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(Thema begonnen von: Aishalanea am 06. Jan. 2008, 16:13 Uhr)

Titel: Reise nach Sûrmera
Beitrag von Aishalanea am 06. Jan. 2008, 16:13 Uhr
Am ersten Abend der Reise legt das kleine Boot in dem Fischerdorf Brioca an, und an den folgenden Tagen werden die Dörfer immer kleiner– Dartanjan, Morayfurt und Nérac sind noch die bekanntesten. In winzigen Dorfschänken gibt es rustikale Mahlzeiten wie Erbsen- und Wirsingeintopf, fettigen Aal und Pfefferfisch, sowie frisch gebackenes Bauernbrot. Es ist ungewohnt, allein unterwegs zu sein – zuletzt war sie diese Strecke gemeinsam mit Ranuk und Großvater gefahren, und zu dritt hatten sie längst nicht so oft Rast machen müssen wie nun allein. Abgesehen davon, daß Aisha folglich jede Nacht in einem Hafen anlegt, verläuft die Fahrt zunächst ruhig. Das Wetter ist so friedlich, als wäre der Ildorel ein Ententeich – ungewöhnlich für die Jahreszeit. Am dritten Tag der Reise, auf halber Strecke zwischen Talyra und Sûrmera, gerät das kleine Boot jedoch in den ersten Sturm. Meterhohe Wellen schlagen über dem Deck der "Seestern" (und über Aisha) zusammen, und wenn sie sich nicht einen dicken Tampen um die Mitte gebunden hätte, wäre sie wohl über Bord gegangen. Schon bald ist kaum noch etwas an Bord des kleinen Bootes wirklich trocken, alles fühlt sich kalt und klamm an – eines der wenigen Dinge, die Aisha an der Seefahrt abgrundtief hasst.

Zum Glück klart sich am nächsten Tag das Wetter wieder auf, und es scheint sogar ein wenig die Sonne auf das türkisblaue Ildorelwasser hinab. Während der ganzen Fahrt hält sich Aishalanea in Sichtweite des Landes, denn anhand von Landmarken wie Leuchttürmen, vorspringenden Klippen und charakteristisch geformten Hügeln sind die Ergebnisse ihrer Kursberechnungen hervorragend zu überprüfen. Und eine Woche später, an einem Abend Anfang Nebelfrost, kommen dann endlich die Mauern von Sûrmera in Sicht, wie ein Juwel thront die Stadt auf über dem blauen Wasser. Als die „Seestern“ in das hufeisenförmige Hafenbecken einläuft, herrscht dort so ein Gedränge, daß sie fast keinen Anlegeplatz findet – ein Herbststurm hat in den vergangenen Tagen zahlreiche Fischerboote hier Zuflucht suchen lassen. Der Abend vergeht mit Formalitäten – Anliegegebühren, Zoll, und allerhand Formulare muß Aisha über sich ergehen lassen, bevor sie endlich die Genehmigung erhält, für einen Mond hier vor Anker zu liegen.

Den nächsten Tag läßt die Händlerin ruhig angehen – sie bummelt ausgiebig entlang der zahlreichen Marktstände am Hafen, genießt das bunte Treiben, und ersteht nur einige Kleinigkeiten zu günstigen Preisen, Schmuckstücke hauptsächlich. Ein Großteil der hier verkauften Waren ist natürlich Schmuggelware oder Diebesgut, aber wenn sich ein besonderes Schnäppchen finden läßt, interessiert dessen Herkunft Aishalanea herzlich wenig. Und diese Kupferbrosche mit dem wunderschönen, türkisblauen Elimarin hätte sie einfach nicht liegenlassen können... Zu Mittag nimmt sie sich einfach ein in Papier eingeschlagenes Fischbrötchen auf die Hand und schlendert damit ein wenig durch die Straßen der Altstadt. Hochherrschaftliche Häuser aus weißem Granit und terracottafarbenem Marmor, die mächtigen Steinbrücken über die Marmel und nicht zuletzt die Feste „Greifennest“ hoch über der Stadt, all das sieht noch genauso aus, wie es Aisha von ihrem letzten Besuch hier in Erinnerung hat, obwohl der schon einige Jahre zurückliegt.

Titel: Re: Reise nach Sûrmera
Beitrag von Aishalanea am 06. Jan. 2008, 18:57 Uhr
Erst einige Tage später macht sich Aishalanea auf den Weg zum ersten ihrer hiesigen Handelspartner – es ist eine weitere Tagesreise mit dem Boot die Marmel hinauf, um das kleine Weingut Aveyron am Fuße der Erikarberge zu erreichen, aber sie weiß, daß sich die weite Fahrt lohnen wird. Und das tut sie allein schon der Landschaft wegen, durch die der Weg führt: schier endlose Blumenfelder erstrecken sich zu beiden Seiten des Flusses, duftender Lavendel, Lilien und Rosen, dazwischen Obst- und Olivenhaine. Und gegen Abend kommt das Gebäude in Sicht, das sie sucht: ein niedriger, terracottafarbener Bau an einem kleinen Teich, umgeben von den sanft ansteigenden Hängen seiner Weinberge.
Wenig hat sich hier verändert, doch der Besitzer gehört nicht dazu, wie Aisha bald darauf feststellt. Makan war schon ein feiner älterer Herr, als sie ihn vor einigen Jahren zuletzt gesehen hat, sein langer und kunstvoll geflochtener schwarzer Bart war von grauen Strähnen durchzogen, und sein Haupthaar begann sich zu lichten... doch nun ist der Bart schneeweiß, und er streicht sich schmunzelnd über seinen vollständig kahlen Schädel, als er Aishalaneas erstaunten Blick bemerkt, den diese nicht rechtzeitig verbergen kann. Obwohl es hier in den Nächten nicht friert, besteht der Hausherr darauf, daß die Enkelin eines so alten Geschäftsfreundes nicht auf ihrem Boot schläft, sondern in einem seiner besten Gästezimmer mit Blick auf die Weinberge und den Fluß, und Aisha gibt sich nach einigen fruchtlosen Protesten lachend geschlagen.
Bei Sonnenuntergang sitzen sie auf der Terrasse und verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen, bzw. das Abendbrot mit einer Weinprobe – welches der beiden Dinge die angenehmere Seite des Arrangements darstellt, ist angesichts von frisch gebackenem Brot, selbstgemachtem Käse und erlesenen Weinen unmöglich zu entscheiden, und es ist bereits sehr spät, als Aishalanea sich mit weinschweren Gliedern auf die nach Lavendel duftenden Laken fallen läßt.

Den nächsten Tag über hat sie nicht viel mehr zu tun, als ihre Kopfschmerzen auszukurieren und auf selbiger Terrasse die Luft zu genießen, die den würzigen Duft von Rosmarin, Thymian und Salbei zu ihr herüberträgt. Derweil verladen Makans Leute den Wein auf ihr Boot, für den Aisha sich am Vorabend letztendlich entschieden hat – einen trockenen Roten, so tief rubinrot, daß er fast schwarz wirkt, laut Makan mit einer Nase von Kaffee, Vanille, Schokolade, Veilchen und Sonnenbeeren, ja schmecken will er darin sogar Oliven. Nun, das meiste davon kann eine gewöhnliche Nase wie die Aishalaneas nicht herausschmecken, aber verkaufsfördernd dürfte diese fantasievolle Beschreibung allemal sein. Für ihren eigenen Bedarf genügt es, daß der Wein würzig ist, nicht zu sauer und mit einer erst sehr spät einsetzenden, angenehm weichen Süße.
So liegt das kleine Boot um einiges tiefer im Wasser der Marmel, als es nach einer weiteren Nacht am frühen Morgen mit allen guten Wünschen Makans wieder aufbricht, um abends zurück in Sûrmera sein. Erst bei dieser Fahrt fällt Aishalanea auf, daß Allerseelen längst vorbei ist und sie zum ersten Mal seit ihres Großvaters Tod keinen Sithechtempel aufgesucht hat, um seiner zu gedenken, weil sie an jenem Tag noch auf See war. Aber wenn jemand das verstehen würde, dann der alte Seebär.

Titel: Re: Reise nach Sûrmera
Beitrag von Aishalanea am 06. Jan. 2008, 22:16 Uhr
Der nächste Tag bringt einen Besuch in den Gassen der Innenstadt Sûrmeras, genauer gesagt in einer kleinen Werkstatt in einem schmalen Seitengäßchen, deren blankes Schild Aishalanea verrät, daß die gesuchte Silberschmiedin noch immer hier lebt und arbeitet. Auch an Arrorthea sind die Jahre seit dem letzten Besuch der Händlerin nicht spurlos vorübergegangen – durch das kinnlange, einst leuchtend rote Haar ziehen sich graue Strähnen, und ihre früher lilienweiße Haut ist von zahlreichen Altersflecken verdunkelt. Ihre ungewöhnlichen purpurfarbenen Augen aber sind unverändert und leuchten erfreut auf, als Aisha sich vorstellt – sie selbst war zwar erst einmal zuvor hier, doch ihr Großvater war für viele Jahre ein dankbarer Abnehmer von Arrortheas edlem Silberschmuck.

Bald sitzen die beiden Frauen mit einer Tasse Tee im Salon, und die Kunstschmiedin öffnet eine mit dunklem Samt ausgeschlagene Schatulle nach der anderen, um Aishalanea ihre prachtvollsten Stücke vorzuführen. Da liegen Armbänder mit funkelnden Purpursteinen, kunstvoll mit Silberdraht umschlungene Armreifen aus Mondsilber, ein silberner Haarkamm mit einem zarten purpurfarbenen Seidenschleier, eine zierliche geflochtene Kette mit einem Anhänger aus milchigweißem Achat, eine weitere mit einem Amitariamulett in Gestalt einer wachsam schauenden Katze... sorgfältig wählt Aisha nur die schönsten Schmuckstücke aus, obwohl ihr die Entscheidung ein ums andere Mal schwerer fällt. Als sie sich des Abends durch die engen Gäßchen wieder in Richtung Hafen aufmacht, begleitet sie zur Sicherheit eine von Arrortheas Wachen bis zu ihrem Anliegeplatz, denn die Taschen der Händlerin sind nun schwer von kostbarem Silberschmuck.

Titel: Re: Reise nach Sûrmera
Beitrag von Aishalanea am 19. März 2008, 21:07 Uhr
Die Zeit in Sûrmera vergeht wie im Fluge, bald wird das Wetter regnerischer und stürmischer, und Aishalanea beginnt an die Heimfahrt zu denken. Eigentlich wollte sie ja noch einen Waffenhändler aufsuchen, aber je mehr sie mit all dem hübschen Schmuck hantiert, ausgesuchte Stücke auf den Märkten ersteht und angemessene Preise für Arrortheas Kostbarkeiten berechnet, desto mehr nimmt in ihr der Gedanke Gestalt an, ganz auf diese Sparte des Geschäfts zu wechseln und Waffen Waffen sein zu lassen. Daß sie etwas von Schmuck versteht, wird immerhin niemand leugnen...

So hat sie denn auch anstelle von Dolchen und Schwertern einige zusätzliche Schaukästen in Auftrag gegeben, die nun sorgfältig gelascht und geschäkelt werden müssen, immerhin will Aisha nicht auf der Überfahrt von ihren eigenen Waren erschlagen werden, falls sie wieder in einen Sturm kommt. Und schwere Winterstürme werden mit jedem Tag, den sie länger in Sûrmera bleibt, wahrscheinlicher. Eigentlich müßte auch Talyra wenig verlockend erscheinen, mit seiner Aussicht auf bleigrauen Himmel, Schneeregen und Nachtfrost - doch in Sûrmera kennt sie bis auf zwei, drei Händler niemanden, und der Winter ist lang...

Außerdem hat eine Unruhe von Aishalanea Besitz ergriffen, die ihr selbst unerklärlich ist, die aber mit jedem Tag stärker wird. Den Gedanken, daß es sich etwa um Heimweh handeln könnte, läßt sie nicht zu, aber dennoch hat das Gefühl den Effekt, daß die 'Seestern' früher als ursprünglich geplant den Hafen Sûrmeras in Richtung Norden wieder verläßt.



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