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(Thema begonnen von: Deren am 25. Jan. 2008, 20:45 Uhr)

Titel: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 25. Jan. 2008, 20:45 Uhr


Als sie aufgebrochen ist, sah ihr Vorhaben nach Talyra zu gelangen noch sehr leicht aus. Jetzt fühlt es sich gerade nicht mehr so leicht oder einfach an. Zweifel greifen nach ihrem Geist, wie dunkle Wolken, die den Mond verdunkeln und wie nicht selten in letzter Zeit, greift Deren nach dem Amulett, das sie an ihrem Lederband um den Hals trägt und bittet Sithech um seinen Schutz in dieser finsteren, kalten Nacht. Sie klammert sich an ihren Glauben. Daran, das die Götter sie auf weisen und sicherem Weg führen.
Die Träume waren ein Wegweiser. Sie haben mir die Richtung gezeigt.
Sie will es glauben und hält daran fest, auch wenn die Zweifel sich in dieser Nacht nicht so leicht verdrängen lassen wollen. Gestern in der späten Nacht, nachdem sie durch den Traum der Götter aufgeweckt wurde, ist sie aufgebrochen und seitdem war sie unterwegs. Am Mittag des gestrigen Tages hat sie eine kurze Pause eingelegt. Zwar hat sie nicht viel mitgenommen, aber es war durchaus ein nahrhaftes, wenn auch kaltes Mahl. Sie hat zwar probiert ein Feuer zu entzünden, aber ohne das Glück etwas trockenes Holz zu finden, war es ihr nicht geglückt. Trotzdem kann sie sich in diesem Augenblick nicht daran erinnern, dass sich in ihr der Hauch von Zweifel geregt hätte, den sie jetzt so deutlich spürt, dass es viel mehr als nur ein Hauch ist. Es fühlt sich an wie eine unsichtbare Hand, die sich um ihren Hals legt. Sie drückt so fest, dass es Deren schwer fällt zu atmen und sie spürt wie sie eine Gänsehaut bekommt, die nicht allein der Kälte wegen ihren schmalen Körper schüttelt. Ihre Augen, die im Mondlicht der Nacht nahezu schwarz wirken, richten sich zum Himmel. Dieser ist wolkenverhangen und zugezogen. Vereinzelt kann sie Sterne funkeln sehen und der Mond, sowie sein kleiner Bruder,  blitzten ab und an zwischen düsteren Wolken hervor.
Verdammt , flüstert sie leise und fast lautlos. Es wird immer schwerer etwas von dem Weg zu erkennen und Deren kneift die Augen fest zusammen, damit sie die Wurzeln und Gestrüpp zu sehen vermag, das im Schatten der Dunkelheit so verborgen ruht, das es ihr schwer fällt auch nur die Umrisse zu erahnen. Nie hätte sie geglaubt, das es so schwierig werden würde bis nach Talyra zu kommen. Sie kennt nicht einmal den Weg bis zu der großen Stadt. Ihr Plan ist es bis zum nächsten Dorf zu kommen und dort jemanden zu fragen. Sicher findet sie jemanden, der ihr den Weg beschreiben kann. Gestern Nacht hörte sich dieser Plan viel mehr nach einem Plan an und so als könne er funktionieren. Jetzt greift der Zweifel so sehr nach ihrem Herzen, das sie befürchtet nicht einmal bis zum nächsten Dorf zu kommen. Und Talyra? Die Stadt scheint so weit weg zu sein, wie Deren die Abwesenheit ihrer Mutter und ihres Bruders in diesem Moment empfindet. Schon länger hat sie vermieden an das Ableben ihrer Mutter zu denken. Der Abschied brennt noch immer in ihrem Herzen und ihre Augen füllen sich schnell mit Tränen, als sie in diesem Augenblick an das Lächeln ihrer Mutter denkt. Sie sieht es genau vor sich. Die gütigen Augen in diesem ernsten Gesicht, das von Arbeit und dem Verlust des Vaters geprägt ist. Dennoch haben die Augen nie verlernt zu lächeln und ihre Stimme, die rau und harsch wirken konnte, nie den sanften Unterton verloren, den Deren unter so vielen erkannt hätte. Auch Landor hatte diesen Ton.
Er hat ihn! , versucht sie sich selbst zurechtzuweisen. Sie darf nicht aufhören daran zu glauben, dass er lebt und alles ein großes Missverständnis ist. Sie muss ihn nur finden. Zu wissen, dass sie es für ihren geliebten Bruder tut und die Götter ihre schützenden Hände über sie gelegt haben, lassen sie plötzlich beruhigter aufatmen. Zwar bleibt der Himmel auch weiterhin zugezogen und mehr als einmal stolpert sie über eine Wurzel, die sie nicht gesehen hat, oder einen Stein der ihr nicht aufgefallen ist, aber sie geht stetig weiter. Immer wieder rappelt sie sich auf, klopft mit kalten Händen, die sie immer wieder aneinander reibt, um sie wenigstens etwas warm zu halten, den Dreck von ihrem Unterrock, sowie dem Mantel und stapft dann weiter. Den Kopf hält sie gesenkt immer auf der Suche nach Dingen über die sie fallen und sich etwas brechen könnte. Sie weiß darum, wie wenig Ahnung sie von Heilkräutern hat und das schon eine einfache Erkältung sie von ihrem Ziel abbringen könnte. Dabei scheint ihr im Augenblick nichts so unmöglich, wie der Gedanke zurückzukehren. Zurück zu Esgrim, dem Mann den sie versprochen hat zu heiraten.
Den du nun verrätst…
Energisch schüttelt Deren den Kopf, so dass ihr einzelne Haarsträhnen, die sich aus dem hochgesteckten Zopf lösen, ins Gesicht fallen. Sie bleibt auf einem Hügel stehen und will sie sich aus dem Gesicht streichen.
Du übertreibst Deren. Du verrätst ihn nicht. Du kommst zurück, wenn du Landor gefunden hast.
Sie könnte ihn dann noch immer heiraten. Etwas an dem Gedanken fühlt sich nicht richtig an. Doch noch bevor sie weiter darüber nachdenken oder sich das Haar aus dem Gesicht streichen kann, glaubt sie etwas gehört zu haben. Langsam richtet sie sich aus ihrer halb gebückten Position auf und zieht die Umhängetasche fester. Angestrengt starrt sie in die undurchdringliche Finsternis und versucht zu lauschen. Sie hört Squittl, der fiepsende Geräusche von sich gibt. Das Hörnchen, das in ihrer Kapuze eingerollt ein paar Nüsse knabbert, ist ihr so vertraut, das ihr jene Geräusche zuvor nicht einmal aufgefallen sind. Aber nun, angestrengt nach dem Geräusch suchend, das sie aufgeschreckt hat, ertönt es unnatürlich laut in Derens Ohren und sie zischt ihrem treuen Freund zu leise zu sein. Selbstverständlich hört Squittl wie immer nicht, doch Raika, Landors Hündin, scheint sie gehört zu haben und kommt aus dem nächsten Gebüsch zu ihr gelaufen. Deren atmet erleichtert auf.
„Du bist es nur gewesen…“, der Name der Hündin verliert sich, als sie erstarrt. Erneut vernimmt Deren Geräusche aus östlicher Richtung. Doch dieses Mal kann sie erahnen welcher Natur die Geräusche sind. Es hört sich an wie Schritte. Sie kann nicht sagen, wie viele Menschen sie erwarten soll, noch will sich ihr erklären warum zu solch später Stunde sich jemand im Wald herum treibt.
Du treibst dich hier herum, Deren?
Dieser Einwurf erscheint ihr berechtigt und ihre Haltung entspannt sich wieder, nachdem auch die Hündin sich ruhig zeigt. Vielleicht, so kommt ihr die Idee, kann sie die drei Reisenden nach dem Weg ins nächste Dorf fragen.
Sicher wissen sie, ob ich richtig bin.
In guter Absicht nähert sie sich den drei Gestalten, deren Mantelkrägen ihr Gesicht gut verbergen. Den Rest übernimmt die Dunkelheit. Auf halbem Weg bleibt Deren stehen, denn Raika beginnt die Ohren anzulegen und warnend zu knurren. Deren ist verunsichert. Sie kennt die Hündin die acht Jahre, die diese bereits alt ist und kann nicht glauben, dass das friedliche Tier Zeichen von Aggression zeigt. Im ersten Moment will sie zu einer höflichen Entschuldigung ansetzen, als sie in die Gesichter der Männer schaut und die finsteren Mienen ihr noch düsterer vorkommen als die Schatten des Waldes. Es fröstelt Deren und es ist nicht der kalte Wind, der aufzieht oder der Fakt, das sie schon seit dem Mittag unterwegs und das letzte Mal vor zwei Nächten sich an einem warmen Feuer gewärmt hat. Sie glaubt etwas in den Augen der Männer zu sehen, das kalt wirkt. Bedrohlich und es macht ihr weit mehr Angst als die Zweifel sie zuvor erschreckt haben. Vorsichtig und beinah unbewusst weicht sie zwei Schritte zurück. Ihre Stimme zittert zwar nicht, aber sie glaubt, dass man die Nervosität durchaus hören kann.
„Kann ich Euch helfen?“
Für Sekunden kommt ihr der Gedanke nach ihrer Schleuder zu tasten, die sie irgendwo an ihrem Rockgürtel befestigt hat. Aber sie weiß, dass sie damit kaum etwas ausrichten kann. Außerdem will die Hoffnung in ihr noch nicht glauben, dass jenes düstere Lächeln vorausdeutend ist für die prekäre Situation, in die sie sich selbst gebracht hat. Der Wind streift nicht nur unangenehm fröstelnd, sondern eisig ihre Haut und für einen kurzen, flüchtigen Augenblick kommt ihr der lächerliche Gedanke, dass dies eine ungemütliche Nacht werden könnte, wenn sie auch heute kein Feuer entzündet bekommt. Doch länger hat sie nicht Zeit diesen kindischen Gedanken nachzuhängen und die Stimme des im Hintergrund stehenden dritten Mannes jagt ihr eine eisige Schauer den Rücken hinunter, als er die beiden ersten nüchtern anweist:
„Bringt sie mir.“
„Bitte, ich bin nur auf der Reise.“
Sie schaut die näher kommenden Männer flehend an und erkennt doch nicht ein Zeichen von Milde in den dunklen Augen, die so kalt und hart wirken wie Stein.
„Ich habe nichts Wertvolles bei mir.“, versucht sie erneut um Barmherzigkeit zu bitten, aber selbst dies hält die Männer nicht auf, die sie um zwei Köpfe überragen und es braucht kein Kenner zu sein, um zu sehen, das sie ihr körperlich weit überlegen sind. Ängstlich befeuchtet sie die Lippen und ihre Augen suchen nahezu panisch nach einer Möglichkeit zur Flucht. In der Dunkelheit der Nacht fällt es ihr schwer überhaupt einen Weg zu finden. Als sie wieder aufsieht, bemerkt sie erschrocken wie nah die Männer ihr sind und sie weicht erschrocken weiter zurück. Raika knurrt mittlerweile bedrohend und der erste Mann zieht einen Bogen von seiner Schulter. Erschrocken hebt Deren die Hand. Ihre Stimme zittert und bebt, als sie flehend erklärt sie habe nichts getan. Aber auch der zweite Mann zieht nun sein Schwert und Deren wird mit Entsetzen bewusst, das Worte ihr nicht helfen werden. Während Raika mit einem mutigen Sprung zum Angriff ansetzt und der Mann mit dem Bogen dunkel knurrt, als der Hund ihn angreift, setzt der Andere in seinem dunklen Mantel, so schwarz wie die düstere Nacht, ihr hinterher. Deren findet keinen anderen Weg als den geradeaus zulaufen. Sie weiß nur wenige Schritte zwischen sich und ihrem Verfolger, als sie plötzlich das Aufheulen des Hundes hört. Als habe der Himmel fürchterlich gegrollt oder sie sei erstarrt, bleibt sie plötzlich stehen. Sie dreht sich um und erkennt hinter ihrem Verfolger wie sich der Mann mit dem Bogen aufrappelt. Vor ihm krümmt sich eine leblose Raika, deren helles Fell sich bereits um die Pfeilspitze blutrot färbt. Es ist ein Schrei voller Trauer und Schmerz, den Deren selber überhaupt nicht hört. Das nächste was sie unter Tränen wahrnimmt, sind Hände die sie an den Armen packen und mitziehen. Erst als sie über etwas stolpert und beinah zu Boden fällt, man sie aber grob festhält, erwacht sie aus dem Schock und erkennt, das der Mann mit dem Schwert sie zurück bringen will. Ungelernt in der Kunst sich zu verteidigen, weiß sie sich nur einen Ausweg. Kräftig beißt sie dem Mann in seine Hand, bis sie Blut schmeckt und dieser aufbrüllt. Sein Griff wird locker genug, damit sie ihm, klein und schmal wie sie ist, entkommen kann. Erneut rennt sie davon und doch spürt sie mit jedem Schritt ihren Verfolger näher kommen. Jeder seiner Atemzüge kribbelt von Wut und Zorn in ihrem Rücken. Blind vor Tränen und Angst rennt sie weiter und merkt erst zu spät, dass der Weg in einem Abhang endet. Zum Glück ist es nicht weit und der Weg durch Laub, feuchte Erde weniger gefährlich als durch Steine und Bäume. Mehr schlitternd als rollend, versucht sie ihren Fall zu stoppen und sich aufzurichten. Ihre Hand schmerzt und sie erkennt blutige Striemen. Sie muss sich diese irgendwo verletzt haben, aber sie erinnert sich nicht. Bevor sie den Gedanken auch nur beenden kann, spürt sie, dass sie nicht mehr alleine ist. Sie dreht sich um und blickt in das Gesicht des ersten Mannes. Der Zweite rennt bereits den Hügel hinunter, ohne dabei den Halt zu verlieren.
Aussichtslos…aussichtslos…
„Bitte…“, flüstert sie mit Zittern in der Stimme und schreit dann heiser auf, die Hände vors Gesicht geschlagen, als der Mann sie grob an den Haaren packt und zu sich hoch zieht.
Bitte ihr Götter. Legt eure Hände schützend über mich. Lasse dein Kind nicht allein, Sithech. , fleht sie still, während sie vor Schmerz wimmert.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 25. Jan. 2008, 20:47 Uhr


Hamarr setzt behutsam einen Fuß vor den anderen. Sein Gang ist leise, denn schon als Kind lernte er von seinem Vater, die wichtigsten Grundlagen, sich auf Jagd nicht zu verraten. Geduckt hinter halbhohem Gestrüpp, das nun im Silberweiß nur wenig Sichtschutz bietet, drückt er mit dem Daumen vorausschauend den rechten Langdolch aus der Scheide. Seine schwarzen Augen nehmen sich dagegen nicht von der Beute. Da sie sich dem unerfahrenen oder alten Wild gegen den aufgefrischten Wind nähern, ist Umsicht nicht notwendig. Aber er riskiert nicht, dass das Tier ihnen entkommt. Es ist seit drei Sonnenuntergängen das erste Wild, dem Hamarr und Beiggi so nah kommen. Der Hunger reißt in seinem Magen. Das Reh reißt dagegen gierig die zarte Rinde eines jungen Baumes ab und kaut sie hastig. Trotz dem Untergang der Sonne, ist die Sicht noch ausreichend, so dass Hamarr den Blickkontakt mit Beiggi aufrechterhält. Sie verständigen sich über knappe Gesten und den Instinkt, im Rudel, sei es auch klein, zu jagen. Der weiße Wolf verschwindet im Unterholz. Er verschmilzt vollkommen mit der weißen Landschaft und wird einen Bogen nehmen, damit sie das Reh von zwei Seiten bedrängen können.
Als es nur noch zwölf Schritt von Hamarr entfernt ist, hat er den Dolch schon ganz gezogen. Er legt die Klinge zwischen die Zähne und sinkt nach vorne, so dass er auf allen vieren schleicht. Das Verhalten kennt er schon seitdem er ein Junge ist. Das Laufen auf vier Beinen lernte er, bevor er auf zwei Beinen zu laufen im Stande war. Hamarr ist nur noch acht Schritt entfernt, als das Wild den Kopf hebt und etwas zu wittern scheint. Der Wolfskrieger duckt sich soweit er kann, um unter dem weißen Wolfsfell auf seinem Rücken so unsichtbar zu werden, wie sein Freund. Aber es hilft nichts. Das Reh wittert ihn, denn der Wind hat sich gedreht. Auch Hamarr bemerkt es und fällt die Entscheidung, loszuschlagen. Er bleibt auf seinen Händen, bewegt sich in einer geschmeidigen Bewegung fort, die den Lauf eines Wolfes adaptiert. Natürlich ist er nicht schnell genug, die Beute in drei Zügen zu erreichen, das Reh aber läuft in Richtung Beiggis, der das Wild anspringt, es mit seinem Fang nur am Hinterlauf zu packen bekommt. Hamarr schließt hetzend zu ihm auf. Seine Sinne sagen ihm, wann er dem Unterholz ausweichen muss. Sein Lauf findet immer sicheren Halt.
So bringt sein Gewicht das Tier zu Fall. Sie halten es am Boden, bis die aufgerissenen Augen des Rehs scheinbar akzeptieren, dass es nicht entkommen kann. Solange lassen weder Hamarr, noch Beiggi locker. Als er einschätzt, es sei an der Zeit, nimmt er seinen Dolch aus dem Mund und schneidet dem Reh mit einem endgültigen Zug die Kehle durch. In kurzer Zeit, die kein Wolf zählt, färbt das Wild den Schnee unter sich in tiefem Rot. Hamarr rutscht von dem toten Tier und trinkt eine handvoll Blut, das aus der Wunde geströmt ist. Die Jagd war anstrengend gewesen. Er hat Durst. Knurrend vertreibt er seinen Bruder, der an der Keule des Wilds reißt. Aber Beiggi akzeptiert, dass er Hamarr zuerst die Beute überlassen muss. Die Rangfolge zwischen den Beiden ist klar. Sofort macht der Wolfskrieger sich daran, das beste Fleisch aus dem Reh zu schneiden. Schon am Geruch erkennt Hamarr, es muss sich um ein Tier handeln, das vielleicht noch einen Winter vor sich hätte sehen können. Es ist mager, aber nachdem Hamarr fertig ist, weiß er, dass noch soviel an der Beute ist, dass Beiggi nicht alles fressen würde. Das Fleisch reibt er mit Schnee ab und spießt es auf einen angespitzten Stab, den er aus einem jungen Schössling macht, während sein Bruder seinen Anteil verschlingt. Niemals verlassen sie die Beute einer Jagd getrennt. Er achtet darauf, dass sich keine Neider dem blutigen Schauplatz nähern. Beiggi überwindet seine Trägheit, als die Dunkelheit soweit fortgeschritten ist, dass Hamarr sich konzentrieren muss, ausreichend sehen zu können. Er kann gut in der Dunkelheit sehen, trotzdem fehlen ihm die Sinne seines Wolfsbruders. Die Stelle, an der er seine Habe unter Erde, Blättern, Ästen versteckt hat, findet er dennoch schnell. Das Holz für das kleine Feuer hat er ebenfalls vor der Jagd gesammelt. Sogleich macht Hamarr sich daran, es mit Feuersteinen zu entfachen und das Fleisch darin zu garen. Als er damit fertig ist, löscht er die Glut und deckt sie ab. Das Fleisch wieder aufgespießt, trägt er es zu der geschützten Kuhle, aus der das weiße Fell Beiggis in der Nacht heraus sticht. Da der Schlafplatz von der mächtigen Wurzel eines umgefallenen Baumes geschützt wird, kann er den Stock, unerreichbar für andere Tiere, zwischen die Verzweigungen der Wurzel stecken. Er schneidet ein Stück Fleisch ab, das sein Abendessen sein wird. Dann breitet Hamarr sein Fell neben Beiggi aus und setzt sich darauf. Nachdem er gegessen hat, kaut er etwas Schnee gegen erneuten Durst. Morgen würde er sich an einem Bachlauf das Blut abwaschen. Nun würde er erst einmal schlafen. Hamarr rollt sich zusammen. Er rutscht an den Wolf heran und zieht sein eigenes Fell so weit, wie möglich über seinen Körper. Sein Bett besteht aus Moos und feuchten Blättern, sowie dornenlosen Gestrüpp. Beiggi knurrt leise bei der Bewegung. Hamarr weiß darum, das es kein verknurren seiner Nähe ist. Er formt einen ähnlichen Laut in seinem Kehlkopf, bevor er die Wärme durch Beiggis Fell hindurch an seinem Rücken spürt. So zu schlafen spendet nicht nur Wärme in Wintern. So teilen die Gefährten auch das Bündnis, das es braucht, um sich einander zu akzeptieren und zu verstehen.

Plötzlich reißt Hamarr die Augen auf. Beiggi hat schon den Kopf gehoben. Hinter dem dunklen Grund des Wurzelbodens heben sich die weißen Ohren des Wolfes ab, die sich unentwegt bewegen. Auch Hamarr hört den menschlichen Schrei. Zuvor war ihm noch im Schlaf so gewesen, als habe er das Jaulen eines Hundes vernommen. Sofort greift er nach seiner Waffe, die neben seinem Lager ebenfalls in den langen Ranken der Wurzel hängt. Beiggi ist unlängst aufgesprungen. Er steht unentschlossen da und orientiert sich an Hamarr, denn was sie hören ist menschlich. Das Knacken von Unterholz ist fast so laut, wie Hamarrs Herzschlag, der in seinen Ohren rauscht. Den Streithammer vor sich haltend, geht Hamarr den Geräuschen nach. Sein Gang gleicht dem der vorangegangen Jagd. Er duckt sich in den Schatten eines immergrünen Strauchs und beobachtet die Gestalten. Beiggi ist Hamarr nicht oder nicht direkt gefolgt. Er weiß nicht, wo der Wolf ist, aber er verlässt sich nicht darauf, dass er ihm hilft.    
Ein Mädchen liegt am Boden, während zwei Männer sie bedrängen. Es handelt sich nicht um eine Sache, die ein Wolf versteht.
Als einer der Beiden Gestalten sie an ihren Haaren auf die Beine zieht und in seine Umarmung nimmt, lässt Hamarr seine Waffe zu Boden gleiten, ohne ein Geräusch zu machen. Mit der Wucht des Hammers würde er das Mädchen vielleicht verletzen. Hamarr schließt die Hände um die verzierten Griffe seiner Dolche und nähert sich den beiden Männern gegen den Wind. Der mit dem Bogen entfernt sich von dem Anderen, der sein Schwert nun an die Kehle des Mädchens drückt. Hamarr beschließt, sich zuerst um den Schützen zu sorgen, der scheinbar nach Anderen Ausschau halten soll und seinem Kollegen nötige Privatsphäre geben möchte. Er hat den Rücken zu ihm gedreht, sieht jedoch über die Schulter zu, wie sein Freund sich der Beute bemächtigen will. Den unachtsamen Augenblick, indem der Schwertträger das Mädchen auf den Boden drückt und sie erstickt aufschreit, nutzt Hamarr um aus der Dunkelheit hervorzuschnellen. Mit einem sauber angesetzten Schnitt, als sei sein Gegenüber ein Reh, lässt der Schütze den Bogen fallen und umgreift seinen Hals. Hamarr springt auf ihn zu, fängt den Todgeweihten auf, der nach hinten taumelt. Dessen letzte Atemzüge verlebt er, den Rücken an Hamarrs Brust gestützt, der ihm den Mund zuhält, damit er nicht schreit.
Als er auch ihn auf den Boden gleiten lässt, ist wenig Zeit verstrichen. Er fokussiert mit geweiteten Pupillen, die das fahle Mondlicht so gut wie möglich einlassen, den Rücken des Schwertträgers. Seine Waffe hat er neben das Mädchen gelegt, das unter ihm zappelt und sich noch immer erfolgreich wehrt. Hamarrs rechtes Auge blinzelt, er verzieht kurz das Gesicht. Das ist ein Zeichen, dass etwas ihn drängt. Im Moment ist es die Zeit.
Hamarr hebt seinen fallen gelassenen Dolch auf. In ausholenden Schritten läuft er auf sie zu. Sein Gang hat etwas Tänzelndes an sich, dass Hamarr nicht bewusst einsetzt. Bevor er nun auf den Rücken des Mannes springen kann, schreit dieser tief grollend auf und hält sich, aufgerichtet, die Hand. Er flucht, aber nicht über sie. Etwas hat ihn scheinbar gebissen. Hamarr glaubt nicht, dass es das Mädchen war. Er nutzt den Atemzug, zieht beide Dolche und legt sie dem Mann gekreuzt an die Kehle. In dem Ruck, mit dem er ihn von ihr weg nach hinten reißt, dringen die geschärften Klingen in dessen Hals. Hamarr stemmt seine Füße mit aller Kraft in den nachgebenden Waldboden, um die Hebelwirkung zu nutzen. So kippt er rücklings mit dem schwereren Schlächter um. Der begräbt ihn unter sich. Hamarr ringt nach Atem. Nach einiger Mühe hat er den toten Körper von sich gestoßen. Er zieht tief die kalte Winterluft ein. Sie reißt in seiner Lunge. Er sieht, dass das Mädchen noch lebt. Ein unumstößliches Gefühl der Erleichterung durchflutet ihn. Er richtet sich auf, stöhnt dabei. Sein Oberkörper schmerzt. Als er leicht darüber tastete, stellt er vorerst fest, es ist nichts gebrochen. Wohl hat er sich die Rippen unter seiner Brust geprellt, an der Stelle, an der ihn der herumwirbelnde Ellebogen des Schwertträgers mit voller Wucht getroffen hat. Er beäugt das Mädchen, das sich als Frau herausstellt. Ohne eine Geste der Offenheit, steht Hamarr einfach da. Das Misstrauen in ihm ist gerade größer, als die Menschlichkeit. Erst langsam streckt er seinen Arm zögerlich aus, um ihr aufzuhelfen. Ohne, dass die Fremde die Gelegenheit bekommt, die ihr gereichte Hand zu ergreifen, zuckt Hamarr plötzlich zusammen. Ein Geschoss ist nahe seinem Ohr vorbei gezischt. Erst jetzt dringt der Fehler, den er gemacht hat, in sein Bewusstsein. Nie hat er mit mehr, als zwei Männern gerechnet. Sofort dreht sich Hamarr in Richtung des Geschosses. Er erfasst die Schemen eines weiteren Mannes auf der Anhöhe. Ein weiteres Geschoss surrt an ihm vorbei. Hamarr möchte in die Knie gehen, sich ducken. Aber er verdeckt mit seinem Körper die Fremde. Also bleibt er stehen. Kurz darauf trifft ihn ein stechender Schmerz an der linken Schulter. Hamarr jault erst auf und sinkt daraufhin mit leisem Knurren in die Knie. Seine Rechte tastet den Pfeilschaft vorsichtig entlang, bis er zwei Handbreit über der Spitze angekommen ist. Mit einem Knacken bricht das Holz nach einem Drittel der Pfeillänge unter Hamarrs Anstrengung ab.
Das Hamarr sich krümmt, nutzt der Dritte, den Abhang hinunter zu kommen. Hamarr hört ihn, wie er sich nähert. Er ist lauter und plumper als ein Bär im Unterholz. Aber Hamarr wird noch immer von dem Schmerz betäubt, der sich von seiner Schulter ausgehend wie eine Welle in seinem Körper ausbreitet. Er kennt das. Er muss nur warten, bis die Wogen geglättet sind. Aber soviel Zeit, glaubt er, hat er nicht. Gerade, als die schwarzen Punkte vor seinen Augen wieder der Schwärze der Nacht gewichen sind, sieht er sich seinem vermeintlichen Richter gegenüber. Ein Faustschlag trifft ihn im Gesicht. Hamarr behält das Gleichgewicht auf seinen Knien bei. Ein weiteres Mal schlägt der Dritte zur Rache seiner Kameraden auf Hamarr ein, dann bleiben weitere Hiebe aus. Als er zu erkennen versucht, was geschehen ist, sieht er, wie der Mann sich der Fremden erwehrt, die auf ihm hängt und mit einem Stein in der Hand immer wieder auf ihn einschlägt. Hamarr kämpft sich auf wacklige Beine, da wirft sein Gegner sie ab und stößt sie von sich. Er nähert sich Hamarr und zieht sein Schwert dabei. Gegen die Klinge in der Hand hat Hamarr mit bloßen Händen keine Chance. Seine Dolche liegen aber zu weit entfernt bei der Leiche des Schwertkämpfers.
Noch zwei Schritt entfernt, versucht Hamarr mit Konzentration alles zu verbannen, das ihn in seinem vielleicht letzten Kampf ablenken könnte. Und dass er das versucht, zeigt ihm zu deutlich, dass er zu schwach ist, um sich von allem zu befreien, dass ihn hindern könnte. Den Sprung Beiggis sieht Hamarr nur aus den Augenwinkeln. Sein Bruder eilt ihm zu Hilfe. Er springt nicht gezielt auf den Arm, der das Kurzschwert hält. Beiggi springt dem Gegner auf die Brust, reißt mit seinem Gewicht den Mann um. Der Sturz schlägt ihm das Schwert aus der Hand. Ein betäubend deutlicher Schrei verklingt jämmerlich.
Beiggis vom Blut schwarz gefärbte Schnauze richtet sich auf Hamarr, der wieder in die Knie gegangen ist. Sein Bruder hat ihm die Kehle zerrissen. Er springt von dem niedergestreckten Körper des Dritten und trottet zu Hamarr. Dessen Knie haben nachgeben und er sitzt in einer Mischung aus Hocken und Liegen auf dem gefrorenen Boden. Beiggi beschnupperte ihn kurz. Hamarr lässt sein Kinn gehoben, so dass Beiggi seine Schnauze kurz darunter drückt. Weil er nicht hungrig ist, tragen ihn seine Pfoten zurück in die Unsichtbarkeit der Nacht. Hamarr sieht sich nach der Fremden um. Wolken verdecken die Licht spendenden Monde. Er kneift die Augen zusammen und versucht sie gegen die Schatten der Dunkelheit zu erkennen. Als er denkt, sie zu sehen, erstarrt er kurz, dann überwindet er sich, aufzustehen. Er stolpert zu ihr und hockt sich vor sie. Er mustert sie nach sichtbaren Verletzungen, aber es scheint ihr gut zu gehen. Also starrt er sie weiter unablässig an, kaum zwei Fuß von ihr entfernt.  


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 26. Jan. 2008, 13:21 Uhr


Deren versucht trotz der Tränen etwas zu sehen, aber sie nehmen ihr die Sicht und die Gestalt, die sie so grob an den Haaren zu sich auf zieht, verschwimmt zu undeutlichen Umrissen. Der Schmerz ist so mächtig, das sie sich die Lippen blutig beißt, bei dem Versuch das Schreien zu unterdrücken. Sie merkt es nicht einmal, schmeckt aber den für Blut typischen Geschmack. Diesen nicht gewohnt, spürt Deren wie ihr übel wird. Vielleicht ist es auch die Angst, die ihr die klare Sicht und die Möglichkeit zu denken nimmt. Sie will das Gefühl der Übelkeit verdrängen und die Augen schließen, aber stattdessen reißt sie diese entsetzt auf, als ihr Gegner sein Schwert neben sich wirft und sie zu Boden stößt. Es sind Sekunden, die kaum zu zählen wären. Ihr Schrei ist heiser und ihre Kehle brennt. Der Versuch sich aufzurichten, oder wenigstens davon zu krabbeln, wird schon im Ansatz vereitelt, als sich starke Arme um ihren schließen, die dagegen so zart wirken, als halte man die Ästchen eines Busches neben den Stamm eines uralten Herzbaums. Aber obgleich es sinnlos scheint sich wehren zu wollen gegen die Gewalt, die vor Derens unschuldigen Augen immer mehr Umrisse annimmt und ihr fast die Kraft zum atmen raubt, gibt sie nicht auf. Verzweifelt und mit Tränen, die mittlerweile eine Mischung aus Angst und Trotz sind, versucht sie den Mann abzuschütteln. Immer wieder versucht sie die Hände frei zu bekommen, lehnt den Oberkörper auf und tritt um sich. Sie erinnert sich an den Frosch, den Landor einmal gefangen hat. Sie waren noch Kinder damals. Als er vor Angst davon gehüpft war, waren sie ihm nachgelaufen. Aber anstatt zurück in den Teich zu hüpfen, war er in die falsche Richtung geflohen. Irgendwann im Wald fanden sie ihn plötzlich wieder.
Er hat genauso gestrampelt wie ich gerade… , schießt es ihr durch den Kopf und Deren erinnert sich an das tödliche Ende des Froschs, für den Landors Rettung, der ihn zurück zum Teich bringen wollte, leider zu spät kam.
Warum bist du nicht hier, um mir zu helfen, Bruder?
Der Gedanke reißt noch mehr in ihrer Brust, als der Mann an ihrem Mantel und Kleid. Gerade als sie sieht wie er nach seinem Schwert greifen will, bemerkt Deren das Huschen ihres Vertrauten. Dem Mann ist nicht klar, was Deren ahnt und versucht für sich zu nutzen. Sein Brüllen dringt durch die Nacht, als er Squittl abwirft. Dieser hatte sich bei dem Tumult wohl aus ihrer Kapuze entfernt. Nicht, das er direkt gespürt haben würde, das sie in Gefahr ist. Aber Squittl ist eigen. Er wird nicht gerne bei seinem Abendessen gestört und gegenüber Fremden ist das Hörnchen überaus misstrauisch. Nachdem es den Mann gebissen hat, sieht Deren, wie es zum nächsten Baum huscht und in Eile im Geäst verschwindet, wo es sich weit sicherer fühlt, als auf dem Waldboden. Der Schnee auf dem sie liegt, hat ihre Kleidung aufgeweicht. Das bemerkt Deren noch bevor sie plötzlich sieht wie zwei Hände sich um den Hals des Mannes legen, der sie bedrängt. Es fällt ihr schwer zusammenzusetzen was plötzlich geschieht. Alles was sie sieht, ist schwer zu glauben. Aber jemand reißt den Mann zurück und kurz darauf sinkt er tot zu Boden. Deren, die zurückweicht erkennt, das der Bogenschütze schon am Boden liegt. Er rührt sich nicht. Mit großen Augen richtet sie den Blick wieder auf den Fremden, der nun vor ihr steht. Sie sieht in der dunklen Nacht weder seine Augen noch wesentlich mehr von seinem Gesicht. Sie bemerkt sein schmutziges Wollhemd und Spuren von dunklem Dreck, der auch Blut sein könnte. Noch immer weiß sie nicht, ob sie dem Fremden trauen und für ihre Rettung danken kann, oder ob seine Hilfe aus eigennützigem Interesse herrührt. Deren versucht in den dunklen Augen zu lesen, die so schwarz schimmern wie ein tiefer See bei Nacht. Sie glaubt, dass auch er abwiegt, was zu tun ist. Kein Mitgefühl liegt in den funkelnden Augen und seine Haltung scheint ebenso angespannt, wie ihre zurückhaltend erstarrt ist. Der Schock über das, was eben geschehen ist, sitzt tief und Deren ahnt, dass sie noch nicht wirklich begriffen hat, was gerade passiert ist, was es hätte bedeuten können. Eine Schauer durchzieht ihren Körper und fröstelnd zieht sie den Körper zusammen. Ihre Hand schmerzt und die Arme pochen noch immer von der groben Umarmung. Trotzdem weiß sie, dass sie Glück gehabt hat. Alles hätte schlimmer ausgehen können.
Es wäre schlimmer ausgegangen, wenn er nicht gekommen wäre … , traut sie sich zu denken und daraufhin vorsichtig den Blick wieder zu heben. Sie sucht seine Augen und in ihnen danach, ob sie es wagen kann ihn anzusprechen. Im selben Augenblick sieht sie, wie er sich bewegt. Erschrocken hält sie in jeder Bewegung inne. Sie versucht sogar nicht zu atmen, während er näher kommt und ihr plötzlich ebenso vorsichtig seine Hand entgegenhält. Für den Hauch einer kurzen Zeit versteht Deren nicht, das er ihr aufhelfen will, so überrascht ist sie, doch dann begreift sie seine Geste und schenkt ihm ein scheues Lächeln. Bevor sie jedoch seine Hand greifen, oder etwas sagen kann, sieht sie wie sein Körper zusammenzuckt. Sie glaubt beinah zu sehen, wie seine Muskeln sich anspannen, so nah ist er ihr gekommen. Ihr fällt auf, wie geschmeidig seine Bewegungen sind, als er sich umdreht. Und wie gut seine Sinne auf diese finstere Welt eingestellt sind, denn obwohl Deren in die gleiche Richtung schaut, wie der Fremde, hat sie Mühe etwas zuerkennen.
Den ersten Pfeil sieht Deren weder kommen, noch hört sie das Geschoss. Lediglich durch seine Körperhaltung ahnt Deren, dass etwas nicht stimmt. Beunruhigt setzt sie sich auf und versucht vollkommen still zu sein. Sie horcht so angestrengt, das sie ihren Herzschlag unnatürlich laut vernimmt und ihr die Augen tränen bei dem Versuch etwas zu erkennen. Das was sie dann sieht, lässt ihre Kehle trocken werden. Der dritte Mann…sie hat ihn ganz vergessen gehabt. Jetzt sieht sie wie er mit einem Geschoss zielt und noch ehe sie eine Warnung ausstoßen kann, hört sie ein Jaulen, das in ihrem Herzen so sehr schmerzt, als wäre sie es gewesen, die von dem Pfeil verwundet worden wäre. Sie glaubt noch nie einen Laut solcher Qual und Schmerz gehört zu haben. Und sie weiß noch nie so wütend gewesen zu sein. Was für böse Menschen waren das?!
Erst Raika, das gute Tier. Die liebe Hündin ihres Bruders, die nicht einmal aus Freude und Spiel jemanden geschadet hätte? Sie musste sterben, der Grausamkeit dieser Männer wegen und nun kamen sie, um diesen Mann zu töten, der ihr geholfen hatte.
Wenn ich nur etwas tun könnte?
Fieberhaft überlegt sie, aber jeder Gedanke scheint vor ihr zu fliehen. Sie zuckt zusammen, als sie den ersten Faustschlag hört. Sie kann nicht glauben wie ein Mensch so etwas tun kann und für Sekunden sieht sie auf das Bild, wie der Angreifer den zusammengesunkenen Fremden ein zweites Mal anvisiert und ihm mitten ins Gesicht schlägt, ohne das dieser sich wehrt. Zorn und Wut über solch Ungerechtigkeit und der Drang nicht hilflos daneben sitzen zu können, lassen Deren verzweifelt nach einem Ausweg suchen. Die Milde der Götter lenkt ihr Blick auf einen handgroßen Stein und ohne dass sie darüber nachdenkt, greift sie nach diesem. Sie kämpft sich auf die Beine, sucht für einen Moment nach der nötigen Kraft, um ihre Schritte zu kontrollieren und nicht zurück auf den Boden zu sinken, dann geht alles so schnell, das sie selber nicht weiß, wie es geschieht. Aber plötzlich hängt sie halb auf dem Rücken des Mannes und schlägt mit dem Stein auf ihn ein. Dabei weiß sie nicht mal, wo und ob sie ihn überhaupt trifft. Aber sie sieht, dass er aufhört auf den Fremden, der ihr zur Hilfe kam, einzuschlagen und das ist alles was sie erreichen will. Wie immer hat sie nicht weiter gedacht und ehe sie sich versieht, greift der Gegner ihren Arm. Sie presst die Luft zwischen zusammengepressten Lippen aus, weil der Schmerz der ihr Handgelenk durchzuckt die Welt beinah schwarz werden lässt. Noch ehe sie blinzeln kann, wirft der Mann sie von seinem Rücken und stößt sie so kräftig von sich, das sie hart auf dem schneekalten Waldboden landet. Benommen bleibt sie eine Weile liegen, ohne sich rühren zu können. Der Sturz federt noch immer nach und das atmen tut weh. Die Luft ist so eisig, das sie in der Lunge schneidet und Deren glaubt dass gerade alles in ihrem Körper auf irgendeine Art und Weise weh tut. Erst als sich das verhaltene Licht von Sternen in der Klinge des Schwerts bricht, erkennt sie die Gefahr der Situation und weiß, um den Tod des Fremden, der ihr so beherzt geholfen hat. Sie will nicht glauben, wie grausam der Weg ist, den die Götter ihm zu gedenken für seine gütige Tat und weil sie nicht weiß, was sie sonst für ihn tun kann, schließt sie die Augen und fleht Sithech still an. Nicht für sich sind die Bitten um Vergebung und Hilfe, sondern für jenen Mann, der ihr Leben rettete. Ob es wirklich die Rettung des Gottes ist, den sie um Hilfe anflehte, oder was das Wesen schickt, weiß Deren nicht wirklich zu sagen. Aber mit großen, staunenden Augen sieht sie den Wolf aus dem Nichts auftauchen. Sie sieht wie in einem Traum, dass er den Gegner anspringt und niederstreckt. Seine blutige Schnauze, ist der Beweis dafür, dass der Schrei, der Deren bis ins Mark erreicht, der letzte im Leben des grausamen Mannes ist, den er von sich gegeben hat. Sie weicht dem Blick des Tieres aus und senkt den Kopf. Noch immer glaubt sie daran, dass dieser Wolf ein Gesandter der Götter selbst ist. Noch nie war sie so voller Dank erfüllt und Erleichterung lässt sie zitternd auf dem Boden kauern, ohne dass sie sich rührt. Aber aus den Augenwinkeln bemerkt Deren, dass der Wolf nicht verschwindet. Stattdessen trottet er zu dem Fremden: Sie weiß nicht, was die beiden tun und kann es sich nicht erklären, aber es wirkt auf sie vertraut und bewundernd hockt sie in der feuchten Kälte, am ganzen Körper schlotternd und betrachtet das seltsame Schauspiel bei Mondschein, der sich nun endlich unter den dichten, dunklen Wolken hervor schiebt. Es ist unmöglich für sie zu sagen, wie lange die beiden diese Zweisamkeit teilten, denn so wirkt es auf das junge Mädchen, dann trottet der Wolf davon und verschwindet in der Dunkelheit der Nacht. Deren sieht ihm fasziniert hinterher und als sie den Blick wieder geradeaus richtet, begegnet sie den dunklen Augen des Fremden, der plötzlich vor ihr hockt. Sie sieht das Blut das aus der Wunde an seiner Schulter tritt. Dort muss ihn der Pfeil getroffen haben. Sie fühlt Erleichterung und Freude, dass es nur die Schulter und ihm nicht mehr zugestoßen ist. Jetzt endlich vermag sie auch mehr von ihm zu sehen. Sie kennt ihn nicht, hat ihn noch nie zuvor gesehen und kommt zu dem Schluss, dass er überhaupt sehr anders und fremd wirkt. Beinah wild. Aber überhaupt nur selten ist Deren von Misstrauen gelenkt, eher neugierig mustert sie den Fremden und seine Narbe. Sie hat sie entdeckt, jetzt da der Mond sich traut die Szenerie zu beleuchten. Sie wirkt so anders, wie sein Wesen. Dennoch fühlt sie sich durch ihn nicht bedroht. Nicht nur weil er ihr geholfen hat. Es ist etwas in seiner Haltung, das Flackern in seinen Augen und die Ruhe, die er ausstrahlt, die sie glauben lassen, das er keine Gefahr für sie bedeutet. Langsam und vorsichtig richtet sie sich leicht auf um dann im hocken mehr krabbelnd näher zu kommen. Unmittelbar vor ihm bleibt sie stehen und lächelt erneut scheu. Plötzlich ist sie unsicher, weswegen sie näher gekommen ist und weiß nicht mehr, was sie sagen will.
„Du bist verletzt.“, sie verzieht entschuldigend das Gesicht. Jetzt da sie ihm so nah ist, das ihr Atem seine Wange streift, erkennt sie die Spuren der Schläge in seinem Gesicht. „Meinetwegen“, fügt sie leise an und senkt den Blick. „Es tut mir leid.“ Ihre Worte sind so leise, das der Wind sie beinah davon trägt, oder sie zwischen ihnen im Nichts verschwinden. Als sie den Blick wieder hebt und ihm mit Tränen in den Augen ansieht, weiß sie nicht was sie noch sagen soll. Sie will nicht weinen, weil sie Angst hat nicht mehr aufzuhören, aber sie weiß auch nicht, wie sie die Gefühle beherrschen soll, die so bedrückend sind, dass die Angst des eben Erlebten nicht weichen will.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 26. Jan. 2008, 23:18 Uhr


Im Schein des fahlen Mondes liegen seine Augen auf dem Ausschnitt der Welt um ihn herum. Im Zentrum befindet sich das Gesicht der Frau. Um sie herum erhebt sich der tiefschwarze Wald. Im Mondlicht, das durch die kahlen Äste fällt, glitzerte der Schnee geheimnisvoll. Hamarr stellt schnell fest, er kennt sie nicht. Er besitzt ein gutes Gedächtnis, das sich die Züge verschiedener Personen schnell und lange einprägt. Aber sie hat er noch nicht gesehen. Er weiß nicht, wie viel Zeit verstreicht, bis er jede ihrer Linien erforscht und sie sich ebenfalls eingeprägt hat. Er würde dieses Gesicht so schnell nicht mehr vergessen. Sie hat weiche Züge, ihr dunkles Haar fällt ihr glatt über die Schultern. Ihre Gesichtszüge passen in die Ländereien um Ildorel. Hamarr glaubt, sie daher auch als Mensch aus den Herzlanden einzuordnen. Die Offenheit in ihren großen Augen, lässt Hamarr Vertrauen schöpfen. Er prüft ein weiteres Mal, ob er ein Zeichen von Feindseeligkeit ihm gegenüber in ihrem Verhalten ausmachen kann. Aber auch erneut bleibt die Prüfung ohne Erfolg, so dass er sich nicht davon bedroht fühlt, als sie auf ihn zu krabbelt und wenige Fingerbreit vor seinem Gesicht lächelt. Ihre Lippen bilden dafür eine harmonische Linie, die kaum Fältchen um ihre Augen und den Mund entstehen lässt. Hamarrs Blick bleibt noch immer starr an ihren Augen haften, obwohl sein Sichtfeld sich durch ihr näher kommen stark eingeschränkt hat. Er fragt sich, was sie tut.
Aber das hält ihn nicht davon ab, es sie tun zu lassen. >>Du bist verletzt.<<, stellt sie fest. Hamarr weiß, dass er mehrere Verletzungen aus diesem Kampf davon getragen hat, aber er hätte sie anders nicht aus ihrer misslichen Lage befreien können. Ihre Stimme ist sehr rein, als sie gleich darauf feststellt, ihm gehe es ihretwegen so. Aber Hamarr der den Schmerz in seiner Schulter und den Rippen nur als dumpfes Pochen in seinem Kopf wahrnimmt, reagiert nicht auf ihre Offenbarung, es täte ihr Leid. Er kann nicht viel mit diesen Worten anfangen, weil sie für ihn keinen Sinn ergeben. Der Wolfsbruder aber weiß, was Tränen sind. Diese sind etwas, dass auch ihm bekannt ist. Und so versteht er, warum sie diese Worte wählte.
Es waren weise Worte für ihn, die er akzeptiert, ohne seinen Mund zu einem dankbaren Lächeln zu verziehen. Auch wenn der Ausdruck in seinem Gesicht nicht freundlich ist, so hegt er doch nichts Grimmiges im Sinn. Und in seinen Zügen, so glaubt er, findet man das Interesse daran, zu verstehen, wen er vor wem gerettet hat. Ohne aber eine Frage zu formulieren, erhebt Hamarr sich einfach, sobald er seine Augen mit einem Blinzeln von ihren gelöst hat. In einer geraden Geste strafft er seinen Körper und bietet ihr erneut seine Hand an, um ihr aufzuhelfen. Er sieht sich mit zusammengekniffenen Augen in der finsteren Landschaft um, auch wenn Beiggi durch seine Körpersprache die Ruhe ausgestrahlt hat, die Hamarr versicherte, weitere Kämpfe wären hier vorbei.
Nachdem die Frau auf eigenen Beinen steht, geht er davon, ohne sie offensichtlich zu bitten, ihn zu begleiten. Durch das Aufstehen wird das Pochen in seiner getroffenen, linken Schulter stärker. Während er die beiden Langdolche nacheinander aufhebt und prüft, dass die am Boden liegenden Männer tot sind, achtet er nicht auf sie. Alle drei Körper beginnen schon, in der winterlichen Kälte jede Farbe zu verlieren. Morgen wird er sie begraben, wenn er sich ausgeruht hat. Jetzt jedoch ist dafür keine Kraft vorhanden und so muss jeder der toten Männer sich seinen eigenen Göttern anvertrauen, dass kein wildes Tier die leichte Beute nutzt.
Als er bereit ist, zu gehen, wirft er einen stumpfen Blick zu der Fremden, die noch immer dort steht, wo er ihr aufgeholfen hat. Etwa sechs Schritt entfernt von ihr stehend, lässt er nur zwei Worte fallen, die ihn erklären.
„Dein Freund.“ Er meint damit das Jaulen des Tieres, dass Beiggi aufgeschreckt hat. In seiner Erklärung liegt keine offensichtliche Bemühung, ihr Vertrauen zu gewinnen. Hamarr sieht sie nicht länger an, sondern geht in die Richtung des Hanges, den die Männer herunter gerutscht sind. Er sieht hinauf und schätzt den Aufstieg als Herausforderung ein. Mit der Pfeilspitze in seiner Schulter wird es ihm schwer Fallen, die Steigung auf Vier Beinen zu bewältigen. Aber Hamarr drückt seinen linken Arm gegen den Oberkörper und krallt sich mit der rechten in das Gestrüpp, das den Hang an manchen Stellen überwuchert. Er findet mit den Füßen Halt hinter den Bäumen die auch an der Schräge wachsen. So kommt er langsam voran, hilft der Fremden dabei, ihm zu folgen, indem er ihr oft die Hand reicht und sie zu sich auf sicheren Stand zieht. Er überlässt ihr die Führung, hält in seinem aufrechten Gang aber ebenso selbst Ausschau nach der Stelle, die sie wieder zu finden versucht. Dann erreichen sie nach einer viertel Stunde der Suche den niedergestreckten Körper eines Hundes von mittlerer Größe. Ein Pfeil steckt hinter dem Vorderlauf in der Brust des Tieres. Hamarr benötigt nicht lange, um zu erkennen, dass er nicht mehr atmet. Er hält sich mehrere Schritt entfernt von den beiden auf und wartet, bis die Fremde wieder zurück zu ihm kommt. Die Tränen, die er vorhin in ihren Augen gesehen hat, laufen still über ihre Wangen. Hamarr sieht darin die Verbindung, die sie zu dem Toten gehabt hat. Ihre Augen begegnen sich erneut so offen, wie zuvor, als sie sich gegenüber gehockt haben.
„Es tut mir Leid.“, formuliert er mit der ihm eigenen, dunklen Stimmen in gleich klingendem Tonfall. Er trägt den toten Hund vor sich den Weg zurück zu dem Lager, indem er auch sie und ihren toten Gefährten für diese Nacht aufnehmen wird. Sie laufen um die im Wind wiegenden Ranken der Wurzel, hinter der sich die Kuhle befindet, in der das weiße Fell von Beiggi zusammen gerollt aus dem Dunkel von Moos, Laub und Erde heraus sticht. Bevor sie sich aber weiter nähern, zeigt er ihr mit einem scharfen Blick, sie soll stehen bleiben. Er geht auf den Wolf zu, der aufmerksam den Kopf aufrichtet, bevor er seinen Körper hebt und den Kadaver beschnuppert, den Hamarr in die Nähe des Lagers legt. Hamarr kümmert sich nicht um Beiggi, der sich streckt und in der Nacht verschwindet. Er nimmt dagegen das weiße Fell, unter dem er zuvor geschlafen hat und kommt zu der Fremden. Er hebt das schwere Gewand eines Wolfes mit seinem rechten Arm empor und beginnt dann damit, das robuste Fell an ihrem Arm zu reiben. Ohne darauf zu achten, worüber er streicht, berührt er mit dem Fell beinah jede Stelle an ihrem Körper. Bevor er sich zuletzt dem Gesicht und Haaren widmet, um ihr einen Teil der Ahnen anzuhaften, trifft er wieder auf ihren unverschleierten Blick und erwiderte ihn, ohne ihn zu erwidern. Sie hat keine Einwände oder versucht ihn abzuhalten und so streicht er das Fell über ihre Wangen, die Stirn, ihr Haar und zuletzt, damit sie die Möglichkeit bekommt, den Geist der Ahnen durch ihren Atem in sich aufzunehmen, über ihr Kinn. Dann will er ihr das Fell mit einer Hand über die Schultern legen, aber als es ihm nicht gelingt, nimmt sie es ihm ab und vollendet, was er begonnen hat. Hamarr blinzelt leicht. Ein Mundwinkel zuckt darüber, dass sie ihn verstanden zu haben scheint in die Höhe. Dann dreht er sich um, geht zum Lager zurück und winkt sie zu sich. Er setzt sich an den Rand seines Schlafplatzes und zieht den dicken Umhang, den er als Kissen benutzt, darüber. Mit seiner Hand deutet er auf das so geschaffene Lager und zeigt ihr, dass dies ihr Platz ist.
                         


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 28. Jan. 2008, 07:39 Uhr


Abwartend sitzt sie dort. Seine Augen sind so dunkel wie die Nacht und doch schimmern sie so klar, als haben sich Sterne in ihnen gefangen. Fasziniert glaubt sie noch nie solche Augen gesehen zu haben, so wie sie sicher weiß, noch nie einem Menschen, wie ihm begegnet zu sein. Vieles an ihm wirkt noch immer merkwürdig und fremd auf sie, aber trotzdem spürt Deren, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Seine ruhige Haltung wirkt vielmehr abwartend und sie meint zu erkennen, wie er ihren Worten Sinn versucht zu entnehmen. Erschrocken beschleicht sie der Gedanke, er könne sie womöglich nicht verstehen. Sie vermutet nicht, dass es eine andere Sprache ist, die er spricht und die dafür verantwortlich ist, dass er ihr nicht folgen kann. Die Ernsthaftigkeit in der sein Mund geschwungen ist, lässt solchen Rückschluss nicht zu. Längst hätte er sich in seiner Sprache an sie gewendet, um wenigstens deutlich zu machen, er verstehe kein Wort von dem, was sie spricht. Doch eine solche Reaktion bleibt aus und Deren ahnt, dass sie es deshalb bleibt, weil er womöglich mit Sprache an sich nicht vertraut ist.
Doch wie soll das möglich sein?, fragt sie sich und will nicht glauben, das ihr Gefühl die Wahrheit spricht. Sie sucht in seinen Augen nach Antworten, mehr als sie hofft er möge sprechen, hofft sie diese zu finden, ohne dass er sie aussprechen muss. Seltsamerweise wünscht sie sich sehr, dass er ihren Dank versteht und erhält, den sie weiß um das was er für sie getan hat. Der Schrecken über das Erlebte weicht nur langsam, aber seine Tat und das Glück, das sie hatte, weiß sie nicht zu vergessen.
Ob er ihre Intention wenigstens versteht, wenn er auch keines ihrer Worte kennen mag, bleibt ihr verborgen. Ob er ihre Tränen gesehen hat, oder nicht, weiß sie ebenso wenig zu raten. Sie kann auch nicht einschätzen, ob er sie nun verlassen wird. Sie beobachtet ihn mit den Augen und spürt die Unruhe in sich, die sich ihres Körpers bemächtigt, der zu zittern beginnt, kaum dass sich der Fremde erhoben hat. Es ist Angst, die sie lähmt, wenn sie daran denkt, erneut allein zu sein. Nie in ihrem Leben hat Deren Angst dieser Art und dieses Ausmaßes gekannt. Nie erscheint ihr eine Nacht so finster und bedrohlich wie jetzt. Schon denkt sie darüber nach ihn zu bitten, nicht zu gehen, als er sie ansieht und ihr die Hand reicht, wie er es schon mehr als dieses eine Mal getan hat. Deren glaubt, dass es die Erleichterung ist, die ihr die Kraft gibt sich aufzurichten. Erleichterung die ihr Herz mit Leichtigkeit füllt, weil sie nicht mehr daran glaubt, dass er sie alleine lassen wird. Woher immer sie diesen Glauben nimmt, sie spürt es beinah als Gewissheit und für einen Moment glaubt sie beinahe, das die Götter selbst ihr diesen Fremden, als Begleiter für ihren Schutz, geschickt haben. Sie denkt über eine solche Möglichkeit nach, während der Fremde sich umsieht und in ihrer Nähe steht. Sie mustert seinen muskulösen Rücken und die Art, wie er dasteht, als könne er in der undurchdringlichen Nacht so gut sehen wie bei hellstem Sonnenschein des Tages. Sie fühlt sich in dem Glauben bestärkt, dass ihre Begegnung nicht einfacher Zufall ist. Deren lässt es sich nicht nehmen ein ehrliches und zutiefst dankbares Gebet an Sithech zu senden, bevor sie prüft, ob sie in der Lage ist zu gehen. Sie fühlt sich seltsam, als seien ihre Beine wackeliger, als eine lockere Holzbohle an einem Anlegesteg. Als Kind war sie einmal auf einer solch lockeren Bohle ins Straucheln geraten und eingebrochen. Es war alles so schnell gegangen. Sie erinnert sich gut daran, wie sie hilflos mit den Armen gestrampelt hat und vor Panik beinah vergessen hatte, dass sie schwimmen konnte. Landor war zu ihr geeilt, von ihren Schreien gelockt, aber anstatt ins Wasser zu springen, hatte er lachend am Steg gestanden und sie daran erinnert, das es nicht weit zum Ufer sei und er fest daran glaube, sie könne ihn erreichen bevor er Mutters Nachtisch ganz alleine gegessen habe, den er aus dem Haus mitgebracht hatte.
Landor…
Der Gedanke hallt schwer in ihrer Brust wieder.
Wenn es dir nur gut geht, Bruder. Du hast versprochen auf dich aufzupassen, erinnerst du dich daran?
Deren erinnert sich gut daran. Er musste es immer wieder versprechen, bevor er zu einer neuen Reise aufbrach und für länger als einen Tag fort geblieben war. Jetzt sind mehrere Wochen vergangen seit sie ihren Bruder das letzte Mal gesehen hat und sie ist sich nicht mal sicher, ob er noch lebt.
Alles was ich habe ist ein lächerlicher Traum. Ob das genug sein kann, Landor?
Sie bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn sie nun an ihren Träumen und der Weisheit der Götter zweifelt. Jetzt da sie ihr aus ihrer Not geholfen haben. Also schiebt sie jeden Zweifel weit von sich. Zur Ablenkung von den Gedanken, die bei ihrem Bruder weilten und keine Klarheit bringen können, richtet sie den Blick wieder auf den Mann, der ihr so beherzt half. Sie beobachtet wie er die Waffen aufsammelt, von denen sie annimmt, dass es seine sind. Zumindest wählt er sie bewusst aus. Das Schwert und den Bogen rührt er nicht an. Auch wenn er kontrolliert, ob die Männer noch Leben in sich tragen, erkennt Deren anhand der Färbung der Haut, dass die Kälte bereits ihre toten Körper zu sich nimmt. Deren schaudert und für einen Augenblick überfällt auch sie eine Kälte, die nicht vom eisigen Wind oder ihren durchnässten Kleidern kommt. Es ist eine Kälte, die sie von innen heraus erschaudern lässt.
Wie knapp es gewesen ist. Wenn er nicht gekommen wäre, würde ich vermutlich jetzt dort im Schnee liegen und…
Sie kann den Gedanken nicht zu Ende denken und schließt die Augen. Es fällt schwer sie wieder zu öffnen, denn obwohl sie weiß, das dem Fremden keine Wahl geblieben ist, als die, sein und ihr Leben, zu verteidigen, verabscheut Deren Gewalt zutiefst. Diese Männer sind tot und obgleich sie womöglich nur wenig Licht im Herzen getragen haben mochten, hofft Deren für sie, dass es genug ist, um sich der Gnade der Götter anvertrauen zu können. Es gefällt ihr nicht ihre Körper wilden Tieren zu überlassen, die sich an dieser Mahlzeit erfreuen könnten, aber sie weiß sich auch keine andere Lösung. Kaum kann sie daran denken, die Männer selber zu begraben. Mit was auch?
Und ihr Retter? Er wirkt nicht, als kenne er ein solches Ritual oder denke daran, diese Männer nun begraben zu wollen. Kaum kann sie ihn um solch einen Gefallen bitten und so versucht Deren über die Leichen der beiden Männer, die sie angegriffen haben, hinwegzusehen. Anstatt ihre Augen nun in die Dunkelheit der weit fortgeschrittenen Nacht zu richten, bemerkt Deren den Blick des Fremden auf ihrer Gestalt. Sie wendet den Kopf in seine Richtung. Obwohl ihre Augen sich begegnen, kann Deren nicht mutmaßen was in ihm vorgeht. Es erschreckt sie beinah, als er etwas sagt. Sie hat nicht mehr damit gerechnet, dass er sie ansprechen wird. Oder das er überhaupt ihre Sprache versteht. Aber klar und deutlich hat sie die Worte <<Dein Freund >> verstanden. Sie versucht Sinn in diese Worte zu bekommen, während er sich wiederholt abwendet. Dein Freund, was hatte er gemeint? War er ihr Freund?
Sie richtet den Blick wieder auf ihn und lächelt zufrieden. Das musste es gewesen sein. Es ist die logische Schlussfolgerung seiner Worte, die einfach und klar sind und so gibt es für Deren keine Zweifel an seiner Aussage oder der Wahrheit daran.
Mein Freund.
Der Gedanke lässt sie erneut lächeln und sie fühlt wie etwas Sicherheit in ihre erschöpften Knochen zurückkehrt. Wie erschöpft sie wirklich ist, bemerkt sie jedoch erst, als ihr Freund beginnt den Hang hinauf zu klettern und sie ihm folgt. Er hat sie zwar nicht direkt aufgefordert, aber Deren glaubt es in der Art gesehen zu haben, wie er zu ihr gesehen hat. Was genau er vorhat, weiß sie und ahnt sie nicht, aber sie vertraut seiner Führung. Ebenso wie seiner Hand, die er ihr immer wieder reicht, damit sie ihm folgen kann. Er klettert dabei so ungewohnt, wie alles an ihm anders ist. Beinah mutet es an, als würde er diesen steilen und beschwerlichen Weg auf allen vieren nehmen wollen, wenn er sich nicht die Schulter so sehr verletzt hätte, das sie ihn behindert. Immer wieder ertappt sie sich dabei, das sie im klettern inne hält und viel mehr jede seine Bewegungen beobachtet, die trotz seiner Behinderung, agil, flink und angespannt wirken, als wisse er nicht nur genau was er tue, sondern als sei sein Körper an solcherlei Dinge gewohnt. Gewohnt vor allem sie so zu bewältigen. Deren kommt sich in ihrer Art, den Hang zu erklimmen recht plump neben ihm vor und das obwohl sie nicht einmal schlecht darin ist, zu klettern. Sie erinnert sich daran, im klettern sogar besser als ihr Bruder zu sein, weil sowohl ihre Größe, als auch ihr zierlicher Körper ihr oft Vorteile darin geben. Doch diese scheinen neben ihm nicht zu bestehen und nicht nur wegen der Schwäche, die ihren Körper von Zeit zu Zeit befällt, greift sie oft nach seiner Hand und lässt zu, dass er ihr hilft sicheren Stand zu finden. Während es bei ihm so einfach aussieht, merkt Deren, dass sie eigentlich am Ende ihrer Kräfte ist, nachdem sie endlich den Waldweg erreicht haben, auf dem sie vor ihren Verfolgern geflüchtet ist. Sie muss für einen Moment stehen bleiben und Luft holen. Ihre Hand schmerzt zwar noch immer, aber der Schmerz hat abgenommen, pocht nur noch dumpf. Deren vermutet sie wird am Morgen blaue Flecken haben und vielleicht schwillt die Hand etwas an. Aber sie weiß, dass es nichts Ernstes ist. Trotzdem tut es weh und am liebsten will sie sich nur noch in den Schnee setzen und sich nicht mehr rühren. Natürlich wäre solch kindisches Verhalten undenkbar und gefährlich. Außerdem schämt sie sich sogleich für diese Schwäche, wenn sie bedenkt wie groß die Schmerzen ihres Freundes sein müssen, der weit schlimmer verletzt ist, als sie. Als sie sich fragt was sie hier wollen, spürt sie seinen erwartungsvollen Blick auf sich. Es scheint, als solle sie sagen wohin sie gehen sollen. Für Momente weiß Deren nicht, was sie tun soll und sie spürt Unsicherheit, die ihre Augen unruhig hin und her wandern lässt. Dann plötzlich, endlich, erkennt sie, was sie vorher nicht gesehen hat. Er ist wohl ihr Freund, aber seine Worte haben gar nicht ihn gemeint. Er meint Raika, die er wohl gehört haben musste. Sie soll sie wohl finden. Wie sehr sie es will, merkt Deren erst, als sie den Weg zurück geht und sobald sie sich sicher ist den richtigen gefunden zu haben, immer schneller wird, bis sie die Hündin ihres Bruders endlich findet. Das Tier liegt tot im Schnee, der sich um den hellen Körper rötlich verfärbt hat. Erneut treten Deren Tränen in die Augen.
Aye, du bist so treu gewesen. Du gutes Tier. Treue Freundin, die du gewesen bist, mögen die Götter deiner Seele Frieden schenken und dich reichlich belohnen für deine Taten, die stets nur Gutes im Sinn hatten. , betet Deren still, während sie neben der Hündin im Schnee hockt und ihr Fell ein letztes Mal streichelt. Ihre Tränen tropfen wie glitzernde Perlen auf das Fell und verebben nur langsam, nachdem Deren sich erhoben hat. Ihr Freund, denn als solchen möchte sie ihn trotzdem bezeichnen, hat mit Abstand und Respekt gewartet. Seine ehrlichen Worte, die bekunden, dass es ihm Leid tut, berühren sie sehr und sie erwidert sie mit einem sanften Lächeln, bevor er an ihr vorbei tritt. Er nähert sich der Hündin und nimmt ihren toten Körper auf seinen Arm. Trotz seiner Verletzung verzieht er unter Raikas Gewicht nicht das Gesicht. Diesmal folgt Deren ihm. Sie fragt nicht was er vor hat oder wohin sie gehen, sondern vertraut ganz seiner Führung und seinem Herzen, von dem Deren nur das Beste annimmt, nachdem er sie in dieser Nacht so selbstlos gerettet hat.
Dabei kenne ich nicht einmal deinen Namen…
Während sie darüber sinnt, stößt sie auf die Frage, ob er überhaupt so etwas wie einen Namen besitzt. Noch immer ist sie sich nicht sicher, was seine Herkunft angeht, aber jetzt da er sie damit überrascht hat sehr wohl ihre Sprache zu sprechen, wird sie noch weniger aus ihm schlau als vorher. Sie weiß nicht, was er kann und was nicht. Worin er sich unterscheidet und was alles in der Gleichheit doch anders an ihm ist. Den Weg über denkt Deren darüber nach. Sofern die Müdigkeit sie nicht abdriften lässt. Einmal erwischt sie sich dabei, dass ihr beinahe die Augen zufallen. Umso erleichterter atmet sie auf, als der Fremde stehen bleibt und ihr zu verstehen gibt, sie möge anhalten und sich nicht bewegen. Deren versucht etwas zu erkennen und meint ein Lager auszumachen, von dem sie glaubt, das es seines ist. Erst jetzt erkennt sie weißes Fell und den Wolf, der ihnen beiden zu Hilfe gekommen war. Erschrocken und gleichsam erstaunt das göttliche Geschöpf wieder zu sehen, erstarrt Deren und vergisst sogar zu atmen. Es ist für sie klar, das die Götter den Fremden als ihren Beschützer geschickt haben müssen, denn der Wolf kann nichts anderes, als genau das bedeuten. Wie viel unermessliches Glück sie doch hat. Dankbarkeit erfüllt ihr Herz und sie schaut dem Wolf mit fasziniertem Blick hinterher, nachdem dieser sich aufrichtet und das kleine, einfache Lager verlässt, in das der Fremde sie geführt hat. Dieser legt zunächst den toten Körper ihrer Freundin ab, dann kommt er mit einem weißen Wolfsfell zu ihr. Dass es ein solches ist, erkennt Deren erst, als er wieder vor ihr steht. Sie fragt sich, was er vor hat und mustert ihn aus warmen Augen, die abwartend auf ihm liegen, ohne Furcht zu zeigen. Sie fürchtet sich nicht vor dem Fremden und wartet stattdessen darauf, dass er offenbart, was nun geschehen soll. Er beginnt, ohne ein Wort, damit das Fell über den Stoff ihrer Kleider zu reiben. Zunächst beobachtet Deren den Fremden nur staunend und begreift nicht, wozu dies gut sein soll. Sie fragt sich was für ein Ritual er damit einhält und ob er überhaupt an jene Götter glaubt, denen sie dient? Sie fragt sich das ernsthaft, als sie plötzlich eine andere Idee überkommt. Sie erinnert sich an den Wolf, daran, das auch er mehr von einem Wolf an sich hat, in der Art seines Ganges, seiner Bewegungen und sogar seines Verhaltens. Vielleicht, so glaubt sie, will er sie zu einer von sich machen, indem er ihr seinen Geruch verleiht. Vielleicht ist das ein Zeichen von Freundschaft. In jedem Falle, wohl kein Zeichen von Gefahr und da sie ihn nicht verletzten möchte, hält sie ihn kurz auf, um ihren Mantel hochzukrempeln und auch den Stoff ihres Kleides hochzuziehen, damit er ihre Arme wenigstens richtig einreiben kann. Bei ihren Beinen traut sie sich nicht und hofft er nimmt es ihr nicht übel. Sie sieht dass er sein Tun sehr ernst nimmt und es sorgfältig ausführt. Er streift ihren Blick, ohne ihn direkt zu erwidern, als er kurz inne hält, bevor er auch ihr Gesicht und das Haar mit dem Fell abreibt. Fasziniert erkennt sie den Duft, als das Fell ihre Nase streift, wieder. Er haftet auch ihm an und sie lächelt über diese Erkenntnis eben so breit und warm, wie darüber, das auch er kurz lächelt, als sie ihm das Fell abnimmt und sich über die Schulter legt, nachdem er es mit nur einem Arm nicht alleine schafft. Dann lässt er sie stehen und geht zu einem Lager, das aussieht wie eine Bettstelle. Er bittet sie näher zu kommen und seine Geste zeigt deutlich, das dies ihre Schlafstätte sein soll. Deren braucht sich nicht umsehen um zu wissen, dass es die Einzige ist. Ein schlechtes Gewissen überkommt sie nicht. Sie ist der festen Absicht, sich die Stätte mit ihm zu teilen. Ohnehin friert sie erbärmlich in den nassen Kleidern, von denen sie wild entschlossen ist, diese erst einmal auszuziehen, damit sie trocknen. Doch vorher nähert sie sich ihm und setzt sich neben ihn.
„Danke.“
Ihr Dank ist einfach und doch könnten ihre Augen nicht dankbarer leuchten und ihr Lächeln nicht ausgeprägter sein. Bedenkt sie, wie müde sie ist. Sie merkt es erneut, jetzt nachdem sie sitzt und weiß sie wird nicht noch einmal aufstehen können. Ihr Haar fällt ihr ins Gesicht, als sie sich zu ihm dreht und sie streicht es zurück, anstatt sich damit aufzuhalten, es wieder hochzustecken, nachdem es aufgegangen war, als der eine Angreifer, sie an diesem auf die Beine gezerrt hatte. Damit sie nicht auf der Stelle einschläft, richtet sie den Blick auf ihren Freund.
„Du bist noch immer verletzt. Du musst dich um dich kümmern.“
Wie sollte sie ihm helfen?
„Weißt du was zu tun ist? Kann ich dir…“
Sie unterbricht ihre Worte, weil sie glaubt zu schnell zu reden. „Lass mich dir helfen, bitte?“, fügt sie deshalb sanft an und hält seinen Arm bittend, um ihm zu zeigen, wie sehr sie helfen möchte.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 30. Jan. 2008, 16:18 Uhr


Ohne Erwartung an die fremde Frau zu stellen, die er gerettet hat, liegen Hamarrs Augen auf den Umrissen ihrer Gestalt, die von dem weißen Fell über ihren Schultern deutlich begrenzt werden. So muss er nicht vermuten, welchen Weg genau sie zu dem vorbereiteten Lager nimmt, denn das Fell hebt sie hinter der dunklen Nacht ab. Die Zeit nutzend, die sie benötigt, um zu ihm zu kommen, nutzt Hamarr dazu, sie zu beobachten. Noch immer ist sein natürliches Misstrauen nicht gewichen und er weiß, dass es wohl solange nicht weichen wird, bis er wieder allein mit seinem Bruder unterwegs ist. Ihren Gang empfindet er als menschlich und gleichwohl  ungeschickt, was ihm zeigt, dass sie kein Mädchen ist, dass Abenteuer gewohnt ist und sich weiß, in diesen zu bewegen. Trotzdem sieht er in ihren Versuchen, sicheren Tritt auf Boden zu finden, den sie weder kennt noch sieht, dass sie ein Mensch von besonderer Willensstärke ist, der nicht aufgibt oder zögert, bis er sein Ziel erreicht hat.
Ohne den Blick von ihr abzuwenden, wartet Hamarr, bis sie sich auf den Platz gesetzt hat, den er ihr zugedacht hat. Er hat die Beine angewinkelt und kauert leicht gebeugt geradewegs so, dass seine Augen unter seinen geraden Brauen hervorstechen. Ohne die Möglichkeit zu bekommen, seinen Blick zu lösen, sobald sie ihm keinen Grund mehr gibt, sie zu mustern, bedankt sie sich mit einfachen Worten bei ihm. Hamarr weiß mit der Bedeutung der Silben etwas anzufangen. Aber ausgesprochener Dank aus dem Mund eines Menschen der Herzlanden ist für den Mann aus dem wilden Norden eine Floskel, wie die Münzen, die er in seinem kleinen Rucksack bei sich trägt, damit er sich in dieser Welt bewegen kann. So schenkt er ihrem wörtlichen Dank keine Erwiderung in einer Geste. Auch verlegen macht ihn dies nicht. Aber er erkennt in ihren müden Augen, die ihn immer wieder in der Dunkelheit suchen und finden, dass es mehr ist, was sie mit dem einfachen Wort zum Ausdruck bringen möchte. Sie weiß, dass sie womöglich gestorben wäre, wenn er nicht eingegriffen hätte. Und eben in ihrem Lächeln liegt für Hamarr der eigentliche Dank, den sie ihm schuldet. Er blickt verschlossen auf sie und nickt ihr zurückhaltend zu, dass er ihren Dank annimmt. Es ist für sie aus dem Norden eine Sache Dank von Fremden zu empfangen. Eine andere wiederum ist es, diesen dann sichtbar für jenen gegenüber anzunehmen.
Hamarr überlässt sie damit sich selbst. Er erfasst mit einem erneuten Blick die Umgebung und verharrt dafür, um in wenigen Atemzügen damit zu beginnen, seine Wunde zu versorgen.
Ihre dunkle Stimme zieht seine Aufmerksamkeit wieder auf sie. Sie zeigt ihm, dass auch sie kaum darüber hinwegsehen kann, dass er verletzt ist. Hamarr starrt sie ausdruckslos an. Hinter seinen Augen aber versucht er abzuschätzen, was sie ihm damit zu verstehen geben will. Als sie zögernd fordert, er solle sie helfen lassen, denkt Hamarr darüber nach, ob sie dies wirklich will und ob sie ihm eine Hilfe dabei sein kann, den Pfeil aus der Wunde zu ziehen. Er lässt sich nicht lange Zeit eine Entscheidung zu treffen und auch wenn sie nicht mehr so scheint, als könne sie wach bleiben, bis seine Arbeit vollendet ist, nickt er einlenkend und deutet mit einem Blick zu einem abgetragenen Ledersack, der etwa drei Schritt von ihr liegt. Dort bewahrt er alles auf, dass er nicht am Körper trägt. Mehr besitzt Hamarr nicht. Er bittet sie still es zu holen. Zumindest glaubt er sie habe ihn verstanden. Sie holt Hamarrs Tasche, während er den ersten wirklichen Blick auf seine Wunde wirft, die er zuvor nur mit seinen Fingern ertastet hat. In der Nacht wirkt der Anblick auf seinem hellen Wollhemd bizarr. Es ist getränkt mit schwarzer Flüssigkeit, die beinah bis hinunter zum Bund seiner Hose gesickert ist. Einen Seitenblick wirft Hamarr zu ihr. Sie sitzt wieder auf der Decke, den Rucksack in ihrem Schoß. Währenddessen tastet seine Hand erneut nach abgebrochenem Schaft des Pfeils. Bei der bloßen Erschütterung durchfährt Hamarr ein Reißen, das noch bis in seinen linken Oberschenkel abstrahlt, obwohl er den Pfeil nicht mehr berührt. Zwar ist er Schmerzen gewöhnt und ihnen gegenüber stumpf geworden, doch gegen die Natur kann auch Hamarr nichts machen. Seine Hände zittern, wenn auch nicht aus ernst. Aber der Blutverlust macht sich spürbar bemerkbar und somit auch das Abklingen des Zustandes, indem er sich befunden hatte. Wie ein Rudel die Beute umkreist auch Hamarrs Hand abtastend das Fleisch um den Fremdkörper ins einer Schulter. Für einen Augenaufschlag begegnet er dem Blick der Fremden, aber Hamarr deutet ihn nicht, sondern weicht ihm aus. Mit zusammengebissenen Zähnen und geschlossenen Augen greift er zu und ruckt an dem runden Holzstück. Bevor er den Pfeil in Händen hält vergehen zwei erfolglose Versuche, bei denen seine Finger immer wieder an dem blutverschmierten Holz abrutschen. Aber er hat sich festgebissen und so dreht er die Spitze bei seinem dritten Versuch leicht gegen den Lauf der Sonne und löst sie damit aus der Wunde, auch wenn es ihn fast das Bewusstsein kostet. Schwer atmend kauert er in sich zusammen da. Seine Hände liegen solange in seinem Schoß, bis Hamarr einschätzt, sich das Hemd ausziehen zu können. Er legt den Pfeil beiseite und nimmt erst jetzt die Hand auf seiner Schulter wahr, die die Fremde darauf gelegt hat. Wie lange sie schon dort liegt, weiß der Wolfskrieger nicht zu sagen. Er runzelt verdutzt darüber die Stirn, lenkt jedoch dringlich auf den Rucksack.
„Der rote Beutel.“, bittet er ernst. Die Zeit, die sie damit verbringt, den Lederbeutel zu finden, in dem Hamarr einige Kräuter und Blätter aufbewahrt, mit denen ein Krieger seine Wunden versorgt, nutzt er, um sein Hemd auszuziehen. Auf seinem Oberkörper bildet sich eine Gänsehaut, die von Kälte und Schmerz herrühren. Als sie ihm den Beutel reicht, öffnet Hamarr ihn gekonnt mit einer Hand und sucht sichtlich nach etwas Bestimmtem. Er bittet sie erneut um etwas in geschäftigem Ton, der zu vergessen scheint, wer sie ist. „Den feinen Stoff.“ Als er die Kräuter gefunden hat, steckt er sie in den Mund, kaut mehrmals darauf herum. Unterdessen reicht sie ihm nun auch einige Fetzen Stoff, die Hamarr für solche Zwecke mit sich trägt.  
Er spuckt den größten Teil des bitteren Breis aus grob gekauten Blättern auf seine Handfläche und drückt diese auf die Wunde, die zum Glück nicht tief ist. Sein Schlüsselbein hat den Schuss abgefangen. Schlimmer daran ist, dass der Pfeil so unter den Knochen gerutscht war, dass der Hakenschliff der Spitze sich darunter verkantet hatte. Hamarrs leises Stöhnen vergeht, sobald ein Stück Stoff seine Hand ersetzte. Er hält die Kompresse mit den Fingern, sucht dabei mit der linken Hand nach einem längeren Stück Leinen, womit er die Wunde verbinden kann. Als er die Stücke findet, beginnt er mit dem eingespielten Ablauf, seine Schulter zu verbinden. Hamarr achtet nicht auf die Fremde, sondern verknotete schließlich die Enden der letzten Bandage. Aufsehend, wirft er einen Blick zu ihr, dann widmet er sich wieder der Umgebung, die erneut von ihm abgesucht wird.
Aber er stellt nichts fest, dass ihn würde misstrauisch werden lassen. Schweigend verpackt er die Reste seiner Arbeit wieder und legt sie in den Rucksack. Hamarr denkt darüber nach, wie lange es dauern darf, bis die Wunde verheilt ist. Froh ist er darüber, dass Beiggi und er heute eine solch gute Beute gemacht haben. Wenn der Platz für ein Lager sicher ist, dann wird Hamarr die nächsten Tage hier bleiben und sich schonen. Hamarr widmet sich wieder dem Gast, den sie heute Nacht im Lager haben.
„Dein Name…“, spricht er sie leise an, ohne seiner Stimme einen fragenden Tonfall zu geben. Er wartet nicht auf ihre Antwort, sondern streift sich das Hemd aus Leder, welches er für gewöhnlich über dem Wollenen trägt, über. Vorsichtig fädelt er dabei den Arm der verletzten Schulter durch den weiten Hemdsärmel. Er beißt die Zähne zusammen, weil es nicht gelingen will und der glühende Schmerz in seiner Schulter seine Geduld strapaziert. Bevor er sein Ziel erreicht, geht sie ihm zur Hand, ohne dass er reagieren kann. Sie streift vorsichtig den Ärmel über seinen Arm. Er lächelt zurückhaltend, beinah scheu, nachdem sie mit vereinten Kräften auch die Tücken der Kapuze gemeistert haben, die an das Hemd genäht ist.
Unterdessen legt Hamarr seine rechte Hand flach auf die Mitte seiner Brust. „Hamarr.“, stellt er sich ohne viele Formalien vor. Seine Stimme ist dunkel, aber ähnelt keinem Donnergrollen, wenn er diesen Namen ausspricht.  Es ist immer noch ungewohnt für ihn, zu sprechen, nachdem Beiggi seit mehreren Mondwechseln die einzige Möglichkeit für ihn darstellt, sich zu unterhalten.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 01. Feb. 2008, 20:02 Uhr


Deren wartet auf seine Antwort und hofft innerlich mit Bangen, dass er ihr ihre Bitte gewährt, ihm helfen zu wollen. Deren bangt derweil gleichwohl darum, dass er ihre Hilfe zurückweist, wie darum das er sie annimmt. Sie ahnt das eine Zurückweisung ihr schlechtes Gewissen so viel Nahrung geben wird, wie neues Brennholz einem verlöschenden Feuer, dass sich hungrig nach Nachschub sehnt. Trotzdem weiß sie ebenso gut, dass sie ihm keine wirkliche Hilfe sein kann, so wenig Ahnung wie sie von diesen Dingen hat. Sie bereut Landor nicht hier und da zugehört zu haben, der sich wenigstens ein wenig mit diesen Dingen ausgekannt hat.
Doch bevor sich Derens Gedanken in diesen Sorgen verlieren können – die den Himmel sicher noch finsterer gemacht hätten, als er ohnehin erscheint – fühlt sie den Blick des Fremden auf sich und sieht, rechtzeitig aufblickend, sein Nicken. Seinem Blick folgend, fällt er auf einen abgetragenen Rucksack aus Leder, der nicht weit von dem Lager liegt, auf dem sie sich niedergelassen hat, nachdem er es ihr zugewiesen hatte. Deren erkennt in seinen dunklen Augen, die stille Aufforderung ihm eben diesen zu bringen. Dankbar darum, dass er ihre Hilfe zwar annimmt, jedoch nichts verlangt, das sie nicht geben kann, lächelt sie und will sich im nächsten Moment voller Tatendrang erheben. Aber noch in dem Versuch merkt Deren, dass ihre Knochen nicht gehorchen wollen, auch ihre Füße halten nichts davon sich nun noch einmal aufzurichten. Im Gegenteil so erschöpft und müde wie sie sich teilweise im Kopf fühlt, scheint ihr Körper bereits am Ende seiner Kräfte, wenn nicht darüber hinausgegangen zu sein. Sofort verzieht sich ihr voller Mund zu einem missmutigen Ausdruck von Verzweiflung und aus Trotz geboren alsbald zu einem für Deren typischen Schmollen. Sie will sich nicht damit abfinden, nicht mehr zu können und akzeptiert nicht, dass ihr Körper ihr nicht gehorchen mag. Willensstärke allein, die sie schon immer auszeichnete, ist es wohl zu verdanken, dass sie sich wirklich erhebt und die wenigen Schritte zu dem Rucksack mehr taumelt als geht.
Obgleich sie sich erleichtert fühlt, kaum das sie wieder sitzt, fühlt sich Deren zufrieden. Sie hat erreicht was sie will und auch wenn sie weiß, dass es sich um keine heldenhafte Tat handelt, ist sie ein wenig stolz auf sich. Für sie ist das alles hier noch immer… zu viel womöglich.
Sie möchte den Gedanken schnellstmöglich abwerfen, aber er hallt unangenehm tief in ihrem Herzen nach, das alsbald darum bangt, sie könne die Suche nach ihrem Bruder aufgeben.
Ich kann ihn nicht im Stich lassen! Ich kann nicht…
Verbissen presst Deren die Lippen aufeinander und lenkt ihren Blick auf dem Verletzten. Seine Wunde sieht sie im Dunkeln kaum, aber Deren kann das dunkle Blut auf seinem hellen Wollhemd nicht übersehen, das in dünnen Rinnsalen bis zu seinem Hosenbund gelaufen sein muss. Erneut und ohne dass sie es verhindern kann, ergreift Deren Mitleid und großes Schuldgefühl. Für ihn gab es keinen zwingenden Grund einzugreifen und sein Leben so leichtfertig für eine Fremde zu riskieren, die er nicht kennt. Trotzdem hatte er genau dies ohne Zweifel getan.
Ihre Augen finden für flüchtige Sekunden seine dann widmet er sich der Wunde und Derens Blick ruht auf seiner Gestalt. Sie versucht einzuschätzen, was ihn bewogen haben mag, ihr zu helfen, kommt aber zu keiner zufrieden stellenden Antwort. Sie glaubt nicht, dass sie so einfach ist, weil nichts an ihm normal und einfach wirkt.
Schwierig scheint auch das zu werden, was vor ihm liegt. Deren sieht wie er seine Wunde betrachtet und mit den Fingern abtastet. Als sie glaubt das sich sein Gesicht unter Schmerz verzieht und sie hört wie er die Luft hart einatmet, tut es auch Deren ihm gleich, dabei weiß sie nicht über solch Schmerzen zu klagen. Ihr Handgelenk hat längst aufgehört zu schmerzen. Es pocht ab und an dumpf, aber Deren weiß, dass es nicht schlimm ist.
Ein paar blaue Flecken, eine Prellung…was ist dies schon im Vergleich zu dem was du ertragen musst.
Erneut suchen ihre Augen die des Fremden und sie merkt wie er ihrem Blick ausweicht. Ob er es bewusst tut, oder nicht, kann Deren nicht erkennen. Auch sie möchte beinah den Blick abwenden, als er plötzlich den Schaft des Pfeils greift und an diesem zu rucken beginnt, um ihn aus seiner Schulter zu ziehen. Die Augen verkniffen und zugepresst, mehr aus ihnen hervorlugend, spürt Deren ein stetiges Klopfen in ihrer Magengegend, dass sowohl Aufregung andeutet, als den Fakt, das ihr ehrlich schlecht wird. Es wird kaum besser, als sie sein Stöhnen vernimmt und sieht, wie er abrutscht und den Schaft, ohne das er sich bewegt hätte, erneut umfasst. Wahrscheinlich ist sie mittlerweile kreidebleich und sie fühlt wie Schweiß ihr den Nacken hinunterläuft. Auch ihre Hände sind feucht, als sie den Rucksack weglegt, sie an ihren nassen Mantel abwischt und sich zu ihm beugt. Sie weiß zunächst nicht recht, was sie eigentlich tun will oder soll, doch dann legt sie ihm einfach ihre Hand auf die Schulter – die gesunde – drückt diese und flüstert beruhigende Worte, die sie nicht einmal selber hört, als er ein drittes Mal zieht und mit einem Stöhnen plötzlich zusammenzuckt. Sie sieht den Pfeil in seiner geschlossenen Hand und noch ehe sie ihre Hand von seiner Schulter nehmen kann, richtet er den Blick auf sie. In Derens Augen glitzert noch immer die Spur von Tränen und sie ahnt, das ihre Wangen so blass sind wie der Mond silbern. Dann senkt er seinen Blick auch schon wieder und sie lässt seine gekrümmte Gestalt allein, indem sie sich zurück auf das weiche Lager setzt. Es kommt ihr so weich vor, dass allein dieser Gedanke sie schon so müde macht, dass sie am liebsten gleich eingeschlafen wäre.
Das sie noch nicht an Schlaf denken kann, wird klar, als seine Stimme durch die Nacht klingt, so scharf wie ein Pfeil und gleichzeitig so sanft, wie das tiefe gleichmäßige Plätschern eines alten Baches. Deren runzelt über diesen Vergleich ebenso die Stirn, wie er es nur Sekunden zuvor getan hatte, als er bemerkte, dass sie ihre Hand auf seine Schulter gelegt hatte.
Beutel… , ruft sie sich zur Ordnung und Besinnung, bevor sie den Rucksack öffnet und nach dem roten Beutel sucht, den er braucht. Dabei beschleicht sie der Gedanke, dass es seltsam ist in seinen privaten Sachen zu wühlen. Sie hat kein Recht dazu und doch keine andere Wahl. Den Beutel endlich gefunden, reicht sie diesen an den Fremden und versucht nicht mehr daran zu denken, das sie in seinen Sachen gewühlt hat. Sie glaubt nicht mal bemerkt zu haben, was er besitzt, so sehr war sie bedacht darauf nicht darüber nachzudenken und einzig diesen roten Beutel zu finden, den er so dringend benötigt.
Um sich abzulenken richtet sie den Blick auf den Verletzen und will sehen, was er tut. Aber die Kräuter die er sich in den Mund steckt, sofern es Kräuter sind, scheinen wenig Bedeutung zu haben, wenn sie sieht wie sein Körper zittert. Ob vor Kälte oder Schmerz, oder gar beidem, weiß Deren nicht, aber sie glaubt ihm sagen zu müssen, er müsse sein Hemd wieder anziehen.
Das Blut ist kein Grund es auszuziehen…
Sich ihrer Sache sicher, liegt ihr die Ermahnung schon auf der Zunge, doch da ertönt wieder seine volle Stimme, die weder bestimmt, noch fragend, sondern viel mehr präzise ruhig klingt.
Feiner Stoff…feiner…
Ihr Geist ist so müde, dass er nicht mehr darüber nachdenken kann wie dumm sie doch ist, als Deren bewusst wird, das er sein Hemd auszog, um sich verbinden zu können. Sie kommt sich nicht nur schwach, sondern auch lächerlich vor und beschämt nutzt sie den Augenblick wieder in seinen Sachen suchen zu dürfen, ohne wie zuvor daran etwas Unangenehmes zu finden. Mittlerweile hat sie von ihm mehr erfahren und gesehen, als seine privaten Sachen ihr ohne genaues Suchen und mehr Licht offenbaren könnten, da ist sich Deren jedenfalls sicher. Lächelnd reicht sie ihm endlich die Stoffwickel, von denen er einige dabei hat und sieht ihm dann fasziniert zu, wie er die gekauten Kräuter auf seine Hand spuckt.
Deinen Namen…den kenne ich nicht… , schießt es ihr spontan durch den Kopf und sie versucht in seinem Gesicht zu lesen, wie er heißen könnte. Aber nichts an ihm ist vertraut genug, als das sie sich einen Namen vorstellen kann. Bei seinem Stöhnen, das sie aus ihren unnützen Gedanken reißt, zuckt Deren zusammen und verzieht das Gesicht. Sie glaubt schon wieder beinah – in Träume abgetaucht – eingeschlafen zu sein und versucht missmutig die Augen zusammen zu pressen, um ein erneutes wegdämmern zu verhindern. Sie weiß, sie soll nicht nachdenken, weil es sie im Augenblick so müde macht, dass sie sofort einschlafen würde. Aber es fällt schwer. So schwer, das sie sich drauf konzentriert, wie er seine Wunde verbindet.
Runde…um Runde…
Deren schreckt wieder zusammen, als er seinen Rucksack nimmt und die übrig geblieben Sachen dort drin verstaut, ohne etwas zu sagen. Ihre Augen treffen sich nur kurz, dann sieht sie, dass er die Gegend mustert. Deren folgt seinem Blick, aber sie kann weder in der Finsternis etwas sehen, noch hört sie etwas, das für sie…
alles hört sich ungewohnt und beängstigend an.
Deren weiß, dass sie auch in der ersten Nacht nur eingeschlafen ist, weil sie so schrecklich müde war, dass sie in den frühen Morgenstunden nicht mehr laufen konnte. So sehr sie das Erlebnis noch immer in seinem Bann hält und das spürt Deren all zu deutlich, so sehr weiß sie, wie schnell sie einschlafen wird, sobald ihr Körper endlich ruht und sie es sich erlaubt. Es kostet sie ohnehin die letzten Kraftreserven, die sie besitzt, sich wach zu halten. Ob er so müde ist wie sie, weiß Deren nicht, aber sie hört wie er nach ihrem Namen fragt. Für den Moment glaubt sie beinah sich alles eingebildet zu haben, weil nichts in seiner Stimme wirklich wie eine Frage klingt und er sich, ohne auf eine Antwort zu warten, seinem Hemd widmet. Es ist nicht das schmutzige Wollhemd, sondern eins aus Leder an der eine dunkle Kapuze angenäht ist. Deren fragt sich ob er sie selber gemacht hat. Als sie bemerkt, dass ihre Gedanken wiederholt abdriften und ihr die Augen zufallen, bemüht sie sich um Konzentration. Um diese zu finden erhebt sie sich leicht, kommt zu ihm und hilft ihm dabei sein Hemd anzuziehen. Nur gemeinsam schaffen sie es endlich und Deren fühlt sich, als habe sie einen Berg bezwungen, als sie beide voreinander hocken und er sie ansieht. Er lächelt. Das erste Mal. Auch wenn es scheu und so zurückhaltend ist, dass Deren es kaum sieht. Sie sieht es weil es so deutlich seinen ernste Miene durchbricht und seine Augen auf eine gewisse Weise funkeln, die anders ist als bisher. Sie erwidert sein Lächeln in einer freundlichen Geste, auch wenn sie darum weiß, wie wenig strahlend es sein mag. Sie ist zu müde, um etwas zu sagen, stattdessen hört sie erneut seine Stimme.
<<Hamarr>>
Überrascht seinen Namen gehört zu haben, denn das es sich um diesen handelt, daran zweifelt Deren nicht einen Moment, weiß sie gar nicht was sie tun oder sagen soll. Dann endlich lächelt sie.
„Hamarr.“
Die Silben klingen seltsam in ihren Ohren, aber Deren mag den Klang den sie auf der Zunge bilden, wenn sie sie ausspricht. Außerdem kitzelt das Ende in ihrer Kehle, was sie noch breiter lächeln lässt. Dann sieht sie ihn an, sich ihre Hand auf ihre Brust legend und erklärt mit warmer Stimme: „Deren. Mein Name ist Deren.“
Wie komisch muss sich dieser Name für dich anhören, wenn es deiner für mich auch tut., denkt sie mit einem Schmunzeln, bevor sie kurz darauf gähnt. Entschuldigend sieht sie zu ihm.
„Ich bin so müde.“, erklärt sie sich kurz, kaum noch in der Lage geradeaus zu sprechen. Eben deswegen erklärt sie sich weitaus kürzer, als gewollt, während sie sich erhebt und beginnt erst ihren Mantel, dann die Stiefel, die nassen Socken und Strümpfe und letzten Endes auch ihr Kleid auszuziehen.
„Nass.“, wispert sie mehr leise, als das sie es noch spricht, bevor sie sich am ganzen Körper vor Kälte und Müdigkeit zitternd, unter das Fell legt. Kaum das sie liegt und sich frierend zusammen gerollt hat, fallen ihr die Augen zu, dabei ist sie so fest entschlossen gewesen, ihn zu fragen, wo er schlafen wird.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 03. Feb. 2008, 23:26 Uhr



Ihr Lächeln trifft auf seine Sinne und er nimmt es wahr. Aber ohne einen Zusammenhang zu erkennen, schlägt es sich nicht in ihm wieder. Hamarrs ausdruckslose Miene widmet sich der Beobachtung der jungen Frau, die nun auf dem Lager sitzt, das weiße Wolfsfell um die Schultern. Ihr Lächeln verbreitert sich, ohne dass er dem eine Ursache zuordnen kann. Es stört Hamarr nicht, dass er ihr Verhalten nicht versteht, es ihn auch nicht berührt, wie er es bei den Menschen des Kontinents oft beobachtet. Sie werden von so einem Lächeln animiert, zurück zu lächeln. Der Mann aus Barsa sucht dagegen keinen Grund, warum er ihr mit glatten Zügen begegnet, ohne darin eine Unhöflichkeit zu empfinden, die er nicht einmal absehen würde. Während Hamarr seine Hand wieder von der Brust nimmt und sie zu der anderen, kräftigen Hand in seinem Schoss legt, ahmt sie seine Geste deutlich nach. Er sieht darin eine Handlung, die ihm zeigt, sie versucht sein Verhalten anzunehmen, so wie Hamarr jene Erinnerungen und Erfahrungen zusammensucht, die ihn daran binden, dass auch er ein Mensch ist. So, wie sie. Er kennt die Art, wie er sich Verhalten muss und er muss zugeben, wenn er Kontakt mit Menschen hat, die nicht seine Brüder sind, so fällt es ihm immer wieder schwer, die beiden Lebensweisen, die in seiner Seele liegen zu vereinen. Oft hat Hamarr schon erfahren dürfen, dass der Stolz eines Menschen nicht mit jenem zu verbinden ist, was ihn mit jedem Herzschlag bewegt.
Mit weicher Stimme spricht sie ihren Namen aus. Hamarr versteht die Silben erst bei der Wiederholung durch sie. Er denkt ihren Namen mehrere Male, um ihm soviel Kontur zu verleihen, wie ihr Gesicht in seinen Erinnerungen besitzt. Als er meint, kein weiteres Wort sei von Nöten, unterbricht ihr Gähnen auch schon die Stille, die zwischen ihnen gelegen hat. Hamarr weiß, dass sie müde ist. Er hatte es schon gesehen, bevor er seine Wunde verband und er hat es nicht vergessen. Noch bevor er sich für ihre Hilfe bedanken kann, zieht sie sich aus. Hamarr sieht ihr zu, wie sie sich Stück um Stück ihrer Kleidung entledigt. Erst versteht er nicht, weshalb sie das tut, doch dann glaubt er etwas davon zu hören, dass ihr Kleid, sowie auch die anderen Sachen nass sind. Er benötigt nicht lange, um darin zu erkennen, wie verschieden sie sind und vor allem, wie verschieden ihre Leben sein müssen. Auch seine Kleidung ist nass, aber er käme nicht darauf, sie auszuziehen. Sie trocknet, wenn er schläft. Den Grund sieht er schließlich darin, dass sie das Leben, so wie er es führt, nicht gewöhnt ist. Und deshalb verliert er nicht viel kostbare Zeit damit, sich das Bündel anzusehen, was unter dem Fell zusammengekauert zittert wie Herbstlaub an Ästen, wenn sie von einer kalten Böe geschüttelt werden.
Anstelle dessen, erhebt er sich unter dem Stechen der Rippen, das nicht zu ändern ist. Er nimmt ihre Kleidung an sich und hängt sie sorgsam in die Wurzeläste über ihnen. So kann wenigstens die Kälte etwas von der Feuchtigkeit aus dem Gewebe ziehen. Unterdessen ist sie eingeschlafen, auch wenn ihr gleichmäßiger Atem immer wieder der Kälte wegen kurz unregelmäßig und flach wird. Als Hamarr sich wieder auf den Fleck Erde setzt, den er zuvor auch inne hatte, nimmt er seinen Blick nicht mehr von ihr. Die Beine angezogen, legt  er seine rechte Hand flach auf die Stelle, an der Schulter. Er prüft, ob sein Verband feucht ist, aber der Griff auf sein Lederhemd zeigt, dass die Wunde nicht so stark blutet, dass sie ernsthaft wäre. Er weiß, dass er mit seinen Verletzung Glück gehabt hat. Aber ein Gefühl der Erleichterung ruft dieses Wissen nicht hervor, denn er vermeidet, viele Gedanken an die Zukunft zu knüpfen. So liegt sein Ziel im Trotzen gegenüber dem rauen Leben, wie es den Stämmen von Barsa im Blut liegt. Und doch lebt er ohne einen Grund, für den er leben sollte. Er tut es einfach. So fürchtet er den Tod nicht, wenn er ihn ereilen wird. Seine dichten und schmalen Brauen zusammengezogen, schärft er auch seinen Blick, der sich der jungen Frau wieder zuwendet und Gedanken über sein Überleben verdrängt. Es lebt sich sowieso am längsten, wenn man darüber nicht nachdenkt. Hamarr wirft einen letzten Blick in den klaren Himmel der Nacht, dann streift ihn der der Gedanke von dieser Frau erneut und er fokussiert nachdenklich wieder das Lager an.
„Wer bist du?“, murmelt er kaum hörbar. Er schweigt lange, ohne die Hoffnung auf eine Antwort. Dann zuckt ein Mundwinkel frech in die Höhe, ohne dass sich ein ausgiebiges Lächeln auf Hamarrs Lippen formt.
„Deren.“ Ihm bereitet das ‚r’ in der Aussprache Schwierigkeiten. Aber mit dem Fallen ihres Namens ist er der Überzeugung, es lernen zu können.
Bewegung kommt in seinen Körper. Es ist Zeit, sich auszuruhen. Hamarr richtet sich auf. Aber er erhebt sich nicht, sondern geht in der Hocke zu seinem Schlafplatz. Noch immer kann er das unwillige Aufbäumen ihres schlafenden Körpers gegen die Kälte spüren, ohne dass er ihr näher gekommen ist. Ihr ist kalt, aber dies ist nicht der Grund, weshalb er das Wolfsfell anhebt und sich zu ihr legt. Hamarr folgt der Stimme in seinem Inneren, die ihm sagt, was geschehen soll. Wärme ist ein kostbareres Gut als es Geld jemals sein könnte, wenn man an Orten schläft, wo Münzen nicht die Macht besitzen, die unerbittliche Kälte von Silberweiß abzuhalten. Unter dem Fell drückt er sich so an ihren Körper, dass seine Brust ihre Schultern wärmt, sein Atem ihren Nacken. Hamarr weiß, wie man unter dem Fell kauern muss, um es bestmöglich als Schutz zu nützen. Ihr Körper reagiert empfindlich auf seine kalte Umarmung und Deren zittert stärker als zuvor. Aber nachdem Hamarr sie so mit sich bewegt hat, dass sie gänzlich zusammengekauert in seinem Schutz und unter dem Fell liegt, hält seine Umarmung sie fest, soweit es eben geht. Sie beide profitieren bald schon von der gegenseitigen Nähe und spenden sich dementsprechenden die nötige Wärme. Beiggi fehlt., denkt Hamarr, bevor er in einen leichten, erholsamen Schlaf fällt. Aus diesem erwacht er mitten in der Nacht, als er die Anwesenheit seines Bruders spürt. Er hört wie Beiggi den Körper, der ihm fremd ist, durch das Fell hindurch beschnüffelt. Das schwere Schnauben zieht sich bis zu ihren beiden Gesichtern. Hamarr hebt langsam seinen Arm und schlägt das Fell über ihren beiden Köpfen ein Stück zurück. Sofort nutzt Beiggi die Möglichkeit, den fremden Geruch zu wittern. Seine große Wolfsschnauze schiebt sich nur einen Fingerbreit schnüffelnd über Derens Gesicht. Dass sie davon erwacht, spürt Hamarr durch das plötzliche Zusammenzucken ihres Körpers. Aber bevor sie aus dem Schreck heraus schreien kann, hat sich Hamarrs Hand über ihren Mund geschoben, damit sie keinen Laut von sich gibt. Zu ihrem Glück wehrt sie sich nicht und so muss Hamarr seinem Körper keine Spannung verleihen, der sie davon abgehalten hätte, sich zu bewegen. Ein Wolf kann Anspannung in der Luft wittern und ihr gegenüber ist er misstrauisch, wenn sie unbegründet ist. Vielleicht ist das einer der wenigen Unterschiede, die zwischen Hamarr und seinem Bruder bestehen. Denn Beiggi besitzt kein Vertrauen, das man gewinnen oder verdienen kann. Entweder er akzeptiert ein neues Glied im Rudel oder er tut es nicht. Hamarr knurrt leise, ohne sich zu bewegen. Beiggi hält dies nicht auf. Hamarr sieht selbst in der Dunkelheit, dass er das Maul leicht geöffnet hat, um jede Feinheit ihres Geruchs zu ergründen. Als Hamarr denkt, es ist an der Zeit, eine Entscheidung zu fällen, knurrt er erneut und dieses Mal eindeutig, wenn auch nicht laut. Sein Körper spannt sich an und seine Augen funkeln in dem wenigen Mondlicht in Richtung seines Bruders. Beiggi zeigt nicht offensichtlich eine Reaktion auf dieses Verhalten, außer jene, wieder davon zu trotten. Hamarr weiß, was das bedeutet. Noch hat Beiggi sie nicht angenommen. Er wird etwas abseits von ihnen schlafen, so wie es in seinem Instinkt liegt. Hamarr versteht ihn und weiß, dass es kein Bruch der Bandes zwischen ihnen ist, weshalb es den Wolf abseits zieht. Schließlich schlägt Hamarr das Fell wieder über ihre Köpfe und drückt sein Gesicht in ihr loses Haar, so dass sein Atem auf ihren Hals trifft.

Wieder sinkt er in einen leichten Schlaf, aus dem er am Morgen, vor dem Aufgehen der Sonne erwacht. Er hebt die Decke etwas an und lässt frische Morgenluft, sowie die ersten hellen Vorboten des Morgens ein. Er weiß, es ist Zeit für ihn, aufzustehen. Selbst, wenn er es wollte, so kann er nicht weiter schlafen. Sein Körper sagt ihm, dass er wach ist und so kriecht er unter dem Fell hervor und blinzelt, um sich an die Dämmerung zu gewöhnen. Der Himmel ist nebelgrau, aber Hamarr schätzt ein, dass zumindest der Vormittag klar und sonnig werden wird. Neben dem wieder verschlossenen Fell hockend, lässt er seinen Sinnen genügend Zeit, sich so einzustellen, dass sie ihn nicht trügen, wenn er sich in der Welt bewegt. Dann gilt sein erster Blick der Schulter. Noch immer hat sich auf seinem Überhemd kein dunkler Fleck gebildet, auch wenn der Schmerz weiterhin so stark, wie gestern ist. Bei dem ersten Licht, indem seine Augen mehr erkennen, als in der Nacht, krempelt er sein Hemd soweit auf, dass er zwischen den schwarzen Zeichnungen auf seiner Haut auch die dunkle Färbung in tiefem blau sehen kann, die sich über seine Rippen unterhalb der Brust zieht. Noch mal versichert Hamarr sich, dass an der Stelle nichts gebrochen ist, indem er über die Prellung tastet und drückt. Der Schmerz ist zwar  so heftig, dass Hamarr scharf die Luft zwischen seinen aufeinander gepressten Zähnen einzieht. Aber er ist gleich bleibend dumpf und damit die Rippen unverletzt. Somit lässt Hamarr das Hemd wieder herunter. Er sieht sich aufmerksam um und lauscht auf die Geräusche der Gegend. Aber mehr als den Wald hört er nicht. Außerdem sieht er, dass Beiggi nicht im Lager ist. Sie treffen sich sicher bald. Hamarr wirft einen Blick zu dem Fell, unter dem die Frau schläft. Er möchte sie nicht allein hier lassen, aber schließlich weiß er noch viel zu erledigen, bevor er aufbrechen wird. Also erhebt er seinen gedrungen Körper in einer geschmeidigen Bewegung und geht zu seinen Rucksack. Aus diesem holt er einen leeren Schlauch aus Leder, den er an seinen Gürtel steckt. Er wird etwas Wasser aus einem Bach in der Nähe holen, bevor er hier her zurückkehrt. Hamarr folgt den Spuren der gestrigen Nacht. Er sammelt zuerst seinen Streithammer auf, der sich in der Schneedecke nur durch ein Glitzern verrät. Das kalte Metall behält Hamarr nicht lange in Händen. Er bindet aus einen Stück Leder aus seiner Tasche eine Schlaufe um den Kopf des Hammers und schleift ihn an dieser mit sich zu dem Schlachtfeld der gestrigen Nacht Die Leichen der drei Männer wurden von ihren Göttern verschont. Hamarr geht zu ihnen, nachdem er sich dem Platz vorsichtig genähert hat. Mit dem Herausfinden aber, dass keine Gefahr in der Nähe ist, stellt er seine Waffe gegen einen Baum gelehnt ab und beginnt damit, einen geeigneten Platz zu suchen, wo er die Männer beerdigen kann. Da die Erde so hart ist, dass man selbst mit einem Werkzeug Mühe hätte, tief zu graben, schleift er jeden einzelnen der, in der Nacht, gefrorenen Körper zu einer Erdspalte, die gerade ausreicht, um all drei zu fassen. Er durchsucht sie nach Wertvollem, dass sie nicht mit hinüber begleiten kann. Die Münzen, die er findet, schüttet er alle zusammen, ohne sie zu zählen. Er knotet den Beutel an seinen Gürtel und legt die Leichen dann aufeinander in das eineinhalb Schritt tiefe Loch. Nachdem die Männer darin ihre letzte Ruhe finden werden, sammelt Hamarr ihre Waffen ein und legt sie zu ihnen. Dann sammelt er Steine aus einem kleinen Bruch aus der Nähe. Der Frost hat dort genügend von dem überhängenden Felsen abgesprengt, so dass Hamarr zwar viel tragen muss, aber genügend Steine beisammen hat, die Männer nach einer dünnen Schicht aus halb verrottetem Waldboden und Schnee mit dem Geröll abzudecken. Als er mit dieser müßigen  Arbeit fertig ist, wischt er sich den Schweiß aus der Stirn. Er steht vor dem Grab und starrt ausdruckslos auf die geschlossene Schicht aus Steinen. Er kennt kein Gebet, das diese Männer begleiten kann und so lässt er mit dem Abstreifen der Gedanken an sie, deren Ruhestätte hinter sich und geht zu dem Bach, den er in der Nähe weiß. Dort schlägt er mit dem Streithammer ein Loch in die Eisschicht am Rand und legt die Waffe wieder aus der Hand. Nachdem er getrunken und den Schlauch mit Wasser gefüllt hat, beginnt er, sich das Blut aus dem Gesicht und von den Händen zu waschen. Dabei weiß er, dass er beobachtet wird. Und als er fertig ist, richtet er seinen Oberkörper auf. Aus der Deckung springt Beiggi, dessen weißes Fell ihn im Winter fast vollständig versteckt. Nur seine gelben Augen würden ihn verraten. Auch Hamarr verraten sie, dass es sein Bruder ist. Sie begrüßen sich, indem sie Witterung voneinander aufnehmen. Auf Augenhöhe lässt Hamarr zu, dass Beiggi seinen Hals beschnüffelt und die feuchte, kalte Nase gegen seine Haut drückt. Hamarr behält in seiner Haltung die Oberhand und schließlich reibt Beiggis Zunge über Hamarrs Wange, der daraufhin plötzlich lachen muss. Er hätte sich sicher mit ihm gebalgt, aber mit der Verletzung, die Beiggi kurz mit der Nase anstubbst, wird er es nicht tun. Stattdessen greift Hamarr zu seiner Waffe und während Beiggi zwei Schritte vor ihm durch den Wald streunt, huscht Hamarr ihm in leicht geduckter Haltung hinterher und zurück zum Lager.    



Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 07. Feb. 2008, 16:57 Uhr


Wie sie es vermutet hat, schläft sie sofort ein, kaum das sie sich unter dem Wolfsfell zusammengerollt hat. Sie erinnert sich daran, ihn noch etwas gefragt haben zu wollen und daran, dass es so fürchterlich kalt ist, das ihr Körper nicht aufhören will zu zittern und ihre Zähne unerbittlich klappern. Doch dann verliert sich jeder Gedanke in Dunkelheit und Nebel, der ihren Geist in einem unruhigen Schlaf umfängt, während dem ihr Körper noch immer auf die Kälte ihrer Umgebung, den Schock und die Angst reagiert.
Das sich Hamarr, nachdem er bereit ist zu schlafen, zu ihr legt, bemerkt Deren nicht bewusst. Sie fühlt sehr wohl, wie sie stärker friert, als streife sie eine eisige Windböe im kalten Winter von Silberweiß, oder Langschnee. Doch die Kraft darüber nachzudenken fehlt ihr. Sie fühlt die Erschöpfung so schwer und bleiern auf ihr liegen, dass sie nicht einmal vermag daran zu denken, Hamarr um ein Feuer zu bitten. Vielleicht, so schafft sie kurz zu denken, kann er das auch mit feuchtem Holz bewerkstelligen. Dann schläft sie auch schon wieder so fest, dass kein Gedanke mehr durch den dichten Schleier von Träumen dringen kann.
Als Hamarr ihren Körper zurechtrückt und sie schließlich fest an sich gedrückt umarmt, so dass er ihren Körper wärmen kann, ist Deren schon wieder so fest eingeschlafen, dass sie nichts davon bemerkt. Vielleicht spürt sie die wohlige Wärme, die sie nach einiger Zeit umfängt und den kalten Nebel vertreibt, der ihren Körper immer wieder zittern ließ und ihr Schlaf wird entspannter, so wie ihr Atem ruhiger und gleichmäßiger als zuvor geht. Ein Lächeln, geboren aus der Sicherheit, die sie tief in sich fühlt, zeigt sich auf ihren blassen Zügen und den hellen, vollen Lippen.
Ein Lächeln, das erstirbt, als sie abrupt erwacht. Deren weiß nicht, ob es mitten in der Nacht oder früher Morgen ist. Es ist dunkel um sie herum, aber das Leuchten der Augen, die unmittelbar vor ihrem Gesicht aufglühen, kann sie nicht übersehen.
Also war es kein Traum…, denkt sie unsicher und erinnert sich an das Gefühl, als beschnuppere sie ein Hund. In ihrem Traum hat sie geglaubt es sei Raika, aber als sie sich jetzt dem Glühen gegenüber sieht, weiß sie dass es der weiße Wolf ist. Der Wolf der Götter. Noch ehe sie etwas tun kann, spürt sie eine Hand, die ihren Mund umschließt. Sie zuckt zusammen, erschrocken von der unerwarteten Begebenheit, aber ihr Körper spannt sich nicht an. Der Geruch ist ihr bekannt. Sie hat ihn nicht vergessen. Außerdem weiß sie welcher Mann zu dem weißen Wolf gehört. Sie hat keine Angst vor ihm. Auch wenn ihr Körper mit einer Gänsehaut versehen ist, sobald ihr bewusst wird, dass der Körper, der hinter ihr liegt und sie fest umarmt hat, nicht ebenso zu ihrem Traum gehört, sondern so wirklich ist, wie die Wolfschnauze, die sich ihr nähert.
Obwohl sie keine Ahnung von Wölfen hat und nichts dagegen machen kann, dass sie sich fürchtet, glaubt sie zu wissen, warum der Wolf sich ihr nähert. Deren meint zu erahnen, dass er ihren Geruch aufnehmen will und dass das der Grund dafür war, warum Hamarr sie mit dem Fell, unter dem sie nun liegt, einrieb. Sie hofft, dass das den göttlichen Wolf friedlich stimmt und betet leise, als er näher kommt:
Bitte, ich will euch nicht verärgern ihr Götter. Ich danke euch von Herzen für dieses Geschenk und euren Retter.
Deren hat keine Angst, den Zorn Anukis auf sich zu ziehen, weil sie darum weiß, nur ehrliche Dankbarkeit für ihre Rettung zu empfinden. Trotzdem will sie das, was sie als Prüfung sieht, bestehen und versucht ihre Angst zu überwinden und damit dem Drang sich weiter in der Umarmung Hamarrs oder dem Schutz des Fells zu verstecken.
Das es Hamarr ist, der plötzlich in die Stille der Nacht, die Deren so ruhig und leise vorkommt, dass sie nichts außer ihrem schnellen Herzschlag und dem Schnüffeln des Wolfes gehört hat, knurrt, bemerkt Deren nicht. Sie spürt jedoch wie ihre Unsicherheit zunimmt, weil sie glaubt der Wolf wäre für das Knurren verantwortlich. Auch wenn er sich nicht bewegt und noch immer scheinbar versucht ihren Geruch zu ergründen, drückt sie sich diesmal weiter in die schützende Umarmung von Hamarr. Als dieser ein zweites mal und eindringlicher knurrt, erkennt sie, dass der Laut, der so täuschend echt in ihren Ohren klingt, dass er von ihm kommt. Für einen Moment will sie sich am liebsten zu ihm umdrehen, um zu prüfen, dass er auch wirklich ein Mensch ist. Nie hat sie jemanden gehört, der so echt einen tierischen Laut nachmachen konnte, wie er. Aber sie wagt nicht sich zu bewegen und den Kontakt zu dem Wolf abzubrechen, bis dieser davon trottet. Was dieses Verhalten bedeutet, ob sie die Prüfung bestanden hat oder nicht, weiß Deren nicht. Sie möchte Hamarr gerne fragen, als er das Fell wieder über sie zusammenschlägt und sie mit einem kräftigen, aber zugleich sanften Ruck, zurechtrückt. Aber jeder Gedanke wird verdrängt, von der Nähe, die ihr beinah peinlich bewusst wird, als sie seinen Atem in ihrem Nacken fühlt, der ein heftiges Prickeln auslöst, das ihr nicht bekannt ist.
Vielleicht hätte ich die Kleider anbelassen sollen…, durchschießt es ihre Gedanken, während Deren spürt, wie ihre Wangen rot werden. Sie fühlt dass ihr Herz beinah noch schneller schlägt, als bei der Prüfung durch den Wolf. Sie glaubt eine ganze Weile, in der sie seinem Atem lauscht und seinen Herzschlag in ihrem Rücken hört, das sie nicht einschlafen wird können.
„Hamarr? ...“, flüstert sie leise in die Stille und als sie keine Antwort bekommt verzieht sich ihr Mund zu einem Lächeln und sie schließt die Augen.
„Ich danke dir.“

„Lass mich noch ein wenig länger schlafen, Mutter…“, murmelt sie nicht grummelnd aber verschlafen und dreht sich auf den Bauch. Es ist angenehm warm, wenn sie auch das Gefühl hat, dass es kühler wird.
„Nimm mir noch nicht die Decke…hmmm“, unterbricht sie die Worte und öffnet blinzelnd die Augen. Verärgert sieht sie in die braunen Knopfaugen von Squittl, der sich gerade von ihrer Hand entfernt. Auch wenn seine Augen noch so unschuldig zu gucken wissen, weiß Deren, dass der kleine rote Fleck auf der Haut ihres Handrückens von ihrem Hörnchen stammt, das sie gebissen haben muss. Squittl ist durchaus zahm und seit so langer Zeit ihr Freund, dass er sie überall hin begleitet. Das eben war nur sein unmissverständliches Zeichen dafür, dass er verstimmt ist. Zumindest weiß Deren es so zu deuten.
„Es tut mir leid, mein Freund.“, schafft sie zu formulieren, während sie sich über die Augen reibt, um gänzlich wach zu werden. „Du konntest gestern nicht bei mir schlafen.“
Deren ahnt, dass Squittl das nicht davon abhalten wird, beleidigt zu sein. Und als habe er sie durchschaut, streckt er seinen Oberkörper in die Höhe und gibt ein paar klackernde Geräusche von sich, die in der Tonlage und Schnelligkeit, wie Gezeter klingen. Deren bemüht sich, kann aber nicht verhindern zu lachen. Dann schnappt sie sich ihren Freund, bevor er davon laufen kann, indem sie ihn geschickt mit einer Hand umschlingt. Ausgiebig drückt sie ihre Nasse in seinen buschigen Schwanz und streichelt ihn mit einem Finger hinter seinem linken Ohr, weil sie weiß, dass er das mag.
„Es tut mir wirklich leid.“, betont sie noch einmal, als würde er sie verstehen können und sie damit die Chance erhöhen, dass er ihr verzeiht. Dann lässt sie ihn los und sieht zu, wie er sich in ihrem Schoß, auf dem weichen Fell einkringelt und abwartend zu ihr sieht. Erst jetzt realisiert Deren das Fell und die Erinnerungen an die gestrige Nacht steigen in ihr auf, wie Nebelschwaden an einem feuchten Tag im Nebelmond.
Hamarr!
Sie dreht sich um und sieht, was sie nicht anders erwartet hat. Der Platz neben ihr ist leer. Das Lager jedoch scheint nicht verlassen, wie sie schnell feststellt, als sie den Blick in diesem streifen lässt. Sie spürt deutlich Erleichterung, als sie seinen Rucksack entdeckt. Sie glaubt nicht, dass er ohne gehen würde. Sie will auch nicht glauben, dass er gehen würde, ohne sich zu verabschieden. Squittl beschwert sich mit einem pfeifenden Ton, weil sie sich so hastig bewegt hat und Deren schenkt ihm ein Lachen.
„Du bist eine Zimperliese, Squittl.“
Dann suchen ihre Augen auch schon ihre Kleider. Sie glaubt es wäre besser sich anzuziehen. Sie hat den toten Körper von Raika entdeckt und weiß, dass sie die Hündin beerdigen muss, bevor sie weiter ziehen kann. Zwar vermeidet sie jeden Gedanken daran, weil sie die Angst nicht vergessen kann, die sie überfällt, sobald sie daran denkt alleine in diesem Wald zu sein, wenn es dunkel wird, aber sie versucht tapfer daran zu denken, dass sie ihren Bruder finden muss.
Wie enttäuschst du wärst, würde ich so leicht aufgeben…
Hamarr zu bitten, sie nach Talyra oder wenigstens ins nächste Dorf zu begleiten, der Gedanken kommt ihr zwar, aber sie weist ihn streng von sich. Er hat so viel für sie getan, dass es ihr unmöglich scheint, ihn um mehr zu bitten. Sie hofft vielmehr, dass es seiner Schulter besser geht. Sie macht sich noch immer Vorwürfe, weil er ihretwegen verletzt worden ist.
So wie du meinetwegen sterben musstest, treue Freundin.
Ihre Blicke ruhen wieder auf Raika, die trotz ihres helle Felles nicht zu verwechseln wäre mit jenem stolzen Wolf, an den sie sich nur noch schemenhaft erinnert. Sie weiß nicht, ob sie das Zeichen der Götter und den Retter, den sie ihr schickten, wirklich gesehen hat. Hamarr ist wirklich, so wie sein Rucksack noch immer dort liegt.
Und da meine Kleider…
Sie weiß, dass er sie dorthin gehangen haben muss, als sie gestern eingeschlafen war. Sie erinnert sich daran, das er neben ihr lag und an die Nähe, die sie geteilt haben. Eine Schauer erfasst ihren Körper und sie glaubt schon wieder rote Wangen zu bekommen.
Wie lächerlich!  , ruft sie sich zur Ordnung und überlegt, wie sie an ihre Kleider kommt, ohne sich in der Kälte aufzurichten. Vielleicht kann sie es so geschickt anstellen, dass sie das Fell, um ihren nackten Körper schlingen kann, während sie sich aufrichtet und ihre Sachen aus den Zweigen zieht?
Sie glaubt dass es gehen kann und richtet sich, das Fell zwischen den Armen festgeklemmt, auf. Squittl springt empört zur Seite und hockt inmitten des Lagers, beobachtet sie mit zornigen Lauten und kleinen Handbewegungen, die aussehen als gestikuliere er schimpfend, über ihre grobe Behandlung. Sie muss schon wieder hell und klar lachen, dann durchzuckt ein Schmerz ihre Hand, die unachtsam gegen die Zweige stößt. Sie verliert den Halt der Felle und greift danach, um ihren Körper wieder zu bedecken. Als sie aufsieht fühlt sie ein Paar dunkle Augen auf sich liegen.
„Hamarr…“, flüstert sie überrascht und leise, dann lächelt sie ungeschickt. Sie steht noch immer halb gekrümmt da, ihre Hand festhaltend. Bevor sie etwas sagen, oder er sich bewegen kann, sieht sie den Wolf auftauchen.
Du bist doch keine Einbildung gewesen! , zuckt es wie ein Blitz in ihrem Geist, als der Wolf auch schon stehen bleibt. Er scheint Witterung aufzunehmen und Deren erstarrt. Bevor sie es denken und ihren Freund warnen kann, setzt der Wolf zu einem sicheren Sprung an, der Squittl jedoch verfehlt. Das Hörnchen ist schnell. Auf dem Rücken des Wolfes beißt es diesen in sein Ohr und hechtet dann den nächsten Baum hoch. Von den Ästen aus, hört Deren die meckernden Laute ihres Freundes.
„Squittl!“,zischt sie diesem mahnend zu. Sie kann nicht glauben, dass ihr Freund sich traute den Wolf der Götter anzugreifen. Sie sieht betreten zu Hamarr.
„Es tut mir leid…er ist…“
Ihr fehlen die Worte und sie lächelt schulterzuckend. „ein frecher Freund.“
Hamarr nickt nur, oder zumindest glaubt Deren, dass er genickt hat. Sicher ist sie sich nicht. Der Wolf rollt sich in Abstand zu ihr ein und lässt sie nicht aus den Augen. Hamarr kommt derweil zu ihr und ohne etwas zu sagen, reicht er ihr ihre Kleider. Deren fröstelt schon sobald sie diese berührt. Zwar scheinen sie trocken, oder zumindest nur noch klamm, aber sie sind so kalt und hart, dass sie das Gesicht zu einem nachdenklichen Schmollen verzieht. Das Fell erscheint ihr tausendmal wärmer, auch wenn sie weiß, sie muss sich wohl oder übel anziehen. Den Blick von ihren Kleidern nehmend, setzt sie sich endlich wieder und sieht zu Hamarr. Er kramt in seinem Rucksack und sie denkt wieder an seine Schulter.
„Wie geht es dir?“, fragt sie und beobachtet seinen Rücken. Jede seiner Bewegungen scheint vor Kraft und Ausdauer zu trotzen. Sie weiß, das sie ihm bald sagen muss, dass sie weiter ziehen muss und fühlt ein seltsames Gefühl von Trauer bei diesem Gedanken, während sie noch immer den wachsamen Blick des Wolfes auf sich ruhen weiß, als beobachte er jede ihrer Handlungen…ja jeden meiner Gedanken.
„Suchst du etwas für deine Schulter?“, versucht sich Deren von diesen Gedanken abzubringen und sieht wieder zu Hamarr, der mit dem bekannten roten Beutel zu ihr kommt.


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 17. Feb. 2008, 15:18 Uhr

Als die beiden Gefährten den Platz des Lagers erreicht haben, hält Hamarr inne, noch bevor er sich den Fellen auf mehr als 10 Schritte genähert hat. In der Bewegung erstarrt, beobachtet er Deren, die gerade nach ihren Kleidern zu greifen sucht. Unablässig liegt sein Blick auf ihrem Versuch, das weiße Fell des Wolfes um ihren Körper zu halten und gleichsam ihre Sachen zu erreichen. Und während Beiggi noch weiter hinter Hamarr im Dickicht darauf wartet, dass er auftauchen kann, nimmt Hamarr seine Augen nicht von ihr. Auch, als das Fell soweit herunterrutscht, dass es ihren nackten Körper offenbart. Im Licht des Morgens wirkt ihre Haut auf ihn zart und blass. Warum er so empfindet, fragte der Wolfskrieger sich nicht. Aber erst, als Deren ihn anspricht, konzentriert er sich auf die eigentlichen Absichten, die er gefasst hatte, nämlich das Frühstück zu bereiten. Ihrem Blick weicht er nicht schuldbewusst aus, wie man es vielleicht erwarten würde. Auch erwidert er nicht ihr Lächeln. So bleibt Hamarrs Miene uneinschätzbar offen. Er lehnt nicht ab, was geschehen ist. Und doch beachtet er vielmehr die Hand, die Deren sich hält. Sie ist verletzt. So entscheidet sich Hamarr ohne ein Zögern dafür, sich noch vor dem Essen um ihre Hand zu kümmern.
Beiggi unterdessen, der nun neben Hamarr gelaufen ist, sträubt angespannt die Haare in seinem Nacken und Hamarr sucht, abgelenkt von dem Vorhaben, sich um Derens Verletzungen zu sorgen, nach dem Grund für Beiggis Anspannung. Der weiße Wolf duckt sich tiefer in den Schnee.
Aber Beiggis Körpersprache entpuppt sich als nichts anders, als dem Sprung der Jagd. Denn mit einem kräftigen Satz springt der Wolf auf einen Punkt zu. Hamarr erfasst das braune Fellknäuel, dass wie ein Eichhörnchen aussieht. Erst will er der Überraschung freien Lauf lassen, dass ein kleines Tier in der Nähe von Raubtieren so unvorsichtig ist. Aber da überschlagen sich die Begebenheiten. Noch nie hat der Wolfskrieger gesehen, wie ein Hörnchen sich so frech eines Wolfes erwehrt. Und anstatt traurig für seinen Freund zu sein, der nun die Bisswunde seiner vermeintlichen Beute in einem Ohr hat, muss Hamarr über diese Begebenheit schmunzeln. Sie zeigt, wie unerwartet sich Veränderungen im Leben ergeben können. Beiggi sieht dagegen nur verwirrt zu dem Ast hinauf, von dem aus sich das kleine Tier über ihn echauffiert. Außer Reichweite verliert Beiggi das Interesse an der Beute und trottet zu einem Platz, an dem er sich mehrere Male dreht, bevor er sich zusammengerollt zum Schlafen legt. Aber Hamarr spürt, dass er zwar döst, sich seine Ohren aber immer wieder spitzen, um vor allem den Fremden gegenüber wachsam zu bleiben.
Hamarr dagegen widmet sich wieder seinem Vorhaben. Er nickt zustimmend, als Deren meint, das kleine Hörnchen sei ein frecher Freund. Nun Hamarr glaubt vor allem, dass ihr Begleiter, so klein er auch sein mag, sehr mutig ist. Mit diesen Gedanken geht der Wolfskrieger zu Deren und reicht ihr die Kleider, die er außerhalb ihrer Reichweite aufgehängt hat. Dann nimmt Hamarr seinen Rucksack und sucht nach dem roten Beutel mit den Kräutern. Als er diesen gefunden hat, richtet sein zielstrebiger Blick sich auf Deren, die sich unlängst wieder gesetzt, wenn auch noch nicht angezogen hat.
>>„Suchst du etwas für deine Schulter?“<<, fragt sie ihn schließlich in seinen Rücken, als Hamarr sich sicher ist, noch Kräuter zu haben, die ihr vielleicht helfen könnten. Er dreht sich zu ihr. Sein Kopfschütteln ist so verhalten, dass es kaum zu erkennen ist. Aber Hamarr rechtfertigt sich nicht oft für das, was er tut. Auch erklärt er sein Handeln selbst selten. Seinem Bruder gegenüber ist er auch keine Rechenschaft nötig. Aber er glaubt auch, Deren will nicht aus Misstrauen erzwingen, dass er ihr sein Tun erklärt. So, wie sie in dem Fell eingewickelt zu ihm sieht, vermutet er, ihre Intension eher darin, mit ihm zu sprechen. Dass sie nicht wie er ist, könnte in kaum einen Moment klarer werden. Der Wolfskrieger selbst ist still und bedient sich Gesten und der Körpersprache mehr noch, als Worten. Die Stille ist für ihn kein Grund, ein Gespräch anzufangen. Aber er geht darauf ein, als er sich ihr gegenüber gesetzt hat. Den roten Beutel in seinem Schoß, deutet er auf ihre verletzte Hand.
„Ich will helfen.“, bittet er sie um eben diese Hand. Als Deren sie ihm bereitwillig gibt, besieht er sich die Verletzung genauer. Vorsichtig hält er ihre Finger in seinen Händen. Erst schätzt Hamarr die Striemen auf dem Handrücken ein, deren Abschürfungen von einem Sturz herrühren. Er wird die großflächige Wunde auswaschen und sie verbinden. Zuvor aber widmet Hamarr sich ernsthaft dem Handgelenk Derens, das mindestens in ebenso tiefem blauviolett gefärbt ist, wie seine Rippen.
Ohne sich um Derens Reaktion zu kümmern, prüft Hamarr das Handgelenk darauf, wie schwer die Prellung ist oder ob sie sich das Gelenk gebrochen hat. Langsam bewegt er es, wenn auch nicht zu stark. Das scharfe einziehen der Luft zeigt ihm, dass Deren Schmerzen verspürt. Er legt ihre Hand in seinen Schoß. Es reicht aus, um einzuschätzen, dass die Hand lediglich verstaucht ist. Hamarr löst den Lederschlauch von seinem Gürtel und schüttet sparsam Wasser über Derens Handrücken, so dass die Wunde von grobem Dreck ausgewaschen wird.
„Mir geht es gut.“, antwortet er scheinbar aus dem Zusammenhang gerissen auf Derens zuvor gestellt Frage. „Es heilt.“ Kurz sieht er von seinem Tun auf und direkt in ihre braunen Augen.
Schweigend sehen sie sich an, bis Deren den Blick senkt und auch Hamarr sich wieder dem Handgelenk widmet.
Während er den Wasserschlauch mit einer Hand wieder verschließt, sucht er mit der anderen in seinem Beutel nach den rechten Kräutern. Wieder kaut er etwas von dem Kraut, das er auch auf die Wunde in seiner Schulter gelegt hat. Weit weniger des zerkauten Breis verteilt er auf Derens Handrücken. Dann nimmt er mehrere längliche, schmale Blätter aus dem Beutel, die noch frisch und biegsam sind. Es ist immergrünes Laub eines Busches, der nahezu überall wächst und dessen Blätter gegen stumpfe Verletzungen helfen. Dafür reicht es aus, sie einfach darauf zu legen. Nachdem er Derens Arm so verbunden hat, gibt er ihn wieder frei und räumt seine Sachen zusammen. Der rote Beutel verschwindet wieder in Hamarrs Rucksack.
Der Krieger steht auf und deutet auf die verloschene Feuerstelle, 12 Schritte von ihrem Lager entfernt.
„Feuer.“, kündigt er an. Dann entfernt er sich für eine viertel Stunde vom Lager. Beiggi bleibt dagegen bei der Frau und dem kleinen Hörnchen, das nun nicht mehr wild meckert, sondern neugierig das Geschehen von seinem Platz aus beobachtet.
Hamarr kehrt mit Feuerholz zurück, das er an der Stelle gefunden hat, an der er schon gestern Holz für ein Feuer gesammelt hat. Sicher benötigt Deren mehr Wärme als ein Wolfsfell, um in der Winterkälte nicht zu erfrieren. Er schichtet die Hölzer von verschiedenen Größen und Dicken dichter an dem Schlafplatz auf und beginnt damit eine kleine Kuhle mit der Klinge eines Messers zu schaben. Während er so den Grundstock für ein Feuer legt, glaubt er, Deren würde reden wollen… vielleicht.
Als er in das Lager zurückgekehrt war, hat er gesehen, wie sie zu dem toten Hund gesehen hat. Sobald sie ihn aber bemerkt hatte, war ihr Blick ablenkend auf ihre Hände geglitten.
Also sieht er nur flüchtig zu ihr, konzentriert sich gleich darauf wieder auf das Feuermachen, indem er die beiden Feuersteine mit geschicktem Effet so aneinander schlägt, dass kleine Funken auf den Zunder fallen, den Hamarr auf die trockenen, dünnen Rindenstreifen eines abgestorbenen Baumes gelegt hat.
„Wir begraben sie nach dem Essen.“
Auch wenn sein Handeln keiner Erklärung bedarf, so glaubt Hamarr dennoch, Deren soll von ihm nicht denken, dass er die Hündin vergessen hat. Sie scheint ihm ein Tier mit großer Bedeutung für Deren gewesen zu sein.    
„Wie hast du sie angesprochen?“

Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 18. Feb. 2008, 22:29 Uhr


Deren wartet auf eine Antwort, während sie Hamarrs Rücken betrachtet. Er trägt nicht mehr als gestern und doch glaubt sie nicht, dass er friert. Sie selber hält noch immer die klammen Kleider in der Hand, die er ihr gereicht hat und glaubt nicht, dass sie sie wärmen können.
Sein Wolfsfell kann ich kaum mitnehmen…, denkt sie mit einem Lächeln, auch wenn es eine unbekannte Trauer in ihr weckt. Nicht das Lächeln, sondern der Gedanke daran, dass sie ihn bald verlassen muss. Und das liegt sicher nicht nur an dem warm haltenden Wolfsfell, unter dem sie selbst vollkommen nackt kaum friert. Deren fragt sich ernsthaft, nachdenklich über das Fell streichelnd, woher dieses beklemmende Gefühl kommt, wenn sie auch nur daran denkt, dass sie bald aufbrechen wird. Sie weiß nicht einmal wie sie es ihm sagen soll und wenn sie versucht darüber nachzudenken, verlieren sich die Worte im dichten Nebel eines kalten Wintermorgen.
Sie ist beinah erleichtert, wenn auch überrascht, als Hamarr aufsteht und zu ihr kommt, um sich vor ihr im Schneidersitz niederzulassen. Der rote Beutel, der in seinem Schoß liegt, fällt ihr nicht nur wegen der intensiven Farbe auf. Sie weiß ja, was Hamarr in ihm verbirgt und für den Augenblick beschleicht sie das ungute Gefühl er benötige ihre Hilfe wegen seiner Schulter. Sie hat nicht vergessen wie sehr er durch den Pfeil verletzt wurde. Zwar ist ihr schlechtes Gewissen nicht mehr so schlimm, wie gestern Abend, aber sie fühlt sich noch immer nicht gut dabei, wenn sie daran denkt, dass er es nur ihretwegen wurde. Umso größer der Drang ihm helfen zu wollen und so ruhen ihre Augen aufmerksam und ohne jeden Anflug von Scheu auf Hamarr.
Sie ist daher unerwartet von Hamarrs Worten überrascht, als dieser ihr erklärt er wolle helfen. Deren versteht, dass er ihr helfen will, weil seine Worte keinen anderen Schluss zulassen, aber im ersten Anflug verwirren seine Worte sie, bis er sie ansieht und sie glaubt in seinen Augen die logische Antwort zu finden.
Natürlich weiß sie, dass so etwas nicht möglich ist, aber sie nickt ihn verstanden habend zu und reicht ihm bereitwillig und ohne Furcht ihre verletzte Hand. Neugierig versucht sie mitzubekommen was er tut und von ihm zu lernen, was sie nicht weiß und kann.
Es könnte kaum schaden, wenn ich es beherrschen würde.
Nicht immer konnte sie hoffen von jemand wie ihm gerettet zu werden.
Und es würde wohl viel zu lange dauern mir das kämpfen beizubringen, denkt sie mit einem Schmunzeln, dass sich alsbald glättet, nachdem Hamarr nicht mehr länger die Striemen auf ihrem Handrücken betrachtet, sondern ihr Handgelenk langsam bewegt. Sie sieht an seinem strengen Mund und dem konzentrierten Ausdruck seiner Augen, dass er versucht vorsichtig zu sein, trotzdem tut es fürchterlich weh und lässt Deren nicht nur scharf die Luft einsaugen, sondern treibt ihr brennende Tränen in die dunkel schimmernden Augen. Sie sieht wie er ihre Hand in seinen Schoß legt und für einen Moment seine Augen ihre streifen. So flüchtig wie die Gegend für eine kurze Zeit verschwimmt, wenn man blinzelt. Viel zu kurz, um etwas zu erkennen. Viel zu kurz um etwas zu bedeuten…
Viel zu kurz.
Nicht weniger Zeit benötigt Hamarr anschließend dafür einen Schlauch von seinem Gürtel zu lösen. Sie mustert diesen fasziniert und sieht ihm dabei zu, wie er aus diesem Wasser auf ihre Hand schüttet, die er angehoben hat. Es ist kalt und es fröstelt Deren, und doch brennt es nicht, wie er so versucht die Abschürfungen von Dreck rein zu waschen. Während er dies tut erklärt er, als habe sie ihre Frage erst jetzt gestellt, dabei hätte sie Deren schon wieder vergessen, dass es ihm gut geht. Deren ist erleichtert und lächelt dies auch deutlich offenbarend. Bevor sie etwas sagen kann, spricht er weiter und erklärt auf seine kurze Art Dinge zu beschreiben und mit dieser Stimme, die so nüchtern einfach klingt, dass es heilt. Deren weiß er meint seine Wunde und doch weiß sie nicht, wie sie seine Worte deuten soll, empfindet sie noch immer Scham bei dem Gedanken daran, das es ihre Schuld ist, das er verletzt wurde. Ob er nicht so fühlen würde? Ob er überhaupt etwas zu dieser Sache empfindet?
Sie kann es nicht einschätzen und verfolgt weiter wie er den Schlauch wieder beiseite legt, aus dem er nur äußerst achtsam Wasser entwendet hat, ohne es dabei zu verschwenden und ihre Hand anschließend jedoch nicht loslässt. Sie haltend, sieht er ihr vielmehr in die Augen und diesmal ist der Moment viel länger, als ein Blinzeln kurz sein kann. Deren spürt die Tiefe seiner klaren Augen, die so ernst und undurchdringlich wirken.
Auch im hellen Tageslicht wirken sie wie das düstere Wasser eines Sees, der jedoch warm und klar schimmert, wenn man im Mondlicht hineinsieht
Welch dumme Gedanken. Deren erscheinen sie reichlich albern und doch schafft sie es nicht seinem Blick stand zu halten. Ihr Herzschlag wird so eindringlich und laut, das sie sich einbildet er müsse sie hören können. Errötend wendet sie schließlich den Blick ab, indem sie ihre Augen zurück auf die unverletzte Hand in ihrem Schoß senkt.
Sie kennt dieses Gefühl so wenig, wie sie einzuordnen vermag, weshalb sie sich seltsam fühlt, wenn sie daran denkt ihn verlassen zu müssen, oder ihr keine Worte einfallen wollen, die sie aussprechen kann, um sich zu verabschieden.
Ich kenne ihn nicht einmal!, will sie sich nahezu trotzig gegen die Hilflosigkeit zur Wehr setzen, die sie überfällt, aber es hilft ihr nicht viel weiter.
Hamarr macht weiter mit seiner Absicht ihre Hand zu versorgen ohne dass Deren einschätzen kann, was er denkt. Dabei weiß sie nicht einmal sicher, ob sie es wissen möchte. Aber die Frage drängt sich ihr spürbar auf. Sie mag wenn er auf diese seltsame und vollkommen merkwürdige Weise mit ihr spricht. Sie hört ihm gerne zu und sie glaubt so viel mehr an ihm sehen zu können, wenn sie die Zeit hätte.
Sie hat sie nicht. Das ist klar. Sie hat ihren Bruder nicht vergessen, auch nicht den Traum, weswegen sie diese gefährliche Reise wagen will. Sie klammert sich daran, dass sie diesen Weg gehen muss und daran sich auf das zu konzentrieren, was Hamarr tut. Sie sieht ihm zu wie er, wie gestern schon, Kräuter kaut, eine geringere Menge als gestern spuckt er aus und drückt den Brei auf die Abschürfungen. Der Geruch ist ihr vertraut und doch weiß Deren, dass sie diese Pflanze nie wieder erkennen würde, um sie selber zu sammeln. Ernüchternd streift ihr Gesicht kurz Traurigkeit und Enttäuschung über diese Erkenntnis, dann schaut sie ihm auch schon fasziniert zu wie er zwei Blätter aus seinem Beutel holt. Sie sind grün, länglich und schmal und Deren hat keine Ahnung was es mit ihnen auf sich hat. Sie riechen jedoch streng und für einen Augenblick hat sie Angst er könne wollen, das sie diese kaut und isst. Noch nichts im Magen habend und auch gestern Abend ohne eine Mahlzeit eingeschlafen seiend verspürt Deren zwar Hunger, aber sie glaubt ihr wird schon übel bei der Vorstellung diesen Geruch, als Geschmack auf der Zunge liegen zu haben.
Sie ist demnach durchaus erleichtert, wie auch fasziniert, als Hamarr sie unerwarteter Weise einfach auf ihre Hand legt und diese mit frischem Tuch verbindet. Dabei stützt er das Handgelenk gut, wie sie bemerkt und woher es kommt weiß sie nicht, aber sie hat das Gefühl der dumpfe Schmerz, den sie spüren kann, seitdem sie die Hand an den Ästen stieß, lässt endlich nach.
„Danke“, bedankt sie sich bei ihrem Freund mit einem scheuen Lächeln und warmer Stimme, während er alles wieder einpackt und den Beutel zurück in seinen Rucksack legt. Unschlüssig sitzt Deren da und überlegt wie sie sich am geschicktesten anziehen kann, um zu helfen, als er zur Feuerstelle tritt, oder dem was wie eine aussieht und erklärt: >> „Feuer“ <<
Deren nickt, ohne seine Absichten wahrlich verstanden zu haben, aber sie begreift sie, als er fortgeht. Er sucht Feuerholz, so nimmt sie an und Deren hofft er findet etwas. Der Wolf liegt währenddessen ab und an zu ihr sehend, dann wieder dösend, auf seinem Platz und rührt sich nicht. Deren betrachtet sie bewundernd und verliert ihren Blick in dem weiß strahlenden Fell, dann besinnt sie sich und nutzt die Gelegenheit sich anzuziehen.
Squittl, der noch immer in den Ästen hockt, wenigstens aber nicht mehr zetert, traut sich nicht wie sonst den Stamm hinunter zu klettern, um sich in der Kapuze ihres Mantels einzurollen, wie er es für gewöhnlich tut. Deren hat sowohl die Unterwäsche, als auch Unter und Überkleid wieder angezogen, auch die Strümpfe und den Mantel. Ihre Stiefel schnürt sie gerade, als sie zu zittern beginnt. Ihre Kleider sind zwar nicht mehr nass, noch feucht, aber so klamm und durchgefroren, das sich Deren zurück unter das warme, kuschelige Wolfsfell wünscht. Aber sie gibt diesem Wunsch nicht nach.
Du würdest ihn ja nie verlassen und das nur wegen einem Fell.
Sie glaubt nicht, das es so einfach ist, die Antwort, aber sie schiebt jede Frage m Ansatz beiseite. Stattdessen wartet sie ungeduldig auf seine Rückkehr. Ihre Blicke gleiten durch sein Lager und es drängt sich ihr die Frage auf, ob er wohl auch auf Reise ist, oder…
Der Gedanke, er könne hier leben, erscheint ihr so absurd und seltsam, das sie ihn sofort wieder verdrängt, auch wenn etwas in ihr nicht so einfach glauben kann, das er nur ebenso auf einer Reise ist, wie sie. Vielleicht liegt es an seinem hübschen Wolf, der ihn begleitet, der wesentlich auffälliger ist, als Raika es gewesen war.
Raika, denkt Deren traurig und ihre Augen suchen den toten Körper der treuen Freundin. Traurig weilt er auf der Hündin ihres Bruders, die ihr Leben gab um sie zu beschützen.
Wahrscheinlich hast du dir keinen anderen Tod gewünscht…
Der Gedanke ist tröstend und doch fühlt sich Deren einsam, ohne ihre Nähe und vor allem weniger sicher…
Aber das ist jetzt ohnehin alles anders. Das weiß sie so sicher, wie sie deutlich spürt, das Hamarr zurück ist. Aufsehend erfassen ihre Augen seine Gestalt sofort. Er nickt nur kurz, bevor er zum Feuer geht und dieses aufschichtet. Sie selber fühlt sich ertappt, weil ihr Blick auf Raika ruhte und so schaut sie wieder auf ihre Hände. Sie möchte gerne etwas sagen, während sich Hamarr mit dem Feuer beschäftigt, aber Deren fällt nicht ein, was sie sagen soll und so schweigt sie. Hamarr jedoch durchricht die Stille und erklärt, ohne zu ihr zu sehen, dass sie Raika nach dem Essen begraben werden. Sie hat nicht damit gerechnet, dass er ihr helfen wird und lächelt glücklich, ohne dass er es sehen kann.
„Ihr Rufname war Raika. Sie…“ Deren unterbricht sich seufzend bevor sie erklärt, das sie die Hündin ihres Bruders gewesen war. „Sie wird ihm fehlen.“, fügt sie an.
Wenn er noch lebt.
Schon wieder überkommen sie Zweifel von denen sie nicht einmal sicher ist, ob sie diese nur hat weil…
Reiss dich zusammen Deren. Du kannst nicht bleiben und du kannst nicht zurück! , ruft sie sich zur Ordnung und steht endlich auf. Zu Hamarr und dem Feuer kommend, bringt sie ihre Tasche mit und entnimmt dieser ihren letzten Laib Brot und etwas Käse.
„Mehr habe ich nicht, aber…ich möchte teilen.“, versucht sie Hamarr zu bitten mit ihr gemeinsam zu essen. Weil sie die Zeit, die er braucht zu reagieren, als unangenehm empfindet, beginnt sie ihr offenes Haar mit der Hand zukämen, um es anschließend hochbinden zu können und fragt ihn, wie der Name seines Wolfes ist.
„Ist sie deine Gefährtin?“


Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Hamarr am 24. Feb. 2008, 11:51 Uhr


Hamarr hockt neben dem kleinen Feuer. Sein gezieltes Pusten, wird bald die spärliche Glut entfachen. Währenddessen beginnt Deren von der Hündin zu erzählen, die sie begraben werden. Nachdem er ihren Namen erfahren hat, unterbricht Deren sich mit einem Seufzen. Kurz zu ihr aufsehend, widmet er sich gleichmütig wieder dem Feuer, sobald er sieht, dass das Seufzen keine Bedeutung hat, die ihn alarmieren müsste. Er vermerkt für sich, dass es eine Eigenschaft von Deren sein muss, sich so zu äußern. Er akzeptiert es. Als sie ihm erklärt, die Hündin habe ihrem Bruder gehört, nickt Hamarr in seinem Tun beschäftigt. Endlich wird der Zunder von kleinen, gierigen Flammen zerfressen und Hamarr legt die dünneren Äste so darauf, dass sie dem Feuer genügend Nahrung bieten.
>>“Sie wird ihm fehlen.“<<, hört er ihre Worte, die nun doch betrübter klingen, als jene Erklärung zuvor.
Hamarr richtet seinen Oberkörper auf, da das Feuer nun ohne Hilfe alles Brennbare verzehren wird, was er aufgeschichtet hat. Seine Miene spiegelt die Neutralität in seinem Wesen wieder, das zu ihm gehört, wie der gleichförmig sanfte Ton seiner Stimme, wenn er spricht. Hinter seiner hohen Stirn aber stimmt er ihr vorbehaltlos zu. Wenn ihr Bruder nur halb soviel mit der Toten verbunden hat, so wird sie sicher eine Leere hinterlassen. Aber wie die Natur es will, so wäre dies keine Leere für Hamarr, die ihn betrüben würde.
Sein Denken reicht darüber hinaus, da er mit den Gesetzen der Natur aufgewachsen ist.
Leben und Sterben lassen. Danach richtet er sich als Jäger, der im Schoss der Natur alles findet, was er braucht, um zu überleben. Von seinem Bruder ohne Gewissen unterscheidet ihn auch hier nur der Glaube daran, dass alles Rechtens ist, was wieder zu Erde wird, nachdem es aus ihr entstanden ist.  
Hamarr bittet Deren mit einem leichten Nicken zu sich. Er glaubt noch immer, sie friert trotz ihres Wintermantels so sehr, dass es die richtige Entscheidung war, das Feuer für sie zu entfachen.
Hamarr selbst verzichtet darauf, solange er es nicht benötigt. Und da er aus dem Norden stammt, ist die Kälte mehr noch sein Freund, als die Hitze der Wüsten im Süden. Auch Beiggi begrüßt die Wärme eines Feuers, doch ebenso, wie für ihn, ist es für seinen Bruder nicht überlebensnotwendig.  
Ihm gegenüber platz nehmend, öffnet Deren ihre Tasche. Er vermutet in dieser ihr ganzes Hab und Gut. Hamarr beobachte, wie sie Brot und Käse auspackt. Damit zieht sie nicht nur seinen Blick auf sich, vor allem Beiggi wittert die Nahrung und als hätte er bis soeben nicht geschlafen, streckt er seine schwarze Nase in die Luft, um das Futter besser riechen zu können.  
Während Beiggi nur die Dinge versteht, die offensichtlich sind, hört Hamarr sich Derens Angebot an. Um dies abzuschätzen, liegen seine schwarzen Augen stoisch auf ihr. Wahrscheinlich glaubt sie nicht, er reagiert noch darauf. So stellt sie ihm weitere Fragen.
Hamarr der das Angebot Derens zu schätzen weiß, wird aus dem ruhigen Betrachten über das Feuer hinweg gerissen, als er den Worten Sinn verleiht, der in ihren gestellten Fragen liegt. Ohne zu wissen, dass er sie vielleicht mit seiner Reaktion vor den Kopf stößt, formt sich Hamarrs geschwungener Mund zu einem Grinsen, nachdem seine Lippen sich geteilt haben, um die Reihe heller Zähne zu entblößen, die zwar gerade sind, aber erahnen lassen, wie eng verbunden sein Stamm mit jenen Wurzeln seiner Ahnen ist. Die längeren Eckzähne in Ober- und Unterkiefer erinnern ein wenig an die Fänge Beiggis, der auf Hamarrs stilles Lachen hin zu ihm gekommen ist. Er bleckt seine scharfen Fangzähne, während er die Schnauze unter Hamarrs Kinn drückt. Die dunkeln Augen Hamarrs Lachen derweil über das Feuer hinweg zu Deren. Er kräuselt die Nase und deutet damit an, dass etwas in Derens Worten nicht stimmt. Schadenfreude gehört nicht zu den Eigenschaften Hamarrs und so ist er schließlich bereit das Missverständnis zu erklären. Der weiße Wolf steht nun neben Hamarr, der noch immer auf seinen Fußballen sitzt und den Oberkörper soweit aufgerichtet hat, dass er mit seinem Bruder auf gleicher Augenhöhe ist. Hamarr nickt ihr zu und nimmt ihr Angebot mit der spärlichen Zusagen, “Teilen.“, an. Als Deren das Brot in zwei Stück reißen möchte, zeigt Hamarr nur mit Blicken auf den Wolf, der neben ihm mit gespitzten Ohren das Tun der Fremden beäugt.
“Durch drei.“ Sich auch an Derens Begleiter erinnernd, berichtig er sich nach einem kurzen Blick, den er dem kleinen Hörnchen zuwirft. “… vier.“    
Daraufhin verteilt Deren Brot und Käse gerecht. Während sie die Stücke für Hamarr über das Feuer reicht, zeigt er neben sich. Sie muss Beiggis Anteil diesem persönlich geben, sonst wird er nicht wissen, woher das ungewöhnliche Futter dieses Morgens stammt. Als Deren sich überwinden will, es ihm direkt zu geben, schüttelt Hamarr den Kopf ablehnend. “Erst noch werfen.“, erklärt er ihr mit zugestehendem Lächeln, dass zwar dünn ist, aber seine ungerührte Miene so zu beeinflussen weiß, dass er weit weniger wild wirkt. Dass Beiggi ihr sonst aus Gier in die Hand beißen würde, verschweigt er. Er glaubt nicht, dass sie schon soweit ist, dies zu verstehen. Beiggi schlingt unterdessen Brot und Käse hinter, bevor Deren und Hamarr begonnen haben, zu essen. “Beiggi“, erklärt Hamarr geduldig. “Ich nenne ihn Beiggi … in Gedanken.“ Dass er ihn so nicht ruft, erklärt sich nur denen, die wissen, dass jene, die mit den Wölfen so eng vertraut leben, ihnen gegenüber keine Namen benutzen, die man in menschliche Worte fassen kann. Hamarr nickt, nachdem er ein Stück Brot gegessen hat. Mit dem Geschmack muss er sich erst wieder vertraut machen. “Ihr sprecht dann von einem Bruder.“ Während er Deren den Wasserschlauch reicht, der in seiner Reichweite liegt, erzählt er ihr, Beiggi sei sein Bruder. “In unserem Stamm sind wir alle Kinder der Ahnen.“, fügt er nach einer kurzen Pause an.  
Sein Blick, der während seiner Wort ohne Zweifel oder Zögern auf ihr lag, wendet sich Beiggi zu. Der versucht, mehr von Hamarrs Frühstück zu erbeuten, aber mit einem gezielten Griff umschließt Hamarr ohne Furcht die Schnauze des Wolfes von oben und hält sie solange fest, bis Beiggi sich winselnd unterwirft. Hamarr stellt das tierische Knurren, dass in seiner Kehle grollt ein, sobald Beiggi zu seinem Platz zurück geschlichen ist. Als würde ein Blinzeln die heftige Spannung eines Moments wegwischen können, nimmt Hamarr daraufhin Brot und Käse aus dem Schnee und putzt diesen von seinem Essen. Schweigend, aber ruhig sieht er zu Deren und isst dabei weiter. “Was tust du?“, fragt er sie in die Stille, in der das Feuer zwischen ihnen knackend niederbrennt. Sein Ton ist zwar neutral, aber ohne die Anteilnahmslosigkeit eines Tieres. “Welchen Weg gehst du?“  

Titel: Re: Reise von Verd nach Talyra
Beitrag von Deren am 24. Feb. 2008, 21:18 Uhr


Deren wartet geduldig auf eine Antwort. Sie weiß nicht ob er ihr diese persönliche und direkte Frage beantworten wird, oder ob er es ablehnen wird zu verraten, in welcher Beziehung er zu dem Wolf steht. Für einen Moment beschleicht Deren das unangenehme Gefühl sie möge vielleicht zu forsch gewesen und ihn mit ihrer Frage gar beleidigt haben, aber sie findet keinen Anlass ihre Befürchtungen auszubauen in seinen dunklen Augen. Zwar antwortet er ihr nicht gleich, aber seine Reaktion scheint nicht ablehnend, wenn sie Deren auch unerwartet trifft und überrascht.
Sie sieht Hamarr zu, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen verziehen und er, lautlos zwar, aber ausgeprägt zu lachen beginnt. Zunächst kann Deren nicht glauben was sie sieht. Nicht weil sie ihm absprechen will, lachen zu können, aber da er dies bisher nicht in ihrer Gegenwart getan hat, ist sie sich nicht bewusst gewesen, das auch er über diese Gesten verfügt, selbst dann wenn er so wenig oft und offen menschliche Gesten zu nutzen scheint, die ihr vertraut sind.
Überrascht bleibt ihr nur dem beizuwohnen und sie besieht sich staunend wie der Wolf sich erhebt und zu ihm kommt. Der Wolf hat seine Schnauze unter Hamarrs Kinn gehoben und so wie er die Eckzähne offenbart, wirkt er beinah als lache er mit ihm. Deren ist fasziniert und sieht wieder zu Hamarr, wodurch sich ihre Augen über die züngelnden Flammen hinweg begegnen. Sie erstarrt in der Bewegung und vergisst nicht nur alle Gedanken, sondern sogar Luft zu holen. Völlig reglos versinkt sie für den Hauch eines Augenblicks in seinen dunklen Augen, die so deutlich von seinem Lachen funkeln, dass es sie erschreckt, wie warm ihr wird.
Sicher ist es das Feuer, versucht sie sich anschließend zu beruhigen, als Hamarr den Blick ablenkt und damit ihre Augen freigibt, die sie nicht von ihm nehmen konnte. Auch wenn sich ihre Augen stur auf ihre Hände richten und sie versucht nicht zu ihm zu sehen, kann sie das Bild nicht vergessen, indem er dasitzt breit grinst, so dass sich sogar seine Nase kräuselt und sein tonloses Lachen seine Augen zum Leuchten bringt, wie ein Stein eine stille Wasseroberfläche in Bewegung geraten lassen kann.
Deren ist fasziniert von diesem Bild und gleichsam hat sie Angst vor dem intensiven Gefühl, das sie zu diesem zieht, ohne das sie weiß was es ist und es ihr bekannt vor kommt. Sie fürchtet das Unbekannte, obwohl es ihrem Wesen nicht ähnlich ist Unbekanntem misstrauisch und ängstlich gegenüber zu sein und sie ist beinah erleichtert, als Hamarrs Stimme sie von ihren Gedanken ablenkt und sie von dem Bild trennt, das sie gefangen hielt.
Sie freut sich ebenso ehrlich über seine Zustimmung zu teilen, ohne dass sie noch erwartet hat, er wird ihr seine Meinung dazu sagen. Sie hat schon angenommen dass er weder Brot noch Käse mögen könne und so freut sie sich, dass dem nicht so ist. Dankbar etwas zu haben, das sie mit ihm teilen kann und ihm somit etwas zurückgeben zu können, für das was er für sie getan hat, will sie das Brot in zwei Stücke reißen, sich nicht sicher ob sie die Kraft hat. Das Brot ist trocken und härter, als es das noch war als sie es eingepackt hatte und ihre Hand ist durch die Verletzung nicht so kräftig, wie sie es sonst ist. Bevor sie es zu testen vermag, spürt sie Hamarrs Blick so intensiv auf sich ruhen, das sie aufsieht, ohne das er sie angesprochen hat. Aber sie hat sich nicht getäuscht; ihr Freund sieht sie an und weist dann mit einem Blick auf den Wolf an seiner Seite, bevor er anfügt sie solle durch drei teilen. Er bittet sie nicht und auch in seiner Stimme liegt keine Bitte, sondern seine Worte gleichen einer Feststellung, so wie er sich ohne Witz oder Reue berichtigt, nachdem er auch einen Blick zu Squittl geworfen hat, der die Szenerie aus den Ästen und sicherem Abstand beobachtet, und er aus der drei ein vier macht.
Deren tut es leid, dass sie den Wolf vergessen hat, aber sie fühlt keine Scham, oder schlechtes Gewissen. Sie hat nicht angenommen, das der Wolf würde Brot annehmen und wenn Hamarr sagt er wird, ist sie gerne bereit das Essen durch drei zu teilen. Dass es nur drei nicht vier sein müssen, erklärt sie Hamarr mit einem Lächeln in der Stimme und scheuem Blick, der immer wieder auf dem zuteilenden Brot landet, um ihm auszuweichen.
„Squittl brauchen wir nicht beachten. Er isst kein Brot und auch kein Käse. Er isst nur Nüsse und Früchte, auch wenn ich es bereits versucht habe“, sie zuckt mit den Achseln und grinst. „er ist nicht zu überzeugen.“
Hamarr reagiert mit einem Nicken und als er nichts weiter sagt, beginnt Deren endlich das Brot zu brechen. Es kostet sie Kraft und Anstrengung, aber sie will sich nicht helfen lassen und entschlossen es zu schaffen, zieht sie an dem Brot bis sie drei nahezu gleichgroße Stücke gebrochen hat. Mit dem Rest Käse verfährt sie genauso. Sie lächelt zufrieden als sie es geschafft hat und reicht Hamarr Brot und Käse. Als sie ihm auch den Anteil seines Gefährten über das Feuer reichen will, sieht sie dass er es nicht nehmen möchte. Verwirrt hält sie inne und sieht ihn fragend an. Doch auch Hamarr schweigt und es dauert etwas, bis sie begreift, dass er möchte, dass sie den Anteil des Wolfs diesem selber reicht. Deren betrachtet diesen und kann nicht verbergen, dass sie unsicher ist. Sie hat keine direkte Angst vor dem Tier, das ihr half, aber es ist eine Mischung aus Ehrfurcht und der natürlichen Vorsicht, die sie zögern lässt, weil der Wolf ihr fremd ist. Doch weil sie glaubt, dass er ihr nichts tun wird, so wie er auch Hamarr nichts Böses will, überwindet sie ihre Unsicherheit. Aber erneut hält Hamarr sie zurück. Diesmal spricht er sie an, bevor sie die Hände ausstrecken kann.
Werfen ? , wiederholt sie zögernd Hamarrs Worte. Sie ergeben für Deren keinen Sinn, bis sie zu dem Schluss kommt, dass der Wolf so am ehesten die wenig natürliche Nahrung annehmen wird. Sie nickt verstehend und gleichsam zustimmend, dann holt sie aus, ohne das Essen weit zu werfen. Vielleicht hätte sie es tun sollen, denn der Wolf ist schneller damit fertig, als Deren und Hamarr überhaupt anfangen können. Sie betrachtet das mit einem Lächeln, bevor sie langsam an dem Käse zu ziehen beginnt und kleine Stücke davon im Mund zergehen lässt. Sie hat in der vorletzten Nacht die Erfahrung gemacht, dass der Hunger schneller nachlässt, je langsamer man sich zwingt zu essen. Sie weiß außerdem darum, dass es ihre letzten Vorräte sind. Für einen Moment beschleicht sie der unangenehme Gedanke, was sie tun soll, wenn sie bis heute Abend kein Dorf mehr erreicht. Aber dann schiebt sie solch beängstigenden Gedanken wieder weit von sich, konzentriert sich stattdessen wieder auf Hamarr. Dieser teilt ihr endlich mit das der Wolf den Namen Beiggi trägt. Deren ist nicht länger überrascht von Hamarrs Art Fragen zu der Zeit und in der Reihenfolge zu beantworten, die er selber wählt. Sie freut sich sichtlich, dass er es überhaupt tut und lächelt ebenso offen diese Freude nicht vor ihm verbergend.
Beiggi, welch schöner Name für…oh!
Jetzt versteht sie weshalb er vorhin so ehrlich lachen muss und auch Deren lächelt, schüchtern den Blick senkend und sich ihrem Rest Käse widmend. Beiggi ist ein männlicher Wolf. Keine Gefährtin sondern ein Gefährte.
Eigentlich will sie darüber nachdenken, das Hamarr Beiggi nur in Gedanken so nennt und sie sich fragt, wie er ihn ruft, aber die Tatsache das Beiggi sein Bruder ist, wie sie weiterhin erfährt, fesselt sie mehr und lenkt sie von der ersten Frage nach seinem Rufnamen ab.
Zwar kennt Deren die enge Verbindung zu einem Tier und kann sie nachvollziehen, aber sie ist nicht blind und hat in den letzten Stunden mit Hamarr genug gesehen, um sicher sagen zu können, das zwischen der Verbindung von ihm und Beiggi und jener die sie oder Landor zu Raika unterhielten, ein großer Unterschied besteht. Hamarrs ganzes Verhalten hat sie immer wieder sehr an das des Wolfes erinnert und jetzt da sie erfährt, das er in Beiggi seinen Bruder sieht, ergibt es viel mehr Sinn. Zwar versteht Deren noch nicht, wie ein Stamm in einem Menschen und einem Wolf die gleichen Ahnen sehen kann und es fühlt sich wie eine eigene, unbekannte Welt an, wenn sie versucht sich vorzustellen, wie das Leben sein muss, das Hamarr führt, aber sie will so gerne mehr erfahren.
Sie fühlt wie unterschiedlich ihre Leben sind und wie unterschiedlich sie gewesen sein mussten. Es ergibt Sinn warum er in so vielen Dingen besser bewandert ist als sie und dafür so seltsam mit Worten und menschlichen Gesten umgeht.
Um so erstaunter ist Deren, das er sie dennoch beherrscht, besteht kein Grund für ihn sie zu können, wenn er unter Wölfen lebt. Erst da fällt ihr ein, das er nicht der einzige Mensch sein wird und er somit durchaus andere Menschen hat, mit denen er sprechen kann. Fasziniert weilt sie weiter in Gedanken bei Hamarrs Welt und fühlt sich durch seine Worte ihm unweit näher, obgleich der Abgrund viel größer geworden sein müsste, jetzt wo sie weiß wie unterschiedlich sie wirklich sind. Aber Deren kann diese Trennung nicht sehen. Dafür sieht sie, dass er es ihr anvertraut hat.
Abgelenkt von diesem Vertrauen und dem warme Gefühl, das diese Gewissheit hervorruft, wie schon sein Lächeln, wird sie, als sie bemerkt wie Beiggi versucht Hamarr etwas von seinem Essen zu stehlen. Deren würde lachen, aber sie kann nicht, denn sie spürt, das die Situation zu ernst und angespannt ist, als das man über sie einfach zu lachen vermag, wie sie es würde tun, wenn Squittl versuchen würde ihr Essen zu stehlen. Genauso wenig bleibt ihr Zeit anzubieten Beiggi könne noch Brot von ihr haben, denn sie sieht wie Hamarr sein Essen verteidigt und dies in jener Weise, die Beiggi einzig zu verstehen scheint, so glaubt sie nun zu erkennen.
Erstaunt und mit Faszination, die nicht nur ihre Augen, sondern ihr Herz öffnet, sieht sie Hamarr zu, wie er die tierischen Laute Beiggis ohne Schwierigkeiten nachahmt. Unrational drängt sich ihr ein strahlendes Lächeln in die Züge und der merkwürdige Wunsch, es auch lernen zu wollen, den sie verdrängt, weil sie glaubt die unwirkliche Situation bringe sie auf dumme Ideen. Trotzdem wendet sie den Blick nicht ab, bis Hamarr den Kampf der Blicke und Laute gewonnen hat und Beiggi sich auf seinen alten Platz zurückzieht und zusammenrollt. Als fände Squittl das höchst amüsant, hören sie beide belustigtes Meckern aus den Ästen, das beinah wie ein menschliches Kichern klingt. Deren versucht sich das Grinsen von den Lippen zu beißen und versteckt es anschließend hinter ihrem Brotkanten, an dem sie noch immer herumzupft, obwohl sie kaum noch Hunger hat.
Die Aufregung hat ihr diesen genommen, ohne dass sie etwas dagegen machen kann. Aber sie zwingt sich weiter zu Essen, nachdem Hamarr sie fragt, was sie tut und welchen Weg sie geht. Sie weiß um die Neutralität seiner Stimme, die für sie schon gewohnt bekannt ist und doch fühlt sie Anteilnahme darin, nur eben…
… auf seine Art.
Vielleicht weiß sie deshalb nicht sofort was sie erwidern soll. Sie glaubt ihm nicht länger den Grund ihrer Reise verschweigen zu können und doch beschleicht sie Furcht. Ein Gefühl das Deren auch mit verstreichen der Augenblicke nicht logisch begründen kann und so gibt sie nach.
„Ich weiß es nicht genau. Ich meine der Weg ist nicht…ich kenne ihn nicht genau.“
Deren ist sich nicht sicher, ob Hamarr sie versteht. Sie weiß, dass sie in seinen Augen keinen Anhaltspunkt finden kann und so erzählt sie weiter, bis sie glaubt, dass sie aufhören soll.
„Ich bin auf der Suche nach meinem Bruder. Ich habe … ihn verloren.“
Sie weiß nicht wie sie es besser beschreiben soll, ohne das es zu kompliziert zu erzählen wird und sie glaubt, das nicht jetzt die Zeit dafür ist ihm eine lange Geschichte zu erzählen.
Wenn überhaupt.
Noch immer schwebt ihr vor Augen, das sie vielleicht nicht noch einmal mit ihm dort sitzen wird und die Gelegenheit hat mit ihm zu reden.
Dann wäre das nicht das, was ich sagen würde wollen , stellt sie mit alt bekannter Unsicherheit fest, die sie ergreift, wenn sie ihn ansieht.
Den Blick in die Ferne und auf den toten Körper der Hündin legend, erklärt sie nun beinah leise.
„Ich muss ihn unbedingt finden, sonst kann ich nicht … es ist meine Aufgabe ihn zu finden. Er ist alles was ich habe. Meine Familie.“
Ohne dass sie es will, aber auch nicht verhindern kann, stehlen sich Tränen nicht nur in ihre Stimme, sondern über ihre Wangen und sie versucht sie unwirsch wegzuwischen.
Wie dumm, fällt ihr nur ein und sie beißt sich auf die Unterlippe, das Schluchzen weg, das sie noch viel dümmer findet.  




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