht der Junge leise, während er wieder seinen Gegner zu umkreisen beginnt.

Das Spiel beginnt von vorne.
Doch plötzlich erhöht der Elb das Tempo. Cyrsad versucht dem Druck des Shida’ya auszuweichen, in dem er in selbst durch einen überraschenden Angriff in die Ecke drängt. Mit drei tänzelnden Schritten dreht sich Cyrsad zur Seite und reißt gleichzeitig die Joryl, die er zwischen beiden Händen gespannt hat nach oben. Doch Lérelion scheint nur auf seinen Angriff gewartet zu haben.
Kaum hat der junge Blutelb seine Hände erhoben, rast auch schon die Tiril'Taqât auf ihn nieder und erwischt in an der Seite. Wie Butter durchtrennt sie den Stoff seiner Tunika und schneidet ihm tief in sein Fleisch. Ein scharfer Schmerz durchzuckt ihn und er spürt Blut ihm an der Seite herunter rinnen. Doch kaum hat er wieder das Gleichgewicht gefunden, saust auch schon wieder die scharfe Klinge auf in zu. Diesmal kann er ihr nur durch ein paar hastige, taumelnde Schritten nach hinten ausweichen. Schwankend versucht er, wieder sein Gleichgewicht zu finden. Aber Lérelion lässt nicht locker. Erneut trifft er ihn hart am Kopf. Diesmal ist es der Schwertknauf, der ihm eine Platzwunde über der Augenbraue ins Gesicht reißt. Blut fließt aus der Wunde und nimmt ihm die Sicht. Verzweifelt versucht Cyrsad den Shida’ya am Arm zu packen und ihn in einen Nahkampf zu verwickeln. Doch schon hat sich sein Gegner um ihn herum gewirbelt und versetzt ihm einen harten Tritt in seine verletzte Seite.
Cyrsads Beine geben nach. Auch wenn er ihnen noch so stark befiehlt stehen zu bleiben, so wollen sie ihm doch nicht mehr gehorchen. Der junge Shebaruc sinkt auf die Knie. Er sieht den Fuß des Elben erneut auf sich zu fliegen, doch wieder kommt seine Reaktion zu spät. Zwar schafft er es noch seine Hände schützend vor den Kopf zu heben, aber durch die Wucht des Trittes fällt ihm die Joryl aus den Händen. Klirrend landet sie auf dem Boden. Dann folgt einweiter Schlag mit dem Schwertknauf gegen seinen Schädel. Für kurze Zeit wird dem jungen Blutelb schwarz vor Augen. Als er sie wieder öffnet, steht sein Gegner über ihm gebeugt. Seinen Fuß hat er mitten auf Cyrsads Brust gelegt und drückt ihn unsanft zu Boden. Das blutverschmierte Schwert deutet auf seine Kehle.
„Nun Cyrsad, sag mir…wie fühlt es sich an, besiegt zu sein!?“

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 20. Dez. 2010, 11:56 Uhr
Mit fassungslosem Blick starrt der junge Shebaruc zu der Schwertklinge hinauf, die unmissverständlich auf seine Kehle deutet. Besiegt….dieses Wort existiert nicht im Wortschatz eines stolzen Blutelben aus dem Hause Seryvxen. Mit all seiner Kraft wehrt sich Cyrsad gegen die Welle der Resignation, die seinen verprügeltem Körper und Geist überrollen will, doch so sehr er auch versucht sich zu verschließen, sie trifft ihn mit der Wucht eines ungebremsten Tsunamis.
Der Druck des Stiefels auf seiner Brust wird schwerer. Stück für Stück presst der Elb ihm die Luft aus seinem Brustkorb und erschwert das Atmen.
„Ich habe dich etwas gefragt, Junge!“
Noch einmal nimmt Cyrsad all seine verbliebene Kraft zusammen, schnappt sich, als letzten Versuch sich gegen die Niederlage zu wehren, den Fuß des Elben und will ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Doch so leicht lässt sich der erfahrene Rimsklave nicht übertölpeln. Geschickt verlagert er sein Gewicht auf das andere Bein und drückt gleichzeitig die Klingenspitze in Cyrsads Kehle. Sie schneidet durch seine blasse Haut und hinterlässt einen tiefen, blutenden Schnitt. Mechanisch lösen sich die Finger des Jungen von Lérelions abgewetztem Stiefel auf seiner Brust. Der Druck nimmt einwenig ab und keuchend ringt der Blutelb nach Luft.
„Netter Versuch….aber nicht das, was ich von dir hören wollte!“ Ein schmales Lächeln huscht über das das sonst völlig gleichgültige und regungslose Gesicht des Shida’ya. „Wie fühlt sich eine Niederlage an, Cyrsad?“
Eine Niederlage…
Cyrsad weiß nicht, was er auf diese Frage antworten soll. Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass er im Kampf besiegt wurde. In seinem jungen Leben musste er schon viele Niederlagen einstecken: gegen seine Mutter, seine Ausbilder, ja selbst gegen einige Sklaven, doch noch nie hatten Sieg oder Niederlage einen so entscheidenden Einfluss auf sein Zukunft wie jetzt. Wie ein vergifteter Pfeil trifft den jungen Shebaruc die Erkenntnis, dass er nun da er versagt hat, auch den Anspruch auf den Namen seiner Familie, seines Hauses Mondstein, ja selbst auf seine Kaste, die ehrenvolle Shadrya verloren hat. Seine Familie wird seinen Namen aus allen Aufzeichnungen, Bildern, ja selbst aus ihrer Erinnerung löschen. Cyrsad wird in wenigen Stunden nur noch ein Niemand sein, ein Versager, ein Unberührbarer. Das Einzige, was er in diesem Augenblick, da seine ganze Welt um ihn herum wie ein Kartenhaus zusammen fällt, noch sicher weiß, ist das er lieber sterben möchte, als seine Familie und sich selbst dieser Schande und Schmach auszusetzen.
„Töte mich…..“
Cyrsads Stimme klingt in seinen Ohren fremd und blechern, fast so als würde eine andere Person die Worte an den Shida’ya richten und nicht er selbst. In diesem Moment, da die Klinge des Nelschars sich in seine Kehle bohrt, fühlt sich der junge Blutelb so verloren wie noch nie zu vor in seinem jungem Leben. Die hellblauen, leblosen Augen Lérelions mustern ihn, ohne das der Shebaruc auch nur erahnen kann, was in seinem Kopf nun vor sich geht.
„Ich soll dich also töten! So, so…. ich finde, du machst es dir ganz schön einfach.“ Lérelion beugt sich einwenig nach unten, um das Gesicht seines besiegten Kontrahenten genauer betrachten zu können. „Warum sollte ich dir diesen Gefallen tun, Cyrsad! Warum sollte ich dir ein Leben in Schande, ein Leben als Nelschar ersparen. Nelschar….ist unser Dasein nicht manchmal voller wunderbarer Ironie. Da beschimpfst du mich als Abschaum und ein wenig später kommst du selber in den Genuss, die Vorzüge des Ausgestoßenseins genießen zu dürfen!“ Der Shida’ya stößt ein leises, meckerndes Lachen aus, das Cyrsad einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter jagt.
„Nein! Du wirst nicht als Toter unser gemeinsames Schlachtfeld verlassen. Das werde ich nicht zulassen.“
Der Druck des Stiefels auf Cyrsads Brust wird wieder stärker. Nur mühsam kann er nach Luft ringen.
„DU hast eine andere Aufgabe. Ja, das hast du! Und diese Aufgabe wirst du erfüllen, mein junger Freund. Du wirst tun was ich dir sage, weil ich die Macht habe,... die Macht dir eine neues Leben zu schenken!“
Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen in den Höhlen der Prüfung bekommen die toten Augen des Elben einen feurigen Glanz.
„Ha'ar Chyazal ist ein Dummkopf! Er meint wirklich, er könnte mir den Mund mit dem fahlen Lockmittel der Freiheit wässrig machen. Freiheit…als ob es für mich noch ein Leben außerhalb dieser verdammten Höhlen gäbe. Ich lebe schon so lange unter euch. Ich… ich kann mir kein Leben mehr in meiner Heimat vorstellen. Die Wälder, der Duft von grünen Blättern, Moos, der Klang einer Laute, die weichen Stimmen meiner Schwerstern und Brüder…Ich…ich… habe lange, lange von meinem Zuhause geträumt, jede verdammte Nacht, doch irgendwann sind die Bilder verblast und nie wieder zu mire zurück gekommen. Kannst du dir das vorstellen, Cyrsad. Kannst du dir vorstellen, was für ein Gefühl das ist, wenn sie nicht nur deinen Willen brechen, sondern dir auch noch Stück für Stück alles nehmen, was dir jemals etwas bedeutet hat und nur noch Gleichgültigkeit zurückbleibt? Kannst du das... hm? Ein Herz voller Nichts?“
Wie Dolchspitzen bohrt sich Lérelions Blick in Cyrsads Kopf. Gegen seinen Willen schüttelt der junge Bultelb seinen Kopf. Sein Mund fühlt sich ungenehm trocken an.
„Natürlich kannst du das! Jetzt wo du selber kurz davor stehst, alles zu verlieren. Jetzt wo der Abgrund ganz nah ist, da kannst du es selber fühlen, nicht wahr? Das Nichts…die Kälte, die Gleichgültigkeit, die sich in dein Herz frisst und alles Gute auslöscht.“

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 28. Dez. 2010, 11:55 Uhr
Cyrsad will diesem wahnsinnigen Dreckselben entgegen brüllen, das sein Leben mit dem des Shida’ya nichts zu tun hat. Das er seinen verfluchten Mund halten soll, das er nichts hören will. Doch das einzige was er herausbringt ist ein klägliches: „Schweig…“ für das sich der Junge selber schämt. Lérelion hat Recht, er kann sich nur zu gut vorstellen, wie es sich anfühlt alles aufgeben zu müssen. Es ist wie ein schwarzes, kaltes Loch in das man hineingezogen wird und in dem es keine Hoffung mehr gibt.
Das schmale Lächeln auf Lérelions Lippen verzieht sich zu einem hämischen Grinsen, das im flackernden Schein der Pechfackeln dem diabolischen und kaltem Lächeln des Thangka, der sich an der Höhlenwand hinter ihm durch die Armee seiner Feinde mäht, erschreckend ähnelt. Es ist dieser überhebliche Gesichtsausdruck der langsam Cyrsads Überlebenswillen wieder zurückruft:
„Warum…warum willst du mich nicht töten? Damit ich so werde wie du? Wenn ich diesen Tag überleben sollte, werde ich dich jagen, Nelschar… Ich werde nicht ruhen, bis ich dich gefunden habe und dann wirst du dir wünschen, sehnlichst wünschen, mich heute an diesem Tag getötet zu haben!“ Der junge Shebaruc ballt seine Hände zu Fäusten. Den Schmerz seiner Wunden ignorierend richtet er sich so weit auf, wie der Druck des Stiefels auf seiner Brust es zulässt.
Lérelion reagiert auf Cyrsads Drohung mit einem lauten Lachen.
„Du gefällst mir wirklich, Kleiner. Ich muss schon sagen. Es wundert mich nicht das du Chyazal ein Dorn im Auge bist.“
„Chyazal?“, bringt Cyrsad keuchend hervor. Der stechende Schmerz in seiner verletzten Seite treibt dem Jungen Tränen die Augen. Widerwillig lässt er sich wieder auf den kalten Boden sinken und fast sofort reduziert der immer noch zynisch vor sich her grinsende Elb das Gewicht des Stiefels auf Cyrsads Brust.
„Was redest du da?“
„Na, was glaubst du denn? Warum denkst du, stehe ich hier. Meinst du der große Ha'ar Chyazal hat mich ohne Hintergedanken als dein Melyr bestimmt? Oh nein, Chyazal, mein Herr tut nichts, rein gar nichts ohne Berechung!“ Lérelion verzieht sein Gesicht zu einer angewiderten Fratze, „Er ist hart, alt, grausam und machtbesessen und hat nur eines im Sinn, sich und seiner Familie einen Vorteil zu verschaffen.“
„Erzähl mir was Neues, Sklave!“ zischt Cyrsad dem Shida’ya entgegen. Natürlich kennt er das Oberhaupt des Hohen Hauses Mondstein, zu dem auch seine Familie Seryvxen gehört. Onkel Xyntratos hat ihm viel von dem politischen Geflecht und dem Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Familien des Hauses erzählt und er weiß, das Chyazal kompromisslos und kaltblütig seine Ziele und Interessen durchsetzt. Cyrsad hat das Oberhaupt und Mitglied des Maskenrates selber auf einigen festlichen Ereignissen kennen gelernt, denn Xyntratos hat viel Wert darauf gelegt, seinen Ziehsohn schon so früh wie möglich in die Machtstrukturen der Politik von Dror Elymh ein zuführen, egal ob der Junge das wollte oder nicht! Das Xyntratos und Chyazal des Öfteren nicht einer Meinung sind und das sein Onkel mal mehr mal weniger heimlich zusammen mit anderen Politikern am Stuhl der Oberhauptes des Hauses Mondstein sägt, auch dass ist Cyrsad sehr wohl bewusst, jedoch wäre er nie auf den Gedanken gekommen, dass auch ihm eine Rolle in diesem Knäuel aus Intrigen zukommen könnte, geschweige denn das Ha'ar Chyazal in irgendeiner Weise Interesse an ihm haben könnte.
„Nun… Chyazal war ziemlich deutlich, was meinen Auftrag anging, Junge. Er sagt zu mir: Die Seryvxen sind wie Ratten. Sie vermehren sich wie sie und kaum zertritt man eine, nehmen zwei Andere ihren Platz ein. Er erwähnte, dass dein Vater zu ihm gekommen ist, um mich als Melyr für dich einzufordern und er hat dieser Vereinbarung nur zu gerne zugestimmt…“, der Elb zögert einen Moment und blickt dem Jungen zu seinen Füßen direkt in die Augen, „…weil er deine Familie vernichten will. Ein Seryvxen weniger kann nicht Schaden!, sagte er und im Gegenzug für meine langjährigen Dienste und den Mord an dich versprach er mir die Freiheit.“
„Die Freiheit…“, erwidert der junge Blutelb mit einem bitteren Unterton in seiner Stimme, „…und du glaubst wirklich er lässt dich gehen, nachdem du mich getötet hast, Nelschar?“
„Nein, dazu ich kenne Chyazal zu gut. Er wird mich durch einen seiner Assassinen ermorden lassen. Ich weiß zu viel, als das er mich laufen lassen könnte und außerdem… Chyazal hat nicht das Herz dazu, einem seiner Sklaven die Freiheit zu schenken.“

Lérelions Worte verwirren den jungen Shebaruc. Noch immer ist ihm nicht klar, was der Shida’ya von ihm will.
„Warum… warum erzählt du mir das alles, statt deine Chance zu nutzen und zu fliehen?“ Nur zögerlich kommen Cyrsad die Worte über die Lippen.
„Verstehst du immer noch nicht, Junge!?“ Fast schon wütend drückt Lérelion Cyrsad die Klinge gegen den Hals. „Ich habe nichts mehr wohin ich fliehen könnte! Nichts…gar nichts….“ Der Glanz der noch vorhin in Lérelions Augen gefunkelt hat, macht wieder einer ausdrucklosen Leere Platz. „Seit…seit endlos vielen Zwölfmonden werde ich von euch gefangen gehalten. Ich bin zu einer Marionette geworden, einer hohlen Marionette, die kämpft, weil es das einzige ist, was mir für ein paar armselige Augenblicke Ablenkung verschafft. Die Aufregung, der Kampf, durch sie kann ich all das hier... die Höhlen, eure widerwärtige Kultur, eure Herablassung, eure Ignoranz ertragen. Freiheit… das ich nicht lache. Ja, es gab Zeiten da habe ich davon geträumt, doch diese Zeiten sind schon lang vorbei! Selbst wenn ich zurück kehren könnte… in mein schon lange totes Leben… als Ehemann, als ….“ Der Shida‘ ya schüttelt heftig mit dem Kopf. „Nein, nein! Das haben sie nicht verdient, verstehst du… sie glauben ich bin tot und das ist gut so. Der Mann, der ich vor lang vergessener Zeit einmal war, existiert nicht mehr. Er ist schon vor vielen Jahren hier in eurer verfluchten Stadt durch die Hände von des großen Ha'ar Chyazal gestorben!“
Wieder stößt der Sklave dieses leise, meckernde Kichern aus.
„Ist das nicht wundervoll ironisch? Du bist von einem Toten besiegt worden, Cyrsad.“Der Gesichtsausdruck des Elben verzerrt sich zu einer traurigen Fratze, die so gar nicht zu dem beschwingten Tonfall seiner Stimme passen will.

Das Gerede des Sklaven ergibt in Cyrsad Kopf einfach keinen Sinn. Aber vielleicht muss es das auch gar nicht. Lérelion hat ihn besiegt. Nach den Regeln der Bluttaufe und Traditionen, die bisher her alles für den jungen Shebaruc bedeutet haben, hat er heute versagt und damit jeglichen Anspruch verloren, mehr zu sein, als dieser verrückte Nelschar, der mit seinen toten Augen auf ihn herabblickt. Seine Gedanken driften ab und sie wandern zu seiner Familie, zu seiner Mutter, die noch vor ein paar Tagen so zuversichtlich und voller Stolz angesehen hat. Er wird ihre Nähe vermissen, die Umarmungen, ihre Finger in seinem Haar, wenn sie sich wie jeden Abend auf dem großen Balkon des Familiensitzes der Seryvxen zum Essen treffen und sein Herz durchflutet die bittere Erkenntnis, dass er vermutlich sie, seinen Onkel und all seine Verwandten, ja sogar seinen unbekannten Vater nie wieder sehen wird. Cyrsad überraschen die heftigen Gefühle, die er so plötzlich für seine Familie aufbringt, aber vielleicht ist das einfach so, dass man Dinge, die man zu verlieren droht, in einem ganz anderen Licht sieht.
„Hey, Cyrsad, hörst du mir eigentlich zu?“ Die scharfe Klinge des Shida‘ ya bohrt sich zwischen seine Augenbrauen und hinterlässt einen kleinen Schnitt. „Bemitleiden kannst du dich ein anderes mal. Jetzt steh auf! Na los, mach schon…“
Lérelions Beleidigung entlockt dem Jungen ein leises Knurren. Er mag besiegt worden sein, ja und es mag für ihn nur noch wenig Hoffnung geben, aber trotzdem wecken die respektlosen Worte des Nelschars wie aus alter Gewohnheit Cyrsads Lebensgeister.
„Hüte deine Zunge!“, zischt er dem Elben entgegen, während er sich langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht aufrichtet. Seine Finger gleiten vorsichtig über seine verletzte Seite. Der Stoff der Tunika ist Blut durchdrängt und warm und selbst der sanfte Druck seiner vorsichtig tastenden Finger, lasst den Blutelben vor Schmerz auf keuchen.
„Du wirst daran schon nicht sterben, Kleiner! Keine Sorge!“ Der Shida’ya grinst den jungen Shebrauc herablassend an und richtet erneut seine Klinge an seine Brust. „Dafür werde ich schon Sorgen! Denn jetzt ist meine und deine Zeit gekommen. Gemeinsam werden wir unserm guten und großartigen Ha'ar Chyazal einen Strich durch seine Pläne machen! Das wird großartig...“

Titel: Re: Sachxaolorn, die Höhlen der Prüfung
Beitrag von Cyrsad am 02. Jan. 2011, 10:34 Uhr
Einmal mehr durchzuckt Cyrsad die Erkenntnis das Lérelion eindeutig ein paar Kämpfe zu viel im Rim hinter sich gebracht hat und dabei einen guten Teil seines Verstandes verloren haben muss. Ansonsten lässt sich das seltsame Verhalten des Sklaven nicht erklären. Andauert faselt er etwas von Aufgaben, die sie gemeinsam zu lösen hätten. So etwas Abstruses hat Cyrsad in seinem bekannter weise noch recht jungen Leben noch nie gehört. Ob er will oder nicht, der dreckige Nelschar irritiert ihn.
„Also….“, beginnt Cyrsad langsam, „Was hast du nun vor, da du ja nicht an Chyazals Geschenk der Freiheit glaubst, du nicht fliehen willst und auch nicht planst, mich zu töten?“
Lérelion begegnet Cyrsads Frage mit einem belustigten Lächeln.
„Das gefällt mir. Langsam kommen wir beide zur Sache!“
Aus den Augenwinkeln nimmt der junge Shebarurc seine Joryl war. Sie liegt noch immer gute drei Schritte von ihm entfernt auf dem Höhlenboden. Jedoch können drei Schritte eine lange Distanz sein, besonders wenn man sich fühlt, als wäre man von einem Schwert in zwei blutige Hälften geteilt worden.
„Du wirst deine Waffe schon bald wieder in deinen Händen halten, Junge“, reißt ihn der Rimsklave aus seinen Gedanken. Den geschulten Augen des Kämpfers ist Cyrsads flüchtiger Blick auf seine Waffe am Boden nicht entgangen. „Denn schließlich habe ich dir heute eine besondere Aufgabe zu gedacht.“
„Achja?...“, Cyrsad versucht seiner Stimme einen gelangweilten und teilnahmslosen Klang zu verleihen. Lérelion muss schließlich nicht wissen, wie es innerlich in ihm brodelt und ein explosives Gemisch aus Wut, Resignation, Verzweiflung und Hoffnung wie Flutwellen seinen Kopf durcheinanderbringen.
„Ich habe es satt, Chyazals Mordwerkszeug zu sein. Aber bevor ich aus dieser Welt abtrete und den Weg in meine Freiheit antrete, will ich ihm ein Andenken von mir hinterlassen.“ Die Augenbrauen des Shida’ya ziehen sich zusammen. „Und du wirst mir dabei helfen! Indem ich dich am Leben lasse und dir Ruhm und Ehre durch deinen Sieg gegen einen der größten Rimsklaven, den diese Stadt je gesehen hat, schenke….“
„Ich verstehe nicht…Was redest du da. Du hast mich besiegt. Meine Bluttaufe ist gescheitert…ich…“
„Ha….das glaubst du! Aber warum meinst du, habe ich mir die Mühe gemacht und dich am Leben gelassen. Nur um mit dir an diesem lauschigen Platz ein geselliges Schwätzchen zu halten? So ein eloquenter Gesprächspartnern bist du nun wieder auch nicht, mein Junge!“ Lérelions Mund entfährt ein grimmiges Lachen. „Chyazal wir vor Wut toben, wenn erfährt, dass du immer noch am Leben bist. Schlimmer dein Sieg wird sich wie ein Lauffeuer durch die Tiefen Dror Elymhs verbreiten. Du wirst eine Berühmtheit werden und Chyazal, der große Ha‘ar kann nichts dagegen tun. Nein, noch besser, er hat dir selber zu deinem glorreichen Ruhm verholfen, in dem er MICH zu deinem Melyr gemacht hat. Chyazal wird noch lange an meinen Gruß an ihn denken.“ Der Elb verzieht seine Lippen zu einem düsteren Lächeln. „Und auch du, Junge, wirst mich nicht vergessen. Mich, den Sklaven, der dich besiegte und dir trotzdem dein Leben schenkte und dafür nur eins verlangte, nämlich seine Freiheit!“
„Du bist nicht nur verrückt sondern auch dumm, Nelschar! Ich kann dir deine Freiheit nicht geben, das kann nur dein Herr, Chyazal.“
„Oh doch das kannst du…“ Die leblosen Augen des hochgewachsenen Shida’ya ruhen auf dem jungen Shebaruc, als er langsam seine Waffen sinken lässt. Mit einem lauten metallischen Scheppern, landet das Schwert auf dem Höhlenboden. „Denn DU wirst mich töten!“

Stille macht sich zwischen den Beiden breit. Ein junger Blutelb und ein Hochelb, der schon fast ein Jahrhundert lang als Sklave seinen Todfeinden dienen musste, blicken sich in die Augen. Cyrsad kann nicht in Worte fassen, was ihm in diesem Augenblick durch den Kopf geht. Die Worte seines Melyrs hallen in seinem Kopf nach, ohne einen Sinn zu ergeben. Schande, Scham und die bittere Erkenntnis des Versagens haben sich tief in Cyrsads Herz gefressen und wollen so überhaupt nicht zu dem Anblick des bleichen Elben in alter schartiger Lederrüstung passen, dessen Waffen nun am Boden liegen und der ruhig und mit einem für Cyrsad nicht deutbaren Lächeln auf seine Knie sinkt. Der Mund des jungen Shebaruc fühlt sich trocken an, als hätte er plötzlich eine Handvoll Sand geschluckt.
„Nun, Cyrsad, töten gehört doch zu deiner Spezialdisziplin. Für einen Jungen in deinem Alter warst du gar nicht so schlecht. Der Kampf gegen dich hat mir Freude bereitet. Doch nun ist die Zeit gekommen, erfülle deine dir zugedachte Aufgabe!“
Noch immer steht der rothaarige Junge wie angewurzelt da. Er will etwas sagen, doch seine Zunge versagt ihm ihren Dienst, Sie liegt dick und schwer in seinem ausgetrockneten Mund.
„Sehe ich da so etwas wie ein Gewissen in deinem Gesicht spiegeln, hm? Kann das sein, Cyrsad, das ein Shebaruc, wenn es um das Morden geht, plötzlich kalte Füße bekommt? Vielleicht bist du doch noch nicht soweit und nicht Manns genug jemanden zu töten, wenn er dir in die Augen sieht? Vielleicht bist du ja doch noch ein kleines Kind und nicht Wert ein vollwertiger Shebaruc zu sein….“
Cyrsads Hände verkrampfen sich zu Fäusten. An Lérelions zufriedenem und überheblich grinsendem Gesicht erkennt der Junge sehr wohl, das die Worte des Sklaven in reizen, ihn wütend machen sollen, doch trotz dieses Wissens schafft es Cyrsad diesmal nicht sich zu zügeln. Zu viel hat sich in den letzten Stunden in den Höhlen von Sachxaolorn, den Höhlen der Prüfung, ereignet, als das der Junge sich noch annähernd unter Kontrolle hätte. Der Frust, die Schmerzen gemischt mit Lérelions spöttischen Worten erfüllen ihren Dienst und treiben den Jungen vorwärts. Mit einem stolpernden Sprung, der nur noch im Entferntes etwas mit der Eleganz, mit der sich der Junge am Beginn des Kampfes fortbewegt hat, gemein hat, überwindet Cyrsad die Distanz zwischen sich und seiner Joryl. Ein furchtbarer Schmerz durchzieht seine verletzte Seite, als er sich abrollt und mit blutigen Fingern nach seiner Waffe greift. Einen Augenblick droht ihm schwarz vor Augen zu werden. Was dann folgt ist der Ablauf durch viele Stunden mühsamen Übens einstudierter Handlungen. Im Nachhinein kann Cyrsad nicht mehr den Hergang der Ereignisse rekonstruieren. Sein Geist übernimmt erst wieder die Kontrolle über seinen Körper, als er über den am Boden liegenden Körper des Sklaven kniet. Die Joryl fest um dessen Hals gezogen, so dass seine Finger anfangen zu schmerzen. Die Trockenheit, die vor noch ein paar Momenten seinen Mund ausgedörrt hat, macht einer Flut von Feuchtigkeit Platz. Seine Hände beginnen zu schwitzen und dem Jungen wird gleichzeitig heiß und kalt. Seine nachtschwarzen Augen sind auf den blutenden Hals des Sklaven gerichtet und können sich einfach nicht von dem rotem Striemen lösen, der sich in die Haut gefressen hat
Verdammt! Habe ich den Kerl jetzt getötet?
Hastig lösen sich seine nassen Finger von den Griffen der Waffe und lockern den tief ins Fleisch gebohrten Draht am Hals des Shida’yas. Das Blut des Jungen vermischt sich mit dem Blut des Sklaven. Beide haben dieselbe Farbe und fühlen sich warm und feucht an. Er drückt seine Finger gegen die Halsschlagader und sucht tastend nach einem Herzschlag des Hochelben. Um nach dem erlösenden Geräusch des Atmens des Sklaven zu suchen, hält er selber die Luft an.
Nichts…
„Verdammt, du bist so ein Idiot, Cyrsad!“
Immer noch nichts…
Halt! Da ein schwaches Pochen, was dem flatternden Flügelschlag eines Kolibris ähnelt. Erst jetzt atmet der rothaarige Junge, dem die kurzen Haare an seinem schweißnassen Gesicht kleben, wieder aus. Er ist am Leben. Noch nie war er so froh über den holprigen Schlag eines Herzens gewesen.

Es vergeh eine gefühlte Ewigkeit. Mühsam und unter Aufbringung all seiner Kräfte schleppt Cyrsad den ohnmächtigen Rimsklaven durch die beleuchteten Gänge. Der Weg kommt ihn weit, so unendlich weit vor. Immer wieder stützt er sich an den glattpolierten Höhlenwänden ab, um ein wenig zu Atmen zu kommen.
Als er endlich den Ausgang der Höhle erreicht, kann er sich kaum mehr auf den Beinen halten. Im Schatten der flackernden Fackeln erkennt er zwei Schatten, die dort auf ihn warten, sein Begleiter und Xrecyltres, sein Vater. Sein Vater hat die Arme vor seiner Brust verschränkt und selbst im schummrigen Licht der Fackeln erkennt er, das helle Aufblitzen seiner Zähne, als er seine Lippen zu einem anerkennenden Lächeln verzieht. Er ist stolz auf seinen Sohn. Einen Stolz, den Cyrsad wohl nie empfinden wird. In seinem Herzen hat sich der widerliche Geschmack des Versagens eingebrannt und will ihn einfach nicht loslassen. Der reglose Körper Lérelions trägt nicht gerade dazu bei, irgendein Hochgefühl in Cyrsad auf kommen zu lassen.
Und doch gilt es ab jetzt, seine Rolle gut zu spielen, Auch wenn ihm alles andere als nach Feierlichkeiten zu Mute ist, hat er seine Pflicht zu erfüllen. Er muss den siegreichen vor Selbstüberschätzung und Stolz nur so überquellenden Sohn spielen. Schauspielerei ist dem Jungen Shebaruc bisher noch nie schwergefallen, doch es gibt immer ein erstes Mal.
Aus dem bleichen Gesicht verschwinden Schmerz und Bitterkeit und machen einem hochmütigen Lächeln Platz. Seine nach vorne gesunken Schultern wandern nach hinten. Mit aufrechtem und stolzem Gang tritt der Junge dem Erwachsensein entgegen

--> Dror Elymh - Die Mondsteintiefe (http://forum.weltenstadt.de/?board=reisen;action=display;num=1286915277)



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