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Das Rollenspiel >> Reisen und Quests durch die Immerlande >> Iôrlana - Eine Winterreise
(Thema begonnen von: Dror am 16. Jan. 2005, 20:16 Uhr)

Titel: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 16. Jan. 2005, 20:16 Uhr
Über den Ildorel


Möwen. Möwen sind in allen Häfen der Immerlande zu Hause. Doch nicht nur an den Küsten, die an das Meer grenzen, welches sich bis zum Rand der Welt zu erstrecken scheint, auch hier am Ildorel, wo das Wasser nicht salzig ist und die Wellen nicht ganz so hoch schlagen, sind sie zu finden, versammeln sich an den Hafenkais und lassen sich auf den Masten der Schiffe über das Wasser tragen.

Auf der Spier des großen Segels, welches die Wappen von Ildala über den Ildorel tragen soll, haben sich zwei Sturmmöwen niedergelassen. Sorgfältig putzen sie ihr weißgraues Gefieder und betrachten die Wasserfläche, auf der Nebelschwaden liegen, um einen Fisch zu finden, welcher an diesem Morgen unvorsichtig genug ist, sich neben dem Rumpf des Schiffes blicken zu lassen. Shenrah hat bereits begonnen langsam am Firnament hinaufzusteigen, doch es würde noch einige Stunden dauern, bis die Schleier von seinen Strahlen beiseite gezogen wurden, um weit über den Ildorel blicken zu können.

Doch ebenso müde, wie die Strahlen der Sonne durch das Grau schimmern, scheinen auch die Fische noch in den Tiefen des Ildorels zu schlummern. Deshalb verlassen die beiden Vögel schliesslich ihren Sitzplatz und stoßen enttäuschte Schreie aus, während sie sich vom Schiff entfernen und im weißen Nichts verschwinden, das die Wappen von Ildala einhüllt, um zum Hafen der Weltenstadt zurückzukehren, welcher reichere Beute verspricht.

Das Krächzen der Möwen dringt auch in eine Kajüte am Bug des Schiffes, in der ein Frostzwerg aus seinem unruhigen Schlummer erwacht. Er schlägt die Augen auf und lauscht den ungewohnten Geräuschen, die an sein Ohr dringen. Ein Rauschen, so ähnlich, wie die Stromschnellen eines Flußes ist zu vernehmen, nur dass es hier viel geradliniger und gleichmäßiger klingt. Zuerst glaubt er auch das Knarren von Holz zu hören, doch dann wird ihm klar, dass es sich um die gespannten Taue handeln muss, an denen die Segel des Schiffes festgemacht sind. Wir sind bereits unterwegs, wird ihm bewußt und als er aufsteht, bemerkt er auch, dass das Schiff nun wesentlich stärker schwankt, als noch am Tag zuvor. Dror stützt sich an der Wand ab, um zur Tür zu gelangen und öffnet diese.

Auf dem Hauptdeck der Wappen von Ildala ist die Mannschaft bereits emsig damit beschäftigt die Anweisungen des Steuermanns umzusetzen, welche er dann und wann, vom Oberdeck des Achterkastells ruft. Sowohl am Bug, als auch am Heck sind in metallenen Schalen Feuer entzündet, um von anderen Schiffen im Nebel rechtzeitig erkannt zu werden. Als der Baumeister über die Reling schaut, stellt er fest, dass nichts mehr vom Kai des Perlenhafens zu sehen ist, zumindest so weit, wie der Nebel ihn blicken läßt.
Der Magen des Baumeisters brummt, als er sich umblickt und die Matrosen bereits bei der Arbeit sieht, deshalb beschliesst er nach der Heilerin zu schauen, um gemeinsam mit ihr das Morgenmahl einzunehmen.
Vorsichtig, sich am Geländer der Treppe festhaltend, welche auf den oberen Teil des Vorderkastells führt, gelangt der Zwerg zur Tür, die in Selkets Quartier führt. "Bei Alvarions Zirkel, wie kann man auf einem solch instabilen Gefährt ernsthaft längere Reisen unternehmen", brummt er mißmutig, als er anklopft, "man hat ja das Gefühl das Laufen völlig verlernt zu haben."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 16. Jan. 2005, 23:56 Uhr
Selkets Trance ist tief und erholsam und, im Gegensatz zum Schlaf der Menschen, vollkommen traumlos. Ihr Körper erholt sich während der nächtlichen Ruhe und sammelt neue Kräfte. Das leichte Schaukeln des Schiffes stört die Elbe nicht weiter, vielmehr empfindet sie es als ausgesprochen angenehm und wohltuend, da es ebenfalls eine sehr beruhigende und entspannende Wirkung auf sie hat. Als sie schließlich wieder aus ihrer Trance erwacht, fühlt sich die Heilerin daher sehr wohl in ihrer Haut und streckt sich, so gut dies eben auf ihrem kärglichen und recht engen Lager möglich ist. Freude steigt in ihr auf und sie kann es kaum erwarten an Deck der Wappen von Idala zu stehen, während das Schiff gen Osten zu segelt. An den Schrei, welchen sie in der vergangenen Nacht vernommen hat, denkt sie nur kurz, jedoch mit Sorge.

Langsam erhebt sie sich und rückt ihre Gewänder zurecht. Noch immer trägt sie, was sie Tags zuvor angelegt hat. Sie nimmt einen kleinen Kamm zur Hand und beginnt ihr Haar etwas zu ordnen, denn in der Nacht haben sich Zopf und Knoten gelöst, so dass die rote Flut nun wild und ungebändigt den Rücken hinab fällt. Als sie schließlich damit fertig ist, zumindest soweit, um sich an Deck zeigen zu können, geht sie zur Tür hinüber, um den Raum zu verlassen. Ich sollte nach Herbstnebel sehen, denkt sie bei sich. Ich sollte mich vergewissern, dass er die erste Nacht an Bord gut überstanden hat. Sie streckt die Hand aus und will nach dem Türknauf greifen.

Genau in diesem Augenblick pocht es gegen das grobe Holz. Überrascht öffnet die Elbe und findet sich Dror gegenüber. „Khel dar, Dror Silberbart“, grüßt Selket höflich. „Ich wünsche Euch einen guten Morgen.“ Lächelnd tritt sie aus der Tür hinaus und gesellt sich zu ihm auf das Vorderkastell des Schiffes. Es ist noch recht früh, der Morgen graut gerade erst und Shenrahs Strahlen dringen nur zögerlich bis zu auf den Ildorel herab. Die Idala hat den Hafen bereits verlassen, wie man am merklicheren Schwanken der Schiffsplanken erkennen kann, denn auch wenn der Perlenhafen noch nicht weiter entfernt ist, so kann man die Kraft der Wellen nun deutlicher spüren als noch in der vergangenen Nacht.  

Den Kai des Hafens kann Selket im Dunst des Morgennebels jedoch kaum noch ausmachen, denn auch ihre elbischen Sinne haben ihre Grenzen. Auf dem Großdeck herrscht bereits emsiges Treiben und dann und wann kann sie Sarbasbos Anweisungen und Befehle vom Achterdeck herüberschallen hören. Nur kurz schaut sie zu ihm hinüber um auszumachen, ob der Kapitän des Schiffes bei ihm ist, wovon auszugehen ist, dann wendet sie sich jedoch wieder zu Dror um, während ihr eine kalte Brise einige Haarsträhnen aus dem ohnehin nur sehr lose geflochtenen Zopf reißt.

„Hattet Ihr eine gute Nacht?“, erkundigt sie sich freundlich bei ihm. Sie seufzt leise und glücklich. „Bisher bin ich noch nicht oft auf einem Schiff gereist, doch habe ich es immer genossen“, erklärt sie heiter. „Und wie steht es mit Euch?“ Sie sieht den Frostzwerg an und ist sich fast sicher, die Antwort auf ihre Frage bereits in seinem Gesicht ablesen zu können. Im Gegensatz zu ihr scheint es, als würde Dror eher missmutig drein schauen, was der Elbe ein winziges Schmunzeln entlockt. Wie es scheint, sind viele Zwerge tatsächlich so bodenständig, wie man es ihnen immer nachsagt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 18. Jan. 2005, 00:23 Uhr
Ganz im Gegensatz zu Dror scheint die Heilerin bester Laune zu sein, als sie ihre Kajüte verläßt. Als sie ihn fragt, wie seine Nacht gewesen war, antwortet er übellaunig: "Nun, immerhin sind mir schliesslich doch die Augen zugefallen. Meine Träume haben mir allerdings nicht allzuviel Erholung gebracht. Diese ständigen Bewegungen des Schiffes haben mich selbst in meinen Schlaf verfolgt. Wißt ihr, was das für einen Zwerg bedeutet, welcher mit dem harten Fels eines Gebirges unter den Füßen aufgewachsen ist?"
Er erkennt ein amüsiertes Glitzern in ihren Augen und es ist ihm Antwort genug. "Mhmmm", brummt er missmutig und fügt dann hinzu: "Lasst uns am besten etwas Essen gehen, dieses Geschaukel macht mich hungrig."

Als der Baumeister einen vorbeilaufenden Matrosen fragt, wo sich auf dem Schiff die Küche befindet, antwortet dieser erst nach einem Zögern: "Die Kombüse befindet sich auf dem ersten Unterdeck." Er zeigt zu der großen Ladeluke, welche nur wenige Schritte entfernt ist und fügt hinzu: "Dort könnt ihr hinabsteigen."
Der Frostzwerg ist froh, dass es nicht weit bis zu der Leiter ist, welche in den oberen Laderaum führt. Schnell ist er hinabgestiegen und hat, als er den Fuss auf das Unterdeck setzt, sogleich das Gefühl, weit weniger dem Schwanken der Wappen von Ildala ausgesetzt zu sein.
Seine Stimmung bessert sich zusätzlich, da ihm nun auch der typische Geruch in die Nase steigt, welcher von einer Kochstelle ausgeht. Sie treten auf die Kombüse zu und sehen einen kleinen fülligen Mann, dessen Gesicht bereits jetzt am Beginn des Tages von der Wärme des Herdfeuers gerötet ist. Der Raum, in welchem er arbeitet, scheint viel zu klein für all die Töpfe, Pfännen und Schüsseln zu sein, welche hier zu finden sind. Zwischen allerlei Messern, Löffeln, Quirlen und Kellen verschiedener Größe, die von der Decke hängen, sowie den zahlreichen getrocknen Kräutern und Gewürzen, huscht er hin- und her, ständig auf der Suche nach irgendeinem Utensil, welches ihm gerade nicht in die Hände zu gelangen scheint, während er laut schimpfend sicher ist, es beim Beladen des Schiffes vergessen zu haben.
Als Dror und Selket an ihn herantreten, um nach ihrem Morgenmahl zu fragen, hebt er den Kopf und schaut sich überrascht um, während seine Hände noch immer in einer der Schubladen verschwunden sind, in denen er gerade gewühlt hat. "Einen Moment", antwortet er und ruft lauft "Hey, Skiv, wo steckst du?"

Auf der anderen Seite des Laderaums erscheint plötzlich ein Junge mit strubbeligen schwarzen Haaren und einer viel zu großen weißen Schürze, die ihm umgebunden ist. "Was gibt es, Smutje?", ruft er zurück, während er noch einen halbgeschälten Apfel in den Händen hält.
"Na, gib den Herrschaften ihr Frühstück", antwortet der Koch und zeigt dabei auf den Zwerg und die Elbe.
"Sofort", antwortet der Junge, verschwindet nocheinmal kurz hinter der hölzernen Wand, um dann mit leeren Händen zurückzukehren und den Laderaum zu durchqueren.

In einer Ecke der Kombüse, welche nicht von der hektischen Betriebsamkeit betroffen ist, die der Smutje bereits wieder aufgenommen hat, nimmt er zwei Schüsseln, wischt sie kurz mit dem Ärmel seines Hemdes aus und füllt sie dann mit einem weißen Brei, welchen er aus einem großen Topf hievt. Fast ist Dror versucht, dem Jungen zur Hand zu gehen, als dieser mit der für ihn viel zu großen Kelle ihr Essen in die Schüsseln verteilt, doch bemerkt er rechtzeitig die gewandten Bewegungen des Kleinen, die zeigen, dass er die schwere Arbeit gewohnt ist.
Schliesslich überreicht der Junge Selket und Dror ihre Schüsseln und gibt ihnen dazu noch einen Löffel, sowie einen großen Becher, welcher ein dünnes Bier enthält.
Der Baumeister zögert einen Moment, wohin er sich nun mit dem Essen begeben soll, als ihm Skiv auch schon zeigt: "Die Messe befindet sich dort hinten", und selbst voraus geht, um sich wieder seiner Arbeit zu widmen.

Die Messe besitzt vier Tischen mit jeweils zwei Bänken, welche alle am Deck festgemacht sind. Dror und Selket setzen sich und als der Zwerg hungrig die ersten Löffel seines Breis verschlingt, stellt er fest, dass dieser doch besser schmeckt, als es, seinem Aussehen nach, den Anschein hat. In dem dicken Milchbrei sind sowohl Apfelstückchen, eingelegte Pflaumen, als auch Hafer versteckt. Mit wachsendem Appetit isst der Baumeister sein Morgenmahl, während er ab und zu einen Schluck von dem Bier nimmt. Zwischen den einzelnen Löffeln sagt er schliesslich: "Ich glaube, wir werden heute gutes Wetter haben. Bei soviel Nebel am Morgen verspricht es ein kalter klarer Tag zu werden, sobald Shenrah den Zenit erreicht hat. Ich nehme an, deshalb sind wir auch so zeitig aufgebrochen. Habt ihr bemerkt, wann wir den Hafen verliessen?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 19. Jan. 2005, 11:02 Uhr
Selket scheint es so, als habe sie ihre Intuition, Drors Stimmung betreffend, nicht getäuscht, den die Stimme des Frostzwerg klingt in der Tat recht brummig und missmutig, als er zu sprechen beginnt. Ein verstohlenes Lächeln huscht über das Gesicht der Elbe, doch lässt sie sich sonst nichts weiter anmerken und sagt auch nichts. Stattdessen stimmt sie dem Vorschlag des Zwerges zu, sich unter Deck zu begeben, um etwas zu frühstücken. Denn gewiss war es keine schlechte Idee, erst einmal etwas Anständiges in den Magen zu bekommen.

Gemeinsam begeben sie sich also hinab auf das Unterdeck, wobei die hochgewachsene Elbenfrau sehr sorgsam darauf achtet, nirgendwo anzustoßen, da die unteren Räumlichkeiten nicht unbedingt über hohe Zimmerdecken verfügen, so dass sie sehr darauf achten muss, nicht mit ihrem Kopf gegen den einen oder anderen hervorspringenden Balken zu stoßen. Als sie dann auch noch mit einer Schüssel in der einen und einem Krug in der anderen Hand den Weg zur Messe finden muss, kostet es die Elbe doch einige Selbstbeherrschung sicher bis zu ihrem Ziel zu gelangen.

Daher atmet sie auch sehr erleichtert auf, als Dror und sie endlich an einem der vier Tische Platz genommen haben. „Guten Appetit“, wünscht sie dem Frostzwerg, als sich dieser mit sichtlichem Hunger über Brei auf seinem Teller hermacht und greift ebenfalls nach ihrem Löffel. Versuchsweise kostet sie das einfache, aber durchaus nahrhafte Mahl. Der Milchbrei ist mit Hafer, Pflaumen und Apfelstücken versehen und schmeckt deutlich besser, als er aussieht, daher leert sie ihre Schüssel auch relativ schnell.

Der dickflüssige Brei ist zudem äußerst sättigend, so dass die Elbe, nachdem sie ihr Mahl beendet hat, auch keinerlei Hunger mehr verspürt. Sie legt den Löffel aus der Hand und betrachtet stattdessen nachdenklich den Bierkrug vor sich auf dem Tisch. Schließlich greift sie danach und nimmt einen Schluck, auch wenn sie sich der Tatsache bewusst ist, dass es vermutlich besser für sie wäre, wenn sie etwas anderes trinken würde. Allerdings kann sie hier an Bord der Ildala schlecht allzu wählerisch sein, weshalb sie sich in ihr Schicksal fügt.

Nachdenklich setzt sie den Krug wieder ab. Das Bier ist wässrig und nicht gerade nach dem Geschmack der Heilerin, aber immerhin besser als gar nichts. Die Elbe blickt Dror über den Tisch hinweg an und nickt. „Ja, Ihr habt vermutlich Recht, was den heutigen Tag angeht. Zumindest wollen wir es hoffen. Wann genau wir den Hafen verließen, kann ich Euch jedoch nicht sagen. Allem Anschein nach, dürfte die Wappen von Ildala jedoch das erste Schiff gewesen sein, dass den Perlenhafen heute verlassen hat.“ Abermals hebt sie den Krug an die Lippen und nimmt einen winzigen Schluck, wobei sich ihre Lippen kaum merklich kräuseln.

Als sie das Gefäß wieder abgesetzt hat, meint sie: „Was denkt Ihr, wäre es möglich, dass Ihr mich mit dem Kapitän bekannt macht?“ Freundlich fragend sieht sie den Frostzwerg an. „Ich würde den Mann gerne kennen lernen, dem wir uns hier für mehrere Tage Überfahrt anvertraut haben.“ Sie lächelt Dror über den Tisch hinweg leichthin entgegen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 19. Jan. 2005, 21:43 Uhr
"Ich habe ihn gestern auch zum ersten Mal gesehen", glaubt Dror der Elbe erklären zu müssen, bevor er seine Schüssel vollständig leert, "aber ich hatte das Gefühl, dass er sehr willensstark ist und Durchsetzungsvermögen besitzt, wie man es von jemandem erwartet, der eine solche Gruppe Menschen führen muss. Er erscheint mir noch sehr jung zu sein, für seine Position, selbst für einen Menschen, doch Sarbasbo begegnet ihm mit viel Respekt, obwohl er wesentlich älter ist." Peleg muss sich anscheinend schon einige Verdienste erworben haben, wenn er von dem erfahreneren Steuermann akzeptiert wird, denkt sich der Baumeister, es würde mich interessieren, was genau er gemacht hat. Ich habe bisher angenommen, dass der Ildorel, zumindest gegenüber den Meeren, ein recht ruhiges Gewässer ist, so dass kaum Platz für Heldentaten bleibt.
Der Frostzwerg leert seinen Bierkrug. Dabei bemerkt er, dass Selket ihr Trinkgefäß nur wenig geleert hat. "Bier scheint nicht zu euren bevorzugten Getränken zu gehören", stellt er deswegen mit einem Lächeln fest, "oder ist es nur die frühe Stunde, welche euch so zaghaft davon trinken läßt?"

Da beide ihr Mahl beendet haben, steht der Baumeister schliesslich auf und schlägt vor: "Dann laßt uns am besten gleich den Kapitän aufsuchen. Als wir gestern so unfreundlich von der Mannschaft empfangen wurden, habe ich mich schon gefragt, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn ihr mich gleich zu ihm begleitet hättet."
Die Elbe und der Zwerg durchqueren den Laderaum, um über die Leiter wieder auf das Hauptdeck zu gelangen. Als Dror seinen Fuß von der Leiter auf die Planken setzt, spürt er für einen Moment einen ziehenden Schmerz am Rücken und wartet bis dieser sich wieder gelegt hat, bevor er den zweiten Fuß von den Sprossen der Leiter nimmt. Dann versucht er möglichst schnell zur Reling des Schiffes zu gelangen, um sich festhalten zu können. Einen Blick darüber wagt er jedoch nicht, erinnert das tief unter ihm liegenden Wasser ihn doch an die Baumhäuser, zu welchen er in letzter Zeit häufig hinaufsteigen musste. Ich werde bald mit ihr darüber sprechen müssen, denkt er, während sie zum Heck des Schiffes gehen, dabei war ich in den letzten Tagen doch recht erfolgreich darin, die düsteren Gedanken daran zu verdrängen. Aber ich glaube, da die nächsten Tage auf dem Schiff recht ereignislos werden, werden sie wohl früher oder später zu mir zurückfinden. Er seufzt und wirft nun doch einen Blick auf den Horizont, wo sich ihr Ziel, und damit die Hoffnung auf seine Genesung, befinden soll.

Die Mannschaftsmitglieder der Wappen von Ildala würdigen sie heute keines Blickes, als Selket und Dror an ihnen vorbeilaufen. Anscheinend sind sie vollständig in ihre Arbeit vertieft, doch, wie der Zwerg glaubt, vermeiden sie bewußt den Blickkontakt mit ihren Passagieren. Nun mir soll es recht sein, denkt er sich, als sie das Achterkastell erreichen und die Leiter zum Steuerdeck hinaufsteigen.
Oben angekommen, erkennt der Baumeister Sarbasbo, welcher das Steuer in den Händen hält, sowie den Kapitän, der an der Reling steht und angestrengt in den sich langsam zurückweichenden Nebel blickt. Dror ist sich nicht sicher, wie er mit dem Kapitän umzugehen hat und welcher Floskeln es bedarf, um ihm die Elbe vorzustellen, ist er doch in den Etiketten, welche die wohlhabenderen Menschen pflegen, nicht bewandert.
Deshalb zögert er etwas, bevor er beginnt die Aufmerksamkeit des Pelegs auf sich zu ziehen, indem er sagt: "Entschuldigt, Kapitän Peleg. Wenn ihr einen Moment Zeit habt, würde ich euch gerne meine Begleiterin für diese Überfahrt vorstellen. Ihr Name ist Selket." Unsicher wirft der Frostzwerg einen Blick zu der Heilerin und dann wieder zurück zum Kapitän, während er sich fragt, ob noch mehr von ihm erwartet wird.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 21. Jan. 2005, 18:34 Uhr
Die Elbe hört sich aufmerksam an was Dror über den Kapitän der Ildala zu berichten weiß und macht sich insgeheim ihre eigenen Gedanken dazu. Die Ausführungen des Frostzwerges lassen durchaus auf eine interessante Persönlichkeit schließen, so dass sie sehr gespannt ist, Peleg gegenüberzutreten. Als ihr Gegenüber sie jedoch ganz unvermittelt auf ihre Trinkgewohntheiten anspricht, ist sie einen Moment lang ein wenig irritiert. Dann nickt sie lachend. „In der Tat, Ihr habt Recht, normalerweise kann ich sehr gut auf Bier und vergleichbare Getränke verzichten. Nun, dass ist zumindest einer der Gründe, warum du dich so zierst deinen Krug zu leeren. Sie schüttelt unmerklich den Kopf. Ihre kleinen Probleme gingen niemanden etwas an.

Sie schweigt daher und nachdem sie ihr Frühstück beendet haben, stimmt sie dem Frostzwerg sogleich zu, als er vorschlägt, nun den Kapitän aufzusuchen. Und so durchqueren sie schließlich gemeinsam, nachdem sie sich ihres Geschirrs entledigt haben, den Laderaum und steigen über eine Leiter zurück auf das Hauptdeck der Ildala. Da Selket hinter dem Frostzwerg geht, entgeht ihr dabei keineswegs der eher unsichere Gang ihres Begleiters. Auch scheint Dror sich bewusst von der Reling fern zu halten und nicht allzu oft auf den Ildorel hinauszublicken. Sie selbst stört es nicht weiter, dass der Boden unter ihren Füßen beständigen Schwankungen unterliegt, doch kann sie sich gut vorstellen, dass der erdverbundene, bodenständige Zwerg die stetigen Bewegungen nicht unbedingt als angenehm empfindet.

Die Mannschaft an Bord des Schiffes ist beschäftigt und beachtet die beiden Passagiere nicht weiter. Umgekehrt verhält sich die Elbe genauso. So würdigt sie die hin und her eilenden Matrosen keines einzigen Blickes, sondern genießt stattdessen die herrliche weite Ildorels. Schließlich begibt sich die Heilerin an der Seite des Frostzwerges über eine Leiter hinauf auf das Steuerdeck, wo sie sowohl auf Peleg als auch auf Sarbasbo treffen. Überrascht nimmt die Elbe zur Kenntnis, dass der Kapitän der Wappen von Ildala offenbar deutlich jünger als sein Steuermann ist. Das schwarze, volle Haar wird noch von keiner einzigen Silbersträhne durchzogen und der hochgewachsene Mann wirkt recht kräftig und jung. Während sie den Kapitän so studiert, entgeht ihr daher Drors fragender Blick, nachdem er sie dem Mann vorgestellt hat.

Höflich bietet sie dem Kapitän die Hand zum Gruß an. „Khel Dar“, kommt es ihr höflich über die Lippen, während sie zufrieden feststellt, dass Peleg sich deutlich besser im Griff hat als seine Matrosen und die Narbe in ihrem Gesicht fast gleichmütig zur Kenntnis nimmt. Nun, denkt sie bei sich. Es ist davon auszugehen, dass Sarbasbo ihm bereits berichtet hat, was ihn erwarten würde. Mein Anblick dürfte daher nicht sonderlich überraschend für ihn sein. Gut, dass kann mir nur recht sein. Sie lächelt leicht, als sie sich vorstellt, welche Gerüchte wohl schon auf der Ildala kursieren mögen. Immerhin sieht man es auch heute noch nicht alle Tage, dass Zwerg und Elb gemeinsam reisen. Selket wirft einen kurzen Seitenblick hinüber zu Sarbasbo, bevor sie sich wieder dem Kapitän zuwendet. „Ich hoffe mein Pferd bereit Euren Leuten nicht zu große Probleme“, erklärt sie freundlich. „Es ist, wie soll ich sagen, hin und wieder ein wenig eigen. Wenn es möglich ist, würde ich gerne einmal nach ihm sehen.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 23. Jan. 2005, 23:18 Uhr
Der Kapitän nimmt Selkets Gruß an und schüttelt ihr kurz ihre Hand. Dror ist erleichtert, dass die offensichtliche Abneigung, welche die Mannschaft ihnen gegenüber gezeigt hatte, nicht auch vom Kapitän ausgeht. Lediglich eine gewisse Ungeduld ist ihm anzumerken, so als würden seine beiden Passagiere ihn von seiner Arbeit abhalten, da sein Zeigefinger leicht auf die Reling trommelt. Auf Selkets Frage antwortet er schliesslich: "Es ist nicht das erste Mal, dass wir Pferde an Bord transportieren und er wird nicht mehr oder weniger Arbeit machen, als alle anderen. Morgens und abends bekommen sie ihr Futter und ihre Box wird ein oder zweimal während der Überfahrt neu mit Stroh ausgelegt, wenn der Seegang es erlaubt. Aber wenn ich euch vergewissern wollt, dass alles seine Richtigkeit hat oder euch selbst um seine Versorgung kümmern wollt, nur zu. Euer Hengst befindet sich im unteren Laderaum des Schiffes, in der Mitte des Decks neben dem Mast. Besorgt euch am besten ein Licht, denn es ist dunkel dort unten. Fragt den Smutje, er kann euch eins geben. Doch seid vorsichtig damit, ich denke ihr könnt euch vorstellen, das ein Feuer auf einem Schiff tödlich ist."

Während Peleg erklärt, wo Herbstnebel zu finden ist, stellt der Baumeister fest, dass sie bisher noch nicht darüber gesprochen haben, wie schnell das Schiff den Ildorel überqueren kann. Deshalb stellt er dem Kapitän die Frage, wie lange die Überfahrt dauern wird.
"Ich sagte euch ja bereits gestern", antwortet dieser, "dass es darauf ankommt, ob wir in den nächsten Tagen eher etwas von den Winden aus dem Nordosten oder dem Südwesten zu spüren bekommen. Doch selbst bei bestem Wetter werden wir mindestens vier Tage benötigen, wenn dagegen ein Sturm aufkommt und wir in einem Hafen Unterschlupf suchen müssen, kann es auch mindestens doppelt so lange dauern."
Dror nickt bedächtig, als er die Erklärung des Kapitäns hört. Nun, dass ist immer noch deutlich schneller, als den Weg zu Fuss oder zu Pferd zurückzulegen, vor allem wen man bedenkt, dass man an Land erst weit nach Süden wandern müsste, bevor man den Weg Richtung Westen einschlagen kann.
Der Frostzwerg schaut mit einem fragenden Blick zu der Heilerin, um festzustellen, ob sie noch weitere Fragen an den Kapitän hat, welcher seine beiden Gäste mit einer Miene betrachtet, die nun bereits deutlicher andeutet, dass er zu seiner unterbrochenen Arbeit zurückkehren möchte.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 26. Jan. 2005, 22:32 Uhr
Als Peleg erklärt, dass man an Bord der Wappen von Ildala erfahrung mit dem Transport von Pferden habe, nickt die Elbe, etwas anderes hat sie nach dem vergangenen Abend eigentlich auch nicht angenommen. Dennoch erklärt sie dem Kapitän, dass sie sich in den nächsten Tagen in der Tat lieber selber um Herbstnebels Versorgung kümmern würde. Sie kennt den Starrsinn ihres Hengstes nur zu gut, außerdem ist sie für jede Form der Beschäftig dankbar, zumal sie den jungen Burschen an Bord auch nicht recht zutraut, vernünftig mit dem eigensinnigen Tier klar zu kommen. Diese Gedanken behält sie allerdings für sich und als Peleg anmerkt, sie dass sie sich, wenn sie hinab in den unteren Laderaum steigen sollte, ein Licht mitnehmen müsse, stimmt sie ihm höflich zu, auch wenn dies aufgrund ihrer elbischen Sinne eigentlich nicht notwendig wäre.  

In das Gespräch zwischen Peleg und Dror, welches sich gleich darauf anschließt, mischt sich die Heilerin nicht weiter ein. Sie hört den beiden Männern lediglich schweigend zu. Als sie schließlich dem fragenden Blick des Frostzwerges begegnet, erklärt sie dann aber doch: „Nun, habt dank für Eure freundlichen Auskünfte, Kapitän Peleg.“ Sie lächelt den Mann höflich an, bleibt aber dennoch eher kühl und distanziert. Selket wechselt einen kurzen Blick mit Dror, dann fährt sie fort zu sprechen. „Wir wollen Euch nun nicht länger aufhalten.“ Die Elbe nickt dem Kapitän noch einmal zu und wendet sich dann dem Frostzwerg zu, um gemeinsam mit ihm das Achterdeck zu verlassen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 28. Jan. 2005, 22:16 Uhr
Nachdem sie sich vom Kapitän verabschiedet haben, gehen Selket und Dror nahezu denselben Weg wieder zurück, welchen sie gekommen sind. Der Nebel klart langsam auf, so dass sich die Wasserfläche, welche vom Wind gekräuselt wird, immer weiter in die Ferne erstreckt. Der Frostzwerg bleibt einen Moment an der Reling stehen, um sich die Luft um die Nase wehen zu lassen. "Der Wind weht hier, wie auf den Hochebenen des Nordwalls", stellt er fest, "es fehlt lediglich der Schnee, welcher überall aufgewirbelt wird, wenn Vendis sein Spiel treibt." Er schaut kurz zu Selket auf und sagt dann, während er wieder zum Horizont blickt, mit Begeisterung in der Stimme: "Bei einer dieser Hochebenen befindet sich ein großer tiefer Einschnitt im Gebirge, dessen Felswände mit zahlreichen Löchern übersät sind. Er wird "Das Tal der singenden Winde" genannt und man sagt, Sil selbst habe es für Vendis angefertigt, denn wenn der Wind hindurchweht, klingt es, als würde man vielstimmiger Flötenmusik lauschen." Dror schweigt einen Augenblick und fährt dann fort: "Im Winter, wenn Schnee und Eis über dem Fels liegen und die Öffnungen im Gestein zufrieren, verändert sich der Klang der Töne, so dass man jedesmal, wenn man daran vorbeikommt, andere Melodien vernehmen kann." Dror seufzt und denkt daran, wie lange es zurück liegt, dass er das Tal zum letzten Mal besucht hat und wieder einmal stellt er fest, dass es schon viel zu lange her ist. Schliesslich sagt er zu der Elbe: "Ihr wartet sicher schon darauf nach eurem Hengst zu schauen und ich stehe hier rum, um Geschichten aus dem eisigen Norden zu erzählen. Lasst uns zurück in den Bauch des Schiffes gehen, um nachzusehen, dass alles seine Richtigkeit mit Herbstnebel hat."
Gemeinsam steigen sie zurück auf's Mannschaftsdeck, um sich vom Smutje eine Öllampe geben zu lassen. Dann benutzen sie die nächste Leiter, um ein weiteres Deck hinab in den großen Lagerraum des Schiffes zu gelangen.

Unten angekommen stellt der Baumeister fest, dass tatsächlich nur wenig Tageslicht durch die beiden Frachtluken in den großen Raum gelangt, welcher bis zur Decke mit Waren gefüllt ist, die in jeglicher Verpackung hier zu finden sind. Im Licht der Lampe ist zu erkennen, dass Fässer hier neben Stoffballen aufgestapelt sind, große hölzerne Kisten neben prall gefüllten Getreidesäcken. An vielen Stellen scheinen die verschiedenen Waren völlig vermischt und ohne Ordnung deponiert worden zu sein, wurden sie doch so aufgestellt, dass der Platz des Lagerraums so gut wie möglich ausgenutzt wird und das Frachtgut sich während der Überfahrt nicht verschieben kann.
Ein schmaler Durchgang zwischen Bündeln aus Bienenwachskerzen und Fässern, welche laut Aufschrift Verder Dunkel enthalten, führt zur Mitte des Schiffes, wo der Mast verankert ist. Hier befinden sich die Boxen für die Tiere, welche durch ein etwa ein Schritt hohe Holzumkleidung voneinander abgetrennt sind.
Im Moment scheint Herbstnebel der einzige tierische Gast an Bord des Schiffes zu sein. Dror bleibt in sicherem Abstand von dem Hengst stehen, hat er doch gesehen, wie eigensinnig das Pferd sein kann, als dieses auf das Schiff gebracht wurde, so dass er lieber dessen Reaktion auf einen Fremden nicht noch einmal testen möchte. Ausserdem möchte Selket nicht im Weg stehen, während sie ihren tierischen Gefährten umsorgt. Er sucht sich eine Kiste, welche auf dem Boden des Decks steht, prüft kurz die Stabilität des Holzes, um sich dann darauf niederzulassen und schaut zu, wie die Heilerin ihren tierischen Gefährten umsorgt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 01. Feb. 2005, 15:20 Uhr
Selkets Augen unterziehen den unteren Laderaum einer sorgsamen Prüfung, bevor sie sich ihrem tierischen Gefährten zuwendet. Da bin ich wieder, mein Freund, sendet sie Herbstnebel beschwichtigend, während sie ihm sanft auf den breiten Hals klopft. Der Hengst ist unruhig ob der ungewohnten Umgebung, des Eingesperrt seins und des stetig schwankenden Bodens. Sehr deutlich kann die Elbe seinen Unmut spüren. Das kräftige Tier wirkt ausgesprochen gereizt und ziemlich verärgert, weshalb es unwirsch nach der Elbe schnappt. Doch diese lächelt bloß und sendet dem Hengst lediglich ein paar beschwichtigende Worte. Genug geschmollt jetzt. Abermals klopft sie dem Pferd sanft den Hals, dann macht sie sich daran Herbstnebel zu striegeln und seine Box in Ordnung zu halten.

Dass sie dabei einen recht ungewohnten und möglicherweise auch recht amüsanten Anblick abgeben mag, stört sie nicht weiter. Einer der Burschen an Bord gesellt sich kurz zu ihnen und erklärt, dass sie diese Arbeit nicht tun müsse, doch nachdem Herbstnebel mehrmals grimmig nach ihm gebissen hat, zieht er es doch vor, der Elbe den Umgang und die Pflege des unfreundlichen Tieres zu überlassen. Die Heilerin stimmt indessen sehr leise eine schlichte kleine Weise an, die sie auf ihren Wanderungen von einer Gänsemagd in irgendeinem einsamen Dorf gelernt hat. Die Elbe singt allerdings in der Sprache ihres eigenen Volkes und so klingt das Lied trotz allem vollkommen anders, als der kindliche Gesang der jungen Frau, die Selket die Zeilen einst lehrte.

Erst als die Heilerin mit ihrer Arbeit fertig ist, beendet sie ihren Gesang und wendet sich wieder dem Frostzwerg zu, der stumm auf einer der Holzkisten sitzt, welche sich in einiger Entfernung befinden. Das spärliche Licht, welches ihnen die Öllampe schenkt, zaubert sonderbare Schattenspiele an die Wände des Lagerraumes und hinterlässt auch auf dem Haar der Elbe glänzende Lichtreflexe. Selket verlässt Herbstnebels Box, dann setzt sie sich auf eine schlichte Truhe, die sich nur unweit von der Stelle befindet, an welcher der Frostzwerg Platz genommen hat. Eine Weile herrscht Schweigen in der Dunkelheit und nur das sanfte Schnauben des Hengstes sowie das leise Rascheln von Heu ist zu hören. Auch einige Stimmen dringen gedämpft vom Hauptdeck des Schiffes hinab in die Tiefe.

Hier, in dieser eigenartigen Stille, die doch keine richtige Stille ist, erinnert sich die Heilerin wieder an Drors Worte, an seine Erzählung vom Tal der singenden Winde. Oben an Deck hat sie darauf nichts erwidert, zu plötzlich hat der Frostzwerg das Thema gewechselt und sich mit ihr hinab zu Herbstnebel begeben, doch jetzt kommen ihr die Worte wieder in den Sinn und sie fragt sich unweigerlich, woher der Frostzwerg kommen mag. „Woher stammt Ihr, Dror?“, erkundigt sie sich freundlich. „Direkt vom Nordwall? Dann muss Eure Reise nach Talyra sehr lang gewesen sein?“ Die letzten Worte sind weniger eine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. Selket selber kennt den Nordwall nur aus Berichten, selbst war sie noch nie so weit im Norden unterwegs. Zu kalt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 05. Feb. 2005, 02:26 Uhr
Der Frostzwerg verfolgt, wie die Heilerin beginnt, ihr Reittier zu versorgen. Obwohl er sich dem Hengst bereits im Cerynitis Cerua für einen Moment genähert, fühlt er sich doch in seiner Entscheidung bestätigt, etwas Abstand zu ihm zu halten, denn Herbstnebel scheint ganz und gar nicht erfreut, die nächsten Tage in der Enge des Lagerraums zu verbringen. Doch die Anwesenheit seiner Herrin scheint ihn schliesslich zu beruhigen, so dass er sich und seinen momentanen Wohnplatz pflegen läßt.

Während er Selket bei der Arbeit zuschaut, steigt in dem Baumeister der Wunsch nach einigen kräftigen Zügen aus seiner Pfeife auf und er greift zum Gürtel, um das Krautsäckchen, in welchem sie sich befindet, davon zu lösen. Obwohl er schliesslich einen ledernen Beutel findet, bemerkt er sofort, als er dessen Inhalt fühlt, dass es sich nicht um den erwarteten handelt. Verwundert sucht er noch einmal genauer die an dem Lederriemen befestigten Dinge ab, doch kommt der Beutel mit dem Pfeifenkraut nicht zum Vorschein. Da er sicher ist, ihn mitgenommen zu haben, versucht er noch einmal an den Tag zurück zu denken, als er im Faranden Dariye seine Sachen gepackt hat, um wegen dem Kaminbau mehrere Tage bei Schilama zu übernachten. Er ist sich sicher, damals nach dem Lederbeutel auf dem Tisch in seinem Zimmer gegriffen zu haben, um ihn mitzunehmen, ohne jedoch dessen Inhalt zu überprüfen und jetzt da er feststellt, dass sich die Pfeife nicht an seinem Gürtel befindet, glaubt er sich zu erinnern, dass er sie, wie so oft, am Abend vorher am Kamin liegengelassen und nicht mit hinab in sein Zimmer genommen hat. Bei Sils Schmiedefeuer, habe ich mich wirklich auf diese Reise begeben, ohne eine einzige Unze Pfeifenkraut in der Tasche?, fragt er sich verärgert, obwohl er die Antwort bereits kennt. Er würde wohl mit seinem Wunsch nach dem Rauch einer Pfeife warten müssen, bis sie Vinnar erreichten. Missmutig wendet er sich wieder der Elbe und ihrem Hengst zu, wobei er nun, da er weiß, dass er ihm nicht nachkommen kann, erst recht das Bedürfnis hat, den Pfeifenkopf aus dunklem Holz in den Händen zu halten.

Nachdem Selket ihre Arbeit beendet hat, kommt sie zu dem Frostzwerg herüber und setzt sich ebenfalls auf eine der herumstehenden Kisten. Als das Schweigen länger anhält, überlegt Dror, endlich die Fragen zu stellen, welche ihm eigentlich im Kopf umhergehen, seitdem die Heilerin den Vorschlag gemacht hat, die Reise nach Vinnar und zum Wyrmschwanz zu unternehmen, doch zögert er, die Ruhe die sich im Lagerraum ausgebreitet hat, zu unterbrechen. Schliesslich ist es die Elbe, die eine Frage stellt und mehr über seine Herkunft wissen möchte.
Einen kurzen Moment zögert Dror, die direkte Frage nach seiner Heimat zu beantworten. Du muss darum kein Geheimnis machen, ist ihm aber sogleich klar, schliesslich ist allgemein bekannt, wo die Heimat der Frostzwerge liegt.
"Ja, ich komme aus dem Nordwall-Gebirge", antwortet er schliesslich der Elbe mit derselben Freundlichkeit, welche sie ihm entgegenbringt, "oder besser gesagt aus Kaerthos, dem Heim der Frostzwerge, welches unter den mächtigen Flanken dieses Gebirges liegt. Eine Stadt, welche in ihrer Pracht einzigartig ist." Der Baumeister streicht sich durch den Bart, als er an die mächtigen Mauern denkt, das Saphirheim und die Necricomus, in denen er nun seit Jahrzehnten nicht mehr gewohnt hatte, sondern stattdessen immer mit Kellern in den Behausungen der Menschen Vorlieb nehmen musste. "Doch nicht nur die Stadt selbst, auch die verschneiten Gipfel des Nordwalls sind einzigartig. Man hat das Gefühl, dass alles von Sils kunstfertigen Händen geformt wurde." Er überlegt, ob er noch mehr von der Schönheit des Nordwalls berichten soll, doch da er weiß, dass seine Begeisterung für den kalten Norden nur von wenigen Menschen oder Elben geteilt wird, beläßt er es dabei und fügt hinzu: "Und ihr habt völlig recht, dass es von dort aus ein weiter Weg bis nach Talyra ist, doch bin ich damals auch nicht mit dem Ziel losgezogen, die Weltenstadt zu erreichen. Lange Zeit bin ich lediglich durch Immerfrost gereist und habe mich immer dann ein paar Jahre lang niedergelassen, wenn ich mehr Geld brauchte, um meine Wanderung zu finanzieren. So habe ich schliesslich viel länger für die Reise gebraucht, als der direkte Weg benötigt hätte." Bewußt verschweigt der Frostzwerg den eigentlichen Grund, welcher ihn nach Talyra geführt, die Suche, deren Aussicht auf Erfolg mit jedem Jahr immer weiter sinkt und die er trotzdem nicht einfach aufgeben kann.  Doch es gab kaum jemanden, dem er dieses Geheimnis anvertraut hat, weshalb er versucht das Gespräch auf die Heilerin zu lenken und sie nach ihrer Heimat fragt:
"Wie ist es mit euch? Ihr sagtet ihr seid auch lange auf Reisen gewesen, bevor ihr nach Talyra kamt. Wo habt ihr einst mit eurer Wanderung begonnen?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 06. Feb. 2005, 17:37 Uhr
Selket hört dem Frostzwerg aufmerksam zu. Sie kann die Begeisterung hören, die in seiner Stimme mitschwingt, als er von seiner Heimatstadt Kaerthos berichtet, welche sich unter den mächtigen Bergen des Nordwalls befindet. Die Schilderungen zaubern farbenprächtige Bilder vor das innere Auge der Elbe, doch ist es nicht Kaerthos, welches die Heilerin sieht. Sie seufzt leise. Dror könnte sie verstehen, diesen einen Punkt könnte er sicher verstehen, aber in ihrem Leben gibt es so viele Geheimnisse … Ja, viel zu viele Geheimnisse. Die Heilerin ist froh, dass es im Laderaum des Schiffes trotz des Lichtes der Öllampe so dunkel ist, dass man ihr Gesicht in den Schatten nicht sonderlich gut erkennen kann.

Als Dror die Schönheit des Nordwalls rühmt, sieht sie den Zwerg eine Weile nachdenklich an. Auch seine nachfolgenden Worte wecken in ihr mehr und mehr das Gefühl, dass der Baumeister sehr an seiner Heimat hängt und so stellt sich immer mehr die Frage, weshalb er sie verließ, um schließlich bis nach Talyra zu gelangen. Doch der Frostzwerg deutet lediglich die lange Dauer seiner Reise an und schildert die Gründe, welche dazu geführt haben, bis er letztlich das Gespräch von seiner eigenen Wanderschaft auf die ihre lenkt. Also auch dort Geheimnisse. Überall Geheimnisse. Rohas weites Rund und all seine Bewohner werden von ihren Geheimnissen herumgetrieben, so scheint es mir.

Die Elbe lächelt und schweigt, während sie über die Frage des Frostzwerges nachdenkt, denn sie ist durchaus berechtigt. Vor allem nun, nachdem Dror selbst so viel von sich und seiner Heimat preisgegeben hat, doch vermag Selket darauf aus vielerlei Gründen nicht so offen und ehrlich zu antworten, wie der Zwerg. Sie zögert daher mit einer Antwort, bevor sie endlich zu sprechen beginnt. „Ich glaube, ich erzählte bereits einmal, dass auch ich aus dem Norden komme“, erklärt sie mit leiser, belegter Stimme ohne Dror dabei anzusehen. Wieder schweigt sie einen Moment, bevor sie fort fährt. „Habt Ihr schon einmal von Cap Ardun gehört?“, fragt sie leise, den Blick in die Dunkelheit des Laderaums gerichtet. „Bestimmt. Wer kennt sie nicht, die Stadt, welche an einem weit ins Landesinnere reichenden Fjord gelegen ist, der sie mit der Bucht von Ardun verbindet ...“

Sie wendet den Kopf und sieht den Frostzwerg geradewegs an. Ihr Auge glänzt rotgolden im spärlichen Licht. „Als ich noch ein junges Mädchen war, kaum mehr als ein Kind, befand sich an jener Stelle - vor dem Großen Krieg - schon einmal eine Stadt“, erklärt sie und kann den Schmerz auf ihrem Gesicht nicht mehr völlig verbergen. Die Heilerin spricht ganz bewusst nicht die volle Wahrheit aus, erwähnt nicht, dass die Stadt, von der sie berichtet, damals bereits verlassen war und geschliffen wurde, als ihre erste Wanderung begann. Selket lächelt traurig. „Von jener Stadt aus also, trat ich meine erste Reise an“, flüstert sie schließlich. „Zu jener Zeit noch an der Seite meiner Familie und nicht allein. Doch seither sind viele Jahre vergangen und viele Dinge geschehen.“ Blutiger Krieg, Verfolgung, Versklavung, Verrat.

Diese Gedanken knallen wie Peitschenhiebe in ihrem Kopf, doch von alledem erzählt sie dem Baumeister nichts. Natürlich nicht, denn von all diesen Dingen hat sie noch nie zu irgendeiner Seele gesprochen. Und stattdessen fragt sich die Elbenfrau nun vielmehr, weshalb sie Dror gegenüber überhaupt soviel preisgegeben hat. Weil auch du nicht immer schweigen kannst, Feuerauge, wispert eine sanfte Stimme in ihrem Kopf. Auch du hast eine Heimat, die du liebst, von der du erzählen möchtest ... Traurig führt Selket den Satz der Stimme in Gedanken zu Ende. … von der ich jedoch niemandem erzählen darf! Sie wendet den Blick von Dror ab und starrt wieder in die Dunkelheit. „Ihr seht, auch meine Heimat ist kalt und rau, Dror Silberbart. Vielleicht nicht so kalt und schneegeküsst wie die Eure, aber auch sie besitzt eine Schönheit von eisiger Anmut.“  

Doch ganz abrupt wechselt sie auf einmal das Thema. „Was machen die Veränderungen Eurer Haut?“, erkundigt sie sich geradeheraus und auf einmal ist da wieder nur die sachliche, nüchterne Heilerin, während die erinnerungskranke Elbe mit einem Schlag verschwunden zu sein scheint. „Habt Ihr in der letzten Zeit weitere Auffälligkeiten bemerkt? Habt Ihr Schmerzen? Oder gibt es etwas anderes, was Euch noch aufgefallen ist?“ Fragend sieht sie den Baumeister an, während sie auf seine Antwort wartet.  

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 07. Feb. 2005, 20:25 Uhr
Auch die Heilerin scheint im ersten Moment zu zögern, als sie von ihrer Heimat berichten soll. Der Zwerg erinnert sich, dass sie auch im Grünen Aal, sehr ernst geworden war, als sie kurz von ihrer Vergangenheit berichtet hatte. So ist es auch diesmal und ihr Blick, welcher den dunklen Laderaum in Augenschein nimmt, scheint weit mehr zu sehen, als die Fracht, die hier gestapelt ist.

In der Tat hatte Dror bereits von Ardun gehört, der großen Stadt im Nordosten der Immerlande, schliesslich ist die Handelsmetropole weithin bekannt, doch ist er überrascht von Selket zu hören, dass sie bereits dort gewesen war, bevor die ersten Bewohner diese Stadt errichtet hatten. Vor dem großen Krieg ist sie bereits dort gewesen, wiederholt er in Gedanken und versucht erstaunt zurückzurechnen, wie lange sie bereits auf Rohas Rund weilt.
Im flackernden Licht der Öllampe betrachtet er ihr Gesicht, welches sie ihm jetzt zugewandt hat genauer. Ihr rotes Auge leuchtet ab und zu, wenn der Schein der Flamme darübergleitet und die Konturen ihrer Züge treten durch die dunklen Schatten deutlicher hervor, doch scheint nichts darauf hinzuweisen, wieviele Winter sie bereits gesehen hat. Wie nicht anders zu erwarten, erinnert sich Dror, wann war es denn schon einmal möglich, das Alter eines Elben anhand seines Aussehens zu bestimmen?

Oder bleibt doch etwas zurück?, denkt er, als er Selket wieder betrachtet, während sie darüber berichtet, gemeinsam mit ihrer Familie aufgebrochen zu sein. Für einen kurzen Moment zeigen ihre Züge, welche Dinge in den vielen vergangenen Jahren geschehen sind, ehe sie den Blick wieder durch den Lagerraum schweifen läßt und Schatten ihr Gesicht erneut bedecken.
Kein Wunder, dass die Erinnerung an die Vergangenheit für sie schmerzhaft sein muss, wenn sie bereits das große Blutvergiessen des Vierten Zeitalters miterlebt hat, über welches ich lediglich in den alten Büchern gelesen hab, denkt sich der Frostzwerg.  Vielleicht sollte ich demnächst vermeiden das Thema auf ihre Vergangenheit zu lenken, wenn es in ihr alte Wunden wieder aufreißt. Soll sie selbst entscheiden, wann und ob sie bereit ist etwas davon preiszugeben.
Die Zeit seiner zurückliegenden Jahre kommt ihm plötzlich erstaunlich kurz und ereignislos vor und er fragt sich, ob er nicht zu oft sein eigenes Leid beklagt hat, ohne daran zu denken, dass sein Leben weitaus schlimmer hätte verlaufen können.

Bevor er jedoch diesen Gedanken weiter verfolgen kann, nimmt die Stimme der Heilerin plötzlich wieder einen anderen Ton an und fragt ihn nach seinem Befinden. Im ersten Moment muss er selbst erst einmal überlegen, wann er das letze Mal der Heilerin die Versteinerung seiner Haut gezeigt hatte, dann jedoch beginnt er einfach seine Kleidung auszuziehen, um ihr seinen Rücken zu zeigen. Mittlerweile hat sich die graue Fläche fast vollständig über die linke Seite des Rückens ausgedehnt, kurz über der Hüfte beginnend und kurz unter den Schulterblatt endend.
"Wie ihr seht ist es weiter gewachsen", sagt der Zwerg schliesslich, als er glaubt, es der Heilerin lange genug gezeigt zu haben. "Im Moment spüre ich nur eine Taubheit an dieser Stelle, doch ab und zu, wenn die Muskeln meines Rückens ungünstig bewegt werden, entsteht plötzlich ein stechender Schmerz." Er schweigt einen Moment und fügt dann hinzu: "Solange ich auf der anderen Seite liege, kann ich recht gut schlafen, doch ich frage mich, was passiert, wenn es sich immer weiter ausbreitet. Ihr habt doch die Bücher gelesen. Könnt ihr mir verraten, was das für eine Krankheit sein soll und wie lange es noch so weitergehen wird?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 12. Feb. 2005, 18:25 Uhr
Schweigend betrachtet Die Heilerin den Rücken des Frostzwerges und tastet behutsam an den Rändern der Veränderung entlang, um Dror keine unnötigen Schmerzen zu bereiten. Sorgenfalten bilden sich auf ihrer Stirn. Schneller als ich vermutet hatte. Sie wartet bis der Frostzwerg ausgesprochen und sich wieder angekleidet hat und nutzt die wenigen Augenblicke, um sich eine Antwort auf Drors Fragen zurechtzulegen. Schließlich sieht sie ihn an und beginnt langsam zu sprechen. „Was ich in den Texten gefunden habe, die ich im Haus der Bücher fand, ist sehr sonderbar“, erklärt sie zögernd. Falten haben sich auf ihrer Stirn gebildet.

„Es handelte sich um sehr alte Schriften. Und vieles konnte ich nur mit Hilfe eines Priesters verstehen, der mir verschiedene Passagen übersetze. Merkwürdig ist, dass es sich hauptsächlich um alte Legenden zu handeln scheint. Oftmals waren es nicht mehr als Berichte von Ereignissen, die sich Eurer Volk nicht oder nur schwer erklären konnte“, fährt sie fort zu erzählen. „So unterschiedlich die Texte allerdings sind – teilweise sogar widersprüchlich – eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie schildern das Versteinern der Haut, so wie Ihr es nun erlebt. Einige Schriften berichten, dass die die Veränderung binnen weniger Augenblicke einsetzt, so dass keine Hilfe möglich ist, doch es gibt auch Fälle, wo das Leiden nur sehr langsam und schleichend auftritt.“

Die Elbe schweigt einen Moment. „Es gibt aber noch andere Dinge, auf die ich mir noch keinen rechten Reim machen kann“, erklärt sie schließlich mit gerunzelter Stirn. „Manches macht einfach keinen Sinn, zumindest hat es den Anschein, und dennoch …“ Sie seufzt leise, doch dann lächelt sie. „Aber immerhin, Rätsel über Rätsel, Fragen über Fragen, doch auch Antworten lassen sich finden. Denn es gibt noch etwas, worüber sich zumindest die jüngeren Schriften einig sind: Es gibt eine Möglichkeit der Heilung.“ Die Elbe lächelt. „Und wenn dies wirklich so ist, dann finden wir es auch“, schließt sie aus tiefster Überzeugung.      

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 15. Feb. 2005, 22:14 Uhr
Der Baumeister hört der Heilerin aufmerksam zu, als sie berichtet, was sie in den Texten der talyrischen Bibliothek gefunden hat. Doch seine Hoffnung darauf, klare Antworten zu erhalten, wird enttäuscht. Für einen Moment fragt er sich, ob die Elbe ihm vielleicht nicht alles erzählen will, was sie erfahren hat und deshalb nur vage Andeutungen dazu macht, was mit ihm passiert, doch er kann sich nicht vorstellen, welchen Grund sie dafür haben sollte, schliesslich hat er selbst noch vor wenigen Tagen mit dem sicheren Tod gerechnet, so dass es keinen Grund gibt, vor ihm die schmerzhafte Wahrheit zu verbergen. Oder will sie lediglich diese Reise unternehmen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen und hält mich nur hin?

Dror schüttelt leicht den Kopf, um diesen Gedanken wieder zu vergessen. Nichts hat bisher darauf hingewiesen, dass die Elbe aus einem anderem Grund auf diese Reise mit ihm gegangen ist, als ihm zu helfen. Ganz im Gegenteil, so wie jetzt auch, war sie stets freundlich zu ihm gewesen und hatte versucht ihm Mut zu machen. Bisher hatte er ihrem Urteil vertraut und so würde er es auch in Zukunft halten.

Als die Elbe davon spricht eine Möglichkeit der Heilung zu finden, lächelt er schwach zurück, wobei sein Bart allerdings die Veränderung seiner Mundwinkel verdeckt. Sein eigenes Misstrauen der Heilerin gegenüber, ärgert ihn und er runzelt die Stirn, als er sagt: "Nun, wir müssen wohl warten bis wir Vinnar erreicht haben, um mehr zu erfahren, auch wenn ich zugeben muss, dass es mir schwer fällt einfach hier zu sitzen und darauf zu warten, dass uns dieses Schiff dorthin bringt, ohne es selbst beschleunigen zu können."

Schweigen breitet sich wieder im Lagerraum der Wappen von Ildala aus. Die Bewegungen des Hengstes in seiner Box sind zu hören, das Scharren der Hufe über das Holz, sein leichtes Schnauben, sowie sein Kauen, als er etwas von dem frischen Heu frisst, welches ihm seine Herrin in die Futterraufe gelegt hat, als sie ihn versorgte. Ausserdem bemerkt der Zwerg nun, dass die Geräusche des Wassers, welches am Rumpf des Schiffes vorbeifließt, lauter geworden sind. Erst glaubt er sich getäuscht zu haben, doch dann hat er auch das Gefühl, dass das Schiff stärker schwankt. Ich glaube wir sind mittlerweile schneller unterwegs, folgert er daraus und im ersten Moment will er sich erheben, um zurück auf das Hauptdeck zu gehen und sich dessen mit eigenen Augen zu versichern. Doch er bleibt auf der Kiste sitzen. Die Aussicht darauf, dass sich der Schiffskörper oben noch wesentlich stärker unter seinen Füssen bewegen würde, hält ihn zurück. Vielleicht ist es doch besser noch ein wenig hier zu bleiben, beschliesst er, wenn ich nur meine Pfeife mitgenommen hätte, würde mir das Warten leichter fallen. Der Gedanke daran, etwas Pfeifenkraut zu rauchen, läßt ihn wieder an den Gürtel greifen, wo dieses sich jedoch nicht befindet. Dafür erinnert er sich, welchen ledernen Beutel er stattdessen auf die Reise mitgenommen hat und er löst ihn von dem Lederband.

Wenn er sich schon so dreist in mein Gepäck eingeschlichen hat, will ich ihn wenigstens nicht umsonst mit mir herum tragen, überlegt er sich und legt das Ledersäckchen neben sich auf den Boden. Dann schiebt er eine weitere, in der Nähe stehende, Kiste zwischen sich und die Elbe und holt die Öllampe etwas näher heran, um für mehr Licht zu sorgen.
Schliesslich hebt Dror den Lederbeutel wieder auf, um ihn auf die Kiste zu legen. Als er die Schnur, welche diesen zusammenhält, öffnet, kommen kleine weiße und schwarze Steine zum Vorschein, welche auf der einen Seite gerade und auf der anderen rundgeschliffen sind. Ihre spiegelnde Oberflächen, auf welchen hier und dort graue Adern im hellen und dunklen Stein zum Vorschein kommen, glitzern im Lampenschein, als der Baumeister sie trennt und sie links und rechts neben den Lederbeutel schiebt. Auf dessen Innenseite ist nun ein mit Tinte aufgetragenes Muster zu erkennen, ein gleichmäßiges Gitter aus schwarzen Linien.

"Ich weiß nicht," sagt er vorsichtig, "welche Zeitvertreibe die Elben besitzen, um lange Winternächte zu verbringen. In meiner Heimat jedenfalls misst man sich ab und zu, wenn einem nicht der Sinn nach Ruhmessängen und alten Geschichten steht, in diesem Spiel." Für einen Moment wartet der Zwerg die Reaktion der Heilerin ab und fährt dann fort: "Nun die Regeln sind eigentlich ganz einfach, doch gerade dass macht es so interessant. Ihr müsst euch vorstellen, dass diese Fläche," Dror zeigt dabei auf das schwarze Gitter auf dem Leder, "eine Mine ist, die unter den beiden Spielern aufgeteilt werden soll. Jeder beginnt damit sich eigene Bereiche abzugrenzen, indem er die Steine der eigenen Farbe auf die Gitterpunkte legt und dabei versucht ein möglichst großes Gebiet zu umschliessen. Doch es wird dadurch schwierig, dass die Kontrahenten abwechselnd ihre Steine setzen. Ausserdem muss ein Areal vollständig von den eigenen Steinen umschlossen sein, damit es einem am Ende zuerkannt wird."
Nocheinmal hält der Baumeister kurz inne, um zu sehen, wie Selkets Reaktion ausfällt, doch da sie zumindest nicht offen ihre Abneigung dagegen zeigt, setzt er seine Erklärungen fort: "Es kann auch passieren, dass eigene Steine verloren gehen, wenn sie vollständig von denen der anderen Farbe umschlossen werden. Ausserdem muss man darauf achten, dass..." Er führt die Regeln noch weiter aus, bis er glaubt alles wichtige erwähnt zu haben. Dann schweigt er wieder und fragt schliesslich die Heilerin: "Meint ihr, dass wir es einmal versuchen sollten?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 16. Feb. 2005, 15:53 Uhr
Selket spürt Drors Verstimmung und führt sie darauf zurück, dass ihre vagen Worte und das wenige Wissen, welches sie ihm bieten kann, ihm unerträglich sein müssen. Alles ist so vollkommen ungewiss. Sie selbst fühlt sich irgendwie machtlos und die Untätigkeit behagt ihr nicht. Dem Frostzwerg scheint es ähnlich zu gehen, zumindest lassen seine Worte dies vermuten. Sie nickt nur leicht, was soll sie dem noch großartig hinzufügen? Nun heißt es einfach warten. Warten darauf, dass die Wappen von Ildala endlich Vinnar erreicht und sie die dortige Bibliothek aufsuchen können. Wo wir hoffentlich Antworten finden. Hoffentlich … Schweigend sitzt sie ihrem Reisegefährten gegenüber und bekommt zunächst gar nicht mit, wie er einen Ledersäckchen hervorholt. Erst als Dror beginnt nahe stehende Kiste heranzieht und auch die Öllampe dichter heranholt, verlässt sie ihre Gedankenwelt wieder und sieht dem Frostzwerg zunächst etwas zweifelnd zu, ohne jedoch etwas zu sagen.

Sie sieht zu, wie Dror die Schnur löst, welche den Beutel zusammenhält und so helle und dunkle Steine – Spielsteine? – zu Tage fördert. Auch als er alle Steine geschickt von einander trennt, schaut ihm die Elbe einfach nur zu. Interessiert bemerkt sie, dass offenbar auch das Leder des Beutels noch einem weiteren Zweck dient und so hört sie dem Frostzwerg aufmerksam zu, als er ihr zu erklären beginnt, worum es sich handelt. Sie lächelt, als er kurz schweigt, bevor er fort fährt zu sprechen, erwidert aber nichts auf seine Worte und folgt stattdessen einfach seiner Erklärung der Spielregeln. Das Ziel des Spiels ist einfach und klar, auch gibt es nur wenige Regeln, die man beachten muss und die Elbe ist überrascht, wie wenig für ein spannendes Spiel von Nöten ist. Als Dror seine Ausführungen schließlich beendet hat, mustert sie die Steine noch einen Moment lang, dann hebt sie denn Kopf. „Ja, sehr gerne. Lass es uns versuchen“, meint sie mit einem lächeln auf den Lippen. „Der Spieler mit den schwarzen Steinen beginnt, nicht war?“

Im Laufe der Zeit, stellt die Elbe fest, dass das Spiel komplizierter ist als es scheint und es ihre ganze Konzentration erfordert. Mehr und mehr wird sie auch von einem gewissen Ergeiz erfasst, so dass sie sich zunächst voll und ganz auf das Spiel der Steine einlässt. Auf diese Weise vergehen die Minuten wie im Fluge und Selket ist überrascht wie zeitaufwendig eine einzige Partie sein kann. Dabei stört es sie keinesfalls, dass Dror sich als deutlich überlegener Gegner entpuppt. Eigentlich hatte sie auch nichts anderes erwartet, immerhin hat er ihr in dieser Hinsicht etliche Spiele und deren Erfahrung voraus. Aber es bereitet ihr ungeheure Freude seine Spielzüge zu beobachten, denn nur daraus und aus ihren eigenen Fehlern lernt sie bereits eine ganze Menge. Doch nach und nach verliert sich ihre Konzentration und ihre Gedanken beginnen wieder etwas abzuschweifen, auch wenn sie sich zunächst weiterhin um das Spiel an sich drehen.

Aufteilung einer Mine. Typisch Zwergenvolk, denkt sie und kann sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, doch plötzlich kommt ihr eine Idee. Mine. Einen Augenblick mal … Ihre Gedanken driften mehr und mehr ab, was man ihrem Spiel nun auch immer stärker anmerkt. Minen … die Texte … Stollen … ja, genau … „… das könnte es sein …“ Sie ist von ihrer Entdeckung so überrascht, dass sie gar nicht merkt, wie das sie die letzten Worte laut ausspricht. Erst als sie in Drors Gesicht blickt, wird sie sich dessen bewusst. „Oh, entschuldigt“, meint sie ein wenig verlegen, doch dann fährt sie fast begeistert fort zu sprechen. „Ich bin nicht sicher ob uns das noch weiterhelfen könnte, aber … Hm, nein, am besten beginne ich am Anfang.“ Sie lächelt entschuldigend und legt die Spielsteine, die sie noch in der Hand hält, neben das Spielfeld.

„Wisst Ihr, Anfangs habe ich mir nichts weiter dabei gedacht, als ich die Texte lass, die ich im Haus der Bücher fand. Ich meine, wenn wir beispielsweise über Faune sprechen, dann denken für irgendwie zwangsläufig daran, dass sie sich sehr gut mit Pferden auskennen, ganze Herden hüten. Aus dem selben Grund dachte ich mir daher bisher nichts weiter dabei, dass in sämtlichen Texten, die ich auf der Suche nach Antworten lass, von tiefen Stollen und Minen die Rede war.“ Sie sieht Dror verlegen an. „Entschuldigt, ich hoffe Ihr versteht was ich meine. Irgendwie gehören derlei Dinge einfach zu dem Bild, dass man sofort vor Augen hat, wenn man von Eurem Volk spricht, deshalb …“, die Elbe unterbricht sich kurz, … ich habe einfach nicht weiter darüber nachgedacht, weil ich es für bedeutungslos hielt, doch was, wenn es das nicht ist?“ Fragend sieht sie den Frostzwerg an. „Was ist, wenn die Ursache dieser sonderbaren Krankheit sich nur in den Tiefen unter den Bergen finden lässt?“  

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 19. Feb. 2005, 12:28 Uhr
Dror ist erfreut, dass die Elbe seinen Vorschlag, die Zeit mit einem Spiel zu vertreiben, gut heißt und bald folgt der ersten Partie eine weitere. Natürlich setzt der Heilerin die Steine die ersten Male eher zufällig, ohne die Konsequenzen auf spätere Züge zu beachten, doch scheint sie sich mit Begeisterung dem Spiel zu widmen. Hin- und wieder erklärt ihr der Baumeister, warum er den nächsten Stein gerade auf jene Position setzt oder warum es besser ist, ein anderes Feld auch weiterhin frei zu lassen.

Mit vorschreitender Dauer werden die Spielzüge der Elbe vorsichtiger und sie versucht ihrem Spiel mehr Struktur zu geben. Doch nach einiger Zeit stellt Dror fest, dass sich wieder vermehrt vermeidbare Fehler in ihr Spiel einschleichen. Ausserdem muss er sie nun auch ab und zu daran erinnern, dass es an ihr ist, den nächsten Stein zu setzen, denn obwohl ihre Augen das Spielfeld fixieren, scheinen ihre Gedanken ganz woanders zu sein. Als einmal mehr, nachdem der Frostzwerg einen weiteren Stein auf die lederne Unterlage gelegt hat, ihr ausstehender Zug auf sich warten läßt, ruft sie plötzlich aus: "...das könnte es sein...". Im ersten Moment betrachtet der Baumeister überrascht das Spielfeld, um festzustellen, ob er etwas übersehen oder einen Fehler gemacht hat, doch dann legt die Elbe, nachdem sie den ersten Versuch einer Erklärung abgebrochen hat, die Spielsteine beiseite.

Als die Heilerin ihm nun erzählt, dass sie vielleicht doch etwas übersehen hat, als sie die alten Texte studierte und ihm davon berichtet, dass die Krankheit sich vielleicht nur in tiefen Stollen finden läßt, erinnert er sich an einige Geschichten, die er damals in Kaerthos gehört hat. Er neigt leicht den Kopf und antwortet Selket schliesslich: "Vielleicht habt ihr recht. Wie ich euch bei unserem ersten Treffen bereits erzählte, ziehen sich die ältesten von uns in die Tiefen des Berges zurück, bevor sie sterben. Doch mir fallen nun wieder ein paar Erzählungen über jene ein, die zu weit gegraben haben, als ihnen erlaubt war."

Er macht eine kurze Pause und stellt fest, dass er das wohl noch etwas genauer erklären muss. Deshalb fährt er fort: "Nun, ihr wisst, dass es Sil und seine Archonen gefällt, wenn die Schätze des Berges ans Tageslicht gebracht werden und daraus, durch handwerkliches Geschick, Kunstvolles geschaffen wird. Doch der Weltenschmied achtet auch darauf, dass dies maßvoll geschieht und man verärgert ihn, wenn man versucht in Teile des Felses vorzudringen, welche nicht dafür bestimmt sind, von uns entdeckt zu werden." Dror überlegt kurz, an wieviel er sich noch erinnern kann, von dem, was er damals gehört hat und berichtet dann weiter: "Es gibt Geschichten die davon erzählen, dass in den Minen zu weit gegraben wurde und dass jene, die dort Hacke und Schaufel führten, sofort in Stein verwandelt wurden, als sie weiter vordrangen, als ihnen erlaubt war, doch niemand hat je davon gesprochen, dass es sich dabei um eine Krankheit handeln würde, sondern dass Sils Zorn sie getroffen habe." Der Baumeister überlegte kurz und fügte dann hinzu: "Ausserdem, selbst wenn ihr recht habt... Ich selbst war seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr in einer Mine. Ich habe euch erzählt, dass ich durch Immerfrost gewandert bin und mich unter den Menschen aufgehalten habe und trotzdem scheint es mich befallen zu haben. Wie kann diese Krankheit ihren Weg zu mir gefunden haben, obwohl ich schon lange nicht mehr in der Tiefe eines Berges gewesen bin?"
Dror schaut Selket fragend an. Er ist froh, nun doch etwas ausführlicher mit ihr darüber reden zu können und er hat irgendwie das Gefühl, dass sie mit ihren Vermutungen nicht falsch liegt, doch trotzdem scheint es auch nicht zu dem zu passen, was ihm widerfahren ist.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 22. Feb. 2005, 16:19 Uhr
Schweigend hört Selket dem Frostzwerg zu. Was er berichtet ist ihr nach dem Studium im Haus der Bücher nicht mehr vollkommen fremd, obgleich es für die Welt der Elbe nach wie vor eine völlig andere Gedankenwelt darstellt. Über Sil und seine Archonen hat sie noch nie sonderlich nachgedacht, denn wenn ihr irgendwelche Götter etwas bedeuten, so sind dies in erster Linie Faeyris und Shenrah, vor allem Faeyris. Die Vorstellung, dass das geheimnisvolle Leiden, welches den Zwergen in den Tiefen ihrer Minen auflauert, eine Strafe des Weltenschmiedes ist, hat sie erst beim Studium der alten Texte kennen gelernt und nun auch durch Drors eigene Worte.

Aber die Heilerin kann diese Strafvorstellung unmöglich teilen, zu sehr ist sie von den Lebensweisheiten und Ansichten ihres eigenen Volkes und auch ihres eigenen Verstandes geprägt. Anfangs fühlt sie sich in ihren Überlegungen durch Drors Worte auch bestätigt, doch seine letzten Sätze scheinen all ihre Überlegungen wieder über den Haufen zu werfen. ›Selbst wenn Ihr recht habt... Ich selbst war seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr in einer Mine. Ich habe Euch erzählt, dass ich durch Immerfrost gewandert bin und mich unter den Menschen aufgehalten habe und trotzdem scheint es mich befallen zu haben. Wie kann diese Krankheit ihren Weg zu mir gefunden haben, obwohl ich schon lange nicht mehr in der Tiefe eines Berges gewesen bin?‹

Dror hat Recht. Wenn der Ursprung der Krankheit in den Tiefen der Berge zu suchen ist, wie konnte er dann von ihr befallen werden? Enttäuscht sieht die Elbe den Frostzwerg an. „Ich kann es mir nicht erklären“, murmelt sie nachdenklich. „Aber irgendeine Antwort muss es doch geben.“ Missmutig betrachtet sie das Spielbrett und die darauf ruhenden Steine, während sie versucht irgendwo in ihren Erinnerungen Wissen zu finden, welches ihr vielleicht Erklärungen liefern könnte. So sitzt sie eine ganze Weile da, doch ihr will einfach nichts einfallen. „Verdammt“, verärgert springt sie auf und beginnt unruhig im düsteren Laderaum auf und ab zu laufen. „Es muss doch eine plausible Erklärung dafür geben“, murmelt sie halblaut vor sich hin. Es muss eine Erklärung geben, denkt sie, während sie grimmig an ihrem Weltbild festzuhalten versucht.

Eine plötzliche Empfindung reißt sie unvermittelt aus ihren Gedanken. Ein wenig verwirrt bleibt sie stehen. Ein leises „Oh“ entschlüpft ihren Lippen. Sie setzt sich verblüfft wieder auf die Kiste, auf der sie Dror zuvor schon einmal gegenüber saß. Eher unbewusst legt sie eine Hand dabei schützend auf ihren Bauch, um der ersten, kaum fühlbaren Regung ihres Kindes nachzuspüren. Für einen kurzen Moment verschwindet die Ernsthaftigkeit aus ihrem Gesicht und weicht einem fast verträumten Blick.

Für wenige Momente kreisen ihre Gedanken um andere Dinge und als sie sich wieder Drors Problem zuwendet, scheint die Denkblockade, die sie eben noch geplagt hat, verschwunden zu sein. „Vielleicht, ich weiß nicht …“, beginnt die Elbe, bricht dann ab, sammelt sich und setzt noch einmal neu an. „In der Wüste gibt es Pflanzen, deren Samen manchmal jahrelang im Boden ruhen. Erst wenn sie von einsickerndem Regen berührt werden, beginnen sie zu keimen“, erzählt sie und runzelt nachdenklich die Stirn. „Vielleicht funktioniert es hier so ähnlich. Die Krankheit scheint nur Zwerge zu befallen. Möglicherweise sind die krankheitserregenden Stoffe auf irgendeinem Weg von jemandem aus den Stollen mit ans Tageslicht gebracht worden, dem sie nicht schaden können.“

Selket blickt Dror unverwandt an. „Dann könnten die Krankheitserreger, ebenso wie die Samen der Wüstenpflanzen, von denen ich eben sprach, jahrelang geruht haben, bevor sie durch bestimmte Ereignisse wieder geweckt wurden.“ Die Elbe schweigt einen Moment und blickt einen augenblicklang zu Boden, bevor sie den Kopf wieder hebt. „Ich weiß, dass klingt ziemlich weit hergeholt, aber eine andere Möglichkeit will mir zurzeit einfach nicht einfallen.“ Entschuldigend sieht die Elbe Dror an.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 23. Feb. 2005, 23:05 Uhr
Der Baumeister stellt fest, dass seine Frage anscheinend eine Lücke in den Erläuterungen der Heilerin getroffen hat, die sie selbst nicht zu füllen weiß. Unruhig läuft sie schliesslich auf und ab, als sie nach einer Erklärung sucht. Der Frostzwerg wünscht sich etwas hilfreiches sagen zu können, als die Elbe nach einer Antwort sucht, doch weiß er in solchen Dingen einfach zu wenig Bescheid. Außerdem macht sich langsam Müdigkeit in ihm breit, welche ihn daran hindert eine Lösung des Problems zu finden.

Plötzlich bleibt Selket stehen, geht vorsichtig zurück zu der Kiste, um sich zu setzen und befühlt ihren Bauch. Der Frostzwerg glaubt sich daran erinnern zu können, dass etwas ähnliches bereits früher passiert ist. Er zögert einen Moment, sie nach ihrem Befinden zu fragen, denn ihr Gesichtsausdruck scheint nicht darauf hinzudeuten, dass sie Schmerzen hat. Als er sich schliesslich doch dazu entschliesst, setzt er an, etwas zu sagen, wird aber von der Heilerin unterbrochen, die plötzlich eine Erklärung gefunden zu haben scheint.

Was Selket zu berichten hat, wirkt auf den Baumeister einleuchtend, auch wenn er nicht aufgrund seines eigenen Wissen überprüfen kann, ob es richtig ist. Doch warum sollte eine Pflanze nicht jahrelang irgendwo ruhen, bevor sie weiter wächst, denkt er sich.
"Nun, ich bin mir sicher ihr habt recht", sagt er zu der Elbe, "die Götter haben viele seltsame Dinge geschaffen, warum sollte es also nicht möglich sein, das Mittel ihrer Maßregelung aus den Stollen ans Tageslicht zu bringen und wenn es solche Pflanzen gibt, wären sie genau das Richtige um einen verbotenen Bereich vor dem Betreten zu schützen."
Nach einer kurzen Pause fährt der Zwerg fort: "Das erklärt natürlich immer noch nicht, wer sie hinauf und wie und warum er es zu mir gebracht hat. Doch ich denke, dass sind nicht die Fragen, welche ihr mir beantworten könnt. Vielleicht war es einfach nur eine Lieferung Steine mit denen ich in Berührung gekommen bin, die diese Pflanzen trugen und alles ist ein unglücklicher Zufall."
So recht zufrieden ist Dror mit dieser Erklärung nicht, doch scheint sie ihm zumindest ein wenig das Gefühl zu geben, auf der Suche nach Antworten weitergekommen zu sein. Er schaut auf die Steine, welche auf dem Leder mit dem Gittermuster angeordnet sind und hat das Gefühl, dass das Spiel wohl vorerst vorbei ist. Das flaue Gefühl im Magen, welches er schon seit längerem hat, verstärkt sich nun zu einem Knurren und erinnert ihn daran, dass es längst Zeit ist, der Kombüse wieder einen Besuch abzustatten.

Langsam sammelt der Frostzwerg die Steine zusammen, die auf die Kiste zwischen ihm und der Elbe verteilt sind. Er häuft sie in der Mitte des Lederbeutels, um diesen dann wieder zu zu ziehen und an seinem Gürtel zu befestigen. "Ich denke wir sollten wieder einmal auf das Hauptdeck zurückkehren und vorher noch der Küche einen Besuch abstatten", sagt er dabei freundlich zu Selket gewandt. "Hier unten scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, doch ich habe das Gefühl, dass das Schiff ein ganzes Stück vorangekommen ist, während wir hier gesessen haben. Vielleicht sollten wir einmal schauen, ob es auch die richtige Richtung eingeschlagen hat."
Mit diesen Worten erhebt er sich, um zu der Leiter zu gehen, welche sie ein Deck hinaufführt.

In der Kombüse des Schiffes angekommen, schaut sie der Smutje etwas überrascht an, als sie nach dem Essen fragen, doch schliesslich ruft er den Küchenjungen, damit er ihnen ihre Portionen reicht. Dror ist enttäuscht, als seine Schüssel erneut den weißen Brei enthält, welchen sie bereit zum Morgenmahl erhalten haben, doch da er die Gewohnheiten auf einem Schiff nicht kennt, brummt er lediglich missmutig. Zumindest wird es uns ausreichend sättigen, denkt er sich, als er seine Schüssel zu einem der Tische in der Messe trägt. Er beginnt zu essen und als sich sein Magen wieder füllt, erinnert er sich, dass er im Lagerraum des Schiffes der Elbe noch eine Frage stellen wollte. Jetzt scheint ihm die Zeit dafür günstig zu sein. "Ihr scheint vorhin, mhmm ... Probleme mit eurem Bauch gehabt zu haben", sagt er schliesslich in besorgtem Tonfall, "ihr seid doch nicht etwa ebenfalls von einer Krankheit geplagt?"
Bevor die Elbe antworten kann, fällt ihm aber noch einen andere Möglichkeit ein: "Oder war es nur der Hunger, den ihr, so wie ich auch, verspürt habt?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 24. Feb. 2005, 18:53 Uhr
Die Heilerin nickt bei Drors Worten nur kaum merklich. „Ja, vielleicht ein Zufall …“, murmelt sie kaum hörbar und sieht dem Frostzwerg dabei zu, wie er die Spielsteine vorerst wieder zusammensammelt. Seinem Vorschlag in der Kombüse vorbeizuschauen und etwas zu essen, kann sie nur zustimmen. Auch sie verspürt mittlerweile wieder einen Anflug von Hunger und hat nichts gegen eine kleine Mahlzeit einzuwenden, also folgt sie Dror ein Deck hinauf, nachdem sie sich von Herbstnebel verabschiedet hat. Gemeinsam gehen Zwerg und Elbe hinüber in die Messe, nachdem der Smutje sie abermals mit dem Früchtebrei ausgestattet hat, welchen es bereits am Morgen gab.

Dror kann man die Enttäuschung darüber, dass es nichts anderes zu essen zu geben scheint, deutlich an Gesicht und Stimmung ablesen und auch die Heilerin hätte nichts gegen etwas anderes einzuwenden gehabt, doch kümmert es sie andererseits auch nicht wirklich sonderlich, solange ihr Hunger gestillt wird und das Essen gesund und nahrhaft ist. Sie setzt sich dem Frostzwerg gegenüber an den Tisch und schweigend beginnen sie ihre Mahlzeit und je leerer die Schüssel ihres Begleiters wird, umso mehr steigt auch seine Laune wieder an, was der Elbenfrau ein leichtes Schmunzeln entlockt, dass sie schnell mit einem weiteren Löffel voll Brei zu verbergen sucht.

Drors plötzliche Frage kommt jedoch so vollkommen unerwartet für sie, dass sie sich beinahe verschluckt. Verlegen legt sie den Löffel in ihrer Hand neben ihre nun geleerte Schale. Und die Verlegenheit rötet ihr die sonst so blassen Wangen nun merklich. Es ist ihr etwas unangenehm, dass sie, die ihre Gefühle sonst so selbst beherrscht unter Kontrolle hat, sich nun ständig durch kleine, unbewusste Gesten unfreiwillig zu verraten scheint. Fast wie ein offenes Buch, in dem jeder nach Belieben lesen kann, wenn er nur die Zeichen richtig zu deuten gelernt hat. Die letzte Bemerkung des Frostzwerges zeigt Selket jedoch, dass Kizumu von Tarascon bisher nach wie vor die einzige Person ist, die hinter ihr kleines Geheimnis gekommen ist und so entspannt sie sich wieder.

Entschuldigend lächelt sie Dror über den Tisch hinweg an. „Nein“, erklärt sie freundlich mit einem leichten Lachen in der Stimme. „Entschuldigt bitte, falls ich Euch unbeabsichtigt verwirrt haben sollte. Es ging mir selten so gut wie heute.“ Und das stimmt sogar. Nur ein einziges Mal im Leben warst du ein wenig glücklicher, weil du damals die Angst noch nicht kanntest, die dich heute quält. Doch hier draußen auf dem Ildorel von Talyra, scheint sie fast vergessen. Selket sieht den Frostzwerg freundlich an und bemerkt, dass auch er sein Mahl mittlerweile beendet hat, daher schlägt sie vor: „Wollen wir hinauf gehen? Wir haben die ganze Zeit unter Deck zugebracht. Ich würde gerne wieder den Wind auf meinem Gesicht spüren.“

Langsam erhebt sie sich von ihrem Platz, greift nach Löffel und Schale und begibt sich, nachdem sie die Sachen wieder in der Kombüse abgegeben hat, über eine Treppe hinauf an das Hauptdeck der Wappen von Ildala. Überrascht sieht sie sich um, denn das Licht des hellen Tages empfängt sie. Die Heilerin wechselt einen erstaunten Blick mit Dror. Eine kräftige Brise frischer Seeluft schlägt ihr entgegen und mit ihr auch die Kälte des Winters. Sie schlingt die Arme schützend um den Körper und geht anschließend zur Reling hinüber, während ihr Blick hinaus auf den Ildorel wandert. Das Gefühl von Freiheit, welches sie in diesem Augenblick verspürt ist unbeschreiblich. Selbst die unbestimmte Angst, die sie Tag täglich heimsucht, ist mit einem Mal verschwunden, doch kommen ihr nun plötzlich auch Zweifel. Ob es ein Fehler war, Talyra ohne ein einziges Wort oder eine Erklärung zu verlassen … ?

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 26. Feb. 2005, 16:31 Uhr
Die Tage fliegen dahin, während die Wappen von Ildala dem unsichtbaren Pfad folgt, welcher sie nach Vinnar, der Stadt am östlichen Ende des Ildorel führen wird. Nur selten ist am Horizont die südliche Küste zu sehen, zumeist umgeben das dunkle Blau des Sees und das helle Blau des Himmels das Schiff und wäre da nicht das Rauschen des Wassers unter dem Kiel, welches sich am Heck zu weiten Wellen ausdehnt, könnte man meinen das Schiff würde am gleichen Fleck verharren. Doch Amur ist ihnen wohlgesonnen und treibt mit kräftigen Winden die Fahrt der Wappen von Ildala voran, ohne jedoch Gewitterwolken herbeizubringen, welche einen Sturm entfachen könnten.

Das Leben an Bord folgt Tag für Tag dem gleichen Ablauf und auch Selket und Dror passen sich dieser Gleichförmigkeit an, indem ihr Tagesablauf regelmäßiger wird. Nach dem Frühstück steigen sie hinab in den Lagerraum, damit die Elbe ihren Hengst versorgen kann. Während der Baumeister ihr dabei zuschaut, gibt es immer etwas zu erzählen, kleine Anekdoten aus Talyra oder aus ihrem früheren Leben, welche nicht die düsteren Schatten der Vergangenheit streifen.
Später am Tage sieht man die Elbe und den Zwerg oft über den ledernen Beutel gebeugt, bedächtig Stein für Stein setzen. Nur wenige Worte werden dabei gewechselt und ihre Umgebung scheint für sie vergessen. Sie spielen kaum mehr als eine Partie pro Tag, um nicht wie beim ersten Mal, die ganze Nacht damit zu verbringen, denn schon bald, wenn sie über die Hänge des Wyrmschwanzes wandern, werden die Nächte nur noch wenig erholsamen Schlaf bieten.
Manchmal jedoch sitzen Selket und Dror auch schweigend an der Spitze des Schiffes auf dem Oberdeck, sich stumm den eisigen Wind um die Nase wehen lassend, der ihnen Erinnerungen herbeiträgt, welche die beiden Reisenden in den eigenen Gedanken verlieren läßt.



Die Nächte des Frostzwerg werden mit der Zeit immer unruhiger. Je weiter sich die Erkrankung auf seinem Rücken ausbreitet, desto weniger Schlaf findet er, denn immer wieder lassen ihn seine Bewegungen erwachen, wenn er dabei auf einer versteinerten Stelle zu liegen kommt. Mittlerweile hat er bereits begonnen auf dem Bauch zu ruhen, doch macht es ihm die ungewohnte Position nicht leichter einen erholsamen Schlummer zu erreichen.
So hat er das Gefühl sich auch die letzte Nacht lediglich von einer Seite auf die andere gewälzt zu haben, ohne richtigen Schlaf zu finden und als die ersten Sonnenstrahlen durch die Luke seiner Kajüte in den Raum fallen, ist er froh endlich aufstehen zu können.

Als er das Hauptdeck betritt schimmert auf der Reling und hier und da auf dem Boden noch der Reif, welcher sich nun langsam in den Sonnenstrahlen auflöst. Auch wenn es der Baumeister nie für möglich gehalten hätte, so hat er sich doch mittlerweile an das Schwanken des Schiffes gewöhnt und seine Bewegungen daran angepasst. So geht er sicheren Schrittes die Treppe hinauf zum Oberdeck, um am Horizont Ausschau zu halten. Er erkennt sofort, dass sich Land vor ihnen befindet und nicht wie sonst steuern sie daran vorbei, sondern halten direkt darauf zu, so dass man bereits deutlich die Konturen der Küste ausmachen kann.
Dror dreht sich nach einem der Matrosen um und ruft ihm zu: "Dort ist Land zu sehen. Wisst ihr, was dort vorne liegt?"
Der Angesprochene ist nur wenig überrascht und sagt knapp: "Es ist schon seit einiger Zeit zu sehen. Dort liegt Vinnar. Wenn die Winde sich nicht drehen, werden wir es nach Mittag erreichen."

Fast hätte der Baumeister einen Freudenschrei von sich gegeben oder wäre in die Luft gesprungen, doch entscheidet er sich so schnell wie möglich der Heilerin die wunderbare Nachricht zu übermitteln. Hastig eilt er die Treppe wieder hinab, rutscht dabei allerdings auf den glatten Stufen aus und poltert lautstark hinab. Mit den Armen rudernd hält er sich allerdings auf den Beinen und auch sein kranker Rücken, der schmerzhaft gegen die plötzlichen Bewegungen protestiert, hält ihn nicht davon ab, vor der Tür der Elbe zum Stehen zu kommen und mehrmals gut vernehmlich dagegen zu klopfen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 27. Feb. 2005, 13:42 Uhr
Der gleichförmige Tagesablauf, der an Bord der Wappen von Ildala herrscht, ist angenehm und leicht zu verinnerlichen. Die Zeit vergeht im Gleichklang der Stunden und Tätigkeiten, während die Überfahrt nach Vinnar ruhig und ohne Schwierigkeiten zu verlaufen scheint. Hin und wieder fragt sich Selket allerdings schon, wann sie ihr Ziel endlich erreichen, den Herbstnebel wird mit jedem Tag unruhiger und aggressiver. Dem Tier ist deutlich anzumerken, dass es das lange Eingesperrt sein in der Dunkelheit allmählich ziemlich leid ist, allerdings gelingt es Selket noch, ihn immer wieder zu beruhigen. Doch auch andere Sorgen beschäftigen die Heilerin.

Je näher sie Vinnar kommen, umso angestrengter denkt sie über Drors Krankheit nach. Auch der gesundheitliche Zustand des Frostzwerges bereitet ihr einiges Kopfzerbrechen. Dror beklagt sich nicht, doch kann die Elbe auch so spüren, dass ihm die Veränderung seiner Haut mehr und mehr zu schaffen macht und sie bedauert es, ihm derzeit keine große Hilfe sein zu können. Doch solange sie sich auf See befinden und das Mittel für eine mögliche Heilung noch nicht in greifbarer Nähe liegt, sind ihr die Hände gebunden, was die Heilerin sehr bedauert, da sie nur ungerne untätig herumsitzt.

Doch noch etwas anderes hält sie des Nachts länger wach, als sie eigentlich möchte. Es ist ihr lange Zeit erfolgreich gelungen zu vergessen, was in der Nacht des Sommerfestes geschah. Verzweifelt hatet sie sich an ihr Leben geklammert, ihren Alltag bewältigt und dankend jede Gelegenheit genutzt, die sie davon abhielt, die Goldene Harfe aufzusuchen, wo sie mit großer Sicherheit auf Nguyen gestoßen wäre. Irgendwann hatte sie den Magier vergessen, vorerst, doch dann musste sie erkennen, dass sich die Ereignisse nicht so einfach beiseite schieben lassen, wie sie dies gerne hätte. Die Reise nach Vinnar erschien ihr schließlich wie ein Wink des Schicksals. Sie verließ Talyra und der erste Morgen an Bord der Wappen von Ildala war ihr wie die vollkommene Erlösung erschienen.

Doch dann hatte sich das Kind bewegt, zum ersten Mal. Es lebte und jede seiner Regungen rief nun die Erinnerungen wieder wach, welche die Elbe so lange zu verdrängen versucht hatte. Ich bin vor meiner Verantwortung geflohen! In der Dunkelheit ihrer Kajüte starrt die Elbenfrau nun zur Decke empor und lauscht auf den Klang von Wind und Wasser. Ich hätte mit Nguyen sprechen müssen, bevor ich Talyra verließ. Ich kann nicht mehr so tun, als wäre nichts geschehen. Wieder spürt sie eine leichte Bewegung ihres Kindes. Bald würde sie ihr Geheimnis nicht mehr verbergen können. Was dann? Was mache ich dann? Nach Talyra zurückkehren? Tränen der Verzweiflung steigen in ihr auf. Hilflos rollt sie sich auf ihrem Lager zusammen, zieht die Beine eng an den Leib. Still fließen die Tränen, bis sie endlich in eine leichte Trance hinüber gleitet.            

Als es unvermittelt an ihrer Tür laut und deutlich zu pochen beginnt, schreckt die Elbe auf. Hastig erhebt sie sich von ihrem Lager, ordnet Haar und Gewänder und öffnet schließlich, wobei sie hofft, dass man ihr die Tränen und Sorgen der letzten Nacht nicht mehr allzu sehr ansieht. Allerdings wirkt sie dennoch sichtlich unausgeruht und verspannt und der verräterische rote Rand unter ihrem Auge ist noch nicht völlig verschwunden. Trotzdem lächelt sie, als sie Dror vor ihrer Tür stehen sieht. „Khel Dar“, wünscht sie ihm höflich und muss noch etwas mehr lächeln, als sie die Freude auf dem Gesicht des Baumeisters entdeckt, die dieser kaum verbergen kann. „Guten Morgen, Dror, Ihr seht aus, als gäbe es gute Neuigkeiten zu verkünden.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 27. Feb. 2005, 18:40 Uhr
Es dauert eine Weile, bis die Heilerin die Tür öffnet und als sie schliesslich vor ihm steht, scheint es Dror, dass sie auch nicht sehr viel Schlaf in dieser Nacht hat geniessen dürfen. Er überlegt sie nach dem Grund dafür zu fragen, doch entscheidet er sich dann dagegen. Er glaubt in den letzten Tagen erkannt zu haben, dass in der Vergangenheit der Elbe viele Erlebnisse zu finden sind, welche tiefe Wunden in ihr hinterlassen haben und er glaubt zumindest ein wenig ein Gefühl dafür bekommen zu haben, welche Fragen das Lächeln, welches ihm nun begegnet, vom Gesicht der Heilerin wischen. Deshalb sagt er lediglich zu ihr: "Sil zum Gruß, Selket. In der Tat kann der Morgen eigentlich gar nicht besser beginnen. Doch kommt und seht es selbst."

Der Baumeister geht voran, erneut die Stufen auf das Oberdeck hinaufsteigend, wobei er die Elbe, wegen der glatten Stufen, zur Vorsicht mahnt. Schnellen Fußes ist er an der Reling und wartet bis Selket, welche mit langsamen Schritten folgt, ihn erreicht hat. Der Baumeister ist sich sicher, dass die Nachricht von der Ankunft des Schiffes die Heilerin genauso begeistert, wie ihn. Eigentlich, denkt er sich, ist es eine wunderbare Sache, eine Stadt langsam am Horizont erscheinen zu sehen und sich ihr Stück für Stück zu nähern, so dass man von Stunde zu Stunde mehr Details ausmachen kann, bis sich ihre ganze Schönheit einem aus der Nähe darbietet. Wie selten hat man die Möglichkeit dazu, wenn man zu Fuß oder Wagen reist. Oft endet der Wald erst kurz vor den Stadttoren und nur selten sind dann noch die Dächer und Häuser dahinter zu erkennen.

Obwohl die Küste selbst für das ungeübte Auge gut sichtbar ist, zeigt der Frostzwerg mit ausgestrecktem Arm darauf, als die Elbe neben ihm steht und sagt:"Schaut! Endlich erreichen wir unser Ziel. Dort liegt Vinnar und wenn ich einem der Matrosen glauben schenke, so werden wir es noch heute erreichen, lange bevor es dunkel wird."
Während Dror auf die Reaktion der Elbe wartet, wird ihm bewußt, dass es noch keinen Grund für überschwängliche Freunde gibt. Vinnar ist nur ein Punkt auf einem Weg, welcher sie noch ein ganzes Stück weiter führen würde, bevor sich die Möglichkeit eröffnet, ihre Reise erfolgreich zu gestalten. Auch wenn noch nichts gewonnen war, wenn sie fanden, was sie in der Stadt suchten, so war doch alles verloren, wenn sie sie mit leeren Händen verlassen würden.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 27. Feb. 2005, 23:05 Uhr
Selket kommt Drors Aufforderung mit langsamen Schritten nach und folgt ihm an die Reling. Der Anblick, der sich ihr bietet, ist einfach atemberaubend und die Elbe kann die Begeisterung des Frostzwerges nun gut verstehen. Vînnar liegt vor ihnen, noch fern am Horizont und doch sind ihre Umrisse bereits gut erkennbar. Gerade will sie fragen, wann sie die Stadt endlich erreichen, als Dror ihr bereits Auskunft gibt. „Sobald schon?“, erstaunt blickt die Elbe ihn an. „Nun, dass ist doch einmal eine gute Nachricht“, meint sie lächelnd, aber noch während sie spricht, bemerkt sie, dass die Stimmung des Frostzwerges mit einem Mal von irgendetwas gedämpft wird. Einen Augenblick lang sieht sie ihn an ohne recht zu wissen, was genau geschehen ist, doch dann begreift sie, was ihren Begleiter beschäftigen muss. Zumindest so gut hat sie ihn in den letzten Tagen kennen gelernt.

„Macht Euch nicht zu viele Sorgen“, erklärt sie mit Blick auf Vînnar. „Genießt für heute einfach die wundervolle Aussicht. Es wird sich schon alles zum Guten wenden.“ Nachdenklich blickt sie auf den Horizont. Ein schöner, hoffnungsvoller Wunsch. Du solltest ihn dir selbst ein wenig mehr zu Herzen nehmen und ebenfalls daran glauben, Feuerauge. Schweigend stehen der Frostzwerg und die Elbe noch eine Weile an Deck und blicken der Stadt, der sie sich immer mehr nähern, entgegen. Schließlich reißen sie sich jedoch von diesem Anblick los, folgen ein letztes Mal dem üblichen Alltag an Bord der Wappen von Ildala und begeben sich als allererstes unter Deck, um zu Frühstücken.

Anschließend steigt Selket ein letztes Mal hinab zu Herbstnebel. Das kräftige Tier ist an diesem Morgen in besonders angriffslustiger Laune und so dauert es einige Zeit, bis die Heilerin es endlich beruhigt hat. ljea ti, ijea ti, ich grüße dich. Ist ja gut, Herbstnebel, bald hast du es überstanden, noch bevor der Abend gekommen ist, wirst du wieder festen Boden unter den Hufen haben, das verspreche ich dir. Lachend klopft Selket dem Hengst den breiten Hals und streicht ihm anschließend liebevoll durch die dichte Mähne. Also hab bitte noch ein ganz kleinwenig Geduld, dann hast du es in Kürze überstanden. Pflichtbewusst wie immer erfüllt die Elbe auch an diesem Morgen alle anfallenden Arbeiten, dann verlässt sie den unteren Laderaum und wendet sich anderen Dingen zu.

Die Stunden bis zur Ankunft in Vînnar verbringen Dror und sie damit ihr weniges Gepäck wieder zu ordnen, sofern dies überhaupt notwendig ist. Die Elbe sorgt außerdem dafür, dass sie einen halbwegs ansehnlichen Anblick abgibt, indem sie ihr Haar während einiger ruhiger Minuten in Ordnung bringt und zu einem festen Zopf flicht, welchen sie anschließend aufrollt und im Nacken zusammensteckt, so dass er nicht weiter hinderlich ist. Als sie endlich soweit ist, sieht sie nach Dror und gemeinsam schaut man sich nach einem geeigneten Fleckchen an Deck aus, wo man ungestört verweilen kann, bis der Hafen von Vînnar erreicht ist. Abseits vom Trubel an Deck findet sich schließlich so eine Stelle und man hat sogar noch ein wenig Zeit für ein Spiel.

Die Mittagszeit ist bereits vergangen, als die Betriebsamkeit an Bord ihren Höhepunkt erreicht. Vînnar befindet sich nun unmittelbar vor der Wappen von Ildala und der Hafen ist nicht mehr fern. Die Häuser der Stadt thronen rund hundert Schritt über der Stadt und bestehen überwiegend aus hellem Kalktuff oder Sandstein, welcher mit filigranen Steinmetzarbeiten der berühmten sûrmerer Handwerker verziert ist. Auch die zahlreichen Brücken, Balkone, Treppen und Fenster Vînnars lassen sich nun gut erkennen und der Umstand, dass die Stadt teilweise direkt in den Fels und das Erdreich der steil zur See abfallenden Klippen gebaut ist, verleiht ihrem Anblick etwas besonderes. Die Feste Vînnar bietet indes einen imposanten Anblick und die acht gedrungenen Wehrtürme sind bereist weithin sichtbar. Desgleichen gilt für die Vînnarfälle, welche vom Fluss Sorany gespeist werden, der die Stadt in zwei Hälften teilt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 28. Feb. 2005, 21:12 Uhr
Dror versucht dem Ratschlag der Elbe zu folgen und sich am Anblick ihres Reiseziels zu erfreuen. In der Tat scheint Vînnar ein architektonisches Meisterwerk zu sein, stellt er fest, als er die Häuser, welche nicht nur auf den Klippen, sondern auch in den Hängen der Steilküste erbaut sind, aus der Nähe betrachten kann. Er ist sich sicher, dass sie älter sind, als die meisten Gebäude in Talyra, denn die Eleganz längst vergessener Baumeister zeigt sich in ihren kunstvollen Formen.

Doch am imposantesten sind für Dror die Vinnarfälle. Schon von weitem kann man ein leises Dröhnen hören, welches sich immer lauter wird, je näher sie den herabfallenden Wassermassen kommen. Die Wappen von Ildala umfährt die tosenden Fluten, welche sich an der Stelle bilden, wo das Meer und der Fluss sich treffen. Als sie sich dem Hafen weiter nähert, erreicht sie schliesslich ein Lotsenschiff, dessen Besatzung an Bord geholt wird, um dem Steuermann den Weg zum Liegeplatz zu weisen.
Nach und nach werden die Segel eingeholt, so dass sich die Fahrt der Wappen verlangsamt und wenn man nicht hinab zu dem gischtumspülten Bug schaut, könnte man glauben, dass das Kai sich langsam immer näher an das Schiff heranschiebt.

Der Hafen erinnert den Frostzwerg an Talyra. Hier wie da, findet man die Kräne, welche beim Entladen der Lasten helfen, die typischen Lagerhäuser mit ihren Türen weit über dem Boden, die Räuchereien, welche den frisch gefangenen Fisch so schnell wie möglich verarbeiten, sowie die Herbergen und Gaststuben, in denen man vor allem die Seeleute antreffen kann.

Das Schiff erreicht die Kaimauer und verliert weiter an Fahrt, zwei Matrosen springen an Land, um die Taue festzubinden und ein leichter Ruck geht durch das Schiff, als es endgültig zum Stehen kommt. Während Dror sich umblickt und das rege Treiben an Land beobachtet, kommt ihm der Gedanke, dass sie sich wohl zuerst eine Herberge suchen mussten, sobald sie, sowie Herbstnebel das Schiff verlassen haben.
Er erinnert sich, dass Selket vor ihrer Abreise erwähnte, dass sie schon einige Male hier gewesen war. Deswegen fragt er sie schliesslich: "Wisst ihr, wohin wir unsere Schritte lenken müssen, sobald wir wieder festen Boden unter den Füssen haben? Wahrscheinlich ist es am besten, wenn wir uns heute eine Unterkunft suchen und dann morgen der Bibliothek einen Besuch abstatten." Er schweigt kurz und fügt dann hinzu: "Wobei ich zugeben muss, dass ich den Strassen dieser Stadt so bald wie möglich einen Besuch abstatten möchte. Es reizt mich dies alles aus der Nähe zu sehen."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 02. März 2005, 13:38 Uhr
Selket wendet sich halb zu Dror um und überlegt kurz. „Ihr habt Recht, am besten suchen wir zunächst ein Gasthaus auf und statten  die Bibliothek dann Morgen in aller Frühe auf. Ich könnte auch alleine dorthin gehen, falls Ihr noch einige Besorgungen oder ähnliches zu erledigen habt“, meint sie freundlich. „Oder wir sehen uns in Vînnar um, sobald wir ein geeignetes Gasthaus gefunden haben.“ Gegen einen kleinen Stadtrundgang hätte auch die Heilerin nichts einzuwenden. Nach der langen Schiffsfahrt würde sie sich sehr darüber freuen, endlich einmal wieder etwas anderes zu sehen. Zudem ist der Markt von Vînnar, ebenso wie der von Talyra, recht berühmt und immer einen Besuch wert.

Über die Frage nach einer geeigneten Unterkunft denkt sie kurz nach. „Im Stadtkern, nahe dem Markt dürften wir auf jeden Fall eine passende Unterkunft finden, denke ich“, meint sie schließlich. „Am besten machen wir uns so bald es geht auf den Weg. Müsst Ihr zuvor noch etwas mit dem Kapitän besprechen? Ansonsten sollten wir uns auf den Weg machen, sobald die Matrosen Herbstnebel an land geschafft haben.“

Bei diesen letzten Worten lacht sie leise und mustert ein paar vorbeieilende Matrosen, die bereits den Eindruck erwecken, als würden sie alles dafür Notwendige in die Wege leiten. Die Elbe wartet noch einen Moment ab, was der Frostzwerg dazu meint, dann, nachdem alles geklärt ist, nickt sie knapp. „Ich werde meine Sachen holen und dann besser dabei zusehen, wie Herbstnebel aus dem Laderaum der Wappen von Ildala geschafft wird. Am besten wird es sein, wir treffen uns unten an der Kaimauer, oder was denkt Ihr?“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 05. März 2005, 16:06 Uhr
Die Stadt des Weines


"Ich werde Kapitän Peleg kurz Bescheid geben, dass wir das Schiff verlassen," antwortet Dror der Heilerin, "doch das wird nicht lange dauern, denn ich denke, er wird jetzt sehr beschäftigt sein, wenn die Wappen von Ildala entladen wird. Und danach können wir ja die Suche nach einer Herberge ruhig etwas ausdehnen, um uns in aller Ruhe umzuschauen."
Selket nickt zustimmend und schlägt dann vor sich an der Kaimauer wieder zu treffen. Der Frostzwerg ist einverstanden damit und geht anschliessend in seine Kajüte, um seine Axt und den Rucksack zu holen. Er ist etwas überrascht beides problemlos auf seinem Rücken tragen zu können, doch scheinen die Sachen nicht allzustark auf die versteinerten Stellen Druck auszuüben. Er blickt ein letzes Mal durch den Raum, um sich zu vergewissern, dass er nichts vergessen hat und tritt dann wieder zurück auf das Hauptdeck.

Mittlerweile hat die Mannschaft bereits den Steg angelegt, welcher zum Hafen hinab führt und die ersten Besucher, der Hafenmeister und sein Gehilfe, sind auf das Schiff gekommen, um die Liegegebühr zu erheben. Der Kapitän spricht mit ihnen auf dem Achterdeck, so dass der Baumeister seine Schritte dorthin lenkt, um ihm Lebewohl zu sagen. Mit wenigen Worten dankt er Peleg und seinem Steuermann für die sichere und schnelle Überfahrt und begibt sich dann vom Schiff.

Es ist angenehm endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, stellt er fest, als seine Füße das Pflaster der Kaianlagen erreichen, doch trotzdem benötigt er einen Moment, um sich wieder daran zu gewöhnen gerade zu laufen, ohne das Schwanken des Bodens ausgleichen zu müssen.
Als der Baumeister sich umschaut, erkennt er, dass der Kran, welcher Herbstnebel aus dem Rumpf des Schiffes holen soll, bereits seine Arbeit aufgenommen hat, doch anstatt dem Entladen des Pferdes weiter zuzuschauen, versucht er herauszufinden, welcher Weg zum Zentrum der Stadt führen wird.

Der Hafen ist auf der einen Seite von einer hohen Mauer umgeben, welche direkt an den hohen Steilfelsen beginnt und weit ins Wasser hinausragt, um das Hafenbecken vor feindlichen Schiffen, aber auch vor Unwettern zu schützen. Direkt an der fünf Schritt dicken Mauer befindet sich der massive Bau der Hafenmeisterei, sowie die Wache der Stadtgardisten, welche auf den Hafenanlagen ihren Dienst verrichten, dann  folgen Wirtsstuben, Lagerhäuser, sowie die Werkstätten von Seilern, Bootsbauern und die Häuser von Kaufleuten.
Doch am Fuße der Steilfelsen bleibt nur wenig Platz, so dass es hinter der ersten Häuserreihe lediglich eine zweite gibt, welche bereits etwas höher liegt, bevor der weiße Kalkfelsen steil hinaufragt.
Nur ein Gebäude liegt noch höher, in einer uralten großen Höhle im Gestein, so dass es über den Dächern der Hafenhäuser liegt und einen freien Blick zum Ildorel besitzt. Über breite Stufen, welche in den Fels geschlagen sind, kommt man zu dem prachtvollen Eingang des Amur-Tempels. Seine Pforten sind weit geöffnet, damit dem Gott des Wassers der Blick auf den See nicht verwehrt wird und Fenster aus dickem farbigem Glas, tauchen das Innere in einen blaugrünen Schimmer.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Hafenmauer geht das Pflaster in eine breite Strasse über, welche stetig ansteigend hinaufführt. Sie ist von einzelnen Häusern umgeben ist, welche auf der einen Seite im Fels selbst liegen, während sie auf der anderen waghalsig am Abhang zu stehen scheinen, welcher direkt hinter ihren Mauern in die Tiefe führt.
Das ist wohl der Weg den wir einschlagen müssen, denkt sich Dror, denn er vermutet, dass der Marktplatz und die wichtigsten Gebäude der Stadt,  sich, genauso wie der Palast, welcher schon vom Schiff aus zu sehen war, hoch oben auf den Felsen befinden. Er schaut sich nach der Elbe um und als diese ihn mit ihrem Pferd erreicht, sagt er: "Ich denke wir werden es vorerst nicht schwer haben die richtige Strasse zu finden," während er auf den hinaufführenden Weg zeigt. "Wie geht es eurem Hengst? Hat er auch die letzte Tortur des Entladens gut überstanden?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 05. März 2005, 22:22 Uhr
Selket tut es Dror gleich, holt ihr Gepäck aus ihrer Kajüte und während der Frostzwerg noch kurz bei Kapitän Peleg vorbeischaut, verlässt sie bereits das Schiff, um den Matrosen dabei zuzusehen, wie sie Herbstnebel endlich wieder aus dem Laderaum der Wappen von Ildala befreien. Diese Aktion gestaltet sich, wie schon zuvor in Talyra, als äußerst heikles Unterfangen. Nach der langen Seefahrt ist die Laune des störrischen Pferdes noch um einiges schlechter als zu Beginn der Reise, weshalb die Männer einiges damit zu tun haben, sich vor ausschlagenden Hufen und hinterhältigen Bissen in Acht zu nehmen. Es dauert daher einige Zeit bis Herbstnebel endlich wieder auf festem Boden steht, doch schließlich ist es geschafft. Selket wechselt noch kurz ein paar letzte Worte mit den Matrosen, dann ziehen sich die Männer sichtlich erleichtert zurück und die Elbe wartet darauf, dass Dror hinab auf den Kai kommt.

Während sie so dasteht, kümmert sie sich ein wenig um ihren Hengst und versucht ihn zu beruhigen. Nun wo der massige Grauschimmel wieder festen Boden unter den Hufen spürt, gestaltet sich dies auch relativ einfach und so nimmt die Heilerin schließlich ihr spärliches Reisegepäck und verstaut es auf dem breiten Rücken des Pferdes. Lediglich Köcher und Schwertscheide lässt sie weiterhin auf ihrem Rücken, auch ihr Bogen hängt weiterhin über ihrer linken Schulter. Interessiert sieht sie sich um. Das Gefühl wieder auf festem Erdboden anstatt auf schwankenden Schiffsplanken zu stehen, ist nach der langen Zeit an Bord eines Schiffes noch etwas ungewohnt.

Einige Zeit blickt die Heilerin zum Amur-Tempel empor, bevor sie den Blick über die Hafenanlagen gleiten lässt und sich umzusehen beginnt. Als Dror neben sie tritt, folgt sie der Bewegung, welche seine Hand beschreibt und nickt seinen Worten zustimmend zu. Der Weg, welcher sich vor ihnen ausbreitet und stetig aufwärts führt, sollte sie eigentlich auf mehr oder weniger direktem Weg hoch auf die Felsen führen, wo die Hauptgebäude der Stadt, beispielsweise die Feste von Vînnar, angesiedelt sind. Selket schnalzt kurz mit der Zunge und Herbstnebel kommt näher zu ihr und Dror herüber. Die Elbe klopft dem Hengst den breiten Nacken und lacht. „Seine Laune bessert sich scheinbar wieder“, meint sie gut gelaunt an den Frostzwerg gewandt und deutet dabei auf den Grauschimmel. „Das Entladen hat sich allerdings als recht schwierig erwiesen. Ich denke, die Matrosen sind dankbar Herbstnebel endlich los zu sein.“ Die Heilerin lacht leichthin.

„Wollt Ihr nicht Euren Rucksack loswerden?“, erkundigt sie sich dann. Eine Antwort wartet sie allerdings nicht lange ab und so ist Drors Gepäckstück schon bald neben ihrem eigenen Gepäck auf Herbstnebels Rücken verstaut. Nur von seiner Axt mag sich der Frostzwerg nicht so recht trennen, was Selket jedoch sehr gut verstehen kann und einfach kommentarlos hinnimmt. „Dann wollen wir mal“, meint die Elbenfrau und gemeinsam setzt sich die kleine Gruppe in Bewegung. So gehen sie schließlich eine Weile schweigend nebeneinander her. Überall gibt es etwas Neues zu sehen und die unbekannten, fremden Eindrücke prasseln nur so auf die beiden Reisenden ein. Aufmerksam mustern Dror und Selket die unbekannten Gesichter, die an ihnen vorüberkommen, ebenso wie sie auch sie umgekehrt immer wieder neugierige Blicke der Einheimischen auf sich ziehen.

Plötzlich trappelt eine kleine Gruppe spielender Kinder an ihnen vorbei. Überrascht weicht die Elbe aus und blickt dem munteren Grüppchen, welches sich rasch entfernt, hinterher, nur ein paar Wortfetzen dringen noch an ihr Ohr. Offenbar spielen die Buben und Mädchen Eilbote, Kurier oder ähnliches, jedenfalls scheinen sie ihre imaginären Pferde zu größter Hast anzutreiben und laufen lärmend und juchzend die Straße hinab. Der Anblick lässt die Elbe lachen und die Erwähnung von Eilboten löst in ihr eine ein wenig überraschende Idee aus. Ich könnte Yana eine Nachricht zukommen lassen, überlegt sie. Nachdenklich setzt sie ihren Weg neben Dror und Herbstnebel fort. Und Nach einer Weile unterbricht sie endlich das Schweigen, welches zwischen ihnen herrscht. „Ich denke, wir sollten uns überlegen, was wir noch alles erledigen müssen. Gewiss gibt es den einen oder anderen Einkauf oder ähnliches, was erledigt werden muss … Dabei fällt mir ein, ich würde gerne eine Nachricht verschicken. Vielleicht lässt sich ja jemand finden, der einen Botenvogel nach Talyra senden könnte, was meint Ihr?“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 07. März 2005, 21:32 Uhr
Die Strasse, welche hinauf zum oberen Teil der Stadt führt, steigt stetig bergan. Sie nähert sich den Vînnarfällen, so dass man nicht nur deren Rauschen deutlich vernehmen kann, sondern auch das Glitzern der herabfallenden Wassermassen im Sonnenlicht sehen kann. Der gepflasterete Weg führt daran vorbei, indem er einen engen Bogen um ein zweistöckiges Haus macht und in die entgegengesetzte Richtung weiterführt. So zieht er sich in Windungen immer weiter hinauf, von Häusern gesäumt, welche, wie Selket ihm bereits in Talyra erzählte, aus Kalk- und Sandstein gebaut sind. Wahrscheinlich damit der Wind vom See das Innere nicht allzusehr auskühlt, vermutet Dror, denn die Materialien, derer man dafür bedarf, sind weitaus teurer, als die, welche für ein Fachwerk nötig sind, wie sie in der Weltenstadt oft verwendet werden. Oder es gibt hier ausreichend davon, stellt er mit einem Blick auf die Felsen fest. Ohnehin sind die Häuser auf jener Seite faszinierend anzuschauen. Manche scheinen völlig im Stein verschwunden und nur die Fenster, Türen und Balkone im Gestein zeigen, dass dahinter anscheinend eine Behausung liegt, andere wiederum befinden sich nur zum Teil im Fels, während der Eingang und die Hausfront aus Stein gebaut sind, um sich dahinter irgendwann mit dem Kalk der Steilfelsen zu verbinden. Fasziniert darüber vergißt der Baumeister fast, dass er nicht alleine den Weg entlang läuft, bis eine Meute Kinder schliesslich an ihm und der Heilerin laut schreiend vorbeiläuft.

Wenig später schlägt die Elbe vor, zu überlegen, welche Dinge sie in der Stadt des Weines zu erledigen haben und beschliesst eine Nachricht von hier aus zu verschicken.
"Nun, ich bin sicher wir werden hier eine Botenrabenstation finden," antwortet der Baumeister schliesslich auf Frage, nach einer Möglichkeit dafür, während sie langsam weitergehen, "denn jede größere Stadt der Immerlande besitzt eine. Lasst uns einfach noch ein Stück weiter gehen, vielleicht liegt sie auf dem Weg. Ansonsten können wir immer noch nachfragen, wenn wir den oberen Teil der Stadt erreicht haben." Er schweigt einen Moment und beginnt dann auf Selkets erste Frage einzugehen. "Ihr sagtet in Talyra, dass wir das Kraut im Wyrmschwanz finden werden. Deswegen sollten wir uns darüber informieren, wie wir am besten dorthin gelangen," schlägt der Frostwzerg vor. "Eine genaue Beschreibung des Weges dorthin wäre sicherlich nicht schlecht, doch wir sollten auch nach den Witterungsbedingungen und anderen Gefahren in der Gegend fragen, damit wir später nicht überrascht werden." Er überlegt einen Moment und fährt dann fort: "Vielleicht kann ich morgen, wenn ihr die Bibliothek besucht, etwas in Erfahrung bringen. Davon hängt auch ab, wieviel Vorräte wir mitnehmen sollten, denn ich denke zu dieser Jahreszeit werden wir im Wald nicht viel nahrhaftes finden oder wir müssen lange danach suchen." Der Baumeister versinkt noch einmal kurz in Gedanken und ergänzt dann ernst: "Alles weitere, was ich für eine längere Reise benötige, habe ich bereits in Talyra besorgt," doch dann hellt sich seine Miene auf und noch bevor seine Begleiterin etwa sagen kann, fügt er lächelnd hinzu: "Allerdings, wenn wir schon hier sind, will ich natürlich noch vom besten Wein probieren, welchen wir finden können. Ich bin sicher es geht euch ähnlich. Vielleicht sollten wir auch ein, zwei Flaschen davon auf unsere Reise mitnehmen."

Während der Zwerg der Antwort der Elbe zuhört, erreichen sie den oberen Rand der Steilfelsen. Die Strasse weitet sich hier zu einem großen Platz, welcher mit Bäumen bepflanzt ist und dessen Mitte ein großer Brunnen ziert, dessen Fontänen im Sommer zwischen den Figuren Lyrs und seiner Archonen hervorschießen und das Becken, an dessen Rand die Bewohner Vînnars dann gerne verweilen, mit klarem Wasser füllen. Nun jedoch ist er leer und liegt verlassen vor ihnen.
Während auf der rechten Seite mehrere Gassen vom Platz weg weiter in die Stadt hinein führen, grenzt links von den beiden Reisenden eine Mauer, welche Dror bis zur Brust reicht, den Platz ab und gibt einen weiten Blick über den Ildorel und dessen Küste frei. Als die Elbe und der Zwerg dort einen Moment den Blick schweifen lassen, erkennen sie schliesslich am Rande des Platzes, hinter zwei kahlen Bäumen versteckt ein windschiefes Haus, welches mitten über dem Abgrund zu hängen scheint. Über der Eingangstür, zu der drei schmale Stufen führen, ist ein schmiedeeisernen schwarzer Rabe befestigt, welcher eine Schriftrolle im Maul zu tragen scheint.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 08. März 2005, 13:11 Uhr
Während Selket Dror zuhört, sieht sie sich interessiert um. Vînnar unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht von Talyra, was natürlich hauptsächlich in der gänzlich anderen Bauweise sowie der vollkommen unterschiedlichen Lage und der Umgebung begründet liegt. Auch das Klima ist merklich milder, wie die Elbe angenehm überrascht feststellt. Das Rauschen der Vînnarfälle bildet im Übrigen eine beständige Geräuschkulisse, die immer deutlicher hervortritt, je näher man ihrer Quelle kommt, wie Selket bemerkt und immer öfter wandert ihr Blick umher, um die tosenden Wassermassen zu betrachten, sofern die Sicht nicht von Häusern oder ähnlichen Bauwerken verstellt wird. Daher ist die Elbe ein wenig unkonzentriert und als Dror sie schließlich fragend ansieht und auf ihre Antworten wartet, braucht sie einen winzigen Moment, um sich wieder zu sammeln.  

Sie nickt ihm zustimmend und lächelt. „In der Tat, solch eine Gelegenheit sollte man sich nicht entgehen lassen. Immerhin ist der Nebrinôrthares berühmt für seine guten Weine.“ Noch während sie spricht, erinnert sie sich siedendheiß an die Weinflaschen, die immer noch in der Tiefe des Brunnens von Cerynitis Cerua lagern, wenn sie nicht längst der winterlichen Kälte erlegen sind. Wie ärgerlich. Für einen kurzen Moment verfinstert sich die Miene der Elbe, doch ist dies gleich wieder vorbei. Wozu sich über etwas ärgern, was ohnehin nicht mehr zu ändern ist?, sagt sie sich letztlich und wechselt das Thema. „ Was Ihr bezüglich der Reise zum Wyrmschwanz sagtet“, erklärt sie an Dror gewandt, „so stimme ich Eurem Vorschlag zu. Wir sollten wissen, was auf uns zukommt, bevor wir uns auf den Weg machen. … Die Hallen Lyrs kann ich auch ohne Euch aufsuchen. … Außerdem verlieren wir deutlich weniger Zeit, wenn wir bestimmte Aufgaben untereinander aufteilen, was denkt Ihr?“

Während die Elbe noch spricht, bemerkt sie, wie der Frostzwerg mit einem Mal seine Schritte verlangsamt. In der Nähe eines Brunnens, welcher sich im Zentrum des Platzes befindet, der sich nun vor ihnen ausbreitet, machen die beiden Halt und sehen sich um. „Da, Ihr hattet Recht“, stellt Selket erfreut fest und deutet zu einem Haus hinüber, über dessen Eingangstür ein schmiedeeiserner Rabe angebracht ist. Die Schriftrolle im Schnabel des Vogels ist auch von ihrem Standpunkt, dicht am Brunnen, noch gut zu erkennen. „Eine Botenvogelstation, wenn man dem Raben über dem Eingang trauen kann.“ Sie lächelt. „Nun, dass wäre also geklärt. Vielleicht sollte ich gleich einmal hinüber gehen …“, überlegt sie halblaut. „Andererseits, wir sollten uns vielleicht zunächst ein Gasthaus suchen oder was meint Ihr?“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 09. März 2005, 00:04 Uhr
"Es bleibt sicher noch genügend Zeit einen Blick hinein zu werfen," antwortet Dror der Elbe, welche etwas unentschlossen scheint. Gemeinsam überqueren sie den Platz, während der Baumeister Selket erklärt, dass er es ebenfalls darüber nachgedacht hat, getrennt den einzelnen Erledigungen nachzugehen, und erreichen schliesslich den Eingang des Hauses. Der Frostzwerg klopft an, doch als keine Antwort ertönt, greift er zur Klinke und öffnet die Tür.

Hinter der Schwelle erwartet die Elbe und den Zwerg allerdings nur ein kleiner Raum, von welchem links eine weitere Tür abgeht, die allerdings verschlossen ist. Auf dem Boden ist mit weißer Farbe, am Hauseingang beginnend, ein Pfeil gezeichnet, welcher auf die schmale Treppe zeigt, die rechterhand hinaufführt. Die beiden Reisenden folgen den schmalen, krummen Stufen, die in den oberen Stock führen. Dort angekommen, finden sie sich in einem Zimmer wieder, welches an den Wänden vom Boden bis zur Decke Käfige beherbergt. Hier und dort ist das laute "Raaah" der Botenvögel zu hören, welche in ihren Gehegen auf und ab gehen oder an den Fleischstücken nagen, die ihnen als Futter in die Käfige gelegt wurden.

Am Ende des Zimmers vor einem breiten Fenster, dessen Läden offenstehen, befindet sich ein breites Schreibpult, hinter dem eine Gestalt steht, die im Gegenlicht kaum zu erkennen ist. "Willkommem" erklingt ihre krächzende Stimme und als der Baumeister und die Heilerin näher herantreten, sehen sie einen alten Mann, welcher tief über einem Blatt gebeugt steht, eine Feder in der Hand haltend, die ihre Arbeit für einen Moment unterbrochen hat. Sein Haupt zieren nur noch wenige Haare und Falten bedecken das Gesicht, welches von einer mächtigen Nase beherrscht wir, die weit gebogen herausragt. Auf dem Pult selbst liegen zwei sauber geschichtete Stapel Pergamente. Einer mit leeren Blättern und ein weiterer, dessen Blätter beschriftet sind. Ein großes metallenes Tintenfass steht am linken oberen Rand des Pultes, doch zeigen die zahlreichen Flecken auf dem hölzernen Boden, dass es nicht nur einmal unvorhergesehen seinen Platz verlassen musste, während sich rechts eine Kerze befindet, welche brennt, obwohl das Tageslicht noch genügend Helligkeit zum Schreiben spenden sollte.

Obwohl sein Äußeres nicht gerade vertrauenerweckend wirkt, so liegt doch eine gewisse Freundlichkeit in der Stimme des Schreibers, als dieser, nachdem Selket und Dror ihn ebenfalls gegrüßt haben, fragt: "Welche meiner Dienste möchtet ihr in Anspruch nehmen? Wollt ihr eine Nachricht verschicken oder braucht ihr lediglich jemanden, um in geübter Handschrift ein Dokument aufzusetzen?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 09. März 2005, 13:03 Uhr
Die gesamte Botenvogelstation ist vom Krächzen der Raben sowie beständigem Flügelrauschen erfüllt, während Selket hinter dem Frostzwerg die schmale Treppe in die Höhe steigt, bis sie den Käfigraum, wie die Elbe das Zimmer unweigerlich in Gedanken nennt, erreicht haben. Und fast beginnt sie Heilerin sich ein wenig unwohl zu fühlen, als sie die zahlreichen, eingepferchten Vögel ansieht. Schnell wendet sie den Blick daher von den Käfigen ab und sieht sich weiter im Zimmer um. Der Mann hinter dem breiten Schreibpult ist kaum zu erkennen, da er direkt im Gegenlicht steht, welches das Auge der Elbe blendet. „Khel Dar“, erwidert Selket den freundlichen Willkommensgruß. „Guten Tag.“ Mit diesen Worten tritt sie an Dror vorbei und noch ein wenig näher an das Schreibpult heran, während sich der Frostzwerg nach knappem Gruß eher im Hintergrund hält.

Der Mann, der sie nun anblickt, passt auf sonderbare Weise vollkommen in die Botenvogelstation, und das liegt nicht nur an seiner krächzenden, knarrenden Stimme, sondern auch an seiner auffällig gekrümmten Nase sowie den eindringlichen, aber hellwachen Augen, die die Heilerin nun eingehend mustern. Schließlich legt er die Feder, die er in der Hand hält, beiseite und erkundigt sich höflich, welche seiner Dienste die Elbe und der Frostzwerg in Anspruch nehmen wollen. Selket lächelt. „Ersteres ist der Fall“, erklärt sie sachlich. „Ich möchte eine Nachricht nach Talyra senden, sofern dies möglich ist.“ Der Alte lacht heiser. „Selbstverständlich ist dies möglich“, erwidert er. „Immerhin ist dies das Haus von Aldus Venra.“ Seine stechenden Augen funkeln beinahe ein wenig spitzbübisch. „Und Ihr habt Glück, niemand geringerer als mein Bruder befindet sich in Talyra. Eure Nachricht gelangt also in sichere Hände.“

„Ausgezeichnet“, entgegnet Selket ohne das leichte Schmunzeln auf ihrem Gesicht übermäßig zu verbergen. „Dann sagt mir doch bitte noch wie viel mich Eure Dienste kosten würden, Aldus Venra?“ Sie deutet auf die sauberen Bögen Pergament, welche vor dem alten Mann auf dem Schreibpult liegen. „Und einer davon? Wie groß darf ein Schreiben allenfalls sein, damit Eure Raben es bis über den Ildorel tragen können?“, fragend sieht sie den Alten an, während sie seine Antworten abwartet, die auch nicht lange auf sich warten lassen. Geschäftstüchtig nennt Venra seine Preise und erklärt sachlich, und ausführlicher als Selket es eigentlich hatte wissen wollen, welchen Umfang eine Botschaft höchsens haben darf. Geduldig hören ihm der Frostzwerg und die Elbe zu und als er schließlich geendet hat, zahlt die Heilerin ihm die verlangte Summe für einen Bogen Pergament.

Ein wenig Tinte wird sich sicher auch in einem Gasthaus auftreiben lassen. Ansonsten setze ich den Brief morgen in den Hallen Lyrs auf, denkt sie bei sich und dankt dem Mann höflich für seine Auskünfte. „Dann werde ich morgen wieder bei Euch vorbeischauen“, meint sie freundlich. Aldus Venra nickt. „Meine Tür steht den ganzen Tag über offen“, entgegnet er und erwidert Drors und Selkets Abschiedsworte. Die Elbe wendet sich zu dem Frostzwerg um und will gerade mit ihm die Botenvogelstation verlassen, als ihr noch etwas einfällt. Schnell dreht sie sich noch einmal zu Venra um. „Entschuldigt biuter, doch sagt, könnt Ihr uns vielleicht ein gutes Gasthaus empfehlen?“ Der alte Mann hebt den Blick von den Papieren, denen er sich wieder gewidmet hat. „Aber sicher“, meint er, nennt einen Namen und beschreibt anschließend den Weg. „Ihr könnt es gar nicht verfehlen“ sind seine letzten Worte. Die elbische Heilerin und der zwergische Baumeister bedanken sich höflich, verabschieden sich abermals und verlassen anschließend gemeinsam das Haus.  

Herbstnebel, den sie davor zurückgelassen haben, kommt sogleich zu ihnen herüber. Selket greift dem Grauschimmel leicht in die Mähne, blickt sich auf dem Platz um und sieht dann Dror an. „Wenn ich die Wegbeschreibung richtig verstanden habe, dann müssen wir dort hinüber, wenn wir das Gasthaus erreichen wollen, oder was denkt Ihr?“ Sie deutet in die entsprechende Richtung und wartet die Reaktion des Baumeisters ab. Als dieser zustimmend nickt, lächelt die Elbe und die drei – Zwerg, Elbe & Pferd - gehen in die entsprechende Richtung davon. Abermals überqueren sie den Platz, diesmal in der entgegengesetzten Richtung und kommen erneut an dem Brunnen in seinem Zentrum vorbei. Eine schmale Straße breitet sich dahinter in einiger Entfernung vor ihnen aus und der schlanke, hoch aufgeschossene Baum neben einem kleinen Haus mit goldbrauner Tür zeigt ihnen, dass sie richtig sind.

Schnell ist die Straße, es handelt sich um eine kurze Sackgasse, welche gegen Ende immer schmaler wird, erreicht. Direkt am Ende dieser Gasse befindet sich ein helles, freundliches, nicht sehr hohes Haus, welches halb in den dahinter liegenden Felsen eingelassen ist. Über dem offenen Eingangsbogen hängt ein auffälliges Schild, auf welchem in güldenen Lettern der Name des Gasthauses geschrieben steht: Vinnrivils Kelter. Als Dror und Selket näher kommen, können sie erkennen, dass hinter dem Eingangsbogen mehrere Stufen von der Straße hinab in die Tiefe führen, bevor man die eigentliche Tavernentür erreicht.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 11. März 2005, 22:20 Uhr
Während die Elbe mit Aldus Venra spricht, hält sich Dror im Hintergrund und folgt ihr, als sie die Informationen bekommen hat, welche sie suchte, schliesslich wieder hinaus auf den großen Platz. Der Baumeister bemerkt, dass nun langsam die Dämmerung hereinbricht und so stimmt er dem Vorschlag der Elbe zu, das Gasthaus, welches ihnen der Schreiber beschrieben hat, aufzusuchen. Als sie dort ankommen, nimmt die Elbe das Gepäck von Herbstnebels Rücken und überreicht Dror dessen Rucksack.

Um zum Eingang des Gasthauses zu gelangen, durchqueren die beiden einen gusseisernen Torbogen, welcher von kahlen Ranken umgeben ist, die im Sommer sicherlich dicht mir grünem Weinlaub bewachsen sind. Die Stufen führen hinab zu einer schweren Eichentür, die der Frostzwerg öffnet, um das Innere von Vinnrivils Kelter zu betreten.
Die Heilerin und der Baumeister gelangen in einen niedrigen Kellerraum mit einer runden Gewölbedecke. Die Wände sind aus weißem Kalk und es scheint, dass sie zu dem Fels gehören, welcher unter und hinter dem Haus liegt. Nur ein kleiner Tisch ist direkt gegenüber dem Eingang zu sehen, an welchem sich zwei alte Männer müde dem Würfelspiel widmen. Links und rechts von ihnen führen Durchgänge durch das Gestein, durch welche man in die benachbarten Räume gelangt. Während Selket und Dror umhergehen, stellen sie fest, dass der gesamte Keller aus vielen kleinen Nischen und Räumen besteht, in denen die Tische der Gaststube verteilt sind und die so miteinander verbunden sind, dass man, folgt man den Durchgängen in eine Richtung, wieder am Eingang angelangt. Nur ein Raum ist etwas größer als die anderen. In diesem befindet sich die Theke, welche aus gestapelten Weinfässern besteht, auf denen die breite Ablagefläche befestigt ist. Ein Mensch, welcher nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine Fülle unübersehbar ist, steht dahinter und wischt mit einem Tuch einige Weingläser trocken.
Der Frostzwerg geht auf ihn zu und sagt zu ihm: "Sil zum Gruß. Wir suchen eine Unterkunft für die nächsten Tage und ein Mahl für den Abend. Könnt ihr damit dienen?"
"Herzlich Willkommen in meinem bescheidenen Haus", antwortet ihnen der Wirt überschwänglich und hängt sein Wischtuch an den Gürtel, direkt vor seinem dicken Bauch, "natürlich bekommt ihr alles, was ihr verlangt." Er macht eine weitausholende Geste mit der Hand und fügt hinzu: "Setzt euch, wo es euch beliebt. Ich werde sofort zu euch eilen." Gerade als sich Selket und Dror allerdings umdrehen wollen, um einen Platz zu suchen, ruft er: "Doch halt, sagt mir zuerst, was ihr trinken möchtet, dann kann ich euch gleich einen guten Schluck bringen. Ihr seid heute sicherlich weit gereist und eure Kehle ganz trocken."
Der Baumeister antwortet dem Wirt: "Wir nehmen zwei Gläser von eurem besten Wein." Er schaut dabei kurz zu der Elbe, glaubt aber keinen Widerspruch in ihrem Gesicht zu erkennen, so dass er dem Menschen noch einmal zunickt. "Sehr schön, sehr schön", sagt dieser, "ich werde ihn euch sofort bringen" und eilt zurück hinter die Theke.

Die Elbe und der Frostzwerg gehen ein Stück den Weg zurück, welchen sie vom Eingang aus genommen haben und finden schliesslich einen Tisch, welcher etwas abseits liegt.
Sie legen ihr Gepäck ab, um sich auf die beiden einzigen Stühle zu setzen. Es dauert nicht lange, bis der Wirt ebenfalls den Raum erreicht. Erst läuft er an ihnen vorbei, doch blickt er sich noch rechtzeitig um, um sie zu entdecken. "Ah, hier habt ihr euch versteckt. So...." er stellt zwei Gläser vor seine Gäste, deren Inhalt im Licht der Kerzen, welche über dem Tisch an der Wand befestigt sind, dunkelrot funkelt.
"Nun, was darf es denn zu essen sein," fragt er daraufhin und fährt gleich fort, seine Spezialitäten aufzuzählen. "Also empfehlen kann ich vor allem unsere Fischgerichte, Sorany-Forelle in Weinblättern, Blaufisch nach sûrmerer Art, Plattfisch gebacken in Bierteig oder Vinnrivils ..., das bin ich," ergänzte er, "Vinnrivils Krabbelteller mit einer großen Auswahl an allem, was so auf dem Meeresgrund zu finden ist."
Dror überlegt einen Moment, doch fällt es ihm schwer sich unter den Gerichten etwas vorzustellen, ist er doch im Fisch essen kaum bewandert. Schliesslich beschliesst er sich, dass der Bierteig recht verlockend klingt und teil dem Wirt seine Entscheidung mit, welcher sich nun mit fragendem Blick der Elbe zuwendet.

Als diese auch ihre Bestellung aufgegeben hat und der Wirt zurück hinter der nächsten Ecke der Wand verschwunden ist, setzt der Zwerg schliesslich das Gespräch fort, welches sie unterbrochen hatten, als sie die Botenvogelstation erblickt hatten: "Ihr sagtet ja schon, dass wir morgen getrennte Wege gehen sollten, um alles für unsere Weiterreise zu erledigen. Ihr solltet neben den Büchern, welche ihr suchen müsst, vielleicht auch in Lyrs Hallen nach Karten vom Wyrmschwanz fragen. Ich werde mich derweil ein wenig umhören, wie gut es sich dort derzeit reisen läßt und einige Dinge besorgen, welche wir ohnehin brauchen werden. Ihr solltet mir deshalb am besten sagen, was in eurer Ausrüstung noch fehlt." Er überlegt einen Moment und fragt dann schliesslich:"Was meint ihr, wie lange ihr benötigen werdet, um alles zu finden, was ihr sucht? Glaubt ihr wir könnten uns nach dem Mittag wieder treffen?

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 12. März 2005, 14:18 Uhr
Im Gasthaus angelangt überlässt Selket es dem Frostzwerg mit dem Wirt zu sprechen und sieht sich stattdessen erst einmal in der neuen Umgebung um. Vinnrivils Kelter macht seinem Namen alle Ehre und unterscheidet sich ziemlich von den Gasthäusern Talyras. Und man merkt dem Gasthaus deutlich an, dass Vînnar Teil eines berühmten Weinanbaugebietes ist. Die Atmosphäre in den Kellergewölben von Vinnrivils Kelter empfindet die Elbe als äußerst angenehm und das etwas düstere, aber warme Licht vom der Schein der Kerzen und Fackeln, welche überall in Haltern an den Wänden stecken, trägt sehr zu diesem Flair bei.
Als sich der Wirt erkundigt, was die beiden Reisenden trinken wollen und Dror darauf auch gleich eine passende Antwort findet, wendet Selket nichts dagegen ein. Der Frostzwerg hat in der Tat Recht, wenn man schon in Vînnar verweilt, so sollte man wenigstens einmal den berühmten Wein des Osterufers kosten. Und ein Glas darf ich mir wohl durchaus erlauben, denkt die Heilerin mit einem leichten Lächeln.

Die ruhige, etwas abgelegene Sitzecke, die Dror und Selket schließlich wählen, um es sich bequem zu machen und auf ihr Essen zu warten, liegt etwas abseits und leicht versteckt. Man bekommt hinreichend vom Geschehen im Gasthaus mit und sitzt doch gleichzeitig auch relativ ungestört. Schnell sind sowohl das Reisegepäck als auch die Mäntel abgelegt und man sitzt sich an einem kleinen, gemütlichen Tisch gegenüber, während sich der Wirt erkundigt, was sie zu essen wünschen. Dror braucht einen Augenblick um zu wählen und so hat die Heilerin hinreichend Zeit, um sich ebenfalls zu entscheiden. Als sich der Wirt, welcher sich mittlerweile als Vinnrivil vorgestellt hat, schließlich ihr zuwendet, erklärt sie daher ohne größeres Zögern, dass sie gerne einmal die Sorany-Forelle versuchen wolle. Bevor Selket ihre Aufmerksamkeit wieder auf Dror richtet, sieht dem Mann nach kurz hinterher. Vinnrivil, denkt sie bei sich und ein amüsiertes Lächeln huscht über ihr Gesicht. Wie passend. Dieser Mann und Amitaris Archon … in der Tat, der Name scheint in mehrerlei Hinsicht sehr zutreffend zu sein.

Schließlich lässt sie diesen Gedanken jedoch beiseite und widmet ihre Aufmerksamkeit wieder wichtigeren Dingen. „Oh, ich denke schon, dass ich bis zur Mittagszeit aus den Hallen Lrys zurück sein werde“, beantwortet sie Drors Frage, „immerhin weiß ich sehr gut, welche Schrift ich dort suche und die Priester in den Hallen werden mir gewiss schnell weiterhelfen können. Nach Karten vom Wyrmschwanz werde ich ebenfalls fragen. Auch nach einem Kartenzeichner, der uns eine gute Kopie anfertigt, könnte ich mich bei dieser Gelegenheit erkundigen.“ Fragend blickt die Elbe den Frostzwerg über den Tisch hinweg an und schweiget einen Moment, bevor sie den Gesprächsfaden wieder aufnimmt. „Bei Euren Besorgungen in der Stadt könntet Ihr mir noch ein bestimmtes Pulver besorgen“, kurz und knapp beschreibt die Heilerin worum es sich handelt, „ansonsten denke ich, dass ich soweit alles habe, was ich benötige. Achtet beim Kauf des Proviants einfach darauf, dass es möglichst haltbar und leicht zu verstauen ist. Wasser sollten wir ebenfalls in ausreichender Menge mit uns führen.“

Gerade als Selket den letzten Satz beendet hat, kommt Vinnrivil mit ihren Bestellungen um die Ecke. Gleich darauf haben Dror und Selket gut gefüllte, dampfende Teller vor sich stehen und ein köstliche Duft, welcher der Heilerin bewusst werden lässt wie hungrig sie ist, breitet sich mehr und mehr aus. „Habt Dank“, entgegnet sie dem Wirt, welcher sich knapp verbeugt und anschließend wieder hinter seine Theke verschwindet. Die Elbe erhebt das Glas. „Zum Wohl.“ Sie nickt Dror zu, dann kostet sie den dunkelroten, schimmernden Wein.
Dann widmet man sich dem Essen, welches relativ schweigsam verläuft. Geschickt zerteilt die Heilerin die Forelle vor sich auf dem Teller und kostet sie nachdenklich. Schließlich nickt sie leicht, der Fisch schmeckt in der Tat ausgezeichnet und der Wein passt recht gut dazu, auch wenn Selket normalerweise wohl eher einen hellen Wein gewählt hätte. So vergeht eine ganze Weile, da man das Essen nach der langen Seefahrt und den damit verbundenen, eher schlichten Mahlzeiten, sichtlich genießt. Doch irgendwann legt Selket das Besteck aus der Hand, nimmt noch einen Schluck von ihrem Wein und wartet geduldig bis Dror es ihr gleichtut.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 13. März 2005, 11:11 Uhr
Es dauert nicht lange, bis der Wirt die bestellten Gerichte bringt und sich Selket und Dror ihrem Essen widmen. Der Frostzwerg beobachtet, wie die Elbe den Fisch auf ihrem Teller von den Gräten befreit und ist froh, dass er anscheinend ein Essen gewählt hat, bei dem dies nicht nötig ist, scheint es ihm doch, dass dafür etwas Übung notwendig ist. Der Wein schmeckt ihm ausgezeichnet, ist sein Geschmack doch um einiges kräftiger und trockener, als er es von dem in der Weltenstadt gewohnt ist und auch der Fisch mundet ihm gut, auch wenn er sich während der Tage auf der Wappen von Ildala nach einem saftigen Stück Fleisch gesehnt hat.

Als sein Teller schliesslich leer ist, nimmt er einen weiteren Schluck aus seinem Glas, bevor er beginnt über den Wyrmschwanz zu erzählen oder zumindest darüber, was er über das Gebirge an der Grenze zu den Ostlanden gehört hat, als er in Kaerthos den Geschichten lauschte, die von Besuchern aus jener Gegend mitgebracht wurden. Auch Selket erzählt ein wenig von dem, was sie in ihrem langen Leben darüber erfahren hat, doch schon bald wechselt ihr Gespräch zu den Schwierigkeiten, welche die Reise in diesen rauhen Gebieten mit sich bringen kann und  sie erinnern sich an manche Erfahrungen, welche sie bei den eigenen Wanderungen gemacht haben.
Schliesslich kommt ihre Unterhaltung zum Erliegen und für einige Zeit gehen beide eigenen Gedanken nach, die durch ihr Gespräch wachgerufen wurden. Als der Baumeister nach seinem Glas greift, stellt er fest, dass es leer ist und ihm wird bewußt, dass ihn die Müdigkeit ein wenig erfasst hat.

"Ich glaube, wir sollten uns langsam zur Ruhe begeben, wir haben morgen einiges zu erledigen" sagt er zu Selket, woraufhin diese leicht nickt. Sie erheben sich nehmen ihre Sachen auf und gehen zurück zur Theke, um sich vom Wirt ihre Zimmer zeigen zu lassen, doch müssen sie einen Moment warten, bis er aus einem der Durchgänge zu ihnen geeilt kommt. Dror fragt ihn nach den Preis für zwei Nächte, sowie das Essen und bezahlt schliesslich, was Vinnrivil verlangt. Daraufhin führt dieser sie eine schmale Treppe hinauf zu den Zimmern. Ganz im Gegensatz zu dem Frostzwerg scheint der Wirt überhaupt nicht müde zu sein, munter erzählt er ihnen die neuesten Neuigkeiten aus der Stadt des Weines, doch rauschen die Worte am Ohr des Baumeisters vorbei, ohne dass dieser sie im Gedächtnis behält. Schneller als erwartet jedoch, verabschiedet er sich mit "Eine geruhsame Nacht" und eilt wieder in die Gaststube hinunter.

Dror wünscht der Heilerin ebenfalls eine gute Nacht, bevor er sein Zimmer betritt und, nachdem er sich einen Moment umgeschaut hat, den Riegel an der Tür vorschiebt. Er erinnert sich daran, wann er zuletzt in einem Gasthaus übernachtete, im Pfirsich, als er noch kein eigenes Zuhause in der Weltenstadt besass. Im Gegensatz zu den Zimmern dort, gibt es hier kein Fenster, denn dieser Teil des Hauses scheint bereits im Fels zu liegen. Der Baumeister legt sein Gepäck ab und zieht seine Stiefel und die wärmende Lederkleidung aus, bevor er sich ins Bett begibt. Trotz dem Gedanken daran, dass diese Nacht wohl genauso unruhig werden würde, wie die davor, versucht er ein wenig Schlaf zu finden.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 14. März 2005, 00:11 Uhr
Selket verabschiedet sich mit einem knappen Nicken von Dror und betritt die Kammer, die Vinnrivil ihr zugedacht hat. Sie schließt die Tür hinter sich, legt ihr Reisegepäck ab und sieht sich um. Der Raum ist fensterlos. Mehrere Kerzen, welche in Haltern brennen, die an den Wänden angebracht sind, spenden sanftes Licht. In einer Ecke der Kammer befindet sich ein schlichtes Bett, in der Ecke schräg gegenüber steht ein einfacher Tisch samt Stuhl. Direkt über dem Tisch brennt eine Kerze in der Halterung an der Wand. Die Elbe seufzt, sie fühlt sich müde und erschöpft und gleichzeitig jedoch ausgesprochen unruhig. Sie überlegt einen Moment lang, was sie tun soll, dann verlässt sie ihre Kammer noch einmal.

Unten im Schankraum erkundigt sie sich beim Wirt, ob er wohl etwas Tinte im Haus hat. Vinnrivil zieht kurz die Stirn aus und verschwindet hinter einem wallenden Vorhang. Kurz darauf kommt er mit einem kleinen Tongefäss und einer Feder zurück. „Ihr habt Glück. Für die Führung der Bücher ist immer etwas im Haus …“ Die Heilerin dankt dem Mann, wünscht ihm nochmals eine „Gute Nacht“ und steigt die Treppe zu ihrem Zimmer wieder hinauf. Dort angekommen schließt sie die Tür hinter sich, holt das Pergament hervor, welches sie in der Botenstation erstanden hat und setzt sich an den kleinen Tisch, um einen kurzen Brief an Yana aufzusetzen.

Bis spät in die Nacht hinein sitzt Selket da, Pergament und Tinte vor sich auf dem Tisch. Der Gedanke Yana zu schreiben kam ihr doch relativ spontan und auf einmal weiß die Heilerin nicht mehr, was sie dem winzigen Stück Papier vor sich auf dem Tisch überhaupt anvertrauen soll. Immer wieder nimmt sie die Feder zur Hand nur um sie gleich darauf wieder sinken zu lassen. Nicht einmal ein paar erste Worte wollen ihr einfallen und so sitzt sie lange regungslos da und starrt nachdenklich auf ihre Hände. Schließlich entscheidet sie den Brief mit einem freundschaftlichen „Ijea ti“ zu eröffnen. In den vergangenen Monaten ist Yana für sie fast so etwas wie eine jüngere Schwester geworden, weshalb der Heilerin die weniger förmliche Rede passend erscheint. Sie taucht die Feder in die Tinte und beginnt zu schreiben.

    Ijea ti, Yana,
    ich grüße und danke Euch für Eure Gebete. Amur und Vendis waren wahrhaftig milde gestimmt. Günstige Winde bescherten uns eine schnelle Überfahrt und unser Schiff, die Wappen von Ildala trug uns sicher über den Ildorel, so dass wir Vînnar wohlbehalten erreichten. Vor allem Herbstnebel scheint dankbar wieder festen Boden unter den Hufen zu spüren, doch auch ich danke den Göttern, dass wir das erste Ziel unserer Reise so schnell und unbeschadet erreicht zu haben.

Selket setzt die Feder kurz ab und überlegt, wie sie fortfahren soll. Wort für Wort nur Belanglosigkeiten. Aber was kann ich schon anderes schreiben? Die Elbe seufzt. So viele Dinge gäbe es zu sagen, zu schreiben, doch wäre ein einzelner Brief dafür niemals genug. Nicht einmal annähernd genug … Wieder taucht die Heilerin die Feder in das Tintenfass. Leise kratzend fährt der Federkiel gleich darauf abermals über das knisternde Pergament.
 
    Nun, hier in dieser einzigartigen Stadt angekommen, wünschte ich Ihr hättet uns begleiten können. Der Winter Vînnars ist etwas milder als jener in Talyra und die Vînnarfälle bieten wie mir scheint zu jeder Jahreszeit einen atemberaubenden Anblick. Die Stadt selbst lädt geradezu zum Verweilen ein, doch wird unser Aufenthalt hier wohl nur von kurzer Dauer sein und wohin Llaeron Schicksalsfüger unsere Schritte dann lenken mag, ist noch gänzlich ungewiss. So wird dieses Schreiben wohl die erste und einzige Kunde sein, welche Ihr von mir erhaltet, bevor ich im Frühjahr,  so es den sein soll, nach Talyra zurückkehre.

Doch auch das ist noch vollkommen ungewiss. Neuerlich lässt Selket die Feder sinken und hält inne. Ich könnte Yana den Park vollkommen überlassen und nie mehr nach Talyra zurückkehren. Einerseits ist dieser Gedanke sehr verlockend, andererseits … Selket schiebt ihn brüsk beiseite. Unmöglich, ich kann nicht ewig davon laufen. Das Kind … Und außerdem … - Ihre Miene nimmt einen Ausdruck ernster Entschlossenheit an. – … eine Jägerin lässt sich nicht einfach so zu einer Gejagten machen. Ihre ernsten Gesichtszüge lockern allmählich wieder auf. Die Elbe seufzt.

Ihr Blick ist auf die rote Seidenkordel gefallen, welche ebenfalls vor ihr auf dem Tisch liegt. Sie hatte das Band zusammen mit der Robe des Magiers in der Goldenen Harfe abgeben wollen, das seidene Stück Stoff dann jedoch in ihrer Tasche vollkommen vergessen, es erst jetzt wieder entdeckt und gemeinsam mit den Schreibutensilien auf den Tisch gelegt. Selket legt die Feder gänzlich aus der Hand, greift nach der Kordel und lässt sich die glänzende Seide spielerisch durch die Finger gleiten, während sie sie nachdenklich mustert. Hastig legt sie die Kordel wieder aus der Hand und macht sich daran das Schreiben an Yana zu beenden.

    Ayares isdiores ti, Yana, mögen Euch die Götter behüten.
    Ich hoffe es geht Euch gut.
    Selket

Die Heilerin legt die Feder aus der Hand und will nach Nguyens Seidenkordel greifen, um sie um das Schriftstück zu schlingen, um dieses damit zu verschließen, doch dann hält ihre Hand mitten in der Bewegung inne. Einen Moment zögert die Elbe, dann fügt sie ihrem Brief noch ein paar letzte Zeilen hinzu. Fast ein wenig widerwillig taucht sie den Federkiel ein letztes Mal in die Tinte und lässt ihn anschließend über das knisternde Pergament gleiten. Ihre Schrift ist klar und deutlich, doch die filigranen, geschwungenen Lettern stehen dicht beieinander, um den gesamten noch verfügbaren Platz auf dem kostbaren, kleinen Stück Pergament bestmöglich auszufüllen.

    Seid so gut und grüßt Nguyen Elda, falls Ihr ihn zufällig sehen solltet.
    Richtet ihm bitte aus, dass ich noch etwas besitze, was ihm gehört ...

Die Feder gleitet der Elbe aus der Hand, der Brief bricht abrupt ab und die letzten Worte bleiben für immer ungeschrieben, nur ein paar unförmige Tintenkleckse bleiben an ihrer Stelle auf dem Pergament zurück. Als Selket die letzten Sätze noch einmal liest, kann sie ein leicht hysterisches Lachen, in welches sich bittere Tränen mischen, nicht mehr zurückhalten. … noch etwas besitze, was ihm gehört ... Wie sich das anhört. Wieder fällt ihr Blick auf die Kordel. So vollkommen lächerlich. Und dennoch in mehr als einem Sinne wahr. Fünf Monde sind vergangen. Fünf Monde in denen Selket zu vergessen gelernt hat, sogar vollkommen vergessen zu haben glaubte, nur um jetzt umso schmerzhafter erfahren zu müssen, dass sie sich selbst in dieser Zeit ausgesprochen geschickt etwas vorgemacht hat. Nur ganz allmählich beruhigt sie sich wieder, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und faltet das Schreiben anschließend so, dass es später problemlos am Fuß eines Botenvogels befestigt werden kann.

Als dies getan ist, erhebt sich die Elbe. Den Brief lässt sie auf dem Tisch zurück, doch die Kordel nimmt sie wieder in die Hand. Bedächtig geht sie zu ihrem Lager für diese Nacht hinüber. Mittlerweile kommt sich die Elbe ausgesprochen albern und kindisch vor. Langsam setzt sie sich auf das Bett, öffnet ihren Zopf, greift nach ihrer Bürste und kämmt ihr Haar solange bis es glänzt und ihre Finger schmerzen, dann nimmt sie die rote Seidenkordel. Zum wiederholten Mal in dieser Nacht betrachtet sie das leuchtend rote Band lange und eingehend, während sie ihren Gedanken nachhängt. Schließlich schüttelt sie abrupt den Kopf, schiebt ihre Erinnerungen beiseite und bindet mit Hilfe der Kordel einen neuen Zopf. Erschöpft sinkt sie auf ihr Lager zurück und ist schon bald in tiefer Trance versunken.  

Lange verweilt die Elbe allerdings nicht in diesem Zustand, dennoch fühlt sie sich ausgeruht und erholt, als sie in aller Frühe wieder erwacht. Sie erhebt sich, macht sich für den Tag bereit, bindet ihren Zopf mit der Seidenkordel noch einmal neu und steckt ihn anschließend im Nacken zu einem festen Knoten zusammen, bevor sie nach einigem Reisegepäck greift und ihre Kammer verlässt, um in die Schankstube zu steigen. Den Brief an Yana hat sie bereits eingesteckt, als sie die Stufen der schmalen Treppe hinabsteigt. In Vinnrivils Kelter ist es noch ausgesprochen ruhig und Selket ist an diesem wie es scheint der erste Gast. Die Heilerin lässt sich an einem der Tische nieder, hängt ihren Mantel über die Lehne eines benachbarten Stuhles und legt den Brief vor sich auf den Tisch. Als Vinnrivil kommt um ihre Bestellung aufzunehmen, gibt sie ihm das Tintenfass zurück. Nachdem der Wirt wieder verschwunden ist, lehnt sich die Elbe zurück und wartet auf das Erscheinen des Frostzwerges.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 16. März 2005, 09:19 Uhr
Sheilar vergönnt es Dror nicht, lange in dem traumlosen Schlummer zu verharren, in den er nach einiger Zeit des Umherwälzens auf seinem Lager gefallen ist. Brennender Schmerz durchzieht den Rücken des Zwerges, als würde ein Flammenstrahl an seinem Rückgrat hinaufwandern, so dass er die Augen wieder aufschlägt. Doch erkennt er nicht die Schwärze des Zimmers in der vînnarschen Herberge, welche er zu sehen erwartet, sondern das Grau von Wolken, welche schwach von Faeyris beschienen einen nächtlichen Himmel verdecken. Er verspürt glühende Hitze unter seinem Körper und als er sich erhebt, stellt er fest, dass er sich auf einer schmalen Steinplatte befindet, welche am Rande eines rotglühenden Sees aus flüssigem Gestein liegt. Glühender Stein, erkennt er überrascht. Das Material, welches nur von Sil bearbeitet werden kann und mit dem er die Welt nach Eas Willen formt. Nicht zum erstenmal, steht Dror vor dem rotglühenden Gestein, aus dem immer wieder Blasen und kleine Fontänen aufsteigen, die jedoch schnell wieder von der breiigen Masse verschlungen werden. Auch im Nordwall gibt es einige wenige Stellen, an denen die Arbeit des Weltenschmieds noch nicht abgeschlossen ist, doch meiden die Zwerge sie zumeist aus Angst von Dronts formender Kraft erschlagen zu werden. Der Baumeister glaubt so etwas wie das Klingen eines Schmiedehammers zu hören, doch scheint es aus dem Inneren des Felses unter im heraufzudringen.

Als er sich umblickt, stellt er fest, dass die felsige Landschaft um ihn herum mit Schnee bedeckt ist. Am Rand der Steinplatte auf welcher er sich befindet, stoßen die beiden Elemente laut zischend aufeinander, doch scheint der sanfte weiße Hauch von Kenen der Frostmaid die Oberhand zu gewinnen. Schwarz und unförmig wird das gekühlte Gestein, nur noch von wenigen roten Adern durchzogen. Zwischen diesem und der dichten Schneedecke einen Schritt weiter, liegt ein kleines Stück Boden frei. Noch bevor es vom Schnee wieder zugedeckt werden kann, spriesst daraus ein kleines Pflänzchen empor. Die schmalen grauen Blätter und die kleine, weiße Blüte sind unscheinbar. Auch wächst es nur soweit empor, dass es lediglich ein klein wenig die Schneedecke überragen würde, wenn diese sich wieder über die Pflanze legt. Der Frostzwerg betrachtet sie genauer und eine Ahnung beschleicht ihn, worum es sich dabei handeln könnte. Seine Aufmerksamkeit bleibt allerdings nicht lange darauf gerichtet, denn er vernimmt nun, dass das Schlagen des Schmiedehammers, welches er schon zuvor gehört hat, immer lauter wird und den Boden unter ihm im GLeichklang beben läßt. Als er den Blick aufrichtet, kann er dessen formende Macht erkennen, denn die Welt scheint unter den Schlägen des unsichtbaren Weltenschmieders immer mehr wegzubrechen. Leere bleibt zurück, wo er auf die schneebedeckten Felsen niedersaust und immer schneller nähert er sich Dror, so dass jede Flucht unmöglich ist. Schliesslich bricht der Boden nur noch wenige Schritt vor ihm weg und als dem Baumeister bewußt wird, dass der nächste Schlag ihn erreichen wird, beugt er sich schützend über das kleine Pflänzlein vor ihm. Den nächste Hieb jeden Moment erwartend, wacht der Frostwerg schweißgebadet auf.

Obwohl er glaubt, dass es eine Ewigkeit dauert, gelingt es Dror für den Rest der Nacht noch einmal in einen leichten Schlaf zu fallen. Dank des weichen Bettes, welches üppig mit Stroh gefüllt ist, meldet sich sein Rücken nur selten zu Wort, bis er schliesslich wieder die AUgen in der Dunkelheit des Zimmers aufschlägt. Da der Raum kein Fenster besitzt kann der Zwerg nicht sagen, ob der Tag schon angebrochen ist. Er erhebt sich und reibt sich die Augen endgültig wach. Dann greift er nach seiner Axt und dem Rucksack, denn er möchte beides bis zum Abend nicht unbeaufsichtigt im Gasthaus zurücklassen und verlässt das Zimmer, um hinunter in den Schankraum zu gehen.

Als Dror die Gaststube erreicht findet er Selket bereits an einem der Tische sitzend. Auch sie scheint bereit, nach dem Morgenmahl den Erledigungen in der Stadt nachzugehen, stellt der Zwerg fest, als er sein Gepäck abnimmt und an die Wand lehnt.
"Einen guten Morgen wünsche ich euch. Ich hoffe ihr hattet eine geruhsame Nacht", sagt er zu der Heilerin gewandt, obwohl seine Gedanken um ganz andere Dinge kreisen.
Der Wirt erscheint und bringt ihnen Brot, Wurst, sowie etwas Käse. Ausserdem stellt er zwei becher, sowie einen Krug mit verdünntem Traubensaft auf den Tisch, wie er in Vînnar tagsüber häufig getrunken wird. Der Baumeister empfindet es nicht als unangenehm, dass Vinnrivil dabei nur das nötigste sagt und sich seine Mitteilsamkeit anscheinend für den Abend aufhebt. Dror überläßt es der Elbe, dass erste Stück Brot von dem Laib zu schneiden und nimmt sich dann genug, um den Tag mit einem gut gefüllten Magen zu beginnen. Während er isst, schweift sein Blick vom Tisch durch dem Raum und wieder zurück. Er muss an seinen Traum denken und versucht sich die Bilder noch einmal in sein Gedächtnis zu rufen, doch fällt es ihm schwer, sich an alles genau zu erinnern. Auch ist er sich nicht mehr sicher, welche Gefühle die nächtlichen Bilder in ihm hervorgerufen haben. Doch ist das überhaupt wichtig? Es war nur ein Traum.

Als er sein Mahl beendet hat, gießt er sich etwas von dem Traubensaft in seinen Becher und nimmt dann einen tiefen Schluck. Dem leicht säuerlichen Geschmack auf seiner Zunge, gelingt es seine Gedanken endgültig von der Nacht auf den heutigen Tag zu lenken. Er schaut Selket an, welche ihm gegenübersitzt. ihr rotes Haar, welches zu einem festen Knoten zusammengefügt ist, die Leere, welche ihn anstatt ihrem rechten Auge anblickt und die ungewöhnliche Farbe, welche das andere besitzt. Ob ihr zweites Auge genauso golden geleuchtet hat?, fragt sich der Zwerg, schiebt den Gedanken daran aber wieder beiseite. Stattdessen sagt er zu ihr mit einem leichten Lächeln: "Ihr müsst entschuldigen. Ich scheine heute morgen nicht besonders gesprächig zu sein." Er überlegt kurz, um nun doch ein Gespräch zu beginnen und fragt sie: "Habt ihr heute nacht den Brief geschrieben, welchen ihr nach Talyra senden wollt?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 16. März 2005, 13:19 Uhr
Es dauert nicht sehr lange, bis auch Dror in der Schankstube erscheint. Selket erwidert seinen Gruß kurz und knapp. Der Baumeister erweckt nicht den Eindruck, als läge eine erholsame Nacht hinter ihm, aber da er in Gedanken ganz wo anders zu verweilen scheint, fragt die Elbe nicht weiter nach. Das gemeinsame Frühstück verläuft daher auch eher still und schweigend. Man isst und widmet sich in Gedanken der Planung des bevorstehenden Tages. Die Elbe denkt an die hallen Lyrs und die Botenvogelstation und so vergeht die Zeit und sie beendet ihr Mahl. Nachdem sie ihr Frühstück beendet haben, scheint Dror bereit für ein kurzes Gespräch zu sein und richtet schließlich doch noch das Wort an Selket. Die Elbe blickt auf. „Ihr müsst Euch nicht entschuldigen“, meint sie freundlich. Dann deutet sie auf den Brief, der zwischen ihnen auf dem Tisch liegt und nickt.

„Ja, ich habe ein paar Zeilen geschrieben. Wenn ich in die Stadt gehe, werde ich gleich als erstes sehen, dass ich den Brief aufgebe. Vermutlich wird er Talyra erreichen, wenn wir Vînnar bereits wieder verlassen.“ Sie muss ein wenig lachen. „Nun wo der Brief fertig ist, bin ich mir allerdings gar nicht mehr so sicher, ob seine Empfängerin ihn überhaupt lesen kann.“ Die Heilerin schüttelt den Kopf. „Ich vergesse immer wieder gerne, dass nicht jeder darin bewandert ist. Doch wie ich Yana kenne, wird sie gewiss jemanden finden, der ihr den Inhalt des Schreibens vorlesen kann.“ Selket lächelt leichthin, dann blickt sie auf ihren leeren Teller, nimmt noch einen Schluck aus ihrem Becher und blickt Dror fragend an. „Ich werde wohl so langsam aufbrechen und Ihr ebenfalls, denke ich, oder?“

Die Elbe greift nach dem Brief, erhebt sich und schlüpft in ihren Mantel. Den Brief lässt sie in einer Seitentasche verschwinden. In diesem Moment kommt der Wirt, fragt ob wie das Frühstück geschmeckt hat und wartet seine Bezahlung ab, dann ist er wieder verschwunden. Ebenso wie Dror hat auch Selket ihre Waffen dabei. Das Kurzschwert schnallt sie sich nun wieder auf den Rücken, während der Langbogen locker über ihrer Schulter hängt. So ausgerüstet mag sie einen eigenartigen, befremdlichen Anblick bieten, doch hier, in dieser wenig vertrauten Umgebung, möchte sie sich unter keinen Umständen von ihren kostbarsten Besitztümern trennen. „Wir treffen uns zur Mittagszeit wieder hier?“, erkundigt sie sich noch einmal bei Dror, um sich die getroffene Vereinbarung vom Vorabend nochmals bestätigen zu lassen, dann verabschiedet sie sich und verlässt das Wirtshaus.

Vor dem Gasthaus trifft sie einen von Vinnrivils Burschen und erkundigt sich kurz nach Herbstnebel und lässt sich zu ihm führen. Nachdem sie sich selbst davon überzeugt hat, dass der Hengst gut in der Stallung von Vinnrivils Kelter untergebracht ist, macht sie sich auf den Weg zur Botenvogelstation. Herbstnebel würde sie gerne begleiten, doch die Heilerin lässt ihn zurück, momentan kommt sie in den Straßen Vînnars ohne ihn besser voran. Das Haus von Aldus Venra ist schnell erreicht und schon bald steht ihm die Elbe in seinem Käfigraum gegenüber. Die Vögel starren sie mit eindringlichen Augen an und man kann leises Krächzen und Flügelrascheln vernehmen. „Khel Dar“, grüßt die Heilerin den alten Mann und reicht ihm ihr Schreiben. „Erinnert Ihr Euch noch an mich?“

Venra lacht, seine Stimme klingt heiser und kratzend. „Sicher, sicher“, meint er. „Ein Brief nach Talyra, stimmt’s? Wohin genau?“ Selket nickt bestätigend. „Cerynitis Cerua, die Empfängerin heißt Yana Eichenblatt.“ Aldus Venra nimmt den Brief zur Hand, nimmt entsprechende Notizen vor und nickt dann ebenfalls. „Gut, Euer Schreiben wird sich sogleich auf den Weg machen.“ Er nennt den gewünschten Preis für seine Dienste. Selket greift nach dem Lederbeutel mit ihrem Geld und zahlt ihm die entsprechende Summe aus, anschließend verabschiedet sie sich und verlässt die Botenvogelstation, um zu den Hallen Lyrs aufzubrechen.

Während sie sich ihren Weg sucht, holt Venra einen Raben aus einem der Käfige und bereitet ihn für den langen Flug nach Talyra vor. Er befestigt Selkets Brief am Bein des Tieres, dann tritt er hinüber zu dem großen Fenster hinter seinem Schreibpult, flüstert dem Tier noch einige leise Worte zu und lässt den Raben dann fliegen. Der Vogel stößt einen lauten Schrei aus, breitet seine Schwingen aus und steigt in den morgendlichen Himmel empor.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 20. März 2005, 00:10 Uhr
"Ja, ich werde ebenfalls meinen Teil der Erledigungen in Angriff nehmen," antwortet Dror der Elbe, "allzuviel Zeit sollten wir in Vînnar nicht verbringen müssen." Ein wenig wundert es ihn, dass Selket einen Brief an jemanden schreibt, über dessen Lesekenntnisse sie sich nicht sicher ist. Und vor allem worüber schreibt sie? Es kommt dem Frostzwerg nicht so vor, als wären die letzten Tage auf der Wappen von Ildala besonders ereignisreich gewesen, so dass, selbst wenn es jemanden gäbe, der seine ungelenke Handschrift gerne entziffern würde, er sicherlich keinen Bogen Papier füllen könnte.

Während sich die Heilerin erhebt kehrt Vinnrivil zu ihnen zurück, um sich nach ihrer Zufriedenheit zu erkundigen und seinen Lohn zu erhalten. Der Baumeister zahlt ihm die gewünschte Summe, woraufhin die Elbe fragt: „Wir treffen uns zur Mittagszeit wieder hier?“
Dror nickt und fügt hinzu: "Ja, das sollten wir tun. Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurer Suche." Daraufhin verabschiedet sich seine Reisegefährtin ebenfalls und verschwindet in einem der Durchgänge, welcher in Richtung des Ausgangs führt. Der Baumeister überlegt einen Moment, wo er seine Suche nach Informationen über den Wyrmschwanz beginnen soll und entscheidet, dass das Gildenhaus hier in Vînnar wohl der beste Anlaufpunkt für ihn ist. Als der Wirt erneut zum Tisch kommt, um die Reste des Mahl zu beseitigen, fragt er ihn nach dem Weg dorthin und erhält eine ausführliche Antwort. Daraufhin erhebt sich der Frostzwerg ebenfalls, um seine Axt und seinen Rucksack aufzuladen und verläßt "Vinnrivils Kelter" in Richtung Marktplatz.

Die Beschreibung welche Dror erhalten hat, war sehr ausführlich und obwohl sich der Zwerg sicher ist, dass man den Weg auch mit weniger Worten hätte beschreiben können, ist es ihm doch lieber den langen Ausführungen des Wirtes zugehört zu haben, denn so fällt es ihm selbst hier in dieser fremden Stadt schwer, den Weg zu verfehlen. Ohne Probleme erkennt er die zahlreichen Wegmarken, welche ihm genannt wurden und obwohl die Stadt des Weines aufgrund der Architektur ihrer Gebäude ein ganz anderes Aussehen hat, als die Weltenstadt, sind manche Dinge scheinbar jeder Stadt eigen. So kreuzen sich die großen Strassen Vînnars, wie in Talyra auch auf dem Marktplatz und so erreicht der Baumeister diesen über das Pflaster, welches vom Hafen hinauf an Vinnrivils Kelter vorbei, bis zum südlichen Stadttor verläuft. Die Stände, welche hier ihren Platz haben, sind zur jetzigen Jahreszeit besser gefüllt als in der Weltenstadt, stellt Dror erfreut fest, da das Wetter hier selbst in den Wintermonden recht mild ist und selbst am Ende des Herbstes noch Früchte zu ernten sind, welche in einem kühlen Keller gelagert, den ganzen Winter über nur wenig von ihrer Frische verlieren. Der Zwerg beschaut erst einmal ein wenig die Stände, bevor er entscheidet, welche Dinge er kaufen will. Einerseits brauchten sie haltbare Lebensmittel, die auch nach einigen Tagen noch genießbar waren, doch konnten sie auch nicht die ganze Zeit über nur Trockenfleisch essen. Oder Trockenfisch..., wie Dror bei einem Verkäufer erkennt. Er läßt sich von diesem ein Stück zum probieren geben, doch kann ihn der Geschmack nicht überzeugen. Als er ihn die golden glänzenden Haut beißt, welche eingefallen am Körper des kleinen Tieres anliegt, spürt er auf der Zunge kaum mehr, als den Widerstand, welchen ihm der Fisch beim Kauen entgegenbringt. Ein wenig Holzrauch kann er vielleicht erahnen, doch nur, wenn er ein größeres Stück davon probiert.
Obwohl nicht viel für den Kauf des Trockenfisches spricht, läßt sich der Zwerg eine Portion einpacken, welche er als eiserne Reserve ganz unten in seinem Rucksack verstaut. Immerhin ist er billiger als Fleisch und hat kaum Gewicht, denkt er sich dabei, während er zum nächsten Stand geht.
Nach und nach kauft der Zwerg nun auch noch Trockenfleisch, zweifach gebackenes Weißbrot, welches in Weinblättern eingewickelt auch vor Nässe geschützt ist. Ebenso Äpfel, welche, trotz ihres Gewichts, für ein wenig Abwechslung sorgen sollen, sowie Hartwurst und trockenen Käse. An einem Kräuterstand kauft er noch ein kleines Säckchen mit Gewürzen, welche ihnen zugute kommen sollten, falls ihnen das Jagdglück doch einmal hold ist und er läßt sich noch von der Händlerin beraten, welche Blätter sich gut für einen wärmenden Sud eignen. Auch das Pülverchen, mit dessen Besorgung ihn Selket beauftragt hat, findet er hier, auch wenn die Kräuterfrau ihn etwas verwundert anschaut, als er seinen Wunsch erklärt. So glaubt Dror schliesslich für genügend Proviant gesorgt zu haben. Lediglich einen frischen Brotlaib werden wir noch brauchen, stellt der Zwerg fest, doch wird es wohl am besten sein, wenn wir diesen kurz vor unserer Abreise erstehen.
Mit einen nahezu leeren Geldbeutel und einem gut gefüllten Rucksack, dessen Riemen nun nicht nur in seine Schultern schneiden, sondern auch bei jedem Schritt schmerzhaft gegen seinen Rücken schlagen, verläßt Dror den Martplatz wieder, um sich Richtung Gildenhaus zu begeben.



Vînnars Gildenhaus liegt ein ganzes Stück vom Marktplatz entfernt, doch hätte es dem Frostzwerg nichts ausgemacht, noch ein ganzes Stück weiterzulaufen, wenn dafür der ganze Weg gepflastert wäre. Doch die Gilden haben ihr Domizil auf einer der zahlreichen Felsnadeln errichtet, welche ebenfalls zu der Stadt gehören und umspült von dessen Wasser hoch über dem Ildorel thronen.  Deshalb führt eine hölzerne Seilbrücke dorthin, welche der Baumeister zu überqueren hat. Die Holzbretter, welche man beschreiten muss, wenn man die andere Seite erreichen will, sind breit und bewegen sich kaum ihm Wind, denn sie sind so gebaut, dass selbst ein Fuhrwerk die Klippen erreichen kann. Trotzdem bewegt sich Dror nur sehr vorsichtig darüber hinweg, denn nicht nur die Seile sind an manchen Stellen von einem glasklaren Eispanzer umgeben, sondern auch die Bohlen sind teilweise von Glätte überzogen, welche einen, so denkt sich der Zwerg, recht schnell hinab in die Tiefe befördern kann, die durch die Lücken zwischen den Brettern hindurch zu sehen ist.

Er erreicht das andere Ende der Brücke und findet sich auf dem Gelände des Gildenhauses wieder. Das gesamte Plateau, auf dem sich Dror nun befindet, ist zu einem Garten umgestaltet worden, dessen Aussehen im Frühjahr oder Sommer eher zum Schlendern und Verweilen einlädt, als zum Besprechen von geschäftlichen Dingen. Ein breiter Kiesweg führt schliesslich zu einem Haus, dessen Eingang mit hohen Säulen, dessen Kapitelle aus Weinblättern sogleich auf die größte Gilde der Stadt hinweisen, eher dem eines Tempels gleicht. Um den gesamten Gebäudekomplex herum führt ein Gewölbegang, von dem zahlreiche Türen ins Innere abgehen und in dem man, zu wärmeren Jahreszeiten, zahlreiche Gildenmitglieder entlanggehen sehen kann, während diese in ernste Gespräche verwickelt sind. Gerüchten zufolge, wurde dieser Gang so angelegt, dass es nur den Gesprächspartnern selbst möglich ist, ihre eigenen Worte zu hören, ohne das das Gesagte weiter getragen wird und lauschende Ohren erreichen kann.
Doch obwohl Vinnrivil bei seinen Erklärungen nicht gerade den kürzesten Weg genommen hat, hat er diese Besonderheit des Gildenhauses vergessen zu erwähnen, so dass Dror nichts davon weiß. Doch selbst wenn er es wüßte, ist sein Anliegen nicht so geheimnisvoll, dass es notwendig wäre es unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen. Er will lediglich wissen, welche Schwierigkeiten momentan für Reisende im Wyrmschwanzgebirge zu erwarten sind. Eben jene Frage stellt er auch dem Schreiber, welchen der Frostzwerg nach ein einigem Suchen endlich findet, als er das Innere des Gebäudes betreten und die Vorhalle erreicht hat. Doch statt einer ausführlichen Antwort, erhält er lediglich den Hinweis: "Geht am besten zu Rendran. Er hat die besten Kontakte nach Blurreant und weiß, wann man das Gebirge durchqueren kann und wann nicht."
Der Beschreibung folgend, welche ihm der Schreiberling gibt, erreicht der Frostzwerg schliesslich eine Tür und tritt nach einem vorsichtigen Klopfen, welches von einem "Herein" erwidert wird, in ein Zimmer.
Der Raum gleicht denen, welche er ebenfalls aus dem Gildenhaus der Weltenstadt kennt. Pergamentrollen und Bücher jeder Größe liegen teilweise sortiert, teilweise scheinbar wahllos zusammengelegt in hölzernen Regalen, während ein breites Schreibpult in der Mitte des Raumes steht, hinter dem ein Mann mit schlechten Augen und gekrümmten Rücken seinem Tagwerk nachgeht.
Der Mann hinter dem Pult entspricht allerdings nicht ganz diesem Bild, ist er dich hochgewachsen und breitschultrig, so dass man das Gefühl hat, dass er noch nicht lange dieser Arbeit ausübt und als Händler auch immer selbst mit Hand angelegt hat, wenn seine Waren verladen wurden.

"Sil zum Gruß", beginnt der Zwerg das Gespräch und fügt gleich hinzu: "Mein Name ist Dror Silberbart. Ich gehöre der Gilde der Bauhandwerks in Talyra an und ich muss in einer privaten Angelegenheit durch den Wyrmschwanz reisen. Man sagte mir, dass ihr euch in diesem Gebiet recht gut auskennt, weswegen ich euch fragen will, ob ihr ein wenig Zeit entbehren und mir beschreiben könnt, welche Bedingungen Reisende dort vorzufinden haben."
"Ich grüße euch ebenfalls Dror Silberbart," anwortete der Schreiber, "ich bin Rendran Norus. In der Tat führen mich meine Reisen immer wieder von hier aus in die Ostlande oder nach Laigin noch weiter im Norden. Ich brauche euch sicherlich nicht zu sagen, dass es nicht unbedingt die beste Jahreszeit zum Reisen durch das Gebrige ist, denn ihr werdet sicherlich eure Gründe haben, gerade jetzt dort entlang zu wandern."
Er macht eine Pause und schaut mit fragendem Blick zu Dror, darauf hoffend etwas über dessen Ziele zu erfahren, doch dieser nickt nur, ohne weitere Erklärungen anzufügen, warum seine Reise nicht bis zum Frühjahr warten kann. So fährt der Schreiber schliesslich fort: "Wenn ihr lediglich nach Blurreant wollt, so muss euer Weg nicht durch die Berge führen. Eine Küstenstraße führt am Ufer des Ildorel entlang und streift nur deren Ausläufer. Sie ist teilweise gepflastert und selbst bei Schnee sollte man auf diesem Weg gut vorankommen."
Der Baumeister überlegt einen Moment, doch er ist sich sicher, dass es nicht reichen würde, lediglich den Wyrmschwanz zu passieren. Wenn, dann ist das Heilkraut sicherlich irgendwo im Gebirge zu finden. "Nein, ich denke wir müssen wohl das Gebirge selbst durchqueren", antwortet er deshalb Rendran.
"Dann hoffe ich, dass eure Gruppe klein und euer Gepäck nicht allzuschwer ist," fährt dieser fort. "Vom Osten her steigt der Wyrmschwanz sanft an, doch hier auf dieser Seite ragen die Felsen plötzlich steil vor einem auf. So kann es sehr schwierig sein, den Weg zu finden, wenn man die Handelsstraßen verläßt, welche in die Ostlande führen. Und selbst wenn man diese Wege geht, würde ich es sogar im Sommer kaum empfehlen mit schwerbeladenen Wagen zu reisen, denn selbst die besten Ochsen oder Pferde können diese an einigen steilen Stellen nicht die Strasse hinauf ziehen."
"Wir werden nur zu zweit sein," erklärt Dror ein wenig, um den anderen davon abzubringen, weiter über die Schwierigkeiten zu berichten, eine größere Menge Waren im Moment durch den Wyrmschwanz zu transportieren, "und in der Tat ist unser Gepäck so klein wie möglich."

Rendran brummt etwas missmutig, als er die Worte des Frostzwergs hört, weil er davon ausgegangen ist, dass dringende Geschäfte zu dessen Frage führten, erzählt dann aber weiter: "Nun, dann gibt es einerseits weit im Norden einen Pass, um den Wyrmschwanz zu durchqueren, doch dieser ist zurzeit zugeschneit und selbst für Wanderer nicht passierbar, es sei denn sie haben keine Scheu ihr Leben leichtfertig in die Hände der Götter zu legen. Die andere Möglichkeit ist hier im Süden die Passstrasse, welche ins Sturmtal führt. Doch es gibt manche Händler die diesen Weg meiden, da sie Angst vor den alten Legenden haben, welche um dieses Tal im Umlauf sind und stattdessen lieber den längeren Weg um die südlichen Ausläufer des Wyrmschwanzes herum in Kauf nehmen."
"Was sind das für Legenden?" fragt Dror etwas überrascht.
"Oh, ich bin kein guter Geschichtenerzähler," wehrt der Schreiber ab, "wenn ihr so etwas hören wollt, müsst ihr am besten in den Tanzenden Kobold gehen. Dort treffen sich die Waldläufer, Reisende aus dem Wyrmschwanz und ebenso die seltsamen, eigenbrötlerischen Bewohner des Hochlandes, wenn sie während einem ihrer seltenen Besuche in die Stadt kommen, um Waren zu tauschen. Man bekommt dort so ziemlich jede Geschichte erzählt, welche über den Wyrmschwanz im Umlauf ist und wenn man keinen Anstoß daran nimmt, dass die meisten davon sicherlich frei erfunden sind, kann man dort immerhin einen unterhaltsamen Abend verbringen. Doch wenn ihr mich fragt, reichen die Gefahren durch das unwegsame Gelände und die Witterung völlig aus. Und in Wirklichkeit werdet ihr selten jemanden dort antreffen. Zwerge womöglich, wie ihr. Sie wohnen dort, doch finden sie sich tief im Berg und wenn sie an die Oberfläche kommen, dann meist auf der Ostseite bei Belgrave. Die Hochlandbewohner wiederum fristen hoch in den Gipfeln ihr karges Leben, welches sich von dem ihrer Schafe kaum unterscheidet. Sie sind scheu und mögen keine Fremden."

Der Baumeister stellt fest, dass er bei Rendran Norus nicht mehr erfahren kann, als dafür notwendig ist eine Ladung Steine oder Stoffe durch das Gebirge zu transportieren. Er stellt noch ein paar Fragen, um das Gespräch nicht allzu abrupt enden zu lassen, dankt ihm  und verabschiedet sich schliesslich von dem Schreiber. Als er in die große Eingangshalle des Gildenhauses zurückgekehrt ist, erkundigt sich Dror bei einem vorbeieilenden Gildenmitglied nach dem Weg zum Tanzenden Kobold. Wie er fast erwartet hat, liegt es nahe dem östlichen Stadttor in einer Seitengasse, doch gut sichtbar von der Haupstrasse aus, welche vom Tor zum Marktplatz führt. So verläßt Dror das Gildenhaus wieder, um sich dorthin zu begeben.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 21. März 2005, 23:18 Uhr
Nachdem Selket die Botenvogelstation wieder verlassen hat, steht sie wieder auf dem Marktplatz. Der Weg bis zu Lyrs Hallen ist daher nicht ausgesprochen weit, denn die Bibliotehk befindet sich an seinem nordwestlichen Rand, und liegt somit nicht sehr weit vom Hause des Aldus Venra entfernt. Die Elbe greift kurz mit einer Hand nach dem Bogen über ihrer Schulter und rückt mit einer leichten Bewegung das Gepäck auf ihrem Rücken zurecht, dann überquert sie den Platz mit zielstrebigem Schritt und steht schon bald an der auffelligen Treppe, welche hinauf zum Portal der Bibliothek von Vînnar führt.  



Vînnar ~ Die Hallen Lyrs

Die Hallen Lyrs, so lautet der Name der alten Bibliothek von Vînnar, jener Stadt am östlichen Ufer des Ildorel, die für ihren herrlichen Wein weithin gerühmt wird. Das Hallen selbst thronen – wie die Stadt an sich – hoch über dem See und sind teilweise in den Felsen der steilen Uferklippen hineingetrieben. Eine steile, 60 Stufen umfassende Treppe führt vom Marktlatz bis zum Eingangsportal der Bibliothek hinauf, von wo man einen guten Blick über Stadt und Hafen besitzt.

Das Portal selbst wird von schlanken Säulen gesäumt, welche einen wunderschönen, halbrunden Balkon tragen. Die Säulen werden von wildem Wein überwuchert, der mittlerweile fast die gesamte Fassade bedeckt und in regelmäßigen Abständen zurück geschnitten werden muss, damit er nicht alles in Beschlag nimmt. Das große Portal mit seinem auffälligen Flügeltor wird von zwei steinernen Torwächtern flankiert.

Tritt man durch das Tor, so gelangt man in die Vorhalle, eine Art Durchgangsbereich, bevor man in die eigentliche Bibliothek eintreten kann. In dieser ersten Halle wird der nach Wissen suchende Gast von einem Archivar in Empfang genommen, welcher dem Gott Lyr geweiht ist. Alle Skriptoren und Gelehrte dieses Hauses in Vînnar sind immer auch gleichzeitig Priester Lyrs. Der jeweils gerade in der ersten Halle anwesende Bibliothekar wird sich nach dem Begehr des Gastes erkundigen, ihn in den Aufbau der Hallen einführen und genau erklären, wo man suchen muss, was man zu finden gedenkt.

Verlässt man endlich die erste Halle und tritt durch einen runden Torbogen, welcher nur durch einen einfachen Vorhang aus schwerem, dunkelblauem Tuch mit silbernen Stickereien verhüllt wird, so gelangt man die eigentliche Bibliothek. Die hohen Regale, welche Bücher, Schriftrollen und andere Dokumente aufbewahren, gehen immer links und rechts von einem breiten Mittelgang ab, welcher vor einer breiten Tür endet. In den Wänden der hohen Halle sind zudem kleine Alkoven eingelassen, ruhige Nischen in denen Tische, Stühle und Lesepulte stehen, welche mit Tinte und Pergament ausgestattet sind und so Gelehrte zum studieren einladen.

Vor der Tür am Ende des Ganges steht eine Wache. Nur die Archivare und Lyrpriester dürfen diese Tür durchschreiten. Den Wächtern selbst ist es untersagt. Hinter der Tür verborgen werden Bücher und Schriften aufbewahrt, die sehr alt oder sehr kostbar sind oder auf die aus anderen Gründen nicht jedermann freier Zugriff erlaubt wird.



Selket bleibt einen Augenblick an den Stufen stehen, welche hinauf zum Eingangsportal von Lyrs Hallen führen, dann geht sie langsam hinauf. Stufe um Stufe steigt sie die Treppe hinauf und macht erst wieder halt, als sie zwischen den beiden steinernen Torwächtern angelangt ist, welche jeden Besucher der Bibliothek mit starrem Blick empfangen und verabschieden. Selket betrachtet die Steinfiguren jedoch nur kurz und öffnet stattdessen die breiten Flügeltüren des Eingangsportals, um in die kleine Vorhalle der Bibliothek zu gelangen.
Die Türflügel haben sich noch gar nicht vollständig hinter ihr geschlossen, da steht auch schon ein Archivar an ihrer Seite, um sie zu empfangen. Der Mann trägt die üblichen Gewänder eines Lyr-Priesters, hat helles Haar, blasse Haut und wirkt irgendwie weder alt noch jung. Mit freundlicher, ruhiger Stimme richtet er das Wort an die Elbenfrau: „Lyrs Segen. Was kann ich für Euch tun?“ Selket lächelt. Wie Lyrs Tempel, so ist auch die unter seinem Schutz stehende Bibliothek ein farbenfroher, kunstvoller Ort, der geradezu zum Verweilen einlädt.

Die Elbe nickt dem Archivar zu und erwidert seinen Gruß. „Khel Dar“, erklärt sie höflich und stellt sich vor. „Mein Weg hat mich von Talyra aus über den Ildorel hierher zu Euch geführt, da man mir in der dortigen Bibliothek sagte Ihr würdet in Euren Hallen das Original eines sehr alten Dokuments verwahren. Die Abschrift in der Bibliothek von Talyra ist bedauerlicherweise nicht mehr ganz vollständig, weshalb ich gekommen bin, um Euch um die Erlaubnis zu bitten, mir Einblick in das Dokument zu gewähren, welches sich hier in Eurer Obhut befindet.“ Höflich sieht sie ihren Gegenüber an, während sie auf die Reaktion des Mannes wartet, welcher nachdenklich die Stirn runzelt und sich ihre Worte augenscheinlich erst einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen muss. Hin und wieder murmelt er etwas, schüttelt knapp den Kopf und legt die Hand gedankenvoll ans Kinn. So dauert es eine Weile bis er endlich zu einer Antwort bereit ist. „Am besten wird es sein, wenn Ihr mit Orchon Schneehaupt sprecht“, erklärt er schließlich freundlich und bedeutet der Heilerin ihm zu folgen. „Kommt, ich werde Euch zu ihm führen.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 22. März 2005, 21:39 Uhr
Der Tanzende Kobold ist von der breiten Strasse aus, welche zum Stadtor hinausführt gut zu finden, ist doch ein Exemplar seiner Art an die helle Mauer des Eckhauses gepinselt, welches an der Kreuzung zwischen der Strasse und der kleinen Gasse, in welcher sich das Gasthaus befindet, steht. Dror folgt dem darunter angebrachten Pfeil, um schliesslich einen Moment vor dem Tor zu der Schänke stehenzubleiben. Ein kleiner Garten umgibt das Haus, welcher im Sommer sicher zum Verweilen einlädt, doch jetzt sind die hölzernen Bänke und Tische mit braunen Blättern bedeckt, welche in kleinen Pfützen schwimmen, die der letzte Regen zurückgelassen hat. Nachdem er sich umgesehen hat, durchquert der Baumeister den Torbogen und öffnet schliesslich die Tür, um in die Gaststube zu gelangen.

Dem Frostzwerg schlägt dicke Luft aus Pfeifenqualm und Holzrauch entgegen, als er den Schankraum betritt. Die kleinen Fenster lassen nur spärlich das Sonnenlicht hindurch und sorgen selbst jetzt am Tage für dämmriges Licht. In der Mitte des Raumes, zwischen den Tischen, brennt ein Feuer, welches für Wärme sorgt, doch sitzt kaum jemand in dessen hellen Schein. Die wenigen Besucher haben sich einen Platz an den Wänden gesucht, wo die Schatten ihre Gesichter verdecken.
Dror geht schliesslich zu der schmierigen Theke, über die der Wirt gelangweilt und eher aus Gewohnheit, als aus dem Bedürfnis für Sauberkeit zu sorgen, mit einem Leinentuch wischt. Auf das "Sil zum Gruß" des Baumeisters antwortet er mit einem Brummen und Nicken und blickt den Zwerg kurz über die Theke herab an.
"Ich suche jemanden der ausführlich Auskunft über das Wyrmschwanzgebirge geben kann. Mir wurde gesagt, dass es hier Waldläufer und andere Personen gibt, welche sich dort gut auskennen," sagt der Zwerg
Einen Moment schaut ihn der Wirt mit aufmerksamen Augen an, um herauszufinden, welchen Grund der Zwerg dafür haben könnte, etwas über den Wyrmschwanz in Erfahrung zu bringen, doch schnell nimmt sein Gesicht wieder den gelangweilten Ausdruck an, welchen es bereits vorher gehabt hat.
"Sprecht mit Sendril", sagt er schliesslich, "er hat Reisende durch das Gebirge gebracht, seit ich denken kann, doch seit ihm das Bein zerschmettert wurde, als ein Händlerkarren umkippte, sitzt er den ganzen Tag dort in der Ecke und redet mit sich selbst."
Der Frostzwerg schaut in die Richtung, welche der Gastwirt weist, dankt ihm und folgt dann seinem Rat.

Noch bevor der Baumeister den Tisch des ehemaligen Waldläufers erreicht, hört er dessen Stimme, die in ein leises Streitgespräch mit sich selbst verwickelt scheint.
"Entschuldigt," sagt er deshalb, bevor er sich weiter nähert, "hättet ihr einen Moment Zeit, um mit mir zu sprechen?"
"Was, wer ist da?" läßt sich die kratzige Stimme jetzt lauter vernehmen und der Kopf des Mannes hebt sich, um sich Dror zuzuwenden. "Was wollt ihr?"
Der Frostzwerg kommt nun näher heran und setzt sich auf den Stuhl, welcher dem Alten gegenübersteht. Dessen Gesicht ist hager und wettergegerbt, das schulterlange Haar hängt ihm in fettigen Strähnen ins Gesicht und der einstige Glanz seiner hellen Augen ist getrübt.
"Mein Name ist Dror Silberbart", stellt sich der Zwerg vor und fügt hinzu: "Ich muss in den nächsten Tagen zu einer Reise aufbrechen, die mich durch den Wyrmschwanz führt und ich habe gehört, ihr könntet mir etwas über diese Gegend erzählen."
"Ohh", sagt sein Gesprächspartner überrascht und versichert dann: "Na, da habt ihr genau den richtigen gefunden, Silberbein..."
"...bart, Silberbart", unterbricht ihn Dror.
"Na egal, wie auch immer " fährt der Waldläufer fort, wobei man merkt, dass seine Begeisterung wächst, "ich kann euch Geschichten erzählen, die niemand anders kennt."
"Minkin", ruft er plötzlich laut durch den Raum, "bring uns eine Flasche von deinem besten Wein und zwei Gläser für uns beide."
Noch während der Wirt hinter der Theke nach dem gewünschten sucht, beginnt der Waldläufer zu erzählen: "Also wo beginnen wir am besten. Nun eins müsst ihr zuallererst wissen. Es wimmelt im Wyrmschwanz nur so von Ruinen und verlassenen Städten, also solltet ihr keine Angst haben, hin und wieder Geistern zu begegnen."
Als er Dror skeptisches Gesicht sieht, fügt er hinzu: "Ich weiß, ich weiß, niemand glaubt so etwas. Ich habe früher genauso geschaut, wie ihr, wenn mir jemand so etwas erzählt hat, doch schliesslich musste ich es selbst erleben. Ich weiß es heute noch genau. Es war eine trübe Nacht und die Sterne zum großen Teil von dicken Wolken bedeckt."
Der Wirt bringt die Gläser und eine Flasche Wein herbei und nach einem kurzen Blickwechsel zwischen den dreien, zieht Dror seinen Geldbeutel heraus, um zu bezahlen. Währenddessen wird ihm von seinem Gegenüber bereits das Glas gefüllt und dieser fährt mit seiner Erzählung fort: "Also wie gesagt, es war trübe und neblig und ich war bei der Ruine Habichtsnest, als plötzlich ein Lichtstrahl von Faeyris durch die Wolkendecke drang..."

So berichtet der Waldläufer ununterbrochen Geschichten aus seinem Leben. Glücklicherweise gelingt es Dror immer wieder hier und dort einzuhaken und die Erzählungen in eine Richtung zu lenken, welche ihm nützlich für die weitere Reise scheint. Je mehr Wein der Alte trinkt, und er besteht darauf, dass Dror ebensoviel davon zu sich nimmt, desto schneller fließen die Worte aus seinem Mund und erst bei der vierten Flasche wird seine Zunge schwerer.
Der Baumeister glaubt nun genug Informationen erhalten zu haben, dankt seinem Gesprächspartner und verabschiedet sich von diesem. Als er sich erhebt, spürt er plötzlich ein leichtes Schwindelgefühl. Ein "Uuiii" rutscht ihm heraus und während er sich am Tisch festhält, stellt er fest, dass er sich für einen Moment wieder auf das schwankende Deck der Wappen von Ildala zurückversetzt fühlt. Doch da seine Erfahrungen auf dem Schiff erst einen Tag zurückliegen, gelingt es ihm recht schnell mit dem leicht schwankenden Boden zurecht zu kommen, so dass er den Weg zurück zu Vinnrivils Kelter antreten kann.
Als Dror den Tanzenden Kobold verläßt, weht ein kalter Wind durch die Strassen und klärt seinen Kopf etwas. Er stellt fest, dass es schon später als gedacht ist und so beeilt er sich in das Gasthaus am Marktplatz zurückzukehren, um Selket nicht allzulange warten zu lassen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 23. März 2005, 19:33 Uhr
Der Archivar wendet sich um und geht voraus, nachdem er sich noch einmal versichert hat, dass ihm die Heilerin folgt. Er führt sie durch einen runden Torbogen, welcher mit einem Vorhang aus schwerem dunkelblauem Stoff versehen ist, auf dem silberne Stickereien erkennbar sind. Die Elbe und ihr Führer gelangen auf einen breiten Mittelgang, von welchem links und recht hohe Regale abgehen. Der Archivar würdigt die Regale jedoch keines einzigen Blickes und geht zielsicher den Gang hinunter auf eine Tür zu, vor der ein Wächter postiert ist. Davor angelangt wendet er sich erneut an die Heilerin. „Wartet bitte hier, ich bin gleich wieder bei Euch.“ Er lächelt sie höflich an, dann lässt er sich von der wache dir Tür öffnen und verschwindet in den dahinter gelegenen Räumlichkeiten.

Selket nutzt die Zeit um sich näher in der Bibliothek umzusehen. An den Enden der Regalreihen kann sie Alkoven erkennen, die in die Wände eingelassen sind, so dass ruhige Nischen entstehen, in denen Gelehrte, Skriptoren und Archivare in aller Ruhe arbeiten können. Obwohl in den Hallen Lyrs eine angenehme Stille herrscht, wie wohl in jeder Bibliothek, so vermitteln die freundlichen Farben in der vom Licht durchfluteten Halle eine angenehme, heitere Atmosphäre. Einige Zeit steht die Elbenfrau so da und lässt den Blick schweifen, aber gerade als sie zu einem der Regale hinübergehen will, um in einer der zahlreichen Schriften zu stöbern, öffnet sich die geschlossene Tür und der Archivar kommt in Begleitung eines gebeugten Greises mit schlohweißem Haar, welches von einigen letzten schimmernden Silbersträhnen durchzogen ist.    

Orchon Schneehaupt, fährt es der Elbe unweigerlich durch den Kopf und sie neigt ehrerbietig das Haupt, denn das Amtssiegel gibt den Alten als Obersten Archivar zu erkennen. Der greise Mann, ein Mensch, stützt sich, vom Alter gebeugt, auf einen hellen Holzstab. Er ist recht klein und wirkt durch die gekrümmte Körperhaltung sogar noch kleiner, als er ohnehin wohl schon ist. Faltige Haut spannt sich über gebrechliche Knochen und lässt den Alten ausgesprochen runzelig und ausgemergelt erscheinen. Er besteht scheinbar nur noch aus Haut und Knochen, denkt Selket und verspürt mit einem Mal so etwas wie wahrhaftige Dankbarkeit für die Kraft ihres elbischen Blutes. Als sie dem Greis jedoch in die Augen blickt, ist sie erstaunt.

Wache, ungewöhnliche helle und strahlend blaue Augen begegnen dem ihren und lassen einen aufgeweckten, messerscharfen Verstand erkennen. „Lyrs zum Gruß. Was führt Euch zu mir?“, fragt Orchon freundlich, mit knarrender und überraschend kräftiger Stimme. „Khel Dar“, erwidert Selket und neigt abermals leicht das Haupt, bevor sie mit sachlicher Stimme und so wenigen Worten wie möglich schildert, weshalb sie die Hallen Lyrs aufgesucht hat. „Hm“, der Oberste Archivar reibt sich kurz das Kinn. „Normalerweise würde ich Euer Ansinnen ablehnen, doch will ich einmal eine Ausnahme machen, da die Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit zu sein scheint.“ Der Greis wendet sich an den jüngeren Archivar, der bisher schweigend neben ihm gestanden und das Gespräch verfolgt hat. „Hol die gewünschte Schrift“, erklärt Orchon. „Du weißt welche.“ Der Jüngere verbeugt sich. „Gewiss.“ Hastig verschwindet er hinter der bewachten Tür und kehrt bald darauf mit dem gewünschten Dokument zurück.

Der Oberste Archivar nimmt es lächelnd entgegen und reicht es der Elbe, nachdem er ihr zuvor noch einige Ratschläge und Hinweise gegeben hat. Dann verabschiedet er sich. „Archen wird bei Euch bleiben und Euch behilflich sein. Wenn Ihr also einen alten Mann entschuldigen wollt …“ Er lächelt fast ein wenig spitzbübisch und zieht sich in seine Gemächer zurück, während Selket und der junge Archivar zu einer der Wandnischen hinübergehen, um die Schrift auf einem der Schreibpulte auszubreiten. Da die Heilerin bereits weiß, wonach sie suchen muss, hat sie bald entdeckt, was für sie von Bedeutung ist und nachdem Archen ihr etwas Pergament und Tinte gebracht hat, beginnt sie sogleich zu schreiben. Der Archivar ist ihr dabei eine große Hilfe, da er den zwergischen Text, ebenso wie der Archivar aus der Bibliothek von Talyra, ausgezeichnet zu entschlüsseln versteht, was Selket einige Mühen erspart und ihre Arbeit sehr erleichtert. Seite um Seite beginnt sich daher zu füllen, bis die Elbe endlich zufrieden die Feder aus der Hand legt und dem Archivar den kostbaren Text wieder aushändigt.

„Habt Dank“, erklärt sie und faltet das Pergament sorgsam, um es in einem Lederbeutel zu verstauen. „Ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr Ihr mir damit geholfen habt.“ Sie lächelt freundlich und will sich gerade verabschieden, als ihr noch etwas einfällt. Fragend blickt sie den Archivar an. „Kann ich Euch noch um einen letzten Gefallen bitten?“ Archen nickt freundlich. „Selbstverständlich.“ Die Elbe sieht ihn dankend an. „Bestimmt habt Ihr öfter mit Kartenmachern zu tun. Ich kenne Vinnar nicht sonderlich gut, deshalb wollte ich fragen, ob ihr mir vielleicht sagen könnt, an wenn ich mich wenden muss, wenn ich eine Karte vom Wyrmschwanz benötige …“ Der Archivar muss nicht lange überlegen. „Wendet Euch an Relthan, er zeichnet die besten Karten weit und breit.“ In kurzen Worten schildert er der Elbe, wie sie den Mann am besten finden kann. Diese verabschiedet sich schließlich noch einmal mit etlichen Dankesworten, bevor sie die hallen Lyrs verlässt.

Die Sonne steht bereits verdächtig hoch am Himmel, als Selket endlich wieder auf der Treppe vor der Bibliothek steht und auf den Marktplatz hinabblickt. Schon so spät? Ich sollte mich besser beeilen. Hastig eilt sie die zahlreichen Stufen zum Platz hinab und begibt sich auf direktem Weg zurück zu Vinnrivils Kelter, wo Dror vermutlich bereits auf sie warten wird.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 28. März 2005, 22:33 Uhr
Dror erreicht den Marktplatz zu selben Zeit, wie Selket und so treffen sich beide, am Eingang der Gasse, welche zu Vinnrivils Kelter führt. Da die Wintersonne an diesem Tag von einem blauen Himmel aus auf die Strassen Vînnars scheint, beschliessen die beiden, ihre Informationen anstatt in den Kellergewölben des Gasthauses, während eines Spazierganges durch die Stadt des Weines auszutauschen.
Bald erreichten sie einen großen Park, welcher um den Lauf des Sorany angelegt worden ist. Auch wenn die meisten Bäume kahl und der Boden zumeist von braunen Blättern bedeckt ist, ist es angenehm hier entlang zu gehen, bleibt doch das hektische Treiben auf den Strassen hinter der kleinen Mauer zurück, welche die Anlage umschliesst und

Langsam schlendern die Elbe und der Zwerg hier entlang, während Dror erzählt, was er in Erfahrung gebracht hat. Er berichtet von den Pässen, die für sie jedoch kaum interessant sind, da sie nicht die Ostlande bereisen wollen, sowie von der Strasse, welche direkt am Ildorel nach Blurreant führt.
"Das Gebirge selbst soll auf dieser Seite sehr rauh und zerklüftet sein, wurde mir erzählt," fährt der Baumeister fort, "doch es leben nur recht wenige Menschen dort. Nur ganz oben auf den höchsten Plateaus gibt es ein Volk von Bergbewohnern, die allerdings Fremde meiden. Kommt man ihnen und ihren Behausungen nicht zu nahe, so sollen sie ganz harmlos sein."
Dror spürt erneut ein leichtes Ziehen an der Hüfte, hervorgerufen durch seinen Rücken, doch fällt es ihm noch leicht, dies zu ignorieren. Er ist froh, dass der kalte Wind seinen Kopf schnell wieder vom Weingenuss geklärt hat. Lediglich sein Gesicht ist davon noch leicht gerötet und von dem Zwerg kaum bemerkt, läßt der Traubensaft ihn etwas schneller als gewöhnlich sprechen.

"Vor einiger Zeit muss das allerdings anders gewesen sein. Es gibt zahlreiche Burgruinen. Die meisten stehen leer, doch hin und wieder dienen sie Wegelagerern als Unterschlupf. Handelskarawanen lassen sie zumeist ziehen, da diese zu gut bewaffnet sind, doch einzelnen Wanderern, wie uns, könnten sie durchaus gefährlich werden. Die Frage ist nur, ob sie jetzt im Winter, wenn im Gebirge kaum Nahrung zu finden ist, nicht doch eher in die Täler hinabgestiegen sind und wieder bis zum Frühjahr warten, um in ihre Verstecke zurückzukehren."
"Ausserdem," ein Grinsen legt sich auf sein Gesicht, "müssen wir in den Ruinen mit Geistern rechnen." Er hebt dabei die Augenbrauen. "Ihr glaubt gar nicht, wieviele Geschichten ich mir darüber hätte anhören können. Das Gebirge scheint voll davon zu sein. Geisterburgen, Geisterstädte, Untote, vergessene Elfenheiligtümer, eine uralte Koboldstadt. Nunja, immerhin kann ich euch versichern, dass es die zwergischen Silberminen wirklich gibt, auch wenn wir kaum Gelegenheit haben werden, sie zu besuchen. Was wirklich schade ist. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie wunderbar es in diesem Minen aussehen muss. Überall an den Wänden ziehen sich silbrige Adern durch das Gestein und das Licht wird von ihnen reflektiert, so dass die Räume in hellem Glanz erstrahlen."
Es ist wirklich eine Schande, dass wir so nah daran vorbeiziehen müssen, ohne eine Möglichkeit zu haben dort vorbeizuschauen, denkt sich der Zwerg, doch ist ihm klar, dass jede Verzögerung, welche sie sich leisten, ihm gefährlich werden könnte.

Der Baumeister überlegt kurz, bevor mit etwas anderem fortfährt: "Ohnehin müssen wir damit rechnen, dass wir die meiste Zeit durch Schnee laufen werden und kaum eine Möglichkeit haben, Nahrung zu finden. Auf der Westseite des Wyrmschwanzes ist die Vegetation weniger dicht, als an den sanften Hängen der Ostseite. Zwar sind die Ausläufer mit Wald bedeckt, doch dahinter steigen die Berge steil auf und ihre Plateaus sind meistens baumlos, so dass man dem Wetter oft schutzlos ausgeliefert ist. Ich denke, wir müssen abwarten, wie weit wir die Berge hinaufsteigen müssen, um das Heilkraut zu finden. Wie wird es in eurer Sprache genannt? Iôrlana?" Die Heilerin nickt, woraufhin der Zwerg weiterfragt: "Was habt ihr darüber in Erfahrung gebracht? Konntet ihr die Schriften finden, welche ihr suchtet?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 30. März 2005, 19:47 Uhr
„In der Tat“, erwidert Selket. „Ich hatte Glück und der Oberste Archivar in den Hallen Lyrs hat mir Einsicht in die Schriften gewährt, die ich zu sehen wünschte. Die Aufzeichnungen sind wahrhaft alt, doch werden sie gut gepflegt. Die Seiten, welchen in der Abschrift im Haus der Bücher fehlten, waren vollständig erhalten und so ist es mir gelungen, meine Aufzeichnungen zu vervollständigen.“ Die Elbe schweigt einen Moment, während sie langsam neben Dror hergeht und die Bäume des Parks betrachtet. Einen momentlang schweifen ihre Gedanken ab und mit einem Mal hat die Heilerin für wenige Augenblicke das Gefühl über die vertrauten Wege von Cerynitis Cerua zu laufen. Schnell zwingt sie sich, diese Gedanken beiseite zu schieben und sich wieder auf ihre gegenwärtige Situation zu konzentrieren.

„Iôrlana, in der Handelssprache bedeutet dies übrigens Eiskönigin, wächst nur in höheren Gebirgslagen, zumindest sagen dies alle Textpassagen, die ich finden konnte. Wir müssen also, wie Ihr bereits angedeutet habt, mit einer recht ungemütlichen und beschwerlichen Reise rechnen, denke ich.“ Selket macht eine kurze Atempause bevor sie fortfährt. „Die Heilpflanze gedeiht übrigens ausschließlich in der Nähe von heißen Quellen, weshalb sie auch im Winter noch zu finden ist“, erklärt die Elbe schließlich. „Da aus dem vollständigen Rezept hervorgeht, dass wir weder die Blätter noch die Blüten, sondern lediglich die Wurzeln der Eiskönigin benötigen werden, hat dies den Vorteil, dass sich die Wurzel trotz der ungünstigen Jahreszeit gut aus dem Boden entnehmen lassen wird, da die Erde in der Nähe der Quellen gewiss nicht hart und gefroren ist.“ Selket lächelt, während sie neben dem Frostzwerg durch den herrlichen Park wandert und das kalte, aber sonnige Wetter genießt.

„Die Archivare haben mir übrigens einen Kartenmacher empfohlen. Sein Name ist Relthan. Wir sollten ihn sobald wie möglich aufsuchen. Am besten wäre es, wenn wir uns gleich auf den Weg zu ihm machen würden, oder was meint Ihr“ Fragend blickt Selket Dror an. „Wir – Ihr, denkt sie im Stillen. – sollten keine unnötige Zeit mehr vergeuden, der Weg durchs Gebirge wird uns vermutlich genug davon kosten.“ Sie bleibt stehen und wartet ab, was der Frostzwerg entgegnen wird, dabei überblickt sie die Wege des Parks, so gut es eben geht und versucht schon einmal zu erkunden, welche Richtung sie am besten als nächstes einschlagen sollten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 02. Apr. 2005, 00:04 Uhr
Eiskönigin? Dieser Name kann nur ein gutes Omen sein, denkt sich Dror, als er hört, was die Heilerin über die Pflanze zu berichten weiß. Vielleicht erweist mir Kenen tatsächlich die Gnade, mich vor Sils Fluch zu schützen. Kann es für einen Frostzwerg ein deutlicheres Zeichen der Hoffnung geben, als das Heilmittel für eine Krankheit in den eisigen Höhen eines Gebirges zu finden?
Der Frostzwerg fühlt sich an seinen Traum erinnert, ebenso, als die Elbe erklärt, dass die Pflanze an heissen Quellen zu finden ist.

Einen Moment laufend sie schweigend weiter und nur das Rauschen der Sorany-Fälle ist zu hören. Als Selket ihm vorschlägt möglichst gleich den Kartenmacher aufzusuchen, stimmt er ihr zu. Es ist ein mehrtägiger Marsch zum Wyrmschwanz und Dror hat das Gefühl, dass er mit jedem Tag weniger in der Lage dazu ist, lange Strecken zu marschieren. Noch kann er den Schmerz ignorieren, welcher sich hin und wieder bemerkbar macht, doch wie lange würde es so bleiben?
"Ja, lasst uns am besten gleich aufbrechen", antwortet er Selket, "ihr kennt den Weg?". Die Heilerin nickt und geht schliesslich zielstrebig auf ein Ende der Parkanlagen zu.

Jetzt, nach der Mittagsstunde sind die Strassen Vînnars voller Menschen. Die Elbe und der Frostzwerg schlagen einen Weg auf einer der Haupstrassen der Stadt ein. Sie laufen durch das Böttcherviertel, einem der größten Teile des Handwerkerviertels, in dem für die Stadt selbst und die umliegenden Dörfer die Weinfässer hergestellt werden. So gelangen sie schliesslich in den südlichen Teil der Stadt in dem es nicht mehr so hektisch zugeht, wie in der Nähe des Marktplatzes und die Häuser größer und herrschaftlicher sind als nahe am Ildorel.
An einer Strassenecke schaut sich die Elbe kurz um, bevor sie ihre Schritte weiter nach links lenkt. Auch in dieser Seitenstrasse stehen Häuser mit mehreren Geschossen, welche meist von einer hohen Mauer umgeben sind und den Blick auf die Gärten der hier wohnenden Händler versperren. Lediglich die reich verzierten Eingangstore lassen etwas von der Pracht dahinter erahnen.

Als sie an einer weiteren Kreuzung in eine Gasse abbiegen stehen sie plötzlich vor einem Haus, welches den anderen in diesem Viertel in keinerlei Hinsicht gleicht. Fast scheint es, als würde es von den hohen Mauern der Grundstücke um es herum erdrückt und jeglichem Lichtes beraubt werden. Nur ein schmaler Streifen wuchernder Gräser und Sträucher bildet den Garten, der von einem altersschwachen hölzernen Zaun umgeben ist.
"Ist es das?" fragt Dror skeptisch, als er das windschiefe Gebäude sieht.
"Ja, so wurde es mir beschrieben", bestätigt die Elbe und geht darauf zu. Die verrostete Gartentür, welche nur noch in einer Angel hängt, quietscht laut, als sie von der Heilerin geöffnet wird und führt auf einem bemoosten Pfad zu dem kleinen Haus.
Als sie die Eingangstür erreichen klopft Dror laut vernehmlich an und wartet darauf eine Antwort aus dem Inneren zu erhalten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 03. Apr. 2005, 19:27 Uhr
Selket kann Drors Reaktion beim Erreichen des Anwesens sehr gut verstehen. In Lyrs Hallen hatte man ihr das Haus des Kartenmachers sehr genau beschrieben und nicht verschwiegen, dass es ein wenig heruntergekommen aussähe, aber es nun vor sich zu sehen, ist doch etwas anderes. Dennoch geht sie zielstrebig auf die Eingangstür zu und bleibt hinter dem Frostzwerg stehen, während dieser kraftvoll gegen die Tür pocht. Als die Knöchel seiner Hand das Holz zum ersten Mal berühren, zuckt sie unmerklich zusammen, weil sie beinahe fürchtet, die Tür könnte unter der Berührung augenblicklich aus den Angel fallen und zu Boden stürzen, aber ihre Befürchtungen sind unbegründet und die Tür hält stand.

Abwartend stehen die Elbe und der Frostzwerg da, doch lange Zeit tut sich gar nichts, so dass sich Dror entscheidet, abermals zu klopfen. Noch immer keine Reaktion, doch gerade als der Frostzwerg abermals die Hand hebt, kann man etwas vernehmen. Ketten scheinen zu klappern und Riegel werden verschoben. Schließlich öffnet sich eine kleine Klappe in der Tür und durch ein winziges Fenster blickt ihnen ein grimmiges graublaues Auge entgegen, welches durch die starke Krümmung eines schmutzigen, matten Monokels unnatürlich – Fischig. – verzerrt wirkt. „Was wollt Ihr?“ Die Stimme der Gestalt hinter dem Fenster klingt unangenehm und ausgesprochen unfreundlich.

Selket tritt näher. „Relthan Merevan?“, erkundigt sie sich versuchsweise. „In den Hallen Lyrs sagte man uns, ihr …“ Weiter kommt die Heilerin nicht. „Lüge, alles Lüge.“ Die unfreundliche Stimme des Kartenmachers, den um niemand anderes kann es sich handeln, auch wenn er die Frage der Elbe nicht beantwortet hat, schalt schneidend durch die Luft. „Pack wie Euch kenne ich zur genüge.“ Das Auge des Kartenmachers verengt sich hinter der Quarzlinse seines Monokels zu einem giftigen Schlitz. „Halunken! Spitzel! Diebe! Gebt es zu, Villius Kasigan schickt Euch!? Verschwindet! Von mir erfahrt ihr nichts. Um Relthan Merevan aufs Kreuz zu legen, müsst Ihr schon eher aufstehen. Viel eher!“ Mit einem schnellen, energischen „Ratsch“ wird die Fensterklappe zugeschoben. Verdutzt und starr vor Fassungslosigkeit sieht Selket die Tür an.

Sie blinzelt. „Was … war … das … jetzt?“, fragt sie gedehnt, ohne den Blick von der Tür zu nehmen. „Dass gibt es doch gar nicht.“ Der Glanz in ihrem Auge, welches sich mittlerweile gefährlich Rot färbt, flackert aufgebracht. Energisch beginnt sie gegen die verschlossene Tür zu klopfen. Aber unverständliche Flüche und Verwünschungen sind die einzige Antwort, welche der Frostzwerg und die Elbe daraufhin als Reaktion erhalten. Schließlich gibt Selket auf und lässt die geballte Faust sinken. Die Knöchel ihrer Finger schmerzen. „Was jetzt?“, fragend sieht sie Dror an. Villius Kasigan, ob das sein Konkurrent ist? Ein anderer Kartenmacher? Die Archivare haben nichts von einem zweiten Kartenmacher gesagt … „Habt Ihr eine Ahnung, wer dieser Villius Kasigan ist?“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 03. Apr. 2005, 23:49 Uhr
Dror beobachtet mit halboffenem Mund, wie sich der Kartenmacher kurz zeigt und sie, schneller als er seine Hand wieder sinken lassen kann, beschimpft und davonschickt. Selket ist genauso überrascht wie er und zum ersten Mal, sieht er sie ihre Gleichmütigkeit verlieren, als sie erneut gegen die Tür des Hauses klopft. Er kann er den Grund dafür gut verstehen. Bei Sils Hammer, welchen Scherz haben sich da die Priester in den Hallen Lyrs erlaubt? Dies kann weder das Haus eines angesehenen Kartenmachers sein, noch kann dieser Verrückte überhaupt jemand sein, der sein Brot mit einem Handwerk verdient, wenn er sich so aufführt.
Der Baumeister zuckt als Antwort auf die Fragen der Heilerin nur mit den Schultern und brummt: "Bei Kenens eisigem Atem, so schnell werde ich mich von diesem Irren nicht abspeisen lassen." Dabei verläßt er die Tür und geht um das Haus herum. "Wenn er uns nicht an der Tür empfangen will, müssen wir vielleicht anders auf uns aufmerksam machen"

Dass das Haus nicht bereits das Dach verloren ist wahrscheinlich nur den umliegenden Gebäuden zu verdanken, die den Wind abhalten, denkt sich Dror verärgert, als er um eine Hausecke biegt, und die Wände brauchen wahrscheinlich auch nur einen kurzen Stoss, um in sich zusammenzufallen. Vielleicht wäre das die beste Methode, um diesen Relthan etwas genauer zuhören zu lassen, was wir von ihm wollen.
Der Baumeister hat nicht wenig Lust, seine Axt ein wenig an der Tür auszuprobieren, doch weiß er, dass das den Kartenmacher nicht zugänglicher machen würde. Deshalb sucht er stattdessen nach einer anderen Zugangsmöglichkeit. Die Fenster an dieser Seite jedoch sind von innen mit Holzbrettern zugenagelt und lassen keinen Blick in das Innere zu.
Dror geht einmal ganz um das Gebäude herum, sich dabei durch Himbeerhecken und mannshohes Gras kämpfend, ohne jedoch eine andere Möglichkeit zu finden auch nur einen Blick in die Stube Relthan Merevans zu werfen, geschweige denn gar mit ihm Kontakt aufzunehmen. So kehrt er zurück und betrachtet grimmig die Tür.

"Ich lass mich von dem nicht einfach so wegschicken," sagt er noch einmal mehr zu sich selbst, als zu Selket gewandt und geht dann auf die Tür zu, um vorsichtig gegen das Brett zu tippen, welches das kleine Fenster verschliesst. Es klappert dabei leicht in der hölzernen Führung, doch finden Drors Finger keinen Halt, um es zu bewegen. Deswegen holt er ein Werkzeug von seinem Gürtel, einen Spachtel mit schmalem metallenen Blatt, welcher in die Ritzen zwischen Tür und Brett passt, so dass er es langsam Stück für Stück beiseite schieben kann. Er muss sich dabei strecken, um zu sehen, ob er Erfolg hat und seine Schultern danken ihm das mit einem stechenden Schmerzen.
Plötzlich spürt er jedoch keinen Widerstand mehr und mit einem PLONK landet das Brett auf dem Boden.
Der Baumeister hält sich, auf den Zehenspitzen stehend, an dem Rahmen des schmalen Fensters fest und schaut hinein. "Hey ihr," brüllt er schliesslich, als er den Kartenmacher sieht, der von seinem Platz aus aufblickt, "wir wollen eine Karte anfertigen lassen und ihr scheint der einzige zu sein, der das in dieser Stadt kann. Wir kennen keinen Vilgus Kasiran, oder so ähnlich. Also wenn ihr euch ein paar Silberstücke verdienen wollt, solltet ihr vielleicht die Freundlichkeit besitzen uns hereinzulassen."
Der Frostzwerg zögert einen Moment und fragt sich, ob er noch eine Drohung hinterherschicken soll, doch schluckt er diese herunter und beläßt er es bei seinen Worten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 04. Apr. 2005, 19:52 Uhr
Die Heilerin wartet vor dem Haus, während der Frostzwerg es auf der Suche nach einem anderen Zugang einmal vollständig umrundet. Während sie so dasteht und grimmig die verschlossene Tür anstarrt, hat sie ganz schon damit zu kämpfen, endlich wieder zur Ruhe zu kommen. Der leichte Pochen ihrer Schläfen kündigt beginnende Kopfschmerzen an und sie verspürt ein deutliches Ziehen im Rücken, welches sie mittlerweile immer häufiger heimsucht. Die Elbe beginnt sich selber zur Ruhe zu zwingen. Dieser lächerliche Vorfall ist es einfach nicht wert, dass sie ihre Kräfte deshalb unnütz vergeudet. Also atmet sie mehrmals tief durch und wartet darauf, dass Dror zurückkehrt.

Schweigend verfolgt sie Drors weitere Schritte und seine dahin gemurmelten Worte locken ein winziges Lächeln auf ihre Lippen. Als der Frostzwerg jedoch zu einem Spachtel greift und versucht, das Brett auszuhebeln, welches das kleine Fenster in der Tür verschließt, zieht sie jedoch eine Augenbraue hoch. Was soll das werden? Will er das Fenster etwa aufbrechen? Na, ob das so eine gute Idee ist? Die Elbe schüttelt unmerklich den Kopf und überlässt es Dror, sich darüber weiter Gedanken zu machen. Im nächsten Moment vernimmt sie auch schon das leichte PLONK, welches entsteht, als das Brett auf den Boden im Haus des Kartenmachers fällt und gleich darauf erschallt bereits Drors laut und deutlich tönende Stimme. Unweigerlich zuckt die Heilerin etwas zusammen.

Sie tritt hinter den Frostzwerg und versucht durch das nun wieder geöffnete Fenster ins Innere des Hauses zu blicken, doch der Kopf des Baumeisters nimmt ihr vollständig die Sicht. Daher kann nur Dror sehen, wie der Kartenmacher aus seinem Sessel in die Höhe schnellt. Die Stimme des Mannes kann sie allerdings klar und überdeutlich vernehmen. „Was fällt Euch ein“, kreischt der Mann mit keifender, sich überschlagender Stimme. „Den Schaden werdet Ihr mir ersetzen, so wahr mir Rhylin helfe.“ Schnaubend baut er sich auf der anderen Seite der Tür auf und wirft Dror giftige Blicke zu. Soweit man es durch die winzige Öffnung erkennen kann, hat der Baumeister einen hageren, hoch gewachsenen Mann mittleren Alters vor sich, dessen Gesicht die Zornesröte gut gefärbt hat.          

„Oh, Ihr seid gerissen, sehr gerissen“, faucht er durch die kleine Öffnung. „Aber ich durchschaue Euren Trick und Eure geheuchelte Höflichkeit. Mich könnt Ihr nicht hinters Licht führen. Tut nur nicht so, als würdet Ihr Vilius Kasigan nicht ganz genau kennen.“ Relthan Merevan beginnt wild mit den Armen zu gestikulieren. „Natürlich bin ich der beste Kartenmacher, denn man weit und breit bekommen kann. Deshalb schickt Vilius Euch ja auch zu mir. Ich soll eine Karte für Euch anfertigen, damit Ihr mir in aller Ruhe meine Geheimnisse für diesen unfähigen Lumpen rauben könnt.“ Der Kartenmacher schnaubt verächtlich. „Warum sonst, sollten sich wohl ausgerechnet ein Zwerg und eine Elbe zusammen tun?“, fragt er bissig. „Ihr seht ja schon wie Halunken aus.“

Bei diesen Worten schnappt Selket aufgebracht nach Luft, zu eindeutig scheint diese Bemerkung auf sie und ihre Erscheinung gemünzt zu sein. Normalerweise würde sie darüber einfach hinweggehen, aber gegenwärtig ist sie wegen der bereits vorgefallen Ereignisse viel zu aufgebracht, um ruhig zu bleiben. „Was fällt Euch ein, Ihr …“ Gerade noch rechtzeitig kann sie die unfreundliche Bemerkung, die ihr mit einem Mal auf der Zunge liegt, zurückhalten. „Bitte“, fährt sie, sich eines freundlicheren Umgangstones besinnend, fort. „Wir sind Reisende aus Talyra, die lediglich eine Karte des Wyrmschwanzes benötigen, um unseren Weg weiter fortzusetzen. Es liegt nicht in unserer Absicht, Euch in irgendeiner Weise zu schaden.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 05. Apr. 2005, 17:42 Uhr
Halunken? Dror läßt sich zurück auf seine Füße zurücksinken und nimmt die Hände von der Tür, während das Wort in seinem Kopf kreist. Diese gebrechliche alte Vogelscheuche bezeichnet mich und Selket als Halunken nur, weil wir zusammenreisen? Er kann es nicht glauben, wie verbohrt dieses dürre Männchen zu sein scheint. Ich hätte es gleich wissen müssen,, stellt er fest, als die Wut in ihm aufsteigt, dass dieses..., dieses Fischauge zu nichts zu gebrauchen ist. Es war anscheinend ein Fehler gewesen, auch nur einen weiteren Atemzug an ihn zu verschwenden,  dabei dachte ich, es wäre nur ein Missverständnis gewesen, weil er vielleicht jemand anders an der Tür erwartet hat.

Selket versucht gerade, auch wenn es ihr schwer fällt, noch einmal Relthan mit gemäßigten Worten zu Vernunft, doch der Baumeister hat genug gehört.
"Bei Alvarions Zirkel, ihr nennt uns Halunken?", brüllt er schliesslich dem Kartenmacher zu, oder besser der Tür, welche die Sicht auf diesen verwehrt, "ihr solltet noch einmal genau überlegen, wer hier der Halunke ist, bevor ihr Rhylin anruft. Wenn es noch einen anderen Kartenmacher in der Stadt gibt, haben wir es, bei Sil, nicht nötig uns eure Beleidigungen weiter anzuhören. Schlimmer als ihr kann er wahrlich nicht sein."

"Kommt," sagt er zu Selket und stapft davon. Während er sich von Relthans Haus entfernt, ruft er noch laut, so dass es dieser auch hören kann: "Wahrscheinlich zeigt er uns seine Karten nur deshalb nicht, weil sie so schlecht sind, dass man nicht den Wyrmschwanz von Nordwall unterscheiden kann und Vînnar direkt neben Talyra liegt." Ohne sich noch ein weiteres Mal umzudrehen, geht er zurück auf die Strasse von der sie gekommen sind und ist schliesslich hinter der Häuserecke verschwunden.

Erst als er aus dem Blickfeld des Kartenmachers verschwunden ist, dreht er sich um und verlangsamt seine Schritte, um Selket aufholen zu lassen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 06. Apr. 2005, 18:46 Uhr
Die einzige „Antwort“ auf Selkets Worte beschränkt sich auf ein simples „Paaah“. Das Auge der Heilerin flammt unheilvoll auf, aber Dror nimmt es der Elbe bereits ab, kund zu tun, was sie von diesem unmöglichen Verhalten hält. Bei allen Göttern, so was habe ich ja noch nie erlebt … Einen momentlang durchbohrt sie die Tür noch mit giftigem Blick, dann wendet sie sich ab und folgt dem Frostzwerg mit einigen hastigen Schritte die Straße hinab, bis das haus des Kartenmachers außer Sicht ist. Wie verstockt kann man eigentlich noch sein?, fragt sie sich dabei, denn nicht einmal Drors letzte Bemerkung, die unmissverständlich auf den Stolz des unfreundlichen Griesgrams abgezielt hat, hat diesen dazu verleitet, sie doch noch zu empfangen. Schweigend stapfen der Frostzwerg und die Elbe nebeneinander her und verlangsamen ihre Schritte nur ganz allmählich. Ihrer beider Wut verfliegt ebenso langsam.

Irgendwann bleibt die Heilerin abrupt stehen. Ein heftiges Ziehen in ihrem Rücken erinnert sie daran, dass sie etwas mehr Rücksicht auf sich nehmen sollte. Ihr Blick wandert zu Dror und sie fragt sich, wie es wohl um ihn bestellt ist. Sobald wir wieder in Vinnrivils Kelter sind, sollte ich mir einmal ansehen, wie weit die Veränderung seiner Haut mittlerweile fortgeschritten ist, nimmt sie sich vor. Sie seufzt und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht, die der Wind aus ihrem Haarknoten gelöst hat. „Vilius Kasigan?“, fragend sieht sie den Baumeister an, der gar nichts sagen muss, um ihr zu Antworten, denn der Blick, mit welchem er dem ihren begegnet, spricht Bände. Vilius Kasigan. Die Elbe nickt. „Gut, dann sehen wir uns am besten nach jemandem um, der uns sagen kann, wo wir ihn finden können. Wir haben heute schon genug Zeit vergeudet“, murmelt sie leise und man kann ihrer Stimme noch deutlich die nur allmählich abklingende Verstimmung anhören. Die Elbe richtet sich zu voller Gänze auf und sieht sich um. Nur einige Schritte weiter, geht jemand mit einem Schubkarren vorüber. „Da“, Selket weißt mit ausgestrecktem Arm in die entsprechende Richtung. „Khel Dar, khel Dar“, ruft sie laut und vernehmlich und hebt die Hand zum Gruß, um auf Dror und sich aufmerksam zu machen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 07. Apr. 2005, 19:13 Uhr
Selket folgt dem Baumeister bald nach und für einen Moment laufen sie einfach in die Richtung zurück, aus welcher sie gekommen sind. Erst als die Heilerin plötzlich stehenbleibt und die Hände in die Hüften stützt, um ihren Rücken gerade zu richten, ist Drors Verärgerung über Relthan Merevan soweit abgeklungen, dass er darüber nachdenken kann, was nun als nächstes zu tun ist.
Die Heilerin spricht die einzige Möglichkeit aus, welche ihnen nun bleibt, um an eine Karte von ihrem weiteren Weg zu gelangen und das wütende Funkeln in seinen Augen, bei dem Gedanken an das so eben erlebte, genügt, um ihr eine Antwort zu geben.

Die Elbe schaut sich nach jemandem um, der ihnen weiterhelfen kann und ruft schliesslich einen untersetzen Mann an, der auf einer Schubkarre einige Milchkannen transportiert. Überrascht blickt dieser sich zu ihnen um, als er feststellt, dass er gemeint ist. Seine Miene zeigt, dass er etwas verängstigt ist, als der Zwerg und die Elben auf ihn zukommen, doch auch wenn Dror sich vorstellen kann, dass sie mit der Axt, sowie dem Bogen und dem Schwert auf dem Rücken recht gefährlich aussehen, stört ihn dies im Moment keineswegs, solange der andere deshalb nicht die Flucht ergreift. Nicht unhöflich, aber mit weitaus weniger Freundlichkeit als sonst, erkundigt sich der Baumeister nach dem Weg zu Vilius Kasigan und erhält von dem Angesprochenen eine Wegbeschreibung dorthin. Der Mann ist froh weitergehen zu können, als der Zwerg ihm knapp gedankt hat und setzt seinen Weg eilig fort, während Dror und Selket ihre Schritte in die entgegengesetze Richtung setzen.

Das Haus Vilius Kasigans liegt am anderen Ufer des Sorany, welches über mehrere kunstvoll geformte Brücken zu erreichen ist. Auf dieser Seite des Wasserlaufes stehen die Häuser weiter auseinander und Bäume und kleine Wiesen ziehen sich auch an den breiten Strassen entlang, so dass es im Sommer äußerst angenehm sein muss, durch die schattigen Alleen zu wandeln.
Der Fels auf dem Vînnar liegt scheint hier zerklüfteter zu sein, als auf der Flußseite, welche Marktplatz und Hafen beherbergt, so dass die Seitengassen oft an kleinen Brücken enden, welche über schmale Schluchten zu weiteren Felsplateaus führen.
Selket und Dror gehen die breite Haupstrasse entlang, die zu einem der Stadttore führt und recht schnell finden sie das Haus des zweiten Kartenmachers der Stadt, welches direkt am Strassenrand gelegen ist. Ein kunstvoll geschnitztes Schild in der Form einer aufgerollten Karte, die, wie Dror glaubt, eine Grundriss der Stadt des Weines zeigt, deutet daraufhin, welchem Handwerk der Besitzer des Hauses nachgeht.
Das Haus selbst ist aus weißem Kalkstein errichtet und ein sorgsam gepflegter Garten, welcher nun im Winter allerdings etwas trostlos aussieht liegt davor und flankiert die Stufen, welche zur Eingangstür hinaufführen.

Selket und Dror betrachten das Haus einen Augenblick und die hochgezogenen Augenbrauen der Heilerin bestätigen dem Frostzwerg, dass sie genauso positiv überrascht ist, wie er selbst. Trotzdem zögert der Baumeister einen Moment, als er vor der Tür aus poliertem Eichenholz steht, sich an den Empfang bei dem anderen Kartenmacher erinnernd, bevor er energisch klopft.

Schwungvoll wird ihnen die Tür geöffnet und ein großer Mann in den besten Jahren steht plötzlich vor ihnen. Er hat schwarzes Haar, welches sorgsam nach hinten gekämmt ist und von dem Melkfett glänzt, mit welchem es eingerieben ist. Ein kleiner Schnauzbart, schon mit einigen grauen Stellen, sitzt unter einer spitz zulaufenden Nase und krönt einen zu einem breiten Lächeln geformten Mund.
"Herzlich willkommen in meinem bescheidenen Reich," begrüßt sie der Kartenmacher, welcher ausgesuchte Kleidung und zahlreiche Ringe an den Fingern trägt, "mein Name ist Vilius Kasigan und ich fertige, ganz nach ihrem Wunsch, Karten von jedem Gebiet der Immerlande an und verwende dabei nur die besten Farben und Papiere."
Für einen Moment schweigt er, doch zu mehr als einer Begrüßung läßt er seine Gäste nicht kommen und fährt dann fort: "Aber kommt doch herein und erzählt mir was euer Begehr ist."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 09. Apr. 2005, 22:51 Uhr
Kasigan macht, ebenso wie sein Haus, einen recht unerwarteten Eindruck auf die elbische Heilerin. Überrascht folgt sie dem Kartenmacher gemeinsam mit Dror in sein Haus und sieht sich dort um. Innen wirkt das Haus ebenso prächtig wie Außen. Vilius Kasigan scheint ein Mann zu sein, der sich gerne mit den angenehmen Dingen des Lebens umgibt, wobei es ein wenig den Anschein macht, als würde sich der Kartenmacher mit all der herrschenden Schönheit hervortun wollen. Nun, wenn er sein Handwerk versteht, meinetwegen, denkt sich die Elbe. In Begleitung des Frostzwerges folgt sie ihrem Gastgeber durch dessen Haus bis zu einem Besucherraum, wo man ihnen Gebäck und etwas Tee anbietet.
Die Elbe sieht sich um. Überall in Kasigans Haus hängen Karten, etliche Karten. Bunt und sauber gezeichnet. Die Heilerin tritt näher an eine Wand, um die Zeichnungen zu studieren, doch bevor sie die Darstellungen näher betrachten kann, richtet ihr Gastgeber wieder das Wort an sie und erkundigt sich, womit genau er dem Baummeister und der Heilerin zu Diensten sein kann. „Wie Ihr bereits richtig erkannt habt“, die Elbe lächelt Vilius Kasigan freundlich an, „haben wir Euch aufgesucht, um eine Karte anfertigen zulassen. Eine Karte der Wyrmschwanzberge, um genau zu sein.“

Selket deutet auf die zahlreichen Karten an den Wänden und wendet sich diesen zu. Der Kartenmacher hat offenbar eine Vorliebe für leuchtende Farben, ornamentale, verspielte Verzierungen und geschwungene Schriften. Etliche Karten sind zudem mit Goldprägungen versehen. Kasigans Stadtkarten betrachtet die Elbe allerdings nur flüchtig, ihr Hauptaugenmerk gilt den Gebietskarten, in die stellenweise sogar Tier- und Gebäudedarstellungen liebevoll mit eingebunden sind, beispielsweise um bestimmte Ruinen oder Stellen hervorzuheben oder einfach nur um leere Kartenteile zu füllen. Fragend wendet sich die Elbe zu dem Kartenmacher um.
„Könntet Ihr uns so etwas auch für Wyrmschwanzberge anfertigen? Möglichst bis zu den Gegenden um Blurreant?“, erkundigt sie sich und fährt hastig fort zu sprechen, als sie bemerkt, wie der Kartenmacher bereist zu einer eifrigen, geschäftstüchtigen Antwort ansetzen will. „Karten dieser Art“, bei diesen Worten dreht sich die Heilerin leicht und weist auf einige Zeichnungen, „wären vielleicht hilfreich. Mit eingezeichneten Wegmarken beispielsweise.“ Die Elbe wendet sich wieder ganz zu Kasigan und Dror um und will dem Kartenmacher gerade das Wort überlassen, als ihr noch etwas einfällt. „Könntet Ihr auch heiße Quellen und ähnliches in der Karte eintragen?“ Gespannt schaut sie den Mann an und wartet seine Antwort ab. „Besonders die höheren Gebirgslagen der westlichen Berghänge sind für uns von Bedeutung. Ach, und selbstverständlich sollte die Karte auch sämtliche Pfade aufführen, die von den  Handelsstraßen ab- und in die Berge hineinführen.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 10. Apr. 2005, 18:43 Uhr
Dror folgt, zusammen mit Selket, dem Kartenmacher in sein Haus. Wohlhabend scheint dieser zu sein und, wie der Baumeister erfreut feststellt, dies auch zu nutzen, um sein Haus üppig auszustatten. Immer wieder blickt sich der Frostzwerg um und würde gerne an manchen Stellen stehenbleiben, um die Einrichtung genauer zu betrachten, doch führt sie der Hausherr direkt in einen Raum, welcher anscheinend benutzt wird, um Gäste zu empfangen. Der Baumeister setzt sich auf eines der weichen Kissen, welche um den niedrigen Tisch in der Mitte des Zimmers plaziert sind und versinkt förmlich darin.
Während die Elbe Vilius Kasigan erklärt, welche Art von Karte sie benötigen, richtet sich der Zwerg langsam wieder auf und nimmt etwas von dem Gebäck, welches vor ihm auf dem Tisch steht.

"Es wird mir ein Vergnügen sein, euch etwas derartiges anzufertigen," sagt der Kartenmacher mit einem Lächeln. "Karten vom Wyrmschwanz werden oft von mir verkauft, da genügend Händler sich nicht auf einen dieser Waldläufer verlassen wollen, da man nie weiß, ob sie einer der Räuberbanden im Gebirge angehören."
Er überlegt einen Moment, runzelt kurz die Stirn und fügt dann aber, wieder mit freundlicher Miene hinzu: "Neben den Handelsstrassen gibt es allerdings kaum Wege, muss ich euch berichten. Ein paar Pfade für die Holzfäller und Schafhirten vielleicht, aber gerade die höher gelegenen Plateaus sind völlig unerkundet, da dort nur das Bergvolk wohnt." Er schaut kurz zu Dror, welcher gerade einen Schluck von dem Tee nimmt, ohne dabei ihren Gastgeber jedoch aus den Augen zu lassen, und dann wieder zu Selket und fährt dann fort: "Aber ich denke ihr werdet euch auch so gut zurechtfinden. Schliesslich hat man dort einen weiten Blick und ich werde jeden gut erkennbaren Fels und jede Ruine einzeichnen, an welcher man sich orientieren kann. Was genau führt euch in die Gebiete, welche abseits der Handelsstrassen liegen? Sucht ihr etwas bestimmtes, einen bestimmten Ort, den ich noch berücksichtigen sollte?"

Selket überlegt einen Moment und schaut dann zu Dror, woraufhin dieser zu dem Kartenmacher sagt: "Wir sind lediglich auf der Suche nach ein paar seltenen Kräutern, deswegen müssen wir die Hauptstrassen verlassen."
"Um diese Jahreszeit?" fragt Kasigan erstaut, weshalb der Frostzwerg ergänzt: "Deswegen ist es uns wichtig, genau zu wissen, wo die heissen Quellen liegen."
Er weiß, dass das nicht wirklich eine Antwort auf die Frage des Hausherrn ist, doch er verspürt nicht das Bedürfnis den Grund ihrer Reise genauer zu erklären. So versucht er das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken: "Wie lange wird es dauern, bis wir die Karte bei euch abholen können. Wir wollen recht bald weiterziehen."
"Nun, das hängt ganz davon ab, welche Qualität sie haben soll," antwortet der Kartenmacher und fällt dabei wieder in seinen Geschäftston, "so eine Karte sollte ja auch später noch zu gebrauchen sein. Vielleicht wollt ihr wieder einmal hierherreisen und braucht sie erneut. Oder ihr wollt sie in Erinnerung an eure Reise in eurem Haus aufhängen." Er geht zu einer Karte, welche an einer der Wände hängt und besonders reich verziert ist. "Wie ihr seht, eignen sie sich sehr gut als Schmuck und sie zeigen jedem Besucher, welche entfernten Gegenden ihr besucht habt. Diese Goldprägungen hier zum Beispiel benötigen Zeit, doch auch das Zeichnen selbst. Je feiner die Striche gesetzt werden und je mehr verschiedenfarbige Tinten verwendet werden, desto prächtiger sieht sie am Ende aus."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 11. Apr. 2005, 17:48 Uhr
Schweigend hört die Elbe dem Kartenmacher zu, während dieser mit Dror spricht. Aus unerfindlichem Grund ist sie mit einem Mal nicht mehr ganz sicher, ob es eine so gute Wahl war, Vilius Kasigan aufzusuchen. Doch sie zerstreut ihre Zweifel schnell wieder, als der Frostzwerg den Kartenmacher darauf anspricht, wie lange es wohl dauern wird, bis die gewünschte Karte fertig gestellt ist. Die Worte des Baumeisters rufen ihr in Erinnerung, dass die Zeit allmählich drängt. Wir können es uns nicht erlauben, noch mehr Zeit zu verschenken. Ärgerlich runzelt sie die Stirn, als sie sich durch diese Überlegung für wenige Momente an Relthan Merevan erinnert fühlt. Sie hebt den Blick und schaut Vilius Kasigan geradewegs an. „Man sieht Euren Karten an, dass sie mit großer Kunstfertigkeit angefertigt wurden“, erklärt sie dem Mann höflich, doch wie eben bereits erwähnt, haben wir es ausgesprochen eilig. Um uns im Wyrmschwanz zurechtzufinden, benötigen wir kein Kunstwerk, sondern vor allem eine verlässliche Karte.“ Die Elbe blickt Kasigan immer noch unverwandt an und gewinnt den Eindruck, als würden ihm ihre Worte nicht so recht schmecken wollen. Überhaupt hat sie langsam das Gefühl es mit einem ausgesprochen eitlen Mann zu tun  zu haben, mit dem man am besten Geschäfte machen kann, wenn man ihm genügend Honig ums Maul schmiert. Innerlich seufzt die Heilerin leicht auf. Beinahe wäre mir ein Relthan Merevan lieber, schießt es ihr überrascht durch den Kopf, doch spricht sie diese Worte selbstverständlich nicht laut aus.

„Könntet Ihr die Karte bis … sagen wir … morgen Mittag fertig stellen?“, erkundigt sie sich freundlich. „Für einen Mann, der in den Künsten seines Handwerks so bewandert zu sein scheint wie Ihr, ist solch eine Herausforderung doch gewiss nichts Besonderes.“ Ein wenig schwer kommen der Elbe die übertrieben schmeichelnden Worte über die Lippen und ihr Lächeln wirkt leicht gezwungen. So etwas ist für gewöhnlich nicht ihre Art, doch im Augenblick hat es den Anschein, als würde sie auf diese Weise bei Vilius Kasigan am ehesten auf offene Ohren stoßen und somit auch am schnellsten an das gewünschte Ziel gelangen. Selket sieht den Kartenmacher abwartend an und versucht an den Zügen seines Gesichts abzulesen, welche Wirkung ihre Worte auf ihn haben. Geld dürfte für ihn ein weiterer Anreiz sein, denkt sie bei sich, einmal mehr wandert ihr Blick langsam durch den aufwendig ausstaffierten Raum. Schließlich schaut sie mit knappen Seitenblick zu Dror hinüber, bevor sie sich wieder dem Kartenmacher zuwendet, welcher immer noch neben der Karte steht, die er dem Frostzwerg und der Elbe soeben voller Stolz präsentiert hat. Gemessenen Schrittes kommt der Mann gleich darauf wieder zu dem Baumeister und der Heilerin herüber, doch darauf achtet Selket kaum. Verwundert starrt sie die Karte an, erhebt sich und geht schließlich zu ihr hinüber. Die dargestellte Gegend kommt ihr mehr als bekannt vor, oft genug hat sie sie bereits durchquert. Die Karte ist ausgesprochen ungenau, bemerkt sie irritiert, an einigen Stellen sogar absolut fehlerhaft. Nachdenklich schaut sie zu Vilius Kasigan hinüber und möchte schon etwas sagen, als dieser ihr zuvorkommt und zu sprechen beginnt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 12. Apr. 2005, 21:22 Uhr
"Es soll also schnell gehen?", antwortet der Kartenmacher auf Selkets Frage, und man kann ihm ansehen, dass er es nicht gewohnt ist, dass seine Handwerkskunst nicht genügend geschätzt wird. "Natürlich bin ich in der Lage, die Karte bis morgen fertig zu stellen, auch wenn es mir nicht gefällt, eine solche Arbeit mit Hast zu erledigen. So etwas wird sich immer auf die Güte der Karte auswirken und ich gebe ungern eine Karte heraus, von deren Aussehen ich nicht vollständig überzeugt bin."

"Es ehrt euch natürlich, dass ihr die bestmöglichste Arbeit abgeben möchtet", antwortet Dror dem Kartenmacher, denn er kann dessen Argumente durchaus verstehen. Auch er würde es nicht mögen, wenn er für den Bau eines Hauses nicht genügend Zeit zur Verfügung hätte, um die Balken gerade einzusetzen oder die Mauern ordnungsgemäß zu verfugen. "Doch leider bietet uns der Grund unserer Reise keine Möglichkeit unseren Aufbruch weiter zu verschieben."
Weiteres Warten würde ihn wohl völlig unnötig machen, denkt er dabei grimmig und betastet einmal mehr seinen Rücken, welcher nun, von weichen Kissen umgeben, nur wenig zu spüren ist. Der Frostzwerg spürt die rauhe, steinerne Masse unter seiner Kleidung, die anscheinend zu ihm gehört, obwohl sie sich so kalt und porös, wie der Fels des Nordwalls selbst anfühlt.

"Wenn ihr es so wollt, dann kommt morgen etwas vor der Mittagsstunde vorbei, um euch die Karte abzuholen." Vilius Kasigan scheint nun, da alles, wenn auch nicht zu seiner Zufriedenheit, geklärt ist, den Elan verloren zu haben das Gespräch fortzuführen.
Der Baumeister schaut kurz zu Selket, welche die Karte, die ihnen der Hausherr stolz präsentierte, eingehender in Augenschein zu nehmen scheint. Kein Wunder, denn prachtvoll ist sie wirklich, denkt sich der Zwerg und überlegt sie sich selbst noch einmal genauer anzuschauen. Doch als er sich erhebt, hat die Heilerin ebenfalls bemerkt, dass ihre Besuchszeit nun abgelaufen ist und so verabschieden sich beide mit höflichen Worten von Vilius Kasigan und werden von einem Diener zurück zur Haustür geführt, durch welche sie schliesslich wieder auf die Strassen Vînnars zurückkkehren.

Als die Elbe und der Frostzwerg hinaustreten, ist die Sonne, welche noch auf dem Weg in diesen Teil der Stadt geschienen hat, hinter weißgrauen Wolken verschwunden. Einen Moment bleiben beide etwas unschlüssig vor dem Schild stehen, welches die Vorbeigehenden auf Vilius Kasigans Gewerbe aufmerksam macht, doch dann entschliessen sie sich in "Vinnrivils Kelter" zurückzukehren.
Sie haben ihre Reisevorbereitungen abgeschlossen und sie können bereits morgen die Stadt des Weines Richtung Osten verlassen. Es würde ein langer Weg werden und die Gasthäuser an dessen Rand sind spärlich gesät. Sie müssen den Luxus eines weichen Bettes noch nutzen, solange er sich ihnen bietet.

Ein kalter Wind, weht über die breite Allee und bringt bereits einen Hauch der Nachtluft mit sich, als er die beiden Reisenden in Richtung des Marktplatzes begleitet.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 15. Apr. 2005, 17:25 Uhr
Bevor Selket wirklich Gelegenheit hat zu begreifen, was passiert ist, hat Kasigan Dror und sie bereits hinaus komplimentiert und unversehens findet sie sich vor dem ansehnlichen Haus des Kartenmachers wieder. Ein hauch von Verstimmung spiegelt sich auf dem Antlitz der Elbe wieder, der es gar nicht gefällt, dass sie keine Gelegenheit mehr hatte, Vilius Kasigan bezüglich der eindeutig fehlerhaften Karte anzusprechen. Einen Moment mustert sie Dror und überlegt, ob sie ihm ihre Zweifel mitteilen soll, entscheidet sich aber dagegen. Ihn jetzt, wo es im Grunde schon zu spät ist, noch mit unbestimmten Zweifeln zu beunruhigen, hält sie für keine besonders gute Lösung. Vermutlich sehe ich ohnehin bloß Gespenster, versucht sie sich selbst zu beruhigen. Eine andere Hilfe als Kasigan haben wir ohnehin nicht, nachdem uns Relthan Merevan … Die Heilerin verzieht das Gesicht und denkt diesen unerfreulichen Gedanken nicht weiter zu Ende. Es hat keinen Sinn, sich deshalb weiter zu ärgern.

Also geht sie einfach schweigend neben Dror die Allee hinunter und lässt sich vom kalten Wind umspülen, der allmählich aufkommt und durch die Straßen der Stadt weht. Normalerweise sind ihr solche Winde eher unangenehm, doch an diesem Abend sind sie ihr egal, da ihre Gedanken um andere Dinge kreisen. Während sie den Weg zu Vinnrivils Kelter einschlagen, beschäftigen die Heilerin zahlreiche Überlegungen. Vor allem das Voranschreiten der Krankheit des Frostzwerges sowie die Reise ins Gebirge bereitet ihr Kopfzerbrechen. Bis sie das Gasthaus erreicht haben, spricht Selket daher kaum ein Wort. Erst als sie den Kelter erreicht haben und davor stehen geblieben sind, richtet sie das Wort an Dror. „Lasst uns hineingehen“, erklärt sie. „Es war ein anstrengender Tag, etwas Erholung haben wir durchaus verdient.“ Sie lächelt freundlich, dann wird ihre Miene jedoch ernst.

„Nachher würde ich mir allerdings gerne noch einmal ansehen, wie weit die Veränderung Eurer Haut vorangeschritten ist“, meint sie leise, aber bestimmt. „Außerdem solltet Ihr mir sagen, wenn Ihr Schmerzen verspürt oder irgendetwas Ungewöhnliches feststellt.“ Sie blickt den Frostzwerg kurz an. „Gut“, meint sie, als dieser bestätigend nickt. „Kommt, gehen wir hinein, sie deutet in Richtung des Gasthauses und gemeinsam steigen die beiden die wenigen Stufen zum Eingang von Vinnrivils Kelter hinab. Der Wirt begrüßt sie gleich und will sie zu einem Tisch hinüber führen, doch Selket winkt ab. „Später“, erwidert sie freundlich, sieht dann jedoch zu Dror hinüber. „Wollt Ihr Euch schon setzen? Dann werde ich mich beeilen, doch ich würde gerne für einen Moment auf meine Kammer hinaufgehen“, erkundigt sie sich. „Wie steht es mit Euch? Vielleicht könntet Ihr auch schon bestellen.“ Fragend sieht sie ihn an. „Wein und etwas Gutes zu essen wäre jetzt gewiss nicht verkehrt.“ Sie lächelt, als sie den Blick des Wirtes bemerkt, der die Unterhaltung schweigend mit angehört hat. „Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte?“, schaltet er sich schließlich in das Gespräch ein. Selket nickt leicht und der Wirt sieht sie freundlich an.

„Ich werde den Tisch dort drüben richten lassen“, erklärt er und deutet in die entsprechende Richtung. Die Blicke des Frostzwerges und der Elbe folgen seiner Armbewegung kurz. „Heute kann ich vor allem Zander unter Kräuterkruste empfehlen, dazu einen passenden Rotwein.“ Er lächelt geschäftstüchtig. Selket überlegt kurz. „Gerne“, erklärt sie schließlich. Nachdem auch Dror seine Entscheidung gefällt hat und der Wirt in Richtung Küche davoneilt, begibt sie sich hinauf in ihre Kammer. Sie legt ihr Gepäck ab und prüft ob ihr Haar, welches im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden ist, noch sicher festgesteckt ist. Schließlich legt sie ihren Reisemantel ab und begibt sich in den Waschraum, draußen auf dem Gang, um sich etwas frisch zu machen. In dem Zimmer gibt es auch einen Spiegel, eine Platte aus poliertem Metal. Als sie daran vorübergeht, bleibt ihr Blick flüchtig daran hängen. Unbewusst streicht sie mit ihrer Hand über den gewölbten Bauch. Die deutliche Rundung lässt sich mittlerweile auch von ihren großzügig geschnittenen Gewändern kaum noch kaschieren. Die Elbe seufzt und weiß nicht so recht, ob sie lachen oder weinen soll. Schnell wendet sie den Blick ab und kehrt in den Schankraum zurück.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 17. Apr. 2005, 15:36 Uhr
Als sie zurück zum Gasthaus gehen, ist Dror froh, dass nun alles für ihre Reise zum Wyrmschwanz vorbereitet ist. Die Heilerin hatte hier die Texte gefunden, welche sie benötigen würde und er hatte dafür gesorgt, dass sie auf dem Weg in das Gebirge gut versorgt sind. Sobald sie morgen Kasigans Karte erhalten haben, würden sie Vînnar in Richtung Osten verlassen.
Der Frostzwerg freut sich darauf, wieder einmal durch die Wildnis zu streifen, denn es ist ihm eine willkommende Abwechslung nachdem er anderthalb Jahre in den Straßen der Weltenstadt verbracht hat. Das der Grund dafür ist, sein eigenes Leben zu retten, ist ihm bewußt, doch betrachtet er es mit einer gewissen Gleichmütigkeit.

Die Versteinerung seiner Haut, auch wenn sie Tag für Tag voranschreitet, ist beinahe zur Selbstverständlichkeit für ihn geworden. Immerhin geht alles langsamer, als ich erwartet habe, denkt er sich, und nun ist es auch sicher, dass es eine Möglichkeit gibt es zu heilen. Vielleicht hat die Elbe ja doch recht und es handelt sich lediglich um eine Krankheit. Nicht völlig hilflos darauf warten zu müssen, in Sithechs Reich zu treten, beruhigt ihn, doch trotzdem will ihm der Gedanke nicht aus dem Kopf gehen, dass es Sils Werk ist, welches ihn hierhergebracht hat, obwohl er noch immer nicht sicher ist, was den Unmut des Gottes geweckt haben könnte. Er versucht sich immer wieder daran zu erinnern, was die letzten Wochen und Monate passiert ist, um eine plausible Erklärung zu finden, doch will es ihm nicht gelingen. War sein Leben nicht genauso verlaufen, wie die letzten Jahre oder Jahrzehnte auch?
Solange er dieses Problem nicht gelöst hat, würde ihm selbst das Finden des Heilkrautes nicht weiterhelfen, denn wie sollte er als Baumeister weiter existieren können, wenn der Gott des Handwerks ihm nicht gewogen ist.
Doch noch ist Zeit es herauszufinden, versichert er sich, und selbst wenn der Weltenschmied mir im Moment seine Gunst entzogen zu haben scheint, so wacht doch noch Kenen über mich und es ist ihre Zeit des Jahres, in welcher wir uns befinden.

Die Elbe und der Zwerg erreichen schliesslich das Wirtshaus und treten ein. Als die Heilerin ihm sagt, er solle ihr mitteilen, sobald etwas ungewöhnliches passiert oder er Schmerzen verspürt, zögert Dror einen Moment, ob er ihr gleich davon berichten soll, dass das Gehen im Probleme bereitet. Doch dann entscheidet er sich dagegen, nickt nur und beschliesst, sich zu melden, wenn er ungewöhnlich starke Schmerzen verspüren sollte.

Während die Elbe hinauf in ihre Kammer geht, setzt sich der Baumeister an den Tisch, welchen ihnen Vinnrivil gleich angeboten hat, als sie zur Tür hereinkamen und bestellt das Gleiche, was auch die Elbe gewählt hat. Schnell stehen die Gläser mit Wein auf dem Tisch und der Zwerg nimmt einen kleinen Schluck der dunkelroten Flüssigkeit. Er erinnert sich daran, dass es erst ein paar Stunden her ist, seit er mit dem Waldläufer zusammen im "Tanzenden Kobold" gesessen hat, welcher nicht genug von dem Getränk bekommen konnte. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre es dem Frostzwerg durchaus recht gewesen in dieser Stadt einen Abend lang alle Weine Vînnars durchzuprobieren, doch im Moment war er eher froh, dass die kalte Luft und der Ärger mit den Kartenmachern seinen Kopf wieder geklärt hatten.
Als er an Vilius Kasigan denkt, stellt er fest, dass sie mit ihm gar nicht über den Preis der Karte geredet hatten, welche er ihnen anfertigen soll. Ich bin mir sicher, wir werden uns morgen mit ihm einigen können, überlegt er und holt dabei seinen Geldbeutel hervor, um nachzuzählen, wieviel Vermögen ihm nach den Einkäufen noch geblieben ist. Er seufzt als er den spärlichen Inhalt sieht, welcher sich schnell überblicken läßt. Einige Münzen sind noch als Reserve in seiner Kleidung eingelassen und sie würden genügen, um den Gastwirt zu bezahlen. Auch für den Kauf von Wasser- und Weinschläuchen am nächsten Morgen würde es noch reichen und vielleicht noch zwei oder drei Tage, je nachdem wie teuer die Herbergen auf dem Weg zum Wyrmschwanz waren, doch dann war die Barschaft, welche ihm zu Verfügung stand aufgebraucht. Er überlegt, ob er etwas von seinen Habseligkeiten verkaufen kann, doch trägt er nur selten mehr mit sich herum, als er benötigt. Seine Ringe, sowie seine Kleidung, die Werkzeuge und seine Axt waren ebensowenig veräußerlich, wie der Inhalt seines Rucksackes, welchen sie auf dem Weg zum Wyrmschwanz benötigen würden. Er kratzt sich an der Stirn und beschliesst, dass ihm wohl nichts anderes übrigbleibt, als mit Selket darüber zu reden.

Als die Elbe wieder in den Schankraum zurückkehrt, beobachtet sie Dror, während sie zwischen den Tischen hindurch zu seinem Platz kommt. Es scheint ihm, als würde sie sich besonders gerade halten und ihren Rücken durchdrücken, mehr als es selbst für Elben üblich ist. Er erinnert sich daran, dies bereits einmal bemerkt zu haben, als sie von Relthan Merevan zurückkehrten. Ob sie selbst die Künste eines Heilers benötigt? überlegt er sich, vielleicht sollte ich sie danach fragen.
Später, beschliesst er allerdings, als sie sich lächelnd ihm gegenübersetzt. Im gleichen Moment erscheint auch der Wirt mit zwei vollen Tellern, die er vor ihnen abstellt und sie, nachdem er einen "Guten Appetit" gewünscht hat, wieder verläßt, um sich um andere, gerade eingetroffene, Gäste zu kümmern.
Der Baumeister nimmt sein Weinglas, schaut zu Selket und sagt schliesslich: "Trinken wir darauf, dass uns die Götter auf dem vor uns liegenden Weg auch weiterhin gewogen sind."
Nachdem er einen Schluck des Weines genommen hat, beginnt er, den Fisch vor sich zu zerteilen. Dabei überlegt er eine Weile, wie er das Thema seiner schwindenden Barschaft am besten ansprechen kann. Schliesslich beginnt er: "Als wir damals in Talyra über eure Entlohnung gesprochen haben, sagte ich euch, dass ich nicht über soviel Vermögen verfüge, um alle Kosten zu übernehmen. Zumindest nicht im Moment." Erneut nimmt er einen Bissen von seinem Essen bevor er weiterspricht: "Nunja, nach der Fahrt mit der Wappen von Ildala und dem Einkauf der Vorräte...Nun, ich denke ein oder zwei Tage werden meine Münzen noch reichen, je nachdem wie teuer die Übernachtungen unterwegs sind, aber dann kann ich wohl nicht mehr dafür aufkommen."
Schnell beiist er ein großes Stück von einer der Brotscheiben ab, welche ihnen zu dem Essen gebracht wurde, und wartet ab, wie die Elbe darauf reagiert.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 19. Apr. 2005, 14:46 Uhr
Selket erwidert den Trinkspruch des Frostzwerges, in dem sie ihr Glas ebenfalls hebt und einen Schluck nimmt. Nachdem sie das Glas wieder abgestellt hat, betrachtet sie den Teller vor sich auf dem Tisch und beginnt, ebenso wie Dror, den darauf liegenden Fisch sorgfältig zu zerlegen. Als der Frostzwerg jedoch zu sprechen beginnt, hält sie in ihrem Tun inne und blickt auf. Seine Worte kommen nicht vollkommen überraschend, es war abzusehen, dass sie darüber in der nächsten Zeit hätten sprechen müssen, dennoch ist die Elbe in diesem Augenblick nicht vollkommen auf Drors Ankündigungen vorbereitet. Nachdenklich runzelt sie die Stirn und nimmt erst einmal etwas Fisch zu sich, während sie seine Worte zu verarbeiten sucht. In Gedanken überschlägt sie, wie viel Barschaft sie auf dieser Reise noch mit sich führt. Nachdem sie noch ein wenig Wein getrunken hat, legt sie schließlich das Besteck aus der Hand und sieht den Baumeister an. „Nun“, meint sie gedehnt, „so etwas war abzusehen.“ Der Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht ist ernst, aber trotz allem freundlich. „Was ich an Münzen mit mir führe, dürfte für weitere ein oder zwei Tage ausreichen“, erklärt sie schließlich, „doch kaum für länger, denke ich.“ Sie schweigt einen Augenblick lang. „Vielleicht sollten wir sehen, dass wir so bald wie möglich ins Gebirge aufbrechen und dabei in so wenigen Gasthäusern wie möglich einkehren. Viele dürfte es auf unserem Weg ohnehin nicht geben, würde ich meinen. Es dürfte uns daher ohnehin nichts anderes übrig bleiben, als das wir uns anderweitig behelfen.“ Sie lächelt flüchtig.

Die Nächte im Wyrmschwanz würden alles andere als gemütlich werden, doch sieht die Elbe keinen besonderen Grund, um sich deshalb zu sorgen. Das Wetter ist ausgesprochen unfreundlich, aber kein unüberwindliches Hindernis. Allenfalls Wegelagerer und ähnliches Gesindel könnten ihnen eventuell einige Unannehmlichkeiten bereiten, doch aus dies ist noch nicht gesagt. „Ich hoffe doch, es wird Euch nichts ausmachen, wenn wir die meiste Zeit einzig und allein unter dem Schutz der Sterne ruhen müssen?“ Die Heilerin sieht den Frostzwerg an und man merkt, dass sie auf diese Frage keine wirkliche Antwort erwartet, da ihnen dies auch nicht erspart bleiben würde, selbst wenn sie auch weiterhin über ausreichende finanzielle Mittel verfügen könnten. „Es wird sich für alles eine Lösung finden“, meint sie schlicht und widmet sich wieder ihrem Fisch. „Vorerst müssen wir unsere Münzen eben sehr sorgsam einteilen.“ Notfalls könnte ich auch … Nein! Diese eine Möglichkeit, die ihr unvermittelt in den Sinn kommt, wischt sie mit einem einzigen Gedanken sofort wieder beiseite. Oft genug hatte sie schon vor ähnlichen Problemen gestanden und bisher ist es ihr immer gelungen, sie irgendwie zu lösen, es würde auch dieses Mal einen Weg geben … Sie blickt Dror über den Tisch hinweg an, lächelt schwach, dann beendet sie schweigend ihr Mahl. Sorgsam legt sie das Besteck aus der Hand, leert ihr Weinglas und lehnt sich auf ihrem Stuhl ein wenig zurück. Die Rückenschmerzen, die sie seit einer geraumen Weile plagen, lassen langsam wieder nach. Nun, vom Essen gestärkt, fühlt sich die Elbe ausgesprochen wohl und beschließt, die voraussichtlich letzte Nacht in Vinnrivils Kelter zu genießen. Ein verträumtes Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie, zum wiederholten Mal an diesem Abend, eine leichte Kindsbewegung verspürt.

Nachdem auch Dror sein Mahl beendet hat, sitzen sich die beiden Reisenden noch eine Weile gegenüber und unterhalten sich in leichtem Plauderton. Um sie herum hat sich der Schankraum mittlerweile gefüllt und die Luft ist von heiterem Stimmgewirr angefüllt. Vinnrivil und die Bedienungen im Kelter haben alle Hände von zu tun und schwirren emsig zwischen den zahlreichen Tischen und Nischen umher. Als der Baumeister und die Heilerin gezahlt haben, sieht Selket Dror fragend an. „Wollen wir hinaufgehen?“, erkundigt sie sich. „Wie ich vorhin schon einmal sagte, würde ich mir gerne noch ein Bild davon machen, wie weit die Veränderung bereits vorangeschritten ist, bevor wir in Kürze unsere Reise fortsetzen.“ Sie erhebt sich. „Kommt“, fordert sie den Baumeister höflich auf, „oben lässt es sich besser weiterreden als hier unten, denkt Ihr nicht auch?“ Sie wartet die Reaktion des Frostzwerges noch kurz ab, dann verlassen die beiden gemeinsam den Schankraum des Kelters, um über eine Treppe hinauf zu ihren Räumlichkeiten zu gelangen. Der eine oder andere Blick folgt ihnen dabei, doch achten weder der Zwerg noch die Elbe groß darauf. Vor der Tür zu ihrer Kammer bleibt die Heilerin stehen, öffnet die Tür und lässt den Baumeister eintreten, nachdem sie die Lichter im Inneren entzündet hat. Das Kurzschwert aus Obsidian sowie der Langbogen lehnen neben dem Bett an der Wand, auch das übrige Gepäck der Heilerin liegt sorgsam geordnet in der Nähe. Außer dem Bett und dem Stuhl, welcher vor dem Schreibpult steht, gibt es in der äußerst schlicht eingerichteten Kammer keine weiteren Sitzgelegenheiten.        

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 22. Apr. 2005, 19:36 Uhr
Dror ist beruhigt, dass es für Selket anscheinend selbstverständlich ist, ebenfalls ihr Geld für ihre Weiterreise bereitzustellen. Während er die letzten Tage mit ihr zusammen gereist ist, hat er zwar den Eindruck bekommen, dass ihr diese Reise genauso am Herzen liegt, wie ihm selbst, doch hatte er immer wieder festgestellt, dass sich Personen sehr plötzlich verändern können, sobald sie ihre Ersparnisse für Belange anderer einsetzen müssen.
So nickt er zufrieden, als sie vorschlägt, demnächst Gasthäuser zu meiden, um den Rest des Geldes gut einzuteilen. Für einen Moment runzelt sie die Stirn, doch dann lächelt sie leicht. "Es ist kein Problem für mich, auch einmal auf die schützenden Mauern einer Herberge zu verzichten," antwortet er ihr und fügt hinzu: "Mir macht die Kälte nichts aus. Dort wo ich herkomme, muss man das ganze Jahr über mit ihr leben."

Sie beenden ihr Essen und bleiben noch ein wenig in der Schankstube, bis die Elbe erneut erwähnt, sich den Fortschritt von Drors Krankheit anschauen zu wollen und sich erhebt. Der Frostzwerg nickt, trinkt den letzten Schluck Wein in seinem Glas und steht dann auf, um der Elbe die Treppe hinauf zu folgen.
Das Zimmer der Heilerin ist genauso einfach eingerichtet, wie sein eigenes und die wenigen Habseligkeiten, welche sie mit sich führt, sind sorgsam verstaut. Dror stellt sein eigenes Gepäck, welches er den ganzen Tag mit sich herumgetragen hat, neben der Tür an die Wand und schliesst die Tür hinter sich. Für einen Moment steht er etwas unschlüssig im Raum, nicht sicher, ob er sich erst einmal setzen oder doch besser gleich stehen bleiben soll, um sich untersuchen zu lassen. Er entscheidet sich schliesslich für letzteres, als die Elbe ihn abwartend anschaut und legt seinen blauen Umhang, sowie seine lederne Jacke ab.
"Es hat sich mittlerweile ein ganzes Stück weiter ausgebreitet und läßt mich nicht sonderlich gut schlafen," sagt der Baumeister zu Selket, als er ihr seinen Rücken zukehrt, "ausserdem bemerke ich, wie es sich langsam auf meine Beine ausbreitet, was etwas ... unangenehm ist." Das sich immer wieder ein stechender Schmerz in seinem Rücken bemerkbar macht, wenn er seine Hüften beim Laufen zu sehr bewegt, verschweigt er dabei. Schliesslich gibt es nichts daran zu ändern und ich will nicht wie ein Krüppel behandelt werden.

Während die Heilerin ihn vorsichtig untersucht, erinnert er sich wieder daran, sie nach ihren Schmerzen fragen zu wollen. Er dreht sich leicht um, um sie anzusehen, bemerkt dann aber, dass dies die Elbe bei ihrer Arbeit stören könnte und wendet sich deswegen wieder zurück, um seine Frage in den Raum hinein zu stellen.
Vorsichtig sagt er: "Ich habe bemerkt, dass ihr euch ab und zu an den Rücken gegriffen habt, als hättet ihr Schmerzen. Wovon kommt das? Ich hoffe es ist nichts dauerhaftes, denn wenn wir in den nächsten Tagen unterwegs sind, werdet ihr euch kaum schonen können."
Als er die Frage ausgespricht, stellt Dror fest, dass es, seit er Selket im Cerynitis Cerua kennengelernt hat, mehrmals Situationen gab, in denen er geglaubt hat, der Elbe ginge es nicht gut, diese das jedoch stets verneinte und er fragt sich, ob es irgendetwas gibt, was er übersieht.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 23. Apr. 2005, 10:16 Uhr
Drors Worte lassen die Elbe schmunzeln. »Mir macht die Kälte nichts aus. Dort wo ich herkomme, muss man das ganze Jahr über mit ihr leben.« In der Tat, einem Frostzwerg sollten kalte Nächte eigentlich nicht stören. Sie schaudert leicht. Zwar stammt sie ebenfalls aus dem Norden und ist, was extreme Temperaturen anbelangt, weitaus unempfindlicher als beispielsweise Menschen, dennoch konnte sich die Heilerin mit kaltem Wetter noch nie sonderlich gut anfreunden. Doch die herrschende Jahreszeit ist nun einmal eher kühl und ungemütlich und daran würden ihre Wünsche auch nichts ändern, also nimmt sie es einfach hin, so wie es nun einmal von Natur aus gegeben ist.

Auf ihrer Kammer angelangt, wartet Selket geduldig ab, bis Dror sein Gepäck abgelegt hat. Während er sich etwas unschlüssig in dem schlicht ausgestatteten Raum umsieht und schließlich seinen Umhang sowie seine Jacke ablegt, legt die Heilerin einen kleinen Lederbeutel bereit, der sich unter ihrem Reisegepäck befindet. Da er etliche getrocknete Heilkräuter und -pflanzen beinhaltet, verströmt der Beutel einen angenehmen Duft, der sich nach und nach in der ganzen Kammer ausbreitet. Nachdem der Frostzwerg Umhang und Jacke abgelegt hat, wendet er sich um, um der Elbe den freien Blick auf seinen entblößten Rücken zu ermöglichen, während er ihr seine Beschwerden schildert. Wie schon mehrmals zuvor untersucht die Heilerin mit vorsichtig tastenden Fingerspitzen die Ränder der Versteinerungen. Dror hat Recht, es hat sich deutlich ausgebreitet. Sie runzelt besorgt die Stirn, als er erklärt, dass die Versteinerung mittlerweile auch auf seine Beine überzugreifen droht. Das wird uns vielleicht noch einige Unannehmlichkeiten bereiten, wenn der Krankheitsverlauf sich in dieser Form weiter fortsetzt.

Die Frage des Baumeisters reißt sie aus ihren Gedanken. »Ich habe bemerkt, dass ihr euch ab und zu an den Rücken gegriffen habt, als hättet ihr Schmerzen. Wovon kommt das? Ich hoffe es ist nichts dauerhaftes, denn wenn wir in den nächsten Tagen unterwegs sind, werdet ihr euch kaum schonen können.« Einen Augenblick lang verharrt sie fassungslos und ist froh, dass Dror ihr seinen Rücken zuwendet, sodass er nicht sehen kann, wie ihr ihr ernster, beherrschter Gesichtsausdruck für einen winzigen Moment zu entgleiten droht. Was hast du gedacht? Das es ihm möglicherweise gar nicht auffallen würde, weil er ein Zwerg ist? Das ist absolut lächerlich … Missmutig und etwas verstimmt verzieht sie ihre Miene. Schenk ihm reinen Wein ein. Der Weg ins Gebirge ist lang. Besser er erfährt es jetzt, als irgendwann, wenn ihr schon wieder unterwegs seid. Die Elbe seufzt leicht. Na los, spring ins kalte Wasser. Selket holt ein kleines Fläschchen aus ihrem Gepäck öffnet es und beginnt etwas von dem enthaltenen Öl behutsam auf Drors Rücken aufzutragen. „Schmerzlindernd“, murmelt sie halblaut, während sich der Geruch von Johanniskraut in der Luft ausbreitet. Als sie damit fertig ist, greift sie nach der Jacke des Frostzwerges. Sie reicht ihm das Kleidungsstück, ohne ihn dabei anzusehen und wendet sich sogleich ab, um nach dem Lederbeutel zu greifen und die Bänder zu öffnen, welche ihn verschließen.

„Eine Schwangerschaft ist nichts, weshalb man sich sorgen müsste, Dror Silberbart“, meint die Elbe leichthin und versucht ihre Stimme, angesichts dieses Eingeständnisses, so gleichmütig wie möglich klingen zu lassen. Selkets Blick ist auf den Beutel in ihren Händen geheftet. Sie verspürt nicht den Wunsch zu sehen, welche Reaktion ihre Bemerkung auf dem Gesicht des Baumeisters hervorruft. Sie nimmt einige Kräuter in die Hand und betrachtet sie prüfend. Mittlerweile kann sie Dror gut genug einschätzen, um anzunehmen, dass die Versteinerung dem Frostzwerg nicht nur beim Schlafen Probleme bereitet, sondern ihm vermutlich auch sonst einige Schmerzen verursacht, obgleich der Baumeister dies wohl nur zugeben würde, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden ließe. Kein sonderlich ungewöhnliches Verhalten, wie die Heilerin aus aufgrund langjähriger Erfahrung weiß. Die Elbe nimmt ein paar getrocknete Kräuter – Kamille, Lavendel und Schlüsselblume – aus dem Beutelchen, dreht sich zu Dror um und reicht ihm diese. „Lasst Euch davon von Vinnrivil einen Tee aufsetzen“, erklärt sie ein wenig kurz angebunden. „Das wird Euch besser schlafen lassen und auch ein wenig gegen den Schmerz helfen, denke ich …“ … Oder hoffe es zumindest. Schwer zu sagen, was bei dieser eigenartigen Krankheit Linderung verspricht und was nicht.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 23. Apr. 2005, 19:39 Uhr
Im ersten Augenblick erhält Dror keine Antwort und er will sich bereits umdrehen, um seine Frage noch einmal zu stellen, doch trägt die Heilerin gerade eine Salbe auf, so dass er sich nicht bewegt und noch ein wenig wartet.
Tatsächlich glaubt er, eine angenehme Wirkung zu spüren, nachdem die Elbe ihre Arbeit beendet hat.
Sie gibt ihm seine Kleider zurück und sagt dann schliesslich, ohne ihn anzuschauen:„Eine Schwangerschaft ist nichts, weshalb man sich sorgen müsste, Dror Silberbart.“

Der Frostzwerg erstarrt in der Bewegung und seine Jacke, halb angezogen, rutscht ihm wieder vom Arm. Das blanke Erstauen ist ihm ins Gesicht gemalt und würde er sich sehen, wäre er sicherlich froh, dass die Elbe in diesem Moment die Kräuter betrachtet, welche sie mit sich führt und nicht ihn.
"Schwanger? Ihr meint ihr bekommt ein Kind?" fragt er, doch die Elbe reicht ihm statt einer Antwort einige Kräuter und sagt, dass er sich davon vor dem Schlafen einen Tee aufgiessen lassen soll.
Natürlich heisst es das, denkt er sich und wundert sich, warum er nicht selbst darauf gekommen ist. Jetzt, wenn er Selket etwas genauer betrachtet, sieht er auch, dass ihr Gewand ein wenig gewölbt in der Bauchgegend ist. Bei Sils Bart, du bist ein Narr, Dror Silberbart. Soviel solltest du doch in den letzten Jahren gelernt haben, dass du weißt, das Elben und Menschen nicht in Steingärten heranwachsen.
Er dankt der Elbe kurz und hebt dann seine Jacke auf, um sie wieder anzuziehen. Dabei versucht er sich an einige Begebenheiten aus seiner Vergangenheit zu erinnern, um einzuschätzen, was es für die Heilerin heißt, ein Kind zu bekommen. Natürlich wußte er darüber Bescheid, das die anderen Rassen ihr Leben im Bauch ihrer Mütter begannen. Doch auf seinen Reisen hatte es kaum die Möglichkeit gegeben längere Freundschaften zu pflegen, da er dafür nie lange genug an ein und demselben Ort geblieben war. So hatte er nie eine Elbe oder eine Menschenfrau in seinem näheren Bekanntenkreis gehabt, welche ein Kind erwartete, um den Verlauf einer Schwangerschaft zu verfolgen oder um sagen zu können, ob es einer besonderen Vorbereitung auf die Geburt bedurfte.  Alles was er wußte, hatte er gesehen, wenn er durch die Strassen ging oder von Kunden gehört, wenn sie von diesem und jenem berichteten.

"Wie lange wißt ihr es denn schon?" fragt er schliesslich. Sie kann es noch nicht gewußt haben, als wir in Talyra aufgebrochen sind, ist er sich sicher, sonst hätte sie sich doch nicht mehr auf eine Reise begeben. Deshalb fügt er etwas aufgeregter hinzu: "Wir können doch jetzt nicht bei Eis und Schnee durch den Wyrmschwanz marschieren. Was passiert, wenn es gerade dort zur Welt kommt? Wir sollten besser hier bleiben, damit ihr euch ausruhen könnt, oder nach Talyra zurückkehren."
Hilflos schaut er Selket an. Da er bei Priestern in Kaerthos aufgewachsen war, hatte er zumindest einen kleinen Einblick bekommen, mit welcher Sorgfalt und Achtsamkeit die Steingärten gepflegt wurden, damit die jungen Zwerge heranwachsen konnten. Und ich laufe mit ihr zwei Tage lang durch die Stadt. Besorgt um das Wohl der Heilerin, welche immer noch an dem Schreibpult steht, schlägt er deswegen vor: "Wollt ihr euch nicht vielleicht setzen? Es ist bestimmt nicht gut, wenn ihr solange steht."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 24. Apr. 2005, 00:16 Uhr
„Ich bin nicht …“ … krank, will die Elbe sagen, beendet den Satz jedoch nicht und setzt sich stattdessen resignierend auf das Bett. Einen Augenblick lang schweigt sie und schließt das Auge, um sich genau zu überlegen, was sie dem Baumeister nun sagen soll. Drors Sorge, die in seinen Worten deutlich mitschwingt, ist geradezu rührend, doch eben dies wollte die Heilerin eigentlich vermeiden. Sorge und unnötige Rücksichtnahme. Sie blickt auf und muss schmunzeln, als ihr die Worte des Baumeisters noch einmal durch den Kopf schießen. »Wir können doch jetzt nicht bei Eis und Schnee durch den Wyrmschwanz marschieren. Was passiert, wenn es gerade dort zur Welt kommt?« Unbeabsichtigt muss die Heilerin leise auflachen. „Entschuldigt.“ Sie sieht den Frostzwerg geradewegs an. „Seit wann?“ Wiederholt die Elbe die Frage und überlegt kurz. „Seit Erntemond. Aber Ihr solltet Euch deshalb keine weiteren Gedanken machen.“ Selket sieht Dror freundlich an. „Eure Sorge ehrt Euch, doch ist sie vollkommen unbegründet. Selbstverständlich werden wir unsere Reise wie geplant fortsetzen. Wir müssen es sogar, dass wisst Ihr so gut wie ich.“ Selkets Blick wird ernst. „Im Gegensatz zu Euch haben wir noch ausreichend Zeit.“ Inar ist noch fern, sehr fern. … Und Talyra ist noch viel ferner.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 24. Apr. 2005, 12:05 Uhr
Drors Blick folgt Selket, als sie sich zu ihrem Bett begibt, um seinem Rat zu folgen. "Ich bin nicht ..." sagt sie, bricht dann jedoch ab und der Baumeister vermeidet es zu fragen, sieht er doch, das es der Elbe anscheinend schwer fällt, auf seine Fragen zu antworten.
Schliesslich lacht sie leise auf, doch klingt sie dabei nicht wirklich fröhlich und erzählt ihm nun, dass sie schon fünf Monde mit der Gewißheit lebt ein Kind zu bekommen, lange bevor sie mit dem Schiff Talyra verließen, ja sogar lange bevor er das Cerynitis Cerua betreten hatte.
Der Frostzwerg beginnt im Zimmer auf- und abzugehen, während er darüber nachdenkt. Er kann einfach nicht verstehen, warum sie mit ihm gegangen ist und so ihr Kind gefährdet.

"Selbstverständlich werden wir unsere Reise wie geplant fortsetzen. Wir müssen es sogar, dass wisst Ihr so gut wie ich. Im Gegensatz zu Euch haben wir noch ausreichend Zeit," fügt sie schliesslich hinzu.
Die Reise fortsetzen? Aus dem Mund der Elbe klingt das, als wäre es das Normalste der Welt. Dror kann nicht genau sagen, ob es stimmt, dass ihr noch genügend Zeit bis zur Geburt bleibt und wenn er es recht bedenkt, so liegt es an ihr, diese Entscheidung für sich und ihr Kind zu treffen. Die Elbe macht nicht den Eindruck sich umstimmen zu lassen, doch kann sich der Baumeister trotzdem nicht mit dem Gedanken anfreunden. Er bleibt stehen und schaut sie an, als er zu ihr sagt: "Aber warum seid ihr überhaupt mitgekommen? Jeder andere hätte mich doch genausogut begleiten können, so dass ihr in Ruhe auf euer Kind hättet warten können. Was ist, wenn irgendetwas passiert, ihr zum Beispiel unglücklich fallt oder die Kälte euch Schaden zufügt, nur weil ihr für mich um diese Jahreszeit irgendein Kraut in den Höhen des Wyrmschwanzes sucht?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 24. Apr. 2005, 13:52 Uhr
Nachdem die Selket ruhig auf dem Bett Platz genommen hat, beginnt Dror unablässig im Raum auf und ab zu gehen, während er hört, was sie ihm zu sagen hat. Die Elbe kann an seinem Gesicht förmlich ablesen, dass er offenbar nicht wirklich glücklich darüber ist, was sie ihm sagt. ... Und dass er ihre Entscheidung weder wirklich versteht noch gutheißt. Wut flackert in der Elbe auf. Ich hätte es für mich behalten sollen, denkt sie finster. Was versteht ein Zwerg schon davon, was es bedeutet so eine Entscheidung zu fällen? Glaubt er, dass wäre mir leicht gefallen? Sie schließt für einen Moment ihr gesundes Auge. Vielleicht, murmelt eine leise, gehässige Stimme in ihrem Kopf, vielleicht denkt er das wirklich und vielleicht hat er damit gar nicht einmal so Unrecht! Die Worte des Frostzwerges reißen sie unvermittelt aus ihren Gedanken. »Aber warum seid Ihr überhaupt mitgekommen? Jeder andere hätte mich doch genauso gut begleiten können, so dass Ihr in Ruhe auf Euer Kind hättet warten können. Was ist, wenn irgendetwas passiert, ihr zum Beispiel unglücklich fallt oder die Kälte euch Schaden zufügt, nur weil ihr für mich um diese Jahreszeit irgendein Kraut in den Höhen des Wyrmschwanzes sucht?« Die Elbe springt auf und funkelt ihn zornig an. Ungewollt richtet sie die Wut, welche sie eigentlich auf sich selbst verspürt, plötzlich gegen den fassungslosen Baumeister.  

„Wer hätte Euch den begleiten sollen?“, faucht sie aufgebracht. „Wer, frage ich Euch? Wie viele Heiler oder Kräuterkundige, die Euch genau sagen können, ob Ihr die richtige Pflanze in Händen haltet, wenn Ihr sie gefunden zu haben glaubt, kennt Ihr?“ Selket spürt wie Tränen in ihr aufzusteigen drohen. Jedes Wort zerrt Schuldgefühle und Zweifel zurück an die Oberfläche, die sie lieber für einige Zeit vergessen hätte. „Was wisst Ihr schon? Meint Ihr etwa, diese Entscheidung wäre mir leicht gefallen? Und was macht Euch so sicher, dass ich in Talyra besser aufgehoben wäre?“ Unglücklich stürzen kann man da auch ...! Hastig und mit fahrigen Händen greift die Elbe nach ihrem Mantel und streift sich das Kleidungsstück über, während sie versucht die Tränen noch etwas zurückzuhalten. Lieber soll der Frostzwerg sie wütend und zornig sehen, bevor er ihren verborgenen Kummer entdecken kann. „Ihr habt ja keine Ahnung …“, erklärt sie mit halb erstickender Stimme, während sie durch das Zimmer eilt und die Tür aufreißt. „Vergesst den Tee nicht“, murmelt Selket noch, dann ist sie auch schon aus der Kammer gestürzt. Die Tür schlägt mit einem leichten Knall hinter ihr ins Schloss und sie hastet mit fliegenden Schritten die Treppe zum Schankraum hinunter. Ohne auf die verwunderten und teilweise besorgten Blicke und Rufe zu achten, die ihr folgen, verlässt sie Vinnrivils Kelter. Erst als sie draußen in der kalten Nachtluft angelangt ist, macht sie halt.

Tränen rinnen ihr die Wangen hinunter, während sie tief ein- und ausatmet, um sich wieder etwas zu beruhigen. Drors Fragen haben unbeabsichtigt Selkets wunden Punkt berührt, denn normalerweise hätte die Elbe weniger emotional und aufbrausend reagiert. Nun steht sie regungslos unweit des Gasthauses und blickt in den dunklen Sternenhimmel hinauf. Ein eigenartiges Gefühl umklammert ihr Herz. Einerseits wünscht sie sich nichts mehr auf der Welt als dieses Kind, doch andererseits kann sie auch nicht einfach aufhören, zu sein, was sie ist, eine Heilerin. Wie hätte ich mit dem Wissen um Drors Zustand einfach seelenruhig in Talyra zurück bleiben können?, fragt sie sich niedergedrückt und seufzt. Es tut ihr mittlerweile längst ausgesprochen leid, wie sie sich soeben dem Baumeister gegenüber aufgeführt hat. Daher wischt sie sich mit einer Hand die Tränen aus dem Gesicht, atmet noch einmal tief ein und wendet sich dann um, um in den Kelter zurückzukehren und sich bei dem Frostzwerg für ihr unmögliches Verhalten zu entschuldigen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 25. Apr. 2005, 18:35 Uhr
Als die Heilerin plötzlich zornig vom Bett aufspringt und ihm statt einer Antwort selbst Fragen entgegenschleudert, erstarrt der Frostzwerg förmlich.  „Wer hätte Euch den begleiten sollen? Wer, frage ich Euch?... Was wisst Ihr schon?...“.
Selkets Auge funktelt ihn rot an und bevor Dror auch nur reagieren kann, eilt sie mit einem "Ihr habt ja keine Ahnung..." zur Tür, öffnet sie und verläßt das Zimmer.

Nachdem die Tür zugeknallt ist, bleibt Dror allein im Raum zurück und lediglich das "Vergesst den Tee nicht" der Elbe klingt noch nach.
Der Baumeister schaut auf die Kräuter, welche noch immer in seiner Hand ruhen und wirf sie dann wütend an die Wand. "Blitz und Donner, das ist doch nicht zu fassen. Hätte eine einfache Antwort auf eine einfache Frage nicht ausgereicht?"
Dror zögert noch einen Moment, dann eilt er ebenfalls zur Tür und reißt sie auf. "Selket, kommt zurück," ruft er den Gang entlang, doch ist die Elbe schon längst ausser Rufweite.
Und was nun? fragt er sich und überlegt, was der Auslöser dafür gewesen ist, dass die Elbe plötzlich so voller Zorn reagiert hat. Ist es denn nicht richtig nach dem Grund dafür zu fragen? Sie ist Heilerin, sie sollte doch es doch besser wissen.
"Und was macht euch so sicher, dass ich in Talyra besser aufgehoben wäre?"
Als er sich daran erinnert, stutzt er einen Moment, gab es doch noch einen anderen Grund für ihre Reise? Hatte sie vielleicht fliehen müssen, weil sie in der Weltenstadt in Gefahr gewesen ist?
Der Baumeister fährt sich durch den Bart, während er feststellt: Das würde zumindest erklären, warum sie trotz ihrer Schwangerschaft mit mir aufgebrochen ist.

Dror stellt fest, dass er noch immer auf dem Gang vor dem Zimmer der Elbe steht. mit einem Seufzer reißt er sich aus seinen Überlegungen los und tritt wieder in das Zimmer. Für einen Augenblick überlegt er, ob er hier bleiben soll, doch dann ist er sich gewiß, dass die Elbe, wenn sie zurückkehrt, sicherlich nicht wieder auf ihn treffen, sondern alleine sein will. Deshalb nimmt er sein Gepäck, verläßt das Zimmer und schliesst die Tür sorgsam hinter sich.

Es sind nur wenige Schritte zu seinem eigenen Raum, so dass er ihn schnell erreicht. Als er hineingeht, läßt er die Kerzen aus und legt lediglich sein Gepäck in einer Ecke des Zimmers ab.
Das er jetzt noch nicht würde schlafen können, ist ihm sofort klar, als er sich auf sein Bett setzt. Ich frage mich, wo sie jetzt ist. Ich hoffe nur, dass die nächtlichen Strassen Vînnars nicht gefährlicher sind, als die in Talyra.
Mittlerweile ist sich der Frostzwerg nicht mehr so sicher, ob er nun mehr auf die Elbe oder auf sich wütend sein soll. Auch wenn sie immer so ruhig und gefasst wirkt, scheint ihr Leben doch genauso kompliziert zu sein, wie dein eigenes. Etwas mehr Fingerspitzengefühl, könnte sicherlich nicht schaden könnte, wenn du sie schon persönliche Dinge fragen musst, stellt er fest, während er gedankenverloren an Drugil, dem Ring an seinem Finger dreht und in die Dunkelheit des Zimmers starrt.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 25. Apr. 2005, 22:19 Uhr
Langsam, ganz bedächtig steigt Selket die wenigen Stufen zur Eingangstür von Vinnrivils Kelter hinab, streckt zögernd die Hand aus, um nach dem Türknauf zu greifen und hält mitten in der Bewegung inne. Zögernd starrt sie die Tür an. Unsicher, was sie nun im Kelter erwarten mag. Wenn sie nun wieder hineingeht, würde sie einiges zu erklären haben. Bedrückt setzt sie sich auf die wenigen Stufen und blickt abwechselnd zur Tür hinüber beziehungsweise zum fernen Sternenhimmel empor. Hin und wieder kommt jemand aus dem Gasthaus heraus. Zumeist Männer, zu betrunken, um etwas Sinnvolles zu sagen und die Elbe kümmert sich nicht weiter um sie. Wie lange sie so dasitzt kann sie nicht sagen. Wenige Minuten oder eine halbe Ewigkeit, es ist einerlei. Schließlich steht sie abrupt auf, strafft die Schultern und umschließt mit der Hand den Türknauf. Morgen in der Früh oder irgendwann in den nächsten Tagen, ich werde kaum um eine Entschuldigung herumkommen, entscheidet sie und lacht hart. Also kann ich es genauso gut gleich hinter mich bringen. Entschlossen stößt sie die Tür auf und kehrt wieder in das Innere des Gasthauses zurück.  

Der Schankraum ist schnell durchquert. Neugierige Blicke und leises Tuscheln folgen ihr auf ihrem Weg quer hinüber zur Treppe, welche zu den Gästezimmern hinaufführt. Die Elbe versucht so gleichmütig und gelassen zu wirken, wie es nur irgend möglich ist. Man kann noch erahnen, dass sie geweint haben muss, auch wenn es sich nicht mehr ganz mit Bestimmtheit sagen lässt. Vor ihrer Kammer angelangt bleibt Selket einen Moment stehen. Sie atmet noch einmal tief durch, öffnet die Tür und tritt … in das leere Zimmer. Was hast du erwartet?, fragt sie sich. Das Dror hier warten würde? Du warst es doch, die ihm mit ihren letzten Worten noch zu verstehen gegeben hat, dass er sich zur Ruhe begeben soll. Schon vergessen? Unschlüssig sieht sie sich um. Die Kerzen sind fast herab gebrannt. Es muss also doch mittlerweile einige Zeit verstrichen sein. Unruhig geht Selket auf und ab. Sich jetzt einfach so der Nacht übergeben und vorerst vergessen, was geschehen ist, kann sie nicht. Nach einer Weile geht sie noch einmal auf den Flur hinaus. Vor der Tür zu Drors Kammer bleibt sie stehen und noch bevor sie wirklich darüber nachgedacht hat, was sie eigentlich tut, klopft sie sacht gegen das Holz. Stille. Was mache ich hier eigentlich …? Die Elbe schüttelt den Kopf und dreht sich um, um in ihr eignes Zimmer zurückzukehren.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 26. Apr. 2005, 00:00 Uhr
Er hatte sich gefragt, wie es nun weitergehen würde. Sollte er einfach schlafen gehen und morgen würde ihm die Elbe wieder am Frühstückstisch, freundlich wie immer, gegenübersitzen? Er konnte es sich nicht vorstellen und das war es wohl auch, was ihn daran hinderte, schlafen zu gehen. Mehrmals war er kurz davor, selbst das Gasthaus zu verlassen, um zu sehen, ob er die Heilerin finden würde, doch auch das schien ihm wenig sinnvoll. So wollte er einfach abwarten, dass die Nacht vorüberging.
Irgendwann hörten die Gedanken endlich auf, in den immergleichen Bahnen in seinem Kopf zu kreisen und er starrte nur noch in die schwarze Leere vor seinen Augen.

Dror kann nicht genau sagen, wie lange er in der Dunkelheit gesessen hat, als er auf ein Geräusch an der Tür aufmerksam wird. Es braucht erst ein wenig Zeit, bevor ihm bewußt wird, dass es ein leises Klopfen war. Erst will er es ignorieren, vielleicht hat ja nur jemand im Vorbeigehen die Tür gestreift, doch dann steht er auf und öffnet sie.
Auf dem Gang entfernt sich die Heilerin gerade wieder von seinem Zimmer. Als sie hört, dass sich die Tür geöffnet hat, bleibt sie jedoch stehen und blickt zurück.
Der Baumeister blickt in Selkets Gesicht und glaubt rote Ränder um ihre Augen zu erkennen und es überrascht ihn, hatte er doch eher ein Zornesfunkeln erwartet.
Etwas verlegen blickt er deshalb zu ihr auf. Er ist erleichtert, dass die Heilerin zurückgekehrt ist, doch sucht er eine Weile nach Worten, da er nicht erneut die falschen wählen will.

"Es ist schön, dass ihr wieder hier seid," sagt er schliesslich sanft und mit leiser Stimme und öffnet dabei die Tür ein Stück weiter, um der Elbe die Möglichkeit zu geben seinen Raum zu betreten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 26. Apr. 2005, 09:58 Uhr
Selket verspürt fast so etwas wie Erleichterung, als sie keine Antwort auf ihr Klopfen erhält und sich in ihre Kammer zurückziehen kann. Als sich die Tür zum Zimmer des Frostzwerges wenige Augenblicke später doch öffnet, bleibt sie jedoch stehen und dreht sich wieder um, um zurückzublicken. Dror schaut ihr durch den geöffneten Türspalt entgegen. Eigentlich erwartet die Elbe beinahe, dass er sie unfreundlich anfährt oder zumindest fortschickt. Nicht nur aufgrund ihres befremdlichen Verhaltens, sondern auch, weil sie zu solch später Stunde noch seinen Schlaf gestört hat. Stattdessen sind die Worte des Baumeisters jedoch überraschend freundlich und mild. Er spricht leise, um niemanden zu stören und öffnet sogar die Tür zu seiner Kammer noch etwas mehr, um sie einzulassen, aber die Heilerin zögert. Fragend blickt sie Dror an, die Tür bleibt offen. Schließlich geht sie langsam an ihm vorbei in die Dunkelheit des Zimmers. Das Licht, welches durch die Tür fällt, befindet sich in ihrem Rücken, ist aber stark genug, um es Selket zu erlauben, sich ein wenig im Raum umzusehen.

Sie wendet sich nicht um, als sie zu sprechen beginnt und sieht stattdessen weiterhin in die Dunkelheit in der Kammer, welche sie ihren Körper mit Schatten einhüllt. „Ich …“, beginnt sie und bricht gleich darauf wieder ab, um nach besseren Worten zu suchen, ohne jedoch welche zu finden. „Es tut mir leid“, setzt sie ein zweites Mal an. „Ich muss mich bei Euch entschuldigen.“ Nun dreht sie sich doch zu dem Frostzwerg um. „Was Ihr gesagt habt … Niemand wird gerne daran erinnert, dass er möglicherweise einen Fehler begangen hat.“ Sie seufzt und sieht Dror entschuldigend an. „Meine Wut richtete sich eigentlich nicht gegen Euch, aber …“ Die elbische Heilerin schweigt und sucht nach weiteren Worten. Schließlich lacht sie hart. „Es ist nicht leicht für mich, dass zuzugeben, doch ich kann mir noch so oft einreden, dass ich Euch nur begleitet habe, ohne etwas zu sagen, weil ich Heilerin bin, weil es meine Aufgabe ist … Aber das wäre reiner Selbstbetrug.“ Sie lacht bitter. „Die Wahrheit ist, dass Ihr mir die perfekte Möglichkeit geboten habt, Talyra ohne ein einziges Wort zu verlassen. Ich bin vor meinen eigenen Problemen davon gelaufen, mit allen Risiken, die damit verbunden sind, so einfach ist das.“ Selket zuckt mit den Schultern. „Und deshalb stehen wir nun hier … Daran lässt sich nichts mehr ändern ...“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 26. Apr. 2005, 22:08 Uhr
Dror hat gehofft, dass die Heilerin seine Geste verstehen würde, doch zögert sie und bleibt stattdessen auf dem Gang stehen. Als sie ihn anschaut, fragt er sich, welcher Worte es nun noch bedarf, um sie zum eintreten zu bewegen. "Nun kommt schon herein", sagt er schliesslich, erneut mit sanfter Stimme, "ich habe bisher ebensowenig schlafen können, wie ihr selbst."

Erst will der Frostzwerg die Tür sofort schliessen, als die Elbe und er endlich hindurchgetreten sind, doch brennt noch immer kein Licht in seinem Zimmer und so holt er erst schnell ein Schwefelholz aus einer seiner Gürteltaschen, um zwei Kerzen zu entzünden, welche auf einem Tischchen neben dem Bett von einem Holzständer getragen werden.
Das Licht wirft lange Schatten, als es den Raum erhellt, in dem die Elbe noch immer reglos und mit dem Rücken zu ihm gewandt steht. Schliesslich beginnt sie zu sprechen und als sie sich doch umdreht und ihn entschuldigend ansieht, ist Dror erleichtert. Ein erneutes Aufflammen des Streits, Rechtfertigungen und Ausflüchte, das alles hätte ihn hier und jetzt dazu bewogen, die Reise abzubrechen und die letzten Tage für den kurzen Rest seines Lebens im Gedächtnis zu begraben. Doch scheint dies nicht nötig zu sein. Er bemerkt, wie schwer es ihr fällt weiter zu reden und als er ihre Worte vernimmt, weiß er, dass sie ihm gegenüber mehr von ihrem Inneren preisgibt, als er erwarten durfte.

„Und deshalb stehen wir nun hier … Daran lässt sich nichts mehr ändern ...“
Eine Pause entsteht nach diesen Worten der Elbe. Der Zwerg blickt zu Boden, nun selbst wieder etwas unsicher, doch antwortet er schliesslich: "... und um ehrlich zu sein, möchte ich es auch nicht ändern." Er läßt die Worte verklingen, während er nach neuen sucht. Er blickt zu der Heilerin auf und redet dann weiter: "Ihr habt völlig recht damit, dass ich niemanden sonst kenne, der das Iôrlana-Kraut finden kann und ich kenne auch keinen besseren Reisegefährten für eine solche Aufgabe, als euch." Er hält einen Moment inne, bevor er weiterspricht: "Aus welchen Gründen auch immer ihr euren Entschluß gefasst habt, ich bin euch, bei Sil, sehr dankbar dafür, dass ihr mich begleitet. Doch gerade deswegen möchte ich nicht, dass der Fluch, welcher auf mir liegt auch noch das Leben anderer gefährdet. Besonders nicht das eures Kindes."
Es entsteht eine Pause, in welcher er sich fragt, ob es klug ist, erneut dieses Thema anzusprechen, trotzdem fährt er schliesslich fort:
"Nun... Ich weiß nicht sehr viel über das Schwangersein von Menschen und Elben, aber ich sollte doch genug erfahren haben, um zu wissen, dass ihr es seid, welche sich am meisten um das Wohlergehen eures Kindes sorgt und dass ihr sicherlich keine Ratschläge dazu von einem Zwerg braucht, welcher noch nicht einmal seine ersten hundert Sommer erlebt hat. Aber... wenn diese Probleme, vor denen ihr geflohen seid, euch hierher verfolgen und ihr glaubt meine Hilfe gebrauchen zu können, dann könnt ihr jederzeit mir darüber sprechen."
Dror weiß, dass er nicht viel mehr tun kann, als seine Hilfe anzubieten. Weder kann er auch nur erahnen, welcher Art die Probleme sind, denn bisher hat die Heilerin nicht den Eindruck gemacht, als würde sie vor Problemen davonlaufen, noch ist er sich sicher, ob er mit einer direkten Frage danach nicht wieder einen wunden Punkt treffen würde.

Bevor die Stille nach seinen Worten allzulang wird, probiert er es mit einem aufmunternden Lächeln und sagt zu der Elbe gerichtet: "Ich glaube, wir könnten jetzt beide diesen Aufguss von euren Kräutern vor dem Schlafen gehen gebrauchen, meint ihr nicht auch?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 27. Apr. 2005, 10:44 Uhr
Drors Worte beruhigen die Elbe. Keine Vorwürfe, keine weiteren Fragen. »... und um ehrlich zu sein, möchte ich es auch nicht ändern.« Sie atmet erleichtert auf, auch wenn sie sich noch immer nicht ganz wohl in ihrer Haut fühlt. Die nächsten Worte schmerzen etwas, doch weiß Selket nun, dass aus dem Frostzwerg lediglich aufrichtige Sorge spricht. Darauf antworten kann sie allerdings nicht und so entsteht eine kurze Pause, doch Dror fährt gleich darauf fort zu sprechen. »Aber... wenn diese Probleme, vor denen ihr geflohen seid, euch hierher verfolgen und ihr glaubt meine Hilfe gebrauchen zu können, dann könnt ihr jederzeit mir darüber sprechen.« Die Heilerin sieht ihn bedrückt, aber auch dankbar an und schüttelt den Kopf. Sie lächelt schwach. „Ich danke Euch, aber meine Probleme werden in Talyra geduldig auf meine Rückkehr warten.“ Selket seufzt. Nguyen. Der Name geistert mittlerweile unablässig durch ihre Gedanken. Wie soll ich das alles bloß erklären?, fragt sie sich, entscheidet sich aber schließlich, sich darüber vorerst nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Es hat ohnehin keinen Sinn. Ihre Miene hellt sich wieder auf. „Für diesen Moment ist alles gut.“

Wieder entsteht eine kurze Pause des Schweigens. Selket betrachtet das flackernde Licht der Kerzen auf dem Tisch neben dem Bett. Als Dror vorschlägt, aus den Kräutern, die sie ihm gegeben hat, nun einen Aufguss aufzusetzen, nickt sie zustimmend. „Dass hättet Ihr eigentlich schon längst erledigen sollen“, erklärt sie bereits wieder etwas heiterer, zieht es dann jedoch vor, sich selbst darum zu kümmern. Und so sitzt man sich schließlich mit dampfenden Bechern in der Hand gegenüber, während der beruhigende Duft der Kräuter langsam aufsteigt. Die weitere Unterhaltung verläuft allmählich im Sande. Die wenigen Worte, die noch fallen, sind sehr darauf bedacht und sorgsam gewählt. Irgendwann erhebt sich die Elbe, um sich zu verabschieden. „Wir sollten sehen, dass wir zumindest noch ein wenig Schlaf finden, bevor wir morgen Vilius Kasigan aufsuchen“, meint sie lächelnd. „Ein weiterer anstrengender Tag liegt vor uns und weitere werden ihm folgen. T'Anar îhior ôr ti, Dror.“ Die Elbe blickt den Frostzwerg noch einmal kurz an, dann hat sie die Kammer verlassen und hinter ihr schließt sich die Tür.

In ihrem eigenen Zimmer angelangt, legt die Heilerin ihren Mantel ab und öffnet den aufwendigen Haarknoten in ihrem Nacken. Schwer und fest fällt ihr den Haarzopf den Rücken hinab. Mit fahrigen Fingern macht sich Selket daran ihn zu lösen, wobei ihr Nguyens Haarkordel aus blutroter Seide in die Hände fällt. Sofort kommt die Erinnerung wieder hoch, nach den Ereignissen der vergangenen Stunden nicht weiter verwunderlich. Die letzte Zeile ihres Briefes kommen ihr wieder in den Sinn. »Richtet ihm bitte aus, dass ich noch etwas besitze, was ihm gehört ...« Sie starrt die Kordel an. Warum habe ich das geschrieben? Es ist nur ein einfaches Stück Stoff, er wird es vermutlich nicht einmal vermissen. Die gehässige Stimme in ihrem Kopf regt sich wieder. Vielleicht hast du damit ja etwas ganz anderes sagen wollen, zischt sie zynisch. Nein, bestimmt nicht … Doch die Stimme gibt nicht nach. Und was ist mit eurem Kind? Wütend schleudert Selket die Kordel in die nächst beste Ecke. Mein Kind!, widerspricht sie. Und das hat nichts mit 'besitzen' zu tun. Hastig löscht die Elbe das Licht der Kerzen und legt sich auf ihr Bett. Wieder ist sie den Tränen nahe, doch schon bald ist sie in Trance versunken.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 29. Apr. 2005, 22:46 Uhr
Nachdem Selket das Zimmer verlassen hat, begibt sich der Frostzwerg ins Bett. Der Geruch der Kräuter, welcher aus den dampfenden Bechern aufgestiegen ist, hängt noch angenehm im Raum und erinnert daran, dass der Abend doch noch ein versöhnliches Ende gefunden hat. Diesmal fallen Dror sofort die Augen zu und er schläft bis zum nächsten Morgen tief und fest, so wie es ihm seit einigen Nächten nicht mehr möglich gewesen ist.

Am nächsten Tag erwacht er ausgeruht und fühlt sich bereit, heute die Stadt zu verlassen, um die Wanderung in den Wyrmschwanz zu beginnen. Bevor er jedoch in den Schankraum hinabgeht, versucht er, beim Licht einer Kerze, noch einige Münzen aus seiner Kleidung zu lösen, welche in das Fell eingenäht sind. Einerseits sind sie so vor Dieben geschützt, falls diese ihn auf Wertvolles untersuchen und andererseits können sie ihm, wie gerade im Moment, als letzte Reserve dienen, falls der Inhalt seines Geldbeutels sich dem Ende zuneigt.
Kurze Zeit später ist er mit dieser Arbeit fertig, zählt das Geld in seiner Hand noch einmal ab, um es schliesslich in der Geldkatze verschwinden zu lassen und begibt sich, das Gepäck in der Hand hinab in den Schankraum.

Die Elbe wartet bereits auf ihn und schnell hat man die Teller geleert, um nicht zu spät das Gasthaus zu verlassen. Als Vinnrivil den Tisch abräumen will, dankt ihm der Baumeister für die gute Unterkunft, sowie das ausgezeichnete Essen und zahlt ihm den restlichen Betrag, welchen sie ihm schulden. Der Wirt versucht, sie noch zum Bleiben zu bewegen, für ein oder zwei Tage, um die vielen kleinen sehenswerten Dinge in der Stadt des Weines zu besuchen und der Wyrmschwanz würde ja auch nicht davonlaufen, doch kann selbst die Aussicht darauf, dass er ein Fass des einzigartigen Jahrgangs, welcher seit 20 Götterläufen in einer dunklen Ecke des Kellers schlummert, für sie öffnet, Selket und Dror nicht dazu bringen, ihren Aufenthalt zu verlängern. So verabschieden sie sich von Vinnrivil, versichern ihm, jederzeit wieder sein Haus aufzusuchen, wenn sie einmal nach Vînnar zurückkehren würden und verlassen schliesslich "Vinnrivils Kelter", froh, den wortreichen Wirt zurücklassen zu können.
Vor der Tür des Gasthauses, wenden sie ihre Schritte zum Stall, damit Herbstnebel sich zu ihnen gesellen kann. Das Gepäck wird auf dem kräftigen Rücken des Pferdes befestigt und daraufhin durchqueren sie die Gasse, um auf den Marktplatz zu gelangen.

Das dichte Weißgrau, welches sich über den Himmel gelegt hat, läßt nur schwer erahnen, zu welcher Tageszeit sie den mit Verkausständen gefüllten Platz besuchen, doch Dror ist sich sicher, dass es schon spät am Vormittag ist. Anscheinend hatten sie doch länger geschlafen als gewöhnlich, einen Luxus, welchen sie sich in den nächsten Tagen sicher nicht mehr leisten können. So beeilen sich die Heilerin und der Zwerg die letzten Vorräte zu kaufen, um nicht zu spät bei Vilius Kasigan zu erscheinen. Die Ereignisse des letzten Abends kommen dabei nicht noch einmal zu Wort, drehen sich ihre Gespräche doch ganz geschäftig darum, die Qualität der Waren zu beurteilen und das eine gegen das andere abzuwägen. Als die beiden Reisegfährten zufrieden mit dem Gekauften sind und auch der Hengst im dichten Treiben zwischen den Ständen leicht unruhig wird, weil er glaubt, bereits genügend Lasten mit sich herumzutragen, verlassen sie den Marktplatz und begeben sich in das Viertel auf der anderen Seite des Sorany, in welchem der Kartenmacher sein Haus hat.

Erneut stehen sie vor dem Heim Vilius Kasigans, dessen Aussehen Dror noch immer beeindruckt und klopfen, wie am gestrigen Tag, an die Tür. Schon kurz darauf wird diese aufgerissen und Vilius Kasigan steht vor ihnen. Sein Haar sitzt heute nicht ganz so perfekt, wie es sonst für ihn üblich ist und er wirkt etwas fahriger, als tags zuvor, doch ist seine Kleidung auch an diesem Tag wieder exquisit und der zahlreiche Schmuck, welchen er trägt, zeugt davon, dass sein Geschäft gut läuft.
Als hätte es seine leichte Verstimmung bei ihrem Abschied am vorigen Tag nicht gegeben, begrüßt er sie überschwänglich: "Willkommen, willkommen. Kommt nur herein." Mit schnellen Schritten durchquert er den Flur, um in sie in das Empfangszimmer zu geleiten, während er weiterredet: "Ja, eure Karte ist fertig. Sie hat mir zwar die Hälfte der Nacht den Schlaf geraubt, doch ich sage euch, sie ist besser geworden, als es mir vorgestellt habe."
Selket und Dror können ihm kaum folgen und als sie schliesslich ebenfalls den Raum erreichen, redet er bereits weiter: "Hier ist sie. Was sagt ihr dazu? Für die kurze Zeit, welche ihr mir gegeben habt, ist sie doch ausserordentlich gut gelungen."
Stolz präsentiert er auf dem Tisch ein entrolltes Stück Papier. Eine Gebirgskette ist mit Dreiecken darauf angedeutet, welche sich vom oberen zum unteren Rand des Pergaments zieht. Mehrere verschlungene Linien, unterschiedlich stark gezeichnet, die einen in Rot, die anderen in Schwarz, sind wie ein Netz darüber ausgespannt. An deren Enden zeigen Pfeile über die Karte hinaus, welche mit Vînnar, Blurreant, Belgrave und Sturmtal beschriftet sind. Die Linien verbinden Flächen, gefüllt mit kleinen grünen Kreisen, bis sie zumeist an stark zerklüfteten Felswänden enden, die mit feinen Strichen dargestellt sind. Erst auf den Ebenen dahinter führen manche weiter, bis sie die Grenze zu den nächsthöhergelegenen Ebenen erreichen.
Hier und da kann man auf der Karte auch Skizzen von Ruinen und Gemäuern erkennen, welche besonders am Rand der zerklüfteten Linien befinden. Auch Gasthäuser hat der Wirt eingezeichnet und mit einem Bierkrug markiert, auch wenn es nur wenige sind.
Schliesslich finden sich auf der Karte auch noch einige blaue Linien, welche irgendwo zwischen den Dreiecken an einem Punkt verbinden und sich, je weiter sie sich dem Kartenrand nähern, immer breiter werden, doch es gibt auch einige wenige Punkte auf den höheren Ebenen, wo lediglich drei ineinander liegende blaue Kreise bestimmte Stellen markieren.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 02. Mai 2005, 22:07 Uhr
Die Begrüßung des Kartenmachers ist ausgesprochen überschwänglich. Nichts deutet mehr auf seine Verstimmung vom Vortag hin und er führt sie gut gelaunt und mit schnellen Schritten durch sein haus, während er unentwegt redet, so dass weder Dror noch Selket Gelegenheit haben irgendetwas so sagen oder fragen. Erst im Empfangszimmer angelangt, verebbt Kasigans Redeschwall nach und nach, während er dem Baumeister und der Heilerin stolz und ausgesprochen selbstgefällig die angefertigte Karte der Wyrmschwanzberge präsentiert. Gespannt und erwartungsvoll treten sowohl der Frostzwerg, als auch die Elbe näher an Vilius Kasigan heran und betrachten eingehend, was er ihnen zeigt. Eines muss man ihm lassen, denkt Selket, während sie die Karte prüfend in Augenschein nimmt. Die Karte ist in der Tat ein *Fest* für das Auge. Zwar ist das Pergament weit weniger aufwendig geschmückt und verziert wie so manch anderes Exemplar im Haus des Kartenmachers, dennoch ist Kasigans Handschrift unverkennbar.

An Farben und Symbolen, aufwendig gestalteten Majuskeln und fein geschwungenen Minuskeln hat der Mann ganz offensichtlich trotz aller Eile nicht gespart. Behutsam berührt Selkets Fingerspitze das Papier und fährt behutsam die feinen Linien nach, die sich wie dünne Adern über das Pergament ziehen. Die Karte scheint wirklich gut zu sein. Aber wieso habe ich dann so eine eigenartiges Gefühl? Unweigerlich muss sie an ihre Zweifel vom vergangenen Tag zurückdenken. Fieberhaft suchen ihre Blicke einen Fehler in der Zeichnung des Kartenmachers, doch sie kann nichts finden. Wie auch?, fragt sie sich leicht spöttisch. Wenn wir uns im Wyrmschwanz und der Umgebung auskennen würden, würden wir wohl keiner so genauen Karte bedürfen. Nachdenklich mustert sie den Schriftzug, der Blurreant markiert. Liegt die Stadt nicht etwas zu weit westlich, überlegt sie, doch kann sie sich die Frage beim besten Willen nicht selbst beantworten, denn Blurreant ist ihr nur flüchtig bekannt. Schließlich entscheidet sie Vilius Kasigan einfach drauf anzusprechen. Sie sieht dem Kartenmacher direkt ins Gesicht und wartet auf seine Reaktion.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 05. Mai 2005, 14:49 Uhr
Dror betrachtet die Karte, welche vor ihnen liegt genauer. In der Tat scheint Vilius Kasigan Lyrs Gaben reichlich angewendet zu haben, obwohl die Zeit dafür knapp gewesen sein muss. Doch es macht die Karte leichter zu lesen und der Baumeister glaubt, sich die Landschaft um den Wyrmschwanz nun ein wenig vorstellen zu können. "In der Tat eine sehr schöne Arbeit", sagt er deshalb zu dem Kartenmacher gerichtet, "sie wird uns sicherlich sehr hilfreich sein." In Gedanken überlegt er sich bereits, welchen Weg sie, von Vînnar aus kommend, nehmen würden, um zu einer der heißen Quellen in den höheren Lagen des Gebirges zu gelangen und fährt den Weg nachdenklich mit dem Finger nach.

Auch Selket betrachtet die Karte genauer, doch verharrt ihre Aufmerksamkeit schliesslich bei Blurreant, dessen Name am äußersten Rand des Pergaments niedergeschrieben ist.
"Liegt diese Stadt nicht etwas zu weit westlich?", fragt sie schliesslich, ihren Blick auf den Hausherrn richtend, während ihr Finger auf den entsprechenden Punkt auf dem Papier zeigt.
Dror ist etwas überrascht darüber, hat er doch angenommen, dass die Heilerin sich in dieser Region der Immerlande auskennt. Dann erinnert er sich schliesslich, dass sie bereits einmal davon geprochen hatte, die Stadt des Weines besucht zu haben. Warum sollte sie also nicht auch weiter in den Norden gekommen sein?

Vilius Kasigans Stirn zieht sich etwas in Falten, als er auf den Punkt der Karte blickt, welchen ihm die Elbe zeigt. Für einen Moment scheint er selbst unsicher zu sein, doch dann wandelt sich seine Miene wieder zu dem Lächeln, welches er stets für seine Kunden bereithält.
"Nein, ich denke nicht, dass dem so ist," antwortet er der Heilerin, "sollte sie mir doch ein klein wenig verrutscht sein, so nur deshalb, weil ich soviel Zeit damit verbracht habe, den Wyrmschwanz so sauber wie möglich zu zeichnen." Er zeigt auf eine andere Stelle der Karte. "Seht hier diese Ruinen. Ihr werdet sie sofort erkennen, wenn ihr sie seht. Ich habe ein paar ausgezeichnete Beschreibungen dieser alten Burgen in meinem Archiv und ich habe mir größte Mühe gegeben, sie so detailgetreu wie möglich auf das Pergament zu übertragen, damit sie euch als Wegmarken dienen können."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 08. Mai 2005, 23:43 Uhr
Kasigans Antwort zerstreut Selkets Zweifel zwar nicht vollkommen, doch kann sie nichts weiter einwenden. Das Werk des Kartenmachers ist ausgesprochen eindrucksvoll und weist alle Merkmale einer hervorragenden Arbeit auf, weshalb die Elbe nichts mehr weiter sagt und Dror alles weitere regeln lässt. Während die beiden Männer noch mit einander sprechen und sich auf einen Preis für die Karte einigen, wandert die Heilerin noch einmal in dem Zimmer auf und ab und betrachtet die Karten, welche Vilius Kasigan an den Wänden des Raumes zur Schau stellt. Nein, an der handwerklichen Kunst des Kartenmachers scheint kein Zweifeln möglich. Trotzdem betrachtet die Elbe die karte, die sie bereits bei ihrem ersten Besuch in Kasigans Haus nachdenklich gestimmt hat, noch einmal. Und je länger sie auf das Pergament start, umso sicherer ist sich die Heilerin, dass zumindest dieses eine Werk des Kartenmacher ausgesprochen fehlerhaft ist, was geographische Genauigkeiten anbelangt.

Doch schließlich haben Dror und Vilius Kasigan alles Geschäftliche geklärt und der Frostzwerg drängt zum Aufbruch. Auch ohne die Karte zu betrachten, wissen sowohl der Baumeister als auch die Heilerin, dass sie noch einen sehr weiten und äußerst anstrengenden Weg vor sich haben. So verabschiedet man sich also schon bald nach einigem Hin und Her und verlässt Kasigans Anwesen. Herbstnebel, der geduldig vor dem Haus auf ihre Rückkehr gewartet hat, kommt ihnen langsam entgegen getrottet, als die Tür sich hinter dem Frostzwerg und der Elbe schließt und sie wieder auf Vinnars Straßen stehen. „Dann lasst uns gehen“, erklärt Selket und deutet auf die Karte. „Welchen Weg würdet Ihr vorschlagen? Ihr habt die Karte ja bereits eingehend studiert, wie mir scheint.“ Sie schenkt Dror ein amüsiertes Lächeln. Die Unstimmigkeiten der vergangenen Nacht sind längst vergessen.

Sie tritt näher neben den Baumeister. Gemeinsam nehmen sie die Karte noch einmal in Augenschein und Dror erklärt anhand der Zeichnung, welche Reiseroute er vorschlagen würde, wobei er sich die Anmerkungen, Einwürfe und Vorschläge der Elbe bereitwillig anhört und abwägt. Nach einer Weile hat man sich geeinigt und die beiden Reisenden machen sich auf den Weg. Herbstnebel, welcher den größten Teil ihres Gepäcks aufgeladen bekommen hat, trottet schnaubend und voller spürbarer Abenteuerlust hinter ihnen her. Während sie so durch Vinnars Straßen ziehen, kann Selket ihre Zweifel jedoch nicht vollständig beiseite schieben. Schließlich bleibt sie stehen, als Dror dies sieht, bleibt er ebenfalls stehen und schaut sie fragend an. „Ich weiß, ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber ich habe immer noch Zweifel bezüglich der Karte.“ Sie seufzt. „Vermutlich vollkommen unbegründet und trotzdem …“ Anstatt den Satz zu beenden, sieht sie Dror lediglich entschuldigend an.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 09. Mai 2005, 21:06 Uhr
Nachdem die Bedenken der Heilerin zerstreut sind, faltet Dror die Karte vorsichtig zusammen und erklärt Vilius Kasigan: "Gut, ich denke wir können überaus zufrieden sein. Was verlangt ihr für eure Arbeit?"
Da der Baumeister bereits am vorigen Abend festgestellt hat, dass von seinem Vermögen nur noch wenig übrig geblieben ist, benötigt es einige Zeit, bis er und der Kartenmacher sich auf einen Preis einigen können. So nimmt der Hausherr schliesslich die zuletzt gebotenen Münzen, auch wenn er dabei nicht allzu zufrieden aussieht. Vielleicht würde ich in Talyra großzügiger sein, denkt sich Dror dabei, doch ich werde kaum ein zweites Mal mit ihm ins Geschäft kommen, so dass er mir in Zukunft nicht allzu gewogen sein muss.
Als er sein Gespräch mit Kasigan beendet, schaut er sich nach Selket um und stellt fest, dass sie erneut in Gedanken versunken eine der Karten an der Wand betrachtet.
"Seid ihr bereit aufzubrechen?" fragt der Zwerg sie deshalb und als sie sich umdreht und bejaht, verabschieden sich die Besucher von dem Kartenmacher, welcher nun doch glaubt ihnen diesen oder jenen Hinweis darauf geben zu müssen, was sie im Wyrmschwanz und auf dem Weg dorthin erwartet, ohne dass er es noch auf der Karte unterbirngen konnte. So müssen Selket und Dror noch ein zweites und drittes Mal Lebewohl sagen, bevor sie endlich das Haus verlassen können.

Als sie vor das Haus gelangen und sich einen Augenblick umschauen, sagt die Elbe, auf die Karte deutend: "Dann lasst uns gehen. Welchen Weg würdet Ihr vorschlagen? Ihr habt die Karte ja bereits eingehend studiert, wie mir scheint."
Auf ihr amüsiertes Lächeln antwortet der Baumeister, indem er die Augenbrauen hochzieht und sagt: "Nun, wenn ihr mich fragt, sollten wir nach einer rotgepflasterten Strasse suchen."
Er zwinkert der Elbe zu und öffnet dann die Karte, um ihr zu zeigen, welchen Weg er für den besten hält. Eine Weile wägen sie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten ab und diskutieren, wie weit sie pro Tag vorankommen würde, bevor sie schliesslich die beste Lösung gefunden zu haben glauben.

Als sie sich schliesslich auf den Weg machen, scheint die Heilerin recht schweigsam zu sein und an anderen Dinge zu denken, bevor sie plötzlich stehen bleibt und zu dem Frostzwerg sagt: "Ich weiß, ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber ich habe immer noch Zweifel bezüglich der Karte. Vermutlich vollkommen unbegründet und trotzdem …"
Dror, welcher ebenfalls angehalten hat, runzelt die Stirn. "Ihr meint, Kasigan konnte euch nicht überzeugen?"
Die Elbe nickt und fügt hinzu: "Es ist nicht nur unsere Karte, auch die, welche an der Wand hing. Ich habe den Norden der Immerlande schon einige Male bereist und auch wenn ich nicht viel vom Kartenmachen verstehe, bin ich mir doch sicher, dass die Entfernungen zwischen den einzelnen Orten, so wie sie dort eingezeichnet sind, einfach nicht stimmen können."
"Mhmm," brummt der Baumeister, während er sich die bartbesetzte Wange kratzt. Obwohl er den Worten des Kartenmachers glaubt und sich sicher ist, dass dieser nicht ein derart prunkvolles Leben führen könnte, wenn seine Karten fehlerhaft wären, hat er die Elbe doch mittlerweile so gut kennengelernt, dass er ihre Bedenken nicht leichthin in den Wind schlägt. Schliesslich sagt er: "Doch um nochmal zu Kasigan zurückzugehen, ist es jetzt wohl zu spät, schliesslich haben wir ihn schon bezahlt. Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als darauf zu vertrauen, dass er einigermassen richtig gearbeitet hat."
Für einen Moment schweigen die beiden Reisenden.
Dann fragt die Elbe vorsichtig: "Und wenn wir noch mal zu Relthan Merevan gehen?"
"Dieser eingebildete Schreiberling in seinem heruntergekommenen Haus?" Der Baumeister bemerkt, dass seine Stimme etwas lauter wird und versucht sie deshalb wieder zu dämpfen, schliesslich ist es nicht die Schuld der Elbe, dass sie so brüsk von Merevan abgewiesen worden sind, "ich wüßte nicht, warum er sein Handwerk besser als Kasigan verstehen soll. Er sieht mir ganz und gar nicht danach aus."
"Aber einen Grund muss es doch haben, warum Lyrs Diener uns ausgerechnet ihn empfohlen haben," gibt Selket zu bedenken. Für einen Moment überlegt der Frostzwerg und stimmt dann seufzend zu: "Nun gut, was kann es schon schaden. Je eher er uns diesmal davonschickt, desto schneller können wir uns auf den Weg zum Wyrmschwanz begeben."
So wenden sie ihre Schritte und begeben sich noch einmal tiefer in die Strassen der Stadt, um zum Haus Relthan Merevans zu gelangen.

Als sie wieder vor der schäbigen Hütte des Kartenmachers stehen, welche so gar nicht zu dem Rest der Häuser in diesem Teil der Stadt passen will, erfaßt Dror das Gefühl so gleich wieder davongehen zu wollen. Er muss einiges an Willenskraft aufbringen, um stattdessen seine Schritte durch das alte Gartentor zu setzen und vor der Tür angelangt die Hand zu heben, um laut vernehmlich zu klopfen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 12. Mai 2005, 18:35 Uhr
Relthan Merevan hatte den ganzen vergangenen Tag, nachdem der unverschämte Zwerg und seine Begleiterin – „Diese rothaarige, einäugige …“ Dem Kartenmacher geht die Luft aus, „Elbenhexe!“ – sein Anwesen endlich wieder verlassen hatten, damit zugebracht, so laut und herzhaft zu fluchen, wie es ihm beliebte. Nachdem ihm schließlich die Schimpfwörter ausgegangen waren, und dass hatte ziemlich lange gedauert, war er dazu übergegangen, sein Arbeitszimmer auf den Kopf zu stellen. Den Abend hatte er schließlich mit zweieinhalb Flaschen besten Weines beendet, was ihn gegen Tagesende doch noch wieder halbwegs versöhnlich gestimmt hatte. Die nun hinter ihm liegende Nacht war dementsprechend geruhsam verlaufen. Allerdings dröhnte sein Schädel nun, als würden mehrere Bienenschwärme darin hausen und so fühlte er sich auch. Das lärmende Pochen an der Tür entreißt ihm daher einen mürrischen Schmerzenslaut und die schlechte Laune des Vortages kehrt mit einem Schlag zurück. Genervt schaut er sich nach seinem Monokel um und findet es schließlich unter einem Stapel knisternder Pergamente. Schnell greift er danach und setzt es auf, während er verstimmt zur Tür hinüberschlurft. „Komme ja schon, komme ja schon“, knurrt er halblaut, sodass man seine Stimme draußen gerade noch so eben vernehmen kann.

Mit einem Ruck reißt er die kleine Guckluke in seiner Haustür auf und will sie fast augenblicklich wieder zuschieben, als er gewahr wird, wer dort draußen auf ihn wartet. Der Giftzwerg und das einäugige Spitzohr. Er zieht die Luft scharf ein, sodass ein leises Zischen erklingt. „Ihr schon wieder“, schnaubt er verächtlich. „Habt Ihr immer noch nicht genug? Ich sagte doch bereits gestern, dass ich mit Euch nichts zu schaffen haben will. Packt Euch fort. Verschwindet zu Kasigan, wenn Ihr so dringend eine Karte benötigt!“
Angesichts dieser herzlichen Begrüßung und unter Berücksichtigung des Wortwechsels vom vergangenen Tag, hält sich Selkets Höflichkeit dieses Mal deutlich in Grenzen. Betont kühl, wobei eine merkliche Gereiztheit gut spürbar in ihrer Stimme mitschwingt, versucht sie Relthan Merevans Unverschämtheiten zu begegnen. „Khel Dar“, beginnt sie so ruhig sie eben zu bleiben vermag. „Danke für Euren Ratschlag, aber wir kommen direkt von Vilius Kasigan, wenn Ihr gestattet ...“ Sie ignoriert Relthans Zornesschrei und spricht einfach weiter, um ihm keine Gelegenheit zu bieten, zu Wort zu kommen. „… und wenn Ihr uns bestätigt, dass Blurraent tatsächlich so weit westlich liegt, wie auf dieser Karte – Sie deutet auf das Dokument in Drors Händen. - verzeichnet, werden wir Euch nicht länger behelligen. Wir haben es eilig und nicht genug Zeit, um uns länger als nötig mit unbegründeten Beschuldigungen, Beschimpfungen und albernen Kindereien herumzuärgern.“

Während des Sprechens hat sich ihr Gesicht zunehmend gerötet und sie funkelt den Kartenmacher aufgebracht. Dieser starrt, in Anbetracht solcher Unverfrorenheit und vor Wut sprachlos, durch die kleine Öffnung in der Tür zurück. ›Da merkt man wieder, dass du durch und durch die Tochter deines Vaters bist.‹ Dieser beliebte Ausspruch ihrer Mutter, gepaart mit einem glockenhellen Lachen, kommt der Elbe ganz unvermittelt in den Sinn und lässt sie wieder etwas freundlicher und weniger ernst blicken. In Relthan Merevan arbeitet es indessen. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Noch immer wütend, aber mittlerweile auch nachdenklich gestimmt, steht er hinter der Tür, schweigt und überlegt, was er tun soll. Die Elbe hat seinen Stolz zu tiefst gekränkt. Doch mit einem einzigen Blick auf Kasigans Karte … könnte ich beweisen, WER hier etwas von seinem Handwerk versteht und wer NICHT! Einen Moment lang steht er noch unschlüssig da, dann schiebt er mit einem lauten Knall die kleine Öffnung zu. Einen Augenblick später knarrt es im Türschloss und der Eingang zu Merevans Haus öffnet sich einen Spalt breit. „Kommt rein“, knurrt er grimmig und stößt die Tür etwas weiter auf. „Aber wagt es ja nicht, irgendetwas anzufassen. Kapiert?!“

Ohne eine Antwort abzuwarten, wendet er sich um und schlurft in das Halbdunkel seines Hauses. „Und sprecht gefälligst etwas leiser, ich bin nicht taub …“ Euer Gebrüll bekommt meinen Kopfschmerzen nicht gut. Missmutig reibt er sich die pochenden Schläfen, während er den Frostzwerg und die Elbe durch sein düsteres Anwesen führt. Im inneren ist es ausgesprochen dunkel. Einen langen Flur gibt es nicht, tritt man durch die Eingangstür, so befindet man sich direkt in einem geräumigen Wohnzimmer, in welchem ein schäbiger Kamin, ebenso schäbige Möbel und ein hässlicher Sessel mit Bezügen aus zerschlissenem Stoff stehen. Darüber hinaus ist die Kammer mit Kisten und Kästen voll gestopft, deren Inhalte Dror und Selket nicht unbedingt näher zu erkunden Wünschen. An den Wänden sind Schränke aufgebaut, die jedoch größtenteils absolut leer sind und allenfalls Merevans Arbeitsutensilien bergen. Prunk und Protz, wie man ihn in Kasigans Haus vorfindet, wird man hier vergebens suchen, es ist mehr als offensichtlich, dass Relthan Merevan aus einem völlig anderen Holz geschnitzt ist und auf solche Äußerlichkeiten keinerlei gesteigerten Wert legt.  

Er führt seine Gäste durch mehrere kleine Räume, eine Treppe hinauf, einen schmalen Flur hinab, dessen Holzdielen bedenklich unter ihren Schritten knarren und lässt sie schließlich in sein Arbeitszimmer treten, welches, im Gegensatz zum restlichen Haus sauber, ordentlich und lichtdurchflutet ist. Sämtliche Arbeitsutensilien stehen fein säuberlich aufgereiht bereit oder sind in entsprechenden Regalen genaustens einsortiert. Einige Karten hängen an den Wänden, andere liegen in ordentlichen Stapeln beieinander, dass ganze Zimmer scheint nach einem geheimen System gestaltet zu sein, dass dem Kartenmacher die Arbeit so gut wie möglich erleichtert. Relthans Werke, dies lässt sich bereits auf einen Blick erkennen, unterscheiden sich deutlich von denen Kasigans. Keine unnötigen Verzierungen, keine verschwenderische Farbenpracht, Blattgold liegt bereit, findet sich aber auf keiner einzigen ausliegenden Arbeit. Erstaunt sehen sich der Frostzwerg und die Elbe um. Relthan Merevan lässt ihnen jedoch nur wenig Zeit. „Nun“, brummt er. „Dann zeigt Vilius Schmiererei mal her.“ Sein Auge funkelt hinter dem Monokel gefährlich. Mit vor der Brust verschränkten Armen steht er da, ein hagerer Mann mittleren Alters. Gekleidet ist der Kartenmacherin in die einfachen, etwas schmutzigen Gewänder eines Handwerkes. Sein Gesicht wirkt kantig und etwas eingefallen, dunkle Ränder unter den Augen sind gut sichtbare Spuren einer durchzechten Nacht. Das kurz geschnittene, mittelbraune Haar des Mannes wirkt keinesfalls ungepflegt, steht allerdings reichlich wirr in alle denkbaren und undenkbaren Himmelsrichtungen ab.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 13. Mai 2005, 22:24 Uhr
Fast scheint der Versuch der beiden Reisenden mit dem Kartenmacher ins Gespräch zu kommen genauso zu verlaufen, wie beim ersten Mal. Zumindest hat Dror dieses Gefühl, als sie dieser in der ihm eigenen unfreundlichen Art begrüßt. Doch bevor der Frostzwerg auf die Unverschämtheiten etwas gleichwertiges entgegnen kann, hat die Elbe schon eine passenden Antwort parat und zur Überraschung des Baumeisters scheint Relthan Merevan tatsächlich auf ihren Vorschlag einzugehen.

Die Tür vor welcher sie das letzte Mal vergeblich gewartet hatten, öffnet sich nun ein wenig und es wird ihnen erlaubt einzutreten. In dem Zimmer hinter dem Eingang erkennt der Frostzwerg einiges von dem wieder, was er gesehen hat, als er selbst durch die Luke hereingeschaut hatte. "Es wird mir nicht im Traum einfallen hier etwas zu berühren," murmelt er, als sie durch das Zimmer laufen, "auch wenn es dieses Haus sicher nötig hat, dass ein Baumeister hier mal wieder Hand anlegt." Auf den Möbeln liegt Staub, an dessen Dicke man deutlich erkennen kann, wann der Kartenmacher das letzte mal etwas daraufgelegt oder heruntergenommen hat und der Kamin mit seinen rußgeschwärzten Steinen und dem Sims, dessen Ecken abgebrochen sind, erinnert den Baumeister daran, dass er selbst erst vor kurzer Zeit einen solchen gebaut hat. Ich hoffe, Schilama wird ihren etwas besser pflegen, als diesen hier, überlegt er, an die Tage zurückdenkend, die er bei der Waldläuferin im Baumhaus verbracht hat, ansonsten hätte ich mir weniger Arbeit damit machen müssen.

Obwohl das Haus von aussen nicht diesen Eindruck erweckt, ist es im Inneren weitläufig und Selket und Dror durchqueren hinter dem Hausherrn erst einige Räume und Flure, bevor sie schliesslich ein Zimmer erreichen, welches ganz anders als der Rest des Hauses zu sein scheint.
Man sieht sogleich, dass es sich um die "Werkstatt" des Kartenmachers handeln muss, denn alles was er für die Gestaltung neuer Karten braucht, ist hier sorgsam und genau sortiert untergebracht. Erstaunt blickt sich Dror um und will sich gerade nach einer Karte umschauen, welche direkt neben dem Eingang an der Wand hängt, doch kommt ihm Merevan zuvor: "Nun, dann zeigt Vilius Schmiererei mal her."
Der funkelnde Blick, den er dabei aufsetzt und der durch die dunklen Ringe um seine Augen in seiner Wirkung noch verstärkt wird, erinnert den Zwerg, welchen der saubere Arbeitsplatz für einen Moment positiv von Relthan Merevan denken liess, jedoch wieder daran, weshalb sie hier sind und warum sie so schnell wie möglich wieder gehen wollen.
Er holt die Karte aus einer Innentasche seiner Jacke heraus und rollt sie auf, bevor er sie widerwillig dem Kartenmacher übergibt. "Nun, von einer Schmiererei kann man wahrlich nicht sprechen," brummt er dabei, "seid vorsichtig damit, sie ist ganz frisch, vielleicht ist an manchen Stellen die Tinte noch nicht ganz trocken. Obwohl wir Vilius Kasigan nur wenig Zeit gegeben haben, ist sie doch äußerst detailliert geworden. Das müsst ihr ihm erstmal nachmachen."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 18. Mai 2005, 12:03 Uhr
Merevan muss bei Drors letzten Worten laut auflachen. „Das glaube ich Euch gerne“, erklärt ausgesprochen amüsiert, wobei sein Lachen äußerst boshaft klingt. „Denn wisst Ihr, welches Handwerk der gute Vilius tatsächlich meisterhaft beherrscht?“ Fragend schaut er zwischen dem Frostzwerg und der Elbe hin und her, doch die beiden wechseln nur verständnislose Blicke, was Relthan Merevan wiederum noch mehr zu erheitern scheint. Dann wird sein Blick jedoch ernst, er nimmt Dror unwirsch die Karte aus der Hand und legt sie vor sich auf sein Arbeitspult, während er sein Monokel zurechtrückt. „Vilius Kasigan ist der beste Blender und Augenwischer, den ihr in ganz Vînnar für Geld aufreiben könnt“, brummt er missmutig und studiert dabei die vor ihm liegende Karte mit grimmigem Blick. Dabei verfinstert sich seine Miene zusehends und immer mehr Falten bilden sich auf seiner Stirn. Schließlich richtet er sich wieder zu voller Gänze auf und wendet sich wieder Dror und Selket zu, wobei er ihnen die Karte entgegen streckt.

Seine Stimme klingt mehr als einfach nur abfällig, als er zu sprechen beginnt. „Damit im Gepäck wolltet Ihr den Wyrmschwanz bereisen?“, fragt er geringschätzig, ohne jedoch eine Antwort zu erwarten, da ihm dese ohnehin längst bekannt ist. „Dann habe ich eine schlechte Nachricht für Euch.“ Er macht eine Pause und hebt den Blick, um sich an den Reaktionen seiner beiden Gäste zu erfreuen. Selket weicht seinem Blick nicht aus und hebt leicht eine Augenbraue, weiter geht sie jedoch nicht auf Relthans Worte ein, sondern wartet ihrerseits darauf, was er zu sagen hat. Als der Kartenmacher endlich fortfährt, sieht er Dror dabei direkt an. „Mit dieser farbenfrohen Kleckserei währt Ihr nicht einmal bis zum nächsten Gasthaus gekommen“, erklärt er selbstgefällig. Er dreht sich um, legt die Karte wieder auf das Pult und bedeutet dem Baumeister und der Heilerin sich zu ihm zu gesellen. Mit ausgestrecktem Finger tippt er immer wieder auf bestimmte Stellen der Zeichnung, während er ausführlich darlegt, was an dieser Karte alles nicht stimmt.

„Die Silberbrücke“, brummt er, „liegt eindeutig zu weit westlich, doch das ist nicht einmal das Schlimmste.“ Immer neue Punkte zeigt er ihnen auf, die er ausgiebig zu bemängeln weiß. Straßen fehlen oder verlaufen vollkommen falsch. Bestimmte Wegmarken sind vollkommen wertlos, da sie sich an völlig anderen Stellen befinden oder längst nicht mehr existieren. „Das Gasthaus hier“, erläutert Reltahn Merevan mit besonders zynischem Unterton in der Stimme, „ist vermutlich Vilius Meisterstück.“ Er unterbricht sich, um schallend zu lachen. „Der Wirt serviert eine ausgezeichnete Fischsuppe“, meint er grinsend. „Ausgezeichnet, sehr zu empfehlen, wenn Ihr irgendwann einmal nach … Ildala … gelangen solltet.“ Äußerst zufrieden sieht er Dror und Selket an.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 21. Mai 2005, 11:49 Uhr
Was der Kartenmacher ihnen zu berichten hat, gefällt Dror überhaupt nicht. Doch noch weniger gefällt ihm die selbstgefällige und überhebliche Art, mit welcher Relthan Merevan über die Arbeit seines Kollegen spricht.
Schweigend hört er den Tiraden des Hausherrn zu, welcher einen Punkt nach dem anderen auf der Karte zeigt und von diesem erklärt, warum er, so wie er eingetragen ist, völlig falsch liegt. Würde der Baumeister den Ausführungen Merevans glaube, so ist die Karte kaum mehr als das Papier und die Tinte wert, aus welcher sie besteht. Unmut macht sich in dem Frostzwerg breit, während er den hämischen Äußerungen weiter zuhört, kann er sich doch nicht vorstellen, dass ein Mann, wie Vilius Kasigan, welcher es durch sein Handwerk zu ansehnlichem Wohlstand gebracht hat, ihnen einen so schlechten Dienst erwiesen haben soll.

Nachdem die letzten Worte des Kartenmachers verklungen sind, die triumphierend darin gipfeln, dass er ihnen erklärt eines der Gasthäuser würde in Wirklichkeit in Ildala liegen, ist der Zwerg kurz davor, ihrem Gegenüber die Karte wieder abzunehmen und das Haus auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Lediglich die Erinnerung daran, dass sie hier sind, weil Selket ebenfalls einen Fehler an einer der Karten festgestellt hatte, läßt die lange Auflistung von Unregelmäßigkeiten, welche Relthan Merevan ihnen geboten hat, in den Augen des Baumeisters ein wenig glaubhauft erscheinen.
"Und woher wisst ihr das alles so genau?" fragt er deshalb ungehalten, "Warum sollten wir euren Worten eher glauben, als Kasigans Karte? Schliesslich können seine Werke nicht so schlecht sein, kann er doch ganz gut davon leben, wie es scheint. Vielleicht versucht ihr nur ihn schlecht zu reden, weil ihr anscheinend irgendeine Feindschaft mit ihm pflegt."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 23. Mai 2005, 12:41 Uhr
Noch während Dror sprich, kann man förmlich sehen, wie die Wut in Relthan Merevan wieder hochzukochen beginnt. Seine Gesichtsfärbung nimmt einen bedenklich dunklen Ton an und er hat seine Augen bedrohlich eng zusammengekniffen. „Was fällt Euch eigentlich ein, Ihr unverschämter Wicht!“, fährt er Dror an und es grenzt schon fasst an ein Wunder, dass er seinem Gegenüber nicht gleich an die Gurgel geht, so sehr scheinen ihn die Worte des Frostzwerges in Rage gebracht zu haben. Bebend vor Zorn steht er da und funkelt sowohl die Elbe als auch den Zwerg giftig an und Selket ist schon dicht davor einzuschreiten, als sich der Kartenmacher langsam wieder beruhigt, sich abwendet, an seinen Arbeitsplatz tritt und einige seiner Karten hervorholt. Mit finsterem Blick präsentiert er Dror die einzelnen Werke. Allesamt sind ausgezeichnet ausgearbeitet, wirken ebenso präzise und hochwertig wie jene von Vilius Kasigan, verzichten allerdings auf jedweden unnötigen Schnickschnack.

Merevan weist mit dem Finger auf jede Karte, die er Dror und Selket zeigt und erklärt: „Viele dieser Gegenden habe ich selbst bereist. Nicht nur einmal. Und die Männer und Frauen, die mir das übrige Wissen zusammentrage, welches ich benötige, sind äußerst zuverlässig und erfahren.“ Er kratzt sich mit der Hand am Kinn, sein Blick wird noch etwas düsterer, als er es ohnehin schon ist. „Kasigan kann gut von seiner Kunst leben, da habt Ihr zweifelsohne recht“, brummt er unfreundlich. „Aber üblicherweise legt seine Kundschaft keinen gesteigerten Wert auf zuverlässige Karten, da es sich normalerweise um irgendwelche Emporkömmlinge handelt, die lediglich mit ihrem Geld protzen wollen, so wie Kasigan selber.“ Er schnaubt verächtlich. „Glaubt Ihr etwa, dieser eingebildete, gestriegelte und gebügelte Laffe wäre schon einmal weiter als bis an den Stadtrand Vînnars gekommen?“

Merevan lacht amüsiert, aber dennoch bitter. „Der Lump ist sich für nichts zu schade. Glaubt mit seinem Geld könne er sich alles erkaufen“, knurrt er. „Aber nicht mit mir. Soweit kommt es noch, dass ich SO EINEM meine Handwerksgeheimnisse verkaufe.“ Der Kartenmacher lacht. „Hat keinen Funken Anstand im Leib der Bursche.“ Er zuckt mit den Achseln. „Aber bitte. Wenn Ihr ihm eher glauben wollt als mir, dann soll’s mir recht sein. ICH muss nicht in den Wyrmschwanz. ICH bin nicht darauf angewiesen, dass die Karte, der ich folge mich nicht direkt ins nächste Unglück führt.“ Relthan grinst gehässig. „Die Entscheidung liegt bei Euch. Ich kann die Karte ausbessern oder es lassen. Ganz wie Ihr wollt.“ Mit vor der Brust verschränkten Armen schaut er zwischen dem Frostzwerg und der Elbe hin und her. Die beiden wechseln kurze Blicke, schließlich nickt Selket kaum merklich.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 24. Mai 2005, 00:48 Uhr
Obwohl Dror nicht unbedingt mit einer freundlichen Antwort des Kartenmachers gerechnet hat, überrascht es ihn dann doch als "unverschämten Wicht" bezeichnet zu werden. Der Frostzwerg ballt die Fäuste, während ihm die Wut ebenso, wie seinem Gegenüber das Blut in Gesicht schiessen läßt und für einen Moment wartet er nur darauf, dass Relthan Merevan sich auf ihn stürzt, um ihn dabei gebührend zu empfangen.
Doch dann überlegt es sich der Hausherr anscheinend anders und holt stattdessen einige Karten hervor, um sie auf seinem Tisch auszubreiten. Es gelingt dem Baumeister nicht sofort, seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen und sich wieder zu beruhigen. Mühsam schweigt er und schaut stattdessen mit einem verzweifelten Blick zu Selket. Es ist endgültig das letzte Mal, dass ich mir seine Unverschämtheiten bieten lasse, denkt sich Dror, denn auch die Heilerin scheint noch einmal bereit zu sein, den Erklärungen Merevans zu folgen.

So tritt der Zwerg nun ebenfalls an den Arbeitsplatz des Kartenmachers und läßt sich von diesem erklären, warum er glaubt, die besseren Ergebnisse bei seiner Arbeit abliefern zu können. Obwohl der Baumeister ganz und gar nicht gewillt ist, ihrem Gastgeber auch nur ein Stück weit mit seiner Meinung entgegen zu kommen, bleibt ihm schliesslich doch nichts anderes übrig, als anzuerkennen, dass Relthan Merevan zumindest die besseren Quellen für seine Informationen zu haben scheint als Vilius Kasigan. Im Gegensatz zu dem reichen Mann, welcher, wie er gegenüber Selket und Dror selbst erwähnte, auf alte Berichte aus seinem Archiv zurückgegriffen hat, sind die Kentnisse Merevans doch viel lebendiger, so dass man ihm glauben muss, dass er nicht die Mühen gescheut hat, die Wege im Wyrmschwanz selbst zu erkunden.
Missmutig schaut Dror deshalb drein, als der Hausherr sie vor die Wahl stellt, die Karte zu korrigieren oder sie ihnen unverändert wieder zurückzugeben. Es ist ihm nicht recht, dem Kartenmacher, welcher sie seit ihrem ersten Treffen mit Unfreundlichkeiten und Beleidigungen überzogen hat, nun auch noch den Triumph zu gönnen, sein Können, welches er mit Sicherheit besaß, unter Beweis zu stellen. Erneut blickt der Zwerg zu Selket und ihr unmerkliches Nicken, bestätigt ihn in seiner Ansicht, dass ihnen keine Wahl bleibt. Die Reise durch den Wyrmschwanz wird schwierig genug werden, wir können es uns nicht auch noch leisten, der Exaktheit unserer Karte nicht zu vertrauen.

"Also gut" brummt er deshalb kurz angebunden an Merevan gewandt, "verbessert die Zeichnungen dort, wo es euch nötig erscheint. Und fangt gleich damit an, denn wir haben nicht viel Zeit zu verlieren."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 28. Mai 2005, 14:04 Uhr
„So, die Herrschaften haben es also eilig, wie?“, erwidert Merevan gespielt freundlich, nickt aber. „Also gut, wie Ihr wünscht.“ Er deutet eine leicht spöttische Verbeugung an. „Dann folgt mir bitte.“ Der Kartenmacher führt Selket und Dror den Weg zurück, denn sie gekommen sind. In seinem Wohnzimmer, denn darum handelt es sich vermutlich bei dem Raum, welchen man durch die Haustür als erstes betritt, angekommen, macht Merevan Halt. „Setzt Euch irgendwo“, er deutet um sich. „Aber rührt nichts an“, betont er seine Warnung von zuvor noch einmal mit allem ihm zur Verfügung stehendem Nachdruck, dann verschwindet er ohne weitere Worte zurück in sein Arbeitszimmer, wo sie Kasigans Karte zurückgelassen hatten.

Während Dror und Selket sich unten in dem ungemütlichen, schäbigen Wohnzimmer und sich irgendwie die Zeit vertreiben, macht sich Relthan Merevan an die Arbeit. Schnell und dennoch sorgfältig geht er zu Werke. Zunächst zeichnet er die wichtigsten Gasthäuser und Unterkünfte auf dem Weg ein, dann bessert er das Gewirr aus Wegen und Handelsstraßen aus und ändert die nötigen Wegpunkte. Auch im Gebirge selber nimmt er deutliche Veränderungen vor. Es dauert eine Weile, dann ist er endlich fertig und betrachtet zufrieden sein Werk. „Für die kurze Zeit nicht schlecht“, brummt er selbstgefällig. Er begutachtet die Karte noch einmal, dann bringt er sie zu dem Frostzwerg und der Elbe hinunter, wobei er das Pergament vorsichtig vor sich herträgt, da die Tinte noch nicht an allen Stellen vollkommen getrocknet ist.

„Bitte sehr“, erklärt er und präsentiert dem Baumeister mit unverholenem Stolz das Ergebnis seiner Hände Arbeit. Selket gesellt sich zu den beiden und betrachtet die Karte mit kritischem Blick. Die Veränderungen haben ihr einiges von ihrem eindrucksvollen Anblick genommen, zumindest in dieser Beziehung hat Merevan auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet, aber seine Veränderungen scheinen hilfreich und korrekt, soweit die Elbe dies nun eben zu beurteilen vermag. Relthan Merevan fackelt nicht lange. Er weiß, wie eilig es die beiden Reisenden haben und nennt seinen Preis. Zu großartigen Verhandlungen zeigt er sich angesichts der gegenwärtigen Situation nicht bereit und kommt den beiden kein Stück entgegen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 30. Mai 2005, 19:39 Uhr
Nachdem der Kartenmacher sie wieder zurück zu dem Raum geführt hat, welcher am Eingang des Hauses liegt, bleibt den beiden Reisenden nichts weiter übrig, als darauf zu warten, dass Merevan seine Arbeit fertigstellt und damit zurückkehrt. Unruhig geht der Baumeister während dieser Zeit auf und ab, schliesslich wollten sie um diese Zeit bereits die Stadt verlassen haben.
Es bleibt nicht viel zu tun und so tauschen die Elbe und der Frostzwerg lediglich ab und zu einen fragenden Blick aus, bevor sie sich wieder in dem Raum umschauen, welcher mit seiner wenig einladenden Ausstattung gut zu dem Hausherren zu passen scheint.

Endlich kommt Relthan Merevan mit der fertiggestellten Karte zurück. Mit einem selbstgefälligen "Bitte sehr" breitet er sie vor dem Frostzwerg aus, welcher sie kritisch betrachtet. Nach einem ausgiebigem Blick über das Pergament antwortet Dror: "Ihr scheint doch einige wichtige Veränderungen vorgenommen zu haben. Nun gut, wieviel verlangt ihr für eure Arbeit?"
Der Preis den der Kartenmacher nennt, scheint dem Zwerg für ein paar Korrekturen deutlich zu hoch angesetzt, doch spürt er auch kein Verlangen danach, erneut einen Streit zu beginnen. So nimmt er seine letzte Münzen aus einer Tasche seiner Kleidung, um sie ihrem Gastgeber in die Hand zu zählen.
Der anschliessende Dank seines Gegenübers scheint nur gespielt, als dieser seine Finger um die Geldstücke legt und sie in den Taschen seiner Beinkleider verschwinden läßt und sein "Ich wünsche euch eine gute Reise" klingt eher nach einem "Und nun verschwindet".
Lediglich ein Nicken ist die Antwort des Baumeisters, als er die Karte vorsichtig wieder zusammenfaltet und sich anschliessend Richtung Tür begibt.

Dror ist froh, als sie endlich wieder auf der Strasse angelangt sind. Obwohl die Sonne sich heute kaum zeigt, ist es doch deutlich heller als im Haus Relthan Merevans und der Frostzwerg geniesst den rauhen Wind, welcher durch die Strassen fegt und den muffigen Geruch schnell davonträgt, der sie aus dem Gebäude begleitet hat.
Während Selket nach Herbstnebel schaut und den Hengst über das helle Fell streicht, sagt der Baumeister zu ihr: "Nun sind wir endlich bereit die Stadt zu verlassen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, doch ich froh bin, dass wir unsere Reise nun endlich fortsetzen können."
Nur kurz überlegen sie, in welche Richtung das Osttor der Stadt liegt, dann setzen sich sich gemeinsam in Bewegung, um den langen Weg zum Wyrmschwanz auf sich zu nehmen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 30. Mai 2005, 19:45 Uhr
Im Reich der Eiskönigin


Hinter dem Stadttor  beginnt ein weites Hügelland, welches die größten Schätze der Stadt des Weines beherbergt. In Ringen sind die Weinberge um Vînnar angeordnet, lediglich vom Sorany mit seinem tiefen eingeschnittenen Tal unterbrochen. In den Senken zwischen den Hügelketten, welche meist von kleinen Bach- oder Flußläufen durchzogen sind, die in den großen Fluss münden, liegen die Dörfer der Weinbauern. Jetzt im Winter, wenn die Rebstöcke kahl sind, wirtschaften sie vor allem in ihren Kellern, um die Verarbeitung und Lagerung der Weine vorzunehmen, damit diese rechtzeitig im Frühjahr und Sommer auf den Märkten der Immerlande angeboten werden können.

Selket und Dror folgen der Handelsstraße, welche in Richtung Osten führt und schon bald wieder vom Rumpeln der Ochsenkarren, sowie der Pferdekutschen erfüllt sein wird, die Waren von Vînnar in die Ostlande transportieren oder aus den Grasländern hierherbringen werden. Doch jetzt liegt der Fahrweg leer vor ihnen und nicht allzuoft würden sie in den nächsten Tagen Reisenden begegnen. Die meisten Händler warten auf das Frühjahr, um den Warenaustausch zwischen den Ortschaften wieder aufzunehmen und auch die Handwerker haben sich über den Winter eine Stelle gesucht, welche sie bis zum Taumond oder Sturmwind ernähren kann.

Als sie die Spitze der ersten Hügelkette erreichen, bietet sich ihnen ein Blick zurück auf die große Stadt am Ildorel, welche von hier aus gut zu überschauen ist.
Dror bedauert es so wenig Zeit gehabt zu haben und er versucht sich das Bild Vînnars, so wie es jetzt vor ihm liegt, einzuprägen, so dass er immer wieder daran zurückdenken kann.
Von hier aus scheint es fast, als würden sich am Sorany zwei Städte gegenüberliegen, getrennt von dem Fluss und dem Park, welcher an dessen Ufern liegt. Auf der einen Seite das Vînnar mit dicht aneinandergedrängten Häusern, dem Marktplatz und der Strasse hinab zum Hafen, die jetzt allerdings nicht zu erkennen ist, während am anderen Flussufer, die Gebäude weiter voneinander entfernt stehen und von Gärten umgeben sind. Zum Ildorel hin ist der Fels auf dieser Seite zerklüfteter, so dass die Klippen untereinander mit den gleichen Brücken verbunden sind, welche auch Dror auf seinem Weg zum Gildenhaus überqueren musste.
Hinter Vînnar glitzert der Ildorel im spärlichen Licht, welches sich für einen Moment durch die graue Wolkendecke schiebt. Ein Schiff ist zu erkennen und der Baumeister fragt sich, ob es nicht die Wappen von Ildala ist, welche ihre Reise zu einer anderen Stadt am Ufer des großen Sees fortsetzt.
Schliesslich jedoch setzen die Elbe und der Zwerg ihren Weg fort und Vînnar verschwindet schon bald aus ihrem Blickfeld, als sie der Strasse auf der anderen Seite des Hügels wieder hinab ins Tal folgen.

Die nächsten Tage führt sie der Handelsweg immer wieder die Weinberge auf und ab. Diese sind zwar nicht hoch aber steil und so verläuft der Weg oft ihn Serpentinen hinauf, um es den Handelskarren zu ermöglichen sie zu überqueren. Selket und Dror laufen deshalb oft zwischen den Rebstöcken neben der Strasse entlang, da sie, statt deren deutlich längerem Verlauf zu folgen, vorziehen, den direkt Weg hinauf zur Kuppe zu gehen. Scheinbar endlos erstrecken sich die Reihen der Weinpflanzen von denen zu dieser Jahreszeit nur der Stamm und ein oder zwei kahle Triebe zu sehen sind. Sowohl links als auch rechts von ihnen gibt es kaum etwas anderes zu sehen, als die schnurgeraden Linien der Weinstöcke, welche ihnen kaum Schutz vor den Winden bieten, die hier ihr Spiel treiben. Nur auf den Hügeln selbst, dort wo der Boden zu flach ist für den Weinbau, findet sich hin- und wieder ein kleines Wäldchen.
In den Tälern liegen, gut versteckt voreinander und von brachliegenden Feldern umringt, kleine Dörfer. Meistens empfängt die Reisenden das Knarren der Mühlräder, welche schon von weiten zu hören sind. Oft folgt eine lärmende Kinderschar der Elbe und dem Zwerg, wenn beide eine Siedlung durchqueren und hinter den neugierigen Augen, welche sie dabei betrachten, scheint immer die Hoffnung zu ruhen, dass die Fremden Neuigkeiten oder eine aufregende Geschichte mitbringen.

Doch Selket und Dror gönnen sich nur wenige Pausen auf ihrem Weg zum Wyrmschwanz, denn die Versteinerung der Haut des Frostzwergs schreitet weiter voran. Sowohl auf seinem linken Bein, als auch auf dem Arm dieser Seite breitet sich die Krankheit aus und läßt ihm immer weniger Möglichkeiten diese Gliedmaßen zu bewegen. So wird das laufen für ihn zur Qual und die Strecken, welche sie Tag für Tag zurücklegen können, immer kürzer. Mehrmals bietet ihm die Heilerin an, auf Herbstnebels Rücken zu reisen, doch lehnt er dankend ab, daran erinnernd, dass die Berührung mit dem festen Boden unter seinen Füßen dem Wohlbefinden eines Zwerges eher förderlich ist, als schadet.
Erst als offensichtlich wird, dass sie für den Weg zum Wyrmschwanz und noch weiter bis Blurreant bei ihrer Schrittgeschwindigkeit das dreifache oder mehr der eingeplanten Zeit benötigen würden, erklärt sich der Baumeister dazu bereit, sich von dem Hengst tragen zu lassen.

Nach wenigen Tagen durchqueren sie das letzte Tal des Weinlandes und verlassen die eintönige Landschaft mit ihren endlosen Rebstockreihen. Die Weinstöcke machen erst Sträuchern und Brombeergestrüpp Platz und schliesslich den ersten Eichen und Buchen. Anfangs stehen die Bäume noch weit auseinander und durch die kahlen Äste, fällt das milchige Licht der weißgrauen Wolkendecke auf den Waldboden, welcher mit braunen und gelben Blättern bedeckt ist. Doch schon bald wird der Wald immer dichter, als auch Kiefern und Fichten sich zeigen, und der Weg ist in trübes Dämmerlicht getaucht.

Zwei Tage später erreichen die Elbe und der Frostzwerg das Ende ihrer Reise auf der Handelsstraße. Ein letztes Mal übernachten sie in einer der Herbergen, am Rand des Weges zu den Ostlanden. Als sie das Gasthaus am nächsten Tag verlassen, sind es nur wenige Schritte, die sie weiter auf dem breiten Fahrweg entlang führen, bis sie links in einen schmalen Pfad entdecken, welcher durch die Bäume von der Handelsstrasse fort führt. Dror nimmt die Karte aus einer der Innentaschen seiner Kleidung, um sich noch einmal zu vergewissern, doch zeigt diese noch immer das, was sie bereits seit einiger Zeit wissen. Sie müssen sich nun weiter Richtung Norden halten, um zu den heissen Quellen des Wyrmschwanzes zu gelangen.
Mit roter Tinte, war der Weg vor ihnen von Relthan eingezeichnet worden. Gestrichelt, weil sein Verlauf sich immer wieder änderte, auch wenn die ungefähre Richtung die gleiche blieb. "Nun dann, lasst uns hier weitergehen," sagt er zu der Heilerin und läßt dann selbst Herbstnebel langsam loslaufen.

Mit der Zeit stellt der Baumeister fest, dass der Weg deutlich schlechter zu begehen ist, als die breite Strasse. Immer wieder müssen er und Selket umgestürzten Bäumen ausweichen, die den Weg versperren oder an manchen Stellen, wo der Pfad kaum auszumachen ist, lange umhergehen, bis sie seinen weiteren Verlauf erkennen. Auch das Wetter hat sich verändert, seit sie das Weinland um Vînnar verlassen haben. War es dort noch mild im Vergleich zu den Wintern in Talyra, so dass Eis und Reif lediglich am frühen Morgen auf den Strassen zu sehen waren, wird jetzt, je weiter sie kommen, auch die Schneedecke immer dichter.
Hin und wieder fallen einige Flocken vom Himmel, an dem die Sonne in den letzten Tagen hinter den dichten Wolken kaum zu erkennen war.

Der Weg welchem sie folgen, wird, so hatte es ihnen Relthan Merevan in seiner unwirschen Art erklärt, häufig von den Schafhirten benutzt, um ihre Herden auf die Hochwiesen des Wyrmschwanz zu treiben, aber auch die Köhler nutzten sie, wenn sie im Sommer ihrer Arbeit in den Wäldern nachgingen.
Für den Winter allerdings sind diese zu ihren Familien zurückgekehrt, um sich erst wieder der Herstellung der Kohle zu widmen, wenn der Taumond den Sommer zurückbringt.
Hin und wieder erreichen Selket und Dror eine der Hütten, welche in den warmen Monden als Wohn- und Arbeitsplatz der Köhler dienen. Da sie verlassen sind, übernachten die beiden Reisenden so oft es geht in einer von ihnen. Die ärmliche Behausung bietet nicht mehr als einer Person Platz und so überläßt es der Zwerg seiner Begleiterin dort windgeschützt die Nacht zu verbringen, da ihm selbst die Kälte nichts ausmacht. Ohnehin ist sein Schlaf immer unruhig und nur wenig erholsam, da die fortschreitenden Versteinerung seiner Haut, ihm kaum die Möglichkeit gibt für längere Zeit in ungestörten Schlaf zu fallen. Sein linker Arm ist nun bis kurz vor das Handgelenk bedeckt und jede Bewegung mit ihm, welche über die Hand hinausgeht ist unmöglich geworden, da die Schulter und der Oberarm mittlerweile vollständig fixiert sind. Ebenso kann er nicht mehr  sein linkes Knie beugen, da es bereits von dem Gestein umschlossen ist.
Während Herbstnebel in der Nähe liegt, um sich von den Lasten, welche er am Tag tragen muss, zu erholen und ein kleines Feuer neben dem Zwerg brennt, um die Tiere des Waldes fernzuhalten, sitzt oder liegt er meist mit offenen Augen wach und malt sich aus, wie lange er noch selbst auf das Pferd würde steigen können, wieviel Zeit es noch braucht, bevor er nicht mehr selbst essen kann und wie es wohl sein würde, wenn er schliesslich vollständig erstarrt sein würde und die Welt um ihn herum zwar noch sehen, aber nicht mehr spüren kann.
Schläft er dann doch ein, so träumt er vom Nordwall, seinen Kindertagen, als er von den Priestern aufgezogen wurde und die fernen Länder, welche er nun bereist, nur in seinem Kopf existierten, genährt von den Erzählungen der Alten.
Doch manchmal scheint der Traum ihn weiterzuführen und er sieht Dror Silberbart, wie er noch immer unter dem Nordwall in Kaerthos lebt. Hin und wieder kommen Reisende vorbei und sie erzählen von einer großen Stadt am Ildorel und ihren Bewohnern: Südländischen Tänzerinnen, stolzen Gardisten in blauen Mänteln, kleinen Feen, die voller Zauberkraft stecken und Elben die hoch über dem Boden in Baumhäusern wohnen. Und er stellt sich alles vor, nickt lächelnd, als sie geendet haben und geht zufrieden zurück in das Heim der Priester im Sil-Tempel, welcher seit seiner Kindheit sein Zuhause gewesen ist.

Nach weiteren Tagen wird der Boden felsiger und auch im Wald tauchen hin und wieder große Findlinge auf, welche, wie von Riesen hingeworfen und dann vergessen, zwischen den Bäumen ruhen. Von einer weiten Lichtung aus, die sich vor ihnen öffnet, können sie steil aufragenden Felswände erkennen, welche nicht allzuweit enfernt in den Himmel zeigen. Mehrere hundert Schritt hoch ragen sie aus dem Wald heraus und ihr von Wind und Regen zerfressenes Gestein ist zu den wundersamsten Gebilden geformt.
Ein ganzes Stück dahinter sind die weißen Gipfel des Wyrmschwanzes zu erkennen, welche in den grauen Wolken verschwinden.

Es dauert nicht lange bis Selket und Dror direkt vor den Wänden aus Stein stehen, die am Rand des Waldes aufragen. So beeindruckend die Aussicht aus der Ferne darauf auch ist, so schwierig ist es doch sie zu erklimmen, da es nur wenig Wege gibt, welche sanft genug hinaufführen, um Herbstnebel ebenfalls dort entlanggehen zu lassen. Lange dauert es immer wieder, bis sie einen gangbaren Pfad gefunden haben und manchmal müssen sie auch auf halber Strecke hinauf wieder umkehren, da es für den Hengst nicht mehr möglich ist weiter zu folgen.

So kommen sie nur langsam zwischen den zerklüfteten Felsen voran, doch der Karte folgend, finden sie schliesslich eine Klamm mit einem breiten Wasserlauf, an dessen Ufer sie gefahrlos entlanggehen können. Der Bach rauscht unter einer dünnen Eisschicht hinab ins Tal, während die beiden Reisenden in entgegengesetzer Richtung wandern. Immer wieder rücken die Felsen hier von links und rechts ganz dicht zusammen, so dass es kaum möglich ist trockenen Fusses zwischen ihnen hindurchzugelangen, um danach wieder weit auseinanderzustehen, so dass genügend Platz für einige Kiefern und Sträucher ist, die auf dem sandigen Boden Halt finden.

Immer weiter geht der schneebedeckte Weg hinauf, sich, wie der Bach, an den Felsen vorbeiwindend und Selket, Dror und Herbstnebel folgen schweigsam seinem Verlauf. In den letzten Tagen waren Gespräche zwischen ihnen immer seltener geworden. Lediglich wenn es darum geht zu entscheiden, wohin sie ihre Schritte als nächstes setzen sollen oder sie ihren Schlafplatz vorbereiten, wechseln sie ein paar Worte.
Es ist nicht so, dass sie der Gespräche überdrüssig geworden wären, doch waren mit der Zeit alle Episoden aus der Vergangenheit erzählt, welche sie bereit sind preiszugeben. Der Rest bleibt hinter eisernen Türen verschlossen, nicht für einen Reisegefährten bestimmt, selbst wenn man nahezu zwei Wochen lang Tag für Tag mit ihm verbracht hat. So zögert Dror eine Weile, bevor er etwas anspricht, worüber er die letzten Tage, während er sich auf dem Rücken von Herbstnebel tragen liess, viel nachgedacht hat.


Wie immer läuft die Heilerin auf dem aufwärtsführenden Weg etwas voraus, so dass Dror Herbstnebel, mit Worten, die ihm die Elbe beigebracht hat, dazu bewegt zu ihr aufzuschliessen und neben ihr zu laufen. Einmal mehr verflucht der Zwerg sein eigenes Schicksal, langsam in einem steinernen Käfig gefangen zu werden, welcher ihn immer mehr daran hindert sich zu bewegen. Wie gerne würde er doch seinen Platz mit der Elbe tauschen, vor allem, da es ihr sicher gut tun würde, wenn sie einige Zeit auf dem Rücken des Pferdes reisen könnte. Zumindest ist es nicht mehr weit, bis wir das Ende des Aufstiegs erreicht haben, denkt er sich, während er seinen Blick die Felsen links und rechts von ihnen hinaufklettern läßt, dann blickt er die Elbe an. "Selket?" fragt er erst und wartet, bis die Elbe erkennen läßt, dass sie ihm zuhört. Doch dann muss er selbst noch einen Moment überlegen, wie er am besten beginnt. Schliesslich jedoch sagt er: "Ich habe die letzten Tage sehr viel darüber nachgedacht, wie es zu dieser Krankheit gekommen ist, warum sie gerade jetzt aufgetreten ist. Nun, ich bin noch zu keiner Lösung gekommen, aber eine Frage habe ich an euch. Ich weiß nicht, welchen der Götter die Elben besonders verehren, aber habt ihr schon einmal das Gefühl gehabt, dass er oder sie sich von euch abgewendet haben? Und was macht man, wenn es wirklich so ist?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 11. Juni 2005, 12:16 Uhr
Tief in eigene Gedanken versunken, bemerkt Selket nicht sogleich, dass Dror Herbstnebel zu ihr aufschließen lässt und sie anspricht. Die letzten Tage haben sie oftmals schweigend verbracht, waren völlig in ihre eigenen Gedanken und Sorgen verstrickt oder einfach nur von den Anstrengungen der Reise zu erschöpft, um zu sprechen. Als die Heilerin den Frostzwerg bemerkt, macht sie halt und sieht zu ihm auf, während sie ihm Zeit lässt, um zu sprechen. Schweigend hört sie sich an, was er ihr zu sagen hat und was ihn die vergangenen Tage wohl sehr beschäftig haben muss. Angesichts seines gesundheitlichen Zustandes wundern seine Fragen sie nicht wirklich, doch ist sie nicht sicher, was sie darauf erwidern soll. Ihre Mutter, eine Priesterin der Faeyris, wüsste ihm gewiss ohne weiteres zu etwas Passendes zu entgegnen, doch sie selber tut sich damit aufgrund ihrer eigenen Vorgeschichte noch immer ein wenig schwer, obgleich es öfters vorkommt, dass sich Kranke mit diesen und ähnlichen Fragen an sie wenden, wenn sie in ihrer Hilf- und Ratlosigkeit einfach nicht mehr weiter wissen.

So kommt es, dass die Elbe lange Zeit schweigt, bevor sie schließlich zu einer Antwort ansetzt. Dabei sieht sie Dor nicht an, setzt sich stattdessen wieder in Bewegung und läuft wenige Schritte vor Herbstnebel her. „Dort wo ich herkomme“, erklärt sie mit ruhiger, fester Stimme, die nichts darüber verrät, was in ihrem Innersten vorgehen mag, „wird vor allem die Mondfrau Faeyris verehrt.“ Sie unterbricht sich kurz. „Das Gefühl, welches ihr meint, kenne ich nur zu gut“, fährt sie nach einer kleinen Weile fort. „Aber ich bin keine Priesterin und nicht sicher, ob Euch mit einer Antwort dienen kann, die Euch wirklich hilft, Dror.“ Die Elbe wendet sich kurz um und blickt den Frostzwerg einen Moment lang über eine Schulter hinweg an, bevor sie ihren Blick wieder nach Vorne richtet. „Ich könnte Euch erzählen, was ich tat, doch wurde Euch dies wohl wenig nützlich erscheinen“, meint sie und lacht leicht verbittert. „Wie ich hörte, soll es schon des Öfteren vorgekommen sein, dass man zu unüberlegten Torheiten neigt, wenn man sich selbst von seinen Göttern verlassen fühlt.“    

Nachdenklich streicht sich die elbische Heilerin ein paar lose Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Was mich angeht, so bin ich sehr schnell zu der Überzeugung gelangt, dass Faeyris keine Schuld an meinem Schicksal trifft. Manch anderer, mag anders darüber denken“, meint sie, bleibt stehen und wendet sich abermals Dror zu, „aber letztlich kommt es doch nicht darauf an, ob Euer Gott Euch verlassen hat oder nicht. Zumindest denke ich das sehr oft. Geht es im Grunde nicht bloß um eins? Aufgeben und die Dinge so hinnehmen, wie sie sind oder aber versuchen, sie zu verändern? Vielleicht kommt es nicht so sehr darauf an WAS wir tun, sondern darauf DAS wir etwas tun?“ Sie seufzt und wendet sich um, um weiterzugehen. „Sucht keine Antworten bei den Göttern, solange Ihr nicht vollkommen sicher seid, dass es niemand sonst auf Rohas weitem Rund gibt, der all Eure Fragen zu beantworten vermag. … Kommt, lasst uns weitergehen.“ Abrupt wechselt Selket das Thema. „Sehr lange kann der Aufstieg nicht mehr dauern.“ Erneut bleibt sie stehen. „Vielleicht sollten wir noch einmal in die Karte sehen.“ Sie deutet mit ausgestrecktem Arm vor sich.

„Dort vorne sieht es nach einem günstigen Ort für eine kleine Rast aus, oder was meint Ihr?“, fragend sieht sie den Frostzwerg an und führt Herbstnebel darauf zu, als Dror nickend einwilligt. Schließlich hilft die Heilerin dem Baumeister vom Rücken ihres Grauschimmels und lässt sich auf einem umgestürzten Baumstamm nieder, um etwas zu trinken. Auch wenn sie sich vor Dror nichts anmerken lässt, so merkt sie doch sehr deutlich, dass ihr das Wanden schwerer fällt, als zu früheren Zeiten. Immer häufiger wird sie von starken Kopf- und Rückenschmerzen heimgesucht, auch wird sie von zunehmender Kurzatmigkeit geplagt, dennoch beklagt sie sich nicht. Jede Kindsbewegung, welche sie mittlerweile sehr deutlich und immer häufiger verspüren kann, versetzt sie in freudige Stimmung und trotz allem bereitet es ihr großes Vergnügen wieder einmal umherzuziehen und, fern von Städten, Menschen und anderem Volk, durch die Einsamkeit der Wildnis zu streifen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 12. Juni 2005, 21:19 Uhr
Nachdem Dror wieder festen Boden unter den Füßen hat, beginnt er ein klein wenig herumzulaufen, soweit sein linkes Bein dieses ermöglicht. So wenig, wie ich meine Beine mittlerweile benutze, ist es ohnehin gleichgültig, ob sie noch weiter ihren Dienst verrichten, oder nicht, denkt er, plötzlich schlecht gelaunt, es wird auch nichts mehr schlechter machen, wenn sie beide versteinert sind.
Trotzdem hebt er einen in der Nähe liegenden Ast auf, um sich darauf abzustützen und sein noch gesundes Bein etwas zu entlasten, während er einige Schritte, um Herbstnebel und den umgestürzten Baumstamm macht.
'Aufgeben und die Dinge so nehmen, wie sie sind oder aber versuchen sie zu ändern', greift er in Gedanken die Worte Selkets wieder auf, wenn es nur darum ginge DAS man etwas tut, wäre diese "Krankheit" schon längst besiegt., denkt er verärgert, Ich habe das Gefühl selbst diese Reise nur IRGENDETWAS ist, was wir tun. Oh ja, es beruhigt das Gewissen, wenn man nicht einfach nur rumsitzt und sich einreden kann, alles versucht zu haben, nur ändern muss das noch lange nichts.

Einen Moment hält er inne und blickt den Weg hinab, welchen sie gekommen sind. Von unten hat man aufgrund der Bäume nur wenig davon erkannt, wie der Weg verlief, doch wenn man von hier aus hinunterschaute, konnte man sehen, dass sie sich nun mehrere hundert Schritt über dem Punkt befinden, an dem der Anstieg seinen Anfang nahm. Das graue Wetter und der Schnee, der träge in einzelnen Flocken vom Himmel fällt, verhindern jedoch, dass man weiter über das Land schauen kann, welches sie durchquert hatten.
Vielleicht muss sie als Heilerin auch so denken, fällt dem Frostzwerg plötzlich ein, dass es für jedes Leiden, welches Mensch, Elb oder Zwerg befallen kann, auch ein Heilmittel, irgendwo in den Immerlanden, gibt und dass es nur eine Frage der eigenen Initiative ist, sich auf die Suche danach zu begeben, um es zu finden. Sonst hätte sie auch mir lediglich den Rat geben können, den nächsten Tempel aufzusuchen.
Die Hände des Baumeister ballen sich zu Fäusten, was einen kurzen Schmerz durch seinen linken Arm jagt.
Doch ich weiß, dass es nicht nur einfach eine Krankheit ist. Erzählen unsere Geschichten nicht oft genug davon, dass es vor allem diejenigen befallen hat, die zu gierig waren und zu tief gruben, zu Orten, zu denen sie nicht gelangen sollten?

Dror nimmt wieder seine Wanderung um den Rastplatz auf, während er weiter überlegt, warum ihn dieses Schicksal getroffen hat, obwohl er schon lange nicht mehr einen Berg von innen gesehen hatte.
Ist es Fluch oder Gnade, dass die Versteinerung bei mir so langsam voranschreitet, dass mir anscheinend noch die Möglichkeit bleibt etwas dagegen zu tun. Hatte es einen Grund, warum ich hierher in den Wyrmschwanz kommen soll, um das Heilkraut zu finden oder sollte ich lediglich Talyra verlassen? Warum war es nicht schon früher passiert, sondern erst jetzt, nachdem ich mich in der Weltenstadt eingerichtet habe und zu Bleiben gewillt bin?
'Sucht keine Antworten bei den Göttern, solange ihr nicht sicher seid, dass es niemand auf Rohas weitem Rund gibt, der all eure Fragen beantworten kann', hat Selket gesagt, doch wer, auf der von Sil geformten Welt, kann mir meine Fragen beantworten?


Der Frostzwerg bemerkt plötzlich, dass er wohl ein recht seltsames Bild abgeben muss, wenn er ständig, den Kopf gesenkt, im Kreis läuft. Ausserdem stellt er fest, dass die Heilerin noch immer auf eine Reaktion von ihm warten muss. Sie sitzt auf dem Baumstamm, auf welchem sie sich niedergelassen hat und so geht er zu ihr hinüber, legt den Ast, welchen er die ganze Zeit zum Abstützen verwendet hat, beiseite und setzt sich neben sie.
"Entschuldigt," sagt er zu ihr, wobei sein Ärger nun verpufft ist "ich war etwas in Gedanken. Ihr wolltet die Karte sehen."
Er holt das Pergament heraus, um es aufzurollen. Einen Augenblick orientiert er sich auf der Karte und zeigt dann auf ihre momentane Position.
"Hier müssten wir im Moment sein, am oberen Rand dieser Felsenlinie. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn wir uns, oben angekommen, noch ein Stück nördlich halten, bevor wir weiter Richtung Osten gehen. So bleiben wir noch ein oder zwei Tage im Wald und sind geschützter vor dem Wetter. Wenn wir die Berge weiter hinaufsteigen, werden wir noch früh genug auf baumloses Land treffen, über dem Vendis' Winde ihr Spiel treiben."
Er blickt kurz zu der Elbe und dann hinauf zu dem grauen wolkenverhangenen Himmel. "Vielleicht sollten wir uns auch bald ein Nachtlager suchen. Es wird recht bald dunkel und bei diesem Wetter wird uns Faeyris Licht kaum erreichen."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 15. Juni 2005, 12:40 Uhr
Selket spürt Drors Ärger, sagt aber nichts, da er ebenso schweigt und lässt ihn stattdessen mit seine Gedanken und Überlegungen allein. Was auch immer sie ihm sagt, letztlich muss er mit dem, was in ihm vorgehen mag, alleine zu Recht kommen und zwar vollkommen allein. Während der Frostzwerg daher wider einmal in seiner eigenen Gedankenwelt verstrickt ist, sitzt sie einfach nur da, schaut sich um und genießt die wenigen erholsamen Augenblicke, bevor sie ihren Weg fortsetzen werden. Weit werden wir heute allerdings nicht mehr kommen, sagt sich die Elbe mit Blick zum Himmel. Es würde schon bald dunkel werden. Sie seufzt. Seit sie Vînnar verlassen haben, scheint es, als würden die Tage immer kürzer und unfreundlicher, auch wenn sie weiß, dass dies im Grunde nur Einbildung ist und diese ungemütlichen Tage für diese Jahreszeit nun einmal geradezu typisch sind. Selket blickt wieder zu Dror hinüber, die im Kreis vor ihr auf und abmarschiert und mit grimmiger Miene in die Landschaft starrt. Erst nach einer Weile hält er inne und gesellt sich zu ihr.

Sein „Entschuldigt“ quittiert sie mit einem einfachen „Hm“, nach ihrer kleinen Rede ist ihr nicht mehr wirklich nach sprechen zu mute. Stattdessen wendet sie sich lieber interessiert der Karte zu, die ihr der Frostzwerg gleich darauf präsentiert. Gemeinsam studieren sie das Pergament und Selket lässt den Frostzwerg schweigend erläutern, wo sie sich gerade befinden und wie sie seiner Meinung nach am besten weiter vorgehen sollten. Schließlich nickt sie zustimmend. Sein Vorschlag ist einleuchtend und sie hat nichts dagegen noch ein oder zwei Tage im Schutz des Waldes zuzubringen. „Lasst uns noch etwas weiter ziehen“, meint sie. „Weit werden wir zwar nicht mehr kommen, aber wir sollten die ein oder zwei Stunden, die uns noch bleiben, so gut es geht nutzen.“ Die Elbe wartet ab, was der Frostzwerg von ihrem Vorschlag hält, lässt ihn die Karte verstauen und hilft ihm anschließend wieder auf Herbstnebels breiten Rücken, bevor sie wieder vorausgeht.

Stumm setzt sie ihren Weg fort. Wie so oft in den letzten Tagen hat sie eine Hand am Rahmen ihres Bogens ruhen, welchen sie nun ständig griffbereit über ihrer Schulter trägt, was ihr ein gewisses Gefühl von Sicherheit vermittelt. Nach einer Weile beginnt es etwas zu schneien, dicke, feuchte Flocken, die sich schwer und kalt auf die beiden Wanderer und ihre Umgebung legen, sodass sich der Baumeister und die Heilerin schließlich dazu gezwungen sehen nach einem geeigneten Lagerplatz für die Nacht Ausschau zu halten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 17. Juni 2005, 19:12 Uhr
Dror stimmt den Vorschlag der Elbe zu, das Tageslicht zumindest noch so lange zu nutzen, wie es möglich ist und so brechen sie, nachdem er ebenfalls noch einen Schluck getrunken hat, wieder auf.

Während sie das letzte Stück des Berges hinaufgehen, wird der Schneefall immer dichter und verwischt nicht nur die Spuren, welche sie hinterlassen, sondern auch die Kleidung der beiden Wanderer ist nun von den großen Flocken bedeckt, wo diese langsam schmelzen und als kleine Tropfen aus Eis zurückbleiben.
Recht bald sinken die Felsenwände links und rechts von ihnen ab und sie erreichen das Ende ihres Aufstiegs. Der Wald erstreckt sich hier mit einem Mal weit zu beiden Seiten und nur die wenigen Meter zum Rand der steil hinabfallenden Felsenwände sind ausschliesslich mit Gras und Moos bedeckt. Bei besserem Wetter muss man einen imposanten Ausblick auf das Land unter uns haben, denkt sich Dror erneut, doch im Moment ist lediglich das helle Grau des fallenden Schnees zu erkennen, so dass er und die Heilerin schnell auf dem Pfad weitergehen, welcher in den Wald hineinführt.

Obwohl sowohl die Elbe, als auch der Zwerg des Nachts recht gut sehen können, beschliessen sie ihre Reise für den heutigen Tag zu beenden, als im Wald ein großes Stück bewachsenen Gesteins aus dem Boden herausragt und so ein wenig Schutz vor dem Wetter bieten kann. Auf der windabgewandten Seite des Felsen hat sich nur wenig Schnee auf dem Boden gesammelt, auf einem Stück Waldboden, groß genug um den drei Gefährten ein Lager für die Nacht zu bieten. Ein umgestürzter Baumstamm ermöglicht es dem Zwerg, diesmal allein vom Rücken Herbstnebels herunterzugleiten, doch bemerkt er, dass es wohl nicht mehr lange dauern würde, bis ihm selbst dieses Kunststück nicht mehr gelingt. Zu steif sind seine Bewegungen aufgrund seiner versteinerten Haut mittlerweile geworden.
"Ich werde mich ein wenig umsehen", sagt die Elbe, als sie feststellt, dass der Baumeister nun auch ohne sie zurechtkommt und läßt ihn daraufhin allein zurück.

Längst hatte sich ihr täglicher Tagesablauf eingespielt und so beginnt Dror, während die Elbe die Gegend erkundet, das Gepäck, so wie den Sattel zu lösen, um beides vom Rücken Herbstnebels zu nehmen. Dann nimmt er ein wollenes Tuch und reibt das dichte Winterfell des Grauschimmel von Schnee und Schweiß trocken und legt ihm eine Decke über, bevor dieser davontrabt, um sich auf die meist vergebene Suche nach etwas Essbarem zu machen. Obwohl es einige Zeit gedauert hatte, bis der Hengst sich an ihn gewöhnte, war es doch notwendig gewesen, dass Dror zumindest diese wenigen Handgriffe erlernte, konnten diese doch nicht warten, bis die Elbe zurückgekehrte, um ihren vierbeinigen Freund zu versorgen.

Aus einer der Taschen holt der Frostzwerg nun eine Plane aus Leinen und benötigt einen Weile, um einige Punkte zu finden, an denen er sie befestigen kann, um ihnen, wenn schon keinen warmen, so doch einen geschützten Schlafplatz zu bieten, unter dem es, nachdem er das Feuer entzündet haben würde, auch trockener ist, als in ihrer Umgebung. Das Gepäck verstaut der Baumeister ebenfalls darunter und beginnt dann Holz für ein Feuer zu sammeln, um später die Feuchtigkeit aus ihren Kleidern zu vertreiben und ein warmes Essen zu bereiten.

Es dauert nicht allzulange, bis er einen ausreichenden Stapel Äste und Zweige aufgeschichtet hat, die das Feuer eine Nacht lang erhalten würden, hat der Wind der letzten Tage doch für genügend herabgefallenes Astwerk gesorgt. Da der Schnee jedoch kein Stück des Holzes von Nässe verschont hat, holt Dror aus seinem Rucksack eine Dose und bestreicht, die zu einem Feuer angeordneten, Äste mit der grünbraunen Paste, die sich darin befindet, bevor er er sie mit einem Schwefelholz entzündet. Blaue Flammen steigen sofort auf und greifen schliesslich nach kurzer Zeit auch auf das Holz über. Zufrieden verschließt er das Gefäß wieder, um es in seinem Rucksack zu verstauen, bevor er beginnt einen Topf mit etwas verdünnten Wein zu erhitzen.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 19. Juni 2005, 22:17 Uhr
So geräuschlos wie möglich entfernt Selket sich von dem Lagerplatz, welchen Dror und sie gewählt haben. Längst trägt sie ihren Bogen nicht mehr lose über der Schulter, sondern schussbereit in den Händen, was ein eigenartiges Gefühl für sie ist. Früher, als Jägerin ihres Volkes hatte sie es genossen, auf diese Weise durchs Unterholz zu schleichen und nach geeignetem Wild Ausschau halten. Aber nun, nach all diesen zahllosen Mondläufen fühlt es sich auf einmal sonderbar an. Wie eine Reise zurück in der Zeit. Das Rauschen der Blätter im Wind, der ferne Ruf des Käuzchens, die Dunkelheit alles wirkt auf einmal ungewohnt, befremdlich. Vielleicht liegt es daran, dass ihr das Jagdglück in diesen Tagen nicht immer hold ist. Doch dieses Mal ist ihr Soris gnädig. Lautlos schnellt der Pfeil von der Sehne und findet sein Ziel. Das erlegte Tier, ein wilder Hase, ist alles andere als ein Prachtexemplar, aber besser als nichts, zumal es ohnehin nicht die beste Zeit für die Jagd ist. Die Elbe kümmert sich gleich an Ort und stelle um das Tier und bevor sie zu ihrem Lagerplatz zurückkehrt, schaut sie sich noch etwas um.

Wie lange sie fort war, kann sie nicht genau sagen, als sie schließlich zu Dror zurückkehrt. Das Feuer prasselt bereits freundlich und über den Flammen kann sie einen Topf ausmachen, der den angenehmen Duft von erhitztem Wein verströmt. Schweigend tritt Selket aus den Schatten heraus und setzt sich zu dem Frostzwerg ans Feuer, um sich zu wärmen. Nun wo ihr die Hitze der Flammen entgegenschlägt, spürt sie erst so richtig, wie kalt es doch ist. Mittlerweile hat es zu schneien aufgehört und eine makellose Schneedecke hüllt die Umgebung ringsumher ein. Einzig Herbstnebels, Drors und ihre Spuren sind erkennbar. Wortlos reicht sie das ausgeweidete Tier an den Frostzwerg weiter, da dieser sich ohnehin gerade um das Behältnis kümmert, welches dampfend über den Flammen zu erkennen ist. Nachdenklich starrt sie in die Flammen. Irgendetwas beunruhigt sie, was genau dieses Gefühl auslöst, vermag sie nicht zu sagen, aber es lässt sich auch nicht so ohne weiteres vertreiben.

„Irgendetwas ist seltsam“, murmelt sie an sich selbst, als an den Baumeister gewandt, schüttelt dann aber leicht den Kopf. „Aber womöglich sind dies nur die Geister, von denen Ihr mir berichtet habt, erinnert Ihr Euch noch?“ Lachend sieht sie zu dem Frostzwerg hinüber, doch gleich darauf wirkt sie wieder nachdenklich und ein wenig in sich gekehrt. „Dies alles erinnert mich irgendwie an meine Heimat“, erklärt sie leise. „Die Wälder, die Kälte, selbst der Schnee.“ Sie greift nach einem Stock und stochert damit in den Flammen, ein paar Funken steigen auf und verglimmen in der Luft, während sie wieder gen Erde fallen. Das Käuzchen ruft in der Nacht. Es klingt weitaus näher als zuvor. Misstrauisch wendet sich die Heilerin vom Feuer ab, dreht sich leicht herum und starrt eine ganze Weile regungslos in das dunkle Unterholz nahe ihrem Lagerplatz.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 20. Juni 2005, 23:22 Uhr
Als die Heilerin zurückkehrt, hat Dror, neben dem Topf mit Wein, auch einen weiteren an das Feuer gestellt, um etwas zu essen warm zu machen. Freudig überrascht nimmt er das Fleisch des Hasen entgegen. "Oh, Anukis hat uns heute ein Geschenk gemacht? Etwas frisches Fleisch, heiße ich gerne willkommen."
Schnell, soweit das sein Zustand erlaubt, geht er noch einmal zu ihrem Gepäck. Selket hatte einige Kräuter mit auf die Reise genommen und auch wenn er sie nur spärlich einsetzt, um sie nicht frühzeitig zu verbrauchen, so glaubt der Baumeiser doch, dass heute der richtige Zeitpunkt ist, um einige von ihnen zu verwenden.
Er nimmt ein wenig Salz, etwas Thymian, Salbei und einige von den getrockneten Lorbeerblättern, um sie, nachdem er zum Feuer zurückgekehrt ist, in dem Topf zu werfen, in dem der geschmolzene Schnee langsam beginnt wärmer zu werden.
"Eigentlich fehlen uns jetzt nur noch Rüben und Möhren," murmelt er vor sich hin, "doch auf die werden wir wohl zu dieser Jahreszeit verzichten müssen." Obwohl der Frostzwerg es auf seinen Reisen nie besonders geschätzt hatte, sein Essen selbst zu bereiten, hat er in den letzten Tagen doch etwas Begeisterung dafür entwickelt, nachdem er es leid gewesen war, der Elbe jeden Abend nur diesselbe eintönige Kost aus ihren Taschen anzubieten, wenn sie von ihren Erkundungen zurückkehrte. Zwar kann er nicht allzuviel an ihren Voräten ändern, doch es reichten schon wenige Handgriffe, um es zumindest nicht immer gleich aussehen und schmecken zu lassen.

Als die Elbe, die Geister erwähnt, brummt auch Dror amüsiert, während er das Fleisch des Hasen in den Topf gibt, doch sagt er nichts. Die Heilerin schaut nachdenklich in die Flammen und spricht von ihrer Heimat, doch bevor der Frostzwerg antworten kann, wirft sie erneut einen Blick in die Dunkelheit.
Dror hatte in den letzten Tagen erfahren, dass Selket, wie er schon vermutet hatte, als er sie in Talyra den Grünen Aal hatte betreten sah, nicht ihr ganzes Leben als Heilerin verbracht hat, sondern es lange Zeit Anukis geweiht hatte. Auch jetzt wieder stellt er fest, dass ihre Sinne anscheinend viel geschärfter sind als seine eigene, denn diese konzentrieren sich im Moment eher auf die beiden Töpfe vor ihm, in denen es jetzt brodelt und das Essen langsam den richtigen Geruch und, wie er hofft, auch den richtigen Geschmack annimmt. Vorsichtig schiebt er den Topf mit dem Wein vom Feuer herunter und gießt jeweils einen Schluck davon in ihre beiden Tonbecher.
Als Selket sich wieder zum Feuer wendet, reicht er ihr einen davon. Vorsichtig riecht sie einen Moment daran, doch dem Baumeister ist klar, warum sie vorsichtig damit ist. "Trinkt ihn nur," sagt er deshalb, "er ist stark verdünnt. Nur gerade soviel, dass das Wasser nicht gänzlich ohne Geschmack ist und er euch ein bisschen von innen wärmt."
Daraufhin nimmt er selbst einen Schluck aus seinem Becher und schaut erneut nach ihrem Essen. Es dauert nicht mehr allzulange, bis es fertig ist und so holt er schliesslich zwei Schüsseln, sowie Löffel, wischt beides mit Schnee sauber und teilt dann die Suppe in die Gefäße auf. Eines davon reicht er der Heilerin, wobei er lächelnd hinzufügt: "Hier für euch. Ein Festmahl nach dem schweren Anstieg heute. Wenn auch nicht ganz mit dem zu vergleichen, was es in Vinnrivils Kelter gab."

Einige Zeit ist nur das Klappern der Löffel und das Knacken des Feuers zu hören, während die beiden Reisenden ihr Mahl zu sich nehmen. Jetzt erinnert sich Dror wieder an die Worte der Elbe und er glaubt so etwas wie Sehnsucht in ihnen gehört zu haben. So fragt er schliesslich, während er seine Schüssel kurz absetzt, um den Flammen etwas Holz zuzuführen: "Würdet ihr wieder zu diesem Leben zurückkehren wollen?"
Ihm fällt ein, dass sie ihm auf der Wappen von Ildala davon erzählt hatte, dass sie bereits vor dem Großen Krieg ihre Heimatstadt verließ und dass dies keine angenehmen Erinnerungen für sie waren. Deswegen fügt er schnell hinzu: "Ich meine, wenn manche Dinge anders wären. Würdet ihr dann wieder eine Jägerin in den Wäldern des Nordens sein wollen, anstatt einer Heilerin?"

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 25. Juni 2005, 14:27 Uhr
Schweigend sitzt die Elbe am Feuer, nippt von Zeit zu Zeit an ihrem Becher, leert die Schüssel in ihren Händen und obwohl sie mittlerweile in die Flammen des prasselnden Feuers starrt anstatt in die Dunkelheit des Waldes, lauscht sie immer noch aufmerksam in die nächtliche Stille hinein. Denn auch wenn der Frostzwerg ihre Unruhe nicht teilt, so hat sie immer noch das Gefühl, dass etwas nicht ganz stimmen mag und irgendetwas vor ihnen in den Schatten verborgen liegt. Als Dror ein paar Holzscheite nachlegt und die Feuerzungen sogleich knisternd höher schlagen, stellt sie ihre Holzschale beiseite und leert ihren Becher mit einem letzten Zug. Die Wärme des erhitzten und reichlich verdünnten Weines tut gut und lässt die winterliche Kälte des Gebirges vergessen. Als der Baumeister zu sprechen beginnt, sieht sie ihn einen Augenblick fragend an, so dass er erklärend hinzufügt: »Ich meine, wenn manche Dinge anders wären. Würdet ihr dann wieder eine Jägerin in den Wäldern des Nordens sein wollen, anstatt einer Heilerin?« Selket überlegt kurz, bevor sie schließlich antwortet.

„Jäger waren, und sind es gewiss auch heute noch, dort, wo ich herkomme, sehr angesehen“, erwidert sie. „Vielleicht könnte man es sogar als eine Art Privileg bezeichnen.“ Sie unterbricht sich kurz und starrt auf den Grund ihres nun leeren Bechers. „Manchmal wäre ich gerne wieder bei den meinen … Und ja, nur zu gerne wäre ich dann wieder eine Jägerin des Nordens.“ Ein leichtes Schmunzeln umspielt ihre Lippen, als sie Dror ansieht, doch gleich darauf wird sie wieder ernst. „Wenn mein Kind erst da ist, vielleicht gehe ich dann wieder zurück“, fährt sie nachdenklich fort. „In der letzten Zeit denke ich immer öfter darüber nach …“ Selket seufzt. „Aber vielleicht liegt das auch einfach nur daran, das mich hier, wie ich schon sagte, in gewisser Weise an meine eigene Heimat erinnert … Wie geht es Euch? Gewiss, der Wyrmschwanz ist sicherlich nicht mit dem Nordwall zu vergleichen, trotzdem …“ Abwartend schaut die Heilerin den Baumeister an, während die Flammenschatten des Feuers unheimlich über ihre Körper tanzen.  

Sie folgt der Antwort des Frostzwerges interessiert, den Blick gefesselt auf das Feuer gerichtet, welches immer wieder helle Funken schlägt, sobald es von einem eisigen Luftzug gestreift wird. Ihre Gedanken schweifen ein kleinwenig ab, als Dror eine kurze Pause macht und Stille eintritt. Die Elbe erinnert sich an eine ähnliche Nacht zurück. Auch damals saß sie an einem Feuer, ihr gegenüber ein hochgewachsener Mann, ihr Mann.“ Ein schaler Geschmack liegt ihr einmal auf der Zunge, als sie sein Gesicht ganz deutlich in den lodernden Flammen vor sich sehen kann: Meerblaue Augen in einem fein geschnittenen Gesicht, welches von nachtschwarzem Haar eingerahmt wird. Und ich trage noch immer seinen verfluchten Namen. Auch nach all diesen vielen Jahren ist die Erkenntnis immer noch mit unglaublicher Bitterkeit verbunden und weshalb sie nun schon so lange einen Namen, der ihrem Schmerz als schützender, alles verbergender Mantel dient.  

Abrupt hebt sie den Kopf. Wieder hört sie den Ruf des Käuzchens. Wieder näher als zuvor. Ihre Hand wandert beinahe automatisch zu ihrem Bogen. Sie wendet sich um, schaut einmal mehr angestrengt in den nächtlichen Wald, der sich um sie herum erstreckt. Entschlossen steht sie auf. „Ich bin bald wieder zurück …“ Ohne eine weitere Erklärung verschwindet sie im dichten Unterholz und wird schon bald von der umgebenden Finsternis verschluckt, während der Frostzwerg allein am Feuer zurückbleibt. Lautlos bewegt Selket sich vorwärts. Nur einmal wendet sie sich kurz um, um nach dem Feuerschein ihres Lagerplatzes Ausschau zu halten, bevor sie sich mehr und mehr davon entfernt. Ihren Bogen sicher in Händen geht sie langsam immer weiter und lauscht angestrengt jedem noch so geringen Geräusch. Zwei- oder dreimal ändert sie die Richtung, in welche sie sich bewegt, ein wenig. Plötzlich bleibt sie unvermittelt stehen. Die Zeit verstreicht unbeeindruckt, ohne dass die Elbe zum Feuer zurückkehrt, wo Dror und Herbstnebel noch immer auf sie warten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 28. Juni 2005, 22:03 Uhr
Als die Heilerin ihm erzählt, dass sie gerne wieder durch die Wildnis streifen würde, glaubt Dror zu verstehen, warum sie, sobald sie einen Platz für ihr Nachtlager gefunden hatten, auf ihre langen Ausflüge ging, obwohl die Jagd zu dieser Jahreszeit doch kaum Erfolg verspricht. Man kann die Sehnsucht in ihrer Stimme hören, nach ihrer Heimat, aber auch nach ihrem einstigen Beruf, so dass sich der Baumeister fragt, warum sie sich als Heilerin in der größten Stadt der Immerlande niedergelassen hat. Doch auch diese Antwort ist sicherlich Teil ihrer düsteren Vergangenheit, denkt er sich, als die Elbe ihn selbst fragt, ob der Wyrmschwanz ihn an seine Heimat erinnert.

Für einen Moment überlegt der Frostzwerg, wie er am besten antwortet. "Nein, wie meine Heimat sieht diese Gegend noch nicht aus", sagt er schliesslich, "doch wenn wir die höheren Lagen des Wyrmschwanzes erreichen, wo der Wind über die kahlen Felsen weht, werde ich mich vielleicht eher zu Hause fühlen." Einen Moment hält er inne, bevor er zu erzählen fortfährt: "Aber die letzten Tage erinnern mich an die Zeit, als ich vom Nordwall aus durch Immerfrost gereist bin, nur dass ich jetzt in die umgekehrte Richtung zu gehen scheine." Wieder schweigt er einen Moment, um zu überlegen, ob er wirklich noch weiter erzählen will, doch dann gibt er sich einen Ruck, schliesslich hatte die Heilerin auch einiges von ihrer Vergangenheit preisgegeben.
"Eigentlich habe ich damals Kaerthos verlassen, um ein neues Zuhause zu finden. Ich hatte das Gefühl, dass es nicht viel gab, was mich dort hielt und so viel mehr, was mich davonzog. Das was ich eigentlich suchte, habe ich nie gefunden. Aber trotzdem hatte ich in Talyra das Gefühl, endlich einen Platz erreicht zu haben, an dem es sich zu bleiben lohnt."
Der Frostzwerg stellt, die mittlerweile leere, Schüssel beiseite und gießt sich noch etwas von dem dünnen Wein in seinen Becher, bevor er weiter spricht:
"Doch nun bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich im Nordwall nicht mehr zurückgelassen habe, als mir bewußt war. Vielleicht war ich doch zu voreilig, als ich damals aufgebrochen bin. Mittlerweile wünsche ich mir jedenfalls, ein zweites Mal darüber entscheiden zu können, diese Suche nach einem neuen Zuhause aufzunehmen, oder nicht." Er macht erneut eine Pause und erinnert sich daran, was die Elbe eigentlich gefragt hat: "Doch auch ohne diesen Wunsch sehne ich mich danach, die Schönheit der schneebedeckten Gipfel wieder zu sehen...aber ich hoffe der Wyrmschwanz kann diese Sehnsucht ein wenig lindern."

Das Lächeln, was beim letzten Satz auf Drors Gesicht getreten ist, verschwindet langsam wieder, als sich die Stille über dem Lagerplatz ausbreitet. Die beiden Reisenden hängen eigenen Gedanken nach, bis Selket plötzlich aufspringt und nach einem knappen "Ich bin bald wieder zurück …" in der Dunkelheit des Waldes verschwindet.
Dror erhebt sich ebenfalls, wenn auch deutlich langsamer als die Elbe und geht einige Schritte an den Rand des Feuerscheins, um ihr hinterherzuschauen. Erst überlegt er, ob er sie zurückrufen soll, doch ist sie bereits weit entfernt und laut durch den Wald zu schreien, scheint ihm hier in der Wildnis nicht das klügste.
Sie wird nicht ohne Grund aufgesprungen sein. Sie war vorher schon unruhig, erinnert er sich und geht zurück, um die Becher und Schüsseln mit Schnee auszureiben und alles für das Schlafengehen vorzubereiten.

Nach einiger Zeit erhebt er sich erneut vom Feuer, um in den Wald hinauszuschauen. Mehrmals schon hatte er jetzt alle Handgriffe wiederholt, die nötig waren, um die Nacht und einen schnellen Aufbruch in den Morgenstunden vorzubereiten, doch noch immer gab es keine Spur von der Heilerin.
Besorgt nimmt der Frostzwerg seine Axt auf und läuft zwischen den Bäumen entlang. Jeder zweite Schritt schmerzt und aufgrund der geringen Beweglichkeit seiner Glieder, bleibt er oft mit seinen Füßen an einer Wurzel oder einem heruntergefallenen Ast hängen. Trotzdem geht er soweit, dass er das Feuer ihres Lagerplatzes nur noch gerade eben sehen kann und beschreibt dann einen großen Kreis um diesen herum. Er scheucht mit seinen Schritten und seinen leisen Flüchen ein paar Tiere des Waldes auf, doch viel mehr entdeckt er nicht, weder die Elbe, noch einen Grund dafür, warum sie so plötzlich verschwunden ist.

Als er zum Feuer und Herbstnebel zurückkehrt, bleibt ihm nichts weiter übrig, als sich wieder ans Feuer zu setzen, um weiter zu warten. Hier, weitab von größeren Städten, konnte er sich nicht ohne weiteres schlafen legen, erinnerte er sich doch gut daran, dass der alte Waldläufer ihn vor Schmuggler- und Räuberbanden gewarnt hat. Und auch Wölfe oder Luchse lassen es sich zu dieser Jahreszeit sicher nicht nehmen, junges Zwergenfleisch auf ihre Speisekarte zu setzen, wenn es hilflos in tiefem Schlummer liegt.
So nimmt Dror seine Axt zur Hand, um seine Hände auf deren Blatt und sein Kinn auf die Hände zu legen, während er ins Feuer starrt.

Dror schreckt plötzlich auf und hebt die Axt verteidigungsbereit, während er sich umschaut. Er war für einen Moment eingeschlafen und irgendetwas hatte ihn wieder aufgeschreckt. Doch selbst als er noch so angestrengt in den Wald schaut, kann er nichts entdecken. Statt sich sofort wieder hinzusetzen, schreitet er einige Male den Lagerplatz ab, um wieder wach zu werden. Als der Schmerz in seiner Hüfte ihm schliesslich Einhalt gebietet, setzt er sich und greift nach dem letzten Rest Wein. Dieser ist mittlerweile eiskalt, doch kommt das Dror im Moment gerade recht. Warum hab ich auch nur angefangen darüber zu reden, wie es für sie wäre Jägerin zu sein, überlegt er gereizt, wahrscheinlich hab ich ihr es so schmackhaft gemacht, dass sie jetzt die ganze Nacht durch den Wald pirschen will, während ich hier sitze und kaum die Augen aufhalten kann.
Obwohl er weiß, dass Selket nicht zu den Personen gehört, die solche impulsiven Entscheidungen treffen, stellt er sich trotzdem vor, wie die Heilerin mit dem Bogen in der Hand durch das Unterholz schleicht, um nach Beute Ausschau zu halten. Dabei brummt er missmutig und versucht schliesslich an etwas zu denken, was verhindert, dass ihm erneut die Augen zufallen. Bei diesem Wetter kann er es zwar nicht ausmachen, doch er ist sich sicher, dass die Nacht noch lang ist.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 02. Juli 2005, 19:25 Uhr
Eine Bewegung im Dunkel, ein leichtes Rascheln in der Stille. Selket lauscht einen Moment angestrengt und starrt angespannt in die Finsternis. Abermals nehmen ihre Augen eine Bewegung inne, dann … ein aufglimmendes Augenpaar, welches sie kurz fixiert und dann im Dickicht verschwindet. Einen Atemzug lang zögert die Elbe, ob sie dem umher schleichenden Luchs, denn niemand geringerem hat das unheimliche Augenpaar gehört, folgen oder ob sie zu Dror zurückehren soll. Die Entscheidung fällt schnell, als es erneut im Unterholz leise im Unterholz knackt, verschwindet die Elbe sogleich in der Richtung, aus der das Geräusch kam. So behutsam wie möglich bewegt sie sich vorwärts, aber die Spur des Tieres scheint sich irgendwo in der Dunkelheit zu verlieren. Doch gerade als Selket aufgeben und zu ihrem Nachlager zurückkehren will, erreicht sie eine winzige, von fahlem Mondschein erhellte Lichtung. Wieder tauchen die Augen der Raubkatze vor ihr im Dickicht auf und im nächsten Moment sieht die Elbe die sie mit geschmeidigen Bewegungen über die Lichtung laufen. Für wenige Atemzüge bleibt das Tier sogar stehen, sodass Selket die schlanke Luchsgestalt ganz deutlich vor sich sehen kann, bevor sie wieder zwischen Bäumen und Sträuchern verschwunden ist.

Die Elbe beeilt sich dem Tier zu folgen, kommt aber nicht weit, als sie ebenfalls die kleine Waldlichtung überqueren will. Ihre gesamte Aufmerksamkeit und Konzentration war bisher so auf das entschwindende Raubtier gerichtet, dass sie ihre Umgebung kaum richtig wahrgenommen hat. Nun jedoch, wo sie so behutsam wie möglich einen Fuß vor den anderen setzt und genau darauf achtet, wohin sie tritt, wird sie gewahr, wohin der Luchs sie geführt hat. Erschrocken bleibt sie stehen und starrt betroffen die weiß schimmernden Handgelenksknochen an, die direkt zu ihren Füßen im hohen, schneebedeckten Gras verborgen liegen. Sie lässt den Bogen sinken und richtet sich auf. Die Raubkatze ist vergessen. Der Luchs dürfte mittlerweile ohnehin über alle Berge sein. Statt weiter nach ihm Ausschau zu halten, mustert Selket daher den vor ihr liegenden Platz. Nun, wo sie fast direkt in seinem Zentrum steht, kann sie erkennen, dass es sich offenbar um einen verlassenen Lagerplatz handeln muss. Vor allem zum nördlichen Waldrand hin ist das Gras scheinbar ziemlich stark platt getreten worden und die Spuren im darüber liegenden Schnee deuten darauf hin, dass der Lagerplatz vor einiger Zeit von einem kleinen Wolfsrudel in Augenschein genommen wurde.

Im Schutz einiger kräftiger Bäume kann Selket einen behelfsmäßigen Unterstand sowie eine Feuerstelle erkennen und tritt vorsichtig näher. Schmuggler? Räuber? Sowohl Feuerstelle als auch Unterstand sind mit einer dicken Schneedecke überzogen, das Lager ist somit offenbar schon längere Zeit verlassen, sieht man einmal vom vermutlich noch nicht so lange zurückliegenden Besuch der Wölfe ab. Die Elbe betrachtet das notdürftige Lager näher. Unter dem Schnee finden sich einige wenige mehr oder weniger wertlose Habseligkeiten und persönliche Gegenstände und nach und nach erhärtet sich Selkets Annahme, dass es sich wohl um ein heimliches Schmugglerversteck oder ähnliches gehandelt haben muss. Was die Männer jedoch veranlasst haben könnte, ausgerechnet hier Schutz zu suchen und weshalb sie ihr Lager schließlich verließen, ohne ihre ohnehin eher geringe Habe mitzunehmen, ist ihr anfangs noch ein ziemliches Rätsel. Als sie einige Schritt vom Unterstand entfernt, halb unter Schnee, halb im Dickicht verborgen die jämmerlichen sterblichen Überreste eines aufs übelste zugerichteten Mannes findet und einige Fuß weiter die Leiche eines weiteren entdeckt, wird ihr jedoch so einiges klar. Zwar verrät ihr ihr Fund noch immer nicht, was sich an diesem Ort eigentlich genau an Schrecklichem zugetragen haben mag, doch zumindest auf einige Fragen gibt ihr der grausige Fund ein paar Antworten.    

Sie haben ihr Lager also nicht verlassen, stellt Selket sachlich fest. Ungerührt macht sie sich daran, die beiden näher zu betrachten. Mitleid für die beiden Toten empfindet sie kaum, eher für die Not der Wölfe, die sich hier offenbar in Ermangelung besserer Nahrungsquellen gütlich getan haben. Das die Toten Opfer der Hunger leidenden Wölfe geworden sind, hält die Elbe allerdings für ausgeschlossen. Die vorhandenen Spuren lassen diese Schlussfolgerung jedenfalls als äußerst unwahrscheinlich erscheinen. Vermutlich eine andere Bande oder Streit untereinander, denkt sie bei sich. Leicht beunruhigt sieht sie sich um, als ihr ein weiterer Gedanke kommt. Womöglich ein lachender Dritter …? Sie versteift sich etwas, wird gleich darauf aber wieder ruhiger. Das Lager ist schon längere Zeit vollkommen verlassen, es ist also nicht sehr wahrscheinlich, dass sich noch jemand in der näheren Umgebung aufhält. Dennoch bleibt die Elbe vorsichtig.

Wertsachen kann sie bei den Toten nicht finden. Entweder besaßen sie nie welche oder aber sie wurden ihnen von ihrem Mörder oder ihren Mördern abgenommen. Einem der Männer fehlt ein Arm. Selket erinnert sich an die Knochen, die sie in der Mitte der Lichtung vorgefunden hat. Vermutlich die Wölfe, sagt sie sich und verschwendet keine weiteren Gedanken daran. Stattdessen richtet sie sich auf. Ich sollte umkehren. Ihr Blick wandert zum Himmel empor, wo dunkle Wolken den Mond zu verhüllen beginnen, sodass das Licht auf der Waldlichtung mehr und mehr abnimmt. Ein letztes Mal wandert ihr Blick über das Schmugglerversteck. Eher zufällig bemerkt sie ein schwaches Aufblitzen. Offenbar hat sie unbeabsichtigt etwas mit ihren Füßen aufgedeckt, was unter dem Schnee verborgen lag, als sie die beiden toten Schmuggler untersucht hat. Sie bückt sich und streckt die Hand aus. Als sie sich wieder aufrichtet, hält sie ein einfaches, an einer Lederschnur befestigtes Medaillon aus poliertem Kupfer in der Hand. Darauf zu erkennen ist das Zeichen von Liktik Schnellfinger, König der Dieb und Archon Loas. Die Elbe betrachtet das Schmuckstück nur kurz, schlingt sich die Lederschnur mehrmals lose ums Handgelenk, schultert ihren Bogen und sieht zu, dass sie diesen unheilvollen Ort endlich verlässt.

Als sie ihr eigenes Nachtlager, in welchem Dror immer noch auf sie wartet, wieder erreicht, hat sie keine Ahnung, wie lange sie weg gewesen sein mag. Leise tritt sie aus dem Schatten der umgebenden Bäume, legt ihren Bogen ab und setzt sich ans Feuer, um sich erst einmal aufzuwärmen. Der Frostzwerg betrachtet sie stumm und recht missmutig. Selket kann seinen Unmut und seine Fragen deutlich spüren. Sie erhebt sich wieder, geht einmal um das Feuer herum und lässt das gefundene Amulett in seine hohle Hand gleiten. Während der zwergische Baumeister das Schmuckstück mustert, spricht sie zwei knappe Worte. „Tote Schmuggler.“ Vollkommen gleichgültig kehrt sie an ihren Platz zurück. Mit kaltem, ausdruckslosem Blick starrt sie in die rote Glut des Feuers und legt noch ein paar Zweige Reisig nach. „Wir sollten in der nächsten Zeit noch etwas vorsichtiger sein als bisher“, murmelt sie gedankenverloren.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 04. Juli 2005, 21:52 Uhr
Dror bemerkt die Elbe erst, als sie in den Schein des Feuers tritt. Nur kurz hält sich jedoch die Freude darüber, dass sie heil zurückgekehrt ist auf seinem Gesicht und weicht einem verärgerten Stirnrunzeln, obwohl er seine Fragen vorerst zurückhält. Doch auch Selket scheint nicht zu Reden zumute zu sein und als sie schliesslich aufsteht, läßt sie ihm lediglich ein Schmuckstück in die Hand gleiten und erklärt mit zwei Worten dessen Herkunft. Es etwas näher ans Feuer haltend, betrachtet der Frostzwerg das kupferne Medaillon etwas genauer. Es ist einfach gearbeitet und die Linien der Gravur nicht besonders sauber gesetzt, doch läßt sich das Diebeszeichen trotzdem gut erkennen. Während er es in eine Tasche seiner Kleidung steckt, wendet er sich der Heilerin zu und fragt: "Tot? Wie lange schon?"
Mit wenigen Worten berichtet Selket nun doch, was sie gesehen hat.
Immerhin droht keine unmittelbare Gefahr, denkt sich der Zwerg, doch läßt ihn selbst das wenige, was die Elbe erzählt, erschaudern. Obwohl er weiß, dass die Schmuggler hätten gefährlich werden können, wenn sie ihnen begegnet wären, würde er doch niemandem einen solchen Tod in der Wildnis wünschen. Wären wir nicht selbst in Eile und die Jahreszeit denkbar schlecht, um Gräber auszuheben, könnten wir zumindest versuchen, sie davor zu bewahren, zum Fraß der Wölfe zu werden.
Er kann die Gleichgültigkeit, mit der seine Begleiterin berichtet, nicht verstehen, doch ist es zu spät, um weitere Worte darüber zu verlieren. Stattdessen sagt er zu ihr sanft: "Legt euch schlafen, Selket. Die halbe Nacht ist bestimmt schon vorbei und mir reicht es auch, wenn ich morgen im Sattel die Augen etwas schliessen kann."
Ausserdem muss ich mich wohl auf eure wachen Sinne verlassen können, wenn wir noch aufmerksamer nach Gefahren Ausschau halten müssen.
Die Elbe folgt, kurz nickend, seinen Worten und begibt sich unter die Planen aus Leinen, welche ihnen als Wetterschutz dienen. Dror steht stattdessen auf und beginnt umherzugehen, immer einen wachsamen Blick auf den Wald gerichtet und seine Axt steht's bei der Hand.

So vergeht die Nacht und als der neue Tag beginnt, gelingt es Shenrah seine Strahlen durch die Wolken zu schicken, die Vendis über Nacht auseinandergetrieben hat. Einige von ihnen fallen auch durch die Bäume auf den Waldboden, wo die schwarzen Überreste einer Feuerstelle, sich vom weißleuchtenden ausgetretenen Schnee rundherum deutlich abheben. Sie ist verlassen und nur die Spuren eines nächtlichen Lagers lassen darauf schliessen, dass das Feuer vor nicht allzulanger Zeit noch gebrannt haben muss.
Selket und Dror sind zu dieser Zeit schon ein ganzes Stück auf dem schmalen Pfad weitergegangen, welchem sie auch am vorigen Tag gefolgt sind. Der Frostzwerg hatte, bereits bevor sich die Sonne über den Horizont erhob, alles für ihren Aufbruch vorbereitet und die Heilerin erst geweckt, als er zum Frühstück einen warmen Brei aus dem zweifach gebackenen Weißbrot und Äpfeln bereitet hatte. Im ersten Licht des Morgengrauens hatten sie ihr Lager verlassen, um auch heute wieder eine möglichst große Strecke zurückzulegen.
Anfangs spürt Dror recht wenig davon , dass er kaum geschlafen hat und glaubt ohne Probleme bis zum Abend wach bleiben zu können. Doch gegen Mittag beginnt das gleichmäßige Geräusch von Selkets und Herbstnebels Schritten im Schnee ihn schläfrig zu machen und auch wenn er auf dem Rücken des Hengstes immer wieder geweckt wird, sieht er doch den Rest des Tages nur wenig von der Umgebung.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 08. Juli 2005, 16:28 Uhr
Während Herbstnebel Dror sicher den Weg hinaufträgt, geht Selket immer wieder einige Schritte vorweg, den Bogen sicher in der Hand. Aufmerksam beobachtet sie ihre Umgebung und achtet darauf das sich die kleine Reisegruppe so leise wie möglich vorwärts bewegt. Das verlassene Schmugglerlager, welches sie in der vergangenen Nacht entdeckt hat, bereitet ihr noch immer Sorgen, weshalb sie noch größere Vorsicht als bisher walten lässt. Allzu weit entfernt sie sich aber niemals von Dror und Herbstnebel und begibt sich daher nur ein oder zweimal kurz außer Sichtweite. Die Stunden des Tages verstreichen ungezählt, während sie ihren Weg fortsetzen. Der Frostzwerg hält sich schläfrig auf dem Rücken ihres Hengstes und ist die meiste Zeit des Tages über kaum ansprechbar, was Selket allerdings nicht weiter stört, da Gespräche derzeit ohnehin eher unangebracht erscheinen, sofern sie nicht zwingend notwendig sind. Die Aufmerksamkeit der Elbe richtet sich stattdessen auf den vor ihnen liegenden Weg sowie den umgebenden Wald.

Am frühen Nachmittag beginnt es wieder zu schneien und die Heilerin knüpft ihren Mantel noch etwas höher zu als sie ihn ohnehin schon trägt. Längst nimmt sie die kühle Schönheit der umgebenden Landschaft kaum noch wahr. Ihre Sinne achten einzig und allein auf befremdliche Geräusche, mögliche Spuren im Schnee und andere Anzeichen, die verraten könnten, dass sie sich nicht allein durch diesen Teil des Wyrmschwanzes bewegen. Bisher bleibt jedoch alles ruhig und fast schon hat die Elbe das Gefühl, dass ihre Sorge doch recht unbegründet zu sein scheint, als sie ihn einiger Entfernung eine undeutliche Bewegung bemerkt und kurz darauf in einem der Bäume für den Bruchteil weniger Sekunden aufblitzen sieht.

Eilends lässt sie Herbstnebel anhalten und führt ihn in den halbwegs sicheren Schutz einiger hoher Bäume und Büsche. Dror erwacht und sieht sie aus müden Augen fragend an. Selket legt einen Finger auf die Lippen. „Bleibt hier“, flüstert sie so leise wie möglich. „Ich bin in einigen Augenblicken zurück. Rührt Euch solange nicht vom Fleck und verhaltet Euch ruhig.“ Eigentlich weiß sie, dass der Frostzwerg dieser Aufforderung nicht bedarf, doch legt man alte Gewohnheiten nur schwer ab und so geht es auch der Elbe in dem Augenblick, als die Worte ihren Mund verlassen. Dror nickt stumm, Selket erwidert seinen Blick nur kurz und verschwindet dann in die Richtung, in welcher sie die Bewegung sowie die ungewöhnliche Lichtreflexion bemerkt hat. Im Schutz der Bäume bewegt sie sich am Rand des Weges vorwärts und sieht sich um. Eine eigenartige Art der Anspannung hat sie ergriffen, während sie so leise weiter eilt und sich zur Ruhe zwingt. Gleichwohl kann sie nicht verhindern, dass ihr Herz um einige Takte schneller schlägt als sonst und sie wieder einmal das Gefühl hat, hinter jedem Strauch und Busch die drohenden Schatten ihrer Vergangenheit lauern zu sehen.

Nach einer Weile kehrt sie zu der Stelle zurück, an der sie Dror und Herbstnebel zurückgelassen hat. Frostzwerg und Hengst sehen ihr bereits erwartungsvoll entgegen, als sie sich nähert. Immer noch im Flüsterton berichtet die Elbe, was sie einige dutzend Schritt entfernt entdeckt hat. „Auf einem der größeren Bäume abseits des Weges scheint ein Beobachtungsposten aufgestellt zu sein“, erklärt sie sachlich. „Soweit ich das sagen kann, scheint es sich nur um einen einzigen Mann zu handeln und offenbar ist er nicht sehr aufmerksam.“ Ein hartes Lächeln umspielt ihre Lippen. „Jedenfalls verhält er sich sehr sorglos und ich denke, dass er uns bis jetzt noch nicht bemerkt hat.“ Sie schweigt einen Moment und überlegt kurz, bevor sie sich an Dror wendet. „Wie fühlt Ihr Euch?“, erkundigt sie sich besorgt. „Ich denke, wir sollten uns sehr genau überlegen, was wir als nächstes tun werden. Ihr habt die Karte, gibt es vielleicht einen anderen Weg, den wir einschlagen können, ohne das man uns bemerkt?“ Abwartend sieht sie den zwergischen Baumeister an, erwartet jedoch nicht wirklich eine positive Antwort auf diese Frage.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 09. Juli 2005, 19:52 Uhr
Der Tag vergeht ereignislos und Dror überlegt bereits schläfrig, welche ihrer Nahrungsvorräte er heute verwenden sollte, um das Nachtmahl vorzubereiten, als Herbstnebel unter ihm plötzlich die Richtung ändert und seitlich unter den Schutz der Bäume wandert. Der Zwerg öffnet die Augen und sieht, dass Selket den Hengst vom Weg herunter geführt hat. Sie deutet ihm an, leise zu sein, bevor sie nach wenigen Worten hinter Bäumen und dem fallenden Schnee verschwindet. Geduldig wartet er auf ihre Rückkehr, vertraut er in solchen Momenten doch vollständig auf das Geschick und Können der Elbe als Jägerin.

Es dauert eine Weile, bis der Baumeister wieder ihre Umrisse erkennen kann, die sich langsam auf ihn zu bewegen. Als sie die Heilerin ihnerreicht, beugt er sich leicht zu ihr herab und wird dafür sofort mit einem stechenden Schmerz in der Hüfte bestraft, welcher ihn kurz das Gesicht verziehen läßt. Selket berichtet kurz, was sie entdeckt hat, woraufhin der Zwerg missmutig brummt.
Beobachtungsposten bedeuten immer, dass irgendwo noch viel mehr von der gleichen Sorte stecken müssen, denkt er sich, und hier oben sollte, jetzt im Winter, ausser dem Bergvolk auf den Hochplateaus, niemand sonst anzutreffen sein. Es sei denn er gehört zu den Banden, die sich hier vor den Gesetzeshütern verstecken mussten.
Als die Elbe besorgt fragt, wie er sich fühlt, überlegt Dror kurz und antwortet dann: "Nicht wesentlich schlechter als gestern." Letzte Nacht, als er ohnehin kaum die Möglichkeit gehabt hat, Schlaf zu finden, hatte er auch den Kräuteraufguss vergessen, welchen ihm die Elbe seit Vînnar jeden Abend zubereitete und die Auswirkungen davon hatte er heute hin und wieder zu spüren bekommen. Ansonsten hatte er es aufgegeben den Fortschritt der Versteinerung Tag für Tag genau zu verfolgen. Noch immer reibt er die freie Haut mit der Salbe der Heilerin ein, doch auch ohne eine genaue Inspektion seines Körpers kann er fühlen, wie nach und nach Teile seines Körpers taub und steif werden, weil sie vom Gestein umgeben sind.

Als Selket nach der Karte und einem zweiten Weg fragt, nimmt er das Blatt, welches sie in der Stadt des Weines, nicht ohne Probleme erworben hatten, heraus und öffnet es so, dass sie beide einen Blick darauf werfen können. Doch es dauert nicht lange um festzustellen, dass dies im Moment der einzige Weg ist, der sie weiter zu ihrem Ziel führen kann.
"Es sei denn wir schlagen uns in einem großen Bogen durch den Wald." Nur kurz wartet Dror auf eine Reaktion der Elbe, bevor er selbst erwidert: "Aber das würde uns viel Zeit kosten und bei dem schneebedeckten Boden kann Herbstnebel oder einer von uns, schnell in ein Loch treten und sich verletzten."
Nocheinmal betrachtet er die karte, doch ist dort keine weitere Möglichkeit zu finden, ein Treffen mit dem Fremden  und womöglich seinen Kumpanen zu vermeiden. Deshalb stellt der Baumeister schliesslich fest: "Ich glaube, wir müssen dem Pfad weiter folgen, aber vielleicht können wir die Situation ja ein wenig vorteilhafter für uns gestalten." Er überlegt einen Augenblick und fragt schliesslich: "Wie wäre es, wenn ihr euch einen Platz sucht, von dem aus ihr unseren Wachposten beobachten und notfalls eingreifen könnt, während ich als einsamer Reisender versuche an ihm vorbeizukommen? Läßt er mich weiterziehen, so treffen wir uns auf der anderen Seite. Wenn nicht, nun dann vertraue ich auf euren Bogen."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 10. Juli 2005, 14:38 Uhr
Auch Selket hält ihren Blick noch immer auf die Karte gerichtet und auch wenn es ihr missfällt, so muss sie zugeben, dass es zu Drors Vorschlag derzeit augenscheinlich keine bessere Alternative gibt. Zwar überdenkt die Elbe die Möglichkeit den Posten in weitläufigem Bogen zu umgehen noch einmal kurz, aber letztlich hat der Frostzwerg Recht. Diese Alternative würde sie viel zu viel Zeit kosten. Einerseits wegen des Umweges, den es dabei zu machen gilt, andererseits würde sie das unwegsame Gelände noch zusätzlich behindern. In Anbetracht der gesundheitlichen Verfassung des Baumeisters hält es die Heilerin zudem nicht für sonderlich ratsam ihn diesen Strapazen auszusetzen, über ihre eigene Verfassung denkt sie lieber gar nicht erst weiter nach und zu Drors ausgesprochenem Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Jägerin schweigt sie ebenso still. Sie zögert, stimmt dem Frostzwerg dann aber zu. „Also gut, in Ermangelung bessere Auswege …“ Sie bricht ab ohne den Satz zu beenden. Stattdessen tritt sie ein Stück beiseite und deutet im Schutz einiger hoher Bäume und Sträucher den Weg hinauf. „Seht ihr die Baumgruppe dort hinten kurz vor der kleinen Anhöhe?“, wendet sie sich fragend an den Baumeister. „Genau dort befindet sich der Wachposten. Wenn alles gut geht, wie wir besser hoffen sollten, dann überquert die Anhöhe so schnell als möglich und folgt dem Weg auf der anderen Seite noch ein gutes Stück. Ich werde dort sobald es geht wieder zu Euch und Herbstnebel stoßen.“

Gewissenhaft überprüft Selket noch einmal das Gepäck, welches sicher, teils vor, teils hinter Dror auf Herbstnebels Rücken untergebracht ist. Eine Moment lang betrachtet sie ihr Schwert, welches sich ebenfalls dort befindet. Einen Augenblick lang ist sie versucht es mitzunehmen, entscheidet sich dann aber dagegen. Erst als die Elbe sich eingehend vergewissert hat, dass alles noch an seinem Platz und so befestigt ist, dass es dort auch weiterhin bleiben wird, ist sie zufrieden. Sie seufzt. „Also gut. Reitet zügig, aber nicht zu schnell, um kein unnötiges Misstrauen zu schüren. Und …“, fügt sie nach einer kürzen Pause hinzu, „falls unser Vorhaben nicht ganz so glücklich verläuft, wie wir uns erhoffen, dann vertraut auf Herbstnebel.“ Die Elbe lächelt schwach und klopft dem Hengst noch einmal liebevoll den breiten Hals, bevor sie ihn mit ein paar knappen, elbischen Anweisungen veranlasst, sich in Bewegung zu setzen. Während sich der Hengst langsam auf den Weg begibt, sieht Selket dem Baumeister und dem massigen Grauschimmel noch kurz nach, bevor sie sich daran macht den beiden im Schutz des Unterholzes so lautlos und unbemerkt wie möglich zu folgen. Ihre Aufmerksamkeit gilt vor allem dem vor ihnen liegenden Wachposten, gleichzeitig versucht die Elbe jedoch auch den Weg so gut es geht im Auge zu behalten.      

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 11. Juli 2005, 19:52 Uhr
Nachdem die Elbe seinem Vorschlag zugestimmt, überprüft sie noch einmal den festen Sitz des Gepäcks und gibt dem Frostzwerg noch einige Ratschläge, wie er sich am besten verhalten soll. Dann verschwindet sie ebenso schnell zwischen den Bäumen, wie bereits zuvor und Dror bleibt alleine zurück. Er wartet noch eine Weile, um der Heilerin genügend Vorsprung zu geben, bevor er den Hengst sich langsam in Bewegung setzen läßt.

Noch immer fallen dicke Schneeflocken vom Himmel herab und bedecken bald wieder den Filzmantel des Baumeisters, der ihm eng um die Schulter liegt und dessen Kapuze tief ins Gesicht gezogen ist. Der Frostzwerg hält den Kopf leicht gesenkt, so wie er es bereits den ganzen Tag, während Herbstnebel langsam den Pfad entlang trabt, doch ist er diesmal alles andere als schläfrig, sondern versucht, unter der Kapuze hervor, immer die Bäume im Auge zu behalten, welche Selket ihm gezeigt hat. Es macht ihn etwas unruhig, dass seine Axt viel zu weit entfernt auf seinem Rücken hängt, um sie rechtzeitig zu erreichen und umso mehr, da sie ihm gegen einen Bogenschützen ohnehin kaum helfen würde.
Deshalb nimmt seine Anspannung immer weiter zu, als Herbstnebel den kleinen Hügel langsam hinaufsteigt. Während sie immer näher kommen, erkennt Dror schliesslich die Gestalt, welche nur wenig versteckt in einem der Bäume sitzt. Doch nicht lange kann er sie betrachten, ohne den Kopf zu heben und so reitet er langsam weiter, die Gegenwart des Fremden in den Ästen nur noch spürend. Er kommt am Fuß des Baumes vorbei und glaubt, der Aufmerksamkeit des Wachpostens bereits entgangen zu sein, als sich eine tiefe Stimme erhebt: "Halt, wohin willst du, Reiter?"

Dror überlegt einen Moment, wie er reagieren soll und hält dann Herbstnebel an. Vielleicht läßt sich das Ganze ja doch mit einem Gespräch lösen, überlegt er und ruft daraufhin zurück, ohne aufzublicken: "Hinauf ins Gebirge. Ich habe gehört, dort werden Männer gebraucht, die das Gespür haben, ihre Spitzhacke an der richtigen Stelle anzusetzten."
Etwas besseres ist ihm auf dem kurzen Weg hierher nicht eingefallen, doch ist er sicher, dass die berühmten Silberminen im Wyrmschwanz immer neue Arbeiter benötigten.
"Du bist klein, für jemanden der in den Silberminen helfen kann", atwortete die Stimme herrisch, "es sei denn du hast einen Bart und gehörst zu den Silanbetern." Dabei war ein Knurren zu vernehmen, was Dror weder einem Menschen, noch einem Elfen zuordnen kann. Er hat das Gefühl, dass das Gespräch gerade eine schlechte Wendung nimmt und versucht deshalb das Thema zu wechseln.
"Ob Silanbeter oder nicht, welche Möglichkeiten gibt es auf diesem Weg in die Berge zum Übernachten?"
"Keinen", antwortet die Stimme und ein heiseres Lachen dringt zu Dror. "Du wirst dich an die Kälte gewöhnen müssen, wenn du in den Minen arbeiten willst. Auf dem Weg dorthin hast du genug Zeit dafür."
Der Frostzwerg sieht keinen Grund darauf zu antworten und schon kurz darauf, ertönt die Stimme in seinem Rücken nocheinmal. "Wenn du unbedingt ein paar Mauern, um dich herum brauchst," sagt der Wachposten diesmal etwas gelangweilter, "solltest du an der großen alten Eiche, die in einigen tausend Schritt liegt, den Weg nach links verlassen. Dort gibt es Ruinen, aber ein Dach haben sie nicht zu bieten." Wieder ist das Lachen zu hören, dass jetzt fast wie ein Bellen klingt.
"Ich danke euch", antwortet der Baumeister und wartet noch einen Augenblick. Dann gibt er Herbstnebel ein Zeichen und dieser setzt sich langsam in Bewegung. Zuerst glaubt Dror, dass er jeden Augenblick einen Pfeil in seinem Rücken spüren wird, doch nichts passiert. Als er sicher ist aus Sichtweise des Fremden zu sein, läßt er Herbstnebel ein wenig schneller laufen, bis er schliesslich hinter einer Biegung den Hengst zu halten bringt, um auf Selket zu warten.

Als die Heilerin ihn schliesslich erreicht, erzählt er ihr über das Gespräch, welches er geführt hat und über die Stimme, die er nicht den ihm bekannten Rassen zuordnen kann. Schliesslich sagt er:"Wer immer dieser Fremde auch war, meint ihr, wir sollten seinem Hinweis folgen? Wenn das wirklich der letzte geschützte Ort ist, den es vor den Bergen gibt, sollten wir ihn vielleicht besser nutzen."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 17. Juli 2005, 16:47 Uhr
So vorsichtig wie möglich bewegt Selket sich durch das Unterholz und nähert sich dabei behutsam dem Posten des Wächters, soweit die gebotene Achtsamkeit dies eben erlaubt. Schnell stellt sie fest, dass der Wachtposten seiner Aufgabe nur sehr nachlässig nachkommt, dennoch bleibt sie auch weiterhin auf der Hut. Die Unterredung, die bald darauf zwischen dem Beobachtungsposten und Dror stattfindet, bekommt sie nur in Teilen mit, der Frostzwerg würde ihr später ohnehin genau berichten, was vorgefallen ist, dessen ist sich die Elbe sicher und so hält sie vorerst eher nach weiteren verborgenen, unliebsamen Posten Ausschau, kann aber nichts weiter auffälliges entdecken. Also beeilt sie sich stattdessen Dror und Herbstnebel einzuholen, um mit dem Baumeister zu sprechen. In sicherer Entfernung macht sie Pferd und Reiter hinter einer Wegbiegung Ausfindung und beeilt sich zu ihnen zu stoßen, da der Frostzwerg sich bereits ungeduldig suchend nach ihr umsieht.

In knappen Sätzen berichtet Dror, was sich zugetragen hat und fragt schließlich, ob es ratsam sein, dem Hinweis des Wachtpostens zu folgen. Die Nacht ein letztes Mal an einem halbwegs Wind- und Wetter geschützten Ort zu verbringen klingt in der Tat recht verlockend, doch so recht trauen mag die Elbe den Worten des unbekannten Beobachters auch wieder nicht. Wo ein solcher Posten ist, befinden sich für gewöhnlich noch mehr von der selben Sorte. Vertrauenswürdig scheint die ganze Sache nicht zu sein. Bergvolk hätte sich anders verhalten, um Reisende wird es sich zu dieser Jahreszeit kaum handeln, bleibt eigentlich nur noch eher zwielichtiges Gesindel und was man davon zu erwarten hat, ist, nun ja, allgemein bekannt. Sie überlegt. „Hm“, murmelt sie. „ich traue der ganzen Sache nicht. Andererseits habt Ihr natürlich Recht. Wenn irgend möglich sollten wir diese letzte Möglichkeit eines halbwegs geschützten Nachtlagers nutzen.“ Sie sieht Dror nachdenklich an.

„Vielleicht sollten wir es tatsächlich wagen“, fährt sie grüblerisch fort. „Zumindest sind wir soweit im Vorteil, dass niemand weis, dass wir zu zweien reisen. Andererseits wissen wir ebenso wenig, was oder wer uns hier noch begegnen mag.“ Sie schweigt einen Moment, da sie sich unweigerlich an die erst kürzlich entdeckten sterblichen Überreste der Schmuggler erinnert. Sorgenfalten bilden sich auf ihrer Stirn, der Wind wird stärker, auch das Schneegestöber nimmt merklich zu. Noch immer zögert die Elbe etwas, gibt dann aber mit Blick zum Himmel nach. „Versuchen wir es“, erklärt sie. „Wohl ist mir bei der Sache zwar nicht so ganz, hier in diesem Schneetreiben können wir allerdings auch nicht bleiben. Wir werden eben sehr wachsam sein müssen. Und wenn uns die Glücksmaid wohl gesonnen ist, hält uns das heraufziehende Unwetter unliebsame Besucher vom Leib, zumindest vorläufig, hoffe ich.“

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 24. Juli 2005, 20:51 Uhr
Dror kann verstehen, dass es der Elbe überhaupt nicht recht ist, dem Hinweis des Postens zu folgen, doch das Wetter nimmt ihnen schliesslich, als sie weitergehen, die Entscheidung ab. Statt den grauen ziehen schwarze Wolken auf, getrieben vom stärker werdenden Wind, der den Schnee den Reisenden nun entgegenweht.
Hier im Wald, wo nur die Lücke zwischen den Bäumen, in welcher der Weg entlangläuft, Platz genug bietet, um sie Chols Spiel auszusetzen, bleiben ihnen zumindest noch einige Schritte Sichtweite, um zu sehen, wo sie ihre Füße hinsetzen, doch Dror ist sich sicher, dass sie auf einer der kahlen Bergebenen bei diesem Wetter jegliche Orientierung verlieren würden.

Es dauert nicht lange, bis sie den Baum erreichen, welchen der Posten ihnen als Markierung genannt hat. Der Weg führt direkt auf die alte Eiche zu, die größer als alles andere in ihrer Umgebung ist und zu der die Bäume ringsum einen respektvollen Abstand halten. Ihre kahlen Äste biegen sich im Wind und hin und wieder ist ein ärgerliches Knarren zu hören, wenn Chol allzustark gegen das alte Holz drückt.
Dror läßt Herbstnebel Halt machen. Hier müssen wir abbiegen, wenn wir den Weg zu der Ruine nehmen wollen. Der Frostzwerg blickt noch einmal kurz zu der Elbe, um sich zu versichern, dass sie ebenfalls damit einverstanden ist, doch kann er ihr Gesicht nicht erkennen, das von der Kapuze ihres Mantels fast vollständig verdeckt wird, um es vor dem Wind zu schützen.
Trotzdem scheint sie zu verstehen, weshalb er sich zu ihr umblickt und tritt in den Wald, der sich links neben der Eiche erstreckt. Herbstnebel folgt ihr langsam und läuft schliesslich, solange es die Bäume zulassen, neben ihr, um sie vor dem Wind zu schützen.

Nach einiger Zeit steigt der Waldboden leicht an und schliesslich erreichen sie den Rand des Waldes. Ihre Schritte führen sie über einen kahlen,  schneebedeckten Hang, welcher plötzlich vor einer Mauer aus großen mit Mörtel zusammengehaltenen Steinen endet.
"Wartet hier" flüstert Selket dem Baumeister zu, doch dieser kann ihre Worte im Wind mehr erahnen, als sie wirklich verstehen. Geduldig bleibt er zurück, bis die Elbe nach einiger Zeit, wieder aus den Schneegestöber auftaucht.
"Es scheint sich um die Ruine zu handeln, von der der Wachposten erzählt hat", berichtet sie, "doch es ist niemand hier. Nur wenige Schritt entfernt ist ein Loch in der Mauer, durch das wir in den Innenhof gelangen können. Ich glaube der alte Turm wäre am besten geeignet, um uns Schutz zu bieten, aber er hat nur einen Ein- und Ausgang. Deswegen würde ich sagen, dass wir unser Lager besser in den Resten des Palas aufschlagen."
"Gut", antwortet der Frostzwerg, "solange er eine Wand hat, die uns vor dem Wind schützt, so dass unser Gepäch nicht zugeschneit wird, soll mir das recht sein. Geht am besten voraus."

An der eingeschneiten halbverfallenen Mauer vorbei treten die beiden Reisenden in das Innere der Ruine. Jetzt, wenn dichter Schnee den Boden bedeckt und die Sicht nur wenige Schritt weit reicht, ist kaum zu erkennen, dass sich hier einst eine Burg befand. Schnell überqueren sie eine Fläche, die nur wenig geschützt ist, bevor sie die Ummauerung eines ehemals größeren Gebäudes erreichen. Im Schutz der dicken Wände ist der Wind kaum noch zu spüren und so beginnt Dror, nachdem die Heilerin ihm beim Absteigen von Herbsnebel geholfen hat, ein Lager für die Nacht aufzubauen. Wie jeden Abend verschwindet die Elbe für einige Zeit, doch ist sie recht bald wieder zurück, ihr Mantel völlig mit Schnee bedeckt.
Der Frostzwerg hat in der Zwischenzeit mit dem Holz, was sie tagszuvor gesammelt und nun mitgenommen hatten, ein Feuer entzündet. Wenn wir denn Wald verlassen, werden wir auch diesen Luxus nicht mehr haben, stellt er fest und versucht lieber nicht daran zu denken, dass sie ihr Essen bald nur noch kalt zu sich nehmen können.
Während Selket sich am Feuer wärmt, bereitet der Baumeister das Essen vor und recht bald danach, teilen sie die Wache für die Nacht ein, bevor der Zwerg sich schlafen legt.

Als der Baumeister die Elbe am nächten Morgen weckt, scheint der Wind noch stärker geworden zu sein. Das Heulen, wenn er an den altern Mauern vorbei durch die Burg fegt, macht es fast unmöglich einige Worte zu wechseln. Auch die Zahl der Schneeflocken, die vom Himmel fällt, ist nicht weniger geworden und so scheinen Selket und Dror in einer kaum fünf Schritt reichenden Welt gefangen, die von einer Seite durch die graue Mauer und zu den anderen Seiten von wirbelndem Weiß begrenzt wird.
Obwohl die beiden jede Verzögerung vermeiden wollen, ist ihnen doch klar, dass sie bei diesem Wetter nicht allzuweit kommen würden. Sie entscheiden hier zu warten, bis Chol sich zumindest ein wenig beruhigt hat.

Schon nach kurzer Zeit, stell Dror fest, dass er die Ruhepause nicht geniessen kann. Sie warten darauf, dass derSturm nachlässt oder der tag sich wieder dem Ende zuniegt, doch da sie Shenrah seit gestern nicht mehr zu Gesicht bekommen haben, können sie nicht sagen, wie weit der Tag schon fortgeschritten ist. Er und Selket versuchen, sich die Zeit mit dem Minenspiel zu vertreiben, doch kann sich keiner von ihnen darauf konzentrieren und so packt es der Baumeister bereits nach wenigen Zügen wieder ein.
Langsam, so wie es seine Beine erlauben, richtet er sich daraufhin vom Boden auf und geht ein Bein nachziehend hin und her. Nach Tagen des Wanders hat ihn jetzt Rastlosigkeit befallen. "Ich werde mich ein wenig umschauen", sagt er schliesslich, "wir werden bald Holz brauchen. Vielleicht ist in den Ruinen was zu finden."

Nachdem Dror ihren Lagerplatz verlassen hat, braucht es nicht viele Schritte, bis er schliesslich den Turm erreicht, den die Heilerin bereits am vorigen Tag erwähnt hat. Der Schnee hat den Boden hier ebenfalls bedeckt, doch aufgrund der Mauern ringsum nicht so dicht. So vernimmt der Baumeister einen dumpfen Ton, als er seine Schritte in die Reste des Gebäudes hineinsetzt. Das kann kein Stein unter meinen Füßen sein, ist er sicher. Er macht einen weiteren Schritt und vernimmt das gleiche Geräusch. Wahrscheinlich sind es Holzbohlen und unter ihnen ein Keller oder so etwas, stellt er fest, als er weiterläuft.
Plötzlich jedoch, hört er ein lautes Knacken und der Boden gibt unter ihm nach. Er kommt gar nicht erst dazu, überrascht aufzuschreien, denn schon kurz darauf, landet er unsanft auf dem Rücken.
Ein stechender Schmerz fährt ihm durch den ganzen Körper und für einem Moment fühlt er sich gelähmt. Erst nach einiger Zeit läßt er wieder nach, so dass sich Dror fluchend wieder aufrappeln kann. "Bei Sils Bart," brummt er mit schmerzverzerrtem Gesicht, "wahrscheinlich muss ich noch froh sein.  Das hätte aber, verdammt nochmal, schlimm ausgehen können, wenn das ein Brunnenloch gewesen wäre. Eigentlich solltest du es doch wissen, Dror Silberbart, dass neuer Schnee nur allzu trügerisch ist."

Als der Frostzwerg sich ein wenig den Staub aus den Kleidern geklopft hat, schaut er sich um, wo er gelandet ist. Die hölzerne Decke, durch die er fiel, ist etwas mehr als zwei Schritt über dem Boden und durch das Loch, das er gerissen hat, dringt nun graues Tageslicht und ein paar wenige Schneeflocken.
Der Raum im Keller des Turms scheint ein Stück weiter als das Gebäude selbst zu reichen und in den Fels hineinzuführen, auf dem die Burg gebaut ist. Als der Baumeister sich umblickt, kann er zahlreiche Kisten hier gestapelt sehen, die nicht den Anschein erwecken, als würden sie seit dem Verlassen der Burg hier herumstehen. Vorsichtig versucht er einen der Deckel zu öffnen und traut seinen Augen kaum, als er den Inhalt sieht. Eine ganze Kiste voller Fackeln steht vor ihm. Sie sind neu, als wären sie vor nicht allzulanger Zeit hergestellt und dann hier zurückgelassen wurden. Wer weiß, was wir hier noch alles nützliches finden können, denkt er aufgeregt und geht zurück zum "Eingang", durch den er den Keller betreten hat. Schliesslich ruft er laut: "Selket. Selket, kommt zum Turm. Ich habe etwas gefunden." Der Wind pfeift über ihm mit unverminderter Lautstärke, so dass er schliesslich ein weiteres Mal laut den Namen der Heilerin ruft.
Als er endlich ihre Schritte hört, ruft er hinauf: "Ich bin hier unten. Aber seid vorsichtig. Der Boden ist morsch, wie ich selbst schmerzhaft erfahren musste."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 27. Juli 2005, 12:18 Uhr
Selket nickt, als Dror erklärt, er wolle sich umsehen und versuchen etwas Feuerholz zu sammeln. Als der Frostzwerg sich entfernt sieht sie ihm nur kurz nach und widmet sich stattdessen lieber der Pflege ihrer Waffen. Der Sturm nimmt nur sehr allmählich ab und die Wolken am Himmel sind zwar nicht mehr schwarz, doch immer noch reichlich grau. Wenigstens schneit es kaum noch, denkt sie Elbe nur wenig begeistert. Es gefällt ihr nicht sonderlich, dass sie das Unwetter weiter in den alten Burgruinen festhält. Als sie schließlich Drors Rufen vernimmt, springt sie überrascht auf. »Selket. Selket, kommt zum Turm. Ich habe etwas gefunden.« Die Stimme des Frostzwerges wird sehr stark vom Sturm verschluckt, aber die Elbe hat ihn dennoch gehört, auch wenn sie nicht sogleich alles richtig verstanden hat, da der Wind einige Worte fortgerissen hat, sodass sie nur Satzfragmente erreichen. Schnell eilt die Heilerin hinüber zum Turm, sie hat sich nicht einmal mehr die Zeit genommen ihr Schwert aus der Hand zu legen. Sie folgt den wenigen noch verbliebenen Spuren, die Dror hinterlassen hat und die noch nicht wieder vom Sturmwind verwischt wurden und erreicht schließlich den Turm.

Als sie das marode Gebäude betritt, bemerkt sie sogleich das Loch, welches sich vor ihr auftut. Als sie sich nähert, um es genauer zu betrachten, hört sie auch schon wieder die Stimme des Baumeisters. »Ich bin hier unten. Aber seid vorsichtig. Der Boden ist morsch, wie ich selbst schmerzhaft erfahren musste.« Vorsichtig tritt sie etwas nähr an den Rand des Loches heran und blickt in die Tiefe. Das morsche Holz knirscht unter ihren Füßen und so beeilt sie sich schleunigst wieder eine halbwegs sichere Stelle aufzusuchen. „Ich bin gleich bei Euch“, ruft sie Dror zu und sieht sich um. In einiger Entfernung findet sie eine weitere Öffnung im Boden, die zu einer Treppe gehört, welche in die Tiefe führt. Einstmals muss sich dort auch eine Bodenluke befunden haben, doch diese fehlt. Misstrauisch begutachtet Selket die Stufen und wagt es erst nach einigen Augenblicken reiflicher Überlegung die Treppe zu benutzen. Das Holz knirscht und knackt bedrohlich unter jedem ihrer Schritte, hält ihr Gewicht aber aus. Etliche Bretter wackeln allerdings gefährlich und die kläglichen Reste, die vom Treppengeländer übrig sind, fallen bereits nach einer einzigen leichten Berührung in sich zusammen, sodass die Elbe einen Moment lang erschrocken innehält, bevor sie weitergeht.

„Habt Ihr Euch verletzt“, erkundigt sich die Elbe zuallererst, als sie im Keller angelangt ist. Doch Dror verneint. „Was habt Ihr gefunden, was ist das hier unten für ein Kellergewölbe?“, fragt sie weiter, während ihr Blick umherschweift und schließlich am Loch in der Decke des Gewölbes hängen bleibt. Der Frostzwerg deutet auf die Kiste, vor der er gerade steht und sie tritt rasch dichter an ihn heran. „Fackeln? Noch dazu ziemlich neu …“ Dror nickt. „Und es gibt noch mehr Kisten hier unten“, erklärt er ihr. Selket sieht sich um. „Ihr habt Recht.“ Sie macht sich nicht die Mühe sie weiter in Augenschein zu nehmen. Ein ungutes Gefühl überkommt sie und der Gedanke daran, dass sie wohl noch einige Zeit länger in dieser Burgruine ausharren müssen, behagt ihr mit jedem weiteren Moment, der verstreicht, weniger und weniger. „Was ist in den übrigen Kisten?“, erkundigt sie sich. „Habt Ihr schon nachgesehen?“ Fragend schaut sie Dror an und geht zu einem nicht allzu weit entfernten Kistenstapel hinüber. Zögernd öffnet sie die Oberste. „Ihr wisst, was das hier zu bedeuten hat, oder?“, murmelt sie tonlos.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 30. Juli 2005, 13:14 Uhr
"Nein, noch nicht", antwortet Dror auf die Frage der Elbe, ob er bereits nach dem Inhalt der anderen Kisten geschaut hat. Er geht etwas weiter vom Turm in den unterhöhlten Fels hinein, wo die meisten der hölzernen Behältnisse aufgestapelt sind. Er hebt erneut den Deckel von einer Kiste, auf der keine weitere gestapelt ist, und Nahrungsmittel, Brot und Hartwurst, kommen zum Vorschein.
„Ihr wisst, was das hier zu bedeuten hat, oder?", fragt die Heilerin, während sie ebenfalls nachschaut, was hier gelagert ist.
"Ja, das irgendjemand hier anscheinend ein Lager hat. Und ich nehme an, dass der Posten, an dem wir gestern vorbeigekommen sind, zu diesem Jemand gehört." Er lässt den Deckel der Kiste vor ihm wieder zufallen und fügt hinzu: "Hier drin sind Lebensmittelvorräte..."
"...und hier Stoffe in allen Farben", antwortet Selket darauf.
Der Frostzwerg geht noch eine Kiste weiter, während er zu der Heilerin sagt: "Wer auch immer hier seine Vorräte lagert, wird zumindest nicht vorbeikommen, solange das schlechte Wetter anhält. Meint ihr, es ist eine Diebesbande? Es sieht mir alles zu neu und gut verpackt aus, um es für Diebesgut zu halten."

Während er der Antwort der Elbe zuhört, schaut er sich weiter um, bis er plötzlich ein lautes Geräusch vernimmt, das wie das Schaben von zwei Steinen klingt, deren Oberflächen aneinander vorbei gleiten. Überrascht schaut er in die dunkle Ecke, aus der es zu kommen scheint und sieht plötzlich Fackelschein auf den Boden des Kellers fallen. "Da öffnet sich eine Tür im Stein", ruft er erstaunt aus, doch im gleichen Moment kommen auch schon drei Gestalten aus dem Eingang hervor. Recht schnell überwinden sie die erste Überraschung den Frostzwerg vor sich zu sehen und ziehen Dolche aus den Gürteln.

"Hey, was machst du hier...Du hast hier...nichts verloren."
Dror ist verwirrt, als er die Fremden hört, sprechen sie doch mit gleicher Stimme und einer scheint des Satz des anderen zu vervollständigen. Sie sehen auch alle drei völlig gleich aus, haben dunkelbraune Haut und ihre Haare sind vollständig abgeschoren, obwohl kurze Stoppeln bereits wieder auf dem Kopf zum Vorschein kommen. Sie sind noch jung, selbst für Menschen, bemerkt der Baumeister mit dem ersten Blick, bestimmt keine zwanzig Winter alt. Obwohl die Jungen recht gute dicke Wollkleidung tragen, machen sie auf Dror trotzdem einen ungepflegten Eindruck. Das macht sie nicht weniger gefährlich, stellt er, mit einem Blick auf ihre Dolche, fest, während ihre schwarzen Augen ihn verärgert anfunkeln. Deswegen greift der Frostzwerg zu seiner Axt, die über auf seinem Rücken befestigt ist.

"Hey lass dass...Nimm die Finger...von der Waffe."
"Und ich würde tun, was sie sagen", tönt plötzlich eine tiefe Stimme, bevor der Baumeister etwas erwidern kann, "und dann wäre es am besten wenn ihr uns folgt. Wir mögen es nicht, wenn jemand in unseren Vorräten herumschnüffelt.". Eine weitere Person tritt aus dem Felseingang heraus. Es ist eine Frau und obwohl sie ein Mensch ist, macht sie auf den Zwerg eher den Eindruck eines Ogers. Sie misst mindestens zwei Schritt, ihr Kopf scheint fast direkt auf den breiten Schultern zu sitzen und wird von braunblonden Haaren geschmückt, die ihr wirr in das Gesicht stehen. Ihr ganzer Körper wirkt massig, aber trotzdem muskulös und ihre Arme, die jedem Blaumantel in Talyra sicherlich gut zu Gesicht stehen würden, tragen einen großen Schmiedehammer, auf dessen breiten, ein Schritt langen, Schaft sie sich nun stützt, während sie sich demonstrativ hinter die Drillinge stellt.
Für einen Moment überlegt Dror, was er tun kann. Er ist sich nicht sicher, ob die Fremden Selket schon bemerkt haben, doch selbst wenn nicht, würde es sicherlich schwierig werden, diese vier erfolgreich zu bekämpfen, vor allem in seinem Zustand. Und wer weiss, wie viele es noch von ihnen gibt. Mhmm, schnell fliehen ist im Moment auch keine Option, denkt er sich, selbst wenn ich schnell laufen könnte, würde es viel zu lange dauern, das Lager abzubrechen. Er fragt sich, ob Selket in diesem Moment vielleicht einen Ausweg weiß, glaubt er doch, das sie sich mit solchen Situationen besser auskennt, als er. Doch er vermeidet es zu der Heilerin zu schauen, um die Aufmerksamkeit nicht auf sie zu lenken, sondern wirft seine Axt ausser Reichweite und hebt beschwichtigend die Hände.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 30. Juli 2005, 22:49 Uhr
Selket schließt den Deckel der Truhe, die vor ihr steht, gerade wieder, als Dror erklärt: »Wer auch immer hier seine Vorräte lagert, wird zumindest nicht vorbeikommen, solange das schlechte Wetter anhält. Meint ihr, es ist eine Diebesbande? Es sieht mir alles zu neu und gut verpackt aus, um es für Diebesgut zu halten.« Die Elbe setzt zu einer Antwort an, doch sie hat kaum mehr als ein paar Sätze gesprochen, als sie, ebenso wie der Baumeister, ein sonderbares Geräusch vernimmt und mitten in einem angefangenen Satz abbricht, um zu lauschen, woher es kommen mag. Stein scheint über Stein zu kratzen. »Da öffnet sich eine Tür im Stein«, ruft Dror aus und Selket zuckt ganz unweigerlich zusammen. Ein ärgerliches Zischen kommt ihr über die Lippen, automatisch greift sie nach ihrem Schwert und wirft dem Frostzwerg einen finsteren Blick zu. Sie hat den Fackelschein ebenfalls bemerkt, doch noch bevor sie in irgendeiner Weise weiter reagieren kann, betreten bereits drei unerwartete Gäste das Kellergewölbe, und deren Überraschung währt nur kurz. Schon haben sie ihre Dolche gezogen, sodass die Klingen im Fackelschein aufblitzen.

Dror mustert die Fremden und die Elbe sieht, wie er zu seiner Waffe greift beziehungsweise greifen will, denn die drei Unbekannten stellen sogleich klar, dass sie dies für keine besonders kluge Entscheidung halten. Selket ist keinesfalls entgangen, dass die drei Burschen, offenbar Menschen, recht jung sind und vermutlich noch keine 20 Götterläufe erlebt haben. Die Elbe will die Drillinge keinesfalls unterschätzen, dennoch … Ein Risiko ist natürlich dabei, aber … Sie schiebt den Gedanken sofort wieder beiseite, als sie sich ihre gegenwärtige Situation wieder bewusst macht. Dror krank und nur eingeschränkt bewegungsfähig, sie selbst in ihrem Handlungsspielraum aufgrund der Schwangerschaft ebenfalls deutlich eingeschränkt und ob es sich nur um diese drei oder noch weitere Gegner handelt, lässt sich augenblicklich nur schwer einzuschätzen. Zumindest der Posten ist auf jeden Fall noch zu bedenken, stellt sie fest … und fügt ihm in Gedanken bereits im nächsten Augenblick eine weitere Person hinzu, denn … »Und ich würde tun, was sie sagen und dann wäre es am besten wenn Ihr uns folgt. Wir mögen es nicht, wenn jemand in unseren Vorräten herumschnüffelt.«

Die Elbe kann nicht anders, als die Frau, die soeben gesprochen hat, einfach nur anzustarren. Die Unbekannte ist gut und gerne ein oder sogar zwei handbreit größer als sie selber und dabei von massiger, kräftiger Gestalt, sodass kein Zweifel daran besteht, dass sie ihren schweren Schmiedehammer auch effektiv zu gebrauchen versteht. Regungslos steht die Elbe im Schatten einiger Kisten. Bisher scheinen weder die drei jungen Männer noch die Frau – Die Anführerin? – ihre Anwesenheit bemerkt zu haben, wie die Elbe zwar erleichtert, aber auch etwas verwundert, feststellt. Ihr Griff umklammert noch immer den Knauf ihres Schwertes, während sie fieberhaft überlegt, was sie tun kann, um Dror zu helfen, der nun seine Axt von sich wirft und beschwichtigend die Arme hebt, wobei er seinen Blick auf die Frau gerichtet hält. Selket verharrt weiterhin so regungslos wie möglich, Dror vermeidet es, zu ihr herüber zu blicken, um nicht auf sie aufmerksam zum machen. Und solange keiner der Fremden deutlich erkennen lässt, dass man ihre Anwesenheit bemerkt hat, hält sie es vorerst für das Klügste abzuwarten, was als nächstes geschehen wird. Denn wenn Selkets langes Leben sie eines gelehrt hat, so ist dies Geduld.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 01. Aug. 2005, 01:37 Uhr
Als die hochgewachsene Frau sieht, dass Dror ihrer Aufforderung folgt, deutet sie mit einem Arm in Richung des Felseneingangs um klarzustellen, wohin er zu gehen hat. Langsam setzt sich der Zwerg in Bewegung. Er zögert einen Moment, bevor er seine Schritte in die von Fackelschein erleuchtete Umgebung setzt. "Kommt, lasst ihn uns erstmal hinab bringen. Danach können wir die Kisten immer noch holen", hört er jedoch die Anführerin der Gruppe hinter sich sagen, so dass er weiß, dass es nun keine Umkehr gibt.

Ein schmaler Gang, welcher leicht abwärts führt, liegt vor dem Baumeister. Er wurde schon vor langer Zeit aus dem Fels geschlagen, ist er sich sicher, als er die Wände genauer betrachtet. Vielleicht diente er einst als geheimer Ausgang für die Burg, überlegt er, dann müsste es irgendwo noch einen zweiten Zugang geben. Hinter sich hört er die Schritte der Fremden, welche ihm, die Fackel vom Eingang in der Hand, Schritt für Schritt folgen. "Geht es nicht auch etwas schneller, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Was ist mit deinem Bein, Zwerg?", hört er die tiefe Stimme hinter sich ärgerlich brummen.
Etwas überrascht darüber, dass man sein Hinken so deutlich sieht, weiß Dror im ersten Moment nicht, was er antworten soll. Ganz bestimmt nicht die Wahrheit, ist ihm lediglich klar, denn es würde ihm bestimmt nicht helfen, wenn die Menschen hinter ihm wissen, dass er sich nur sehr eingeschränkt bewegen kann. Schliesslich antwortet er: "Ich bin einen Abhang hinuntergestürzt, als der Schneesturm jede Sicht unmöglich gemacht hat. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis ich wieder normal laufen kann."
Ein lautes Lachen läßt sich hinter ihm vernehmen. "Ha, und da sagt man immer Zwerge kennen sich nirgendwo besser aus, als im Gebirge."
Und so ist es auch, denkt sich der Baumeister, jeder der Frostzwerge kennt, weiß, dass selbst Schnee sie nicht zu solch einem Fehltritt verleiten kann.

Der Weg hinab endet schliesslich unter der Kuppel einer großen Höhle. Vier Feuer brennen auf ihrem steinernen Grund, der von einem breiten Fluss, der träge dahinfliesst, in zwei Teile getrennt wird. Um sie erkennt man fünf Gestalten, die wohl ebenfalls zu den Räubern gehören, die ihn gerade hierher geführt haben. Von hier oben hört der Zwerg nur das Murmeln ihrer Stimmen, doch kann er ausmachen, dass es sich um vier Männer und eine Frau handelt. Schmale, in den Stein geschlagene Stufen führen hinab und nach einem kurzen Blick zurück, auf den hin, ihm bestätigt wird, dass er diesen Weg zu nehmen hat, steigt der Frostzwerg sie hinab.
Auf dem Weg zum Boden, stellt Dror fest, dass es sowohl im oberen, als auch im unteren Bereich der Höhle noch einige weitere Gänge zu geben scheint, die in den Berg hineinführen, doch kann er nicht sehen, wie weit sie reichen. Der größte von ihnen, verläuft entlang des unterirdischen Flusses und ist mehrere Schritt hoch, doch liegt dieser Bereich des Höhlenbodens im Dunkeln, so dass nicht viel mehr als ein schwarzes Loch zu erkennen ist. Von den höhergelegenen Gängen, gibt es nur noch einen weiteren auf der anderen Seite des Wasserlaufs, zu dem ebenfalls eine Treppe hinaufführt.

Unten angekommen, lenkt Dror seine Schritte in Richtung der Feuer. Jetzt kann er auch die Menschen, welche sich dort aufhalten, näher betrachten. Am nächsten zu ihm sitzen zwei Männer, sich leiseunterhaltend. Der eine, mit dichtem Bart und schwarzen Haaren, die jedoch bereits von grauen Strähnen durchsetzt sind, trägt über Hemd und Hose dickes Leder als Brustpanzer, ebenso, wie und einen Schutz aus gleichem Material an Unterarmen und Oberschenkeln. Sein Gesicht ist leicht gebräunt und man erkennt, dass er aus den Ostlanden stammt. Seine Kleider sind allesamt dunkel oder grau und ein Schwert mit einem schmucklosen Griff liegt neben ihm auf dem Boden. Sein Nachbar hingegen trägt weite Stoffe. Er hat einen Gürtel umgeschlungen, in dem Messer in allen Formen und Größen stecken, doch selbst in der Hand hält er zwei, die er, gedankenverloren, doch trotzdem nicht weniger geschickt, von der Handfläche über den Handrücken immer wieder im Kreis bewegt. Noch ist er zu weit entfernt, doch sobald Dror näher kommt, wird er sehen, dass diese Geschicklichkeit ihren Preis hat, sind doch sowohl die Hände, als auch das Gesicht desjenigen über und über mit kleinen Narben bedeckt.

Die beiden blicken auf, als sie die Drillinge hinter Dror plötzlich rufen hören: "Wir haben einen...Gefangenen gemacht. Er wollte...unsere Kisten klauen."
"Ich glaube kaum, dass er allein unsere Vorräte davongetragen hätte", antwortet der Mann mit dem schwarzen Bart ernst, "habt ihr ihn gefragt, was er hier will?"
"Nein, noch nicht", antwortet die Frau mit dem Schmiedehammer, "das wollte ich ihr überlassen." Mit dem Kopf nickt sie in Richtung der Felswand an der, ein paar Schritte hinauf, ein großes weißes Tuch die Sicht auf die dahinterliegende Öffnung versperrt. Darunter sitzt, etwas seitlich auf einem Felsvorsprung, eine Frau mit braunem schulterlangen Haar, welches jedoch so dicht ist, dass es ungeordnet hier und dort absteht und den Eindruck erweckt, dass selbst eine Bürste kaum etwas daran ändern kann. Sie trägt bunte Kleider aus dicker Wolle, eine blaue Hose, ein gelbrotes Wams und einen grünen Umhang, der jetzt jedoch neben ihr liegt. Darauf liegt eine Laute, der sie gerade versucht neue Saiten aufzuziehen.
"Oh, meinst du unsere holde Bardin?", sagt der Mann mit den Messern in der Hand laut, während er aufsteht und dabei grinst, "du hast recht, wenn sie den Gnom mit ein paar ihrer Lieder foltert, wird er bestimmt alles ausplaudern."
"Halt's Maul, Narbengesicht", antwortet ihm die buntgekleidete Frau lediglich, bevor sie sich weiter ihrer Arbeit zuwendet.
"Du weißt genau, wen ich meine", sagt die Frau hinter Dror genervt, während dieser schweigend zuhört. Plötzlich wird die Miene des Mannes mit dem Narbengesicht ernst und er geht die wenigen Schritte zu dem Frostzwerg hinüber, um ihm eines seiner Messer unter das Kinn zu halten "Was hast du hier verloren, hä?" zischt er, die Messerspitze leicht nach oben drückend, so dass Dror den Kopf heben muss. "Ich bin auf dem Weg ins Gebirge", antwortet er wahrheitsgemäß, denn in diesem Punkt, hat er keinen Grund zu lügen, "auf der Suche nach Iôrlana. Oder in der Sprache der Menschen: Eiskönigin."

Das Messer wird von seiner Kinn weg genommen und der Mann ihm gegenüber grinst wieder. "Hehe, na dann bist du ja hier genau richtig. Ich frage mich nur, was du halbe Portion von ihr willst. Hey Drillinge, gebt ihr Bescheid. Es interessiert mich wirklich, was unser 'Gast' hier, so wichtiges zu berichten hat."
Dror ist verwirrt, welche Reaktion bei dem Messernarr hervorruft. Er hat gedacht, dass die Wahrheit, für die Räuber oder Schmuggler vielleicht uninteressant genug ist, um ihn zwar von den Habseligkeiten, die er bei sich trägt zu befreien, ihn aber danach laufen zu lassen. Doch anscheinend haben die Fremden ihn völlig anders verstanden, als er gewollt hat. Er scheint sogar noch ihr Interesse geweckt zu haben, denn von dem hinteren Feuer kommen jetzt auch zwei weitere Männer heran. Sie sind in eine Kluft gekleidet, die typisch für Seemänner ist und als der Baumeister den einen von ihnen sprechen hört, glaubt er, einen nordischen Akzent zu hören, wie er für Ardun oder Normand üblich ist. "Was ist euch denn da für ein Fisch ins Netz gegangen?", fragt der ältere von ihnen, doch scheint niemand bereit ihm darauf zu antworten.

Die Drillinge laufen hinauf zu dem weißen Tuch und verschwinden dahinter, um schon kurz darauf wieder zu erscheinen. Noch bevor sie jedoch, an der Bardin vobei, die als einzige Drors Ankunft nicht zu interessieren scheint, wieder hinabgelaufen sind, öffnet sich der Vorhang erneut und ein großer dunkelhäutiger Mann tritt heraus, gekleidet in rotes Tuch, welches unter den eisernen Rüstungsteilen hervorschaut, die er trägt. Sein grimmiger Blick und das leichtgebogene Schwert in seiner rechten Hand machen klar, dass er wohl der kampferprobteste in der Gruppe ist. Hinter ihm tritt eine Frau in die Höhle. Sie hat langes bis weit auf den Rücken reichendes Haar, welches blond ist, doch so hell, dass es fast weiß erscheint. Ihre gesamte Kleidung, Stiefel, Hosen und das Wams, ist aus weißem Leder gefertigt und mit Pelz besetzt. Ihre Erscheinung passt  nicht zu dem Rest der Gruppe, die nun um Dror einen Kreis gebildet hat, doch glaubt der Baumeister jetzt zumindest zu wissen, warum er falsch verstanden worden ist.
Sie steigt zum Höhlenboden hinab, nis sie dem Frostzwerg gegenübersteht. Der dunkelhäutige Mann, welcher ihre Leibwache zu sein scheint, wie Dror vermutet, bleibt immer einen Schritt hinter ihr, doch schaut er wachsam zu dem Baumeister und ab und zu auch den anderen Umstehenden, die nun, fast respektvoll einen Schritt zurückgetreten sind.

"Ihr sucht die Eiskönigin?", lässt sich plötzlich ihre helle und klare Stimme vernehmen, "ich werde von manchen so genannt, da ich dafür bekannt bin, selbst im tiefsten Winter einen Weg in den Wyrmschwanz zu finden. Also sagt mir, was euch zu mir führt."
Bevor Dror sprechen kann, kommt ihm jemand zuvor, und tritt in den Kreis. Der Frostzwerg hat ihn zuvor nicht in der Höhle gesehen, doch seine tief über das Gesicht gezogene Kapuze, die dicht mit Schnee bedeckt ist, zeugt davon, dass er vor kurzem noch ausserhalb der Höhle gewesen sein muss. Er muss den zweiten Eingang auf der anderen Seite benutzt haben, ist sich der Baumeister sicher, hat er doch die Stufen auf dieser Seite noch immer im Blickfeld. "Der ist auf der Suche nach Arbeit. Hat er gesagt. Wegen dem Silber." sagt der Neuankömmling, bevor er seine Kapuze zurückschlägt und den schmelzenden Schnee auf dem Boden verteilt. Bereits vorher hat Dror die Stimme erkannt, die zu dem Wachposten gehört und als er in dessen Gesicht blickt, weiß er auch, warum diese ihm sonderbar vorgekommen ist. Ein Narge, oder besser ein Halbnarge steht vor ihm. Seine Haut ist ebenfalls dunkel, doch gänzlich anders, als die des Mannes von den Sommerinseln, der die "Eiskönigin" bewacht. Sein Augen sind schmal und seine Nase viel flacher, als die eines Menschen und als er spricht, zeigen sich spitze Zähne. Drors Überraschung zeigt sich deutlich auf seinem Gesicht, um so mehr, da die anderen Anwesenden dem Narge zumindest nicht feindlich gegenüberstehen. Doch es bleibt ihm keine Zeit darüber nachzudenken.

"Woher wisst ihr von dem Silber?", fragt die weissgekleidete Frau den Frostzwerg plötzlich misstrauisch, "Ich kann keine Mitwisser gebrauchen, es sei denn, sie gehören zu meiner Gruppe. Wenn ihr aus Vînnar kommt, dann zeigt, was euch für mich mitgegeben wurde."
Dror weiß nicht, wovon die Frau ihm gegenüber spricht, doch ist ihm klar, dass sich seine Situation mittlerweile immer weiter verschlechtert hat. Eigentlich will er nur möglichst schnell wieder hier raus, um mit Selket weit weg von diesem Ort zu kommen. Angestrengt überlegt er, welche Antwort ihm weiterhelfen könnte, doch will ihm nichts einfallen. Und erst recht nicht, was er der Anführerin zeigen könnte. Unbewußt greift er in seine Tasche und findet das Amulett, welches Selket vor zwei Tagen bei den Toten gefunden hat. Hat sie nicht gesagt, es stammt wahrscheinlich von Schmugglern, da das Zeichen Liktik Schnellfingers darauf abgebildet ist? Vorsichtig holt er es heraus. Das Kupfer funkelt, als es vom Feuerschein angeleuchtet wird. Schnell tritt die "Eiskönigin" auf ihn zu und nimmt das einfache Schmuckstück in die Hand, um es genauer zu betrachten. Der Frostzwerg hält den Atem an, als sie es betrachtet. Doch nicht nur er, auch die anderen in dem Kreis um ihn herum, warten angespannt darauf, wie sie entscheidet.

"Ah, da ist es. Vier Kerben, die sich gegenüberliegen. Das Zeichen, das ich mit Minkin ausgemacht hatte." Die Männer und Frauen um ihn herum entspannen sich und der Kreis um Dror löst sich langsam auf. Er betrachtet das als gutes Zeichen und läßt den angehaltenen Atem langsam wieder entweichen.Zumindest scheint die größte Gefahr erst einmal vorrüber. Doch bereits bei den nächsten Worten der weißgekleideten Frau, stellt er fest, dass er nur teilweise erfolgreich war.
"Ihr habt euch viel Zeit gelassen", sagt sie, jetzt etwas freundlicher, "doch ihr seid gerade noch rechtzeitig gekommen, denn wir wir sind dabei alles für die Reise vorzubereiten und noch heute in den Wyrmschwanz aufzubrechen. Doch ohne eure Kenntnisse wäre es schwierig geworden, mit den Kobolden zu verhandeln." Der Frostzwerg nickt leicht, denn etwas besseres fällt ihm als Antwort nicht ein. Er weiß nichts von Kobolden, doch ist ihm klar, dass dies im Moment die falsche Antwort ist.
"Er hat ein Pferd. Und eine Menge Gepäck", wirft der Halbnarg plötzlich ein, der als einziger noch neben ihnen stehengeblieben ist und erneut wünscht sich Dror, dem Wachposten nie begegnet zu sein, der ihn mit seinen Kommentar, bereits wieder in Erklärungsnöte bringt.
"Ein Pferd?", fragt die Anführerin überrascht und ihre Augen verengen sich misstrauisch, "ich habe noch nie einen Zwerg reiten sehen?"
"Die Zeit war knapp", ist das einzige, was dem Baumeister als sinnvolle Antwort darauf einfällt.
"Es wird nicht einfach sein es mitzunehmen", antwortet die Frau mit einem Stirnrunzeln, "ihr solltet es so bald wie möglich holen."
"Ausserdem", sie nimmt noch einmal das Amulett in die Hand, "sind es vier Kerben. Das macht zwei Personen, wenn der Esel von Gastwirt nicht euer Pferd mitgezählt hat."
Was soll ich darauf antworten, fragt sich Dror. Wenn ich verrate, dass sich Selket noch dort oben befindet, bringe ich auch noch sie in Gefahr. Als ob es nicht schon reichen würde, dass ich anscheinend diesen Gesetzlosen ausgeliefert bin. Der Frostzwerg versucht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er angestrengt überlegt, doch er weiß, dass er umso verdächtiger wirkt, je länger er mit einer Antwort wartet. Aber ich kann sie auch nicht ohne Herbstnebel hier zurücklassen. Abgesehen davon bin ich nicht mal sicher, ob er überhaupt ohne seine Herrin mitkommen würde. Das würde sowieso alles auffliegen lassen. Dror seufzt innerlich, als er sich entschieden hat. Ich hoffe nur, ich kann es ihr irgendwie erklären, denkt er, sich daran erinnernd, wie widerstrebend, die Elbe überhaupt den Weg zu diesem Unterschlupf eingeschlagen hatte. Dann antwortet er: "Das ist richtig. Wir sind zu zweit gereist."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 03. Aug. 2005, 23:23 Uhr
Als die Drillinge Dror gemeinsam mit ihrer hochgewachsenen Anführerin fort bringen, wartet Selket einige Augenblicke, bevor sie ihnen in den schmalen, dunklen Gang folgt. Die Gruppe fühlt sich sicher und bewegt sich nicht gerade geräuschlos vorwärts, sodass die Elbe ihre Stimmen und Schritte überdeutlich vor sich vernehmen kann und in gebührendem Abstand nachgehen kann, ohne entdeckt zu werden. Sie folgt der kleinen Gruppe so lautlos wie möglich. Doch als der Gang an einem Treppenabsatz endet, bleibt der Elbe nichts anderes übrig, als zurückzubleiben und sich in den Schatten des Durchgangs zu verbergen, während sie angespannt zusieht, wie Dror von seinen Begleitern die Stufen hinab geführt wird. Ihr Blick schweift unruhig umher und erkundet eingehend das unterirdische Gewölbe, welches sich nun vor ihrem Auge erstreckt. Mehrere Gänge, die vermutlich jenem, in dessen Zugang sie sch gerade verbirgt, sehr ähnlich sind, gehen von der großen Höhle ab. Und soweit Selket dies erkennen kann, scheint sich der größte Durchgang in unmittelbarer Nähe eines unterirdischen Flusslaufes zu befinden, welcher von einem Wasserfall gespeist wird, dessen Gurgeln beständig von den Höhlenwänden widerhallt.
Automatisch blickt die Elbe zu besagtem Wassersturz hinüber. Auf der anderen Seite befindet sich ein höher gelegener Gang, zu dem eine Treppe hinaufführt. Vermutlich erreicht man durch diesen Gang einen zweiten Zugang zu diesem Gewölbe, sagt sich die Heilerin und sieht sich weiter um. Einen Moment lang richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf ein weißes Tuch, welches offenbar einen weiteren Zugang verhüllt, doch dann lenkt sie ihren Blick rasch auf die vier Feuer, die am Boden der Höhle entzündet wurden und betrachtet die fünf Gestalten, welche sich an ihren Flammen wärmen.

Dass es sich bei der einzigen Frau in der Runde um eine Bardin handelt, legt die auffällige Gewandung rasch nahe, aber Selket bleibt keine Zeit, um großartig darüber nachzudenken, denn gerade wird Dror von seinen Begleitern zu den Feuern geführt und die Elbe kann die Stimmen der Drillinge vernehmen. »Wir haben einen … Gefangenen gemacht. Er wollte … unsere Kisten klauen.« Neun, stellt die Elbe besorgt fest. Aufmerksam versucht sie mitzubekommen, was unten am Grund der Höhle gesprochen wird. Das Rauschen des Wassers sowie die räumliche Distanz machen es ihr jedoch trotz ihrer elbischen Sinne nicht gerade leicht jedes einzelne Wort genau zu verstehen. Aus diesem Grund muss sie besonders genug zuhören, um mitzubekommen, was gesprochen wird und die Entwicklung der Unterredung gefällt ihr ganz und gar nicht, verläuft sie doch alles andere als besonders herzlich. Angespannt umklammert sie den Knauf ihres Schwertes und muss mehrmals ganz schön an sich halten, um sich nicht durch eine unbedachte Reaktion zu verraten. Zwei Männer, die stark an Schiffer erinnern, mischen sich kurz in das Gespräch ein und obwohl Selket nicht verstehen kann, was sie sagen, läuft ihr doch ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Den harten, nordischen Akzent ihrer Stimmen würde sie immer und überall erkennen. Einen Augenblick lang muss sie sich abwenden und lehnt sich keuchend gegen die raue Felswand des Ganges, während sie mehrmals tief durchatmet und darauf wartet, dass sich ihr Herzschlag wieder ein wenig normalisiert und ihr Körper zu zittern aufhört. Es dauert eine Weile bis sie sich wieder beruhigt hat.

Gerade noch rechtzeitig dreht sie sich erneut um, denn die hell gewandte Dame, die sich als „Eiskönigin“ vorstellt, gesellt sich just in diesem Augenblick gemeinsam mit ihrer Leibwache zu der Runde. Nun steht endlich fest, wer diese Gruppe aus Gaunern und Halunken, an die der Frostzwerg und Elbe hier geraten sind, tatsächlich führt. Aus dem Augenwinkel bemerkt die Heilerin eine Bewegung an der zweiten Treppe und gleich darauf tritt ein weiterer Neuankömmling an die Feuer heran. Der Wachposten, vermutet Selket, auch wenn sie sich nicht ganz sicher ist. Gebannt verfolgt sie, was als nächstes geschieht und auch ohne dass sie jedes einzelne Wort versteht, wird ihr ziemlich rasch klar, dass sich die Lage des zwergischen Baumeisters von Mal zu Mal immer weiter verschlechtert. Nervös schweift ihr Blick umher, während sie fieberhaft überlegt, wie sie dem Frostzwerg helfen könnte, doch bei dieser Überzahl an Gegnern – Zwölf. - bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als sich weiterhin verborgen zu halten. Dann kommt die Eiskönigin auf irgendwelches Silber zu sprechen und Selket hat fast schon das Gefühl, dass nun endgültig alles aus ist, als der Baumeisterin der weiß gewandeten Dame auf einmal das Amulett präsentiert, welches mit dem Symbol Liktik Schnellfingers versehen ist. Plötzlich ändert sich die Situation schlagartig. Doch die Gefahr ist immer noch nicht gebannt, denn der Wachposten lenkt das Gespräch unvermutet auf Herbstnebel. Aber auch das kann Dror plausibel erklären. Die letzte Bemerkung der Eiskönigin lässt der Elbe jedoch den Atem stocken. »Außerdem sind es vier Kerben. Das macht zwei Personen, wenn der Esel von Gastwirt nicht Euer Pferd mitgezählt hat.« Fassungslos hält Selket den Atem an, sieht ahnt, was nun unweigerlich folgen wird, folgen muss. »Das ist richtig«, erklärt Dror bedächtig. »Wir sind zu zweit gereist.«

Unbewusst drückt sich die Elbe noch etwas dichter an die Wand des Felsganges auch wenn sie eigentlich sicher ist, dass ihre Anwesenheit – Den Göttern sei Dank! - nach wie vor unbemerkt geblieben ist. Was nun?, fragt sie sich. Ihre Gedanken wirbeln wild durcheinander. Jetzt einfach so aus ihrem Versteck hervorzukommen und die Treppe hinabzuspazieren hält sie für keine gute Idee, wer kann schon sagen, wie die Eiskönigin und ihre Mannen diesen Umstand auslegen würden. Gewiss nicht zu unseren Gunsten, sagt sich die Heilerin und blickt nervös hinab in die Höhle, wo die Eiskönigin bereits zu einer Erwiderung ansetzt. Viel Zeit bleibt der Elbe nicht mehr, um eine Entscheidung zu fällen. Herbstnebel, ich muss zurück. Wenn Dror ihnen nicht gerade überzeugend erklärt, dass sich unsere Wege aus unerfindlichen Gründen getrennt haben – Die Elbe verzieht den Mund zu einem schmalen, ironischen Lächeln. -, werden sie gewiss jemanden nach mir schicken. … Entweder durch diesen oder den anderen Gang., schießt es ihr durch den Kopf. Aber ich brauche Zeit um zum Lager zurückzukehren. Wieder lässt sie ihren Blick unruhig umherschweifen. Schließlich bleibt er am Gesicht des Frostzwerges hängen, auf welchem das Feuer ein Spiel aus Licht und Schatten zurücklässt. Sie zögert einen Moment lang. Es ist riskant, aber letztlich bleibt ihr nichts anderes übrig. Nur für Sekunden löst sie sich aus den Schatten, um dem Frostzwerg ein Zeichen zu geben. Viel Zeit dafür bleibt ihr nicht und sie ist nicht einmal sicher, ob er es auch bemerkt hat. Alles was ihr jetzt noch tun bleibt, ist zu hoffen, dass der Frostzwerg sie tatsächlich gesehen hat und die richtigen Schlüsse aus ihrem Verhalten zieht, während sie bereits so rasch wie möglich in der Finsternis durch den schmalen Gang eilt, um in den Lagerraum zurückzukehren. Hoffentlich reicht mein Vorsprung, um unser Lager vor ihnen zu erreichen, denkt sie bei sich.

Als sie das Kellergewölbe endlich erreicht, ist sie ziemlich außer Atem. Früher hätte mir das nichts ausgemacht, sagt sie sich, widerspricht sich im nächsten Moment aber sogleich selber. Früher warst du auch nicht schwanger, Feuerauge. Die Elbe streicht sich leicht frustriert einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, eilt zur Holztreppe und hastet die Stufen hinauf. Zumindest hat sie das vor, als eines der morschen Bretter unter ihren Füßen nachgibt. Sie bricht mit einem Fuß durch das Holz, welches laut knirschend nachgibt und … bleibt stecken. Fluchend versucht die Heilerin sich wieder zu befreien, was ihr jedoch erst nach zwei oder drei schmerzhaften Versuchen gelingen will. Schnell versucht sie, ob sie auftreten kann und vergewissert sich oberflächlich, dass soweit alles in Ordnung ist, für mehr hat sie in diesem Moment keine Zeit. Stattdessen hastet Selket eilends weiter durch das Unwetter zurück in ihr schützendes Lager, wo Herbstnebel bereits ungeduldig und ziemlich unruhig mit den Hufen scharrend auf ihre Rückkehr wartet. Das Schneetreiben ist derweil wieder stärker geworden und die Heilerin hat ganz schon mit dem tosenden Sturm zu kämpfen. Immer noch vollkommen außer Atem zieht sie sich endlich in die vor Wind und Unwetter halbwegs schütztende Burgruine zurück. Der Griff ihres Schwertes entgleitet ihr und die Waffe fällt dumpf zu Boden. Eine Schneewehe, die sich im Eingangsbereich der Ruine aufgebaut hat, dämpft das Geräusch der aufschlagenden Klinge merklich.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 14. Aug. 2005, 12:52 Uhr
"Zu zweit? Warum habt ihr das nicht gleich gesagt?" Die weißgekleidete Frau ist verärgert, "Wo ist euer Begleiter?"
"Sie muss noch oben sein, in der Burg", antwortet Dror, doch die Miene der Eiskönigin verfinstert sich weiter. "Wir haben keine Zeit, um lange Rätselraten zu spielen. Es wäre gut für euch, wenn ihr ein wenig mehr selbst erzählen würdet, sonst werde ich Sallor hier bitten euch gesprächiger zu machen."

Während die Frau spricht, beobachtet Dror eine Bewegung ganz oben am Ende des Treppenaufgangs, den er hinabgestiegen ist. Für einen kurzen Moment erblickt er Selket, die ihm andeutet ihr etwas Zeit zu verschaffen, bevor sie wieder in den Schatten verschwindet. So beginnt er etwas gesprächiger zu werden. Für einen Moment denkt ernach, doch dann beginnt er einfach seine letzte Antwort noch etwas auszuführen: "Wir wurden gestern von dem Schneesturm im Wald überrascht und haben deshalb in den Resten der Burg unser Lager aufgeschlagen. Ich denke sie wird dort am Feuer sein." Er versucht sich nicht allzuweit von der Wahrheit zu entfernen. Immerhin konnte es passieren, dass Selket ebenfalls befragt wurde, bevor er Zeit hatte, sie über alles zu informieren. "Wir dachten, wir müssen noch weiter in die Berge, um auf euch zu treffen. Die Beschreibung von ... Minkin passte zwar, aber ich wollte sichergehen. So habe ich euch reden lassen, um zu erfahren, ob ihr die seid, die ihr vorgebt zu sein."
Der Baumeister hatte bewußt langsam gesprochen und wartete nun einen Moment, um die Reaktion der Eiskönigin abzuwarten. Sie scheint mit seiner Erlärung zumindest halbwegs zufrieden zu sein.
"Ich kann hinaufgehen, um ihr Bescheid zu geben und damit wir unser Gepäck hinunterbringen können", fährt er deswegen fort, "aber das Wetter oben ist schlecht. Durch den Schnee sieht man kaum die Hand vor Augen. Es ist wohl besser noch ein oder zwei Tage abzuwarten."
"Das Wetter ist mir egal. Es geht heute los", antwortet sie ihm, "jetzt wo ihr da seid, gibt es keinen Grund mehr zu warten."
Sie wendet sich zu den Feuern: "Munda, bring mit den Drillingen die Kisten herunter. Und du Rodenor, geh mit..." Sie zögert und blickt sich zu dem Frostzwerg mit hochgezogenen Augenbrauen um. Für einen Moment überlegt der Baumeister, ob er einen falschen Namen nennen soll, doch dann entscheidet er sich dagegen, denn es würde nur noch mehr Probleme bereiten.
"Dror, Dror Silberbart", antwortet er deshalb. Die Eiskönigin schaut wieder zu dem Mann, der gelangweilt ein kleines Messer auf dessen Spitze balanciert. "Geh mit ihm, um sein Habe zu holen."
"Ich werde auch mitgehen", meldet sich der Mann neben ihm.
"Wie du willst, Bardo. Aber beeilt euch", antwortet die Anführerin der Gruppe. Bevor sie sich jedoch wieder zurückzieht, weist sie auch die beiden anderen Männern an: "Timmitt und Crimp, bereitet alles für die Abfahrt vor. Ich möchte heute noch ein gutes Stück vorankommen." Dann verschwindet sie mit dem schweigsamen Begleiter an ihrer Seite wieder in ihrem abgetrennten Quartier.

"Lass es hinter uns bringen", fordert der Messernarr, zu dem Frostzwerg gewandt, "ich will nicht länger als nötig dort oben in der Kälte verbringen."
So geht Dror voran und die beiden Männer folgen ihm. Der Baumeister hofft, dass Selket genug Zeit hatte, um zurück zu ihrem Lager zu gehen und dies auch getan hat. Er weiß, dass ihm seine Geschichte nicht vollständig abgenommen worden ist, und das lediglich das Amulett ihm Glaubhaftigkeit verliehen hat. Es würde das Vertrauen dieser Schmuggler in ihn sicherlich nicht fördern, wenn die Elbe jetzt nicht dort anzutreffen ist, wo er sie vermutet. Er ist sich nicht ganz sicher, ob er ihr Zeichen richtig verstanden hat, doch sollte ihr klar sein, dass sie gegen eine Gruppe von zwölf bewaffneten Personen wenig ausrichten können.
Als sie den Keller des Turmes erreichen, stellt der Baumeister fest, dass die untersten Stufen der hölzernen Treppe geborsten sind. Ich bin mir sicher, dass Selket vorhin ohne Probleme hinabsteigen konnte, als muss es erst vor kurzem passiert sein. Für einen Augenblick hält er den Atem an, doch seine Begleiter scheint die Veränderung nicht aufzufallen.

Nachdem sie hinaufgestiegen sind, gelangen sie zu den Ruinen des Palas. Als Dror sie betritt, steht Selket in der Nähe des Feuers, doch der Zwerg kann noch die Anstrengung in ihrem Gesicht erkennen und ist sich sicher, dass sie noch nicht lange hier ist. Die beiden Männer hinter ihm treten schliesslich auch näher heran und schauen sich um. Der Mann mit dem Narbengesicht verharrt plötzlich in der Bewegung und verfehlt beinahe das Messer, welches er beim Gehen von einer Hand in die andere geworfen hat. "Na holla, wen haben wir denn da?", fragt er und betrachtet die Elbe von oben bis unten. Die Heilerin dreht sich zu ihnen um, und Dror hofft, dass sie in der Höhle zumindest soviel gesehen hat, dass sie jetzt keine Fragen stellt.
"Das sind zwei Männer von der Gruppe der Eiskönigin", sagt er als wäre es selbstverständlich, "sie haben ihr Lager in einer Höhle unter der Burg. Wir sollen unser Gepäck und Herbstnebel hinabbringen, damit wir die Reise in den Wyrmschwanz beginnen können."
Einen Augenblick fürchtet der Baumeister, die Elbe könnte sich weigern oder eine weitere Erklärung fordern, doch sie nickt nur. Er ist erleichert und dreht sich halb zu den beiden Schmugglern um. "Das ist Selket. Wir sind zusammen gereist."
"Eine feine Reisebegleitung habt ihr euch da ausgesucht, Zwerg", antwortet Rodenor, "aber beeilt euch mit dem Zusammenpacken.  Bevor sich die spitzohrige Dame unterkühlt, will ich sie so schnell wie möglich hinunter ins Warme bringen. " Er grinst und beginnt, dass Messer in seiner Linken, um seine Handfläche wirbeln zu lassen, während er ab und zu einen Blick zu der Elbe wirft.

Im Gegensatz zu seinem Kumpan zuckt der Mann in der Lederrüstung kurz zusammen, als er das Gesicht der Heilerin erblickt. Er schweigt, doch läßt er seinen Blick immer wieder unruhig zu ihrer Narbe gleiten. Während Dror und Selket beginnen die Packtaschen zu füllen und sie Herbstnebel am Rücken zu befestigen, läuft er ungeduldig auf und ab, sie, die Hand an seinem Schwert, im Auge behaltend.
Dem Baumeister und der Heilerin bleibt so nicht viel Zeit, um miteinander zu reden. Nur manchmal, wenn sie gemeinsam eine Tasche füllen, gibt es eine Möglichkeit, um sich ein paar Worte zuzuflüstern.
Der Frostzwerg würde der Elbe gerne sagen, das ihm sein unvorsichtiges Verhalten, welches sie in diese Situation gebracht hat, leid tut, doch müssen im Moment wichtigere Dinge geklärt werden. "Sie glauben, wir können ihnen bei einem Handel mit Kobolden helfen", flüstert er ihr zu, das nächste Mal "Sie wollen noch heute in den Wyrmschwanz aufbrechen." und schliesslich "Vielleicht ist es am besten mit ihnen zu reisen und weiter im Gebirge versuchen zu verschwinden."
Viel mehr Möglichkeiten bleiben ihnen nicht sich auszutauschen, bevor sie reisefertig sind. "Wo gehen wir hinab?", fragt die Elbe zu den beiden Schmugglern gewandt und Rodenor antwortet: "ein kurzes Stück hinab im Wald gibt es einen Eingang zur Höhle. Dort kann auch die Mähre mit hinabsteigen. Aber frage mich sowieso, warum ihr sie nicht einfach laufen lasst."
Ohne eine Antwort abzuwarten geht er voran und dreht sich nicht noch einmal nach seinen Begleitern um. Selket folgt ihm mit Herbstnebel an ihrer Seite, während Dror und Bardo den Abschluss bilden.

Die Gruppe tritt wieder hinaus in das Schneegestöber und kommt schon bald zur Waldgrenze, doch auch unter den Bäumen findet man nun kaum Schutz da Chôl die weiße Pracht durch die kahlen Äste hindurchjagt.

Auf dem Weg durch den Wald fällt Dror etwas zurück, da sein linkes Bein ihm, wie schon in den letzten Tagen, das Gehen erschwert. Die Schmerzen nehmen zu, als er versucht das Tempo der anderen zu halten, so dass er den Anschluss zu der Elbe und dem Messernarr verliert.
Bardo bleibt hinter ihm, wahrscheinlich um ihn im Auge zu behalten, doch dann schliesst er zu dem Baumeister auf.
Er beginnt leise zu sprechen, den Blick unverwandt nach vorn gerichtet. "Zwerg, ich habe genug erlebt, um zu sehen, dass du nicht der bist, auf den wir gewartet haben. Du siehst nicht aus, wie ein Schmuggler und du sprichst auch nicht wie einer. Deine Antworten hätte jeder geben können, um seine Haut zu retten."
Bardo scheint eine Antwort von ihm zu erwarten, doch weiß der Baumeister nicht, was er sagen soll. Da sein Begleiter recht hat, kann er ihm kaum überzeugend widersprechen, also versucht er es gar nicht erst. So fährt der Mann schliesslich fort: "Ich weiß nicht, wie ihr an dieses Amulett gelangt seid, also habt ihr wohl das Glück vorerst mit uns zu reisen, doch seid euch gewiss, dass ich euch im Auge behalte."
Er blickt grimmig zu dem Baumeister hinab, doch da der immer noch nichts zu sagen hat, wendet er sich ab und läßt er sich wieder etwas zurückfallen.

Nachdem sie wenige Hundertschritt gegangen sind, gelangen sie an den Rand einer schmalen Schlucht, die sich mitten im Waldboden vor ihren Füßen öffnet. Vor langer Zeit ist hier vielleicht mal ein Hohlraum eingebrochen, denkt sich der Baumeister, denn das Loch im Waldboden scheint nicht mehr als hundert Schritt weit zu reichen.  Nur an einer Stelle ist ein Stück an der Felswand flach genug, um in mehreren Bögen hinunterzuführen, so dass auch Herbstnebel hinabsteigen kann.
Am Boden erreichen, scheint sie nichts weiter, als schwarzgraues Gestein zu erwarten, doch verschwindet der Mann mit dem Narbengesicht plötzlich an einer Stelle, an der Dror lediglich eine Felsspalte gesehen hat. Als er nach einiger Zeit ebenfalls hinabgestiegen ist und an die Stelle kommt, erkennt der Frostzwerg jedoch, dass ein schmaler Durchgang zu einer Höhle führt, die sich schliesslich zu einem Gang verengt.

Selket und der Mann mit dem Narbengesicht sind bereits weiter vorausgegangen. Als sie in die Höhle treten, wartet der Schmuggler einen Moment, um die Heilerin aufschliessen zu lassen.
Während sie weitergehen, sagt er zu ihr: "So wie es aussieht, werden wir wohl die nächsten Tage zusammen unterwegs sein." Er grinst, auch wenn es in der Dunkelheit kaum zu erkennen ist. "Wenn es euch in den Nächten zu kalt werden sollte, ist immer ein Platz unter meiner Decke frei." Er rückt näher an sie heran, um ihr ins Ohr flüstern zu können. "Mich stört eure Narbe nicht, ich hab ja selbst genügend." Er wendet den Kopf wieder nach vorn. "Die halbe Portion hat ganz vergessen zu erwähnen, mein Name ist Rodenor. Ich hatte noch nie ein Spitzohr. Es würde mich interessieren, ob ihr auch so feurig seid, wie eure Haare?"
Während der letzten Worte legt er seine rechte Hand auf den Rücken der Elbe, fest genug, um nicht nur ihre Gewänder, sondern auch ihren Körper zu spüren und läßt sie langsam hinunter zu ihrem Hintern gleiten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 19. Aug. 2005, 19:15 Uhr
Die Berührung des narbengesichtigen Mannes brennt wie Feuer auf ihrem Rücken, während sie seine Worte gleichzeitig frösteln lassen. »Die halbe Portion hat ganz vergessen zu erwähnen, mein Name ist Rodenor. Ich hatte noch nie ein Spitzohr. Es würde mich interessieren, ob ihr auch so feurig seid, wie eure Haare?« Als der Mann seinen Namen nennt, kann die Elbe den aufkommenden Brechreiz gerade so unterdrücken. Ihre Hände verkrampfen sich zu Fausten, ihre Fingerknöchel zeichnen sich spitz unter der angespannten Haut ab. Wie immer trägt sie ihren kleinen Dolch gut versteckt, aber jederzeit griffbereit bei sich und für den Bruchteil weniger Sekunden verspürt sie einen fast unwiderstehlichen Drang ihn Rodenor einfach ohne Vorwarnung in die Seite zu stechen. Roden – Rodenor. Die beiden Namen klingen so unglaublich gleich und die Situation ist auf so eigentümliche Weise ähnlich, dass sie sich mit einem Schlag um ungezählte Jahre zurück in die Vergangenheit versetzt fühlt. Herbstnebels Hufschlag wird zu jenem der Tiere im Rappentanz und auf einmal hört sie wieder die vertrauten, verhassten Geräusche und Stimmen …
… Rodenors Hände werden indes zu jenen der Männer der Gewitterhütte: Zudringlich, gierig, widerwärtig, kurz gesagt unerträglich. Ruckartig bleibt die Elbe stehen, während Herbstnebel noch ein Stück weiter trabt und dann ebenfalls Halt macht. Selket dreht sich halb, wobei sie zulässt, dass der Schmuggler sie weiterhin berührt. Ganz dicht steht sie vor ihm, während sie sich langsam vorbeugt, die Lippen bereits leicht zu einer Antwort geöffnet. Die Dunkelheit verbirgt die Wut und den Hass, der in ihrem Auge flammt. Ihre Stimme klingt ungewohnt sanft und süß, ihre Worte dagegen sprechen eine andere Sprache. „Ich denke, Ihr solltet Eure Neugierde und ein wenig zügeln“, wispert sie Rodenor leise ins Ohr. „Und Euch lieber auf unser aller Vorhaben konzentrieren, oder was meint Ihr?“ Mit ihrer Linken schiebt sie seine Hand bestimmt beiseite …

… im selben Augenblick spürt die Empathin seinen aufwallenden Zorn. Der Schmuggler will eine Bewegung machen, die ihn noch dichter an sie heranbringt, hält jedoch sogleich abrupt inne. Trotz der Dunkelheit ringsumher, kann die Heilerin dank ihrer geschärften elbischen Sinne die Überraschung und auch den Schrecken auf seinem Gesicht relativ gut erkennen. Genugtuung macht sich in ihr breit und ein böses Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen. Gibt es eigentlich irgendetwas, was Männer wie Roden und Rodenor mehr fürchten als dies?, fragt sie sich gehässig. In ihrer Rechten, von dem narbengesichtigen Mann bis eben noch unbemerkt, hält sie ihren Elbendolch mit seiner Klinge aus Obsidian. „Wagt es mich noch einmal anzufassen und Ihr werdet es bis über Euer erbärmliches Ende hinaus bereuen“, zischt sie finster, „das verspreche ich Euch!“ Der Hass in ihrer Stimme ist unverkennbar. Erst als der noch immer vollkommen überrumpelte Mann etwas stammelt, was wie ein Versprechen – Von einem Ehrenwort geht die Elbe aus verständlichen Gründen nicht aus. – klingt, lässt sie die Klinge, ganz berechnend unterhalb seiner Gürtellinie platziert, wieder sinken. In dem sicheren Bewusstsein, sich gerade gewiss alles andere als einen treuen Freund geschaffen zu haben, wendet Selket sich ab. „Lasst und weitergehen“, erklärt sie kühl. Mittlerweile haben auch Dror und sein Begleiter wieder zu ihnen aufgeschlossen und der zweite Schmuggler drängt darauf, dass sie sich ein wenig beeilen, da die Eiskönigin gewiss schon ungeduldig auf sie warten dürfte. Es herrscht angespannte Stille. Kaum ein Wort wird gesprochen und Selket fragt sich, wie ihre erste direkte Begegnung mit der Schmugglerkönigin wohl ausfallen mag. Ja, die Elbe spürt sogar so etwas Neugierde und Interesse, trotz der offensichtlichen Gefahr, in welcher Dror und sie sich im Moment befinden.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 29. Aug. 2005, 22:30 Uhr
Erst als die Elbe ihre Klinge wieder hat sinken lassen, gelingt es Rodenor wieder richtig Luft zu holen und die Zornesröte schiesst ihm ins Gesicht und mit ihr verschwindet auch die Überraschung, die ihn für einen Moment gelähmt hatte. Als Selket sich abgewendet hat, blitzt plötzlich in seiner Hand eine Klinge auf. "Du Miststück", zischt er und greift nach dem Arm der Heilerin, "glaubst du, du kannst ausgerechnet mir mit deinem Elbenmesser Angst einjagen. Ich werde..."
Noch bevor der narbengesichtige Mann die Möglichkeit hat, Selket zu sich heranzuziehen, wird ihm sein Dolch mit solcher Wucht aus der Hand geschlagen, dass er vor Schmerzen aufschreit, die Elbe sofort losläßt und zwei Schritte zurücktaumelt die verletzten Finger fest an den Körper gepreßt.
"Hast du den Verstand verloren?" dröhnt Bardos Stimme in dem engen Gang. "Ob Gefangene oder Kameraden, du wirst sie nicht anrühren, bis Sie darüber entschieden hat, was mit ihnen passiert."
Der Messernarr flucht und schaut ihn verärgert an, während er langsam versucht, seine Finger wieder zu bewegen. Dann greift er unter den Blicken des anderen nach seinem am Boden liegenden Dolch, um ihn wieder einzustecken.
"Geh voraus und gib Bescheid, das wir gleich da sind", fordert ihn Bardo auf.
"Du hast mir gar nichts zu sagen" knurrt Rodenor, doch setzt er sich etwas schneller in Bewegung, um vorauszueilen.

Dror hatte nicht erkennen können, was zu dem Streit zwischen Selket und dem Schmuggler geführt hat. Doch da er sich erinnert, wie ruhig die Heilerin geblieben ist, als sie in Vînnar versuchten, Relthan Merevan davon zu überzeugen, ihnen die Karte zu zeichnen, glaubt er nicht, dass die Elbe ohne guten Grund den Hass Rodenors auf sich ziehen würde. Fragend schaut er zu ihr hinauf, doch ist ihr Blick starr geradeaus gericht, in die Richtung, in die ihr Angreifer verschwunden ist.

Gemeinsam gehen sie weiter und es dauert nicht lange, bis ein heller Schein weiter vorn, in Richtung des Gangs, zeigt. Der gelbrote Schein wird mit jedem Schritt größer und schliesslich erkennt der Frostzwerg, dass es sich um den zweiten Ausgang handeln muss, den er bereits in dem unterirdischen Versteck gesehen hat. Dann ist auch das Rauschen des Wasserfalls zu hören, der wie ein Vorhang über einem Felsvorsprung herabfällt.
Als der Weg endet, führt auch an dieser Felswand ein schmaler Weg entlang, der in Windungen hinab führt. Auf dieser Seite der Höhle ist der Boden weniger eben. Hier und dort ragt rauer Stein hervor und auch das Deckengewölbe über ihnen gleicht eher dem Maul eines Raubtiers, dessen spitze Zähne langsam abbrechen.
Vorsichtig führt die Heilerin Herbstnebel den Pfad hinunter, der dem Hengst nur wenig Bewegung erlaubt, doch schliesslich sind sie unten angekommen und überqueren den Fluss, welcher die Höhle teilt, über einen hölzernen Steg, um die leuchtenden Feuerstellen zu erreichen.

Im Lager der Schmuggler herrscht bereits Aufbruchsstimmung. Der Halbnarg und der dunkelhäutige Mann von den Sommerinseln, Sallor, tragen eine Kiste an den Ankommenden vorbei und als der Frostzwerg ihnen mit dem Blick folgt, sieht er erstaunt, wie sie plötzlich hinter dem hinabfallenden Wasser verschwinden. Die Bardin hat ihr Musikinstrument zur Seite gelegt und packt Töpfe, Becher, Teller und all die anderen Küchenutensilien zusammen, die, gemeinsam mit den Essensvorräten, unter einer Plane liegen. Rodenor ist nirgends zu sehen, doch ist sich Dror sicher, dass er Zeit genug hatte, die Anführerin über das Geschehene zu informieren. Die Eiskönigin rollt sorgfältig die Felle und Decken zusammen, die den Schmugglern als Nachtlager dienen, um sie zu handlichen Bündeln zusammenzubinden. Doch Herbstnebels Hufe sind in dem großen Raum schon von weitem zu hören und so erhebt sie sich und dreht sich um, als Selket mit dem Hengst den Fluss überquert. Stirnrunzelnd und mit einem abschätzendem Blick betrachtet sie die Heilerin, während diese näherkommt und schliesslich, gemeinsam mit dem Frostzwerg, vor ihr stehenbleibt. Für einen Moment herrscht Schweigen, während sich die beiden Frauen gegenüberstehen, bis Dror schliesslich das Wort ergreift. "Also das ist Selket, meine Begleiterin", sagt er zu der Eiskönigin gewandt, "und das ist ..." Er überlegt einen Moment, wie er der Elbe die Anführerin der Schmuggler am besten vorstellen soll, doch nimmt diese das selbst in die Hand.
"Aridia." Sie schaut kurz zu Herbstnebel, der neben seiner Herrin steht, wendet sich dann jedoch wieder mit ernster Miene der Heilerin zu. "Ich dulde es nicht, dass sich die Mitglieder dieser Gruppe gegenseitig bedrohen." Ihre Stimme macht klar, dass sie im Moment keine Erklärungen hören will. "Ihr seid neu und deswegen will ich dieses Mal darüber hinwegsehen, doch seht euch vor, wen ihr mit euren Messern bedroht. Wir werden sicherlich, gerade auf dem Rückweg nach Vînnar, noch genügend Gelegenheit haben, unsere Fertigkeit mit den Klingen zu testen."
Sie blickt von Selket zu Dror und dann zu Bardo, um sicher zu gehen, dass sie verstanden haben und scheitn die Sache dann für erledigt zu halten. Sie wendet sich an den Schmuggler und sagt: "Bardo? Munda hat euch gesucht. Ich weiß nicht genau, was sie will, aber ich glaube, ich habe sie zuletzt in Richtung der Boote laufen gesehen. "Ihr", sieht schaut die Elbe und den Zwerg dabei an und zeigt auf die Bardin, "ihr helft Leonette beim Einpacken der Küche."
Der Baumeister nickt und möchte sich, ebenso wie die Heilerin, in die gezeigte Richtung begeben, als Aridia sie noch einmal anspricht. "Selket, bleibt noch einen Moment", fordert sie die Elbe auf. Die beiden Reisenden bleiben stehen und auch Dror wartet auf das, was die Eiskönigin ihnen noch zu berichten hat. Doch scheint diese nicht sprechen zu wollen, solange er noch in der Nähe ist, so dass er, nach einem kurzen Blick zu Selket, allein zu der buntgekleideten Frau einige Schritte entfernt weiterläuft.

Die Bardin ist die erste der Gruppe, die den Frostzwerg nicht unfreundlich willkommen heisst. Sie wischt sich die fettigen Hände an ihrer blauen Hose ab, um ihm dann die Rechte entgegen zu strecken. "Ich bin Leonette vom Laubhain, naja jedenfalls nenn ich mich so, auch wenn ich noch nicht Gelegenheit hatte, meinen Namen an irgendwelchen Höfen bekannt zu machen. Wer seid ihr, Herr Zwerg?"
"Ich heiße Dror Silberbart. Ich soll euch beim Zusammenräumen helfen", brummt Dror, während er einen Blick zurück zu Selket wirft.
"Oh, das ist fein", antwortet ihm Leonette, während sie Schinken und Hartwurst, sowie Kisten mit Mehl und Töpfe mit Honig verstaut, "zu zweit geht es doch um einiges einfacher. Nur weil ich es nicht ertrage, das angebrannte Essen der anderen hinter zu würgen und deshalb lieber alles selbst mache, denken alle, ich bin auch allein dafür verantwortlich, es zusammenzupacken. Dabei haben sie ja alle was davon, wenn ich nicht die Hälfte vergesse oder uns später nichts ins Wasser fällt. Wo kommt ihr denn her, Herr Zwerg?"
"Aus Vînnar", antwortet der Baumeister immer noch kurz angebunden, als er eine Leinensack aufhält, damit die Bardin ihn besser füllen kann.
"Vînnar? Aber da gibt es doch keine Zwerge? Nein, ich meine so richtig. Eure Heimat."
Dror fragt sich, ob es gut ist mehr über sich zu erzählen. Doch er will auch nicht das erste freundliche Mitglied der Schmugglerbande gleich wieder verstimmen. Ich muss nur aufpassen, alles so zu erzählen, dass ich schliesslich hier als Schmuggler gelandet bin, stellt er fest.
"Aus Immerfrost, ganz oben im Norden", sagt er deshalb wieder nur knapp, doch Leonette scheint das vorerst zu genügen, als sie beginnt von den großen Balladen der Immerfroster zu schwärmen.

Während die Bardin und der Frostzwerg sich unterhalten, ist Aridia mit Selket einige Schritte weitergegangen, um ihre angefangene Arbeit fortzusetzen. Für einen Augenblick scheint sie die Elbe hinter sich vergessen zu haben, als sie gedankenverloren ein weiteres Bündel aus Wolfsfellen zusammenrollt und festschnürt. Dann erhebt sie sich, um es zu den anderen zu werfen und tritt etwas näher an die Heilerin heran. Sie blickt sich kurz um und senkt dann ihre klare Stimme etwas, während ihre graublauen Augen in das einzelne ihr gegenüber blicken.
"Ich weiß, dass Rodenor ein Schwein ist," sagt sie und wartet einen Moment, um zu sehen, wie die Elbe darauf reagiert, "doch er ist einer der Besten, wenn es darum geht, mit dem Messer umzugehen und das hilft uns oft genug zu überleben. Geht ihm am besten aus dem Weg, so gut ihr könnt. Er wird seine Chance suchen, sich bei euch zu rächen, so dass niemand ihn verantwortlich machen kann. Also kommt besser nicht in eine Situation, in der ihr seine Hilfe braucht. Haltet euch besser an Bardo. Er ist misstrauisch, doch er ist loyal. Torregg wird euch sicher auch helfen, doch ihr könnt sicher sein, dass euch danach irgendein Schmuckstück fehlen wird." Sie lächelt kurz dabei und schweigt dann wieder. Sie betrachtet Herbstnebel etwas genauer, der seiner Herrin auch bis hierher gefolgt ist. Sie tätschelt vorsichtig seinen Hals und spricht dabei weiter mit Selket: "Ihr habt Glück, das wir ursprünglich vorhatten nur ein kleines Stück auf dem Fluss zu fahren und dann in den Bergen mit Mauleseln weiter zu reisen. Wir haben es nicht mehr geschafft, sie rechtzeitig zu organisieren, so dass die Kisten mit dem Futter übrig geblieben sind. Es sollte auf jeden Fall für ihn reichen." Wieder scheint sie einen Moment zu überlegen, bevor sie fortfährt: "Ich hoffe er ist ein guter Schwimmer. Es gibt zwar hier unten auch einige breitere Stellen, an denen er neben dem Fluss herlaufen kann, doch an einigen Passagen sind die Durchgänge gerade breit genug, um mit dem Boot hindurchzukommen."
Sie streicht dem Hengst über den Rücken, bis ihr Blick an den Packtaschen hängen bleibt. "Selket", spricht sie die Heilerin an, ohne sie direkt anzublicken, "die anderen mögen es nicht erkennen, bei den Lichverhältnissen hier oder sie sind einfach blind, doch ich sehe, dass ihr ein Kind unter dem Herzen tragt. Allein euer Gang verrät euch." Nun wendet sie sich doch um, und schaut in das goldrote Auge. "Und wenn ich euren Begleiter sehe, Dror, er scheint auch nicht sonderlich gut zu Fuß zu sein, was auch immer ihm widerfahren ist. Ich frage mich, was euch beide in diesem Zustand in den Wyrmschwanz treibt. Ihr sagt, ihr wurdet von Minkin geschickt, nun gut, doch wenn ich euch so sehe, würde ich vermuten, ihr seid vor irgendetwas auf der Flucht."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 03. Sept. 2005, 21:25 Uhr
Selket spricht während der gesamten Unterredung mit Aridia kein Wort, sie sagt nichts, als die Eiskönigin den Vorfall mit Rodenor kritisiert und nichts, als sie der Schmugglerkönigin schließlich alleine gegenübersteht, während Dror in einiger Entfernung der bunt gewandeten Bardin beim Zusammenpacken der Küche behilflich ist. »Ich weiß, dass Rodenor ein Schwein ist«, erklärt Aridia, wobei sie Selket eindringlich mustert und offenbar auf irgendeine Reaktion der Elbenfrau wartet, aber die Heilerin verzieht keine Miene und bleibt weiterhin stumm, einzig der Hass, der noch immer in ihrem rot glühenden Auge funkelt, spricht Bände. »Geht ihm am besten aus dem Weg, so gut ihr könnt.« Das werde ich mit Sicherheit tun, dessen könnt Ihr gewiss sein, denkt die Heilerin bei sich. »Er wird seine Chance suchen, sich bei euch zu rächen, so dass niemand ihn verantwortlich machen kann. Also kommt besser nicht in eine Situation, in der ihr seine Hilfe braucht.« Der Zorn flackert in ihr auf. Glaubt Ihr, vor solch einer Situation würde ich mich heute noch fürchten? Diese Zeiten sind lange vor bei. Sehr lange, Aridia. Sollte er mir noch einmal zu nahe kommen, dann, dass schwöre ich bei allen Göttern, werdet ihr Euch jemand anderes suchen müssen, der für Euch sein Messer schwingt, wenn es nötig ist. Weitere finstere Gedanken plagen die Elbe, Gefühle, die ewig geschlummert zu haben scheinen, sind mit einem Mal wieder da, drängen mit aller Macht an die Oberfläche und es fällt Selket schwer sie um ihres Kindes Willen so gut es eben geht unter Kontrolle zu halten. Kühl und distanziert hört sie sich an, was die Eiskönigin ihr sonst noch zu sagen hat.

Als das Gespräch auf Herbstnebel zu sprechen kommt, bricht die Elbe endlich ihr schweigen. „Es wird keine Schwierigkeiten mit ihm geben“, stellt sie klar, noch immer wirkt sie vollkommen ruhig und beherrscht. Schon will sie sich abwenden, dass sie das Gefühl hat, dass Aridia endlich alles gesagt hat, was sie zu sagen hatte, als die Schmugglerin sie doch noch überrascht, auch wenn es der Elbe gelingt, sich auch weiterhin äußerlich nicht das Geringste anmerken zu lassen und noch immer eine unbewegliche Maske zu Schau trägt. »Selket, die anderen mögen es nicht erkennen, bei den Lichtverhältnissen hier oder sie sind einfach blind, doch ich sehe, dass ihr ein Kind unter dem Herzen tragt. Allein euer Gang verrät euch. … Und wenn ich euren Begleiter sehe, Dror, er scheint auch nicht sonderlich gut zu Fuß zu sein, was auch immer ihm widerfahren ist. Ich frage mich, was euch beide in diesem Zustand in den Wyrmschwanz treibt. Ihr sagt, ihr wurdet von Minkin geschickt, nun gut, doch wenn ich euch so sehe, würde ich vermuten, ihr seid vor irgendetwas auf der Flucht.« „Nun, was wollt Ihr noch von mir?“, erwidert Selket, höflich, beherrscht und scheinbar respektvoll. „Ihr wisst, was Ihr wisst müsst, meint Ihr nicht aus? Wir sind hier und werden Euch begleiten. Was für andere Gründe uns noch in den Wyrmschwanz geführt haben mögen, kann Euch egal sein, solange wir tun, was Ihr von uns verlangt.“ Nun nimmt Ihre Stimme doch einen etwas barschen Tonfall an. „Wenn es sonst nichts mehr gibt, was Ihr mit mir besprechen wollt, dann werde ich jetzt ebenfalls beim Packen helfen“, fügt Selket noch hinzu. Es ist Ihr gleich, ob Aridia noch etwas sagen will oder nicht, was die Schmugglerin von ihrem Verhalten halten mag oder ob es sogar gefährlich ist, wie sie selbst sich gerade aufführt. Sie wendet sich einfach ab und geht zielstrebig zu Dror und Leonette hinüber, um ihnen bei den letzten nötigen Handgriffen behilflich zu sein.

Der Frostzwerg sieht sie fragend an, aber Selket schüttelt nur leicht den Kopf, nach Reden steht ihr gerade ganz und gar nicht der Sinn. Dankender Weise übernimmt Leonette diesen Part für sie, indem sie erneut beginnt wahllos drauf los zu plappern und alles möglich zu fragen oder zu erzählen. Dabei scheint es die Bardin gar nicht so sehr aufzufallen, dass sich die Elbe mit keinem einzigen Wort an der Unterhaltung beteiligt und es voll und ganz Dror überlässt, hin und wieder etwas zu erwidern oder eine Bemerkung zu machen, während sie selbst es vorzieht mit versteinerter Miene alles für den baldigen Aufbruch vorzubereiten.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Dror am 11. Jan. 2006, 14:20 Uhr
Was auch immer die Elbe mit Aridia besprochen hat, es scheint sie noch weniger gesprächig gemacht zu haben, als sie es ohnehin schon war. Den Blick starr auf den Boden vor sich gerichtet, packt sie gleichgültig einige Töpfe in einen der großen Leinensäcke.
"...und als ich gerade anfangen wollte in dem Gasthaus ein paar Lieder zu singen", erzählt stattdessen Leonette, "kam diese Horde Immerfroster herein, die sofort 'Wenn Chôl und Kenen eisig brausen' anstimmten, als sie den ersten Krug Met in den Händen hielten. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass ich an diesem Abend nicht ein Lied zum besten geben konnte und hätte der Wirt mir nicht schon im voraus etwas zu Essen gegeben, weil er glaubte, ich würde danach seine Gäste unterhalten, wäre ich wieder mal hungrig zu Bett gegangen."
Als sie das letze Stück Gepäck verschliesst, schweigt die Bardin einen Moment, bevor sie den Baumeister fragt: "Könnt ihr auch singen, Herr Zwerg?"
"Ja, ähhh nein." Gerade noch rechtzeitig korrigiert sich Dror, ist er doch sicher, dass er ansonsten in den nächsten Tagen zu einem Duett aufgefordert werden würde.
"So richtig jedenfalls nicht", fügt er noch zur Sicherheit hinzu, doch die Aufmerksamkeit der Drei wird schliesslich von den zurückkehrenden Schmugglern in Anspruch genommen. Als die Eiskönigin sie ebenfalls erblickt, richtet sie sich auf und spricht mit ihrer lauten klaren Stimme alle an: "Ich denke, wir sind soweit, dass wir aufbrechen können. Also lasst uns die restlichen Sachen zu den Booten bringen. Toregg und Bardo, ihr werdet unsere Neuankömmlinge begleiten, damit sie sich nicht verlaufen."
Einen kurzen Moment blickt der Frostzwerg zu der Heilerin, doch ist deren Aufmerksamkeit nun voll und ganz auf Herbstnebel gerichtet. Seufzend schaut Dror ein letztes Mal zu den beiden Höhlenausgängen doch sieht er keine Möglichkeit, wie ihnen noch eine Flucht gelingen sollte. Obwohl es ihm angenehm ist, sich wieder einmal im Inneren eines Berges zu bewegen, wird ihre Reisegesellschaft den vor ihnen liegenden Weg kaum zu einen Vergnügen werden lassen.

Wie alle anderen nimmt Dror eines der Gepäckstücke auf und obwohl sein Körper protestiert, als er den Leinensack vorsichtig auf seine Schultern legt, versucht er doch, sich nichts davon anmerken zu lassen, dass seine versteinerte Haut immer wieder stechende Schmerzen aussendet, wenn er sich seine Last beim Laufen verschiebt. Glücklicherweise sind die anderen mit dem Gepäck auch nicht schnell unterwegs, so dass es nicht auffällt, dass der Zwerg, dass eine Bein leicht nachziehend, nur langsam vorankommt. Selket hat ihr Tempo dem seinen angepasst und so gehen sie, gemeinsam mit Herbstnebel, auf den Wasserfall zu, dicht gefolgt von dem Halbnargen und dem erfahrenen Söldner, welcher sie ständig im Auge behält.
Erst als sie direkt neben den hinunterstürzenden Wassermassen stehen, stellt der Baumeister fest, dass der Fels dahinter nicht massiv ist, sondern eine Öffnung besitzt, zu der ein schmaler vom Wasser ausgewaschener Pfad führt.
Vorsichtig, um nicht ins Rutschen zu kommen, betritt ihn der Zwerg und bald durchschreitet er den Durchgang hinter dem ein mit Fackeln ausgeleuchteter Tunnel zum Vorschein kommt. Der Kalkstein, welcher in dem großen Hohlraum, aus dem sie gekommen sind zu riesigen Säulen zusammengewachsen ist, sieht hier glatt geschliffen aus. Ein Zeichen dafür, dass dieser Weg oft benutzt wurde, stellt der Baumeister fest. So verwundert es ihn nicht, dass die Schmuggler wie selbstverständlich dem Gang folgen, der nach kurzer Zeit beginnt nach rechts zu winden und nach oben führt. Das Rauschen des Wasserfalls wird mit jedem Schritt leiser, doch als Dror anfängt sich zu fragen, ob sie nun die ganze Reise zu Fuß zurücklegen müssen, schwillt es plötzlich wieder an. Die Stirn runzelnd überlegt er, ob sie im Kreis gelaufen sind, doch dann biegt der Weg scharf nach links ab und öffnet sich in einen weiteren Hohlraum.

Dieser ist viel kleiner als der Lagerplatz der Schmugglerbande und misst lediglich fünzehn mal zehn Schritt. Der Fluss, welcher den Wasserfall speist, scheint hier vorbeizufliessen, denn man kann das Rauschen des Kataraktes hier wieder deutlicher hören. Gleichzeitig ist die Stelle jedoch weit genug davon entfernt, so dass dessen Sog das Wasser nicht schneller fliessen läßt.
Überrascht sieht der Frostzwerg den Rest der Gruppe hier versammelt und letzte Vorbereitungen an sechs Booten treffen, die, an einigen Tropfsteinen vertaut, träge im Wasser liegen.
"Bringt die restlichen Sachen hierher, in dem hier ist noch Platz", sagt einer der Männer, den der Baumeister bisher so gut wie gar nicht zu Gesicht bekommen hat und der mit einem Fuß an Land, mit dem anderen im Rumpf eines Bootes steht. Die kleine Gruppe, zu der Selket und Dror gehören, folgt der Aufforderung, bevor die Anführerin wieder das Wort ergreift.
"Wir besetzen die Boote wie die letzten Male auch", ruft sie in die Runde. "Bardo nimmt das Boot mit den Waren alleine, Munda, du kümmerst dich um die Drillinge und Crimp", sie zeigt auf den zweiten der Männer, die der Baumeister nur kurz gesehen hat, als er zum Lager der Schmuggler kam und deutet dann mit einer kreisenden Handbewegung auf Selket und Dror, "du wirst mit unseren beiden Gästen fahren." Der Mann nickt schweigend, doch die Bardin fragt sichtlich unzufrieden:"Muss ich unbedingt mit dem Ekelpaket fahren? Ich könnte doch statt Crimp..."
"Wir brauchen jemanden in dem Boot, der halbwegs vernünftig steuern kann. Ich möchte nicht, dass unsere Gäste gekocht im Wyrmschwanz ankommen, wie es dir das letzte Mal fast passiert wäre."
"Das ist nur passiert, weil das Narbengesicht ständig gegengerudert hat", sagt Leonette empört, "weil er es nicht verkraften konnte, einmal vorne zu sitzen."
"Ich glaube eher, du hast mal wieder davon geträumt, halbwegs richtige Töne hervorzubringen", antwortet Rodenor, doch ein Blick in sein Gesicht, läßt Dror eher an die Version der Bardin glauben. Diese setzt gerade zu einer Erwiderung an, doch die Eiskönigin kommt ihr zuvor. "Schluss jetzt", sagt sie scharf, an die beiden gewandt, "wir haben keine Zeit für diese Kindereien." Dann wendet sie sich zu dem Mann an den Booten um: "Ist alles bereit Timmitt?"
"Aye, aye Madame", antwortet dieses, "Ladung vertaut. Boote zum Ablegen bereit. Oder wie Kapitän Gracer immer zu sagen pflegte..."
"...dann los", unterbricht die weißgekleidete Frau auch diesmal, um zusammen mit ihrem dunkelhäutigen Begleiter einen der hölzernen Rümpfe zu besteigen.
Gemeinsam mit Selket und Herbstnebel geht der Frostzwerg auf das Boot zu, an dem Crimp steht. Dieser reicht ihnen wortlos jeweils ein Paddel. Die Freude darüber unterirdisch Richtung Wyrmschwanz weiter zu reisen, reduzierte sich bei Dror merklich, als er ungelenk in das leicht schwankende Boot steigt. Gegenüber dieser Nussschale war dieWappen von Ildala ja geradezu komfortabel - für ein Schiff, stellt er fest und versucht nicht allzuoft daran zu denken, wie tief der Fluss unter ihm sein mag.
Es dauert einige Zeit, bis alle ihre Plätze eingenommen haben, doch als es soweit ist, werden Fackeln in Halterungen am Bug der einzelnen Boote entzündet und langsam paddelnd beginnt die Reise.
Das Boot der Eiskönigin fährt voraus, gefolgt von dem Boot mit Selket und Dror. In der Mitte fahren Bardo und das Boot mit den Drillingen, während Leonette und Rodenor, sowie Timmitt und Torregg den Abschluss bilden.

Der Fluss führt aus dem Hohlraum heraus in einen schmalen gut zwei Schritt hohen Tunnel. Lange Zeit folgen sie den Windungen, die dieser macht, bis er schliesslich breiter wird und links und rechts ein schmaler Uferstreifen zu erkennen ist, der jedoch an ausgespülten Wänden endet. Es fällt Dror schwer, sich wieder daran zu gewöhnen unterirdisch zu reisen und die Zeit und die zurückgelegte Strecke abzuschätzen, wie er es in seiner Heimat gewohnt war.
Lediglich die wechselnde Landschaft gibt einen Hinweis darauf, dass sie vorankommen. Immer wieder ändert sich das von den Fackeln erhellte Bild. Der Uferstreifen endet abrupt an einer Geröllhalde aus riesigen mehreren Schritt großen Granitfelsen, die den Eindruck erwecken, als könnte sie gleich noch weiter zusammenrutschen. In einem der Hohlräume zwischen diesen Steinen führt ihr Weg weiter bis sie wieder einen engen ausgewaschenen Tunnel aus Kalkstein erreichen, in dem die Reise endlos zu werden scheint.
Hinter ihnen hören sie ab und zu die Drillinge plappern, bis sie die Schmiedin wieder zur Ordnung ruft und Leonette und Rodenor scheinen ständig etwas zu finden, um ihren Streit nun auf dem Wasser fortzusetzen, unterbrochen immer dann, wenn die Strömung etwas stärker wird und sie sich auf das Paddeln konzentrieren müssen. Ihr Begleiter hingegen schweigt beharrlich. Nicht einmal Anweisungen etwas mehr auf dieser oder jener Seite zu schlagen, wie sie ab und zu von den anderen Booten zu hören sind, gibt er von sich, sondern ist lediglich darauf konzentriert ihr Gefährt auf dem Kurs zu halten.

Dror fällt es mit zunehmender Zeit immer schwerer den gleichmäßigen Schlag Selkets und Crimps einzuhalten. Der Schmerz, der die ständigen Bewegungen seines Oberkörpers begleitet, läßt seine Muskeln taub werden. "Ich glaube, ich muss für einen Moment ausruhen", sagt er und wartet auf eine Reaktion seines Hintermannes. Als keine erfolgt, nimmt er das Paddel ins Boot und schaut sich den Fels um sie herum genauer an. "Wie lange werden wir jetzt eigentlich unterwegs sein?", fragt er interessiert nach hinten gerichtet, "eigentlich sollten wir so in einer Woche direkt unter dem Wyrmschwanz sein, denke ich. Fragt sich nur, ob wir dann auch wieder an die Oberfläche gelangen. Wo werden wir wieder ans Tageslicht kommen?"
Erst scheint es dem Baumeister, als würde Crimp mit der Antwort zögern, doch schliesslich stellt er fest, dass diese ganz ausbleibt. Verärgert dreht er sich: "Wollt oder könnt ihr nicht mir mir reden? Es wäre durchaus gut für uns zu wissen, wie lange die Reise hier unten im Dunkel dauern wird, um uns darauf einzustellen. Schliesslich hatten wir mit einem Ritt durch die Wildnis gerechnet. Eine Antwort wäre durchaus höflich euren Gästen gegenüber", er betont extra das Wort, welches auch die Eiskönigin gebraucht hat.
Noch während er spricht, bringt Bardo sein Boot näher an ihres heran und sagt schliesslich: "Hört auf weiter auf ihn einzureden. Er ist stumm. Piraten haben ihm einst seine Zunge herausgeschnitten, weil er ein Geheimnis nicht für sich behalten konnte. Wir werden fünf oder sechs Tage unterwegs sein, je nachdem, wie gut wir vorankommen. Mehr müsst ihr nicht wissen." Mit diesen Worten sticht er etwas langsamer mit dem Paddel ins Wasser, um sich wieder zurückfallen zu lassen.
"Mhmm... tut mir leid", entschuldigt sich der Baumeister zerknirscht, "konnte ich ja nicht wissen." Dann dreht er sich wieder, um den Blick weiter nach vorn zu richten. Piraten. Und ich würde mich nicht wundern, wenn er auch dazu gehört hat.

Endlos windet sich der Fluss durch den Fels, wobei die steinernen Wände manchmal so eng zusammenrücken, dass man kaum noch die Paddel verwenden kann, um dann wieder weit auseinanderrücken, so dass sie im Schatten des Fackellichtes nicht auszumachen sind. Dror befürchet schon das Schlimmste, nämlich das sie auch auf den wackligen Booten übernachten würden, als die Wände wieder einmal nach links und rechts verschwinden und die Geräusche der ins Wasser tauchenden Paddel viel heller klingen. Das muss wieder ein größerer Hohlraum sein, denkt er sich, als ihre Schläge an den Wänden widerhallen.
Das Boot vor ihnen schwenkt plötzlich nach links, woraufhin Crimp ebenfalls in diese Richtung lenkt. Schliesslich ist das Knirschen des Rumpfes über Gestein zu hören und vor ihnen liegt fester Untergrund.
"Wir werden hier übernachten", ruft Aridia den anderen zu, "macht die Boote gut fest, aber packt nur das nötigste aus, damit wir morgen schnell weiterkommen."
Den Anweisungen folgend gehen Selket und Dror ebenfalls an Land, wobei der Baumeister einen Teil ihres Gepäckes, welcher im Rumpf des Bootes liegt, mit sich nimmt. Schnell verteilt sich die Gruppe auf dem bestimmt zehn mal zehn Schritt messenden Areal trockenen Grunds. Schnell werden kalte Speisen verteilt, Trockenfleisch, Brot und Äpfel, bevor jeder müde vom Paddeln auf seinem Schlafplatz verschwindet.
Zum ersten Mal, seitdem Dror in den Turm gefallen ist, haben er und die Heilerin die Möglichkeit leise ungestört miteinander zu sprechen. Während die Elbe sich um Herbstnebel kümmert, beginnt der Baumeister so leise, wie es seiner tiefen Stimme möglich ist, zu sprechen.
"Meine Unachtsamkeit tut mir leid, Selket", beginnt er. "Ihr habt recht gehabt. Es wäre wirklich besser gewesen an dieser Ruine vorbei zu ziehen. Glaubt ihr uns wird sich hier eine Möglichkeit bieten uns von den anderen abzusetzen? Ich weiss nicht, wie lange ich überhaupt noch werde laufen können. Meine Beine werden bald vollständig von gestein bedeckt sein."

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Selket am 13. März 2006, 18:11 Uhr
Selket striegelt Herbstnebel schweigend und hört Dror stumm zu. Schließlich lässt sie von dem Hengst ab und wendet sich dem Frostzwerg zu. „Macht Euch keine Vorwürfe“, meint sie freundlich. „Niemand konnte ahnen, was uns in der Ruine erwarten würde.“ Gemeinsam machen sich die beiden daran, sich ein Nachtlager herzurichten. Niemand achtet weiter auf sie, alle sind müde und schlafen. Wachen wurden keine aufgestellt, wozu auch? Wer sollte einen hier unten, in den unbekannten Höhlengängen, tief unter dem Gebirge schon überraschen? Und das die Elbe und der Frostzwerg auf die versuchen könnten zu verschwinden, scheint niemand anzunehmen, denn immerhin kennen sich die beiden hier unten überhaupt nicht aus und sind auf ihre Führer angewiesen. Auch Dror scheint Zweifel daran zu hegen, dass sie sich irgendwann unbemerkt würden aus dem Staub machen können. »Glaubt ihr uns wird sich hier eine Möglichkeit bieten uns von den anderen abzusetzen? Ich weiß nicht, wie lange ich überhaupt noch werde laufen können. Meine Beine werden bald vollständig von Gestein bedeckt sein.«

Auf Selkets Stirn bilden sich leichte Sorgenfalten. Der zwergische Baumeister hat recht. Die Zeit wird ihnen allmählich knapp. Die Elbe seufzt. „Ich weiß nicht, ob uns eine Flucht gelingt, aber uns bleibt keine Wahl. Sollte sich auch nur die geringste Möglichkeit bieten, müssen wir handeln, bevor es zu spät ist.“ Sie schweigt kurz. „Wie uns das gelingen soll, weiß ich allerdings auch nicht …“ Ihr Blick schweift ab und hinüber zu den übrigen Mitgliedern ihrer Gruppe. „Immerhin, man achtet offenbar nicht mehr auf uns und niemand scheint zu fürchten, dass wir verschwinden könnten …“ Sie lacht leise und betrachtet die schroffen Felswände, auf denen der Fackelschein gespenstische Schattenbilder hervorruft.

Titel: Re: Iôrlana - Eine Winterreise
Beitrag von Riaril am 09. Jan. 2008, 15:23 Uhr
Bedauerlicherweise bietet sich Dror und Selket keine passende Gelegenheit, ihre unliebsamen _Reisegefährten_  heimlich zu verlassen. Zwar achtet man nicht sonderlich auf sie und hat ihnen sogar ihr Gepäck und ihre Waffen kommentarlos gelassen, aber der Ort, an welchem sie lagern, lässt sich offenbar nur per Boot erreichen und verlassen und es ist unmöglich diese ungesehen zu erreichen – zumal sie auch noch Herbstnebel dabei haben. So müssen sich die beiden unglücklichen Reisenden mit Leonettes Gesellschaft zufrieden geben. Die Bardin scheint die Einzige zu sein, die dem Frostzwerg und der Elbe freundlich gesonnen und an einer Unterhaltung interessiert ist. Leonette erzählt bereitwillig aus ihrem Leben, nachdem sie sämtliche Schmuggler mit Essen versorgt hat und stimmt sogar ein kleines Liedlein zur Unterhaltung an. Schweigend lauschen Dror und Selket dem Gesang der Bardin, ohne sich dem Gespött der restlichen Truppe anzuschließen. In der Tat haben die Männer Recht, wenn sie behaupten, dass sich Leonettes Talent eher in Grenzen hält, aber sowohl die Elbe als auch der Frostzwerg haben schon weitaus schlechtere Sänger gehört.
Nach dem Essen zerstreut sich die Gruppe sehr bald. Aridia hat sich ohnehin eher abseits gehalten, die Drillinge trollen sich zu ihren Schlafplätzen und auch Munda und die übrigen Männer tun es ihnen nach und nach gleich. Einzig Bardo zieht sich zu den Booten zurück, um dort die erste Wache zu übernehmen. Offenbar traut man uns doch noch nicht so sehr, wie man uns glauben machen will, stellt Selket wenig überrascht fest. Nun, sie legt den Kopf leicht schräg, ich an ihrer Stelle würde es gewiss nicht anders halten. Sie seufzt leise und blickt zu Dror hinüber, der sich auf seinem Lager ausgestreckt hat und sich auf der Suche nach einer halbwegs bequemen Schlafposition unruhig hin und her wälzt. Es wird von Tag zu Tag schlimmer. Besorgnis zeichnet sich auf der Miene der Heilerin ab. Wir müssen so schnell es geht fort, jeder Tag den wir verlieren, bringt Dror dem Tod näher ...

Leider ergibt sich auch in den nächsten zwei Tagen keine Fluchtmöglichkeit. Das unterirdische Gewässer schlängelt sich nach wie vor durch den Fels und an manchen Stellen ist es tatsächlich so eng, wie Aridia gesagt hat. Dann bleibt Selket nichts anderes übrig, als dafür zu sorgen, dass Herbstnebel sicher im Wasser schwimmt, bis das Flussbett wieder etwas breiter wird und der Hengst auf dem schmalen Uferrand neben ihren Booten herlaufen kann. Mit starrem Blick schaut Selket in die Dunkelheit, in welcher auch mit Nachtsicht nicht nicht sonderlich viel zu erkennen ist. Hin und wieder erkennt man im Fackelschein, der gerade genug Licht spendet, um halbwegs sicher vorwärts zu kommen, Felsvorsprünge, Gesteinsbrocken und kleine Spalten, die wer-weiß-wohin führen. Nennenswerte Fluchtmöglichkeiten tun sich hingegen nicht auf. Warum sollte es auch anders sein, denkt Selket resigniert. Die Zeit verstreicht unaufhörlich und das einzige, was sie mittlerweile herausgefunden haben, ist, dass die Schmuggler offenbar Wyrmsilber zwischen Belgarve und Vinnar schmuggeln. Die unterirdischen Pfade sind einerseits voller Tücken, erlauben es andererseits aber auch, die Grenzfestung Y Ddraig im wahrsten Sinne des Wortes zu _unterwandern_. Zudem scheint Aridia zweifelhafte Kontakte zu einigen Kobolden zu pflegen, die im Wyrmschwanz leben, denn Dror und Selket wissen mittlerweile, dass die Schmuggler sie für Unterhändler halten, die der Sprache Kobolde verstehen, und deshalb für ihre _Geschäfte_ wichtig sind.  
Wir sollten hoffen, dass wir verschwinden könne, bevor sie herausfinden, dass wir nicht die sind für die sie uns halten, stellt die Heilerin fest. Ich möchte nicht wissen, was sie sonst mit uns anstellen. Sallor, Aridias Leibwächter, und Rodenor, dass Narbengesicht, sind zwar die einzigen wirklich gefährlichen Kämpfer der Schmuggelbande, aber in der Gruppe stellen alle eine Bedrohung dar. ... denn dann zählt Masse statt Klasse ... Abrupt wird die Elbe aus ihren Gedanken gerissen. „Macht Euch bereit in Kürze anzulegen“, verkündet Aridias Stimme und ihre Worte Hallen von unheimlich den Felswänden wieder. Aufmerksam schaut Selket sich um und vergisst für einen Moment zu paddeln, was ihr sogleich ein paar harsche Worte von Bardo einbringt. „Schon gut, schon gut“, murmelt sie beschwichtigend und taucht ihr Paddel wieder ins Wasser, während der Fluss die Schmugglerboote in eine gewaltige Höhle führt. Sogleich steuert man das recht Ufer an, welches offenbar schon mehrfach als Lagerplatz genutzt wurde, denn Selket kann die Überreste von zwei alten Feuerstellen erkennen. Doch darüber verschwendet die Elbe nicht viele Gedanken, stattdessen hat etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Gleich mehrere Gänge scheinen von der Höhle in den Berg hinein zuführen und soweit Selket das bereits erkennen kann, scheinen einige sogar groß genug zu sein, um selbst Herbstnebel Platz zu bieten. Bardo, der ihren Blick offenbar bemerkt hat, verzieht das Gesicht. „Was auch immer Euch gerade durch den Kopf geht, vergesst es besser schnell wieder“, brummt er unfreundlich. „Die Gänge würden Euch nicht in die Freiheit führen, ... nur in den Tod!“ Er grinst. „Glaubt mir, wir werden unseren Weg nicht grundlos auf dem fortsetzen, wenn wir ein wenig gerastet haben.“ Mehr scheint es für ihn zu diesem Thema nicht zu sagen zu geben, aber Selket wechselt hinter seinen Rücken rasch einen viel sagenden Blick mit Dror. Wohin auch immer die Gänge führen, noch so eine Chance wird sich vielleicht nicht mehr ergeben. Besser wir versuchen dort unser Glück, anstatt darauf zu hoffen, dass sie uns nicht gleich die Kehlen durchschneiden, sobald sie merken, dass wir beide kein einziges Wort Tantkrat sprechen.
Schließlich legen die Boote an. Wortlos machen sich die Heilerin und der Frostzwerg Leonette beim Entladen der Küchenutensilien zu helfen und das Lager herzurichten, bevor sich der Frostzwerg in eine ruhige Ecke zurückzieht, um auszuruhen, und Selket sich daran macht Herbstnebel zu versorgen - verstohlen beobachtet die Heilerin dabei das Lager. Aridia hat sich bereits zurückgezogen, offenbar hat sie sich in einen Gang am entgegengesetzten Ende der Höhle  niedergelassen. (Leonette, die Selket etwas später darauf anspricht, verrät der Heilerin, dass der Gang in eine kleine Höhle führt, die sich die Schmugglerkönigin bereits auf früheren Fahrten durch den Wyrmschwanz hergerichtet hat.) Sallor hat vor dem Gang Posten bezogen und starrt grimmig vor sich hin, während die Drillinge sicherstellen, dass die Boote festgemacht sind. Badro und Munda stehen nicht weit von ihnen, unterhalten sich, und blicken dabei immer wieder zu Dror, Selket und Herbstnebel hinüber, wenn sie meinen, dass diese es nicht bemerken. Die restlichen Männer rücken derweil Leonette auf den Pelz, immerhin haben sie seit Stunden nichts gegessen, nur Rodenor hält sich abseits.

Selket wirft dem Narbengesicht einen finsteren Blick zu, dann geht sie zu Dror hinüber. „Wie geht es Euch?“, erkundigt sie sich und mustert den Zwerg. Für sie ist offenkundig, dass sich der Zustand des Baumeisters weiter verschlechtert hat. „Hier“, sie nimmt ein paar Kräuter aus dem Beutel an ihrem Gürtel. „Kaut die, sie sollten Eure Schmerzen ein wenig lindern, zumindest für ein paar Stunden.“ Das hoffe ich zumindest, fügt sie in Gedanken hinzu, denn sie ist sich keineswegs sicher, ob die Kräuter überhaupt in irgendeiner Form gegen Drors Leiden helfen. Aber vielleicht genügt es ja zu glauben, dass sie wirken ... Ihr Blick wandert hinüber zu einem der unbekannten Gänge. „Was haltet Ihr davon?“, erkundigt sie sich, und senkt dabei unweigerlich die Stimme. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir es wirklich riskieren sollten, aber womöglich ist dies unsere erste und einzige Chance zu entkommen.“ Sie seufzt, als sie bemerkt wie Dror zögert. „Wir sollten es zumindest in Erwägung ziehen“, murmelt sie. „Denkt darüber nach. Aaah ... Leonette will offenbar irgendwas. Ich bin gleich zurück ...“ Sie nickt dem Frostzwerg noch einmal zu, dann eilt sie rasch zu der Bardin, die augenscheinlich bei irgendetwas ihre Hilfe benötigt.  
Schließlich kehrt Ruhe im Lager ein. Die Männer sind von der langen, anstrengenden Fahrt auf dem unterirdischen Fluss müde und wollen schlafen. Und selbst Bardo scheint keinen großen Wert darauf zu legen, wache zu halten, wie Selket erstaunt und beunruhigt feststellt. Grübelnd sieht sie zu dem Söldner hinüber, wendet sich dann aber ab, um zu Dror zu gehen, denn viel Zeit zum handeln bleibt ihnen nun nicht mehr. Nachdenklich geht sie am Ufer des Flusses entlang, hier brennen nur wenig Fackeln und das Rauschen des Wassers verschluckt nahezu alle anderen Geräusche. Erschrocken zuckt die Heilerin zusammen, als plötzlich ein dunkler Schemen aus den Schatten tritt – Rodenor, die Elbe war so mit ihren Fluchtplänen beschäftigt, dass sie den narbengesichtigen Mann gar nicht bemerkt hat. Plötzlich spürt sie einen leichten Tritt in ihre Rippen, ihr Kind. Einen Augenblick ist sie abgelenkt und reagiert zu spät, als Rodenor sie packt und rumreißt, ihr die schmutzige Hand auf den Mund presst und sie rückwärts mit sich in die Schatten zerrt. Die Gedanken überschlagen sich in Selkets Kopf. Aridia hatte sie vor Rodenor gewarnt und ihr geraten sich von ihm fern zu halten, was sie auch getan hat. Nun muss sie feststellen, dass das Narbengesicht ihr nicht nur die Demütigung immer noch übel nimmt, sondern sich offensichtlich auch noch nicht von dem Gedanken verabschiedet hat _es_ einmal mit einer Elbe zu tun. Ekel steigt in ihr auf und sie versucht sich krampfhaft aus dem Griff ihres Peinigers zu befreien.    

Rodenor lacht leise und bläst Selket seinen stinkenden Atem in den Nacken. „Nein, nein“, raunt er ihr zu, „dieses Mal wird mich niemand aufhalten. Niemand kümmert sich noch um Euch, und hier sind wir vollkommen ungestört.“ Er lacht und zwingt die Elbe weiter in die Schatten bis sie schließlich gegen eine Felswand stößt. Nicht weit entfernt, rauscht der Fluss dahin. Grob und ungeschickt beginnt das Narbengesicht an ihren Gewändern zu reißen. Immer noch versucht sich die Elbe zu befreien, und immer noch will es ihr einfach nicht gelingen. Schon berühren seine Finger ihre Haut und suchen sich ihren Weg, während der Mann versucht, seinen Mund auf den ihren zu pressen. Dies ist die Gelegenheit, um nach Hilfe zu rufen, doch die Heilerin tut nichts dergleichen. Innerlich wie erstarrt, kann sie an nichts anderes denken, als den das Narbengesicht loszuwerden. Und mit einem Mal schafft sie es tatsächlich ihr dolchförmiges Lor'Loath zu ergreifen. Ohne darüber nachzudenken stößt die Elbe zu. Die Waffe prallt an Rodenors Lederrüstung ab – natürlich -, doch wundersammerweise bleibt die scharfe, aber empfindliche Obsidianklinge unbeschadet.
Selkets Peiniger ist so überrascht von dem Angriff, dass es ihr gelingt, das Lor'Loath ein weiteres Mal zu schwingen und gezielter zu führen. Und der zweite Angriff trifft. Ruckartig lässt Rodenor von Selket ab, reißt beide Hände in die Höhe und presst sie verzweifelt auf die klaffende Wunde in seinem Hals. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er die Heilerin an und versucht taumelnd von ihr zurück zu weichen. Abermals reagiert die Elbe instinktiv, ohne darüber nachzudenken beugt sie sich vor – und stößt zu. Sie sieht Rodenor rittlings ins Wasser stürzen, einen Augenblick lang kann sie noch beobachten, wie er panisch um sich schlägt, dann drückt ihn die Kraft des Wassers in die Tiefe und trägt seinen Körper fort. Regungslos starrt die Elbe ihm nach, ihr Herz schlägt wie wild.
Als sie endlich wieder halbwegs klar denken kann, ist ihr erster Gedanke, dass der Fluss Rodenors Körper möglicherweise ein Stück weiter schon wieder ans Ufer der Höhle gespült haben könnte, doch ein einziger Blick genügt, um ihr zu sagen, dass dies nicht geschehen ist. Dann wird ihr klar, dass das Verschwinden des narbengesichtigen Mannes gewiss irgendwann entdeckt werden dürfte. Wenn mich nicht schon jemand beobachtet hat! Aschfahl vor Furcht sieht sie sich um, kann aber niemanden entdecken. Im Lager ist es nach wie vor still. So schnell und leise wie möglich taumelt Selket zu Dror. Unsanft rüttelt sie den schlafenden Frostzwerg wach und berichtet in knappen, überstürzten Worten, was geschehen ist. „Jetzt können wir nicht mehr hier bleiben“, schließt sie atemlos, während sie nervös über die Schulter schaut. „Selbst wenn sie seine Leiche nicht finden, sie werden mich für seine n Verschwinden verantwortlich machen ... sie ...“ Zitternd bricht sie ab. Ihre Auseinandersetzung mit Rodenor war allseits bekannt, und früher oder später würden sich die Schmuggler gewiss die Geschichte zusammenreimen. Plötzlich bemerkt die Heilerin, wie sich der Ausdruck auf Drors Gesicht verändert, dann spürt sie eine Hand auf ihrer Schulter. Erschrocken wirbelt sie herum – Leonette ...



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