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(Thema begonnen von: Phelan am 22. Aug. 2003, 08:31 Uhr)

Titel: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 22. Aug. 2003, 08:31 Uhr
Wenn man Talyra auf westlichem Wege verlässt, so gelangt man nach drei Tagesreisen zu Fuß oder anderthalb auf einem schnellen Pferd in die Gegend genannt Heideweg, in deren Mitte die große Straße verläuft, welche Ildorien mit dem fernen Westen verbindet.

Im Norden erhebt sich saftig und grün und undurchdringlich der Verdwald, der den westlichen Ausläufer des Larisgrüns darstellt und sich bis weit nach der kleinen Stadt Verd hinstreckt. Inmitten dieses Waldes, irgendwo nördlich der Straße befindet sich gut versteckt die Absteige zur Schwarzen Stute (http://www.weltenstadt.de/cgibin/yabb/YaBB.cgi?board=stadtrpg;action=display;num=1029157179;start=0). Im Süden jedoch kann man weit am Horizont die Hügelkette der Erikarberge erkennen. Das Land hier ist karg; Heidekraut und Moose überziehen die Erde und einzelne Fichten, Zypressen und Erikartannen bilden lichte Haine. Umso weiter man in den Süden gelangt, umso dichter wird der Nadelwald, bis er schließlich den Fuß der Erikarberge bedeckt.

Zieht man weiter nach Westen, so wird man irgendwann auf das Städtchen Liedberg stossen, welches sich südlich des Verdsees auf einer Hügelkuppe inmitten des Waldes erhebt. Liedberg ist die letzte Ortschaft vor den Elbenlanden im Südwesten und der Stadt Fa'Sheel weit im Westen an den blauen Ufern des Meeres.

Wer dieses riesige Gebiet durchquert wird möglicherweise irgendwann auf einen der abgelegenen Bauernhöfe treffen oder aber auf die Waldläufer, die in dieser Gegend heimisch sind.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 22. Aug. 2003, 08:35 Uhr
Das Gesicht des Jungen ist blaß und von kleinen Schweißperlen übersäht. Sein Atem geht flach und einige Male glaubt der Mann, er wäre ganz verstummt. Dann beugt er sich nahe über die blassen Lippen und lauscht, aber noch immer holt der Junge Luft, ganz leicht nur, aber er atmet. Innerhalb weniger Tage hat sich Aethlings Zustand so weit verschlechtert, dass Phelan sicher ist, dass die Narg-Klinge vergiftet gewesen sein muß. Sanft streicht er seinem Sohn über das strähnige Haar und zieht die Decken zurecht, deren Wärme dennoch den Schüttelfrost des Jungen nicht lindern können. Seine Stirn aber glüht. Und die Wunde.... Pelan hat schon viele Wunden gesehen und er weiß, wann eine solche tödlich ist. Doch obwohl an der Seite des Jungen offenes Fleisch klafft und einen üblen aber eindeutigen Geruch verbreitet will er es doch nicht wahrhaben. Sein einziger Sohn, sein eigenes Fleisch und Blut, hingerichtet von einem Narg-Bastard.

Tiefe Schatten liegen unter Phelans Augen. Der Rabe war schon vor drei Tagen losgeflogen, hatte sich über den Verdwald erhoben und war schließlich mit einigen kräftigen Flügelschlägen am westlichen Horizont verschwunden. Er hatte ihm nachgesehen, bis nicht einmal mehr ein kleiner Punkt übrig war und all seine Hoffnung lag auf den Schwingen dieses Vogels. Er verflucht sich selbst, weil er nach Talyra gegangen war, ausgerechnet zu dieser Zeit, ausgerechnet dann, als die Narge, deretwegen er Hilfe erbeten hatte, auf die Männer getroffen waren. Drei lange Tage und zwei ewige Nächte nun hält er schon Wache neben Aethling. Er hatte all sein Wissen und seine Heilzauber versucht, um die Wunde zu reinigen und zu schließen, doch das Gift war bereits zu tief in dessen Körper.

Seine Männer halten Abstand und ihre Lieder erzählen von all dem Kummer und der Wut, aber sie sind leise, ein unbedeutendes Murmeln im ewigen Raunen des Waldes.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 23. Aug. 2003, 14:06 Uhr
Die Nacht war einem neuen Tag gewichen und nach kurzer Rast im Morgengrauen hatten sie sich wieder auf den Weg gemacht, noch ein Stück weiter nach Süden und dann immer in westlicher Richtung über verschlungene Pfade und Wildwechsel durch den Wald.  Der Tag beginnt grau und drückend warm und nur manchmal blitzt die Sonne hell und weiß zwischen den aufreißenden Wolken hindurch. Beinahe ist sie froh, daß sie statt des Kettenhemdes ihren Lederharnisch trägt und darunter nur ein leichtes Leinenhemd. Ihr Haar hat sie zu einem langen Zopf geflochten, ihr schlankes Elbenschwert steckt in einer Scheide auf ihrem Rücken, ähnlich wie Cron seinen Zweihänder nach Nordmannart zwischen den Schultern trägt. Fünfeinhalb Fuß Stahl sind auch zu lang, um sie in einem Schwertgurt zu tragen, selbst wenn man fast sieben Fuß groß ist...

Die Sonne hat den Mittag bereits überschritten, als sie den Heideweg erreichen, jenen breiten Weg durch das Larisgrün nach Westen. Vor tausenden von Jahren war er eine vielbefahrene Handelsstraße gewesen, die die Elbenreiche hinter dem fernen Mondgrün mit den Königreichen der Menschen verbunden hatte - heute ist er nicht mehr als ein sandiger Weg und die uralten Pflastersteine schimmern nur noch hier und da zwischen Bingelkraut und Heideblumen. Stehen im Norden des Larisgrüns die Bäume dicht an dicht, ein grüner, undurchdringlicher Wald voller Kühle, tiefen Schatten und zahllosen Geheimnissen, so wachsen hier vor allem Buchen, Eichen und vereinzelte Soldatenkiefern in offenen, parkähnlichen Hainen mit wenig Unterholz. Dichte Teppiche von Schwarzbeer und Preiselbeerbüschen säumen die alte Straße zu beiden Seiten und die Ränder des Waldes.
Den ganzen Morgen ist ihnen nichts Größeres begegnet als ein jagender Wanderfalke, dennoch kann sie die Nähe anderer Waldläufer spüren - ihre Sorge und ihre Wachsamkeit und so schickt sie vorsichtig einen gedanklichen Ruf an jenen aus, der ihr eine Botschaft sandte.
Phelan... ich habe Eure Nachricht erhalten. Wir kommen auf  Euch zu....

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 23. Aug. 2003, 14:18 Uhr
Eine weitere Nacht vergeht und ein weiterer Tag ist angebrochen. Doch nichts hat sich an Aethlings Zustand verändert. Nach wie vor liegt der Junge fiebernd im kühlenden Schatten einer ausladenden Tanne, gebettet auf Tierfellen, die ihn vor der Bodenkälter in der Nacht schützen sollen. Keinen Fingerbreit ist Phelan von Aethlings Seite gewichen, vielleicht aus Angst eine überraschende Genesung zu verpassen. Doch er weiß so gut wie die anderen, dass dieser Moment nicht kommen würde, niemals mehr kommen würde. Einzig die Erschöpfung der Wacht am Krankenlager verhindert, dass die Tränen sich einen Weg bereiten, die sich in Phelan angestaut haben. Der Kummer liegt wie ein eisernes Band um seinen Hals, schnürt ihm den Atem und jegliche andere Emotion ab. Und doch ist er kaum weniger stark als der Zorn und die Verzweiflung, die im Inneren des Waldläufers schwelen wie eine nicht verglimmende Glut. Jemand hatte am Vorabend die Falken ausgesandt, hoch hinaus über den Wald, doch wo auch immer die Narge sich verbargen; nichts ausser ihren deutlichen Spuren hatte von ihrer Anwesenheit in diesen Wäldern gezeugt.

Liebevoll doch mit zitternden Fingern streicht der Mann über die blasse, feuchte Stirn seines Sohnes und was er spürt, die Leere und Resignation, lässt ihn erschauern. Der gedankliche Ruf ereilt Phelan überraschend und mit unerwarteter Heftigkeit, reißt ihn aus seinen Gedanken und der Lethargie. Als er sich aufrichtet hängen die erstaunten Blicke seiner Männer an der schlanken, großen Gestalt und der entschlossenen Miene. "Sie sind gekommen, sie sind wirklich gekommen." Und abermals wird ein Falke entsandt, um den Reisenden den Weg in das verborgene Lager der Waldläufer zu weisen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 23. Aug. 2003, 16:13 Uhr
Sie erreichen das Lager der Waldläufer am späten Nachmittag, nachdem sie eine Nacht und fast den ganzen Tag geritten waren, geführt von den heiseren Schreien eines Falken, denen Niniane gefolgt war. Der Lagerplatz ist so gut getarnt, daß man zwei Schritt neben ihm vorüberreiten könnte, ohne auch nur von seinem Vorhandensein zu ahnen... Kunststück... hier lagern erfahrene Waldläufer... ... doch der Falke führt sie zielstrebig mitten hinein.
Sieben erschöpfte Gesichter blicken ihnen entgegen, und die meisten der anwesenden Jäger und Späher sind verwundet. Ihre Langbögen lehnen an den Stämmen der Bäume, ihre Schwerter sind griffbereit, lange Speere liegen neben aufgerollten Schlaffellen. Es brennt kein Feuer und er kann auch nirgends eine kalte Feuerstelle entdecken, dafür ist unter den ausladenden Zweigen einer großen Tanne, deren untere Äste fast ein natürliches Zelt bieten, ein Lager hergerichtet, auf dem ein Junge liegt, bleich, bewußtlos und fiebernd. Viel kann er im Schatten der Tannenäste über ihm nicht erkennen.
Seine Beine schmerzen vom langen Ritt, als er aus dem Sattel steigt und Donner einem der Waldläufer überläßt, der seinen Hengst und Ninianes Stute etwas abseits führt, um die Pferde im Schatten einer Schwarzkiefer anzupflocken. Man nimmt ihnen die Sättel ab, hängt ihnen Futterbeutel um und reibt sie trocken, während Niniane und er zu Phelan geführt werden. Dieses Lager hier ist offenbar sicher...
Niniane wird mit ehrerbietigem Respekt begrüßt, er selbst mit wesentlich zurückhaltenderem Kopfnicken, doch keineswegs unfreundlich oder mißtrauisch. Er erkennt in Phelan den Waldläufer wieder, der Niniane am Sommerfest nach dem Turnier angesprochen hatte und der allzu offensichtliche Schmerz und die kaum verhaltene Grimmigkeit in dessen Gesicht, lassen ihn ahnen, daß der Kampf mit den Nargen einen hohen Preis gefordert hatte.
Irgendjemand drückt ihm einen Weinschlauch in die Hand und er trinkt durstig, reicht ihn dann an Niniane weiter, die nur einmal kurz nippt und sich dann an Phelan wendet. Er mustert den Mann vor ihnen, hochgewachsen und zäh und so grimmig  wie ein übellauniger Bär, aber für den Augenblick überläßt er Niniane das Reden und nimmt nur stumm das Lager und die Stimmung der kleinen Waldläufertruppe auf. Sie sind erschöpft. Und auch wenn sie Angst haben... oder Sorgen... sie sehen nicht aus, als würden sie ihren Weg nicht konsequent weiterverfolgen...

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 23. Aug. 2003, 19:31 Uhr
Niniane, an das lange Reiten nicht mehr gewöhnt, ist froh, aus dem Sattel zu kommen. Ihre Beine sind steif und schmerzen und auch die Tiere sind erschöpft.
"Khel Dar, Phelan," begrüßt sie den Waldläufer leise, trinkt einen Schluck Wein und sieht sich dann um. "Ich brauche nicht zu fragen, was hier vorgefallen ist... Sagt mir, wo seid Ihr auf die Narge getroffen? Wieviele von euch wurden getötet und wißt Ihr, in welche Richtung die Narge jetzt ziehen?" Sie stellt die Fragen ruhig und bedächtig, während sie sich umsieht. Das Lager unter der Tanne entgeht ihr nicht, doch anders als Cron kann sie mit ihren schärferen Elbenaugen das Gesicht des Jungen darauf gut erkennen, auch in den Schatten. Götter... der Jüngling sieht aus wie Phelan!
Sie sucht den Blick des Mannes vor ihr und weiß die Antwort, eine Sekunde bevor sie die Frage ausspricht. "Ist das Euer Sohn?"
Er hat von einem Kind gesprochen, in Talyra...oh nein!

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 23. Aug. 2003, 19:44 Uhr
Die beiden Reiter erreichen das Lager schneller als erwartet und an der Seite der Waldläuferin ist der Hüne von einem Mann, der auch schon auf dem Turnier bei ihr war, eine dunkle, imposante Erscheinung, die Phelan einerseits Respekt einflößt und andererseits hoffen lässt. Hoffen auf einen Sieg gegen die Narge.

"Khel Dar", erwidert er ihren Gruß und auch dem Ritter entbietet er das Willkommen, indem  er mit der Faust kurz die Stirn berührt und den Kopf senkt. "Bis zuletzt hatte ich Zweifel, dass überhaupt jemand kommen würde. Vergebt mir." Er braucht ihrem Blick nicht zu folgen um zu wissen, wo sie hinsieht. "Das dort ist mein Sohn Aethling, vom dem zu schützen ich in Talyra sprach. Er wird sterben, Herrin. Die Waffe, die ihn traf, war vergiftet. Diese.. Bastarde halten sich noch hier im Wald auf und selbst, wenn sie den scharfen Augen der Falken entgingen, so sind ihre Spuren doch eindeutig. Ich vermute sie eine halbe Tagesreise von hier westlich, viel zu nah, aber wir können nicht reisen." Als er von seinem Sohn spricht wird seine Stimme leise vor unterdrücktem Zorn und Kummer. "Sechs Männer sind mir geblieben und sie berichteten von fünfzehn Nargen, von denen fünf fielen. Und ich hoffe bei Megarn, dass es kein schneller Tod war."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 24. Aug. 2003, 00:12 Uhr
Er ist verbittert... Sie blickt von Phelan zu dem verwundeten Kind und empfindet seinen Schmerz und seinen Zorn nach. Das wärst du auch...

"Es tut mir so leid, Sarniseldor," meint sie leise und weiß nicht recht, was sie sagen oder tun könnte. Vermutlich nichts...  "Ich würde mir Euren Sohn gerne ansehen, Phelan. Auch wenn ich nichts für ihn tun kann. Habt Ihr Mohnblumensaft...? Wenn Ihr wollt..." sie macht eine vage Geste. "Es würde ihm die Schmerzen nehmen und ihm den Weg in Sithechs Hallen leichter machen."

Fünfzehn Narge... Sie erinnert sich an die Bilder der Vergangenheit, an schuppige Kolosse, zweieinhalb Meter groß, vierhundert Pfund schwer, nichts als Fleisch und Zorn und rote Krallen. "Laßt uns nach Eurem Sohn sehen, Phelan. Cron und ich ... und auch Ihr... wir brauchen ein wenig Ruhe, ehe wir uns an die Verfolgung machen können. Wir sind nahezu ohne Rast von Talyra hergeritten. Es tut mir leid, daß ich nur so wenig Hilfe bringe."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 24. Aug. 2003, 00:43 Uhr
"Ruhe.. Ruhe würde uns allen gut tun." Er versucht zu begreifen, was sie ihm gesagt hat. "Er hat bereits alles bekommen, was ihm gegen die Schmerzen hilft, doch ich wünschte, Sithech würde sich nicht so viel Zeit lassen, wo es doch schon entschieden ist." Mit einer Geste wischt er den Gedanken fort und winkt einen der Waldläufer heran. "Bereite zwei Lager für heute Nacht. Morgen früh bei Sonnenaufgang werden wir aufbrechen."

Niniane kniet schon bei Aethling, noch während er gesprochen hat. Er beobachtet sie, wie sie mit geübten Handgriffen untersucht und doch nichts anderes feststellen kann als das Offensichtliche. Die Stirn des Knaben ist kalkweiß und die Brust hebt sich kaum, wenn er atmet. Die Wunde ist verdeckt unter einem frischen Verband, von dem die aromatischen Düfte von schmerzstillenden Kräutern aufsteigen, die auch der Entzündung den Geruch nehmen. "Er wird die Nacht nicht überstehen." Phelan kniet neben dem Lager nieder und nimmt die schlaffe, kleine Hand seines Sohnes in die seine. "Neun gegen Zehn... dieser Kampf ist nicht nur zahlenmässig unausgeglichen. Und ich gebe zu, dass ich mich fürchte, Niniane. Dieser Wald war lange Zeit ruhig, hier gab es zu meinen Lebzeiten niemals Kämpfe oder sinnloses Blutvergießen. Was mag sie ausgerechnet jetzt in diese Gegend führen?"

Langsam sinkt die Sonne und verschwindet zwischen den hohen, alten Bäumen, bis das Lager im Zwielicht der Dämmerung zurückbleibt. Die waldläufer schärfen ihre Waffen und überprüfen die Bögen, doch sie sprechen kaum ein Wort.  Die Erwartung des morgigen Tages liegt fast greifbar in der Luft.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 24. Aug. 2003, 19:51 Uhr
Cron und sie selbst entrollen ihre Schlafpelze neben denen Phelans unter den ausladenden Ästen der großen Tanne, wo ihnen einer der Späher Lager aus weichem Gras und Farn bereitet hatte. Nicht weit von ihnen, am Stamm des Baumes,  liegt der Junge und sein Atem geht so schwach, daß es unwahrscheinlich ist, daß er die Nacht übersteht - und auch Phelan weiß das. Er spricht es sogar aus, als er sich zu seinem Sohn kniet und dessen Hand nimmt.  Auf seine Worte nickt sie nur. Kein Wort von ihr könnte seinen Schmerz lindern. Niemand sollte seine Kinder überleben müssen... niemand.
Die Waldläufer verteilen sich, stellen Wachen auf und machen sich für die Nacht bereit. Die meisten legen sich sofort zur Ruhe und nur vereinzelt ist im Lager ein Flüstern zu hören.
"Ich weiß es nicht, Phelan.... die Götter wissen, ich wünschte, ich hätte eine Antwort," erwidert sie schließlich auf seine Frage. Cron hat sich neben sie gelegt, den Ellenbogen aufgestützt. Er lauscht ihrer Unterhaltung und sie lehnt sich an ihn, zieht die Knie an und schlingt die Arme darum. "Der Wald ist unruhig. Schon seit Wochen. Ich kann es spüren. Irgendetwas lauert hinter dem Horizont, Phelan, dort, wo ich es nicht zu fassen bekomme. Aber diese Narge..." sie schüttelt den Kopf. "Ob sie etwas mit der Unruhe der Bäume zu tun haben oder nicht, wir müssen etwas gegen sie unternehmen. Im Grenzgebiet und den Frostweg hinauf in den Randbezirken zum Dunkelwald leben einige wilde Stämme dieses Volkes..."
Und wenn sie sich vereinen? Was dann? Dann haben wir nicht eine Bande von 15 oder 10 oder 20 von ihnen im Larisgrün, sondern fünf, sechs, siebenhundert...

"Wollt Ihr nicht ein wenig schlafen, Phelan? Ich kann bei Aethling Wache halten, wenn Ihr..." Er schüttelt nur den Kopf und sie nickt und wünscht ihm flüsternd den Beistand der Götter und seinem Sohn eine sanfte Reise in Sithechs Hallen. Dann rollt sie sich neben Cron zusammen wie eine Katze und schließt die Augen. Der Schlaf fängt sie mit weichen, dunklen Armen auf und läßt sie für eine Weile alles vergessen.

Aethlings Tod kommt in der schwarzen Stunde vor der Morgendämmerung und das gesamte Lager ist bereits auf den Beinen. Sie nehmen nacheinander Abschied von dem Jungen und Phelans versteinerte Miene zeigt sowohl nichts, als auch alles von seinem Schmerz. Niniane legt dem Waldläufer nur stumm die Hand auf die Schulter, während seine Männer rasch und lautlos wie Schatten das Lager abbrechen und ihre Ausrüstung zusammenpacken.

Für den Jungen wird im Schatten der Tanne ein Grab ausgehoben - im weichen Waldboden eine rasch erledigte Aufgabe, zumal es erschreckend klein aussieht. Er wird in eine Decke gehüllt und hineingebettet, und im Tod sieht sein blasses Gesicht fast friedlich aus - nicht mehr voller Schmerz und Anstrengung. Niniane drückt ihr Gesicht in den weichen, schwarzen Stoff von Crons Surcot und merkwürdigerweise ist ihr an diesem Morgen überhaupt nicht übel. Dafür erfüllen sie Trauer und Mitleid. Trauer um einen Jungen, fast noch ein Kind, den sie nicht gekannt hat und Mitleid für dessen Vater.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 24. Aug. 2003, 20:44 Uhr
Während die Waldläufer den Jungen zu Grabe getragen hatten, hatte er sich im Hintergrund gehalten, die Pferde versorgt und gesattelt und Kettenwerk und Harnisch wieder angelegt.
Im Osten überzieht sich der Himmel mit Rosa und Flieder, darüber ein breiter Streifen Hellgrau und langsam verwandelt sich das Schwarz des Waldes wieder in Grün, Braun und Gold.
Mit dem Sonnenaufgang sitzen sie wieder im Sattel, diesmal begleitet und umringt von Phelan und seinen Männern auf ihren zähen, schnellen Tieren. Von ihrem Lager ist nichts zurückgeblieben als ein frisches, mit Steinen bedecktes Grab im Schatten einer hohen, alten Tanne.
Die Waldläufer führen sie auf verschlungenen Pfaden stets in Richtung Westen, während um sie her der Wald erwacht. Sie sehen äsende Rehe im Morgennebel, die nur neugierig herüberblicken und einmal kreuzt ein Luchs ihren Weg, der ebenso keine Scheu zeigt.
Sie sprechen fast kein Wort untereinander, während sie dahinreiten - und er fragt sich, wie wohl alle anderen auch, was sie erwarten mag. Phelan hatte gesagt, er vermute die Narge etwa einen halben Tagesmarsch entfernt im Westen, doch wer weiß, was in der Nacht geschehen sein mag? Inzwischen konnten sie weit marschiert, einen Bogen geschlagen und damit nun in ihrem Rücken, geflüchtet sein oder ihnen einen Hinterhalt bereitet haben...
Phelan hat keinen einzigen Späher ausgeschickt und auch Niniane hat nichts dergleichen verlangt... Über sich hört er das ferne, hohe Schreien eines Wanderfalken und ihm kommt der Gedanke, daß das vielleicht auch nicht wirklich nötig war. Er blickt nach oben, doch alles was er sieht, ist ein dichtes, verschlungenes grünes Dach.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 24. Aug. 2003, 21:44 Uhr
Im Morgengrauen war es also geschehen. Aethling war für immer in die Hallen Sithechs gegangen. Leise war sein Tod gewesen, er war einfach entschlafen, dank der schmerzstillenden Kräuter. Im Stillen hat sich Phelan verabschiedet, endgültig und so war kein Wort des Kummers über seine Lippen gekommen, während er das Grab geschaufelt hatte und sie den Leichnam im weichen Waldboden versenkt hatte. Die anderen hatten respektvoll Abstand gehalten, während er schweigend Abschied genommen hatte, den Sohn der Erde übergeben. Die Pferde waren bereits gesattelt und die Gruppe zum Aufbruch bereit, als er dazugestossen war.

Langsam weicht das morgendliche Zwielicht den ersten Sonnenstrahlen, doch schon lange vorher waren die Falken in den Himmel gestoßen, weit hinauf, und jetzt, bald am Mittag, berichten ihre Rufe, dass die Narge ganz in der Nähe sein mußten. Sie waren geritten ohne eine Pause, abgesehen von einer kurzen Rast an einem Bachlauf, der den Verdwald teilt wie ein silbernes Band. Phelan ordnet seine Gedanken, schiebt den Verlust weit nach hinten. Aber Verbitterung macht sich in ihm breit, ohne dass er es verhindern kann und mehrmals überprüft er überflüssigerweise den Sitz des langen Speeres am Sattel und des Langdolchs an seiner Seite. Dankbarkeit erfüllt ihn, Dankbarkeit dafür, dass die Waldläuferin und ihr Gefährte gekommen sind. Er wäre mit den Männern auch allein aufgebrochen, auch wenn er weiß, wenn sie alle wissen, dass es der Weg in ein aussichtsloses Blutvergießen gewesen wäre. Mehrmals mustert ihn Niniane prüfend von der Seite, er merkt es und lächelt ihr kurz zu, doch er bringt es nicht über sich zu sagen, es wäre alles in Ordnung.

Der Wald wird lichter, umso weiter sie nach Westen vordringen. Phelan stellt dies zufrieden fest, würde es den Kampf doch leichter machen. Der Ruf des Falken alarmiert die Gruppe und Phelan deutet ihnen mit einer Handbewegung an zu halten. Der Vogel landet auf dem Arm des Waldläufers auf dessen ledernen Handschuh, der den Arm vor den scharfen Krallen schützt. Sanft streicht er dem Tier über das Gefieder, dann wendet er sich an Niniane. "Nicht weit voraus. Es sind Spuren, die sich verlaufen, aber sie können nicht mehr weit sein. Wir sollten die Pferde hier lassen." Er steigt ab, doch er verzichtet darauf, das kleine, kräftige Pferd festzumachen. Was auch immer geschehen sollte, das Tier sollte zurückkehren können. Mit verbissener Miene macht er den Speer los und wendet sich dann den anderen zu. "Seid ihr bereit?"


Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 24. Aug. 2003, 22:30 Uhr
Die Männer tun es Phelan gleich und steigen aus den Sätteln - keiner von ihnen bindet sein Pferd fest, nur die Zügel werden an den Sätteln befestigt, so daß sie die Tieren bei einer möglichen Flucht nicht behindern würden. Niniane steigt ebenfalls von ihrem Pferd und flüstert der Stute einige leise Worte zu. Nachtwinds Ohren spielen nervös hin und her, als wisse sie, daß irgendetwas bevorsteht und als Niniane ihr den Hals klopft, reibt die Stute den Kopf an ihrer Schulter. "Du wirst gut auf dich achten, meine Schöne, nicht wahr? Wenn wir nicht zurückkehren, läufst du nach Hause, nach Talyra. Braves Mädchen..." Ihr Wispern wird von einer weichen Mähne und einem kräftigen Hals mit kurzem Fell geschluckt, dann wendet sie sich um. Keiner der Männer spricht ein Wort, aber ihre Blicke sind Antwort genug auf Phelans Frage.
"Wie gehen wir vor?" Instinktiv senkt sie ihre Stimme zu einem Flüstern. Sie mögen noch außer Hörweite sein, aber Narge haben scharfe Sinne und mit Sicherheit haben sie ihrerseits Wachen aufgestellt. "Versuchen wir, sie auf einmal zu stellen oder sie einzeln zu erwischen?" Angesichts der Tatsache, daß ihre Gegner ihnen an Größe und Kraft weit überlegen waren, wäre sie selbst für den zweiten Weg. Aber selbst wenn sie die Bogenschützen im Unterholz um die Narge verteilten, sie bräuchten eine wirklich gute Ablenkung... irgendjemand...oder irgendetwas... oder...

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 24. Aug. 2003, 23:23 Uhr
Cron ist als einziger nicht vom Pferd gestiegen. Der Gedanke, sich diesen Bestien zu Fuß nähern zu sollen, will ihm nicht wirklich schmecken. Sicher, diese Männer sind Waldläufer und ihre Art zu kämpfen mag sich von der eines Kriegers grundlegend unterscheiden, aber er ist keiner von ihnen. Niemals könnte er sich so lautlos und ungesehen bewegen, nicht einmal ohne die schwere Rüstung. Er ist ein guter Jäger, aber das ist etwas ganz anderes. Die Männer machen sich bereit, spannen ihre Bogen, legen Pfeile auf die Sehnen, lockern Schwerter und Dolche in den Gürteln. Niniane ist die erste, die nach der Vorgehensweise fragt und er kennt sie mittlerweile so gut, daß er weiß, woran sie jetzt denkt. Er sieht ihr nachdenkliches Gesicht und vollendet ohne es zu wissen ihren unausgesprochenen Gedanken: "Wir bräuchten einen Köder."  Die Waldläufer wenden sich ihm zu und Phelan sieht ihn fragend an. "Wenn Ihr Eure Männer im Bogen um die Narge verteilt, so daß die Schützen sie unter Beschuß nehmen und die anderen sie aus dem Hinterhalt niedermachen können," beginnt er, "dann reite ich voraus - möglichst laut und möglichst langsam - und lenke sie ab. Wenn sie alle mit mir beschäftigt sind, könnt ihr nahe genug an sie herankommen."  Er blickt von Niniane zu Phelan und wieder zurück.  Der Anführer der Waldläufer nickt und gibt seinen Männern leise Befehle. Sie antworten nur mit stummem Nicken und verteilen sich so rasch und so leise im Wald, daß dort, wo sie eben noch standen nur noch einige Blätter ein wenig zittern.  Kaum haben sie sich zwei Schritt entfernt, kann Cron sie nicht mehr sehen und nicht mehr hören. "Wo sind diese verdammten Narge genau? Direkt voraus? Gut...ich gebe euch eine Viertelstunde, dann reite ich los."

Er sucht Ninianes Blick, die neben Phelan steht und treibt Donner dicht an sie heran. "Versprich mir, daß du dich im Hintergrund halten wirst. Niniane, hörst du? Laß dir einen Bogen geben. Klettere auf einen Baum und bewirf sie mit Kieselsteinen, wenn es sein muß, aber halte dich zurück... bitte."
Sie sieht ihn nur aus unergründlichen Augen an und einen Herzschlag später haben auch sie die grünen Schatten unter den Bäumen verschluckt, ebenso wie Phelan. Ich hätte mir denken können, daß ich nicht die Antwort erhalte, die ich hören wollte... wenn sie sich in Gefahr bringt, bringe ich sie um!
Donner schnaubt ungehalten. Cron setzt den Helm auf und streift die mit Eisenplättchen besetzten Lederhandschuhe über, überprüft ein letztes Mal den Sitz seines Harnisches. Der Gedanke an den bevorstehenden Kampf bringt etwas in seinem Blut zum singen, das er metallisch auf der Zunge schmecken kann. Das hier ist kein Turnier und kein Buhurt, kein Schaulaufen vor einer Menge und keine Prügelei mit stumpfen Turnierwaffen... es ist real und damit umso süßer. Er läßt genug Zeit verstreichen, daß die Waldläufer sich weit genug voranschleichen konnten und treibt Donner dann in einen leichten Trab. Vor ihnen öffnet sich ein schmaler Saumpfad, der in einen etwas breiteren Hohlweg mündet. Perfekt...
Donners Hufschläge dröhnen dumpf auf dem weichen humosigen Boden mit seiner dicken Schicht aus Laub und Nadeln. Zu dumpf vielleicht, also beginnt er aus vollem Hals zu singen.

Weit kommt er nicht mit einem närrischen Lied über einen alten Bären und eine Jungfer, als links und rechts neben ihm der Wald plötzlich zu brüllendem Leben erwacht. Donner macht einen Satz nach vorne und von den Böschungen des Hohlwegs regnen Steinchen und Erde auf sie herab. Jetzt, Götter, laßt diese Waldläufer zur Stelle sein!  
Sein Schwert kommt zischend aus der Scheide, doch von den echsenartig geschuppten Riesen um ihn her mit ihren gelben Augen, den Raubtiergebissen in den eckig-katzenartigen Gesichtern zeigt sich keiner sonderlich davon beeindruckt.
"Jetzt wäre ein verdammt guter Zeitpunkt," murmelt er und trennt dem vordersten Narg, der nach Donners Zügeln greifen will, den Arm unterhalb des Ellenbogengelenkes ab. Der Drachenstahl schneidet  durch Schuppen, Haut, Fleisch und Knochen wie durch weiche Butter und schwarzes Blut spritzt über Cron, Donner, den Waldboden und die anderen Narge. Doch statt zu schreien, zusammenzubrechen oder zurückzuweichen, wirft sich der Narg nur brüllend nach vorne, reißt einen überrumpelten Cron mit sich und zwingt selbst Donner fast in die Knie.  Dann bricht das Chaos aus und plötzlich ist die Luft voller sirrender Pfeile.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 25. Aug. 2003, 11:43 Uhr
Crons Vorschlag und Niniane's stilles Einverständnis lassen Phelan nach kurzem Überlegen nicken. "Vielleicht ist es besser, wie Ihr sagt", und er ist froh, dass wenigstens einer sich den Plan zurechtlegt, den er selbst hätte zurechtlegen sollen. Phelan sieht die Besorgnis in den Augen des Nordländers, sieht, dass es ihm nicht recht ist, Niniane im Kampf zu sehen und mit Phelans Wissen um das ungeborene Leben in ihrem Leib lässt ihn Crons Besorgnis teilen, so dass er sie am Arm fasst, ehe er den Waldläufern folgt und sie eindringlich ansieht. "Er hat recht, Herrin. Narge hin oder her, es ist schon ein Kind durch sie gestorben. Gebt auf Euch acht." Ihre goldenen Augen blitzen, aber sie sagt nichts. Sie will es immer noch nicht wahrhaben. Dann folgt er den Männern, läuft lautlos durch den Wald, so wie er es gelernt hat, vor vielen, vielen Jahren und so, wie es ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist. Aber das hier ist keine einfach Jagd, das ist blutiger Ernst. Er beißt die Zähne fest zusammen und schmeckt etwas Metallisches im Mund. Links und rechts zu seinen Seiten weiß er die anderen, fast unhörbar und unsichtbar. Der Wind ist flach und weht aus Südwesten, was es ihnen noch einfacher macht. Hoch über dem Verdwald hört Phelan die eindringlichen Rufe des Falken und er hält inne, um den Wald mit den Augen des Tieres sehen zu können, von hoch oben herab. Er sieht die dunkle Gestalt auf ihrem schwarzen Pferd, viele hundert Schritt hinter ihm und er sieht sie direkt vor sich, riesige, häßliche Wesen, deren bloße Präsenz wie eine Schändung des Waldes zu ihm herüberklingt. Kurz sieht er Aethlings Gesicht vor sich, so jung und so leblos, wie er es zuletzt erblickt hat und heißer Zorn macht sich in ihm breit. Aber er weiß, dass er nun keinen Fehler machen darf, sich nicht verraten.

Und so pirscht er sich langsam voran, verursacht kaum mehr Geräusche als raschelndes Laub im Wind. Dann hat er sie erreicht. Er sieht sie nicht, aber er kann sie hören, kann sie riechen. Phelans Lippen bewegen sich lautlos, als er zu seiner Göttin betet, Anukis um Kraft und Hilfe bittet. Dann kauert er still nieder, bis er das dumpfe Schlagen von Hufen auf dem weichen Waldboden hört. Er beobachtet den Reiter und das Pferd, die sich schemenhaft mehrere Meter zu seiner Linken durch den Wald bewegen. Gleichzeitig zieht er einen Pfeil aus dem Köcher an seiner Seite, legt ihn auf den Bogen und bewegt sich geduckt vorwärts, nach rechts hin, weg von Cron, an die andere Seite des Narglagers. Dann hört den Gesang. Der Nordmann singt, denkt er verwundert, aber er grinst dabei. Im selben Moment kommt Bewegung in das Lager vor ihm. Fast ist es, als ob der Waldboden selbst zittert und Phelan schnellt vor, schnell und geschmeidig wie eine Raubkatze. Und dann sieht er sie.

Die Narge sind groß, mindestens zwei Kopf größer als er selbst und allein ihr Anblick genügt, um auch einem erfahrenen Kämpfer Furcht einzujagen. Der Waldläufer hebt den Kurzbogen und zielt. Der Pfeil sirrt mit einem hohen Geräusch durch die Luft und trifft den Narg, der Cron gepackt hat, mit einem dumpfen Geräusch im Nacken, dort, wo der Hals in den bulligen Schädel übergeht. Fast zeitgleich prasseln sechs weitere Pfeile auf die Narge ein. Während Phelan aus den Augenwinkeln bemerkt, dass die Kreatur ihren Griff um Cron lockert, legt er den nächsten Pfeil an und trifft einen anderen Narg, diesmal allerdings nur in den Arm. Er flucht, denn der Pfeil scheint den Hünen in etwa so viel zu interessieren wie der Stich einer Wespe. Dennoch setzt Phelan einen weiteren Pfeil nach und noch einen, ebenso wie die anderen Waldläufer um ihn herum. Der Pfeilhagel bricht so aprupt ab, wie er begann und mit einem Stoßgebet bricht Phelan zwischen den Bäumen hervor, auf den Narg zu, der ihm am nächsten steht. Seine Haut ist dunkel, fast schwarz und sein bulliger Körper ist bedeckt von einem Kettenhemd. Am beeindruckendsten nach seiner Körpergröße jedoch ist der mächtige Krummsäbel, dessen klinge gut und gern anderthalb mal so lang ist wie Phelans Arm. Umso glücklicher ist der Waldläufer über den Speer, den er in der rechten über seiner Schulter hält, während der Narg ihn abschätzt und sein Gesicht zu einem fiesen, häßlichen Grinsen verzieht. Phelan taucht unter dem mächtigen Hieb weg und versucht, den Speer in den Bauch des Narges zu treiben, doch die Waffe rutscht ab und Phelan muß einem erneuten Schlag des Säbels ausweichen. Kurz sieht er, dass einer der Waldläufer verletzt ist, aber er kann sich auf nichts anderes mehr konzentrieren als darauf den Schlägen des Nargs auszuweichen, die in unglaublicher Geschwindigkeit auf ihn niedergehen. Kurz meint er rotes Haar in der Nähe aufblitzen zu sehen, aber er ist sich nicht sicher. Mit einer einzigen fließenden Bewegung zieht er das Kurzschwert und versucht einen erneuten Angriff abzufangen, der in beinahe in die Knie zwingt. Aber der Speer bohrt sich zielsicher in den Schwertarm des Narges. Schwarzes Blut sickert aus der Wunde und hinterlässt dunkle, glänzende Spuren. Der Narg brüllt, zischt ihm in seiner hässlichen Sprache etwas zu, doch Phelan achtet nicht darauf, sondern zieht mit aller Kraft den Speer zurück, nur um erneut zuzustechen. Und diesmal ist es der Hals des Narg, den er trifft.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 25. Aug. 2003, 15:36 Uhr
Niniane verschwindet ebenso laut- und spurlos wie Phelan und seine Männer im Wald. Sie taucht unter tiefhängenden Zweigen hinweg und bewegt sich geschmeidig wie eine Schlange durch hüfthohen Regenfarn. Es dauert nicht lange, bis sie die ersten Narge zu sehen bekommt und geräuschlos wie ein Schatten schlüpft sie an einem ihrer Wachtposten vorbei, so nahe, daß sie ihn hätte berühren können. Sein Geruch nach Schweiß, Leder, Blut und Raubtier wirft sie fast um. Dann ist sie an ihm vorbei, pirscht weiter vor, bis sie einen Bogen um die Narge vor ihnen geschlagen hat. Von Phelan und seinen Männern ist nichts zu sehen, aber sie spürt ihre Nähe, gut verteilt um die vor ihnen lagernden Narge.
"Versprich mir, daß du dich im Hintergrund halten wirst..." äfft sie Cron leise flüsternd nach, während sie ihr Schwert aus der Scheide zieht und hinter einem umgestürzten Baumstamm Posten bezieht. Er ist uralt und mit Moos und Schwämmen bewachsen. Unter sich sieht sie eine steile Böschung und darunter einen Hohlweg. Auf den weichen Waldboden malen Sonnensprenkel helle Kringel. Sie weiß, daß er sich nur Sorgen macht, aber dennoch machen seine Worte sie so wütend, daß sie ihn am liebsten angefaucht hätte. Er behandelt mich, als sei ich gerade eben aus den Windeln heraus und zudem aus Glas! Im Hintergrund halten! Dir werde ich zeigen, wie sich eine Jägerin im Hintergrund hält! Bei Nimrods Horn und Bogen, wofür hält sich dieser Kerl eigentlich?! DAS hier ist mein Handwerk seit viertausend Jahren, ich mache das schon ein wenig länger als er! Erbost starrt sie auf den Waldweg hinab und hört Hufschlag sich nähern... erst leise und dumpf, doch dann lauter und plötzlich vernimmt sie auch Crons Stimme. Er singt! Sie weiß nicht, ob sie lachen oder schreien soll - aber immerhin wirkt es, denn in das Narglager kommt krachend Bewegung.

Es lebte ein Bär, ein Bär, ein Bär, ganz schwarz und braun und voll Fell war er... der Rest vom "Alten Bär und der Jungfrau hehr"  geht in wütendem Narggebrüll, dem Zischen von Stahl und dem Wiehern und Stampfen Donners unter. Fast zeitgleich hört sie die ersten Bogensehnen sirren und huscht katzenschnell  über den Baumstamm hinunter. Sie kann es an Kraft nicht mit den schuppigen Riesen aufnehmen - aber schneller als ein Narg ist sie allemal. Ihr erster Gegner geht mit durchtrennten Sehnen und blutigen Kniekehlen zu Boden und versucht noch, sich am Boden krümmend, nach ihr zu grapschen. Vier Pfeile spicken ihn mit zitternden Schäften und grauen Gänsefedern und machen seinem gurgelnden Fluchen ein Ende. Ein zweiter Narg, der beinahe ebensoviele Pfeile in seinen Schultern und Armen stecken hat, ist jedoch schneller und packt ihren langen Zopf. Ein kräftiger Ruck und sie segelt hilflos durch die Luft und landet krachend an einem Baumstamm. Sekundenlang tanzen Sterne vor ihren Augen und sie schmeckt Blut in ihrem Mund, aber immerhin kommt sie wieder auf die Füße, ehe er sie erreicht hat und wild mit einer eisenbesetzten Keule auf sie einschlägt. Aus den Augenwinkeln sieht sie Cron am Boden mit einem Narg ringen, Phelan mit seinem Speer und einen der Waldläufer, der zu Boden geht, aber dann kann sie nicht mehr auf irgendetwas anderes achten, als auf den grunzenden Berg aus Fleisch vor ihr.
Der Narg hat ein gespaltenes Kinn, eine alte Wunde von einer Axt oder etwas ähnlichem, und vor langer Zeit mußte sein rechtes Auge ausgelaufen sein, denn dort, wo es sein sollte, ist nur eine vernarbte, leere Höhle. Sie kann der schwingenden Keule, ein, zweimal ausweichen, nutzt den Baumstamm als Deckung und taucht auch unter dem nächsten Schlag noch hinweg - dann verläßt sie ihr Glück, denn der Narg hat sich an ihren langen Zopf erinnert und erwischt sie zum zweiten Mal an dessen Ende. "Willst..." ein schimmernder Hieb und ein breiter Riss klafft im Lederpanzer ihres Gegners.... "du Hundsfott von einer Kröte..." sie dreht sich um sich selbst, unter seinem Arm hindurch und wehrt die Keule mit dem Schwert ab. Der rasiermesserscharfe Elbenstahl gleitet durch das Holz wie durch Wasser und der Narg starrt sauertöpfisch auf das Endstück seiner ruinierten Keule.... "...wohl endlich mein Haar loslassen!" Er denkt gar nicht daran und ihr bleibt nichts anderes übrig, als ihren Zopf mit dem eigenen Schwert zu durchtrennen. Dann ist sie frei und der Narg verliert neben seiner vermeintlichen Beute auch noch Kopf und Leben - und sie selbst gut einen Schritt ihres Haares, das ihr ungewohnt kurz nur noch bis zur Hüfte reicht. Sie hätte gern hochmütig die Nase gerümpft und ihm den Rest ihres Zopfes aus der Hand gerissen - aber für all das bleibt ihr keine Zeit, denn der Kampf ist noch längst nicht vorüber...

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 25. Aug. 2003, 22:25 Uhr
Als der Narg ihn aus dem Sattel reißt und mit ihm zu Boden geht, kann er nur von Glück sagen, daß nicht dessen volles Gewicht auf ihm landet. Seine krallenbewehrten Klauen suchen Crons Kehle, während der Armstumpf wild herumschwenkt und Blut über sie beide spritzt. Nur einen Augenblick später sirren die Pfeile der Waldläufer heran und der große, schwere Körper sackt über ihm zusammen. Irgendwie bekommt er einen Arm frei und kann den toten Narg vor Anstrengung keuchend von seinen Beinen herunterwuchten - und keine Sekunde zu spät, denn ein weiterer ist bereits heran, ein schartiges Bastardschwert in den Klauen. Die lange Klinge schlägt knapp an Crons Schulter vorbei und gräbt eine tiefe Furche in den Waldboden, während er auf die Füße kommt. Mit einem Laut halb Knurren, halb Zischen fährt der Narg zu ihm herum. Hinter sich kann er Donner spüren, der wie jedes gut ausgebildete Schlachtroß bei seinem Herren geblieben war, aber ihm bleibt keine Zeit in den Sattel zu steigen und der stählerne Tanz beginnt. Der Narg läßt schnelle Hiebe auf ihn niedergehen, führt den Anderthalbhänder lässig mit einer Klaue, aber was macht das schon? Sein Blut singt und er fühlt sich so lebendig wie sonst nie. Er kann nicht sagen, wie lange der Zweikampf dauert - nur Augenblicke oder lange Minuten - und es ist ihm auch einerlei. Ihre Schwerter treffen und trennen sich, Stahl singt und schlägt kreischend Funken, bis ihm ein harter Hieb gelingt, der dem Narg das Schwert aus der Hand schlägt. Der scharfe, dunkle Drachenstahl fährt durch Schuppenhaut, Fleisch, Sehnen und Knochen. Rotkrallige Finger fliegen in alle Richtungen, Blut spritzt hervor und das Schwert segelt in hohem Bogen davon. Der Narg springt zurück, doch nur um im nächsten Augenblick brüllend und seine verwundete Hand halten auf ihn zuzurennen, als wolle er ihn niederreißen. Diesmal jedoch sieht Cron seinen Gegner kommen und anstatt auszuweichen, senkt er nur das Schwert. Der schreiende Koloss rennt mitten hinein.  Er bekommt die Klinge frei und für einen Moment ist er unbeachtet und kann sich in den Sattel schwingen. Phelan nicht weit von ihm macht einen Narg mit seinem Speer nieder. Ein Waldläufer mit grauem Haar, grauem Bart und traurigen Augen - Dybor oder so ähnlich - und zwei seiner Kameraden ringen zusammen einen weiteren Narg von der Böschung aus nieder und zerschmettern ihm mit Steinen den Kopf, bevor er sich wieder erheben kann. Ein Narg in einer ebenso häßlichen wie zweckmässigen Rüstung aus zerschrammtem Stahl und Kettenflickwerk tötet einen von Phelans Männern mit einem Hieb, der so hart ist, daß er den Waldläufer fast in zwei Hälften spaltet. Überall riecht es nach Wald, Wut, Blut, Eisen und Pisse, vermengt sich zu einem einzigen Geruch und hüllt den gesamten Hohlweg ein wie eine Wolke Duftwasser.
Er wendet Donner, um den Männern weiter hinten zu Hilfe zu kommen, die sich von den letzten drei noch stehenden Nargen bedrängt sehen, während die Waldläufer hinter ihm, die das noch können, bereits wieder ihre Bögen spannen und frische Pfeile auflegen. Erschrocken erkennt er Niniane mitten unter den Kämpfern vor ihm, sieht die lange, schlanke Klinge ihres Schwertes aufblitzen und flirrende Lichtbögen in das grünbraune Dämmer zeichnen. Pfeile wispern im Flug und einer der drei Narge sackt röchelnd in sich zusammen, während die anderen beiden Rücken an Rücken verbissen versuchen, ihre häßliche Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Er spornt Donner an und hält auf einen von ihnen zu, während die Waldläufer sich des anderen annehmen. Der Narg sieht ihn kommen, dreht sich um und rennt, um den Schutz der Bäume zu erreichen, doch sein Schwert holt ihn von der Böschung und der Hieb reißt ihm fast den Kopf ab. Als er Donner wieder herumreißt, ist der Kampf vorbei. Der Wald ist still wie ein Grab, aber der Hohlweg dröhnt von den Schreien und dem Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden. Ein Narg scheint noch am Leben, denn zwei von den Waldläufern fesseln ihn eben mit Varynnaseilen. Die anderen sind tot oder liegen im Sterben.
Er sieht sie zwischen den Erschlagenen, wie sie eben einem gräßlich verwundeten Narg mit ihrem Dolch die Kehle durchschneidet und steigt bebend vor Wut aus dem Sattel. "Niniane!" Er geht auf sie zu, steigt über die Leiche eines Waldläufers, der kaum das Jünglingsalter erreicht hat und mit eingeschlagenem Schädel über einem toten Narg liegt. "Du solltest im Hintergrund bleiben!"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 25. Aug. 2003, 23:20 Uhr
Der Narg prallt röchelnd zurück und auf seinem echsenartigen Gesicht zeigt sich grenzenloses Erstaunen, während er einige Schritte nach hinten taumelt und die freie Hand hebt, um den Speer aus seinem Hals zu ziehen. Aber dazu kommt es nicht mehr. Phelan greift zu und zieht mit einem Ruck und einem Schrei, seinem angestauten Zorn, an der Waffe, und der Narg geht mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Doch Phelan bleibt keine Zeit, seinen Triumph zu genießen, denn der nächste Koloß ist heran, ebenso dunkel wie der vorherige und mindestens ebenso wütend. Ohne groß zu überlegen greift der Waldläufer nach dem mächtigen Krummsäbel aus blau schimmerndem, schwarzen Metall und einen flüchtigen Moment lang ist er erstaunt, wie leicht und gut ausbalanciert die Waffe in seiner Hand liegt, doch er hat keine Zeit, weiter über diesen Umstand nachzudenken. Der Narg erhebt ein mächtiges Langschwert wie Spielzeug und in seinen kleinen Augen funkelt blanke Mordlust, ehe er ausholt. Phelan pariert den Schlag, doch die Wucht lässt ihn in die Knie gehen. Er rollt sich geschickt zur Seite, noch ehe der Narg nachsetzen kann und ist sogleich wieder auf den Beinen, um seinerseits zum Gegenangriff auszuholen. Die schwarze Klinge reißt einen tiefen Schnitt in den Lederpanzer des Nargs und das schwarze Blut tränkt sowohl Gegner als auch Angreifer. Mehrere ermüdende Minuten lang dauert der Zweikampf, bei dem ihm der Narg einen tiefen Schnitt am linken Arm zufügt. Irgendwo neben ihm erklingt ein erstickter Schrei und für Sekundenbruchteile sieht Phelan, wie einer der Narge einen Waldläufer erschlägt. "Vorik! Nein!" Mit letzter Kraft springt er auf einen nahegelegenen Baumstamm, der auf dem weichen Waldboden liegt. Der Narg kommt auf ihn zu und Phelan blickt voller Hass in dessen seltsam funkelnde Augen. Der Krummsäbel hinterlässt ein sirrendes Geräusch in der Luft, als er den Narg unter dem erhobenen Schwertarm in der Seite trifft und tief in den Körper hineingleitet. Ein letzter Stoß beendet den Kampf.

Phelan ist erschöpft und blickt sich schwer atmend um. Die Narge sind tot, allesamt, bis auf einen. Er lässt den Säbel fallen und tastet nach seinem Arm. Blut tränkt den Lederhandschuh, der ihm bis zum Ellenbogen reicht, doch zu seiner grimmigen Befriedigung stellt er fest, dass es nicht nur sein eigenes ist. Ein rascher Blick in die Runde lässt ihn sehen, dass alle noch am Leben sind, alle bis auf zwei und Phelan wendet sich von den blutigen Überresten ab, die einst seine Gefährten waren. Die anderen fesseln gerade den letzten lebenden Narg mit starken Seilen und der Gestank nach Blut und Innereien ist überall. Niniane und auch Cron sind, so wie es aussieht, nicht schwer oder kaum verletzt. Fünf Männer waren ihm geblieben. Fünf... Anukis sei Dank! Auch wenn ich nie erfahren werde, an wessen Klinge das Blut meines Sohnes klebt. Mit entschlossener Miene wendet er sich dem überlebenden Narg zu und zu seiner Genugtuung stellt er fest, dass die dünnen Seile tief in dessen Fleisch schneiden.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 26. Aug. 2003, 12:42 Uhr
Als der letzte Narg fällt, stützt Niniane sich auf ihr Schwert und atmet tief durch. Ihre Rippen sind wohl von ihrem Flug an den Baum geprellt, aber das Blut in ihrem Mund stammt den Göttern sei Dank nur von einer aufgeplatzten Lippe. Sie wendet sich um, betrachtet das blutige Chaos um sich her und kämpft mit plötzlichem Würgereiz. Seit wann kannst du kein Blut mehr sehen? Du verweichlichst!
Keinen Schritt von ihr flüstert ein Narg, dem eine Keule den halben Schädel weggerissen hatte nichts anderes als: "Bitte, bitte." Sein Akzent ist so guttural und seine Stimme so leise, daß sie zweimal hinhören muss, um die Worte zu verstehen. Einen Augenblick sieht sie auf ihn hinunter...Der nützt uns ohnehin nichts mehr..., dann schneidet sie ihm die Kehle durch und das grauenvolle Flüstern verstummt.
Ihr Kopf jedoch dröhnt noch immer wie ein Hornissennest und sie blinzelt, als sie Cron über das Schlachtfeld auf sich zu kommen sieht. Sehr groß, sehr wütend, voller Blut und noch immer mit gezogenem Schwert. >"NINIANE!"<  
Sie zuckt zusammen, als er ihren Namen brüllt und muss sich zusammenreißen, um nicht einen Schritt zurückzutreten. Auch die Waldläufer um sie her mustern ihn mit Verwunderung und Unbehagen - und das stachelt trotz ihrer Schmerzen ihre Wut auf's neue an. Er hält so dicht vor ihr, daß seine Nähe sie benommen macht. Manchmal vergesse ich, wie groß er ist... aber ich soll verdammt sein, wenn ich mich von ihm einschüchtern lasse!
"Ich bin nicht dein Hund, den du an der Leine führst und auch nicht dein Eheweib Nordmanne! Ich gehe, wohin es mir passt und ich kämpfe gegen wen ich will und wie ich es für richtig erachte!" Faucht sie und blinzelt noch einmal, um endlich diese verdammten bunten Kringel und dunklen Flecken loszuwerden, die noch immer in ihrer Sicht herumtanzen und sie zu verspotten scheinen. "Außerdem war kein verdammter Bogen zur Hand!"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 26. Aug. 2003, 14:17 Uhr
Phelan zuckt zusammen, als der Nordmann "Niniane!" schreit und es ist mehr als nur Wu, die in seiner Stimme mitschwingt. Einen Moment ist er versucht dem Impuls nachzugeben und Cron zurechtzuweisen. Er hat dort schließlich nicht irgendjemanden vor sich, sondern eine uralte Halbelbin, zudem eine Protektorin und er ist nichts weiter als ein Mensch. Aber es ist nicht Phelans Sache sich einzumischen und er versteht den Krieger, denn es ist die Sorge, die ihn so barsch reagieren lässt. Die Sorge um Niniane... und um ihrer beider Kind? Er wollte selbst mit ihr reden, wenn sich die Gelegenheit ergab.

Er kniet nieder, um die Fesseln des verletzten Narg zu überprüfen. Die Kreatur ist halb bewußtlos, aber Phelan würde dafür sorgen, dass er sprach.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 27. Aug. 2003, 22:50 Uhr
Ihr Gesicht ist so hell wie mit Goldstaub überpuderter Schnee, als sie sich ihm zuwendet. Sie lächelt das höhnische Lächeln, das sie so gut beherrscht und trotz der Tatsache, daß sie viel kleiner ist als er, hat er das unangenehme Gefühl, sie würde kühl auf ihn herabsehen. "Danke den Göttern, daß du nicht mein Eheweib bist, sonst würde ich dich jetzt übers Knie legen und dir Verstand einbleuen! Bei den Göttern, Niniane, manchmal machst du mich so wütend, daß ich spucken könnte!" Er tritt dicht an sie heran und neigt den Kopf, um in ihre hellen, goldenen Augen zu sehen und senkt seine Stimme ein wenig. Sie blinzelt nicht einmal, aber er kann spüren, wie sie zusammenzuckt. "Geh wohin du willst und kämpfe gegen wen es dir passt, aber nicht so lange du mein Kind trägst, hast du mich verstanden? Wenn du sein Leben noch einmal in Gefahr bringst, werde ich dich fesseln und knebeln und in deinem Baum ans Bett binden und du wirst erst wieder aufstehen, wenn es sicher zur Welt gekommen ist, ob dir das gefällt oder nicht." Er ist so wütend, daß er sie am liebsten geschüttelt und geohrfeigt hätte, gleichzeitig will er sie nur in den Arm nehmen, sie festhalten und das Blut von ihrem Mund küssen - doch er tut beides nicht, sondern dreht sich um und läßt sie stehen. Noch mehr Widerworte von ihr, wären mehr, als er jetzt ertragen hätte und noch immer rollt ein Nachhall des Kampfes in seinen Adern.
Donner kommt auf ihn zu, schnaubt mit seidenweichen Nüstern an seinem Arm und er führt den Hengst ein Stück den Hohlweg hinauf, fort von den Leichen und dem Gestank.

Er reinigt sein Schwert und schiebt es in die Scheide auf seinem Rücken zurück, legt Handschuhe und Helm ab und trinkt einen langen Schluck aus seinem Wasserschlauch. Donner beginnt völlig ungerührt saftiges Waldgras von der Böschung zu rupfen und langsam, langsam weicht der Zorn aus seinem Inneren und hinterläßt nur einen galligen Geschmack auf der Zunge.
Was auch immer die Waldläufer von der Szene eben halten mögen - sie beginnen, die Leichen zu durchsuchen. Die meisten werden auf einen Haufen zusammengeschleift, einige nackt als Warnung in die Bäume gehängt -  und nach einer Weile schließt er sich ihnen an. Er hilft, die erschlagenen Waldläufer zu begraben, und die toten Narge fortzuschaffen und hält sich dabei so weit von Niniane entfernt, wie er es gerade noch ertragen kann. Einen Gefangenen hatte Phelan wohl gemacht - zwei seiner Männer bewachen einen Narg, der aus mehreren Wunden blutet. Er ist mit Seilen verschnürt wie ein Paket und kauert an einen Baumstamm gelehnt am Boden. Cron kann seine Augen nicht sehen, aber dennoch... der Narg macht trotz seiner Verletzungen alles andere als einen geschlagenen Eindruck.  Crons Blick wandert zu Phelan hinüber, der nicht weit von dem Gefangenen steht und ihn ab und an mit dunklen Augen mustert.  Er hat seinen Sohn verloren... er muss sie hassen.... Er geht zu dem Anführer der Späher hinüber, während seine Männer und unter ihnen Niniane die Beutel und das Gepäck der Toten Narge aus deren Lager jenseits der Böschung zusammentragen und nach Hinweisen oder Verwertbarem durchsuchen. "Wie geht es nun weiter?" Fragt er leise.  "Wir haben Verwundete und Ihr werdet ein wenig... Zeit mit unserem "Gast" brauchen. Außerdem ist die Nacht nicht mehr allzu fern. Lagern wir hier oder in der Nähe?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 28. Aug. 2003, 11:56 Uhr
Der Narg blutet aus zahlreichen Wunden und er stinkt, stinkt nach Tod und Blut und Hass. Phelans Hand zittert am Griff des Dolches, doch wenn er die Kreatur nun tötet, dann ist alles vertan. "Abschaum." Der Waldläufer spukt aus, doch obwohl der Narg so stark verletzt ist, sein Blick ist doch ungebrochen. "Zeit.. oh ja. Und wenn es nach mir ginge, dann wäre es eine sehr lange Zeit." Doch Cron hat recht. Keiner von ihnen ist nur mit einer Schramme davon gekommen und der Schmerz in seinem linken Arm spricht eine deutliche Sprache. Zwei weitere Männer tot, einer davon kaum älter als Aethling. Phelan blickt zu dem Nordländer auf, der ihn noch um ein gutes Stück überragt. Wie auch immer er vorhin zu Niniane gesprochen hatte, jetzt ist er ganz der Krieger und abermals ist Phelan froh, dass jemand hier ist, der ihn an das Naheliegende errinnert. "Ich danke Euch, Euch und Niniane, für euer Kommen. Wir wären auch ohne euch gegangen, aber wer weiß, ob dann noch jemand von uns übrig wäre." Und beide kennen die Antwort. "Allzu weit kommen wir mit dem da nicht. Laßt uns zusehen, dass wir den Toten ein würdiges Begräbnis bescheren." Er wendet sich schnell ab, er will nicht, dass Cron sieht, was in ihm vorgeht, und hilft den anderen bei ihrer Arbeit, durchsucht die Leichen. Schließlich steht er wieder vor dem Krummsäbel, den er vorhin hatte fallen gelassen. Einen Augenblick lang starrt er ihn an, dann hebt er die Waffe auf und legt sie zögernd zu den anderen Dingen, die zusammengetragen auf einem Haufen liegen.

Sie beschließen, die Narge dort zu lassen, wo sie sind. Sollte sich der Wald dieser Dinge annehmen. Etwas abseits des Hohlwegen schaufeln sie gemeinsam zwei Gräber, in denen sie die beiden toten Waldläufer beerdigen, so wie sie es im Morgengrauen mit Aethling gemacht hatten. Keiner verliert dabei groß Worte. Schließlich wendet sich Phelan an Niniane und Cron. "Wir sollten zurückkehren ins Lager. Bis zu den Pferden sollte es jeder schaffen und ruhen können wir dort auch noch. Ich will weg von diesem Ort." Es ist nicht viel, was sie an Brauchbarem zusammengetragen haben. Mehrere Waffen, die auf die Männer verteilt werden, doch keiner legt großen Wert darauf, die Rüstungen der Narge an sich zu nehmen. Der verletzte Narg ist kaum in der Lage ihnen zu folgen, oder zumindest tut er so. Doch obwohl die Kreatur mit Wunden übersäht ist, Phelan traut ihr durchaus zu, dass sie das nur spielt. Es braucht etwa eine Stunde Fußmarsch, um die Pferde zu erreichen und abermals hängt die Dämmerung über dem Verdwald, als sie sich erschöpft niederlassen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 28. Aug. 2003, 16:07 Uhr
Diesmal können sie es getrost wagen, ein Feuer zu entzünden, denn der Wald ist friedlich und die Bäume rauschen beruhigend.  Eine flache Grube ist schnell ausgescharrt, mit großen Steinen umlegt und schließlich von tanzenden Flammen erfüllt. Wasser für wohltuenden Tee und zum Auswaschen zahlreicher Wunden siedet in einem kleinen kupfernen Kessel und darunter braten zwei fette Kaninchen, gefüllt mit Kräutern und Topinambur in der Glut, ebenso wie einige unvorsichtige Wachteln, die ihren Rückweg ins Lager gekreuzt hatten. Mochte der Tag auch Tod und Trauer gebracht haben, die Männer sind alle erschöpft und die Aussicht, heute Nacht ohne Sorgen und Angst und mit einem gefüllten Magen zu schlafen, hebt ihre Stimmung doch. Der Narg ist gefesselt und geknebelt an einen Baum gebunden worden und wird dort scharf bewacht, während Niniane, Phelan und einer seiner Männer sich um die eigenen Verwundeten kümmern. Cron hatte die erste Wache übernommen und sie kann ihn in der Dämmerung bei den Pferden sehen - ein großer, dunkler Schatten im Purpurlicht unter den Bäumen. Sie verbindet eben eine hässliche Fleischwunde, drückt dem Mann dann einen Becher Tee in die Hand und steht auf. Sie will nicht an Cron und noch weniger an seine harschen Worte denken... nicht jetzt. Nach dem Kampf hatte sie alle scharfen Widerworte, die ihr in den Sinn gekommen waren, hinuntergeschluckt - und es waren eine Menge gewesen. Aber sie waren mitten auf einem Schlachtfeld gestanden, hatten Tote und Verletzte zu versorgen und einen Gefangenen... absolut der falsche Zeitpunkt, um sich mit ihm zu streiten. Ich bin unfruchtbar und kann keine Kinder bekommen... ich wünschte nur, er würde das endlich begreifen. Ich hatte eine Magenverstimmung, sonst nichts....
Sie räumt sauberes Leinen und Verbände zurück in ihre Satteltaschen und schenkt sich selbst etwas von dem Tee in einen ledernen Becher. Er wird rasch so warm von der heißen Flüssigkeit, daß sich jeder andere die Finger verbrannt hätte, aber sie mag die Hitze. Es prickelt angenehm auf der Haut. Sie erinnert sich voller Unbehagen an eine Zeit, lange zurück in ihrem Leben, wo ihre Kinderlosigkeit der Anlaß für mancherlei Gerücht gewesen war... und man mir die Bissen am Mund abgezählt hat, um herauszufinden, ob ich vielleicht schwanger wäre oder nicht... Aber Jahre waren ins Land gegangen und sie war schlank geblieben und es hatte nie auch nur ein Anzeichen gegeben.  Damals habe ich mir Kinder gewünscht... aber das ist lange her, selbst nach meinen Maßstäben. Sie setzt sich ans Feuer und starrt in die Flammen und wie immer bei ihrem Anblick muss sie dabei an Nuirafin denken. Wie lange es her ist, daß sie in ein Feuer sehen konnte, ohne das Gesicht ihrer alten Freundin vor Augen zu haben, weiß sie nicht mehr zu sagen. Lange... Ein kleines Lächeln huscht über ihr Gesicht.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 28. Aug. 2003, 20:13 Uhr
Die Verletzungen sehen allesamt schlimmer aus als sie sind. Niniane hat Phelans Arm verbunden, und obwohl die Wunde tief ist, so spürt er dank der Kräuter, die sich unter dem Verband befinden, kaum etwas davon. Cron hält Wache, auch Phelan davon überzeugt ist, dass in dieser Nacht nichts mehr geschehen würde. Aber es ist ein gutes Gefühl in dort zu wissen. Nichts.. genauso wie in den Tagen, als ich nach Talyra ging.. Der Becher heißen Tees, den ihm die Waldläuferin unter die Nase hält, lenkt ihn von seinen trüben Gedanken ab und dankbar greift er danach. Irgendwo auf der anderen Seite des Feuers sitzt der Narg. Er hat nichts gesagt, sein häßliches Maul blieb geschlossen, doch seine Blicke sprachen eine ganz andere Sprache. Doch Phelans Augen konnten dem Hass darin mehr als standhalten. Mehrmals hatte es ihn in den Fingern gezuckt dem Narg die Kehle durchzuschneiden. Aber er hatte es nicht getan. Denn er war der einzige Weg, um mehr herauszufinden - wenn es denn mehr herauszufinden gab.

Obwohl die Mörder seines Sohnes tot in auf dem feuchten Waldboden liegen, so verspürt Phelan keinerlei Genugtuung.  Er blickt hinüber zu Niniane, wie sie dort sitzt und ins Feuer schaut. Die Flammen lassen ihre Augen wie Shenrahs Sonne glänzen und er ist fasziniert von diesem Anblick. Er steht auf, geht zu ihr hinüber und setzt sich neben sie ins weiche Gras. Das Feuer wärmt angenehm und vertreibt die Kühle der heraufziehenden Nacht. Eine zeitlang sitzen sie schweigend da und blicken in die Flammen. "Ihr errinnert mich ab und an an Aethlings Mutter, Niniane. Sie ist keine Elbin und sie sieht Euch in keiner Weise ähnlich. Aber sie hatte die gleiche Art sich zu bewegen, wie ihr es manchmal tut. Ab und zu fiel es mir nicht schwer zu glauben, sie wäre selbst vom Alten Volk." Die Errinnerung macht ihn traurig und lächeln zugleich. "Ich frage mich dann und wann, was heute wäre, wenn wir nicht getrennt worden wären. Würden wir heute glücklich auf einem Hof leben? Oder wäre sie mit mir hierher in den Wald gegangen? Sie wäre eine wundervolle Mutter gewesen." Sein Blick verliert sich in den Flammen, dann schaut er die Waldläuferin an. "Ja, das wäre sie gewesen. So wie Ihr es auch sein werdet." Niniane blickt ihn empört an und öffnet den Mund um zu protestieren, aber er fährt fort zu sprechen. "Warum glaubt Ihr es nicht? Spürt Ihr es nicht selbst? Ich lese es so deutlich in Eurer Aura wie in einem offenen Buch. Warum wehrt Ihr Euch so heftig gegen diese Tatsache?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 28. Aug. 2003, 23:08 Uhr
Niniane spürt die Unruhe in Phelan, der sich neben sie ans Feuer gesetzt hat und in den Blicken, die er ab und an zu dem Gefangenen hinüberwandern läßt, liegt blanker Haß. Sie kann es ihm nicht verdenken. Der Narg weiß sehr genau, was auf ihn zukommt - aber er erwartet es wohl eher mit grimmiger Wut, als mit Furcht.
Sie wendet den Blick ab. Der Narg ist totes Fleisch und interessiert sie nicht weiter... sein mögliches Wissen allerdings schon. Sowohl im Gepäck als auch bei den Toten hatten sie keinerlei Hinweise gefunden, die ihnen irgendetwas Neues verraten hätten. Keine Stammeszeichen, keine Botschaften, keine verräterische Beute...
Als Phelan zu erzählen beginnt, ist seine Stimme voller Wärme und ein wenig Wehmut und sie lauscht ihm lächelnd und mit schräg gelegtem Kopf - bis er von der Mutter seines Sohnes auf sie zu sprechen kommt und ihr versichert, sie trage neues Leben in sich. Sie weiß sehr wohl um seine heilerischen Fähigkeiten und seine Eröffnung ist wie ein Guß kaltes Wasser. Dennoch sträubt sich etwas in ihr. "Seid nicht albern, Phelan. Das kann nicht sein!"  Seine einzige Antwort ist ein mildes Lächeln und ein leichtes Kopfschütteln, als wolle er sagen: Närrisches Mädchen. Natürlich könnt Ihr schwanger sein.
Einen langen Augenblick ringt sie mit sich selbst, starrt ins Feuer und kann es nicht glauben. "Phelan..." Sie schüttelt langsam den Kopf. "Ich hatte vielleicht nicht viele Männer gemessen an der langen Zeitspanne meines Lebens, aber ich habe auch nie ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Ich wurde nie... in all den Jahren... ich war niemals schwanger. Ich habe mich damit abgefunden, vor langer Zeit, niemals Kinder zu haben. Und Ihr wißt, was das für jemanden aus unserem Volk bedeutet, wo den Elben ohnehin so wenige Kinder geboren werden... gemessen an den Sterblichen." Sie hebt den Blick und sieht ihn an und ihre Augen sind so dunkel geworden, daß sie trotz des Feuerscheins fast braun wirken. "Seid Ihr Euch... sicher? Ich meine, wirklich sicher? Es gibt keinen Zweifel? Nicht den geringsten...?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 29. Aug. 2003, 14:26 Uhr
Phelan lächelt leicht, denn sie wirkt in diesem Moment wie ein junges Mädchen, so wie sie da sitzt, den Kopf leicht schräg gelegt und ihn zweifelnd ansieht. Das Feuer lässt ihre Haut golden glänzen und macht ihre Augen dunkler, als sie in Wirklichkeit sind. Und trotz ihres Äusseren wirkt sie jetzt so menschlich, als flösse in ihren Adern nicht das Blut des Alten Volkes, menschlich und verletzlich, so gar nicht wie die Jägerin, die vor wenigen Stunden den Nargen den Tod brachte. "Wer sonst könnte in dieser Zeit besser verstehen, was es bedeutet ohne Kinder auf dieser Welt zu wandeln, Niniane." Abermals steigt der Kummer in ihm hoch als ob ihm eine eisige Faust die Luft abgeschnüren würde. Seine Stimme wird dunkel, als er fortfährt. "Doch Ihr müsst diese Sorge nicht haben... nicht mehr. Es geht nicht darum, ob ich es vermute oder annehme. Ich sehe es. Ich sehe es, genauso wie ich sehe, dass Ihr eine Frau seid. Legt die Zweifel ab, das Kind braucht jetzt Eure Kraft und Eure Aufmerksamkeit." Ihr Leib ist flach und schlank, aber einen Moment lang glaubt Phelan die Waldläuferin vor sich zu sehen, der Bauch gerundet von dem neuen Leben in ihr und er teilt seine Gedanken mit ihr, so dass auch sie es sehen kann, dass sie es glauben kann.

"Gestattet mir eine Frage... ist er, ist Cron der Vater?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 29. Aug. 2003, 16:24 Uhr
Wäre sie nicht ohnehin schon auf dem Boden gesessen, so hätte sie sich jetzt vermutlich niedergelassen. Ich bin schwanger. Phelans Worte sind so sanft und gleichzeitig so unerbittlich wie Herbstregen, der schwer vom Himmel fällt.
Sie starrt in Phelans dunkle Augen und kommt sich bei seinen Worten merkwürdig nackt vor - doch der Augenblick geht rasch vorüber. Ich bekomme ein Kind. Phelans Gedanken malen ihr ein Bild und sie sieht sich selbst - so wie sie in einigen Monden aussehen würde. Im Winter vielleicht. Wie von selbst legt sich ihre Hand auf ihren Leib, ohne daß es ihr bewußt ist.
"Das... muss ich... erst einmal... verdauen." Brennende Unruhe macht sich in ihr breit, eine seltsame, mit Angst vermischte Aufregung. Phelans Frage holt sie in die Wirklichkeit zurück. Wer soll denn sonst der Vater sein? Für einen Augenblick ist sie ehrlich verblüfft. Aber Phelan kennt weder sie noch Cron näher, er weiß nichts von ihrem langen, gemeinsamen Weg ins Sturmtal, nichts von der Nacht auf dem Arnon Tyshorsha, nichts von ihrer Rettung durch den Tronjer aus Sithechs Reich. Nichts von den langen Monden der Ungewißheit zwischen ihnen nach ihrer Genesung, nichts von der Inarinacht und nichts von ihrer beider verworrenen Beziehung. Sie sieht ihn aus dunklen Augen an, in denen sich langsam helle, quecksilbrige Tropfen sammeln, winzige goldene Sprenkel im Bernsteinbraun.  "Ja, es ist sein Kind."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 29. Aug. 2003, 18:40 Uhr
"Seht mich nicht so erstaunt an. Natürlich lag es nahe. Aber ich wollte Gewißheit, verzeiht mir." Aber er hat nicht das Gefühl, sich bei ihr entschuldigen zu müssen und dennoch tut er es. Erstaunt stellt er fest, dass sie den Tränen nahe ist und es macht ihn einen Augenblick lang seltsam hilflos. Niniane aus dem Haus der Tanzenden Winde, von der mein Vater mir erzählte, als ich noch ein kleiner Junge war... Doch Phelan wischt den Gedanken von sich und vorsichtig streckt er die Hand aus und streicht ihr eine Träne von der Wange. "Warum weint Ihr, Herrin?"  Und mit einem aufmunternden Lächeln fügt er hinzu: "Ich hoffe doch, dass dies Freudentränen sind."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 29. Aug. 2003, 20:30 Uhr
Freudentränen? Ja, vielleicht. Doch. Es ist seltsam, aber in mir ist wirklich Freude. Ich werde ein Kind haben. Ich dachte, ich würde nie eines haben...

Gedankenverloren stochert sie mit einem kleinen Ast in der Glut und legt dann neues Holz nach. Der Duft nach gebratenem Fleisch erfüllt den kleinen Lagerplatz, und nachdem Phelan und sie selbst Kaninchen und Wachteln für gar befunden haben, verteilen sie das Essen erst an die Verwundeten, dann an die übrigen Männer und schließlich nehmen sie sich selbst. Für Cron hat sie eine Kaninchenkeule und eine halbe Wachtel zur Seite gelegt, die sie ihm später bringen will.

Das Fleisch ist zart und auch wenn es vielleicht an feinen Saucen und Beilagen fehlen mag - selten hat ihnen allen ein Essen so gut geschmeckt. Ist das nicht immer ähnlich, wenn man nach einem harten Kampf feststellt, noch am Leben zu sein? Alles wirkt intensiver... und Hunger ist eine gute Würze...
Sie ist wirklich hungrig. Große Gefühlsbelastungen machen sie immer hungrig - von zwei Tagen im Sattel und dem Kampf mit den Nargen ganz zu schweigen. Ihre Gedanken kreisen beständig um ihr Kind. Um Cron. Um die Zukunft. Tausend Fragen tauchen auf und heischen nach Antworten. Bisher hatten sie Bett und Tisch geteilt, ohne sich Gedanken um ein Morgen zu machen... jedenfalls sie hatte das nicht. Sie hatte es genießen wollen, so lange es eben dauern würde - nicht als etwas, das ihr gehört, sondern wie ein Rad aus Feuer, das durch sie hindurchrollt... Aber nun liegen die Dinge ganz anders.  
Er hat mir nie gesagt, daß er mich liebt. Oh, er hat viele Dinge gesagt, aber das nicht. Er hat mich Cariad genannt... ich frage mich, was das heißen mag...
Durch die Dunkelheit und die aufsteigenden Funken blickt sie zu den Pferden hinüber und kann ihn dort unter den Bäumen ausmachen - eine große, dunkle Gestalt von noch tieferem Schwarz in der Schwärze der Nacht.
Phelan hat sich zum Essen wieder zu ihr gesellt und sie nehmen schweigend ihr Mahl ein, während er leise mit seinen Männern spricht und sie ihren Gedanken nachhängt. Schließlich, als sie fertig ist, nimmt sie das bereitgelegte Fleisch für Cron und steht auf. "Ich bringe das hier unserem Wächter," meint sie leise zu Phelan.  "Wenn Ihr meine Hilfe braucht bei... " sie nickt zu dem Gefangenen hinüber, "so laßt es mich wissen."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 29. Aug. 2003, 22:22 Uhr
Der Waldläufer blickt der Frau nach, die sich vom Feuer entfernt. Sie ist so abwesend, so in sich gekehrt... aber wer kann ihr das verdenken? Dennoch... ich hatte gehofft mehr von ihr zu erfahren. Aber vielleicht ist der Zeitpunkt nicht gekommen. Nicht wo ich ein Kind verlor und sie einem das Leben schenken wird. Hunger jedoch hat Phelan keinen, mag das Fleisch auch noch so wunderbar duften. Die Wunde an seinem Arm hat wieder zu schmerzen begonnen, aber er ignoriert es, geht stattdessen zu seinen Männern und sieht nach ihren Verwundungen. Alles ist sauber verbunden und bald würden nur noch Narben zurückbleiben. Sein Blick wandert hinüber zu dem Narg, der gefesselt und verschnürt an einem Baum lehnt. Das einzige, was sich an ihm bewegt, sind seine Augen und sie glänzen hinterhältig im Schein des Feuers. Abermals überkommt Phelan das Bedürfnis, ihm einfach die Kehle durchzuschneiden. Der Narg hat bis jetzt kein Wort gesagt und Phelan fragt sich, was sie alles anstellen mussten, um das zu ändern. Und er würde alles anstellen. Narge hier, so weit im Süden. Warum lassen die Götter zu, dass sie überhaupt existieren? Doch Phelan weiß, dass die Welt nur durch Hell und Dunkel entstehen kann, er hatte es sein ganzes Leben lang gelernt. Und dieses Wissen hilft ihm jetzt, den Schmerz über Aethlings Verlust auf ein Minimum zu reduzieren. Jetzt, aber was später sein würde, das weiß er nicht und er will im Augenblick auch nicht darüber nachdenken. Und obwohl seine Männer um ihn herum sind, so fühlt er sich doch einsamer als jemals zuvor in seinem Leben.

Er würde warten, bis Niniane und Cron zurückgekehrt wären. Was auch immer der Narg wußte und sagen würde, sie sollten dabei sein. Einer der Waldläufer tritt auf ihn zu und hält ihm duftendes Fleisch und ein Horn voll Sommerwein hin. "Du mußt essen, Phelan. Dein Hungern wird nichts ändern an den Umständen." Und schließlich ißt er, wenn auch voller Widerwillen und ohne Appetit. Ninianes Kind. Das Kind einer Protektorin und eines Nordländers. Plötzlich vermeint Phelan Kinderlachen zu hören, aber da ist nichts, nichts als der Wald und das Feuer.. das Feuer. Ein Gesicht scheint Phelan aus den Flammen heraus anzublicken, die rosigen Wangen eines kleinen Mädchens, kaum älter als sechs oder sieben Jahre. Ihr Haar ist dunkel wie Ebenholz, aber ihre Augen glänzen in hellem Kupfergold. Shaerela... frei wie die Sonne...

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 31. Aug. 2003, 17:37 Uhr
Ihr Herz hämmert so laut, daß sie sicher ist, er müsse sie auf sich zu kommen hören, obwohl sie sich so lautlos bewegt, wie es nur elbische Waldläufer und Katzen auf der Jagd vermögen. Sie hat ihn fast erreicht - er steht an den Stamm einer hohen Silberbirke gelehnt und starrt in die Nacht hinaus, obwohl er im schwachen Schimmer des Mondlichtes wohl kaum mehr als die Umrisse der Bäume erkennen dürfte - als er sich zu ihr umdreht. Als hätte er mich gespürt. Gehört kann er mich nicht haben...und gesehen auch nicht, schließlich stand er mit dem Rücken zu mir...
"Ich glaube, ich bin aus der Übung gekommen," grollt sie, "ich pflege mich sonst viel geschickter an einen Feind heranzuschleichen."
Sie hält ihm den flachen, schmucklosen Holzteller hin, mehr ein Brett mit einem hochgewölbten Rand. Er würde, wie sie alle mit den Fingern und dem Dolch essen müssen. "Hier, ich habe dir etwas zu essen gebracht. Es ist nur ein Kaninchen und ein paar von den Wachteln...vielleicht...hast du Hunger."
Der Nachtwind berührt sein Haar mit sachten Fingern und das Mondlicht schimmert in blausilbrigen Fäden darin. Sie muss sich zurückhalten, um nicht mit den Händen hindurchzufahren.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 31. Aug. 2003, 17:59 Uhr
Er beobachtet gerade einen behäbigen Dachs zwischen zwei hohen Regenfarnwedeln, der brummend den Wurf vom Frühjahr über eine kleine Lichtung führt, als er die Veränderung in der Nacht bemerkt.  Es ist, als ob die Sonne plötzlich hinter einer Wolke hervortreten würde. Sein Blut beginnt zu summen, und Hitze überflutet seine Haut. "Es ist alles ruhig," sagt er, als er sich umdreht - er hatte ihre Gegenwart so deutlich gespürt wie den sachten Wind um ihn her - obwohl sie ebenso unsichtbar und lautlos gekommen war. Er drückt sich vom Baumstamm ab und macht einen Schritt auf sie zu, die Daumen noch immer in den Gürtel gehakt, nimmt dann aber doch den flachen Holzteller entgegen, den sie ihm hinhält und murmelt ein "Danke". Er ist wirklich hungrig. Sie suchen sich einen Fleck kurzen, weichen Waldgrases und sie setzt sich zu ihm, während er ißt. Die Keule ist würzig und gut, aber an den Wachteln ist kaum etwas dran und er muss das wenige Fleisch von den winzigen Knochen nagen. Als er fertig ist und sich die Finger mit ein wenig Wasser aus seinem Trinkschlauch gewaschen hat, sieht er sie an. Die ganze Zeit war sie nur still bei ihm gesessen, hatte ihm manchmal einen kurzen, unergründlichen Blick zugeworfen und kein Wort gesprochen. Sie wissen beide nicht, was das eben für ein seltsames kleines Erlebnis war. Mag es auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen - für ihn ist es das nicht. "Siehst du mich etwa als deinen Feind, an den du dich anschleichen musst?" Fragt er schließlich, als er aufsteht, ihre Hand nimmt und sie mit sich auf die Füße zieht. Er kehrt zu seinem Posten an der Silberbirke zurück und sie begleitet ihn. Die Dachsfamilie ist verschwunden und nicht weit entfernt schnauben die angepflockten Pferde leise und beruhigend in ihre Futterbeutel.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 31. Aug. 2003, 18:54 Uhr

"Sagen wir, ich bin vorsichtig genug, mich gelegentlich daran zu erinnern, daß du ein verfluchter Nordmann bist," lächelt sie. Als er ihre Hand nimmt, um ihr aufzuhelfen, spürt sie die Wärme und die Kraft in seinen Fingern. Als er zu der schlanken Birke zurückkehrt, folgt sie ihm und sucht dabei fieberhaft nach den richtigen Worten, ihm zu erklären, daß er die ganze Zeit über im Recht und sie im Unrecht gewesen war. Ihr Herz hämmert immer noch wie eine wildgewordene Trommel. Sie hatte Phelans Worte gehört und sie weiß, daß es wahr ist, aber ihr Kopf scheint sich zu weigern, es zu begreifen. Irgendwo zwischen Entsetzen und Seligkeit ist sie erstarrt und dreht sich hilflos auf der Stelle. Ihre Kehle ist so trocken, als hätte sie seit Stunden Wüstenstaub geatmet, statt frische, kühle Nachtluft und in ihrem Magen flattert Angst. "Cron..." sie tritt einen Schritt zurück, schlingt die Arme um ihre Mitte und sieht ihn dann an. Er betrachtet sie sehr ruhig, sehr aufmerksam,  aber auch sehr... ja wie? Abwartend.
"Du hattest Recht," meint sie schließlich geradeheraus. "Ich bin schwanger. Phelan ist ein Heiler. Er hat es mir gesagt. Er kann es sehen, sagt er." Sie läßt in einer hilflosen, kleinen Geste die Arme sinken. "Ich hätte auf dich hören sollen."
In seinem Gesicht regt sich nichts, nicht die allerkleinste Bewegung und seine Augen sind so rebendunkel wie der Ildorel in einer mondlosen Nacht. "Sag etwas."
Er sagt gar nichts, er streckt nur den Arm nach ihr aus. Sie widersteht einen Augenblick, dann gibt sie nach. Ihre Hände schieben sich zwischen sie beide und bleiben auf seiner Brust liegen. Durch den Stoff des Surcots mit dem aufgestickten Drachenschädel kann sie den Stahl des Kettenhemdes darunter fühlen. Halsberge, Harnisch und Schulterplatten hat er abgenommen, als sie ins Lager zurückgekehrt waren. Er zieht sie näher an sich und legt seine Stirn an ihre und einen Moment lang spürt sie eine seltsame Enge im Hals. "Ich werde ein Kind haben... ich kann das selbst noch nicht wirklich glauben." Ihre Stimme klingt so entgeistert, daß sie beinahe über ihre eigene Verwunderung lachen muss.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 01. Sept. 2003, 13:57 Uhr
"Nein," verbessert er und hebt den Kopf, um ihr in die Augen zu sehen. Ihr völlig verblüffter Tonfall läßt auch ihn lachen.  "Wir werden ein Kind haben."  Seine Hände streichen über ihre Arme und schließen sich um ihre Schultern. Sie hat den Harnisch abgelegt und trägt nur ihr Leinenhemd und darüber ihren Umhang. Er ist elbischer Machart und scheint bei Tage im Wald ständig die Farbe zu wechseln - grün, gold, braun und grau. Jetzt ist er so dunkel wie die Nacht selbst. "Ein kleines Mädchen, wenn du das in Erwägung ziehen könntest, mit goldenen Augen, rotem Haar und Grübchen in den Wangen, wenn sie lächelt, bitte." Er spürt ihr leises, atemloses Lachen mehr, als daß er es sehen kann, denn der Mond ist hinter einer Wolke verborgen und die Nacht so dunkel wie ein Tintenpfuhl. Dann stirbt jedes Lachen auf seinem Gesicht. "Tu nie wieder etwas so Närrisches und bring dich in Gefahr... du hättest getötet werden können." Seine Augen suchen ihren Blick, obwohl er ihr Gesicht nur als vagen Schemen erkennen kann - er weiß, daß sie ihn ansieht, so sicher, wie er vorhin wußte, daß sie hinter ihm stand. Mit dem Daumen fährt er die Linie ihres Mundes nach. "Hmmm... hast du nicht gesagt, der Wald wäre sicher heute nacht?" Sie nickt. Seine Hände umfassen um ihr Gesicht, seine Finger teilen ihr Haar, jetzt um so vieles kürzer wie vor ihrer Begegnung mit dem Narg im Kampf. Er hat ihren abgeschnittenen Zopf nach dem Kampf aufgehoben, ohne daß es jemand bemerkt hatte und nun liegt er ganz unten in seinen Satteltaschen.  "Dann ist es doch...," er hebt ihren Kopf ein wenig, um sie küssen zu können, "vollkommen überflüssig...," murmelt er in ihren halbgeöffneten Mund,. "...hier Wache zu halten."
Waldgras und Moos bereiten ihnen ein weiches Bett und die hohen Blätter von Regenfarnen schließen sich wie ein grüner Baldachin über ihnen.
Die Spätsommernacht vergeht wolkenverhangen und dunkel, doch nichts stört ihren Schlaf oder die Ruhe der Waldläufer bis zu einem nebligen, feuchtkalten Morgen. Als Cron erwacht, liegt in der Morgenluft bereits eine Ahnung von Herbst. Er weckt Niniane und sie suchen ihre Kleider unter den Farnstauden zusammen, kleiden sich an und versorgen die Pferde, während hinter ihnen auch das restliche Lager erwacht. Einer von Phelans Männern holt Wasser aus dem nahegelegenen Bach, irgendjemand entfacht die noch schwelende Glut zu neuem Feuer. Offenbar ist den Männern jedoch nicht nach einem gemütlichen Frühstück, denn der Narg wird hochgezerrt und zum Stamm einer mächtigen Eiche hinübergeschleift, wo man ihn erneut festbindet. "Will Phelan ihn foltern?" Wendet er sich leise an Niniane neben sich, beobachtet aber weiterhin das Geschehen um den Narg.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 01. Sept. 2003, 21:06 Uhr
"Anders wird kaum etwas aus ihm herauszubekommen sein..." murmelt sie ebenso leise zurück. Die Waldläufer haben sich in einem losen Kreis um ihren Anführer versammelt und in der Feuergrube lodert heiße Glut. Mehrere Speerspitzen liegen darin und glühen bereits, ebenso wie ein langer, gebogener Dolch. "Wir müssen wissen, wie viele sie sind, ob sie sich sammeln und wenn ja, wo. Wir müssen wissen, wo ihre Lager sind, wie ihre Anführer heißen, über welche Ausrüstung sie verfügen... alles Dinge, die er uns freiwillig nicht erzählen wird. Wenn er etwas weiß."
Der Narg ist so fest an die Eiche gebunden worden, daß die Seile selbst in seine ledrige Haut tief einschneiden. Sein Oberkörper ist nackt, ebenso seine Beine - man hat ihm nur den grobgegerbten Lendenschurz aus Rehleder gelassen. Trotz seiner unwürdigen Lage muss sie wie schon früher die Kraft und elegante Brutalität dieser Wesen bewundern - ebenso wie ein gefährliches Raubtier besitzt auch der Narg eine ganz eigene Schönheit. Von der Phelan nicht viel übrig lassen wird... Im Grunde macht es keinen Unterschied für den Waldläufer, ob er hier einen Narg, einen Menschen oder Elben oder irgendein anderes Wesen vor sich hat - jedenfalls sagt sie sich das. Für mich würde es keinen Unterschied machen... Ob Narg oder nicht, der Mann vor ihnen ist ein Räuber, Mörder, Vergewaltiger und Plünderer. Grenzhöfe waren überfallen, niedergebrannt und geschleift, kleine Schreine waren zerstört, Menschen getötet, ein Händler war sogar gegrillt und gefressen worden... Sie verschließt ihre Gedanken und verhärtet ihr Herz und tritt dann entschlossen neben Phelan, der am Feuer steht. Min Ijo... seid Ihr Euch sicher?

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 02. Sept. 2003, 11:03 Uhr
Phelan blickt Niniane aus Augen an, in denen sich Kummer und Hass und Verzweiflung gleichermaßen wiederspiegeln. Was man will und was man tut, das sind oftmals zweierlei Dinge. "Und in diesem Moment muß ich zugeben, dass ich, obwohl er den Tod verdient hat, nicht das tun will, was vielleicht zu tun wäre. Niniane, ich habe noch niemals einem Wesen Leid zugefügt, sei es nun ein unschuldiger Bürger oder ein Mörder, wie dieser Narg hier. Und obwohl dieser hier möglicherweise mein Kind auf dem Gewissen hat... Möge Anukis uns vergeben." Seine Stimme ist leise, zu leise, um sicher zu klingen und er weiß, dass sie das bemerkt, er kann ihr nichts vormachen. Ich bin ein Narr.

Die Augen des Nargs folgen jeder Bewegung um ihn herum und sie sind ungebrochen. Selbst in seiner ausichtslosen Lage wirkt er stolz, wild, brutal.. Ein Wesen ohne Gewissen.. und er weiß, dass er uns das voraus hat.

Sicher? Nein, sicher bin ich mir nicht.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 02. Sept. 2003, 13:15 Uhr
Sie sieht Phelan lange schweigend an und ihr Gesicht bleibt dabei so unbewegt wie eine Totenmaske - aber er kann den Kummer in ihren Augen sehen. Schließlich nickt sie. Ich weiß, Phelan... Ihr Blick fällt auf die Eisen im Feuer und auf die grimmigen Gesichter der Männer ringsum. Sie spürt Cron neben sich, abwartend, spürt, wie er von ihr zu Phelan und wieder zu ihr blickt. Auch wenn er nichts von ihrem Gedankenaustausch verstehen kann, er weiß, daß sie und der Waldläufer sich wortlos verständigen. "Nehmt Eure Männer, Phelan und laßt mich mit ihm allein. Vielleicht erfahre ich, was wir wissen müssen."  
Ich will keine Zuschauer bei dem, was ich tun muss...
Phelan nickt langsam und versammelt seine Waldläufer mit ein paar leisen Worten und einer knappen Geste um sich. Nur Augenblicke später sind sie im Wald verschwunden. Niniane ahnt, daß sie nicht weit gehen werden... vielleicht gerade außer Hörweite. Cron ist immer noch bei ihr und als sie ihn ansieht, weiß sie, daß er nicht gehen wird, egal was sie sagt oder tut. Der Narg beobachtet das Geschehen um ihn her mit kalten, gelben Augen und verzieht verächtlich das Gesicht, als die Waldläufer die Lichtung verlassen. Er knurrt etwas in seiner abgehackten, dunklen Sprache und läßt dabei fingerlange Reißzähne sehen - eine schreckliche Mischung aus der dunklen Sprache von einst, der gemeinsamen Sprache der Menschen und dem unverständlichen Dialekt seines Stammes. Es klingt in ihren Ohren als kratzten blutige Fingernägel über Eis und die feinen Härchen in ihrem Nacken und an ihren Armen stellen sich auf. Als Cron an das Feuer tritt, um die glühende Dolchspitze zu überprüfen, schüttelt sie nur den Kopf. "Nein... nicht damit. Ich werde etwas anderes versuchen." Er sieht sie halb fragend, halb mißtrauisch an und sie schüttelt leise den Kopf. "Es wird ihm nicht weniger wehtun..."
Aber es ist kompliziert und nicht ungefährlich und ich weiß nicht einmal, ob es funktioniert... bei Nargen...
Sie sammelt sich einen Augenblick, dann tritt sie vor den Gefangenen und kommt sich winzig vor. Der Narg ist riesig, noch gut zwei Köpfe größer als Cron und sicherlich über 400 Pfund schwer. Arme und Beine bestehen aus nichts als knotigen Muskelsträngen, die blutroten Krallen öffnen und schließen sich langsam, als wolle er verhindern, daß die Blutzirkulation in seinen straff gebundenen Armen einschliefe. Bis auf das raubtierhafte Gesicht, die ledrig grüngoldene Schuppenhaut, die reptilienhaften Bewegungen und die gelben Augen sieht er durchaus menschlich aus.
Lange Augenblicke starren sie sich nur an, das gebundene Ungeheuer und sie und sie weiß, er würde sie augenblicklich in Stücke reißen, wenn er nur die Gelegenheit dazu hätte.
Cron ist demonstrativ beim Feuer geblieben - sollte der Narg ruhig annehmen, daß der Nordmann keinerlei Bedenken gegen heiße Eisen und glühende Speerspitzen hatte.
Niniane tritt noch näher an ihr Opfer heran und legt dem Narg zu seinem Erstaunen die flache Hand auf die nackte Haut über seinem Herzen. Er starrt sie einen Augenblick fast ungläubig an und sie lehnt ihr ganzes Gewicht auf ihre Hand. Seine Haut ist überraschend glatt und warm von der Sonne.  Sie sucht seinen Blick und hält ihn fest und langsam, ganz langsam sucht sie einen Weg in das, was hinter diesen undurchdringlichen Augen verborgen liegen mag.
Der Kopf des Narges ruckt herum, als er den ersten Schmerz verspürt und er stößt zischend den Atem aus, aber sosehr er sich auch windet - die Seile halten ihn an seinem Platz und Niniane hält ihn im kalten Griff ihres Bewußtseins.
Sie kann nicht sagen, wie lange sie so mit ihm ringt, aber außer einer Flut barbarischer Bilderfetzen und dem Geruch von Blut und Tod dringt nichts auf sie ein. Es ist, als treibe ihr Geist durch kalten Nebel und manchmal blitzt eine Visiona auf, zu rasch, als daß sie wirklich erkennen könnte, was sie sieht. Irgendwann tropft Blut aus ihrer Nase, und ihre Augen brennen hell wie die Sonne selbst, aber der Narg gibt keinen Laut von sich, nicht den leisesten. Er zittert nur, unfähig, den Blick abzuwenden oder ihr zu entkommen. Sie teilt seine Gedanken mit einem Messer aus Schmerz, fühlt ihre eigene Kälte und schaudert vor sich selbst, doch sie gibt nicht nach. Der Nebel in seinem Bewußtsein wird lichter, reißt auf und sie dringt weiter vor, bis...
Der Narg gibt einen unartikulierten Laut von sich und etwas nasses, warmes klatscht ihr vor die Füße und dann ist da nur noch Leere und Schmerz.
Sie merkt nicht, wie Cron sie sanft an den Schultern nimmt und von ihm wegzerrt. Erst als er sie am Feuer auf seinen Umhang setzt und ihr einen Becher mit Wasser in die Hand drückt, kommt sie langsam wieder zu sich. Sie schmeckt Blut in ihrem Mund und spuckt angewidert aus. Ihr Kopf dröhnt, als hätte sie sich fürchterlich betrunken und noch immer hallt der Schmerz, den sie selbst verursacht hat, wie ein Echo in ihr nach. "Verdammt..." Cron reicht ihr ein Stück Leinen, abgerissen von irgendeinem Verband und sie wischt sich das Blut aus dem Gesicht. Ihre Augen werden dunkler, das Licht darin verglüht langsam zu einem warmen honiggold.  "Ich hätte wissen sollen, daß es nicht funktionieren würde. Er ist ein Narg..." sie schüttelt den Kopf und fühlt sich so schwach wie ein neugeborenes Kätzchen. Ihr ganzes Hemd ist blutbesudelt, aber das kann nicht von ihr stammen. "Was...?" Sie blickt zu dem angebundenen Narg hinüber, der grau und leblos in den Seilen hängt, sieht das schwarze Blut um seinen Mund und auf seiner nackten Brust und das Ding, das vor ihm im Gras liegt und weiß, was es ist, noch bevor Cron es ihr sagt. "Er hat sich die Zunge abgebissen."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 02. Sept. 2003, 16:05 Uhr
>Ich weiß...< sagt sie, aber was sie in diesem Moment denkt, das bleibt ihm verborgen. Er will fragen, was sie vorhat, doch ihre Stimme duldet keinen Widerspruch. Phelan hat zumindest eine Vermutung und er weiß, dass er das nicht könnte. Dazu braucht es mehr, als die Fähigkeiten eines mittelmässigen Heilers. Ein Heiler, der nicht einmal seinem Kind das Leben retten konnte. Sein Gesicht ist grau, als er sich abwendet und mit den Männern die Stelle verlässt. Cron bleibt, aber daran hatte er keinen Augenblick gezweifelt. Weit gehen sie nicht, gerade so weit, dass sie ihrem Wunsch entsprechen und ausser Sichtweite sind. Die Männer werfen Phelan seltsame Blicke  zu doch er schüttelt sie ab wie eine unerwünschte Last. Still lehnt er an einem Baum und wartet.  Etwas passiert, aber er kann es nicht greifen, etwas knapp ausserhalb seines Bewußtseins. Eine Bewegung, so sacht, wie das Flattern eines kleinen Vogels und doch so stark wie der Flügelschlag eines Adlers. Aber es ist zu weit weg, unerreichbar.

Eine kleine Ewigkeit vergeht lautlos, bis es Phelan nicht mehr aushält. Er deutet den anderen zurückzubleiben und wendet sich selber der kleinen Lichtung zu, wo sie am Morgen das Feuer wieder entfacht hatten. Er sieht Cron, wie er Niniane etwas reicht, womit sie sich das Gesicht abwischt. Sie blutet, doch auch ihr Hemd ist besudelt, doch die Flecken sind schwarz, nicht rot. "Niniane..." lautlos kommt Phelan heran. Sein Blick folgt dem ihren und er sieht den Narg, wie er leblos in den Fesseln hängt. Etwas liegt am Boden, etwas... Seine Zunge? denkt Phelan erstaunt, so als würde ihm etwas völlig Logisches eben in diesem Augenblick erst bewußt werden. "Er hat sich die Zunge abgebissen?" Mit wenigen Schritten erreicht er den Narg, der ihn noch ein gutes Stück überragt, obwohl er so zusammengesunken ist, packt dessen Schädel mit der einen Hand, zieht ihn hoch. Einen Augenblick lang schaut Phelan in gebrochene, bernsteingelbe Augen. Er lebt noch, denkt er erstaunt und der Umstand, dass er nicht an der Verletzung nicht erstickt ist überrascht Phelan. Dann reißt er den Kopf hoch und durchtrennt mit einem schnellen Schnitt die Kehle des Nargs. Das kurze, gurgelnde Geräusch, mit dem der Narg stirbt, hört er kaum.

"Es hat nicht funktioniert, nicht wahr?" Leise Resignation schwingt in seiner Stimme mit. "Geht es Euch gut, Niniane? Ihr hättet das nicht tun dürfen... das Kind." Er hat keine Ahnung, ob ihr Tun dem Kind hätte schaden können oder nicht. Dann hätte er sie davon abgehalten.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 02. Sept. 2003, 16:59 Uhr
Irgendwie bringt sie ein schwaches Lächeln zustande, das bestimmt grotesk aussieht, mit all dem verschmierten Blut um ihre Lippen. Sie spült sich lange und gründlich den Mund und hält das Stück Leinen unter die Nase, bis das Bluten aufhört.
Erst nach einer Weile schüttelt sie den Kopf als Antwort auf Phelans Frage. "Nein... es hat nicht funktioniert. Aber ich war so kurz davor, in seinen Geist durchzudringen... bei Menschen und Elben, bei Feen, Kobolden und anderen... natürlichen Wesen ist es für Elbenblütige mit der Gabe des Sendens ein Leichtes, ihre Gedanken zu lesen. Es ist schwieriger, in einen Geist, der sich verschließt, einzudringen, aber es ist möglich - und für beide Seiten mit Schmerz verbunden. Aber bei Nargen und Ogres, bei Goblins, Aurochmagren und dem anderen Natterngezücht, das der Namenlose einst zur Plage der Immerlande aus seinen dunklen Löchern geschickt hat, ist es meistens nicht möglich... früher war es das zumindest nicht. Es sind keine natürlichen Geschöpfe, er hat sie gemacht...." sie weiß selbst nicht, warum sie soviel darüber spricht, aber irgendwie hat sie das Bedürfnis, ihr Scheitern zu erklären - dabei weiß sie nicht einmal, ob sie das in Worte fassen kann. "Wie auch immer... er hat mir seine Zunge vor die Füße gespuckt... die einzige Antwort, die er zu geben bereit war." Sie fühlt sich unendlich müde und ihr ist kalt, aber das sind die normalen Auswirkungen solcher Zauberei, also versucht sie ein zweites Lächeln, das ihr auch schon besser gelingt, während Phelan dem Narg ohne viel Aufhebens die Kehle durchschneidet. So oder so ist es eine Erlösung für den Gefangenen.  Als er sich wieder zu ihr und Cron umdreht, steht sie auf.  "Macht euch keine Sorgen um das Kind." In diesem Moment spricht sie zu Phelan und Cron gleichermaßen - die sie beide mit der gleichen Besorgnis mustern. "Es hat nur meinem Gewissen geschadet. Mir geht es gut."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 03. Sept. 2003, 09:19 Uhr
"Dir geht es gut? Das ich nicht lache, du klapperst mit den Zähnen..."
Cron wickelt sie fest in seinen Umhang, als sie aufsteht und sie lehnt sich an ihn. Er hatte das, was sie mit dem Narg getan hatte mit wachsendem Unbehagen verfolgt -auch wenn er nichts von den Kräften, die sie eingesetzt hatte, spüren konnte, er hat genug gesehen, um zu wissen, daß sie eine Art Magie angewandt hatte. Er hatte gesehen, wie der Narg sich gewunden, wie er gezittert und gezuckt hatte, dabei hatte sie ihn nur mit der Hand berührt. Er hatte gesehen wie ihre Augen gebrannt hatten, wie das Blut aus ihrer Nase gelaufen war und in der Luft den Geruch nach heißem Metall geschmeckt.... jetzt hält er sie fest und sie scheint nichts weiter als eine müde, frierende Halbelbin, verletzlich wie ein Mädchen. Ich werde nie schlau werden aus dieser seltsamen Frau...
Phelan hatte dem Narg wortlos die Kehle durchgeschnitten und nach und nach kommen seine Männer ins Lager zurück - als ob sie einem stummen Ruf gefolgt wären. Das sind sie ja wahrscheinlich auch...
"Wenn es nicht noch mehr Narge zu jagen gibt in diesen Wäldern sollten wir heimkehren," meint er leise und unbewußt wiegt er die Frau in seinen Armen ganz sacht hin und her.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 03. Sept. 2003, 17:31 Uhr
Sie hat die Augen geschlossen und gibt sich einen Moment lang dem Gefühl der Erschöpfung hin, während Crons Umhang, groß wie ein Hauszelt, und seine Arme sie einschließen und vor der Welt verbergen. Sie schmiegt ihr Gesicht an den glatten Leinenstoff des Surcots und atmet den Geruch nach Mann, Leder und Stahl, der ihr so vertraut geworden ist, während die Männer sich im Lager versammeln.
"Heimkehren klingt gut," murmelt sie und späht über seinen Arm hinweg. Mehr als einer wirft ihr einen erstaunten Blick zu - immerhin hatten sie und dieser Nordmann sich gestern auf dem Schlachtfeld beinahe die Augen ausgekratzt und nun stehen sie hier in trauter Zweisamkeit. Was immer die Männer sich denken mögen, es bleibt hinter ihren Augen verborgen und in Wahrheit ist es ihr auch gleich. Sie befreit sich ein wenig aus dem Umhang, so daß sie Phelan ansehen kann. "Wir können hier nichts weiter tun, min Ijo. Begleitet uns nach Talyra und findet eine Weile Frieden in meinen Wäldern... die Stadtgarde wird sehr interessiert sein an allem, was ihr berichten könnt und eure Männer brauchen zudem Ruhe und die Fürsorge der Heiler und Maester. Begleitet uns, Phelan."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Phelan am 03. Sept. 2003, 21:19 Uhr
"Nach Talyra?" Der Gedanke, die Verdwälder zu verlassen behagt ihm nicht, aber er kann hier nichts tun. Und wenn diese Narge nicht die Einzigen waren, die sich so weit nach Süden vorgewagt hatten, dann konnte er auch keine Verantwortung mehr für das Leben der Männer übernehmen.

"Vielleicht habt Ihr recht... vielleicht ist es das einzig Richtige."

Das Lager ist schnell geräumt, die wenigen brauchbaren Gegenstände der Narge gesammelt und gepackt. Mit schnellen Schnitten löst Phelan die Fesseln des Narg und der massige Körper sackt zu Boden. Er würde das einzige Zeichen neben der Feuerstelle sein, welches darauf hinweisen würde, dass Waldläufer hier gewesen waren.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 03. Sept. 2003, 23:04 Uhr
Das Lager ist rasch abgebrochen, die Pferde gesattelt und die Männer aufbruchbereit. Den Göttern sei Dank ist keiner von ihnen so schwer verletzt, als daß er nicht reiten könnte, auch wenn einige offenbar starke Schmerzen leiden müssen - und drei Sättel sind leer. Die Waldläufer haben ebenso wie Niniane und er kaum mehr Gepäck, als in ein paar Satteltaschen passt, obenauf geschnallt ihre Schlafpelze, und so kommen sie rasch voran.
Grün und Braun zieht der Wald an ihnen vorbei, durchbrochen von goldenem Licht und der Tag ist warm und sommerlich. Als die Abenddämmerung hereinbricht, rasten sie in einer Senke neben dem schmalen Saumpfad, dem sie schon seit Stunden folgen, tränken die Pferde und lassen sie grasen, während sie sich selbst einige Stunden Schlaf gönnen - doch schon nach Mitternacht sind sie wieder unterwegs. Es ist kein Gewaltritt, ihnen sitzt nicht die Zeit im Nacken, so wie Niniane und ihm, als sie zu Phelan aufgebrochen waren, und schon wegen den Verwundeten können sie kein so hartes Tempo vorlegen, dennoch kommen sie gut voran. Mit der Morgendämmerung erreichen sie die große, breite und gut gepflasterte Südstraße, die sie nach Talyra zurückbringen wird und ihre nächste Rast verbringen sie in einer Herberge, schlafen in richtigen Betten und bekommen gutes, wenn auch einfaches Essen vorgesetzt. Dem Wirt ist mehr als wohl dabei, die neuesten Gerüchte zu erfahren und seinerseits wiederzugeben, aber außer ein paar versprengten Tuchhändlern aus Sûrmera, die nach dem Sommerfest auf der Heimreise sind, ist sein Gasthaus leer und wirkliche Neuigkeiten hat er nicht zu bieten. Nach dem die Sonne den Zenit überschritten hat, brechen sie wieder auf und sehen den ganzen Tag nichts größeres, als Phelans Falken über sich und hin und wieder einen Eselskarren oder Meldereiter. Sie erreichen Talyra am späten Abend, kommen die breite Südstraße herauf und sehen die Stadt vor sich liegen, die hohen, grauen Mauern rötlich im Schein zahlloser Wach- und Nachtfeuer auf den Türmen und Torhäusern und der Platz der Händler vor ihren südwestlichen Mauern, ein einziges Lichter- Laternen und Zeltemeer. Irgendwie sieht sie nachts viel imposanter aus... Er zügelt Donner, um den Anblick der von zahllosen Feuern erhellten, nächtlichen Stadt einen Moment lang zu genießen und fast alle tun es ihm gleich. "Wir sind da..."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 01. Juli 2005, 23:30 Uhr
Von Talyra durchs Larisgrün in Richtung Heideweg


Borgil spürt seinen armen Hintern schon nach zwei Stunden im Sattel und wünscht sich nichts mehr herbei, als ein dickes, weiches Daunenkissen, aber er würde den Teufel tun und sich etwas anmerken lassen, schon gar nicht mit einer so albernen Raven hinter sich, also rutscht er nur gelegentlich seufzend hin und her. Bildur, vollkommen unbeeindruckt von solchen Unpässlichkeiten, trabt eifrig voran und versucht hin und wieder, charmant wie er ist, Aurians Stute vor ihm ins gescheckte Hinterteil zu zwicken, bis sie ihm irgendwann zornquietschend ordentlich eins auf die Nase gibt. Der Zwischenfall endet damit, dass sowohl Aurian, als auch er selbst kurzzeitig im Straßenstaub landen und Borgils Allerwertester endgültig wie das Höllenfeuer brennt. Als sie mit der Abenddämmerung endlich, endlich ihr Lager ein wenig abseits der Straße aufschlagen, die Tiere versorgen, ihre Schlafpelze unter dem freien Himmel ausrollen und aus ihrem mitgebrachten Proviant gemeinsam ein Abendessen zubereiten, glaubt Borgil felsenfest, nie wieder sitzen zu können. Kaney scheint es ähnlich zu gehen, ebenso wie Aurian, doch selbst die geübteren Reiter unter ihnen sind steifbeinig von einem langen Tag im Sattel. Nachdem sie gegessen haben, sitzen sie noch eine Weile zusammen am Feuer (Borgil steht allerdings lieber), zwischen ihnen die Hunde, und unterhalten sich leise über dies und das, Belanglosigkeiten wie Wichtiges und natürlich sprechen sie vornehmlich über Phelan. Jeder steuert ein wenig von seinen Erinnerungen an den Waldläufer bei, erzählt von gemeinsam erlebtem oder Begegnungen mit dem Protektor des südlichen Larisgrüns oder von dem Halbelben, den er ganz persönlich kennen gelernt hatte. Borgil gibt natürlich die Geschichte von ihrem wilden Fassritt in den Tunneln der Kanalisation zum Besten und wie Phelan an einer senkrechten, feuchten schlüpfrigen Felswand hinter ihm hergeklettert war und ihn tatsächlich geschoben hatte, während sein Gewicht Caewlin oben fast die Arme aus den Gelenken gerissen haben musste. "Phelan hing an dieser Wand wie ein Gecko, rauf, runter, rauf – ich weiß nicht mehr, wie oft er das gemacht hat, in fast vollkommener Dunkelheit und der Felsen war verdammt nass...."
"Ja," gibt Caewlin darauf trocken zurück. "Und Ihr wart verdammt schwer!"

Am nächsten Morgen - sie hatten alle eine ruhige Nacht verbracht und waren mit dem Sonnenaufgang wieder aufgebrochen – führt Niniane sie schließlich herunter von der Südstraße und über Wege und Pfade ildorischer Waldbauern tief hinein ins Larisgrün. Sie verbringen auch diesen Tag gänzlich im Sattel, halten nur gegen Mittag einmal kurz an, um etwas zu essen, die Pferde zu tränken und sich die Beine zu vertreten und  Borgil hat inzwischen überhaupt keinen Hintern mehr, er sitzt auf einem Rad aus Feuer. Niniane erbarmt sich schließlich und verteilt an ihn, Kaney und Aurian eine schmerzstillende Salbe in einem grünen Jadetiegelchen, also schlagen sie sich alle drei noch einmal in die Büsche, um ihre Hinterteile großflächig damit einzupinseln und siehe da, es wirkt Wunder... zumindest insoweit, als dass sie keine Blasen auf den Blasen bekommen und den Rest des Tages überstehen. Während sie durch grüngoldenes Dämmerlicht und unter moosbewachsenen, flechtenverhangenen Baumriesen entlang reiten, beobachtet Borgil ihren kleinen Zug, seine Freunde und die Gegend um sie herum und hängt dabei seinen Gedanken nach. Er reitet die meiste Zeit neben dem langsameren Wagen her, da sein Frithpony mit den größeren Pferden nicht die ganze Zeit Schritt halten kann, aber ihre "Marschordnung" hatte sich ohnehin aufgelöst, als sie Talyra hinter sich gelassen hatten: jeder reitet neben jedem, wie er gerade lustig ist und sich unterhalten möchte oder auch nicht und Niniane schnappt sich hin und wieder Kaney oder auch Raven und reitet mit ihnen einige Tausendschritt voraus, um den Weg auszukundschaften. Borgil ist weit herumgekommen in den Immerlanden, aber diesen Teil der Herzlande, ihren Südwesten, kennt er nicht. Am nächsten Tag dringen sie noch tiefer ins Larisgrün vor und ihr Weg wird zu einem besseren Pfad, gerade noch breit genug, um den Wagen passieren zu lassen, und ihre Umgebung wird sumpfig, ohne sich wirklich in einen Moorwald zu verwandeln. Links und rechts säumen Kiefern in hohem Gras ihren Weg und ihre hohen, schnurgeraden Stämme ragen wie die Masten längst gesunkener Schiffe aus dem dunstigen Grün auf. Zwei Tage lang reiten sie durch Birkenhaine, Sumpfkiefernwälder und Weidendickichte, bis der Wald um sie her wieder sein Gesicht verändert. Die Mückenschwärme und Brackwassertümpel bleiben hinter ihnen zurück und machen lichten Kastanienhainen und weiten, mit Silberpappeln und Rotahorn bestandenen Flächen Platz, und dazwischen hin und wieder auch einem Herzbaum mit knochenheller Rinde und blutrotem Laub.

Sie reiten den ganzen Tag lang durch dieses helle, sonnendurchflutete Grün einer fast verzaubert wirkenden, offenen Waldlandschaft mit ihrem weichen, goldenen Licht und den wellenartig im Wind wogenden Lichtungen voller Rainfarn und Smaragdgras, bis sie am späten Nachmittag eine lichte Talmulde in der Nähe eines größeren Baches erreichen, die saftiges Gras für die Pferde und ausreichend Platz für ein Nachtlager bieten würde, weswegen sie bleiben, anstatt noch bis zum Einbruch der Dunkelheit weiterzureiten. Fünfzig, sechzig Schritt südlich ihres Lagerplatzes verengt sich das Tal und der breite Bach stürzt  kaskadenartig über mehrere Felsterrassen in ein steinernes Becken. Sie satteln die Pferde ab, fesseln ihnen die Beine und lassen sie auf der Lichtung grasen und stellen wegen einiger dunkler Wolkenburgen am östlichen Himmel, die sie spätestens in der Nacht mit Regen erreichen würden, ihre Zelte auf. Niniane und Olyvar, die weisen vorausschauenden Seelen, hatten ein paar kleine Zelte elbischer Machart  und ein paar einfache, schlichte Segeltuchzelte der Steinfaust zusätzlich eingepackt, so dass sie für alle ausreichen. Während die Frauen vom Bach Wasser holen und Borgil sich um ein Lagerfeuer kümmert und kurzerhand einen noch nicht lange umgestürzten Baum in der Nähe mit seiner Axt zu ein paar Sitzgelegenheiten zurechtstutzt, welche die Knechte Olyvars ans Feuer rollen, bauen die übrigen die Zelte auf, die sich bald wie seltsame Pilze aus dem Rainfarn erheben... zumindest die elbischen Zelte, die allesamt irgendwie an eckige Muscheln erinnern. Morgen würden sie, sofern das Wetter sie nicht hier festhalten sollte, den Heideweg erreichen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 02. Juli 2005, 21:30 Uhr
Der Aufbruch aus dem Tempelviertel geht recht schnell vonstatten und es bleibt kaum Zeit für eine richtige Begrüßung, geschweige denn für das Austauschen von Tratsch und Neuigkeiten. Dafür kommen sie schnell voran und legen bis zum Mittag eine ordentliche Wegstrecke zurück. Allerdings ist es so warm, dass sie alle gehörig ins Schwitzen kommen und noch ehe die gleißend helle Sonne, die gnadenlos von einem azurblauen Himmel brennt, ihren höchsten Stand erreicht, hat Raven Wams und Umhang hinter sich auf den Sattel geschnallt und sämtliche Hemdsärmel und Säume und alles, was an ihrer Kleidung nicht niet- und nagelfest ist, aufgerollt und aufgekrempelt. Selbst die Hunde hecheln und keuchen in der Sommerhitze und heißen jede noch so kleine Rast willkommen. Stelzes Zunge scheint bis auf den staubigen Boden zu hängen und der arme Ben, der mit Abstand von allen Hunden den dichtesten und längsten Pelz hat, muss sich mittlerweile fühlen wie ein Krebs, der gerade in der eigenen Schale gargekocht wird. Die geordneten Reihen der Reiter haben sich schon lange aufgelöst und während sie der breiten, staubigen Südstraße folgen, wird so mancher Schwatz von Pferderücken zu Pferderücken gehalten und es schwirren lebhafte Gespräche und ab und zu auch Gelächter hin und her. Raven lässt ihren Braunen neben Kaneys und Ninianes Pferden manchmal voraustraben, um den Weg auszukundschaften, manchmal lässt sie ihn zurückfallen und hinter der ganzen Kavalkade herzockeln, während sie geistesabwesend das Schattenspiel der Blätter auf dem sonnenbeschienenen Waldboden betrachtet und ihren Gedanken nachhängt. Vor allem der vergangene Tag und die Auseinandersetzung mit Caewlin lassen sie nicht zur Ruhe kommen und es gibt tausend Dinge, über die sie nachdenken muss und reichlich Stoff für stille Grübeleien.

Die meiste Zeit über und wann immer sich die Gelegenheit bietet, bleibt sie jedoch an Caewlins Seite, froh darüber, ihn in ihrer Nähe zu spüren. Einmal erzählt er leise von Kaney, dem werblütigen Jungen mit seinem riesigen Hund, der ihm und Cron in Liam Cailidh zur Seite gestanden war und aus seiner Stimme kann sie heraushören, dass er ihn wohl in guter Erinnerung behalten hat. Sie selbst weiß zwar, dass er für die Steinfaust als Späher arbeitet, war ihm jedoch nur wenige Male begegnet, so dass er ihr im Grunde noch genauso fremd ist wie das Botenmädchen. Ab und zu schweift Ravens Blick nachdenklich zu Aurian hinüber, die kerzengerade auf ihrem Pony sitzt und tapfer und mit verbissener Miene versucht, die Schmerzen in Hinterteil und Oberschenkeln, die sie zweifellos haben muss, zu ignorieren. Caewlin hatte ihr schon vor längerem erzählt, dass sie das Mädchen verletzt und verdreckt in einem Verlies in den Kanälen gefunden hatten und Raven fragt sich, was sie dort in Whytfisks feuchten, stinkenden Katakomben wohl erlebt haben mag. Wenn sie daran denkt, was Caewlin und sie selbst dort unten durchgemacht hatten, kann es in jedem Fall nichts Gutes sein, was der jungen Frau widerfahren ist und manchmal huscht ein Ausdruck stillen Schreckens über ihr blasses Gesicht, so dass Raven trotz allen Mitgefühls nicht danach zu fragen wagt. Bei manchen Dingen ist es besser, sie ruhen zu lassen und nicht anzutasten. Und sie würde es einer Fremden auch gewiss nicht erzählen wollen. Bei einer kleinen Rast, die sie am Mittag ihres ersten Reittages unter einem Meer aus grünschillerndem, sonnengesprenkeltem Laub einlegen, bemerkt sie Aurians schmerzvolles Zusammenzucken, als das Mädchen die Zügel ihres Ponys aus den Fingern gleiten lässt. Raven weiß nur zu gut, wie gemein das Leder scheuern kann und die zarten, weißen Hände des Mädchens sind es sicher nicht gewohnt, mit derben Zügeln umzugehen. Sie kramt eine Weile in den Satteltaschen des Braunen herum und befördert schließlich aus ihren unergründlichen Tiefen ein Paar Handschuhe zutage. Sie sind schon alt und das Leder ist abgenutzt und verschlissen, doch trotzdem stapft sie zu Aurian hinüber und reicht ihr das Paar. "Hier, nehmt", lächelt sie aufmunternd. "Neu sind sie nicht, und schön auch nicht, aber besser als Nichts. Sonst habt Ihr heute Abend solche Blasen an den Fingern, dass Ihr nicht einmal mehr Euren Wasserschlauch halten könnt."

Während sie dem Geschlängel der Straße weiter nach Süden folgen, lässt sie den Braunen eine Zeitlang neben Morganas und Maéls Pferden hertrotten. Die Heilerin ist still und in sich gekehrt und in ihrem hübschen Gesicht widerspiegelt sich so deutlich ihr Kummer und ihre Trauer, dass Raven das Herz schwer wird. Auch der Elb scheint sie nicht recht aufheitern zu können, aber er bleibt ständig an ihrer Seite und seine Augen sind voll Sorge, wenn er sie anblickt. Schon am Morgen im Tempelhain war Raven aufgefallen, wie sehr die beiden aneinanderhängen, und ihr Blick hatte in wortlosem Verstehen den Caewlins gesucht. Einen Herzschlag lang war ihr gewesen, als könne sie seine Gedanken lesen, die in diesem Augenblick die gleichen waren wie die ihren. Ein stilles Lächeln war über ihr Gesicht gehuscht und dann hatte ihr Blick die bedeutungsschwere Wolfsstatue am Eingang des Tempelhains gestreift und ein Schauer war ihr über das Rückgrat und die Erinnerungen an jenen Tag mitten durch ihr Herz gekrochen. Herrje, was wäre gewesen, wenn er mich einfach an diesem Wolf hätte kleben lassen, anstatt in den Tempel zu schleifen? Ich hätte das Glück meines Lebens versäumt. Und ich hätte ihn versäumt. Allein die Vorstellung war so grauenhaft gewesen, dass es sie geschüttelt hatte und unwillkürlich waren ihr Caewlins Worte eingefallen, die er ihr so überzeugt ins Gesicht gesagt hatte, als sie barfuß und im Nachthemd auf dem Marmorsockel der Statue herumgeschlottert hatte: >Du wirst meine Frau werden und es wird dir verdammt noch mal gefallen!< Ravens Lächeln hatte sich bei der Erinnerung daran noch um eine Spur vertieft und das Leuchten in ihren Augen hatte in diesem Moment nur ihm gegolten. Er kann hellsehen. Und zum Glück ist er wirklich sturer als ein Maultier. Bevor sie allerdings völlig in Erinnerungen hatte versinken können, hatte ein Trugbild sie aus ihrer Starre gerissen - ihre Augen hatten ihr nämlich vorgegaukelt, einen rotbärtigen Zwerg zu sehen, der just in diesem Augenblick unter Ächzen und Knurren auf den breiten Rücken eines Ponys klettert. Sie hatte zweimal hinsehen müssen, bis sie begriffen hatte, dass es tatsächlich Borgil war und aus dem versonnenen Lächeln war ein breites Grinsen geworden.

"Dass ich das noch erleben darf", hatte sie gekichert und sich an Borgils Fersen geheftet, besser gesagt an die Hufe des struppigen, kleinen Pferdes, auf das er seinen Hintern gehievt hatte. Der Anblick hatte sie so derart amüsiert, dass sie ihn nur noch fasziniert hatte anstarren können und jedesmal, wenn er mitsamt dem Pony, das offenbar Bildur heißt und aussieht wie ein Schlachtross in Kleinformat, in ihre Nähe gekommen war, hatte sie ihr Kichern beim besten Willen nicht mehr unterdrücken können. Je länger sie das Paar aus Pferd und Reiter betrachtet hatte, desto mehr Ähnlichkeiten waren ihr zwischen den beiden aufgefallen. Bildurs Gesichtsausdruck unter dem zottigen Stirnschopf ist mindestens ebenso so grimmig wie der des Zwergen und seine Mähne steht so buschig und kratzbürstig von seinem Hals ab wie Borgils Bart von dessen Kinn, ganz zu schweigen von der mehr als stattlichen Figur - beide sind beinahe breiter als hoch und Borgil muss seine stämmigen Beine fast waagerecht von seinem Körper abspreizen, wenn er auf dem breiten Rücken des Ponys sitzt. Grinsend hatte Raven das ungleiche Gespann gemustert und die Mundwinkel wären ihr beinahe an den Ohren hängengeblieben. "Ihr beide müsst verwandt sein. Er hat den gleichen Wanst wie du", hatte sie trocken festgestellt und dann lachend das Weite gesucht, weil Borgil ihr zum Scherz mit seiner gezückten Streitaxt gedroht hatte. Jedoch hat sich der Harfenwirt inzwischen als erstaunlich sattelfest erwiesen, auch wenn sein verkniffener Gesichtsausdruck mehr als deutlich macht, dass ein Pferderücken nicht unbedingt der natürliche Lebensraum eines Zwergen ist. Belustigt beobachtet sie eine Weile, wie er vor ihnen im Sattel hin und her rutscht, dann wendet sie sich wieder Morgana und ihrem Begleiter zu.

Raven weiß, dass es für die Heilerin ein schwerer Gang sein muss, Phelan zu seiner letzten Ruhestätte zu begleiten, aber sie lässt trotzdem nicht locker. Es muss doch möglich sein, sie wenigstens einmal zum Lächeln zu bringen oder wenigstens eine Zeitlang von ihrem Kummer abzulenken, überlegt sie und versucht, sie ein wenig aufzuheitern. Mit beredten Gesten und funkelnden Augen gibt sie kleine Geschichten zum Besten und erzählt kichernd von der Heirat im Anukistempel und den flüchtenden Priestern, von ihrem wildem Lehmgestampfe an Ninianes Baum und noch allerlei anderes belangloses Zeug. Sie lässt sich auch von Morganas kummervoller Miene nicht abschrecken und redet ohne Unterlass auf sie ein, bis sich schließlich doch ein Lächeln in ihren Mundwinkeln zeigt und sie zum Schluss sogar lauthals auflacht. Zufrieden und mit einem frohen Gefühl im Herzen kehrt Raven schließlich an Caewlins Seite zurück und stellt nicht zum ersten Mal fest, dass es sie glücklich macht, wenn sie jemanden zum Lachen oder wenigstens zum Lächeln bringen kann. Die Stimmung während des ganzen Rittes ist ohnehin sehr gelöst, eine sonderbare Mischung aus Heiterkeit und stiller Melancholie, und würde ihnen der Wagen mit Phelans aufgebahrtem Leichnam nicht folgen, käme vermutlich niemand auf die Idee, dass es sich bei dem kleinen Tross um einen Trauerzug handelt, der zu einer Bestattung unterwegs ist. Trotz der sengenden Sonne kommen sie gut voran und verbringen die Nächte im Freien unter Abertausenden von funkelnden Sternen, bis an jenem Nachmittag, bevor sie den Heideweg erreichen, das Wetter umschlägt. Die Luft ist dunstig vor Hitze und die Wolken, die sich gegen Mittag vereinzelt gebildet hatten, stehen nun dunkel und drohend am Horizont und schieben sich zu riesigen Türmen auf. In einer weiten Senke ein Stück abseits des Weges machen sie schließlich Halt, um ein Nachtlager aufzuschlagen. Müde und mit schmerzenden Knochen lässt Raven sich vom Rücken des Braunen gleiten. Doch auch wenn sie so verschwitzt und erschöpft ist, dass sie auf der Stelle im Stehen einschlafen könnte, ist an Ausruhen noch lange nicht zu denken. Sie nimmt den Hengst am Zügel und stapft zu Caewlin hinüber, der seinem Grauen am Rande der Lichtung gerade den Sattel und das Gepäck abnimmt, als Borgil breitbeinig und mit schmerzverzerrtem Gesicht an ihnen vorbeiwankt. Ravens Grinsen ist fast ein wenig schadenfroh, als sie ihm hinterher blickt. "Tja, nun siehst du selbst, wie es ist, wenn man nicht sitzen kann", ruft sie ihm mit gutmütigem Spott nach. "Nur möchte ich wetten, dass die Gründe, die ich dafür hatte, weitaus angenehmer waren", fügt sie mit einem Seitenblick auf Caewlin lächelnd hinzu und schlingt die Arme um seine Hüften, um sich einen erschöpften Augenblick lang an ihn zu lehnen.

Es dauert eine Weile, bis alle Tiere abgesattelt und die Pferde vor dem Fuhrwerk ausgeschirrt sind. Zusammen mit den Rossknechten der Steinfaust, die den Wagen lenken, bringen sie die Pferde zum Trinken an den Bach, der sich in einiger Entfernung wie ein silbernes Band durch den weichen, grünen Grasteppich schlängelt. Nachdem die Tiere versorgt sind und sie selbst ihren größten Durst gelöscht haben, machen sie sich daran, Feuerholz zu sammeln und die Zelte zu errichten. Zusammen mit Niniane geht Raven noch einmal zum Bach hinab, um Wasser für das Lager zu holen und als sie am Ufer knien und die Wasserschläuche und die hölzernen Kübel füllen, die ihnen die Rossknechte vom Wagen geholt und gegeben haben, starrt Raven mit zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn in das glänzende Nass. Der Bach ist an dieser Stelle breit und flach und das kristallklare Wasser schießt wirbelnd und sprudelnd über sandigen Grund und Felsbrocken. Im Strömungsschatten hinter einem Steinbrocken, an dem das Wasser eilig vorbeischäumt, hat sie einen dunklen Schatten erspäht, der dort reglos verharrt. Kaum zwei Schritt weit entfernt hinter einem weiteren Stein schon den nächsten - Bachforellen. Sie richtet sich auf, stellt den Wasserkübel im hohen Gras neben dem Ufer ab und tauscht einen vielsagenden Blick mit der Waldläuferin. "Siehst du, was ich sehe?" Niniane nickt nur. "Dort schwimmt unser Abendessen", bestätigt sie mit einem breiten Grinsen und ist im gleichen Augenblick schon auf den Füßen, um sich die Stiefel von den Beinen zu streifen, die Hosenbeine hochzukrempeln und ins flache Wasser zu waten. Niniane fängt die Forellen mit der bloßen Hand und sie ist dabei so schnell und geschickt, dass Raven nur noch staunend den Kopf schütteln kann. Im letzten Sommer hatte die Waldläuferin ihr zwar beigebracht, auf diese Weise zu fischen, aber bei Raven sieht es weitaus weniger elegant aus als bei ihr und endet mit wildem Geplatsche, völlig durchnässtem Hemd und Hosen und lediglich drei Fischen, die sie aus dem Wasser angeln kann. In der gleichen Zeit und ohne Mühe hat Niniane mehr als ein Dutzend der schillernden, zappelnden Forellen gefangen und zusammen mit ihren sollten sie, knusprig über dem Feuer geröstet, eine reichliche Abendmahlzeit für den ganzen Trupp abgeben. Gemeinsam schleppen sie die gefüllten Eimer ins Lager zurück und machen sich daran, die Fische abzuschuppen und auszunehmen, wobei sie von einem halben Dutzend gierig dreinblickender, hungriger Hunde nicht aus den Augen gelassen werden.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 02. Juli 2005, 23:13 Uhr
Selbst Niniane ist froh, dass sie an diesem drückend warmen Tag früher als gewöhnlich halten und in dem Tal ihr Lager aufschlagen und noch froher ist sie, statt ihres Kettenhemdes nur einen Lederharnisch über einem leichten Leinenhemd zu tragen, obwohl ihr Hitze für gewöhnlich nicht viel ausmacht. Es war den ganzen Tag über so schwülwarm gewesen, dass die Luft sie wie eine erstickende, feuchte Decke eingehüllt hatte, doch hier im Schatten ein paar schlanker, weißer Birken und in der Nähe des schnellfließenden Baches ist es kühler - und im Osten türmen sich vielversprechend graue Regenwolken. Sie ist noch am Bach, um sich zu waschen, die Wasserschläuche und ein paar Eimer zu füllen, als Raven neben ihr auftaucht, genauso verschwitzt wie sie selbst. Sie entdecken ein paar Forellen und da ihre Vorräte an frischen Lebensmitteln langsam zur Neige gehen, vergeht die nächste Stunde damit, dass sie bis zu den Oberschenkeln im Wasser stehen, ihre Beine in der kristallklaren Eiskälte des Wassers taub werden, und sie ein um den anderen schuppigen Leib mit blitzschnellen Bewegungen herausholen. Der Trick besteht darin, die Hand im Wasser vollkommen ruhig zu halten, von unten unter den glitschigen Fischkörper zu bringen, ohne dass die Forelle misstrauisch wird, bis die Finger direkt hinter dem Kopf liegen und sie dann in exakt der Sekunde, in der sich die Kiemenklappen öffnen, zu packen. Raven fängt vielleicht nicht so viele, wie sie, aber dafür zieht sie die Urgroßmutter aller Bachforellen aus dem Wasser, ein solcher Brocken, dass vermutlich selbst Caewlin davon satt werden sollte, fast einen Dreiviertelschritt lang und sicherlich zwölf Pfund schwer.

Sie erschlagen die Fische auf den flachen Steinen am Ufer und als sie ins Lager zurückkehren, ist dort bereits eine flache Feuergrube ausgehoben. Man hat die Mulde mit glatten Flusssteinen umrandet und einen Dreifuß darüber aufgebaut, zwischen den man wahlweise einen Topf, einen Kessel oder einen Rost hängen kann... Olyvars Knechte hatten wirklich an alles gedacht, angefangen von Hafer für die Pferde, über ein wenig Kochgeschirr, Salz, Maismehl und sogar ein paar zusätzliche Zelte, welche die Männer zusammen mit jenen, die Cron und sie mitgebracht hatten, in einem losen Rund um die Feuerstelle aufgebaut hatten. Der Lord Commander und Kaney würden sich zwar ein Zelt teilen müssen, ebenso wie Aurian und Arwen, denn Borgil ist so breit, dass neben ihm in einem Zelt beim besten Willen niemand mehr mit seinen Schlafpelzen Platz hat, aber besser als nass zu werden allemal, und nach den Wolken zu urteilen, würde es im Lauf der Nacht mit Sicherheit wie aus Kübeln gießen. Der Wagen mit Phelans Leichnam steht im Schatten einer hohen Birke, deren tief herabhängende Äste eine natürliche Höhlung bilden und die Pferde grasen frei auf der Lichtung oder schnauben in die Futtereimer, die man ihnen hingestellt hatte. Niniane holt eine Lederhaut aus ihrem Gepäck, das Cron gerade mit seinen Satteltaschen und ihren Waffen in eines der Zelte schafft, breitet sie aus und hilft Raven dann, ihre Beute zu putzen und auszunehmen. Es dauert nicht lange, ehe die Hunde sich andächtig um sie versammelt haben, ebenso wie Morganas weißer Wolf, der vor zwei Tagen plötzlich bei ihnen aufgetaucht war und einen mittleren Tumult unter ihrem buntgemischten Rudel ausgelöst hatte. Die Hunde kommen wider Erwarten wunderbar miteinander aus und das, obwohl nur zwei Hündinnen unter fünf Rüden sind. Aber da Akira den Ton angibt und sie keine Anstalten macht, irgendeinen der pelzigen Herren ernsthaft zu beachten, gibt es auch keinen Grund für Beißereien.

Jetzt zieht sich ein Kreis hechelnder Leiber mit erwartungsvoll glänzenden Augen um die beiden Frauen, die auf der Lederhaut die Forellen vorbereiten. Arwen sitzt ihnen gegenüber und gibt ein paar Handvoll Blätter und trockener Zweige in die Feuergrube, ehe sie kleine Äste bricht und ordentlich darüber schichtet, um das ganze dann mit einem halblauten Murmeln und einer beschwörenden Geste in Brand zu setzen. Der Rossknecht der Steinfaust, der gerade mit Feuerstein und Zunderkästchen hinter sie getreten war, sieht ihr über die Schulter, zuckt die Achseln und trollt sich wieder. Niniane wirft ihm einen amüsierten Blick zu und entdeckt am Lagerrand Mael und Morgana, die ihr Gepäck bereits verstaut haben - auch sie haben eines der Elbenzelte bezogen - und jetzt Hand in Hand zum Bach hinabspazieren, wohl um ein paar Augenblicke ungestört zu sein. Borgil ist eine Pfeife rauchen gegangen, Kaney und Aurian sammeln noch Feuerholz für die Nacht und Olyvar ist im Augenblick nirgends zu sehen. Caewlin räumt Ravens Satteltaschen und seine eigenen, sowie ihre Schlafpelze, in ein Zelt und setzt sich dann zu ihnen auf einen von Borgils improvisierten Klafterholzsitzen, während Raven und sie Fischinnereien an schnappende Hundemäuler verfüttern, und Arwen in einem Lederbeutel Mehl und Wasser vermengt und dann zu einem Teig knetet.

Die Elbin sieht niemanden dabei an. Ninianes Meinung nach ist Arwen ohnehin die ganzen letzten Tage über schon auffallend schweigsam und in sich gekehrt gewesen und war vor allem ihr und Cron beinahe aus dem Weg gegangen. Der andere Rossknecht bringt den fertig gefetteten Rost und hängt ihn zwischen den Dreifuss übers Feuer, so dass sie die Fische nur noch salzen, in Mehl wenden und darauf legen müssen und nachdem der erste Schwung brutzelnd und zischend vor sich hinbrät, wischt  Niniane sich die verschmierten, mehlklumpigen Finger im Gras ab und zieht eine Grimasse. "Ganz gleich wie eisig das Wasser ist, ich werde heute Abend mit Sicherheit noch ein Bad in diesem Steinbecken unter dem Wasserfall nehmen," erklärt sie mit einem missmutigen kleinen Schnauben. Sie waren alle seit Tagen im Wald unterwegs und obwohl sie und die anderen jede bessere Pfütze als Waschgelegenheit genutzt hatten, duftet keiner von ihnen mehr nach Rosen. Und jetzt riechen ihre Finger auch noch nach Fisch. "Ich starre vor Dreck." Dann wirft sie einen prüfenden Blick auf das halbe Dutzend Forellen auf dem Rost. "In einer halben Stunde können wir essen."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 03. Juli 2005, 01:01 Uhr
Bisher hat Kaney gedacht, dass Pferde nur vorne und von hinten gefährlich sind: Vorne haben sie ein Maul mit langen Zähnen, die wunderbar zubeißen können, dazu noch Hufe die einem den Schädel einschlagen können, und hinten, ja, hinten haben Pferde starke Hinterbeine, die einem sämtliche Rippen brechen können.
Das Pferde in der Mitte auch gefährlich sind, erfährt er bei diesem Ausritt.
Der ungewohnt breitbeinige Sitz beansprucht Muskeln, von denen er bisher eigentlich nicht wusste das er sie besitzt... und sein Arsch fühlt sich auch so an, als wäre er ein Stück rohes Fleisch: Gut durchgeklopft und blutig.

Überhaupt verflucht Kaney die Idee, auf einem Pferd mitzureisen.
Zuerst war ja alles gut gelaufen... Morgana hatte ihn gebeten, sich zu ihnen zu gesellen, die Priesterin hat ihn als einen Wargenmischling erkannt und auch gleichzeitig anerkannt, der totgeglaubte Elb hat sich nicht als untote Kreatur entpuppt, sondern als Morganas neuer Gefährte.
Dann kamen auch Niniane, Cron und Caewlin, Leute, mit denen Kaney nicht gerechnet hat, aber über deren Mitreise er sich freut: Immerhin hat die Protektorin ihn irgendwie im Wald willkommen geheißen und hatte ihm angeraten in der Steinfaust nach Arbeit geheißen, Cron hatte er dort an diesem riesigen Wohnbaum auch kennengelernt, und Caewlin... Kaney konnte die Schlacht gegen die Narge unmöglich vergessen, und mit einem recht breiten (und leicht stolzen) Grinsen begrüßt er seinen ehemaligen Anführer.
Zuletzt Aurian, Borgil und Raven. Der Werblütige begrüßt Aurian herzlich (immerhin hatte er in ihrer Anwesenheit seinen Eid abgelegt), Borgil kennt er ein wenig aus der Harfe, und Raven... Raven kennt er eigentlich nur von dem BogenschießWettbewerb bei dem Sommerfest von vor zwei Sommern.
Dann schließlich beginnt die Reise zu dem Beerdigungsplatz von Phelan - und somit auch die Probleme mit Gurp.
Das Schulpferd ist es gewohnt, stehenzubleiben bis sein Reiter oben im Sattel sitzt: Nur Kaney hat keine Ahnung, wie er da hochkommen soll. Immerhin hatte er in der Steinfaust das Pferd mithilfe einer kleinen Trittleiter bestiegen.
Einer der Rossknechte muss ihm helfen das Pferd zu erklimmen. Wie peinlich.

Mit einem nie erlebten Muskelkater und einem schmerzenden, eingeschmierten Arsch (Niniane hat sich seinem Hinterteil gegenüber erbarmt und hat ihm eine schmerzstillende Salbe gegeben) endet dieser Tag, und der Werblütige schläft diese Nacht wie ein Toter, er ist so müde, dass er sich überhaupt keine Sorgen macht, dass er mit seinem Lordcommander das Zelt teilen muss.

Der nächste Tag beginnt wie der Tag zuvor geendet hat: Mit einem schmerzenden Gesäß, und dem Problem, dass er wieder nicht ohne Hilfe auf Gurp kommt.
Und zu allem überfluss überreden ihn Niniane und Raven auch noch, gemeinsam mit Ihnen ein Stück des Weges zu erkunden.
Während Kaney also mit Niniane und Raven vorraustrabt (Eigentlich traben nur Niniane und Raven, Kaney hüpft eher auf dem - der götter sei dank - unempfindlichen Rücken des Pferdes herum) muss er ein Fluchen unterdrücken.

Doch insgesamt gesehen ist es ein angenehmer Beerdigungsmarsch, so makaber es vielleicht für manche Leute klingen kann.
Während der Pausen gibt es immer wieder neues und altes zu erzählen, dass er sich inmitten der Hunde befindet erfreut Kaney (vorallem die Bluthündin beeindruckt den Wargenmischling) und nebenher kümmert er sich auch um kleinere Aufgaben wie zum Beispiel Holz hacken.
Es gibt Fisch an dem zweiten Abend an dem sie rasten. Und Kaney ist - vermutlich wegen der ungewohnten, reitenden Tätigkeit - so hungrig wie noch nie in seinem Leben.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 03. Juli 2005, 09:27 Uhr
Als Aurian am Abend des zweiten Tages von der gescheckten Stute, deren Namen Dikta lautet, steigt, fühlt sie sich an, als hätte sie jemand windelweich geprügelt. Zu allem Überfluss hatte sie sich am Vortag auch noch von ihrem Reittier getrennt, als dieses sich eine kurze, aber heftige Auseinandersetzung mit Borgils stämmigen Pony geliefert hatte. Aber nicht nur sie hatte den Waldboden näher kennen gelernt, auch der Zwerg hatte sich im Staub wieder gefunden und im Geiste hatte das Mädchen seinen deftigen Flüchen beigepflichtet, während sie die beleidigt von einem auf den anderen Fuß steigende Dikta mit leiser Stimme zu beruhigen sucht. „Schon gut meine Kleine, alles gut!“ Der Sturz hatte ihr einiges an blauen Flecken eingebracht, die aber angesichts von wundem Hinterteil, Muskelkater und Blasen an den Händen nicht mehr ins Gewicht fallen. Umso dankbarer ist sie Niniane, die ihr, Kaney und Borgil, die beide ebenso unter malträtierten Rückseiten zu leiden haben, eine lindernde Salbe reicht. Und als die junge Frau, die Caewlin ihr als seine Frau Raven vorstellt, ihr ein altes Paar Handschuhe reicht, ist die Reiterei direkt wieder erträglich. Insgeheim nimmt sie sich jedoch vor, nach ihrer Rückkehr das Training zu vermehren.

Das Wetter ist drückend schwül und kein Lüftchen bringt Linderung. Aurian sehnt sich nach einem Gewitter, doch noch ist keine Wolke am Himmel zu sehen, die kühlendes Nass versprechen würde. Erst als sie des Abends ihr Lager in der Nähe eines kleinen Baches aufschlagen, tauchen die ersten davon am Horizont auf. Während Niniane, Raven und die Priesterin, die sich als Arwen vorgestellt hatte, das Abendessen, bestehend aus herrlichen Bachforellen vorbereiten, sammelt sie gemeinsam mit Kaney Brennholz für die Nacht. Der junge Späher mustert sie immer wieder von der Seite als würde ihm Unmengen unbeantworteter Fragen auf der Seele brennen. Aurian kann sich schon denken, worum es geht: Die Vorkommnisse in der Kanalisation, die Sache mit der Abtreibung, die keine war (sie ist sich sicher, dass schon diverse Gerüchte durch die Steinfaust flattern) und nicht zu Letzt ihr Verhältnis zu Cedric. Doch der Junge sagt nichts und das Mädchen ist nicht wirklich bereit von sich aus darüber zu sprechen – noch nicht.

Als sie an das Feuer zurückkehren, brutzeln die Fische bereits, doch einkurzer Blick bestätigt ihr, dass sie noch einige Zeit brauchen werden um gut durch zu sein. Ein Blick an sich selbst hinunter bestätigt ihr allerdings, dass es etwas gäbe, mit dem sie sich sehr gut die Zeit vertreiben könnte: Baden! In der Nähe befindet sich ein kleiner Wasserfall mit einem vorgelagerten Becken und genau dorthin zieht es das Mädchen. Ein Blick bestätigt ihr, dass niemand in der Nähe ist und so schält sie sich flink aus ihren Kleidern und lässt sich ins kühle Nass sinken. Der momentane Kälte schock zieht ihr alles zusammen, doch der Wunsch nach Sauberkeit ist größer und so taucht sie prustend unter, um auch die lange schwarze Mähne von Staub und Schweiß zu befreien. Ihre linke Schulter schimmert blaugrün von ihrem Sturz und jetzt, da sie nichts anhat, sieht man erst, wie dünn sie eigentlich in den letzten Wochen geworden war. Prüfend sieht sie an sich herab: Die Spuren der letzten Wochen und Monaten würden noch einige Zeit brauchen, um zu vergehen und was die seelischen angeht, nun, diese Wunden waren zwar etwas verheilt, doch bei weitem nicht vernarbt.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 03. Juli 2005, 11:40 Uhr
Das Feuer in der flachen Grube ist schnell entfacht, und das auch ohne Feuerstein und Zunder, die einer der Rossknechte gerade bringen will. Manche ihrer Fähigkeiten sind Arwen unterdessen so vertraut, dass sie sie wie selbstverständlich anwendet. Ein kurzer Blick zu Raven und Niniane bestätigt ihr, was sie auch schon riechen kann, die beiden Frauen sind dabei, mehr als ein Dutzend schimmernder Bachforellen zu schuppen und auszunehmen. Wobei man sich um das Vergraben der Reste keine Sorgen zu machen braucht, zumindest um den grätenfreien Großteil nicht, denn die Innereien verschwinden erstaunlich schnell in den Mäulern der wartenden Hundemeute. Als Appetithappen sozusagen. Und so kümmert Arwen sich darum, dass sie zu dem frischen Fisch nicht das trockene Reisebrot werden essen müssen, Staub haben sie alle unterwegs schon mehr als genug geschluckt. Aus einem Vorratsbeutel füllt sie ein feines hellgoldenes Mehl in einen Lederbeutel; sie war am Morgen des Aufbruchs extra lange vor Cassandra aufgestanden um das Mehl für Elbenbrot herzustellen. Sie gibt Salz und Wasser in den Beutel, bindet ihn zu und beginnt ihn durchzuwalken. Dass einer der vorbeigehende Rossknechte, der gerade Eimer mit Hafer zu den Pferden trägt vor sich hin murmelt, dass sie anscheinend glaube, das Leder ein zweites Mal gerben zu müssen, entlockt ihr kaum mehr als das Hochziehen der Augenbraue, ein Lächeln kann man es zumindest nicht nennen. Es dauert nicht lange, bis der Teig fertig ist, und Arwen einen leicht zähen Teigklumpen aus dem Beutel holen kann. Mehrere lange, gerade Äste, die sie zusammen mit dem Feuerholz gesammelt und von allen Blättern befreit hat werden nun mit Teigrollen umwickelt, dass es aussieht, als winde sich eine helle Schlange um das junge Grün des Holzes. Mit dem teigfreien Ende zwischen den flachen Flusssteinen verkeilt und an den Rost gelehnt, kann der Teig nun backen, ohne in die Glut oder die Asche zu geraten. Obwohl letzteres auch kein Drama wäre, denn Asche kann man abklopfen. Den geringelten Broten folgen bald die Forellen auf den Rost, und bei dem Duft, der sich verbreitet, wird das Esse nicht mehr lange auf sich warten lassen müssen.

Arwen nutzt die Zeit, um ihre Sachen in das Zelt zu bringen, dass die Männer unterdessen aufgebaut haben. Aurian, das Mädchen, mit dem sie es teilen wird, war zusammen mit dem Wargjungen Feuerholz suchen, das hat sie noch mitbekommen. Aber anscheinend ist sie unterdessen zurück, hat ihre Sachen schon in die eine Ecke gelegt und ist wieder verschwunden. Die Schlafdecken sind ebenso schnell ausgerollt, wie Satteltaschen und Waffen in einer Ecke liegen und Arwen das Zelt wieder verlässt. In weiser Voraussicht hat sie etwas aus ihren Satteltaschen bei sich, denn Laon und Nuba warten vor dem Zelt auf sie, die Schnauzen noch nicht wieder ganz gesäubert von den Fischhappen, die sie bei der Waldläuferin ergattert haben. Hochaufgerichtet sitzen sie vor ihr, und sehen sie erwartungsvoll an, hechelnd, aber ohne Laut zu. Und die seelenvollen Blicke der Hunde schaffen es, der Elbin das erste echte Lächeln an diesem Tag zu entlocken, während sie die beiden mit Streifen von Trockenfleisch füttert. Eine abschließende Geste genügt und die Hunde springen auf und folgen ihr bis zu dem Bach. "Los, rein mit euch beiden, ihr seht aus wie Staubwedel und außerdem riecht ihr nach Fisch." Laon muss sie das nicht zweimal sagen, der Rüde ist gerne im Wasser. Nur Nuba sieht sie an, als habe sie verlangt, sie solle sich von den Klippen der Mondsichel stürzen. "Sieh mich nicht so an, Nuba. Ab ins Wasser." Widerwillig, und mit eindeutig empörter Miene stolziert die Hündin ins Wasser, den jappend planschenden Laon hochmütig ignorierend. Der Dank für das Bad ist es dann allerdings, dass beide Hunde sich das Fell direkt neben Arwen trocken schütteln, was der Elbin eine ausgiebige Dusche verpasst. Allerdings eine mehr als willkommene Erfrischung nach den Tagen im Sattel und der immer weiter zunehmenden Schwüle dieses Tages. Ein Blick in den Himmel bestätigt, was nicht nur Arwen schon seit dem späten Nachmittag weiß, die dunklen Wolken die sich ihnen vom Horizont her nähern, würden noch vor der Mitte der Nacht ihre Schleusen öffnen. Die Pflanzen wird es freuen, der Boden ist schon reichlich trocken, und auch uns wird es gut tun, der Regen wird den Staub aus der Luft waschen und sie klar und frisch zurücklassen. Zusammen mit den Hunden folgt sie dem Bachlauf und verschwindet in den zunehmenden Schatten zwischen den Birkenstämmen

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 04. Juli 2005, 00:31 Uhr
Nachdem ihr Zelt steht und eingeräumt ist, sieht Caewlin noch einmal nach Gråuna und dem Braunen und setzt sich dann zu den Frauen ans Feuer, während um sie her in dem kleinen Tal das Licht langsam verblasst und sich zwischen die Bäume zurückzieht. Um die schlanken, grauweißen Birkenstämme sammeln sich blaue Schatten, auf ihrem grünen Laub flammt noch rotgoldene Abendsonne und glänzt warm auf hohen Grasrispen und Farnwedeln. Niniane wendet die ausgenommenen Forellen, die Raven und sie im Bach gefangen hatten, in Mehl und Raven, direkt neben ihm, blutig bis zu den Handgelenken und vom Kinn bis zu den Knien mit silbrigen Fischschuppen gesprenkelt, die Hosen noch immer bis über die Knie hochgeschlagen und die Hemdsärmel nach hinten gekrempelt, hält ihm strahlend ihren Riesenfang unter die Nase. Er mustert die Forelle von den Kiemen bis zur Schwanzflosse, pfeift leise durch die Zähne und beugt sich dann über ausgenommene Fischleiber und pelzige Hunde vor, um sie zu küssen. "Was für eine Frau," flüstert er in ihren Mund und spürt wie sie lächelt. "Du kannst es fangen und braten." Als er ihren Mund freigibt, murmelt sie abwehrend etwas von "Braten tu' ich sie ja gar nicht, keine Sorge", aber er kann sehen, dass ihre Wangen sich leicht röten und plötzliche Freude in kleinen, glitzernden Kupferfunken durch ihre Augen zieht und grinst still in sich hinein. Er kennt keine Frau, die man so in Erstaunen versetzen kann, und die so ehrlich erfreut wirkt, wenn man ihr ein Kompliment macht, wie sie. Nachdem alle Fische ausgenommen und vorbereitet sind, scheucht Niniane die Hunde fort und Caewlin wirft einen spekulativen Blick auf den Rost, wo bereits einige braten... Er ist am Verhungern, aber zu seiner Erleichterung verkündet die Waldläuferin gerade, dass es nur noch eine halbe Stunde dauern würde, bis sie essen könnten. Das ist Kaneys und Aurians Stichwort, der gerade in diesem Augenblick mit Armen voller Feuerholz zu ihnen kommen und es neben dem Dreifuß aufstapeln. Aurian verschwindet sofort wieder in Richtung Bach, wohl um noch vor dem Nachtmahl den Reiseschmutz von der Haut zu schrubben, aber Kaney setzt sich zu ihnen und starrt nicht minder hungrig wie Caewlin auf den Rost. "Dauert noch ein Weilchen," murmelt er dem Werjungen zu. Garok nutzt die Gelegenheit, sich neben seinem Herrn zusammenzurollen und so in erreichbarer Nähe von etwaigen Fischresten zu bleiben, Ben und Lupin trollen sich zum Bach auf der Suche nach Morgana und dem Elben, Stelze und Akira lassen sich neben Caewlin fallen und die beiden Elbenhunde des Blauhaars folgen Arwen, als die Anukispriesterin aufsteht und zu ihrem Zelt hinübergeht. Raven reicht Niniane die letzte Forelle und klopft sich dann die Fischschuppen notdürftig vom Hemd.

Zur Ankündigung der Waldläuferin, sie würde heute bestimmt noch ein Bad nehmen, kann auch sie nur nicken, schnuppert angewidert an ihren eigenen Fingern und Caewlin beobachtet sie mit einem unterdrückten Lächeln in den Mundwinkeln. Hat ein Bad eigentlich immer solche Wirkung auf dich?...Wenn du meinst, dass du dich in Sicherheit bringen musst, dann tu das besser gleich, denn heute werde ich ganz gewiss noch ein Bad brauchen... Er hebt den Blick und sieht zum Bach hinüber, ein glitzerndes Band im Licht der sinkenden Sonne, dessen Gurgeln und Rauschen bis ins Lager zu hören ist. Hier oben mag er tief genug für Forellen sein, aber wohl kaum, um ein Bad darin zu nehmen, doch unterhalb der Wasserfälle ist ein tiefes Becken. Das Wasser dort ist vermutlich eisig, aber er hat in Schmelzwasserseen gebadet und ist nach einem Tag in dieser brütenden Hitze genauso verschwitzt und schmutzig wie die anderen. Nun, das Baden würde noch ein Weilchen warten müssen. Sein Blick kehrt zu Raven zurück, die ihre nackten Füße ins weiche Gras gräbt und Stelze den Nacken krault. Und alles andere auch... Jeden Tag neben oder hinter ihr zu reiten, die Bewegungen ihrer Hüften und ihres kleinen, runden Hinterns im Sattel direkt vor der Nase zu haben, ihr Mienenspiel zu beobachten, wenn sie mit Morgana, Niniane oder auch Borgil scherzte und lachte oder sich nachdenklich unterhielt, ihre Blicke aufzufangen, wenn sie sein Gesicht mit den Augen suchte, und sie nachts nicht haben zu können, weil sie in Sicht- und Hörweite von neun neugierigen Ohren- und Augenpaaren in ihren Schlafpelzen lagen und solche Eile hatten, den Heideweg zu erreichen, um Phelan endlich beerdigen zu können, hatte völlig ausgereicht, um ihn an den Rand des Erträglichen zu bringen. Heute hatte das drohende Unwetter sie gezwungen ihr erstes wirklich festes Lager in diesem Tal aufzuschlagen, sie würden in einem Zelt schlafen... und es würde keine Eile geben. Und als wolle das verflixte Frauenzimmer noch eins draufsetzen und wisse außerdem viel zu gut über seine Gedanken bescheid, rückt sie herüber, setzt sich zwischen seine Knie und lehnt sich mit dem Rücken an ihn. Caewlin unterdrückt ein Lachen, zieht sie eng an sich und küsst ihren Hals. Obwohl die Dämmerung heraufzieht, hat die Hitze nicht nachgelassen und ihre Haut ist feucht und schmeckt nach Salz. Dann legt er den Arm über ihre Schulter und verschränkt seine Finger mit ihren. "Dauert nicht mehr lange, bis wir den Heideweg erreichen, oder?" Fragt er leise über ihren Kopf hinweg und Niniane, dabei die Forellen zu wenden, schüttelt den Kopf. "Borgil hat unterwegs heute etwas von "Morgen" gemurmelt. Ist es dann auf dem Heideweg noch weit bis zum Grab von Phelans Jungen?"  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 04. Juli 2005, 01:25 Uhr
Die Zeit fliesst für Morgana dahin wie ein Fluss aus zähem Honig, auch wenn sie schnell voran kommen und ihr Hintern sich anfühlt wie gegerbtes Leder. Zum Glück hatte sie mit ein paar kleinen Tiegelchen aus ihrem unerschöpflichen Vorrat vorgesorgt und so zumindest die Blasen verhindern können, die Borgil, Kaney und auch Aurian plagen. Niniane hatte ebnfalls vorgesorgt und versorgt die geschundenen Hinterteile mit einer Salbe. Morgana selbst verteilt auch hier und da ein Tiegelchen für Mückenstiche und andere kleinere Wehwechen, die auf so einer Reise zwangsläufig dazu gehören. Irgendwann auf dem Weg hatte Raven sich zu der Heilerin und Mael gesellt und hatte es tatsächlich geschafft durch die Erzählung von der recht spontanen Hochzeit ,von ihr und Caewlin, Morgana auf andere eher heitere Gedanken zu bringen. Aber nicht nur die doch recht komische und seltsame Situation im Anukistempel hatte Morgana lächeln lassen. Irgendwie hatte die Heilerin das Gefühl, dass Raven ihr mehr damit sagen möchte, als nur eine lustige Geschichte zu erzählen. Caewlins und Ravens Situation ist nicht besonders viel anders als Morganas und Maels, Calyra war am selben Abend gestorben wie Phelan und Raven und Caewlin waren nun sogar schon verheiratet und Morgana gerade einmal etwas mehr als einen Siebentag mit Mael verbandelt. Es macht es Morgana etwas leichter ihre Zweifel nach und nach über Bord zu werfen und sie ist sich fast sicher, dass wenn Phelans Körper seine letzte Ruhestätte gefunden hätte, auch bei ihr Ruhe einkehren würde.

Es ist früher Abend, als sie an diesem Tag ein Lager aufschlagen, und diesmal nicht nur ein paar Schlaffelle auf weichem Moos ohne Zelte, da dunkelgraue drohende Wolken aufziehen. Es herrscht emsiges Treiben und nachdem Morgana und Mael ihre Sachen in dem für sie vorgesehenen Zelt verstaut haben, nutzen die beiden die Gelegenheit und sondern sich etwas von den anderen ab. Hand in Hand gehen Morgana und Mael hinunter zu dem kleinen Bachlauf, wo Morgana ihre Schuhe auszieht und ihre Füsse in das kalte Wasser des Baches hält und sich auf das weiche Moos der Steine setzt, die den Bachlauf säumen. Mael setzt sich dicht neben sie und zieht sie an sich, legt seine Wange an ihre und beide sehen eine Weile schweigend dem Farbenspiel des Wassers zu, das eilig über die Steine springt. Worte brauchen die Beiden keine und Morgana geniesst einfach nur die Nähe von Mael, und mehr braucht es für sie auch nicht. Ein Stück entfernt hören sie Plätschern im Bach, können aber nicht erkennen wer oder was die Geräusche auslöst und sie kümmern sich auch nicht weiter darum, ein sanfter Kuss von Mael bringt Morgana schnell auf ganz andere Gedanken.Sie dehnen den Kuss aus und vergessen für einen Augenblick den Grund der Reise, bis irgendwann der Duft von gebratenem Fisch und Brot zu ihnen dringt und kurz darauf Ben und Lupin am Bach erscheinen, an den Schnauzen noch glitzernde Fischschuppen und verräterisch nach frischem Fisch riechend.

Morganas Magen knurrt vernehmlich und sie muss kurz auflachen. "Bei den Göttern ich habe Hunger wie ein junger Bär und der Geruch von frischem Fisch macht es keinesfalls besser, komm lass uns nachsehen gehen, was genau dort so verfüherisch riecht." Von einem erneuten Knurren ihres Magens begleitet, zieht sie ihre mittlerweile eisigkalten Füsse aus dem Wasser und zieht gleichzeitig Mael mit der einen Hand hoch. Lupin und Ben stillen ihren Durst noch am Bach ehe sie Morgana und Mael folgen um vielleicht noch etwas von dem Fisch ergattern zu können. Als sie am Lager ankommen ist Niniane gerade dabei eine riesige Forelle auf dem Rost zu wenden und Morgana läuft das Wasser im Munde zusammen. Sie hatten zwar Vorräte mitgenommen, aber was sind die schon gegen frische Bachforellen. Morgana und Mael bekommen gerade noch mit das Niniane von einem Bad redet und sie brauchen sich nur kurz anzusehen und wissen, dass sie beide das gleiche denken, ein Bad würde ihnen ebenfalls sehr gut tun. Arwen entfernt sich gerade von dem Feuer, aber Caewlin und Raven sitzen schon eng umschlungen dort,ebenso wie Kaney, und Morgana und Mael lassen sich neben ihnen nieder. Caewlin fragt gerade nach wie lange es noch zum Heideweg ist und Niniane antwortet ihm, dass sie ihn laut Borgil wohl morgen erreichen werden. Was das genau bedeutet ist Morgana sehr klar und sie atmet einmal tief ein und aus Morgen. Morgen ist es soweit und dann findet ein Abschnitt meines Lebens seinen endgültigen Abschluss. Mael scheint genau zu wissen was sie gerade denkt und legt seinen Arm um sie und zieht sie sacht an sich. Morgana lächelt kurz und küsst ihn sacht ehe sie leise flüstert:" Ich bin froh wenn der Tag morgen vorbei sein wird." Es liegt noch Wehmut in ihrer Stimme, aber je weiter die Reise verlaufen ist umso leichter ist ihr auch ums Herz geworden. Die vielen kleinen amüsanten Geschichten, die von allen über Phelan erzählt wurden, und auch die nicht so amüsanten, haben ihr sehr geholfen ihre Trauer zu verarbeiten und alles in einem etwas anderen Licht zu sehen. Sie merkt erst jetzt wie falsch es war sich mit ihrer Trauer zu verkriechen, anstatt mit ihren Freunden darüber zu reden und sie ist froh darüber, dass alle Anwesenden diese Reise mitmachen, so fällt ihr alles doch viel leichter. Ihr Magen meldet sich erneut und sie muss verlegen kichern als die Blicke zu ihr wandern, denn das Knurren war verdammt laut und hörte sich wohl eher wie das Brummen eines Bären an. "Entschuldigt aber ich habe schrecklichen Hunger, das lange Reiten ist daran Schuld, sowas bin ich gar nicht mehr gewöhnt und die Forellen riechen einfach fantastisch."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 04. Juli 2005, 16:42 Uhr
Die bunt zusammengewürfelte Reisegruppe macht sich nach Crons Eintreffen im Tempelviertel bereit zum Aufbruch, und als geordneter Trauerzug ziehen sie durch die Straßen dem Stadttor entgegen. Natürlich erregen sie dabei einiges an Aufsehen, denn zum einen geleitet nicht alle Tage eine Ehreneskorte Blaumäntel einen Leichnam aus der Stadt, und zum Anderen sind noch einige der höchstrangigsten Bewohner von Talyra unter den Reisenden. Nicht zu unterschätzen ist dabei natürlich der Umstand, einen Zwergen auf einem Pferd zu sehen, noch dazu wenn es sich dabei um den stadtbekannten Wirt der Harfe handelt, der sich mit deutlich weniger Eleganz im Sattel hält, als er sich durch das Gewühl seiner Gäste zu schlängeln vermag. Das scheint auch Raven so zu sehen, denn sie kann sich ob des hopsenden Zwergs auf dem seinem struppigen Pony kaum das Lachen verkneifen und schon gar nicht die ein oder andere spöttische Bemerkung. Auf >>Ihr beide müsst verwandt sein. Er hat den gleichen Wanst wie du.<< reagiert Borgil mit seiner bekannt einfühlsamen Art, er droht mit seiner Axt und schlägt die Bogenmacherin  damit wirkungsvoll in die Flucht...zumindest bis zu ihrem nächsten Kicheranfall, als er sich unvermittelt auf seinem Hosenboden wiederfindet, nachdem Bildur und Aurians Pony „Freundschaft“ geschlossen haben.

Schon bald nachdem sie die Stadtmauern passiert hatten, war die feste Marschordnung zerfallen, und in loser Reihenfolge trabt jeder Reiter einmal neben dem anderen. Máel hält sich jedoch auffallend nah an Morganas Seite und bemüht sich darum, ihre betrübte Stimmung ein wenig aufzubessern, was ihm dann zusammen mit Ravens Anekdoten über marmorne Wolfsohren und Nachtkleider als Brautgewänder am Ende gelingt, und er bedankt sich mit einem freundlichen Nicken bei ihr für ihre tatkräftige Hilfe. Shenrah brennt derweil mit unbarmherziger Hitze von einem leuchtend blauen Himmel auf sie herab und treibt ihnen damit den Schweiß aus den Poren, bis ihre Kleidung an ihren Körpern klebt. Der Staub der Straße, den die kleine Karawane aufwirbelt, legt sich wie ein grauer Schleier über alles und jeden, und als sie ihr erstes Nachtlager aufschlagen, haben auch die geübteren Reiter fürs Erste genug vom ewigen Auf und Ab auf einem Pferderücken.

Das Wetter hält sich mit drückender Hitze, bis sie sich dem Heideweg bis auf eine Tagesreise genähert haben und sie früher als geplant einen passenden Rastplatz finden. Eine malerische Lichtung mit dem silbernen Band eines Bachlaufs lädt zum Übernachten ein, und die sich auftürmenden, schwarzen Wolken wären kaum nötig gewesen, um diesen Entschluss zu untermauern. Ben lässt sich die Einladung des erfrischenden Quellwassers nicht entgehen und kühlt sich schon Hals über Kopf ab, bevor Máel auch nur Halt, Sitz oder Platz sagen kann. Zum Glück verschreckt er damit nicht ihr Abendessen, dass Niniane und Raven im Wasser entdecken. Bachforellen! Und während sich die Männer um den Aufbau der Zelte kümmern, beweisen die Beiden ihr Geschick beim Fischfang mit der bloßen Hand. Fasziniert beobachtet der Elf, wie ein Fisch nach dem anderen im Gras landet, bis die beiden Frauen mit ihrer Ausbeute zufrieden sind. Doch dann verschwinden Morgana und er für eine Weile zwischen den hellen Stämmen des Birkenhains, um ein paar ruhige Minuten für sich zu haben. Morganas braune Stute und Hestur weiden, mit Fußfesseln am Fortlaufen gehindert, friedlich mit der restlichen Herde. Ohne Sattel und Zaumzeug könnte man fast meinen, eine Schar Wildpferde würde die Lichtung für sich beanspruchen.

Das frisch verliebten Paar braucht nicht viel zu reden, und als Máel sie mit verschmitztem Lächeln und den Worten „Ich warne Dich, ich brauche mehr als dringend ein Bad!“ in seine Arme zieht, während Morgana ihre baren Füße ins kühlen Wasser taucht, winkt sie nur kichernd ab und entgegnet ihm „Ich sicher nicht weniger!“. Ihre Lippen finden sich zu einem Kuss, der die Zeit anhält und es einen Wimpernschlag nur sie beide gibt, bis sie eng umschlungen das glitzernde Naß beobachten, das sich flink seinen Weg durch moosüberzogene, runde Steine und Wurzelwerk sucht. Der Duft von gegrilltem Fisch erinnert daran, wie hungrig sie eigentlich sind,  und als Ben mit Lupin im Schlepptau auftaucht, um sie zum Essen abzuholen, verrät ihr fischiger Atem, das sie bereits ihren Anteil am Abendessen bekommen haben. „Ich weiß, wer heute Nacht draußen schläft, egal wie schlimm das Wetter auch wird!“ Máel schiebt den großen, schwarzen Hund energisch zur Seite, als Ben seinem Herrn seine Zuneigung mit einem feuchten Kuss zeigen möchte, und der Elf beeilt sich, um mit Morgana auf die Füße zu kommen.

Das Magenknurren der Heilerin spricht nur das aus, was jeder bei dem Anblick des frisch gegrillten Fisches denkt. Wann gibt es endlich etwas zu essen!? Máel läuft schon allein beim Gedanken an das zarte Fleisch das Wasser im Munde zusammen, und als er dann auch noch frisches Elbenbrot entdeckt, dessen Teigspiralen sich wie Schlangen um verschiedene Stöcke winden, knurrt auch sein Magen nicht weniger laut. Sie lassen sich neben Kaney, Caewlin und Raven nieder, die sich gegen die breite Brust ihres Mannes lehnt und auf seine Frage, wann sie den Heideweg erreichen, antwortet, dass es laut Niniane und Borgil morgen im Laufe des Tages soweit sein müsste. Máel weiß nicht, wie weit das Grab von Phelans Sohn noch vom Heideweg entfernt ist, aber Morganas tiefer Atemzug sagt ihm, was dieser Tag für sie bedeutet. Das Ende eines Abschnittes und der Beginn eines neuen. Eines Abschnitts, den er mit ihr und Ian verbringen will. >>Ich bin froh wenn der Tag morgen vorbei sein wird.<< Er lächelt unter ihrem zarten Kuss, als er ihr ebenso leise antwortet: „Ich weiß, mein Engel! Und ich freue mich, dass ich bei diesem schweren Weg an Deiner Seite sein darf.“ Morganas Trauer hatte sich die Reise über ein wenig gelegt, und zu ihrer Erleichterung hatte sie bemerkte, dass niemand sie wegen ihrer neuen Begleitung schief gemustert hatte, und auch Máel hatte das erfreut zur Kenntnis genommen. „Wenn wir gegessen haben, sollten wir Niniane fragen, ob sie uns noch ein wenig Wasser in diesem kleinen Becken unter dem Wasserfall lässt, bis sie mit ihrem Bad fertig ist!“, feixt er in die Richtung der Waldläuferin, die sichtlich unzufrieden mit ihrer Rolle als Fischfrau ist, und sich die Finger am Gras abwischt. „Ich bin gespannt, wann es die Anderen zurück ans Feuer zieht. Aber vielleicht haben sie ja auch gar keinen Hunger.“ Er zwinkert in die Runde, denn auf einen Bissen Fisch würde wohl niemand freiwillig zu Gunsten von Trockenfleisch verzichten.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 04. Juli 2005, 23:42 Uhr
Borgil steht noch im Schatten einer Birke, angelehnt an ihren Stamm und schmaucht seine Pfeife in aller Ruhe, als ihn verführerischer Essensduft in die Gänge bringt. Er bläst einen ganz und gar wundervollen Rauchring in die warme Abendluft - noch hält das Wetter und das Tal, in dem sie ihr Lager aufgeschlagen haben, ist voller goldenen Lichts und friedlich grasender Pferde - froh, nicht mehr auf einem schwankenden Pferderücken herumrutschen zu müssen. Obwohl er durchaus reiten kann, es nur viel zu selten tut, den Göttern sei Dank, ist ihre kleine Reise zeitweise wirklich unangenehm gewesen. Schließlich ist er ja auch ein Zwerg, kein Tharndrakhi, der praktisch schon im Sattel zur Welt kommt. Mein armer Hintern! Diesen jammervollen Gedanken hegt und pflegt er jeden Abend, wenn er endlich von Bildurs breitem Rücken herunterkommt, auch heute, ganz und gar glücklich, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Sonst gewöhne ich mich am Ende noch daran... Mit einem unfrohen Grinsen klopft er seine Pfeife aus und kichert dann grollend in sich hinein, weil er sich an Ravens freche Worte erinnert, als er kurz nach ihrer Ankunft hier, steifbeinig an ihr vorbeigestakst war. >Tja, nun siehst du selbst, wie es ist, wenn man nicht sitzen kann,<  hatte ihm das impertinente Weibsbild grinsend hinterhergerufen. Und dann noch: >Nur möchte ich wetten, dass die Gründe, die ich dafür hatte, weitaus angenehmer waren.< Das hatte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen, sich umgewandt und mit hochgezogenen Brauen, unschuldig aufgerissenen Augen und honigsüßer Stimme gefragt: "Wie jetzt...? Grade mal seit zwei Wochen vermählt und du kannst schon wieder sitzen...?"
Als er jetzt ins Lager stapft und sich die aufgebauten Zelte und die beiden am Feuer  so ansieht, beschließt er im Stillen, sich mit Raven übers Sitzen morgen noch einmal ausführlicher zu unterhalten.

Maél und Morgana haben sich ebenfalls schon eingefunden, genauso wie Kaney, der die Fische auf dem Rost ansieht, als wolle er sie beschwören, schneller zu braten, Niniane kümmert sich um Stockbrot und Forellen und von Olyvar, Cron, Arwen und Aurian ist weit  und breit nichts zu sehen. Der Tronjer allerdings ist immerhin wenigstens zu hören, denn er rumort laut genug in seinem und Ninianes Zelt, um sich bemerkbar zu machen. Mit einem leisen Seufzen lässt Borgil sich auf der anderen Seite der Feuergrube nieder, streckt die schmerzenden Beine aus und lehnt sich mit dem Rücken an einen der Holzklötze, die er vorhin zurechtgehauen und hergerollt hatte. Er hört gerade noch Caewlins letzte Frage, ob es auf dem  Heideweg selbst noch weit bis zum Grab von Phelans Jungen sei und schüttelt gleichzeitig mit Niniane den Kopf. Allerdings ist es die Waldläuferin, die antwortet, es seien nur ein paar Wegstunden. "Ich würde vorschlagen," brummt Borgil, während Niniane die erste Forelle für fertig erklärt, sie auf einen flachen Holzteller legt, ein Stück Stockbrot abbricht und alles Kaney reicht, "ich würde vorschlagen, wir brechen unser Lager hier gar nicht ab, wenn der Weg nicht mehr so weit ist, sondern reiten von hier aus nur mit Phelans... nun ja mit Phelan eben weiter, beerdigen ihn und kehren wieder hierher zurück. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich glaube, wenn wir ihn ah..." leicht hilflos und mit zweifelndem Blick sieht er Morgana an, deren Gefühle er auf keinen Fall verletzen will, allerdings gibt es keine feinfühligere Art, das auszudrücken, was er sagen möchte, "äh... unter die Erde gebracht haben, dann brauchen wir alle einen ruhigen Abend an einem warmen Feuer und ein paar Stunden Zeit, unsere Gedanken zu ordnen, ehe wir  wieder aufbrechen und stundenlang durch die Gegend hoppeln. Oder? Ich meine, die Rossknechte, die Olyvar mitgenommen hat, könnten hier bleiben und auf alles achten und wir mit dem Wagen und mit leichtem Gepäck dorthin reiten... wo immer der Ort auch ist. Ist nur ein Vorschlag, aber... was denkt ihr?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 05. Juli 2005, 00:16 Uhr
Während sich die anderen schon am Feuer um einen Rost voll vor sich hinbrutzelnder Forellen und Stockbrot versammeln, Cron in seinem Zelt herumfuhrwerkt, die Rossknechte noch einmal die Pferde tränken und Arwen mit den beiden jappenden Hunden das Lager in nördlicher Richtung und zum Bachlauf hinab verlässt, ist Olyvar in seinem Zelt und schält sich aus seinem staubigen Kleidern. Er ist ebenso hungrig, wie jeder der anderen nach einem langen Tag im Sattel, aber er starrt vor Dreck, hat ein halbes Dutzend Zelte mit aufgebaut, die Pferde mitversorgt und die Futtersäcke herumgeschleppt - er würde auf jeden Fall erst ein Bad nehmen, ehe er sich irgendwo hinsetzen, etwas essen, gesellig sein und sich unterhalten würde. Mit einem Handtuch um die Hüften und einem Stapel frischer Kleidung über dem Arm verlässt er also sein Zelt und macht sich im letzten Dämmerlicht auf den Weg zu dem Steinbecken unterhalb des kleinen Wasserfalls, nicht ahnend, dass Aurian bereits denselben Gedanken hatte und schneller war als er. Das Gras, das zwischen den schlanken, goldgesäumten Birkenstämmen wächst, ist lang und hoch, ein wogendes goldgrünes Meer auf dessen Spitzen sich das Licht fängt und sie zum Leuchten bringt. Er hängt seinen Gedanken nach, die wie stets in letzter Zeit um das seltsame Verhalten seiner Frau kreisen, um ihre Schweigsamkeit und ihr Insichgekehrtsein, als er unvermittelt zum Wasser kommt und ein leises Platschen ihn aufblicken lässt. Abrupt zum Stehen gebracht durch den Anblick von Aurians nassem, schmalem Rücken, der keine vier Schritt entfernt von ihm aus dem Wasser auftaucht, erstarrt er.

Dann räuspert er sich vernehmlich.  "Ahem." Aurian verschwindet mit einem erschrockenen Quietschen bis zum Kinn im dunklen Wasser und wendet den Kopf. "Tut mir leid," er zuckt mit den Schultern und grinst entschuldigend. "Ich wusste nicht, dass äh... die Wanne schon besetzt ist." Sein Blick fällt auf ein unordentliches Kleiderbündel direkt zu seinen Füßen und schweift dann die rauschenden Kaskaden und den oberen Bachlauf hinauf auf der Suche nach einem möglichen Ersatz für seine abhanden gekommene Badegelegenheit. Mist. So gern er Schmutz und Schweiß losgeworden wäre, er würde ganz bestimmt nicht in einem knöcheltiefen, eiskalten Bachlauf ein Sitzbad nehmen. Außerdem hatte er vorhin Arwen mit den Hunden dort oben gesehen, die die Gelegenheit vielleicht ebenso nutzen wollte und jetzt in wer weiß welchem Bekleidungszustand wäre. Und wenn er jetzt in seinem Bekleidungszustand ins Lager zurückkehren würde und Aurian dort fünf Minuten später in ihrem Bekleidungszustand auftauchen würde, dann... Herrje. Festgenagelt. "Äh... hm. Mmpf." Er wirft einen zweifelnden Blick über die Schulter und sieht die anderen in friedlicher Eintracht am Feuer sitzen. "Ifrinn!" Murmelt er. Dann entschließt er sich zur Flucht nach vorn. "Äh... ich will bestimmt nicht unhöflich sein, aber willst du dich noch lange da drin marinieren?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 05. Juli 2005, 20:31 Uhr
Beim Putzen und Ausnehmen der Fische liegt Stelze wie hingegossen im Gras zu ihren Füßen und die glänzend bernsteingoldenen Hundeaugen unter den zottigen Stirnfransen verfolgen konzentriert jede einzelne Bewegung - es könnte ja immerhin sein, dass eine der beiden Frauen versehentlich eine der Forellen fallen lässt und die würden er und sein hungriger Magen sich auf keinen Fall entgehen lassen. Bis auf die Innereien ist für die Vierbeiner jedoch nichts zu holen und das Einzige, was auf Stelze niedergeht, ist ein silbrig schillernder Schuppenregen, als Raven ihr Hemd ausschüttelt, so dass er sich mit beleidigter Miene zu Caewlin hinübertrollt, der sich, Akira zu seinen Füßen, inzwischen neben ihnen am Feuer niedergelassen hat. Raven kann spüren, dass er sie beobachtet und tauscht ab und zu einen funkelnden Blick mit ihm. Es macht sie ganz kribblig, wenn er sie so ansieht und sie hat das Gefühl als wären all ihre Nervenenden auf einmal zu Zündschnüren geworden, die er mit diesem verflixten halben Lächeln und dem glitzernden Türkisblau seiner Augen binnen eines Herzschlages lichterloh in Brand gesteckt hat. Im Moment bleibt ihr aber nichts anderes übrig, als das flatterige Hüpfgefühl in ihrer Magengrube zu ignorieren und sich um die Fische zu kümmern. Nachdem auch die letzte Forelle, gesalzen und in Maismehl gewendet, ihren Weg auf den Rost gefunden hat, sehen Niniane und sie wirklich aus wie Fischweiber aus dem Perlenhafen - und vermutlich riechen sie auch so. Aber niemand scheint sich sonderlich daran zu stören und immerhin sind sie in bester Gesellschaft, denn nach den Strapazen eines mehrtägigen Rittes unter sengender Sonne und ohne ordentliche Waschgelegenheit sieht keiner der hier am Feuer sitzenden mehr so taufrisch aus wie der junge Frühling.

In ihrem kleinen Feldlager scheint das Becken unterhalb des Wasserfalls deswegen auch in der Rangordnung der beliebtesten Plätze dem Grillrost mit den duftenden Forellen in nichts nachzustehen, und offenbar haben alle gleichzeitig den gleichen Gedanken, denn der Andrang dort scheint fast ebenso groß zu sein wie der um das knisternde Feuer. Als erste war Aurian Richtung Wasserfall verschwunden, gleich darauf hatte sich Arwen vom Feuer erhoben und als nun auch noch Olyvar, barfuß und nur mit einem Leintuch um die Hüften, in einiger Entfernung an ihnen vorbeischlendert und dabei zielstrebig auf das Steinbecken zuhält, wandern Ravens Brauen unmerklich in die Höhe und ein belustigtes "Na, aber hoppla" schießt ihr durch den Kopf, während sich ein Schmunzeln in ihren Mundwinkeln zeigt. Sie säubert sich die Hände einstweilen notdürftig in einem der Wasserkübel, denn das 'Bad' scheint sich im Moment wirklich in einem Dauerbelegungszustand zu befinden. Irgendwann im Laufe des Abends würde sich aber hoffentlich noch die Gelegenheit zu einem Bad oder wenigstens zu einer ausgiebigen Wäsche im Bach ergeben, denn so staubig und verschwitzt will Raven keinesfalls in das Zelt kriechen, das sie sich mit Caewlin teilt. Aus Ninianes schier unerschöpflichem Fundus an geheimnisvollen Töpfchen und Tiegeln, Phiolen mit Duftwassern und Badeölen, den sie in ihrem Baum hortet, hatte sie ein kleines Stück Seife mitgenommen, das fein nach Honig und nach Mandelblüten riecht, und sie ist fest entschlossen, es auch zu benutzen, selbst wenn es bedeuten würde, die halbe Nacht auf ein freies Wasserbecken warten zu müssen.

Allmählich treibt der Geruch der brutzelnden Forellen die hungrige kleine Reisegesellschaft an der Feuergrube zusammen und auch Morgana und Maél gesellen sich zu ihnen. Niniane befindet nach einem kritischen Blick den ersten Fisch für gar und essbar, nimmt ihn vom Rost, legt ihn mitsamt einem Stück Brot auf eine Holzplatte und reicht sie an Kaney weiter, um sich sogleich um den nächsten hungrigen Magen zu kümmern und nach und nach alle, die sich inzwischen um das Feuer versammelt haben, mit Futter zu versorgen. Auch Cron kommt von den Zelten her zu ihnen herüber und als schließlich auch noch Borgil auftaucht und sich, eine gewaltige Wolke Pfeifentabaksduft hinter sich her ziehend, ebenso wie der Tronjer auf der anderen Seite der knackenden Glut niederlässt, rutschen bereitwillig alle ein wenig zusammen. Raven nutzt die Gelegenheit und setzt sich zu ihrem Mann hinüber und sein leises Lachen und sein warmer Atem auf ihrem Hals reichen aus, die glimmenden Zündschnüre auf der Stelle wieder in einen auflodernden Flächenbrand zu verwandeln. Sie lehnt sich an Caewlins Brust, verwebt ihre Finger mit seinen und während ihr Blick sich über das Feuer hinweg im Nirgendwo verliert, sind all ihre anderen Sinne vollauf damit beschäftigt, sich nach hinten und auf ihren Mann zu konzentrieren. dessen Nähe ihr einen Wonneschauer nach dem anderen über das Rückgrat krabbeln lässt. Sie nimmt von Niniane die inzwischen ziemlich knusprig gewordene Urmutter aller Forellen entgegen, die sie sich schließlich mit Caewlin teilt. "Ich wusste gar nicht, dass Elben so lustige Brote backen können", kichert sie und betrachtet erheitert das geringelte Stockbrot, das Niniane ihr noch reicht, während sie auf dem Holzteller den köstlich duftenden Fisch zerlegt. Caewlins Blick dagegen ist eher skeptisch und er beäugt das Brot so misstrauisch wie alles, was elbischen Ursprungs ist, bis Raven schließlich grinsend mit einem Blick über ihre Schulter versichert: "Man kann es wirklich essen, ohne sich dabei in eine Kröte zu verwandeln." Während sie sich hungrig über den Fisch hermachen, lauschen sie dem Vorschlag des Zwergs, das Lager gar nicht erst abzubrechen, sondern in der Obhut der Rossknechte zu lassen, bis sie von der Bestattung zurückgekehrt sind. Der Weg zu der Stelle, an der Phelan beigesetzt werden soll, ist nicht sonderlich weit, wie Borgil und Niniane verkünden, so dass sie am Abend schon wieder zurück sein könnten. "Klingt gut", murmelt Raven, während sie an einer Gräte herumzaust. "Vor allem kämen wir zeitig los, ohne dass wir erst die Zelte abbauen und die Pferde beladen müssten. Warum also nicht?" Sie wirft einen vorsichtigen Seitenblick zu Morgana hinüber und wendet sich dann wieder Borgil und der Waldläuferin zu. Vermutlich ist es furchtbar taktlos, zu fragen, aber ... "Was ist mit Phelans Sohn denn eigentlich passiert?" Einen Augenblick lang muss sie an Brynden denken, dieses fröhliche, plappernde Energiebündel, das sie viel mehr vermisst, als sie zugeben würde, und sie fragt sich, welches Schicksal so grausam sein kann, einen die eigenen Kinder sterben sehen zu lassen. "Ich meine .... woran ist er gestorben? Er war doch noch nicht sehr alt, oder?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 05. Juli 2005, 21:34 Uhr
Am Wasserfall

Aurian genießt das kühle Nass, das sanft ihren Körper umspielt. Sie hat das Gefühl, Muskeln zu spüren, von denen sie keine Ahnung hatte, dass sie überhaupt existieren. Und müde, so müde wie jetzt hat sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Schläfrig beobachtet sie eine Bachstelze, die ohne jegliche Scheu am Ufer umher trippelt, als ein plötzliches Räuspern sie zusammenzucken lässt. Der Vogel verschwindet blitzschnell, ob nun aufgeschreckt von dem mit einem Mal auftauchenden Eindringling oder von dem erschrockenen Quicker, mit dem das Mädchen bis zum Hals untertaucht, kann man nicht genau sagen. Der Störenfried entpuppt sich als der Lord Commander und als Aurian verlegen über die Schuler linst und Olyvar so, nur mit einem Leinentuch um die Hüften vor sich sieht, wird ihr die Situation noch eine Spur peinlicher. Knallrot ist sie und verlegen wendet sie sich rasch wieder ab. Aber auch dem Commander scheint es nicht viel besser zu gehen, den er steigt nervös von einem Fuß auf den anderen und seine Stimme hat einen eindeutig belegt, verlegenen Unterton. >Äh... ich will bestimmt nicht unhöflich sein, aber willst du dich noch lange da drin marinieren?< Aurian wird noch eine Spur röter. „Ähh ...nein .. ich bin gleich draußen...ich meine.. ich...ähhh.“ Sie atmet tief durch und setzt dann, mit doch etwas weniger Gestotter, zu einer vernünftigen Antwort an. „Ich wollte ohnehin schon gehen, wird langsam kalt. Nur...“ Sie sieht ihn mit hochgezogenen Augenbraun über die Schulter an. „...jetzt sitz ich fest. Ihr müsst euch mindestens..“ dieses Wort betont sie fast schon zu deutlich“ ...umdrehen.“ So selbstsicher wie sie tut ist sie aber bei weitem nicht. Ihre Augen flackern unsicher und eine feine Röte überzieht ihr Gesicht. Und daran ist nicht nur die jetzige Situation schuld: Seit den Vorkommnissen in der Kanalisation hatte sie noch nicht unter vier Augen mit ihrem Vorgesetzten gesprochen. Alles was er von den Geschehnissen wissen konnte, wusste er aus zweiter Hand. [i]Wie viel ist zu ihm durchgedrungen? Weiß er, dass ich Blutaxt bei lebendigem Leib geröstet habe, das ich einen Teil der Kanalisation einstürzen ließ und beinahe den Sturmender und seine neue Frau getötet hätte? Wird er mich in seinem Dienst halten, so mit dieser zum Teil so unkontrollierten Magie in mir?“ Tausend Fragen, die ihr im Kopf herumfliegen, in Sekunden, die ihr erscheinen wie Stunden.
Olyvar wendet sich um und zögernd steigt Aurian aus dem Wasser, nachdem sie sich das mitgebrachte Tuch gegrapscht hatte und dieses eilig um den schmalen Körper schlingt.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 05. Juli 2005, 23:31 Uhr
Am Lagerfeuer


Borgils Vorschlag hat etwas für sich und Niniane nickt dazu nur, während sie Forellen wendet und dabei nach Cron Ausschau hält. "Ich wäre dafür," murmelt sie, pustet sich die Finger und legt Holz nach. Auch Morgana und Maél nicken. "Es ist wirklich nicht mehr weit..." sie wirft einen prüfenden Blick zum Himmel. "Heute nacht wird es mit Sicherheit wie aus Kübeln gießen, irgendwann nach Mitternacht, wenn ich mir diese Wolken da im Osten so ansehe. Aber ich kann unmöglich sagen, wie lange es regnen wird." Sie grübelt noch über Borgils Worte nach, und fragt sich, ob auch Arwen und Olyvar damit einverstanden wären, als Ravens Frage sie aufblicken lässt und aus ihren Gedanken reißt. Was geschehen ist? Aethling... Niniane tauscht einen Blick mit Cron, der sich gerade zu Borgil setzt und reicht ihm einen Fisch und ein Stück Brot, so wie sie nacheinander alle fertigen Forellen an die hungrige Meute ringsum verteilt und jene, die noch nicht gar sind, an den Rand des Rostes schiebt, um sie dort langsam fertig zu braten für Arwen, Olyvar und Aurian, die sich noch am Bach herumtreiben.  Dann setzt sie sich mit ihrem eigenen Holzteller zu Cron, balanciert ihn auf ihren Knien und zieht ihren Munddolch, um den Fisch zu entgräten. "Phelans Sohn hieß Aethling," beginnt sie schließlich zu erzählen. Sie lächelt Raven ein wenig traurig zu, aber ihre Worte richten sich an alle. "Er war... er war vielleicht kein Kind mehr, aber er war viel zu jung zum Sterben." Einen Moment lang blickt sie in den Abendhimmel. Den ganzen Tag war er dick und blau wie Creme, jetzt wirkt er hoch und dünn. Im hohen Gras stimmen die Grillen ihre Zwielichtgesänge an und die Nacht steigt endgültig auf. "Ich lernte Phelan kennen am Sommerfest vor zwei Jahresläufen. Natürlich hatte ich schon vorher dies und das über den Protektor des Südlichen Larisgrüns gehört, aber persönlich hatte ich ihn noch nie getroffen. Ich war sehr überrascht, als er nach dem Buhurt..." sie sucht Caewlins Blick und sieht dann Cron an und lächelt bei der Erinnerung an die stahlklirrende Prügelei, die sich die beiden mit einem halben Hundert anderen Kämpfern geliefert hatten. "...nach dem Buhurt auf mich zukam und mich um Hilfe bat.

Es war der Sommer vor dem Feldzug gegen die Narge, gerade zu der Zeit, als die Gerüchte über marodierende Banden von ihnen im Grenzland sich häuften, wisst ihr. Phelan berichtete mir von einigen Kämpfen, die er und seine Männer schon mit kleineren und größeren Nargtruppen gehabt hatten, und bat mich, zum Heideweg zu kommen, und mir die Sache vor Ort anzusehen. Also ritten wir hin, Cron und ich. Es war... es war etwa um diese Zeit, in der Stunde des Zwielichts, als wir ein paar Tage später dort ankamen und Aethling, Phelans Sohn, lag im Sterben. Phelans Männer hatten in den Tagen, in denen er nach Talyra gezogen war, um Hilfe zu holen, gegen ein paar Narge gekämpft, die sich weit nach Osten ins Larisgrün vorgewagt hatten. Vier seiner Waldläufer waren dabei gefallen und  sein Junge war tödlich verwundet worden. Es war klar, dass er die Nacht nicht überstehen würde und Phelan... ich glaube, irgendwann in diesen Stunden, als er auf den Tod seines Sohnes gewartet hat, ist auch der beste Teil von ihm gestorben. Aethling war gerade fünfzehn Winter alt. Wir haben ihn unter einer hohen, alten Blautanne begraben, dort wo Phelan und seine Männer ihr Lager hatten. Am nächsten Morgen spürten wir die Narge auf und..." ein Schatten huscht über ihr Gesicht. Cron hatte ihr verboten, mitzukämpfen, hatte sie angefleht, im Hintergrund zu bleiben und sie hatte alle seine Worte in den Wind geschlagen und war mitten im Kampfgeschehen gewesen. "Damals war ich schon mit Shaerela schwanger, wusste aber nichts davon... oder besser gesagt, ich weigerte mich standhaft, es zu glauben, schließlich hatte ich gemeint, nie Kinder zu haben." Sie zuckt mit den Schultern. Sie hatte einfach nicht glauben wollen und können, ein Kind zu erwarten und folglich auch nicht im Geringsten auf sich geachtet... und sie war bei den Kämpfen keineswegs ungeschoren davongekommen. Sie war zwar nicht ernsthaft verletzt worden, aber sie hatte einige kleinere Wunden und schmerzhaft geprellte Rippen davongetragen... und gut die Hälfte ihres langen Zopfes verloren. Nicht auszudenken, was geschehen hätte können, wenn...

Das hätte ich mir nie verziehen. Und es war Phelan, der es mir sagen musste. "Jedenfalls machten wir ihnen den Garaus," fährt sie fort und mildert den nachdenklichen Ernst ihrer Stimme mit einem Lächeln ab, das zu einem katzenhaften Grinsen wird, als sie naserümpfend hinzufügt. "Ihr könnt Euch vorstellen, wie Cron getobt hat. Er hatte nämlich keine Schwierigkeiten damit, zu glauben, ich sei schwanger," kichert sie, "nachdem ich mir schon seit Wochen die Seele aus dem Leib gespuckt hatte." Sie weicht elegant einem drohend in ihre Richtung geschwenkten Stück Brot aus und lehnt sich dann grinsend an ihn. "Nun ja, am Abend darauf hat mir Phelan dann versichert, ich erwarte ein Kind." Sie tauscht einen Blick mit Morgana, die als Heilerin und Mutter nachvollziehen können dürfte, was in ihr vorgegangen sein muss. "Ihr könnt Euch vorstellen, wie erschrocken ich war, schließlich hatte ich mitgekämpft. So recht glauben wollte ich es immer noch nicht, aber Phelan war ein Heiler.... oder nein, eigentlich war er kein Heiler, aber er hatte heilende Kräfte. Ihm musste ich glauben. Er ist dann mit uns nach Talyra zurückgekehrt und eine Weile war er Gast in meinem Baum. Und dann kam Wegesend..." Sie stochert mit ihrem Dolch in den Resten ihrer Forelle herum und wirft den Kopf dann den Hunden zu, die gierig danach schnappen. "Aber das ist eine andere Geschichte." Über Wegesend würde sie kein Wort verlieren. Wenn jemand das Recht hatte, darüber zu sprechen, dann Arwen und sie kann sich nicht vorstellen, dass die Elbin das vorhat. "Phelan war ein feiner Kerl. Ein guter Freund und ein guter Waldläufer. Er hat Anukis sein Leben lang gedient, er hat einen Sohn groß gezogen und ihn verloren... aber in Talyra ist er nie heimisch geworden. Die Stadt blieb ihm immer fremd. Oh, er hat es versucht... aber wirklich dort hingehören wollen hat er nie." Sie steht auf, geht zu ihrem Zelt und holt einen Weinschlauch mit Sommerwein, den sie entkorkt und dann herumgehen lässt, dann sammelt sie mit Morganas Hilfe das Geschirr ein und bringt den Rossknechten, die sich im Hintergrund herumdrücken und nicht dazu zu bewegen sind, sich mit ans Feuer zu setzen, Forellen und Stockbrot und sieht noch einmal nach den restlichen Fischen. "Ich hoffe, die Wasserratten kommen bald von ihren Badeorgien. Sonst ist der Fisch zerfallen und das Stockbrot nur noch Kohle."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 06. Juli 2005, 22:04 Uhr
Am Lagerfeuer


Cron hat die Beine ausgestreckt und widmet sich seiner Forelle, während Niniane von ihrem Abenteuer mit Phelan und seinen Waldläufern auf dem Heidweg im Sommer vor zwei Jahren erzählt. Ab und an lassen ihn ihre Worte jedoch aufblicken und vielsagende Grimassen in ihrem Rücken schneiden oder das eine oder andere Wort hinzuzufügen. Als sie indigniert bemerkt: > Ihr könnt Euch vorstellen, wie Cron getobt hat. Er hatte nämlich keine Schwierigkeiten damit, zu glauben, ich sei schwanger.<, kann er ihr Naserümpfen in jedem Wort hören, obwohl er ihr Gesicht nicht sieht. "Natürlich nicht," schnaubt er, aber um seinen Mund liegt eindeutig ein amüsierter Zug, während er ihr mit seinem Stockbrot droht. "Schließlich hast du mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit dein Frühstück wieder von dir gegeben und kein Mieder mehr zugebracht. Sie hielt unsere Tochter vier Monde lang für eine Magenverstimmung," fügt er grinsend hinzu und schiebt sich ein weiteres Stück Fisch in den Mund. Forellen mit dem Munddolch zu entgräten ist eine langwierige Prozedur, aber es lohnt sich, denn das weiche, weiße Fleisch ist mehr als gut und die Haut schön knusprig. Das Stockbrot schmeckt zwar anders als das weiße Brot, das er kennt, aber keineswegs schlecht und er kaut langsam und bedächtig. Niniane setzt sich neben ihn und spricht noch ein wenig über Phelan, während sie essen und die Nacht endgültig hereinbricht und die Sonne sich im Westen hinter die Baumwipfel senkt. Wegesend... Nach allem, was dort geschehen war, kann er verstehen, dass Niniane nicht darüber sprechen will, aber als er den Kopf hebt und Caewlins Blick über Ravens dunklen Haarschopf hinweg begegnet, erinnert er sich wie der Sturmender an ihre seltsames Abenteuer in jenem Gasthaus nördlich von Talyra. Was für eine Prügelei...  und Caewlin hatte es ganz schön erwischt, Kalmir mit seinem verfluchten Speer. ... Trotzdem überwiegt jetzt Belustigung bei dem Gedanken daran, wie sie den Gastraum gestürmt hatten, wie der arme Wirt geschlottert hatte vor Angst und Sol... "Eine Schande, dass Sol nicht in der Stadt ist. Hoffentlich kehrt er von seiner Reise bald zurück..." murmelt er halblaut. Er hatte so etwas läuten hören, aber das war schon Monde her, dass der Schmied für eine Weile die Stadt verlassen hatte.

>Phelan war ein feiner Kerl. Ein guter Freund und ein guter Waldläufer. Er hat Anukis sein Leben lang gedient, er hat einen Sohn groß gezogen und ihn verloren... aber in Talyra ist er nie heimisch geworden. Die Stadt blieb ihm immer fremd. Oh, er hat es versucht... aber wirklich dort hingehören wollen hat er nie.< "Aye, Cariad, da hast du wohl recht. Sicher ist es für einen Waldläufer schwierig, seine Wälder zurückzulassen, aber Götter... Talyra ist umgeben von Wald. Einem riesigen Wald. Er hätte nichts vermissen müssen, wenn er wirklich gewollt hätte." Feuerfunken tanzen aus den Flammen in den lavendelfarbenen Himmel und über ihnen blinken die ersten Sterne auf überall dort, wo der Himmel hinter treibenden Wolkenfetzen zu sehen ist. Niniane holt einen Weinschlauch und einen Schluck Sommerwein, um alles hinunterzuspülen nimmt er gern an, dann reicht er den ledernen Schlauch an Borgil weiter, der sich gerade mit einem unterdrückten Rülpsen den Bart wischt und seinen leeren Teller von sich schiebt. Seine Fischreste bekommen die Hunde, ebenso wie die Ninianes und des Zwergen, allerdings nur die Köpfe. "Gut war das, Nan." Er beugt sich zu ihr und küsst sie, dann lässt er sich über den Baumstamm rutschen, bis er im weichen Gras sitzt und sich mit dem Rücken dagegen lehnen kann. Niniane versorgt die Rossknechte des Lord Commanders mit Fischen, stapelt die Holzteller aller, die schon fertig sind, in einem Weidenkorb und wirft dann einen prüfenden Blick auf den Rost. > Ich hoffe, die Wasserratten kommen bald von ihren Badeorgien. Sonst ist der Fisch zerfallen und das Stockbrot nur noch Kohle.< "Das hoffe ich auch... ich würde gern noch ein Bad nehmen, bevor es regnet. Komm her zu mir, Cariad und lass den Fisch Fisch sein. So schnell wird er schon nicht verschmoren." Er streckt einen Arm nach ihr aus und zieht sie am Hosenbund zu sich. "Wie sieht es aus? Losen wir darum, wer als nächster zum Bach geht oder können wir uns einigen?" Er blickt mit einem Lächeln in die Runde und sieht der Reihe nach alle an. Ein Bad wollen sie wohl alle gern nehmen, ganz abgesehen davon, dass sie es alle brauchen – doch so wie es aussieht, ist das Steinbecken im Augenblick noch belegt. Nicht mehr lange, hoffe ich. Olyvar muss doch schon Schwimmhäute haben... "Wo steckt eigentlich Arwen?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 06. Juli 2005, 23:00 Uhr
Es sind kaum zwanzig Schritt, bis Arwen den sanften grünen Schatten unter den weißen Birkenstämmen erreicht, zwischen denen sich der Bach lustig über Steine und Kiesel murmelnd seinen Weg sucht. Lavendelfarbene Wolkenbänke ziehen den aufkommenden Regenwolken voran über den sich langsam verdunkelnden Himmel und bringen eine milde Abendbrise mit sich, die vom frischen Geruch des Frühsommers durchdrungen ist, Blattgrün, reifende Walderdbeeren irgendwo in der Nähe, feuchtes Moos auf und zwischen den Steinen am Bachufer und der Duft nachtblühender Pflanzen, die langsam ihre Blüten öffnen.
Schon seit sie von den Hunden mehr oder weniger freiwillig geduscht wurde, ist sie entschlossen gewesen, sich ein Bad zu gönnen. Genau genommen eigentlich schon vorher, seit das Tal mit seinem frischen, weichen Gras, dem Bach und dem unverkennbaren Klang von Wasser das über Felsen rauscht und wieder auf Wasser trifft geradezu danach gerufen hat, das Lager hier aufzuschlagen. Denn obgleich sie unterwegs ebenso wie die anderen jeden Bach oder Wasserlauf genutzt hatte um sich zu waschen so gut es eben ging, ist Veilchenduft ganz bestimmt etwas anderes als das was sie jetzt umgibt. Sie ist verschwitzt und ihre Haare sind mindestens ebenso staubig wie ihre Kleidung. Doch das wird wohl noch warten müssen... Ihr Weg hat sie durch den Birkenhain geführt, immer den Geräuschen fallenden Wassers nach. Ein verlockendes Geräusch. Das Versprechen von Frische, Kühle und Sauberkeit. Doch noch ehe sie noch das Becken unter der Wasserkaskade erreicht hat, lassen Stimmen sie im Schritt verharren. Oh... Olyvar…. Und wie es scheint ist Aurian uns allen zuvor gekommen... Soweit sie das mitbekommt, ist die Situation den beiden da im und am Wasser schon unangenehm genug, und um sie nicht noch peinlicher werden zu lassen, tritt die Elbin mit ihren Hunden den Rückweg an, lautlos, und ohne ein Wort von sich zu geben oder sich bemerkbar zu machen. Und den Göttern sei Dank, folgen die Hunde ihr ebenso lautlos. Mit einem stummen Seufzen ob des entgangenen Bades folgt sie ihrer eigenen Spur zurück bis sie wieder auf den Bachlauf trifft. Einen kurzen Moment zögert Arwen, sieht hinüber zum Lagerplatz, hört die Stimmen jener, die dort um das Feuer sitzen und kann auch den Duft der bratenden Fische riechen.

Aber nach der Enttäuschung des entgangenes Bades scheinen ihr die verschwitzen Kleider überdeutlich an der Haut zu kleben. Sie fühlt sich derart unwohl darin, dass sie fest entschlossen ist, sich nicht zu den anderen ans Feuer zu setzen und zu essen, ehe sie sich nicht gewaschen und umgezogen hat. Da das Becken vermutlich eher wegen Überfüllung geschlossen wird, als dass sie es in absehbarer Zeit wird nutzen können, wendet Arwen sich weiter nach Norden und folgt dem Bachlauf weiter in den Birkenhain hinein, weg vom Lager. Die beiden Hunde laufen mal einige Schritte voraus, mal direkt neben ihr, und während Laon immer wieder einen Abstecher in den Bach macht, scheint Nuba das Bad vorhin mehr als gereicht zu haben. Und Soris, die Glücksmaid ist mit ihr. Keine dreißig Schritte tiefer im Hain weitet sich der Bach unerwartet zu einem kleinen Teich mit fast stehendem Wasser. Fleißige Biberbauherren haben hier einen kleinen Damm geschaffen, der den Bach aufstaut. Anukis sei Dank... also wird's doch noch was mit einem Bad…
Am Rand des Teiches wächst weiches, dunkles Moos auf flachen Steinen, über ihr, in den Ästen eines Baumes singen einige Vögel ihr Abendlied, und das Gras und die Farnbüschel leuchten in dunklem Grün. Eine verirrte Brise streicht vorüber, umwehte die die weißen Stämme der Birken und zerzaust die Haare ihres unterdessen gelösten Zopfes. Arwen erschaudert, als der Lufthauch kühl über ihre Haut streichen. Nach den Tagen unterwegs im Sattel, den Nächten auf dem Boden mit dem Himmelszelt und den Sternen Faeyris' als Dach, und die Tage im gleißenden Schein von Shenrahs Auge, würde dieses Bad die reinste Wonne sein. Mit einem leisen Lachen erinnert Arwen sich an das, was Cassandra von solchen Ausflügen hält: Gar nichts. Die Luft ist voller gefährlicher Insekten die nichts besseres vorhaben als einen zu stechen oder zu beißen, die mühsam herbeigeschleppten Lebensmittel fallen Kohorten raubgieriger Ameisen oder noch anderer Tiere zum Opfer, Staub verschmutzt die Kleidung und macht den Geschmack auch des besten Weines zunichte, scharfkantige Gräser und Halme zerstechen einem die Haut, das Leder von Sattel und Zügeln hat nichts besseres vor als einem die Haut bis auf's Blut herunter zu scheuern und die Sonne verbrennt einem die Haut und den letzten vernünftigen Gedanken. Die Elbin sieht das allerdings deutlich anders: Die Sonne scheint warm und freundlich auf Roha herab, die Luft ist lau und angenehm, Vögel singen und das Gras ist weich und duftend, und niemals käme es auf die Ideen jemanden zu schneiden oder zu stechen.
Sie watet in den Teich, und als das Wasser ihre Knie berührt, seufzt sie vor Vergnügen; es ist angenehm kühl und erfrischender als jedes Wannenbad es jetzt sein könnte. Der Teichboden ist mit weichem, festem Schlamm bedeckt, der sich angenehm unter den Zehen anfühlt. Unter den Birken, die so dicht stehen und ihre Zweige dem Wasser entgegen neigen, fühlt sie sich beinahe so geschützt wie in ihrem Zimmer in Vinyamar. Immer tiefer geht sie ins Wasser, bis es ihr an die Hüften reicht und taucht dann unter. Vor plötzlicher Kälte nach Luft schnappend, bricht sie wieder durch die Wasseroberfläche und wischt sich das Wasser aus dem Gesicht. Es braucht nicht lange, bis sie sich den Staub aus den Haaren und den Schweiß vom Körper gewaschen hat. Als sie fertig ist, sich abgetrocknet hat und frische, saubere Kleider trägt, bleibt sie noch eine ganze Weile einfach still am Wasser sitzen und lauscht dem Gesang der Vögel und dem Abendwind, der in den Bäumen spielt... und ihre Gedanken sind viele Tausendschritte weit entfernt, wandern zurück durch offenen Wald, Lichtungen voller Rainfarn und Smaragdgras, durch Haine von Kastanien, Silberpappeln und Rotahorn, weiter durch Birkenhaine, Sumpfkiefernwälder und Weidendickichte bis an hochaufragende Mauern und einen See, der im Licht der Sonne so grün schimmert wie ein Smaragd. Rialinn... was sie wohl macht, was sie wohl alles neues gelernt haben wird, wenn ich zurück bin... Götter, ich sollte bei ihr sein. Ein anderes Gefühl, das sie schon seit dem Aufbruch am Tempel beschleicht und das sie bisher erfolgreich verdrängt hat, drängt sich nun ebenso heftig in den Vordergrund, verdrängt sogar die Gedanken an ihre kleine Tochter. Viele, fast alle in diesem denkwürdigen Trauerzug sind ihre Freunde. Zumindest waren sie es einmal. Aber irgendwann im Laufe des vergangenen Jahres, nach Wegesend hatte sie den Kontakt zu ihnen verloren. Irgendwie hat sie das Gefühl, sie gehört nicht mehr dazu. Und das ohne sagen zu können warum oder weshalb.

Drängendes Jappen der Hunde ruft sie aus ihren Gedanken zurück ins Hier und Jetzt und lässt Arwen sich ihren Weg zurück zum Lagerplatz suchen. Bis auf Aurian und den Lord Commander sind alle um das Feuer versammelt. Die Fische sind größtenteils gar und auch schon verteilt, nur ein paar Nachzügler ruhen am Rand des Rostes über der Glut, damit sie nicht verbrennen und sich in Kohle verwandeln, ehe sie zweibeinigen Wasserratten sich ihre Portion abholen kommen. Die Brote hat irgendjemand schon von den Stöcken gezogen und so liegen nun die Reste goldbrauner Brotschlangen auf einigen frischen Blättern neben dem Feuer. Das, was bisher am Feuer gesprochen wurde, ist ihr entgangen, so weiß sie nicht, was Niniane über Phelan, den Kampf mit den Nargen und den Tod seines Sohnes erzählt. Ihre Gedanken sind noch immer am wandern, und drehen sich um Rialinn, die vermutlich längst in tiefer Ruhe in ihrer Wiege liegt. Doch ein Wort durchdringt schlagartig ihre wandernden Gedankengänge, trifft sie unvorbereitet und gnadenlos wie kalter Stahl und ruft ihre Aufmerksamkeit zurück ins Hier und Jetzt und in den Kreis am Lagerfeuer. >Wegesend<. Der letzte Rest Appetit, von dem sie ohnehin nicht viel gehabt hat, ist ihr vergangen. Sie ist noch nicht in den Feuerschein getreten, und es dauert einige hart stolpernde Herzschläge, bis sie sich gefangen hat und sich sicher ist, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu haben. >Wo steckt eigentlich Arwen?<  "Hier bin ich... Ich hoffe, das Brot ist genießbar." Arwen nimmt sich nur die Hälfte eines kleinen Fisches, und auch nur ein knapp fingerlanges Stück Brot - auch wenn sie keine Appetit hat, sie weiß, sie muss essen - ehe sie sich an den Rand des Feuerscheins zurückzieht und dort zum Essen im weichen Gras niederlässt.

Wegesend... Dieses eine Wort hat genügt, um eine wahre Flutwelle an Erinnerungen loszutreten, die sie jetzt mit sich fortzutragen drohen. Um die Bilder der Erinnerung von sich fernzuhalten lässt sie ihren Blick unter den Wimpern heraus über die versammelte Gruppe so unterschiedlicher Personen wandern, während sie mit ihrem Mundmesser, die Gräten aus dem Fisch löst. Den Blicken von Cron und Niniane versucht sie dabei so gut es irgend geht auszuweichen. Kaney. Wie sie aus Unterhaltungsfetzen bisher auf dem Weg mitbekommen hat, war der Wargjunge mit seinem Hund während des Zuges gegen die Narge dem Sturmender als Späher zugeteilt gewesen. Unter den Wimpern heraus wandert ihr Blick kurz über all die anderen, die um das Feuer sitzen. Maèl und Morgana. Die Heilerin, aus deren Gesicht die Anspannung nicht mehr gewichen ist, seit sie von Vinyamar aufgebrochen sind und die selbst ihr Gefährte nicht recht aufzuheitern vermag, auch wenn sie jetzt im Feuerschein weniger angespannt aussieht als die vergangenen Tage. Auch Raven hatte am ersten Tag nur ganz kurz so etwas wie ein Lächeln in das blasse Gesicht der Heilerin zaubern können. Die Geschichte der Bogenbauerin rund um die mehr als denkwürdige Hochzeit hat Arwen kurz versucht, sie im Spaß zu bitten doch bei dem nächsten Besuch im Tempel die Priesterschaft etwas weniger zu erschrecken, da sie selber es nicht wirklich schätze, am Morgen nach Inari in aller Götterfrühe aus dem Bett geholt zu werden, um die Pflichten verschreckter Priester übernehmen zu müssen. Doch dann hat sie sich ihre Worte verkniffen. So wie sie überhaupt fast den ganzen Weg über geschwiegen und sich zurückgezogen hatte. Sie hätte gerne noch am Tempel mit Niniane gesprochen, doch Olyvar hatte schon das Zeichen zum Aufbruch gegeben. Und unterwegs war nie auch nur ein Augenblick gewesen, in dem sie das eine oder andere ungestörte Wort hätten wechseln können. Selbst wenn sie vorausgeritten war um den Weg zu erkunden, war die Waldläuferin nie alleine gewesen, hatte immer Raven oder Kaney an ihrer Seite gehabt, oder beide. Und dem Blick und der Anwesenheit des Tronjers ist sie selber stets ausgewichen. Wie von selber wandert ihr Blick über das Feuer hinweg kurz zu den beiden hinüber. Arwens Gedanken beginnen wieder zu wandern, zu Rialinn, zu Wegesend, und was Phelan und die anderen dort für sie riskiert hatten, zu der Beisetzung am nächsten Tag, dem Ritus der dazu gehört, und den sie zwar kennt aber noch nie selber durchgeführt hat. Angst kommt wieder auf, wie so oft in den letzten Tagen, die Angst zu versagen, einen Fehler im Ritus zu machen. Einem Ritus, den Morgana und Niniane ebenso kennen wie sie, und die ihn vermutlich beide deutlich besser beherrschen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 07. Juli 2005, 01:41 Uhr
Langsam aber sicher füllt sich der Platz um das Feuer und alle folgen dem verlockenden Ruf der gebratenen Forellen. Nachdem Kaney, der wie ein hungriger Wolf aussieht- was er im Grunde ja auch ist-, die erste Forelle bekommen hat und sich heisshungrig darüber her macht, verteilt Niniane die anderen Forellen in der Runde. Morgana kann es kaum abwarten den Holzteller in die Hand zu bekommen und verbrennt sich natürlich die Finger an der heissen, knusprigen Haut der Forelle, weil sie selbst ebenso hungrig ist wie Kaney. "Aua. Muss Gebratenes immer so heiss sein?", murmelt sie vor sich hin, während sie die verbrannten Fingerspitzen pustet. Mael kichert leise und die Heilerin stupst ihn leicht in die Seite, ehe sie sich wieder dem Fisch widmet und es wirklich schafft ein etwas abgekühltes Stück Fleisch in den Mund zu bekommen.

Ausser Aurian, Olyvar und Arwen sind mitllerweile alle am Feuer versammelt und nachdem Caewlin sich nach Aethling erkundigt hat, erzählt Niniane die Geschichte vom Kampf am Heideweg und wie Aethling gestorben ist. Morgana kennt die Geschichte, aus Phelans Sicht allerdings, und sie hatte damals versucht Phelan über die noch immer vorhandene Trauer hinweg zu helfen. Aber all ihre Mühen hatten nie wirklich fruchtbaren Boden erreicht. Der graue Schatten der Trauer war nie ganz von dem Gesicht des Waldläufers gewichen. Während Niniane weiter erzählt, erscheint auch Arwen wieder, wie es scheint hatte sie ein ungestörtes Plätzchen gefunden, um sich den Staub von der Haut zu waschen. Die Elbin setzt sich stumm an das Feuer und man kann an ihrem Gesicht sehen, wie es in ihr arbeitet. Morgana wüsste nur zu gerne was in ihr vorgeht, da sie schon den ganzen Weg über ebenso schweigsam wie Morgana selber gewesen ist. Aber eine Gelegenheit zu sprechen hatte sich nicht ergeben.

Als Niniane ihre Erzählung beendet hat, sind auch fast alle mit dem Essen fertig und nur noch die Forellen, die für Aurian und Olyvar bestimmt sind bruzeln auf dem Rost still vor sich hin. Zusammen mit Niniane räumt Morgana rasch die Teller weg und sehnt sich nun noch mehr nach einem Bad als vorher, da nun auch ihre Finger nach Fisch riechen und sich der Staub langsam aber sicher in ihre Haut zu fressen scheint.
Crons Äusserung, das gerade Talyra von genug Wald umgeben ist und Phelan es auch geschafft hätte sich in Talyra einzuleben versetzt Morgana einen kleinen Stich, denn genau das hat sie selber oft genug gedacht, es hätte einen Weg gegeben, aber es ist müssig um vertane Chancen nachzudenken und so schüttelt sie die Gedanken ab.

>Wie sieht es aus? Losen wir darum, wer als nächster zum Bach geht oder können wir uns einigen?< Cron spricht etwas an, über dass Morgana sich auch schon Gedanken gemacht hat, jeder hier am Feuer würde wohl gerne noch ein Bad nehmen, die Rossknechte abseits sicher nicht ausgeschlossen. Aber wenn jeder noch würde baden wollen, dann würde es bis spät in die Nacht und sicher auch bis zu dem grossen Regen dauern ehe alle ein Bad nehmen können. "Was haltet ihr davon, wenn die Frauen gemeinsam gehen und danach die Männer?" Sicher wäre ihr selber es lieber wenn sie zusammen mit Mael das Bad nehmen könnte, aber wenn alle noch baden wollten wäre ihr Vorschlag der schnellste Weg. "Allerdings müssten Olyvar und Aurian dann einmal zurück kommen, falls sie nicht schon zu Fischen geworden sind." Ein leichtes Schmunzeln breitet sich über Morganas Lippen aus, während ihr Blick sehnsüchtig Richtung Wasserfall schweift und sie sich an Mael anlehnt, der seinen Arm um sie schlingt.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 07. Juli 2005, 09:47 Uhr
Kaney muss nicht lange überlegen ob er sich von dem fast fertigen Fisch entfernen soll um zu baden.
Etwas zu essen ist ihm momentan wichtiger als ein sauberes Gefühl auf der Haut, und so bleibt der Werblütige sitzen während Olyvar zu diesem Wasserbecken geht.
Gut, der Staub war unangenehm, und sein Hintern kann wirklich eine Abkühlung gebrauchen (Kaney sitzt gaaanz vorsichtig auf demselbigen, aber egal wie er sitzt, es schmerzt und brennt immer weiter), aber bisher hat der Werblütige noch nie etwas von einem Menschen gehört der "erstaubt" wurde. Verhungert, ja, sicher, das passiert, aber an Dreck..

Kaney kriegt den ersten Fisch, und so hungrig wie er ist, so unvorsichtig ist er auch, und so prustet er ersteinmal
"heiß heiß heiß" los, während er den heißen Fisch mit drei Fingern von einer zur anderen Seite wendet (so kühlt der Fisch hoffentlich schneller ab), und sich dabei erst einmal leicht verbrennt.
Der Fisch schmeckt gut, und nach mehr. Auch dieses mehr als seltsame Elbenbrot, das ihm Borgil in die Hand drückt, schmeckt gut und schon bald hat Kaney ein Bad noch dringender nötig.
Fischsaft und klitzekleine Fleischstückchen verzieren sein Gesicht um den Mundbereich herum, Brotkrümel haften an seinem durchgeschwitzten Hemd, alles in allem sieht man dem Wargenmischling an, dass es ihm wunderbar geschmeckt hat.

Während des Essens unterhalten sich die anderen, während Kaney den Mund hält und schweigend zuhört.
> Ist es dann auf dem Heideweg noch weit bis zum Grab von Phelans Jungen?< fragt Caewlin, eine Frage, bei der sich Kaney beinahe an einem Brocken Fisch verschluckt.
Phelans Junge? Er hatte einen Sohn? Das wusste ich ja gar nicht...
Kaney ist betroffen als er die Geschichte von Phelan und  Aethling - der etwas jünger sein musste als er selber war - und jetzt meint der Werblütige auch zu verstehen, wieso Phelan so... still gewesen ist.
>Phelan war ein feiner Kerl. Ein guter Freund und ein guter Waldläufer. Er hat Anukis sein Leben lang gedient, er hat einen Sohn groß gezogen und ihn verloren... aber in Talyra ist er nie heimisch geworden. Die Stadt blieb ihm immer fremd. Oh, er hat es versucht... aber wirklich dort hingehören wollen hat er nie.<
Diesmal "hmmt" Kaney zustimmend. Er erinnert sich an die Wilderer, auf die er zusammen mit Phelan und Shyada gestoßen ist. Er hat viel für den Wald getan, hat sein Leben riskiert - und war letztendlich für Freunde gestorben.

"Er wusste.. ehm.. nunja, ein wenig wusste er wo er hingehört... finde ich" stottert Kaney verlegen vor sich hin, während er versucht seine Gefühle in Worte zu fassen.
"Er wusste.. hmm.. dass er zu seinen Freunden gehört.. immerhin ist er.."
Kaney stockt. Er will das nicht aussprechen. Aber es ist doch geschehen, und mit einem Seufzer beendet er dann den Satz:
"immerhin ist er für seine Freunde gestorben...."

Der Vorschlag, dass doch alle Frauen als eine Gruppe und alle Männer als eine andere Gruppe baden gehen sollen macht Kaney etwas verlegen. Sicher, seitdem er in der Steinfaust lebt, hat er oft in der Nähe anderer Stadtwachen gebadet, aber... irgendwie waren diese Männer etwas anderes als seine Kollegen bei der Stadtwache, und er dankt den Göttern dass Olyvar schon mit baden fertig sein müsste, denn mit dem Lordcommander von Talyra im selben Wasserbecken... nein, dass will sich Kaney nicht weiter vorstellen, nein, das wäre ihm als kleiner Späher der Steinfaust zu peinlich.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 07. Juli 2005, 10:38 Uhr
Aurian wird so rot wie eine von Maester Ballabars schönsten Tomaten und senkt den Kopf. Olyvar blickt zweifelnd an sich herunter. Gut, er hat nur ein Handtuch an, aber frivol ist das nun auch wieder nicht. Aurian fährt so hastig wieder herum, dass das Wasser aufspritzt und auf seine Frage hin, errötet sie noch mehr, falls das überhaupt möglich ist – jedenfalls überziehen sich selbst ihre Schulterblätter rosa, alles andere ist im Wasser und schlottert bestimmt vor Kälte. >Ähh ...nein .. ich bin gleich draußen...ich meine.. ich...ähhh< Olyvar unterdrückt ein Grinsen, was nicht zuletzt daran liegt, dass er sich mit einem Hinterkopf, um den sich langes Haar glatt und schwarz wie Seehundspelz schmiegt und nackten Schultern, von denen Wasser perlt, unterhält. "Ja...?"
Aurian schnappt nach Luft. >Ich wollte ohnehin schon gehen, wird langsam kalt,< erklärt sie dann und wirft ihm dann einen so skeptischen Blick über die Schulter zu, dass er sich wirklich auf die Lippen beißen muss, um nicht zu lachen. Götter, Mädel, ich tu dir schon nichts. Abgesehen davon weiß ich, wie eine nackte Frau aussieht, ich schaue dir bestimmt nichts ab...  >Ihr müsst euch mindestens... umdrehen.< Verlangt sie pointiert und er dreht ihr gehorsam den Rücken zu. "Mindestens," bemerkt er trocken und kämpft immer noch mit einem Lächeln. Eine Weile hört er gar nichts, aber dann ist am leisen Wasserklatschen und ihren hastigen Schritten zu hören, dass sie aus dem Becken heraus ist. Er tritt zwei, drei Schritt entfernt ans Wasser und riskiert nach ein paar Anstandssekunden einen Blick über die Schulter. Sie steht im letzten Abendlicht, von Kopf bis Fuß mit Gänsehaut überzogen und in ein feuchtfleckiges ledernes Handtuch gehüllt, macht aber keine Anstalten, zu gehen. Olyvars Brauen heben sich fragend und er legt sein Bündel frische Kleidung auf einen noch sonnenwarmen Stein. "Willst du da Wurzeln schlagen?" Erkundigt er sich grinsend. Mit weit weniger Schamhaftigkeit als Aurian gesegnet und ungeduldig, Staub, Schmutz und Schweiß von Tagen im Wald und ihrem langen Ritt über Stock und Stein loszuwerden, will er nur noch baden, ob mit oder ohne Publikum und ganz gleich, wie verdammt kalt das Wasser sein würde. "Oder hast du etwas auf dem Herzen?" Er hält probeweise einen Fuß über den steinernen Rand und zischt vernehmlich. "Dann musst du dich mindestens umdrehen." Ob Aurian bleibt oder durch das hohe Gras ins Lager verschwindet, er verlässt sich darauf, dass sie schon wissen wird, wie viel sie ihrer Tugend zumuten kann oder auch nicht, und wenn sie ihm irgendetwas zu sagen hätte, hier unter vier Augen, dann kann sie das seinetwegen gern  tun. Er wirft das Handtuch über seine mitgebrachten Kleider auf den Stein und steigt ins Wasser. Der Kälteschock kommt augenblicklich und ist so heftig, dass er sofort mit den Zähnen klappern möchte, aber er beherrscht sich und schwimmt ein paar Züge in die Beckenmitte.

Der Grund besteht aus feinem, hellen Sand und er schrubbt sich mit einer Handvoll davon den Dreck von der Haut, ehe er zwischen ein paar Steinen auf der anderen Beckenseite Seifenkrautblüten zerdrückt, sich das lange Haar auswäscht und sein Gesicht reinigt. Nach fünf Minuten sind seine Finger und Füße vollkommen taub und seine Lippen blau angelaufen, aber das Gefühl, endlich wieder sauber zu sein, ist so paradiesisch, dass es das allemal wert ist. Als er aus dem Wasser steigt, ist es schon beinahe dunkel und von Aurian ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Ah, doch ein braves Mädchen... Er trocknet sich ab, schlüpft in seine frischen Kleider, rubbelt sich notdürftig das Haar trocken und kämmt es mit den Fingern durch, so gut es geht, dann kehrt er ins Lager zurück. Der Weg ist nicht weit und der Feuerschein leuchtet ihm hell entgegen, während das hohe Gras um seine Knie wispert und raschelt. Die Hunde heben den Kopf, als er näher kommt und geben mit leisem Schnauben laut, bellen aber nicht... immerhin kennen sie ihn alle nun auch schon ein paar Tage. Er hört gerade noch Kaneys letzte Worte, gibt jedoch keine Antwort darauf... darauf ist auch nichts zu sagen, denn es ist die Wahrheit. Dennoch hat Olyvar schon seit er die Geschichte gehört hatte das Gefühl, Phelan habe den Tod dort unten vielleicht gesucht...
Aurian sitzt schon neben Niniane und hat bereits einen knusprig gegrillten, dampfenden Fisch vor sich auf einem flachen Holzteller, den sie auf ihren Knien hält und am Feuer wird gerade diskutiert, wer wann wo mit wem als nächstes zum Bach gehen und sich waschen darf. Olyvar nimmt seine Forelle von Niniane mit einem dankbaren Lächeln entgegen, denn inzwischen knurrt sein Magen so laut, dass es deutlich zu hören sein muss und sammelt sich alle noch übrigen Stockbrote zusammen, auf die niemand mehr Anspruch herhebt, so dass er schließlich einen kleinen Berg weißer Brotstückchen vor sich hat und sich dann hungrig über sein Essen hermacht. Er sitzt zwischen Borgil und Arwen, die sich ganz an den Rand des Feuerscheins gesetzt hat, Wundersamerweise jedoch genauso sauber, wie Aurian und er selbst und das, obwohl sie nicht am Steinbecken gewesen war. Nein, das wäre mir dann doch aufgefallen... "Ist der Bach irgendwo weiter oben so tief, dass man dort auch baden kann?" Fragt er zwischen zwei Bissen Stockbrot und Arwen erzählt kurz von dem Biberteich ein Stück nördlich ihres Lagers, in dem sie ihr Bad genommen hatte. "Na bitte," wendet er sich an alle. "Damit hättet ihr zwei Wannen. Müsst ihr nur noch entscheiden, wer wo hingeht."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 08. Juli 2005, 16:20 Uhr
Borgils Vorschlag das Lager morgen nicht abzubrechen und nur mit „leichtem“ Gepäck zu Phelans letzter Ruhestätte zu reisen, erscheint Máel sinnvoller, als die nassen Zelte, denn das werden sie den sich auftürmenden Wolken nach zu urteilen morgen früh sicher sein,  nur für den Hinweg abzubauen, und dann abends vermutlich doch wieder genau hier aufzubauen. Er blickt Morgana kurz an, und sie folgt offensichtlich den gleichen Gedanken, denn wie auf ein geheimes Zeichen nicken sie dem Zwergen zustimmend zu. Bis auf die Glücklichen, die sich bereits ein erfrischendes Bad gönnen, sitzen sie alle um das Feuer und  widmen sich voller Heißhunger den Forellen und dem Brot, die mit ihrem unwiderstehlichem Duft auch Cron anlocken. Kaney und Morgana lassen sich von ihren knurrenden Bäuchen zu unvorsichtiger Eile hinreißen, und während  der Wargenjunge noch mit seinem Fisch im Takt seines >>Heiß, heiß, heiß!<< jongliert, hat die hungrige Heilerin bereits ein >>Aua.<< wischen ihren Zähnen hervor gezischt. Máel muss über ihre Ungestümtheit leise kichern, aber es ist laut genug, um sich einen mahnenden Ellenbogenstoß einzuhandeln. Doch ein Blick ihrer glitzernden Augen zeigt ihm, dass sie die Warnung nur scherzhaft meint, so dass sein Grinsen dabei eher breiter als schmaler wird.

Arwen taucht wie gerufen auf, als Cron sich danach erkundigt, wo die Priesterin wäre, da er sie nicht im Lager entdecken kann. Ihre Haare glänzen noch feucht im Widerschein des Feuer wie eine Mischung aus Rot und Gold. Die Anukis-Priesterin wirkt nachdenklich und ist schweigsam wie schon seit dem Aufbruch aus Talyra, und Máel fragt sich warum. Sie bekommt noch die letzten Worte von Ninianes Erzählung über Phelan mit, die durch die Erwähnung  von Aethlings Tod auch an Máel nicht spurlos vorüber gegangen ist. Natürlich waren die beiden Mädchen, die er verloren hatte, nicht seine leiblichen Kinder, aber nichts desto trotz hatte er sie ebenso geliebt, als wären sie es. Und der Gedanke an das ungeboren Leben, dass Shehera unter ihrem Herzen getragen hatte, bevor sie spurlos verschwand, bohrt sich wie ein Dolch in sein Herz. Falls es ein Junge geworden wäre, wäre Deacon nun etwa ein halbes Jahr alt, doch Morganas Nähe vertreibt die dunklen Gedanken sehr schnell, denn mit ihr und Ian hat er eine Familie gefunden und eine Liebe, die tief aus seiner Seele kommt. Er kann einen kaum merklichen Ruck spüren, der durch ihren Körper geht, als die Sprache darauf kommt, dass nichts Phelan in der Stadt halten konnte, und seine erste Liebe immer dem Wald gegolten hat. Sanft verstärkt der Elf seinen Griff um Morganas Oberarm, bis sie sich wieder etwas entspannt.

Arwens Entdeckung einer weiteren Bademöglichkeit, lässt in allen die Hoffnung keimen, doch noch vor dem Morgengrauen  Staub und Schweiß vom Körper und aus den Haaren zu bekommen, und auch wenn Máel liebend gern die erfrischende Kühle des Wassers mit Morgana geteilt hätte, ist ihr Vorschlag in nach Geschlechtern getrennten Gruppen zu baden sehr sinnvoll. Zumindest kommt er so um das Losen herum, denn bei seinem Glück in der Liebe, wäre er dabei sicher mit reichlich Pech im Spiel gesegnet. „Ich denke, wir überlassen den Luxus des Wasserfalls den Damen, aber die Überzahl an Herren sollte wohl die Wanne mit dem größeren Platzangebot wählen, damit wir nicht wie die Sardinen zusammen quetschen.“ Er erhebt sich, wobei er sich mit den Händen die Brotkrumen von der Kleidung wischt, die sich wie weiße Sprenkel vom schwarzen Untergrund seines Hemds abheben und wendet sich mit einem freundlichen Lächeln an Arwen. „Ihr habt vermutlich als Einzige beides gesehen und könnt diese Frage beantworten.“ Máel wartet die Entscheidung der anderen ab, um dann einen neuen Satz Kleidung aus seinem Gepäck zu holen, und sieht dann Kaney an, der mit etwas unsicherem Ausdruck und gemischten Gefühlen darüber nachgrübelt, was er von der Idee zusammen zu baden halten soll. „Na kommt Kaney! Nach unserem Wasserabenteuer auf dem Ildorel sind wir doch sicher daran gewöhnt, gemeinsam zu schwimmen!“

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 08. Juli 2005, 23:19 Uhr
Caewlin verfolgt amüsiert, wie Raven den Riesenfisch in zwei ziemlich ungleiche Hälften teilt - zwei Drittel für ihn, den Rest für sich selbst. "Du isst wie ein Spatz," flüstert er in ihr Ohr, während er das dampfende Forellenfleisch hin und her schiebt und sich ein Stück herauspickt. Einmal mit dem Munddolch entgrätet, wird der Fisch von allen mit den Fingern gegessen... unter ihnen ist kein solcher Snob, als dass irgendjemand eine dieser neumodischen Silbergabeln mit in die Wildnis geschleppt hätte. Das Stockbrot, das Raven ihm reicht, betrachtet er allerdings eher zweifelnd, bis sie ihn nach einem prüfenden Blick auf seine skeptische Miene aufmunternd anlächelt und dann neckend bemerkt: >Man kann es wirklich essen, ohne sich dabei in eine Kröte zu verwandeln.< "Quak, quak," erwidert er, dreht und wendet ein kleines Stück davon in den Fingern und kostet schließlich doch. Es schmeckt wie weißes Brot, in das man zu viele exotische Gewürze gemischt hat, jedenfalls für seinen Gaumen, und er beschließt, sich doch lieber nur an den Fisch zu halten. Zu Borgils Vorschlag, ihr Lager an Ort und Stelle bestehen zu lassen und nach der Bestattung hierher zurückzukehren, nickt er nur und dann lauscht er mit halbem Ohr Ninianes Erzählungen über Phelan, bis der Name Wegesend fällt und das Wort wischt jedes Lächeln von seinem Gesicht. Er sieht auf und begegnet Crons Blick über das Feuer hinweg, weiß, dass der Tronjer sich ebenso wie er erinnert und schüttelt kaum merklich den Kopf. Wegesend... sein Blick fällt auf Akiras massigen, schwarzen Leib, der neben Raven ausgestreckt im Gras liegt, den Rücken an ihre Beine gelehnt. Für einen Moment sieht er nicht mehr das Lagerfeuer und die Gesichter der anderen vor sich, sondern einen schlanken, schwarzgekleideten Elben in einem dunklen Kellergewölbe, der aus dem Nichts plötzlich einen Speer in der Hand hält und ihm vollkommen ausdruckslos entgegenblickt.
Wißt Ihr, wer ich bin?
Ein Toter.
Ein Nordmann, Spitzohr. Wir haben euch Katzengesichtern schon einmal das Fell abgezogen. Schon vergessen? Ich glaube nicht... Komm, Elb... bringen wir es zu Ende.
Glaubt Ihr, ich kann Euch nicht erledigen? Ihr seid am Ende.
Vielleicht. Aber Ihr seid tot...
Caewlin schüttelt den Kopf als wolle er das Bild aus seinen Gedanken vertreiben, löst seine Finger aus Ravens Hand und streicht der Bluthündin neben ihnen einmal über den breiten Schädel. "Bra tjej," murmelt er. Braves Mädchen. Es war Akira, die Kalmir getötet hatte. Die Hündin dreht ein Ohr in seine Richtung und legt ihren schweren Kopf mit der kräftigen Schnauze, den stark bemuskelten Kiefern, breiten Jochbögen und schrägen, gelben Augen dann mit einem leisen Schnauben auf Ravens Oberschenkel.

Caewlin hebt eine Braue, sagt aber nichts, nur in seinen Mundwinkeln zeigt sich ein leises, halbes Lächeln. Bisher hatte Akira - Menschen gegenüber so still, undemonstrativ und zurückhaltend wie alle Hunde ihrer Rasse - von sich aus noch nie ihre Nähe gesucht... das scheint sich jetzt zu ändern. Das Schnauben der Bluthündin hat eindeutig den leisen Unterton von Meins. Die Gespräche am Feuer drehen sich inzwischen um das Steinbecken unterhalb der kleinen Wasserfälle und vor allem um die Frage, wer als nächstes dorthin geht, als in kurzer Folge Arwen und Aurian und schließlich auch der Lord Commander ins Lager zurückkommen - alle drei sauber und mit feuchtem Haar. Arwen murmelt jedoch nur etwas und setzt sich fast außerhalb des Lichtscheins, zurückgezogen und schweigsam wie sie sich schon die ganze Reise über gibt, Aurian setzt sich zu Niniane und als Olyvar schließlich als letzter von allen ans Feuer kommt, sich seinen Fisch und alles noch übrige Stockbrot auf den Teller häuft, stellt sich heraus, dass es noch einen Teich weiter bachaufwärts gibt und die drei keine feuchtfröhliche Badeorgie unter sprühenden Kaskaden gefeiert hatten. Caewlin schüttelt grinsend den Kopf. "Es geht nur um ein Bad," murmelt er, aber so leise, dass niemand außer Raven ihn hört, gerade als der Elb das Wort ergreift und aufsteht, Brotkrumen in alle Richtungen schüttelnd: >Ich denke, wir überlassen den Luxus des Wasserfalls den Damen, aber die Überzahl an Herren sollte wohl die Wanne mit dem größeren Platzangebot wählen, damit wir nicht wie die Sardinen zusammen quetschen.< Caewlin schnaubt belustigt und schnippt sich einen Stockbrotkrümel vom Knie. "Aye. Dann ist das entschieden." Er wartet, bis Raven Akira von ihren Beinen geschoben hat und aufgestanden ist, ehe er sich erhebt und streckt. Sie holen sich aus den Zelten frische Kleidung, ein paar lederne Handtücher und Seife, und Caewlin zieht Raven noch einmal an sich, ehe sie mit Niniane und Morgana in Richtung Steinbecken verschwinden kann, hebt sie mitsamt den hastig zusammengesammelten Badeutensilien und Kleiderbündeln ein Stück vom Boden und küsst sie. "Mmm..." er atmet ein. "Mandelblütenseife. Brauch nicht zu lange." Er lässt sie nur widerwillig wieder los und stellt sie auf den Boden, aber er will ebenso wie sie endlich sauber werden und Morganas Vorschlag ist bei weitem der praktischere... wenn sie - bis auf Kaney und die beiden Strohwitwer Borgil und Olyvar vielleicht - alle mit ihren Frauen zu diesem Steinbecken gepilgert wären, wären sie bei Sonnenaufgang noch nicht sauber. Nein, nur eiskalt und halb ersoffen... Kaney macht als einziger ein recht zweifelndes Gesicht und Caewlin hört gerade noch die scherzhaften Worte  des Elben, als er ans Feuer zurückkehrt, seine Kleidung unter dem Arm, ein Handtuch über der Schulter.


> Na kommt Kaney! Nach unserem Wasserabenteuer auf dem Ildorel sind wir doch sicher daran gewöhnt, gemeinsam zu schwimmen!< "Abenteuer auf dem Ildorel?" Echot er und fängt aus den Augenwinkeln ein breites Grinsen des Lord Commanders bei diesen Worten auf. Borgil tritt zu ihnen und nach einem Moment auch Cron und so schlagen sie den Weg in Richtung Norden ein, während Niniane, Morgana und Raven begleitet von Lupin und Stelze durch das hohe Gras zu den Wasserfällen gehen. Ben und Akira schließen sich ihnen an und ihr dunkles Fell lässt die beiden massigen Gestalten außerhalb des Feuerscheins beinahe augenblicklich mit der Nacht verschmelzen. Der Weg ist nicht weit: etwa fünfundzwanzig, vielleicht dreißig Schritt nördlich ihres Lagers, inmitten eines kleinen Birkenwäldchens, schimmert vor ihnen eine einladend glatte, dunkle Wasserfläche im Mondlicht, die Farnwedel und das hohe Gras am Ufersaum inzwischen zu formlosen, silbergesäumten Schatten verblasst. Hier und da verirrt sich ein Mondstrahl durch das dichte Birkenlaub, aber viel Licht sickert nicht durch die Bäume... dennoch bleibt Caewlin einen Moment stehen und wirft einen prüfenden Blick in die Nacht ringsum. Die Hunde tappen dicht an ihm vorbei und einen Moment später hört man sie am Wasser, auch wenn er kaum mehr als vage Bewegungen in der Schwärze ausmachen kann - doch außer ihr leises Platschen und das allgegenwärtige Zirpen der Grillen ist nichts zu hören. Seit Einbruch der Nacht ist es keinen Deut kühler geworden und obwohl die Sonne längst gesunken ist, ist es selbst hier nahe am Wasser immer noch drückend heiß und fast völlig windstill. Caewlin streift seine Stiefel, Hemd und Hosen ab, und das Gefühl, endlich aus den verschwitzten Kleidern zu kommen und in das kühle, seidige Wasser tauchen zu können, ist überwältigend erleichternd. In der Mitte des Teichs bleibt er stehen - zu seinem Pech geht ihm das Wasser auch an der tiefsten Stelle gerade bis zum Nabel, schwimmen kann er also vergessen - und taucht einmal völlig unter. Dann kommt er prustend wieder hoch und streicht sich das Wasser aus dem Gesicht. Es schmeckt klar und leicht nach Eisen. Aus Crons Richtung kommt ein Stück Seife angeflogen, das nicht nach Blüten oder Kuchenzutaten, sondern vage nach Sandelholz riecht und er legt geistesgegenwärtig den Kopf schräg und fängt es. "Danke." Kaney und Mael sind noch am Ufer, während Borgil seinen bulligen Zwergenkörper, knorrig und muskelbepackt vom breiten Stiernacken bis zu den stämmigen Waden, mit einem klatschenden Rauschen einfach rittlings hineinfallen lässt, alles im Umkreis von fünf Schritt mit Salven aufspritzenden Wassers eindeckt und das alte Gerücht, Zwerge hätten etwas gegen Wasser im Allgemeinen und das Schwimmen im Besonderen, damit Lügen straft.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 09. Juli 2005, 09:07 Uhr
So würdevoll wie irgend möglich dreht das Mädchen sich um und stolziert, ihre Kleider im Arm und krampfhaft darauf bedacht, das lederne Handtuch nicht zu verlieren, in den Wald, während hinter ihr der Lord Commander mit lauten Plantschen in dem kleinen Teich untertaucht. Gut verborgen hinter einem Busch schlüpft Aurian in Hemd, Hose und Stiefel. Die lange schwarze Mähne glänzt dunkel im Mondlicht und einzelne Tropfen benässen den Stoff ihrer Bluse. Aus einiger Entfernung trägt der Wind Stimmen zu ihr: Die anderen hatten sich schon am Lagerfeuer eingefunden und die Stimmung war offensichtlich gelöst und entspannt.
Aurian huscht noch schnell in das Zelt, welches sie mit Arwen, der Priesterin teil, deponiert dort das Handtuch ebenso wie die verschmutzte Kleidung, und macht sich dann daran, auch zum Feuer zu gehen. Auf dem Weg dorthin macht sie jedoch noch einen Abstecher zu den Pferden, vor allem um nach Dikta zu sehen. Die Stute grast friedlich zwischen den anderen und auch mit Borgils grimmigen Reittier scheint sie sich nach der kleinen Auseinandersetzung während des Weges arrangiert zu haben. Jedenfalls im Moment. „Na meine Kleine?“ Sanft spricht das Mädchen das Pony an als sie an sie herantritt. Dikta hebt den Kopf, schnaubt und als Aurian sie zwischen den Ohren krault, lässt die Stute ein zufriedenes Blubbern hören. „Bist ein braves Mädchen. War schlimm heiß heute ich weiß!“ Dikta knabbert an Aurians Hemd, doch als sie merkt, dass das Mädchen nichts zu naschen einstecken hat, wendet sie sich erneut dem Gras zu. Die junge Magierin tätschelt ihr noch mal den Hals, ehe sie sich zu den anderen ans Feuer gesellt, wo sie sich neben Niniane niederlässt.

Die Waldläuferin reicht ihr einen der gebratenen Fische und sie wartet, dass dieser etwas auskühlt, knabbert sie an einem Stückchen Brot. Wenig später taucht auch Olyvar auf und nun macht sich auch der Rest der Reisegruppe daran, eine Badeordnung auszuschnapsen. Was sich jedoch nicht als weiter schwierig erweist. Sogar die Hunde, mit Ausnahme von Laon und Nuba, die das Vergnügen allem Anschein nach schon hatten, scheinen erpicht darauf zu sein, ins Wasser zu kommen und so bleiben nur Arwen, der Lord Commander und Aurian am Feuer zurück. Die Fischreste, welche das Mädchen auf den Boden stellt, bleiben jedoch nicht unbeachtet, den  einer von Arwens Hunden nimmt sich deren nur zu gerne an. Versonnen blickt sie ins Feuer und geistesabwesend spielt sie mit dem Stein an ihrer Kette, in dem sich der Flammenschein sanft reflektiert. Für einen Moment kommt ihr in den Sinn, wie sie ihn aus der Asche, die einmal Blutaxt gewesen war, gezogen hat und ein Schatten zieht über ihr Gesicht. So froh sie über seinen Tod gewesen war, ganz war sie noch nicht damit fertig geworden, einen Menschen getötet zu haben. Sie spürt, dass sie jemand beobachtet und als sie den Blick etwas wendet, merkt sie, dass es der Commander ist, der mittlerweile ebenfalls seine Mahlzeit beendet hat. Sicher, alles was in der Sithechnacht oder nachher geschehen war und was sie anging, hatte er von dritten, mit ihr hatte er nie gesprochen und mit Sicherheit brannte er darauf zu erfahren was gewesen war.

„Ich habe ihn dort unten getötet! Nicht mit dem Schwert oder dem Messer. Ich habe ihn regelrecht abgefackelt, er hat gebrannt wie das Feuer dort. Ich habe ihn mit meiner Magie getötet. Einfach so.“ Aurian sieht Olyvar nicht an, starrt weiter in die Flammen. „Und dann hätte ich beinahe alle anderen umgebracht. Das Gewölb...ich war es, ich habe es zum Einsturz gebracht. Wegen mir wären da unten beinahe alle gestorben, nicht nur die die es ohnehin schon sind!“ Wie würde der Commander reagieren? Hatte er es schon gewusst, so im Detail? Würde sie ihre Stelle in der Steinfaust behalten können, in gewisser Weise in die Fußstapfen ihres Vaters treten können, oder war nun alles vorbei? Doch Lügen, nein das konnte und wollte sie nicht und auch das Verheimlichen der Ereignisse kämme ihr wie eine Lüge vor.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 09. Juli 2005, 20:00 Uhr
Die Forellen waren vortrefflich und das Elbenbrot ebenso, und selbst Caewlin, der sich überwunden hatte, es zu kosten, sitzt noch leibhaftig und in seiner ursprünglichen Gestalt neben ihr und hat sich nicht etwa klammheimlich in ein krötenhäutiges Etwas mit Froschschenkeln und Schwimmhäuten zwischen den Zehen verwandelt, wie Raven zufrieden lächelnd feststellt. Satt und bis oben hin abgefüllt mit Fisch und Stockbrot lehnt sie sich zurück, während Akira sich neben ihr im weichen Gras breit macht und Niniane im rotflackernden Schein der Glut leise die Geschichte von Phelans Sohn zum Besten gibt. Von ihm und seinem Vater zu erzählen, lenkt das Gespräch unweigerlich auch auf ihre Erlebnisse in Wegesend und lässt die gelöste Stimmung im Handumdrehen in düstere Erinnerungen umkippen. Bevor sich jedoch die Heiterkeit völlig verflüchtigen kann, wechselt die Waldläuferin, der dieser Umschwung und Morganas bedrückte Miene nicht entgangen sind, hastig das Thema. Auch Caewlin wird schlagartig ernst, als der Name Wegesend fällt und aus den Augenwinkeln bemerkt Raven, dass er einen langen Blick mit Cron tauscht, der ihnen gegenüber auf der anderen Seite des Feuers sitzt. Sie ahnt, woran er denkt, als er geistesabwesend über Akiras pelzige Stirn streicht und ihr einige Worte in seiner Muttersprache zuraunt. Die Bluthündin hebt den Kopf, mustert ihn kurz aus unergründlich gelben Augen, dann bettet sie ihren riesigen Schädel mit einem leisen Seufzer auf Ravens Beine, als wäre sie ihr ureigenstes, ganz persönliches Kopfkissen, das sie mit niemandem zu teilen gedenkt. Es fühlt sich beinahe an, als hätte jemand einen Halbzentnersack Kartoffeln auf ihren Knien abgestellt, nur weicher.

Raven wirft der Hündin, die ganz entgegen ihrer sonstigen Art ungewohnt anlehnungsbedürftig ist, einen verwunderten Blick zu und irgendwie wird sie das Gefühl nicht los, dass Akira sie gerade in ihr persönliches Rudel aufgenommen hat. Bislang sind sie gut miteinander ausgekommen und sich mit freundschaftlichem Respekt begegnet; Raven hatte akzeptiert, dass Akira ihr mit einem einzigen Biss ihrer kräftigen Kiefer leicht das Genick brechen könnte, während Akira ihrerseits akzeptiert hatte, dass sie genau dies bei ihr tunlichst vermeiden sollte, wenn sie keinen Ärger mit ihrem Herrchen bekommen will. Die kluge Bluthündin hatte schnell begriffen, dass dieses komische, langhaarige Wesen mit dem vertrottelten Wolfshund im Schlepptau neuerdings zur Familie gehört und nach einer längeren Phase des gegenseitigen Beschnupperns nun wohl beschlossen, sie neben Caewlin und Brynden in die Reihen ihrer Schutzbefohlener aufzunehmen. So offensichtlich hatte Akira jedenfalls noch nie ihre Nähe gesucht und die Geste rührt Raven. Im Stillen freut sie sich darüber und krault der Bluthündin, die es sich mit einem wohligen Brummen gefallen lässt, das Fell an der Stirn und hinter den Ohren. Ihr kurzer, schwarzschimmernder Pelz ist so weich und samtig wie Maulwurfsfell und darunter zeichnen sich starke Knochen und massige Muskelpakete ab, die eindrucksvoll daran erinnern, dass sie wahrlich kein Schoßhündchen ist, sondern eine gefährliche, ernstzunehmende Waffe sein kann, wenn es darauf ankommt. Der einzige, der sie nicht ernst nimmt, ist Stelze, der einen Narren an ihr gefressen hat. Nachdem er mit seiner größenwahnsinnigen Ich-bin-ein-feuriger-Liebhaber-Nummer bei ihr keinen Eindruck schinden konnte und nur gelangweilte Blicke geerntet hatte, hat er sich inzwischen darauf verlegt, den armen, schutzbedürftigen Hunde-Opa zu mimen und in dieser Rolle fühlt er sich sichtlich zuhause. Im Moment mimt er allerdings eher den Verlassenen und beobachtet Akira und sein Frauchen mit steinerweichenden Blicken, bis er schließlich bäuchlings zu den beiden hinüber robbt und mit seinem struppig grauen Quadratschädel Ravens anderes Bein in Beschlag nimmt, um hier ein für alle mal die Besitzverhältnisse klarzustellen.

"Wollt ihr mir die Beine brechen? Runter mit euch, na los." Lachend schiebt Raven die beiden schweren Hundeköpfe beiseite und müht sich auf die Füße, als am Feuer endlich Einigung herrscht, wer mit wem baden geht und wohin. Arwen, Aurian und Olyvar sind mittlerweile schon wieder zurückgekehrt und lassen sich am Feuer nieder, um die übrig gebliebenen Fische und Brotreste zu vertilgen, während der Rest der Truppe sich erhebt und in Richtung der Zelte verschwindet, um sich frische Kleidung zu holen. >Mmm.... Mandelblütenseife. Brauch nicht zu lange,< flüstert Caewlin ihr zu, als sie sich nach einer kurzen Umarmung vor ihrem Zelt wieder trennen. Raven legt die Stirn in Falten, zieht die Nase kraus und schnuppert demonstrativ, bevor sie kichernd erwidert: "Im Moment rieche ich noch nach Fisch, Pferd, Hund, Schweiß und nach viel zu vielen Tagen im Sattel. Aber das wird sich gleich ändern, hoffe ich. Ich werde mich beeilen." Niniane und Morgana warten bereits an der Feuergrube und nachdem sie in der Glut zwei Fackeln entzündet haben, schlüpfen sie, gefolgt von Lupin und Stelze, durch Farnkraut, hohes Waldgras und Weißdornsträucher zu dem kleinen Steinbecken, in das sich gurgelnd und rauschend der Bach stürzt. Die Luft ist noch immer erdrückend heiß und stickig und schwere Gewitterwolken ballen sich am Himmel und löschen auch noch das letzte bisschen Mondlicht aus, das durch die Baumkronen schimmert. Kein Lüftchen regt sich und bis auf die Geräusche des Wasserfalls ist es unnatürlich still, nicht einmal die Grillen und Heimchen mit ihren zirpenden Gesängen, die sonst die Nacht erfüllen, sind zu hören. Als sie das Becken erreichen, rollt irgendwo in der Ferne schon der erste Donner. Sie klemmen die brennenden Fackeln zwischen die Steinbrocken, die das Becken säumen, schälen sich aus ihrer Kleidung, die ihnen verschwitzt am Körper klebt, und steigen in das Wasser.

Es ist nicht kalt, es ist eiskalt - mit einem erschrockenen Quietschlaut schnappt Raven nach Luft und hüpft schlotternd von einem Bein aufs andere, während sie einen bitterbösen Blick Richtung Lager schickt. "Ich weiß schon, warum uns die Herren den Luxus des Wasserfalls überlassen haben", schnaubt sie zähneklappernd und taucht todesmutig bis über den Scheitel unter, nur um gleich darauf wieder aus den Fluten zu schießen, als würde sie auf einer Springquelle sitzen. "Heilige Götter, ist das kalt!" Zumindest kommen sie kaum in Versuchung, sich unnötig lange beim baden aufzuhalten und Raven kann sich nicht daran erinnern, sich jemals in solcher Geschwindigkeit die Haare gewaschen und sich den Schweiß vom Körper geschrubbt zu haben. Die einzigen, die das Bad ungeachtet der Kälte sichtlich genießen, sind die beiden Hunde, die sich wuffend und kläffend gegenseitig jagen und wie zwei quirlige Fischotter durchs Wasser schießen. Trotz der Eiseskälte ist es mehr als angenehm, sich all den Dreck und Staub der letzten Tage vom Leib waschen zu können und als Raven das Becken verlässt, hat sie nach kurzer Zeit das Gefühl, ihre Haut würde in Flammen stehen. Nachdem sie sich abgetrocknet und frische Kleidung übergezogen hat, lässt sie sich am Rand des Beckens nieder und versucht, mit einem grobzinkigen Kamm ihre nassen Haarsträhnen zu entwirren, gerade als die ersten Blitze über den Himmel zucken und den Wald und die schweren, tiefhängenden Wolken dicht über ihnen in schwefligem Gelbgrau aufleuchten lassen. Und auch die ersten dicken Regentropfen platschen schon vereinzelt auf die Steine. "Ich schätze, das Abtrocknen können wir uns sparen", orakelt sie nach einem skeptischen Blick zum Himmel. "Wir sollten lieber zusehen, dass wir zurück ins Lager kommen."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 09. Juli 2005, 22:06 Uhr
Am Lagerfeuer


Am Feuer wird es still, als die Männer sich zu jenem Teich aufmachen und Morgana, Raven und die Protektorin zum Wasserfall hinabschlendern. Arwen schweigt so anhaltend und ist stets so reserviert, dass Olyvar sich langsam ernsthaft fragt, was in der Elbin vorgehen mag, denn allein mit Trauer um Phelan ist ihr Verhalten nicht mehr zu erklären... auch jetzt sitzt sie genau an der Grenze zwischen flackerndem Flammenschein und tiefen Schatten, so dass ihr Rücken und ihr langes dunkles Haar mit der Nacht verschmelzen und ihr Gesicht von orangerotem Leuchten erhellt wird. Die beiden Jagdhunde haben sich an ihrer Seite niedergelassen, lassen jedoch Aurian und vor allem die Fischreste von ihrem Teller nicht aus den Augen und auch Olyvar verfüttert den Kopf seiner Forelle nach einem fragenden Blick in Arwens Richtung an ihre vierbeinigen Begleiter. Noch ehe er jedoch auch nur den Mund aufmachen kann, um die Anukispriesterin irgendwie unverfänglich in ein Gespräch zu verwickeln, platzen unerwartet Aurians beinahe heftige Worte in die Stille: >Ich habe ihn dort unten getötet! Nicht mit dem Schwert oder dem Messer. Ich habe ihn regelrecht abgefackelt, er hat gebrannt wie das Feuer dort. Ich habe ihn mit meiner Magie getötet. Einfach so.< Es sind nicht ihre Worte, die ihn aufblicken und sie lange ansehen lassen, es ist ihr Tonfall - drängend, hastig, voller Schuldbewusstsein und doch auch mit einem trotzigen Unterton, als hätte sie das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen und wisse nicht so recht, wofür eigentlich. Sie erzählt ihm nichts Neues – mag er mit ihr selbst bisher nie über die Ereignisse dort unten gesprochen haben, er ist durch Borgil gut informiert über alles, was in den Tunneln geschehen war... und was vorher mit ihr geschehen sein musste. Er hatte ihr Zeit lassen wollen, bis sie von selbst damit zu ihm gekommen wäre, wenn sie denn darüber hätte reden wollen und es vermieden, das Thema von sich aus anzuschneiden... und auf Gerüchte allerdings, wie sie hin und wieder auch in der Steinfaust kursieren, hat Olyvar noch nie auch nur einen Kupferling gegeben. Natürlich wird in einer so großen Festung unter den Männern und dem Gesinde geredet, das ist unvermeidlich... allerdings ist die Stadtgarde beileibe auch nicht der Haufen neugieriger Klatschweiber, als der er manchmal hingestellt wird. Seine Blaumäntel haben schließlich besseres zu tun, als sich tagtäglich stundenlang über irgendetwas die Mäuler zu zerreißen. Ganz abgesehen davon, dass er es weder billigen, noch dulden würde, wenn Gerede überhand nähme.

>Und dann hätte ich beinahe alle anderen umgebracht. Das Gewölb...ich war es, ich habe es zum Einsturz gebracht. Wegen mir wären da unten beinahe alle gestorben, nicht nur die, die es ohnehin schon sind!< Das ist ihm allerdings neu - oder vielmehr ihre Sicht der Dinge und ihm wird einiges klarer. Und dieses Schuldgefühl schleppt sie mit sich herum, vollkommen grundlos... Er hatte schon gehört, dass ihre Magie ihm Spiel gewesen war... die sie noch nicht sehr gut kontrollieren kann, schließlich hatte sie ihre Ausbildung bei Maester Malakai noch nicht lange begonnen, und nach allem, was er weiß, hat der Magier inzwischen die Stadt und seinen Posten im Haus der Bücher verlassen, abberufen auf unbestimmte Zeit von irgendwelchen Zaubererangelegenheiten, über die er gar nichts näheres wissen will. Wir werden einen Lehrmeister für sie finden müssen. Vielleicht kann Pumquat sich ihrer annehmen... oder Euron... Götter im Himmel, diese verdammte Stadt hat mehr Priester als jedes Kloster und mehr seltsame Wesen, als jeder Kuriositätenstand auf einem Sommermarkt, aber Magier sind in Talyra so häufig anzutreffen wie ein Frostwurm in der Sacaleynda! Olyvar fährt sich mit der Hand über die Augen und durch das Haar. "Aurian..." er tauscht einen Blick mit Arwen, die mit so unbewegtem Gesicht lauscht, dass er unmöglich sagen kann, was sie von den Worten des Mädchens halten mag, und wendet sich dann wieder an seine... ja, was eigentlich? Ein Botenmädchen ist sie längst nicht mehr, eine Magierin im Dienst der Steinfaust kann sie noch nicht sein, nicht so lange sie ihre Kräfte nicht einzusetzen weiß und eine bloße Novizin ist sie auch nicht... Olyvar beugt sich leicht vor, stützt die Ellenbogen auf die Knie und das Kinn auf die Fäuste und fixiert Aurians selbst im leuchtenden Feuerschein blasses Gesicht aus Augen, grau und hell wie Silber. "Du hast diesen... wie hieß der Kerl noch? Blutkeule? Blutaxt... diesen Blutaxt also verbrannt. Und? Alles, was ihn unter dem Richtschwert erwartet hätte, wäre auch nicht besser gewesen. Wenn man angegriffen oder verletzt wird, wehrt man sich eben." Er zuckt mit den Schultern. "Ein Krieger tötet mit seinem Schwert oder was immer er als Waffe führt, ein Priester durch die Macht, die ihm sein Gott verleiht und ein Magier mit seiner Zauberkraft und du bist... eine Magierin. Oder immerhin fast," ein vages Lächeln mildert seine nüchternen Worte, dann jedoch wird sein Ton streng und sehr bestimmt.

"Was das andere angeht," beginnt er, "du wurdest gefangen genommen von ein paar Kanalratten, warst wochenlang in ihren Kerkern und hast unter diesem Blutaxt genug gelitten... und du hast es überlebt. Das ist keine Kleinigkeit." Als sie aufblickt, schüttelt er sacht den Kopf und der Klang seiner Stimme wird weicher. "Niemand hat es mir erzählt, aber ich bin nicht blind und ich kann zwei und zwei zusammenzählen - und ich erkenne eine geschändete Frau, wenn ich eine vor mir habe. Niemand macht dir einen Vorwurf, wenn du ihn dafür getötet hast, ob nun mit einem Dolch oder durch Feuer, tot ist tot. Wenn deine Tat dich verfolgt, dann kann ich dir, so hart es vielleicht klingt, nur einen Rat geben: du wirst einen Weg finden müssen, damit zurechtzukommen... so, wie wir alle. Ich weiß es, Aurian, denn habe getötet, mehr als einen Mann und aus vielen Gründen... Kaney, Cron, Niniane und Borgil haben getötet. Von Morgana weiß ich es nicht, aber Maél dürfte das Gefühl ebenso kennen, von Caewlin ganz zu schweigen. Rache ist vielleicht kein guter Grund, vielleicht gibt es keine guten Gründe, wenn es ums Töten geht, aber er ist besser als manch anderer. Aber..." er holt tief Luft, "du kannst dir nicht die Schuld an allem geben, was geschehen ist. Das ist, als würdest du dich für das Schicksal selbst verantwortlich machen und das bist du nicht. Du bist eine kleine Magierin, die mit Kräften herumgespielt hat, die sie noch nicht beherrscht und das hatte Folgen, ja. Aber nach allem, was ich gehört habe, haben die Tunnel dort unten schon von all den Explosionen durch Loas Öl lichterloh gebrannt und wären vermutlich so oder so eingestürzt, ob nun mit oder ohne deine Zauberei. Und wenn ich mich recht erinnere, war es ein Mann namens Whytfisk, der diesen ganzen kranken Alptraum ersonnen hat, der Raven in seine Gewalt gebracht und versucht hat, sie gegen Caewlin auszuspielen, der jene Rattenkreaturen herbeigerufen, seine Männer gegen euch in diesen Kampf und einen seiner Mörder nach Talyra geschickt hat, um Calyra von Sturmende zu töten... der Junge, der mit dir gefangen war, das Diebesmädchen, das Caewlin, Borgil und Phelan geholfen hat und auch du... ihr wart doch nur Randfiguren in seinem Spiel... wenn also irgendjemand außer dem Schicksal Schuld an all dem trägt, was im vergangenen Winter geschehen ist, dann er. Stimmst du mir zu? Gut, denn wenn nicht, muss ich dich eine Weile in den Forellenbach tauchen, bis du wieder vernünftig denken kannst."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 10. Juli 2005, 11:01 Uhr
Am Lagerfeuer



Wie auf ein unausgesprochenes Kommando bricht plötzlich Aktivität am Feuer aus, die Gruppe erhebt sich fast geschlossen, und nach einigen Augenblicken mehr oder minder wuseliger Badeaufbruchsstimmung haben alle Wäsche und Handtücher und was sie sonst noch brauchen würden zusammen und verlassen den Lichtschein des Feuers. Ruhe kehrt ein und für einige Augenblicke legt sich stilles Schweigen über den Lagerplatz. Die Blicke, mit denen der Lord Commander sie mustert entgehen Arwen nicht, aber sie erwidert sie nicht. Zu sehr ist sie noch damit beschäftigt, die Bilder und Erinnerungen zu verdrängen, die an dem Wort Wegesend hängen, und aus irgendeinem Grund wollen sie sich an diesem Abend nicht einfach so aus ihrem Denken verbannen lassen. Sie sieht, wie er den Mund öffnet um etwas zu sagen, doch dazu kommt es nicht mehr. Aus Aurian, die junge Frau aus der Steinfaust, die den ganzen Weg über ähnlich schweigsam gewesen ist wie Morgana und auch Arwen selbst, platzt es völlig unerwartet heraus. Ihr Tonfall fordert dabei noch mehr Aufmerksamkeit als die Worte an sich. Zuerst kann Arwen mit den Worten nichts anfangen, erst Aurian fortfährt, begreift sie, dass es um die Ereignisse  in den Kanälen geht. Borgil hatte ihr damals kurz von der ungeschulten Magie des Mädchens erzählt. Und in diesem Augenblick kennt Arwen auch den Ursprung des stillen Schreckens, der sich manchmal flüchtig wie ein Schatten im Gesicht und in den Augen des Mädchens gezeigt hat. Sie weiß es nicht sicher, und niemand hat es ihr erzählt, aber Arwen vermutet, dass Aurian die Zeit in den Kerkern der Kanalratten nicht unversehrt überstanden hat, nicht seelisch und auch nicht körperlich.
Für einen Augenblick ist sie versucht, sich zu erheben und die beiden mit dem Gespräch alleine zu lassen. Doch dann sagt sie sich, dass Aurian das kaum in ihrer Gegenwart ausgesprochen hätte, wenn ihr Arwens Gegenwart störend wäre. Den Blick, den Olyvar ihr zuwirft ehe er dem Mädchen antwortet erwidert Arwen mit unbewegtem Gesicht. Ein dunkler Keller, feuchte Wände, das Zerreißen von Stoff und eine leise Stimme an ihrem Ohr, Kalmirs Stimme  >Kennst Du Angst? Weißt Du was Scham ist? Und Schande?< Sie hatte sie alle kennen gelernt in diesem Keller, in Wegesend. Wieder kommen Erinnerungen hoch, die gerade erst in die tiefsten Tiefen verbannt hat. Damals hatte sie Phelan kennen gelernt, und mit jeder Stunde dieses Trauerzuges, mit jedem Gedanken und jedem Wort das an ihn erinnert, wird sie gezwungen, sich auch Wegesend zu erinnern. Und so langsam beginnt das über ihre Kraft zu gehen. Nuba, die den Aufruhr im Inneren der Elbin spürt, hebt den Kopf und sieht sie mit einem fragenden Brummen an. Gedankenverloren streicht Arwen über das weiße Fell und schüttelt nur sacht den Kopf. >... und ich erkenne eine geschändete Frau, wenn ich eine vor mir habe.< Arwen legt den Kopf leicht schräg als sie den Mann dort am Feuer beobachtet. Auch wenn ihr das tut, Lord Commander, und auch wenn ihr für sie Mitgefühl und Verständnis habt... kein Mann wird je wirklich nachvollziehen können, was es für eine Frau bedeutet, das durchzumachen und damit leben zu müssen, weiterleben zu müssen... Schweigend hört sie zu, was Olyvar dem Mädchen noch zu sagen hat, und gibt ihm Recht.

"Der Lord Commander hat Recht, Aurian." Der Feuerschein wandert flackernd über das Gesicht Arwens, und lässt erkennen, wie sich der Ausdruck darin verändert, wie es nicht länger unbewegt ist, sondern sich zu einem sanften Lächeln wandelt und sie sich auch mit einem leichten Neigen des Kopfes in Olyvars Richtung wendet. "Er hat mich zwar, höflich wie er ist, in seiner Aufzählung ausgelassen, aber um der Wahrheit die Ehre zu geben... auch ich habe schon getötet, Aurian. Oh, seht mich nicht so an. Priesterin bin ich erst seit wenigen Jahresläufen. Und auch Priester können töten, mit der Macht, die ihnen die Götter anvertrauen oder auch mit einer Waffe... und sie tun es auch... um sich selber zu schützen, oder zur Verteidigung ihrer Schutzbefohlenen." Sie stockt hörbar und holt tief Luft, ehe sie weiterspricht. Innerlich ringt sie noch immer mit der Entscheidung, was und wieviel sie erzählen kann und will, wieviel sie von sich selber preisgeben will und ihre Gedanken fangen an sich zu überschlagen. Damals als Kalmir sie auf Vinyamar überfallen hatte, hatte Falcon Olyvar ihren wahren Namen genannt, und der hatte erwähnt, dass sein Vater ihn in der Geschichte der Elben unterwiesen hatte. Aber wieviel weiß er wirklich... über so eine alte Geschichte wie den Fluch und das Medaillon..? Ohne es zu wissen spielten ihre Fingen ebenso mit ihrem Medaillon wie Aurians mit dem Stein an deren Kette. "Ich habe mehr als nur einmal getötet, Aurian, mit der Waffe und auch mit Magie. Und mindestens ein Mal davon bereue ich zutiefst... ich bin Schuld am Tod meines Lehrmeisters." Naurgol... Götter, jenen Tag, jene Stunde werde ich bis ans Ende aller Zeiten bereuen." Sie sieht das Mädchen an, in dessen Miene sich Schuldgefühle und Wut ein seltsames Stelldichein geben, und sie glaubt noch etwas anderes dort zu sehen... Angst. Aber es ist nicht die Angst vor den Erinnerungen, oder zumindest nicht nur. Arwen sieht von der Halbelbin zum Lord Commander und wieder zurück, und meint plötzlich zu begreifen. Sie hat Angst vor ihm... nicht vor dem Mann, sondern vor dem Lord Commander, der sie aus dem Dienst der Steinfaust weisen könnte... Aber da ist noch etwas... Etwas geht von dem Mädchen aus, das Arwen seltsam vertraut ist und eine Saite in ihr zum Klingen bringt, die weit in ihre Kindheit zurückreicht. Sie hat Angst vor sich selber, vor der Magie die in ihr ruht und die sie nicht kontrollieren kann... noch nicht.

Sie streckt die Hand nach Aurian aus, verharrt dann mitten in der Bewegung und zieht sie wieder zurück ehe sie sie berührt hat. Arwens Stimme ist nun ebenso sanft wie ihr Lächeln. "Wovor habt ihr Angst, Aurian? ... Vor euch selber?... Vor der Magie, die in euch ruht? ... Vor der Tatsache, dass ihr sie benutzt habt, um diesen Kerl, möge er in der tiefsten aller neun Höllen schmoren, um ihn zu töten?... Dass es euch Genugtuung verschafft hat, ihn zu töten und vorher noch leiden zu lassen?... Oder davor, dass man euch deswegen aus dem Dienst in der Steinfaust verweist?" Arwens Blick huscht kurz hinüber zu Olyvar, sie ist sich nicht sicher, ob er diese Möglichkeit schon erwogen hat. "Ihr braucht euch nicht schuldig fühlen für das, was ihr getan habt. Es war euer gutes Recht, euch eure Rache zu nehmen. Dieser Kerl hat euch das Schlimmste angetan, und er hat seine Strafe wissen die Götter verdient, alles davon. Rache ist... die einen sagen, sie sei ein Gericht, das besser kalt serviert wird, andere nennen es ein süßes Brot... aber was auch immer davon stimmen mag, vielleicht beides, vielleicht keines davon... so sehr Rache einem auch Genugtuung verschafft, sie hat immer auch einen schalen Beigeschmack, denn die Genugtuung verflüchtigt sich meist sehr bald. Und die Erinnerungen an das was euch passiert ist bleiben ein Leben lang. Man kann sie ganz tief in sich vergraben, sie verdrängen, man muss es sogar, wenn man überleben will. Und doch sind sie immer da, bereit sich jederzeit hinterrücks anzuschleichen und einen zu überfallen, wenn man am wenigsten damit rechnet. Manchmal genügt dazu ein Wort..." Und wie ein Wort genügt.... Wegesend... Wer wüsste das besser als ich... Götter, Mädchen, Du hast dir deine Rache wenigstens selber geholt. Ich war dazu nicht mehr in der Lage... Arwen muss kurz die Augen schließen um der Erinnerungen an einen dunklen Keller unter einem Gasthaus Herrin zu werden und sie wieder in die dunkelsten Ecken ihres Denkens zu verbannen - wie schon viel zu oft an diesem Abend... und den vorangegangenen. "Aber man kann lernen damit zu leben. Und wenn man das geschafft hat, dann kann das was passiert ist ein Teil eurer Stärke werden, so bitter es gewesen sein mag." Die grünen Augen des Mädchens haben sich ihr längst zugewendet. "Oh, ich weiß, das ist alles nicht einfach... Glaubt mir, ich weiß, wie ihr euch fühlen müsst, ich weiß es nur zu gut..." Sie sieht Aurian und auch den Tarascon offen an. Und wer über etwas Beobachtungsgabe verfügt, kann am Grund ihrer Augen die Schatten erkennen, die davon zeugen, dass sie mehr davon aus eigener Erfahrung kennt, als sie jetzt aussprechen könnte.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 10. Juli 2005, 11:15 Uhr
Am Wasserfall


Morgana verabschiedet sich von Mael am Zelt mit einem langen Kuss und einem Blick, der sagt, dass sie sicher lieber mit ihm ein Bad nehmen würde. Aber Morgana weiss auch, dass sie dann kaum vor dem Regen oder dem Morgengrauen ins Lager zurück kehren würden. So seufzt sie nur kurz mit einem Schmunzeln auf den Lippen und nimmt dann ihre frischen Kleider, das lederne Handtuch und ein Stück, nach Wildrosen duftende Seife, und kehrt mit Mael an die Feuergrube zurück, an der Niniane schon wartet. Als dann auch Raven mit dem Kleiderbündel und Badeuntensilien erscheint, machen die drei Frauen mit Fackeln gegen die Dunkelheit gewappnet, die sich schon fast unheimlich um das Lager gelegt hat, auf zu dem Wasserfall und dem lang ersehnten Bad. Sie hören das Plätschern des Wasserfalls schon lange bevor sie ihn sehen können und Morgana beschleunigt ihe Schritte ein wenig, sie will endlich aus diesen Kleidern heraus, die mittlerweile wie eine zweite Haut an ihr kleben. Als sie das Becken erreichen, lassen sich Lupin und Stelze nicht zweimal bitten und sind noch vor den Frauen im Wasser. Ein paar Tropfen aufspritzendes Wasser treffen Morgana und lassen erahnen wie kalt das Wasser ist. Morgana ist zwar kaltes Wasser aus ihrer Heimat gewöhnt, allerdings hatte sie selbst eher die heissen Quellen und Geisire bevorzugt, als die kalten Gebirgsbäche oder das doch sehr eisige Meer.

Nachdem sie sich ihrer Hose und Bluse entledigt hat, streckt sie erst einen Fuss in das Wasser während Raven schon todesmütig ins Wasser stapft und auch sogleich anfängt zu quitschen und von einem Bein auf das andere hüpfend verkündet: >Ich weiß schon, warum uns die Herren den Luxus des Wasserfalls überlassen haben.< Morgana hat ihren Fuss, ob der doch erschreckend eisigen Kälte, zumindest kommt es ihr durch ihren aufgeheizten Körper noch extremer vor, längst aus dem Wasser gezogen und überlegt ob sie sich nicht vielleicht doch nur einfach am Rand waschen soll. Doch das hatten sie die ganze Reise über schon getan, immer wo sich die Gelegenheit ergeben hatte, also nimmt sie sich ein Herz und folgt Raven, belgleitet von "Ahhs", "Ohs", "Ihs" und einem "Verdammt ist das kalt." Als sie bis zum Bauch im Wasser steht und ihre Arme schlotternd um ihren Körper gelegt hat und aufpassen muss, dass ihr das Stück Seife nicht entwischt, wirft sie einen kurzen Blick zu der Waldläuferin. Morgana weiss das Niniane eigentlich brühend heiss badet, so heiss, dass es ihr oder Raven die Haut von den Knochen schälen würde und das ihr die Kälte des Wasser hier wohl nicht behagen würde, es sei denn die Halbelbin sei gegen Kälte genauso resistent wie gegen Hitze.

Morgana wendet ihren Blick aber rasch wieder ab, weil langes stillstehen hier in dem eisigen Wasser wirklich fehl am Platz ist. Todesmutig holt sie einmal tief Luft, wartet noch einen Moment, und taucht dann aber ganz unter, um auch ihre langen Haare nass werden zu lassen. Sie beeilt sich ebenso wie Raven, schnellstmöglich ihre Haare zu waschen und den Staub von der Haut zu bekommen, und als der erste ferne Donner zu hören ist, schlüpft auch sie aus dem Wasser und setzt sich zu Raven an den Rand des Beckens, wringt ihre Haare aus und versucht ebenso wie Raven sie von Knoten und Verfilzungen zu befreien. Kleine Schwärme von Mücken fliegen um sie herum, sicherlich angelockt von dem Duft von Wildrosen und Mandelblüten und Morgana versucht sie mit wedelnden Händen zu vertreiben, ehe sie ganz zerstochen ist. "Lästige Viecher," murmelt sie vor sich hin, während sie in ihre neuen Kleider schlüpft und sich bis auf die lästigen Mücken rundrum wohl fühlt. Der erste Blitz zuckt über den Himmel und hier und da fällt schon der erste grosse Regentropfen. Skeptisch blickt sie zum Himmel, dessen Wolken bedrohlich tief über den Bäumen hängen und der typische Geruch, den ein Gewitter verbreitet, liegt in der Luft. "Wir sollten uns beeilen, ansonsten hätten wir uns das Bad in diesem kalten Becken sparen können und uns direkt im Regen waschen können." Ein leichtes Schmunzeln überzieht ihr Gesicht, während sie ihre dreckigen Kleider und die Badeuntensilien zusammen sucht und Lupin aus dem Waser holt. "Geh bloss da drüben hin Lupin, und schüttel dich da, nicht hier in meiner Nähe, ich hab grade gebadet." Ein erneuter Blitz lässt das Wasser des Beckens aufflammen und der Donner lässt nicht lange auf sich warten und immer mehr Regentropfen finden ihren Weg aus den gelblichgrauen Wolken hinab auf die ausgetrocknete Erde.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 10. Juli 2005, 11:43 Uhr
~ Am Lagerfeuer ~

Aurians Blick wandert von Olyvar zu Arwen, als die Elbin zu sprechen beginnt. >Wovor habt ihr Angst, Aurian? ... Vor euch selber?... Vor der Magie, die in euch ruht? ... Vor der Tatsache, dass ihr sie benutzt habt, um diesen Kerl, möge er in der tiefsten aller neun Höllen schmoren, um ihn zu töten?... Dass es euch Genugtuung verschafft hat, ihn zu töten und vorher noch leiden zu lassen?... Oder davor, dass man euch deswegen aus dem Dienst in der Steinfaust verweist?< All das was in ihrem Inneren tobt, sie belastet, Arwen bringt es auf den Punkt, spricht es aus. Und ebenso wenig ist in ihrer Stimme auch nur ein Hauch eines Vorwurfes, ebenso wenig wie in der des Lord Commanders einer gewesen wäre. Rache, ihre Rache, ...Bin ich den die einzige, die sich alles so schwer verzeihen kann? Als sie aufblickt, sieht sie direkt in die Augen der Elbin. Deren Blick ist offen und Aurians Halbelbensinne registrieren eine gewisse bedrückte Stimmung, etwas das sie an sich erinnert und doch sitzt es tiefer. „Damit leben lernen...ihr habt recht, ich weiß, nur ist es schwer, sehr schwer. Und ja ... ihr Götter ja, ihr habt recht: Ich habe Angst vor meiner Magie, ich meine wie, wie soll ich sie je kontrollieren lernen, jetzt da Maester Malakei die Stadt verlassen hat?“ Erst vor wenigen Tagen hatte sie davon erfahren und es war ein Schock für sie gewesen. Sicher, ganz rudimentäre Dinge hatte er sie gelehrt, doch der größte Teil hatte noch vor ihr gelegen. Der größte und schwerste Teil. Den zum einen hatte der Maester noch nicht herausgefunden, welchem der vier Elemente ihre Magie zugeneigt war, zum anderen hatte sie eben erst begonnen die kämpferische Seite unter Kontrolle zu bekommen, eben jene Seite, die immer stärker zu werden schien.

Ihr Blick huscht zurück zum Commander. Arwen hatte auch ausgesprochen, was seit langem ihre größte Sorge war: Sie war keine einfache Botin mehr, nicht mehr seit dem Vorfall am Strand, und gewiss nicht mehr seit den Ereignissen in der Kanalisation. Dazu kommt noch ihre Herkunft: Sie ist die Tochter Lestats und sie wurde ihrem Vater immer ähnlicher. Es war nur mehr eine Frage der Zeit, bis Tallard sie entdecken würde und dann? In der Steinfaust, unter dem Banner der Stadtgarde war sie vor dem alten Wiesel halbwegs sicher, doch was würde geschehen, wenn sie ihren Dienst nicht fortsetzen dürfte? Wohin sollte sie gehen? Sicher, das alte Anwesen, doch wenn sie dieses bezöge, würde der Stadtrat sie sofort entdecken. Tausend Fragen, tausend Gedanken, die ihr im Kopf herumschwirren und das Gefühl erdrückt zu werden. In einiger Entfernung grollt Donner und kündigt ein nahendes Gewitter an, das der Schwüle des Tages zumindest für einige Stunde ein Ende setzen würde. Auch die Pferde scheinen das nahende Unwetter zu spüren, den eine gewisse Unruhe beginnt sich unter den Tieren auszubreiten. Doch die Rossknechte der Steinfaust sind im Umgang mit solchen Situationen geübt und nach einigen Minuten haben sie sich wieder beruhigt. Was jedoch nicht heißt, dass die Ohren nicht weiterhin aufmerksam gespitzt sind.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 10. Juli 2005, 13:18 Uhr
Vom Wasserfall zum Lager


Niniane beobachtet sprachlos, wie Morgana und Raven - beide aus dem hohen Norden der Immerlande - unter Quietschen und Bibbern ins Steinbecken krabbeln und folgt ihnen dann kopfschüttelnd. "Die eine aus Normand, die andere aus Barsa... was seid ihr zwei nur für Pappnordfrauen!" Raven schickt ihr als Antwort einen zornfunkelnden Blick und eine Salve Eiswasser gleich hinterher, die Niniane erschrocken nach Luft schnappen lässt. "Daran," verkündet die Bogenbauerin indigniert - oder würde es, wenn ihre Zähne dabei nicht so laut klapperten - "ist nur deine blöde Badwanne schuld. In deinem Baum bin ich zu einer... einer... Luxusnormanderin degeneriert!"
"In meinem Baum bist du zur Lady von Sturmende degeneriert," erwidert Niniane ungerührt und taucht einmal vollkommen unter. "Kalt, kalt, kalt, kalt..." japst sie, als sie prustend wieder hochkommt und erntet zwei triumphierende Blicke. "Ich darf das," bibbert sie. "Ich bin ein verweichlichter Südländer...Götter... ich muss raus hier, wo ist diese Seife?" Sie schrubben sich hastig, währen sich über ihnen die Gewitterwolken drohend zusammenballen, die es plötzlich furchtbar eilig zu haben scheinen, das Tal zu erreichen. Niniane wirft einen unfrohen Blick in den Himmel. Mitternacht von wegen... Kaum, dass sie sauber sind, steigen sie aus dem Wasser, trocknen sich ab, schlüpfen in ihre frischen Kleider und Niniane hilft erst Raven, dann der Heilerin, das lange Haar auszukämmen, während die beiden Frauen synchron über das drohende Unwetter unken. Sie selbst hat sich das feuchte Handtuch zu einem Turban um den Kopf geschlungen und blickt grinsend von einer zur anderen. "Ach was, das schaffen wir schon... immerhin sind wir jetzt sauber." Ein sachtes Glitzern geht durch ihre Augen und ihre Mundwinkel kräuseln sich amüsiert, als sie ironisch hinzufügt: "Und eine Nacht voller Wind und Regen in einem Zelt in warmen Schlafpelzen und den Armen des Geliebten zu verbringen, ist furchtbar romantisch, also habt euch nicht so. Haben wir alles? Raven, ruf Stelze aus dem Wasser, er hat schon Schwimmhäute... gehen wir." Der Wolfshund schließt sich Lupin an und kommt sich schüttelnd und Wasserschauer in alle Richtungen versprühend aus dem Becken. Kaum haben sie jedoch Wolf und Hund, dreckige Kleidung und feuchte Handtücher versammelt und ihre Schuhe wieder an, klatschen neben ihnen die ersten Tropfen auf die Steine und lassen ihren Aufbruch zur überstürzten Flucht werden.

Im Lager angekommen, sind die beiden Rossknechte gerade dabei, die Pferde zu beruhigen und mühen sich fluchend mit Caewlins Grauem, um den Schlachthengst mit den anderen beim Wagen anzupflocken. Ein schriller Schmerzlaut veranlasst Raven dazu, die Augen zu verdrehen, Niniane hastig ihr Bündel in die Hand zu drücken und sich dann daran zu machen, das durchgeknallte Reittier ihres Mannes zur Räson zu bringen, bevor er bei Olyvars Männern größeren Schaden anrichten kann. Sie sieht lächerlich klein neben dem riesigen, schweren Pferd aus, aber zu Ninianes Erstaunen benimmt der Graue sich, kaum hat sie die Zügel in der Hand, von einem Herzschlag auf den anderen so lammfromm wie ein alter Zelter. Niniane könnte schwören, er blinzelt den verdatterten Rossknechten verschwörerisch zu, als er sich schnaubend, jedoch ganz und gar artig abführen lässt. Erst Akira, dann dieser Höllengaul... Tja, Ravenschatz, so wie es aussieht ist heute dein Tag der Ehrenauszeichnungen... Olyvar, Arwen und Aurian sitzen noch am Feuer, doch die Stimmung dort scheint seltsam angespannt, so dass Niniane einen kurzen Blick mit Morgana tauscht und den Kopf schüttelt. Von den übrigen Herren der Schöpfung ist weit und breit noch nichts zu sehen, also wünscht sie allen leise eine Gute Nacht und schlüpft dann ins Innere ihres Zeltes. Die Elbenzelte sind nicht groß, bieten gerade den ausgerollten Schlafpelzen und ihrer Habe Platz, aber sie haben die vage Form eines gedrehten Schneckenhauses und sind so hoch, dass selbst Cron mühelos aufrecht darin stehen kann. Sie hätte gern die Gelegenheit genutzt, um mit Arwen zu sprechen, einmal nachzufragen, was ihr demonstratives Schweigen zu bedeuten hat, das vor allem immer dann schreiend laut wird, wenn Cron oder sie in die Nähe kommen, aber ein Blick auf Aurians Gesicht und die gespannte Miene des Lord Commanders hatte sie innehalten lassen. Vielleicht ergibt sich morgen die Gelegenheit, nach der Bestattung... Sie entzündet ein kleines Talglicht in einer Specksteinschale, stopft die dreckige Kleidung in einen leinenen Beutel, rollt die weichen Pelze auf dem Boden aus und lässt sich im Schneidersitz darauf nieder. Dann angelt sie nach einem geschnitzten Hornkamm und macht sich daran, die langen, weinroten Flechten ihres Haares auszukämmen.  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 10. Juli 2005, 21:00 Uhr
Am Lagerfeuer


Arwen beobachtet ihn still, während er spricht und einen Moment lang sieht sie ihn an, als wolle sie sagen: Ihr seid ein Mann! Ihr wisst nicht, wie sie sich fühlt. Er erwidert ihren Blick gelassen – das hatte er auch nie behauptet - und er ist nicht erpicht darauf, die Erfahrung zu machen. Aber er weiß sehr wohl, wie es ist, gedemütigt zu werden und Schmerz... oder Todesangst... zu empfinden. Und er ist beileibe nicht so naiv, ganz selbstverständlich anzunehmen, dass nur Frauen vergewaltigt würden... er hat genug ehemalige Straßenjungen als Botenknaben in seinen Reihen, die ein Lied davon singen können, dass das ganz und gar nicht der Fall ist. >Der Lord Commander hat Recht, Aurian.< lässt sich Arwens leise Stimme vernehmen,  kaum dass er geendet hat und die junge Halbelbin wendet ihren unsicheren Blick der Anukispriesterin zu. Arwens starre Miene gerät in Bewegung und zeigt im tanzenden Flammenschein schließlich so etwas wie ein wissendes Lächeln, als sie sich zurechtsetzt und an das Mädchen wendet. Einen Moment lang zögert sie noch, so wie man zögert, wenn man etwas zu sagen hat, aber nicht recht weiß, wie viel man wirklich erzählen möchte und Olyvar mustert sie aus schmalen Augen. Die Nervosität ihrer Finger, die selbstvergessen mit dem Amulett um ihren Hals spielen, entgeht ihm nicht, aber was es mit dem Anhänger auf sich hat, weiß er nicht – und selbst wenn Arwen den Namen Amithra Winterwind ausgesprochen hätte, was sie nicht tut, hätte er nicht gewusst, von wem sie redet. Olyvar ist mit Sicherheit ein gebildeter Mann und er mag mehr über die Elbenhäuser und deren komplizierte Hierarchien und Beziehungen wissen, als manch anderer in Talyra, aber er ist kein Gelehrter, geschweige denn ein Experte auf dem Gebiet der Dämonenkunde längst vergangener Jahrtausende... und was irgendeine Elbin, mag sie noch so edel gewesen sein, irgendwann einmal vor fünf Weltenzeitaltern auf den untergegangenen Himmelsinseln getan haben mag oder nicht, weiß er erst recht nicht. Abgesehen davon entspringt sein Wissen über die Elben im Allgemeinen einer rein persönlichen Neugier und hat nichts mit seinem Rang als Lord Commander zu tun. Sein Vorgänger auf diesem Posten hat über das Schöne Volk nicht mehr gewusst, als dass es spitze Ohren und ein langes Leben hat und war damit auch kein schlechterer Anführer. Dann spricht Arwen jedoch weiter und Aurian hängt an ihren Lippen, die ihr von Ängsten, Rache und Verständnis predigen. Arwens Meinung, diese Rache sei Aurians gutes Recht angesichts dessen, was ihr angetan worden war, teilt er durchaus, aber auf den Gedanken, dass Aurian fürchten könne, er würde sie deshalb nicht in den Reihen der Blaumäntel und in seinem Dienst dulden, wäre er im Traum nicht gekommen.

Er sieht von Arwen zu Aurian und wieder zurück zu der Anukispriesterin in deren Augen sich vager Schmerz zeigt, dann schüttelt er den Kopf. Aurian scheint ihn vollkommen vergessen zu haben, denn sie sieht immer noch Arwen an und Olyvar fragt sich, ob überhaupt eines seiner Worte bei ihr angekommen war. Versuche nie ein ernsthaftes Gespräch mit einer Frau zu führen, wenn noch eine zweite anwesend ist, ganz gleich ob spitzohrig oder nicht... entweder du wirst behandelt, als wärst du Luft oder aber du kommst überhaupt nicht mehr zu Wort! Er räuspert sich vernehmlich, gerade als ein erster Tropfen zischend ins Feuer fällt und die Luft schmeckt plötzlich metallisch. Dann geht ein kleiner Schauer aus dicken, nassen Klatschern auf sie nieder, ein erster Vorgeschmack darauf, was sich da über ihnen zusammenbraut, ein Strudel schwarzer, fahlgelb geränderter Wolken. Die Pferde werden unruhig und die Rossknechte mühen sich mit ihnen, gerade als Morgana, Niniane und Raven zurückkommen. Die zierliche Bogenbauerin... die Lady von Sturmende, erinnert er sich, vergiss das nicht... kommt seinen Männern mit dem Schlachtross Caewlins zu Hilfe und Morgana und die Protektorin verschwinden in ihren Zelten. Auch Olyvar erhebt sich - was immer Aurian und Arwen noch vorhaben mögen, das Unwetter wird gleich hereinbrechen und er hat nicht vor, hier im Regen sitzen zu bleiben... etwas allerdings hat er Aurian noch zu sagen. "Was deine Ausbildung angeht, Maester Malakai war nicht der einzige Lyfrawr in der Stadt, es gibt andere, die dich lehren können. Was deinen Dienst in der Steinfaust angeht... Nun, ich wusste schon, was in den Tunneln geschehen ist... wenigstens das meiste. Und nachdem ich dich deswegen bis heute nicht vor die... Tür gesetzt habe, werde ich kaum jetzt damit anfangen, meinst du nicht? Allerdings wirst du deine Kräfte beherrschen lernen müssen... und wie gesagt: es gibt sicher einen Weg. Doch jetzt, mit Verlaub, gehe ich in mein Zelt und das solltet ihr auch tun, ehe wir wieder nass werden..."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 10. Juli 2005, 21:37 Uhr
Niniane , Morgana und Raven erreichen das Lager noch bevor das Gewitter wirklich losgeht. Allerdings sind die Pferde schon sehr unruhig und Raven muss sich um Caewlins Pferd kümmern, welches den Rossknechten arge Probleme und einige blaue Flecken bereitet. Arwen, Olyvar und Aurian sitzen noch am Feuer und machen alle eine sehr ernste Miene und angesichts des kommenden Regens, den die zischenden Tropfen im Feuer laut verkünden, hat Morgana wenig Lust sich zu den Dreien zu gesellen. Sie tauscht einen kurzen Blick mit Niniane, die ebenso wie sie fast gleichzeitig den Kopf schüttelt und dann genau wie die Heilerin auch in ihrem Zelt verschwindet. Das Zelt ist gross genug für zwei Personen und Morgana verstaut ihre schmutzige Wäsche in einen eigens dafür vorgesehenen Beutel, vielleicht wäre morgen Abend Zeit sie kurz durchzuwaschen. Das nasse Handtuch hängt sie über eine der Streben des Zeltes, welches gerade von einem erneuten Blitz erhellt wird, dem ein recht lautstarker Donner folgt, so dass Morgana regelrecht zusammen zuckt, obwohl sie ja wusste, dass der Donner folgen würde. Die Zeltwände flattern im Wind und skeptisch sieht sich Morgana die Konstruktion des Zeltes an, und hofft, dass die Pflöcke tief genug in der Erde stecken und ihnen das Zelt nicht über den Köpfen weggeweht wird. Die Luft knistert fast und draussen hört sie das unruhige Wiehern der Pferde. Aber von den Männern ist noch nichts zu hören, noch fallen die Tropfen sporadisch auf die Zeltplane, aber es würde sicher nicht mehr lange dauern ehe es richtig losgehen würde.

Morgana breitet die Schlaffelle auf dem Boden aus, und hofft, dass sie nicht gerade in einer Senke ihr Zelt aufgebaut haben und irgendwann in der Nacht mit den Fellen davon treiben. Ein Gedanke der sie ebenso erschreckt, wie er sie erheitert und sie leise vor sich hinlachen muss. Sie zündet die Laterne an, die man in das Zelt gehängt hatte und zieht sich dann die lederne Hose aus. Das leinere, etwas längere Hemd lässt sie als Nachtgewand an, dann setzt sie sich auf eines der Schlaffelle und beginnt damit ihr Haar zu einem dicken langen Zopf zu flechten. Es blitzt und donnert erneut, während ihre Gedanken zu dem morgigen Tag wandern. Ich hoffe es ist wirklich nur ein Gewitter und regnet sich nicht ein, das wären für morgen keine schönen Aussichten, obwohl gibt es für morgen überhaupt schöne Aussichten? Sie seufzt kurz auf und wenn sie die Macht hätte würde sie am liebsten die Zeit auf morgen Abend vordrehen und schon alles hinter sich haben, aber diese Macht ist zum Glück keinem gegeben und so würde sie den morgigen Tag irgendwie schon überstehen. Mael würde ihr helfen und ihr zur Seite stehen, genauso wie es ihre Freunde tun würden und so würde sie auch diesen Tag hinter sich bringen. Ein weiterer Blitz erhellt das Zelt und die Plane, die den Eingang verhängt, flattert wild in der darauffolgenden Böe. Wo die Männer nur bleiben, wenn sie nicht bald kommen sind sie wieder klitschnass, wenn sie hier ankommen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 10. Juli 2005, 22:21 Uhr
Die ersten dicken Regentropfen treffen zischend auf die Feuerstelle und ein Blick zum Himmel genügt, um zu erkennen, dass das nur der Beginn einer ziemlich nassen Nacht war. Die ersten Badenden – Raven, Morgana und Niniane – treffen gerade ein, eben rechtzeitig, um ein Blutbad unter den Rossknechten zu verhindern, angerichtet vom Grauen des Sturmlords, der den Burschen das Leben zu r Hölle macht. Aurians Pony macht einen erschrockenen Satz zur Seite, als das riesige Pferd einmal mehr wütend ausschlägt. Auch Borgils Pony ist für den Moment die Frechheit vergangen und beinahe einträchtig stehen die beiden Kleinen nun beisammen – die Frage war nur wie lange.
Von all dem bekommt Aurian allerdings nichts oder nur wenig mit. >...Was deinen Dienst in der Steinfaust angeht... Nun, ich wusste schon, was in den Tunneln geschehen ist... wenigstens das meiste. Und nachdem ich dich deswegen bis heute nicht vor die... Tür gesetzt habe, werde ich kaum jetzt damit anfangen, meinst du nicht?...< Gewusst? Woher..wieso? Doch die Worte des Lord Commanders bewirken auch, dass ein Stein, groß wie das halbe Erikagebirge ihr vom Herzen rutscht. „Danke!“ das ist alles was sie antworten kann, leise, kaum hörbar.
Der Regen gewinnt immer mehr an Intensität und so verlassen sie beinahe fluchtartig die Feuerstelle. Um die Glut müssen sie sich keine Sorgen machen, das erledigt sich von selbst, den nun scheint der Himmel seinen Schleusen mit aller Macht zu öffnen und alles Nass der Welt scheint sich auf das kleine Lager zu ergießen. Es sind nur wenige Schritt zum Zelt und doch sind Aurian und Arwen ziemlich nass, als sie hineinschlüpfen, gefolgt von den beiden Hunden der Priesterin, die wie selbstverständlich der Meinung sind, bei diesem Wetter nicht draußen zu schlafen. Aurian schlüpft aus ihren Stiefeln und nach kurzer Überlegung auch aus der ledernen Hose. Es ist nicht kalt und so würde sie sich kaum eine Erkältung einhandeln. Dennoch beeilt sie sich, unter ihre Decke zu schlüpfen. Immer noch schwirren ihr tausend Fragen, Gedanken durch den Kopf. Sicher, sie konnte in der Steinfaust bleiben, aber wen konnte der Commander mit einem anderen Lyfrawr gemeint haben. Sie war zwar nun schon über ein Jahr in der Stadt, doch ihr fällt bei weitem kein anderer Name ein.  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 10. Juli 2005, 22:58 Uhr
Am Teich


Als ein Mondstrahl durch das Birkenlaub bricht und alles ringsum mit Silber rändert, sieht Cron Caewlins große Gestalt einen Moment deutlich im plötzlich schimmernden Wasser aufragen und wirft ihm die Seife zu, dann watet er selbst in den von flachen, bemoosten Steinen gesäumten Teich. Am Ufer ist der Boden weitgehend aus festem Schlamm, doch dann wird er steiniger und Cron taucht unter, um sich Staub und Schmutz aus dem langen Haar zu spülen... an Schwimmen ist jedoch nicht zu denken, denn für Nordmann-Verhältnisse ist das Wasser eindeutig zu flach. Was soll's... für ein Bad reicht es allemal. Borgil rauscht mit voller Wucht ins Wasser, Mael und Kaney trödeln noch am Ufer herum. Er selbst hat es ein wenig eiliger - nicht, dass er das kühle Bad nach der ganzen Hitze und dem langen Tag nicht genießen würde, aber beim Gedanken daran, dass Niniane im Zelt auf ihn wartet, weiß er doch, wo er jetzt lieber wäre. Dennoch lässt er sich eine Weile einfach nur im dunklen Wasser treiben und unterhält sich leise mit Borgil, der am gegenüberliegenden Ufer einen umgestürzten Baum gefunden hat, der weit ins Wasser ragt und dem Zwergen jetzt als Sitzplatz dient. Der Mond zwinkert immer noch durch die Bäume über ihnen, verschwindet jedoch immer öfter hinter dunklen Wolken, die rasch ins Tal herabziehen, während sie sich Schmutz und Dreck abwaschen... der Regen würde wohl doch nicht mehr so lange auf sich warten lassen. Als Caewlin fertig ist, nimmt Cron die Seife wieder entgegen, wäscht sich das Haar aus und schrubbt sich dann mit ein wenig feinem Sand vom Grund den Dreck von der Haut, bis sie glüht, was allerdings in der mittlerweile fast stockfinster gewordenen Nacht nicht mehr wirklich zu sehen ist... und selbst als Crons Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann er nur noch vage Schattenumrisse der anderen erkennen: Caewlins riesige Gestalt, Borgils massigen Körper, der bis zu den Schultern im Wasser steht, Maéls schlanken Schatten und daneben Kaneys noch ein wenig jungenhafte Schlaksigkeit... und die Hunde, die am Uferrand bald ins Wasser patschen, bald zwischen Farn und Gras verschwinden. "Mist," raunt er Caewlin zu und grinst. "Wir werden unsere Handtücher nie mehr wiederfinden, geschweige denn unsere Kleider, ich bin blind wie ein Maulwurf. Du wirst uns gleich deine Augen leihen müssen, Borgil." Der Zwerg mit seiner Nachtsicht dürfte keine Probleme haben, etwas zu sehen und brummt gönnerhaft. Cron hingegen kann eine ganze Weile außer Schwarz in Schwarz gar nichts mehr erkennen, bis sich der Himmel plötzlich mit dem fahlen, violettgelben Schein heftigen Wetterleuchtens überzieht und dann gleich darauf wieder verdunkelt.

"Sehen wir zu, dass wir fertig werden und ins Lager zurückkommen... da braut sich ganz schön was zusammen." Er kämmt sich das lange Haar notdürftig mit den Fingern durch und löst kleine Knoten, während er aus dem Teich watet und sich am Ufer das Wasser von Armen und Beinen streift. Dann sucht er sich tastend seinen Weg durch ab und an aufglühendes Gelb am Himmel und tiefe Finsternis bis zu dem breiten, flachen Stein, auf dem er sein Handtuch und seine Kleider gelassen hatte, trocknet sich ab, drückt sich das Wasser aus dem Haar, so gut es geht und schlüpft nur in eine saubere Hose - den Rest seiner Kleider in fast völliger Dunkelheit und mit dem drohenden Gewitter im Nacken anzulegen, lässt er sein. Wind kommt auf, kühl und heftig und raschelt in den Birken. Caewlin kommt hinter ihm aus dem Wasser, Borgil im Schlepptau, jedenfalls hört es sich so an und der tiefe Zwergenbass, der leise Richtungsanweisungen gibt, als Caewlin sich fluchend vortastet, bestätigt es. Wenigstens hat Borgil Erbarmen, wer weiß, welche Kleiderhaufen wir sonst noch erwischt hätten... Die Vorstellung von sich selbst beim Versuch, sich in Kaneys Beinlinge zu quetschen lässt ihn leise lachen und den Kopf schütteln. Cron bindet seine Stiefel zusammen und lauscht dem allgemeinen Rascheln von Kleidung und dem Schaben von Leder ringsum. Kaney und Maél steigen ebenfalls aus dem Wasser, doch zumindest der Elb bewegt sich dabei fast lautlos und sehen kann er die beiden ohnehin nur, wenn der Himmel über ihnen aufflammt. Kaum sind sie wieder halbwegs trocken und in sauberen Kleidern, haben ihre Sachen eingesammelt und die Hunde zu sich gerufen, zerschneidet der erste wirkliche Blitz die Finsternis und taucht alles in gleißendes Licht. Aus dem Lager, keine fünfzig Schritt entfernt, ertönen beruhigende Rufe und das erschrockene Wiehern eines Pferdes, dann wird es wieder ruhig. Einen Herzschlag lang herrscht fast gespenstische Stille, dann rollt der Donner über den Himmel und steigert sich rumpelnd und polternd zu einem ohrenbetäubenden Krachen. "Das war unser Stichwort - weg hier."


Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 10. Juli 2005, 23:40 Uhr
Am Teich


Dass Zwerge eine Abneigung gegen Wasser hätten, ist ein grundfalsches, aber nichtsdestotrotz weit verbreitetes Gerücht in den Immerlanden und Borgil hat das leise, aber penetrante Gefühl, dass er es gerade ziemlich offensichtlich widerlegt, als er mit Schwung ins Wasser springt und sich dann blubbernd und gurgelnd bis zum Grund sinken lässt... jedenfalls schließt er das aus den überraschten Mienen ringsum. So können auch nur Langbeine denken, die nie die Wasserstraßen und unterirdischen Seen Mazandars gesehen haben, in denen jeder Zwergenjunge der zweitgrößten Stadt meines Volkes schon einmal herumgeplanscht ist. "Was gibt's denn da so zu gucken, hä?" Erkundigt er sich, als er wieder auftaucht und dann zügig auf die andere Seite schwimmt, wo er einen Baumstamm ausfindig gemacht hat, auf den er sich pflanzen und sich die Füße - und den Rest von sich - schrubben kann, was er denn auch hingebungsvoll tut. "Noch nie 'nen Zwergen schwimmen sehen?" Außerdem ist er sehr versucht, laut zu singen, lässt es aber sein, das will er seinen Freunden dann doch nicht antun. Er mag ein Zwerg sein, aber das schließt Reinlichkeit nicht aus. Obwohl er zugeben muss, dass ihm ein heißer Badezuber mit schön viel Schaum und am besten noch seinem Schneemädchen darin, sehr viel lieber gewesen wäre, als dieser kalte, schlammige Tümpel. Sich zu waschen ist eine schnell erledigte Angelegenheit und auch die anderen halten sich nicht weiter auf, sondern widmen sich rasch und gründlich elementaren hygienischen Bedürfnissen... schon weil ihnen allen das Gewitter im Nacken sitzt und sie zur Eile antreibt, von den Frauen, die zumindest bei Cron, Caewlin und Maél mittlerweile bestimmt schon in den Zelten sitzen und warten, ganz zu schweigen. Hmpf. Und Kaney, der arme Olyvar und ich, von Arwen reden wir mal gar nicht, wir können uns nur wünschen, dass der Regen ordentlich herunterrauscht, sonst werden wir die ganze Nacht kein Auge zu tun... argh, die Welt ist so ungerecht...

Sich den lieben langen Tag diese verliebten Pärchen um sich herum anzusehen, hat ihn sein Schneemädel noch sehr viel mehr vermissen lassen, als er es ohnehin schon tut... immerhin ist auch er frisch verheiratet. Ja, und was mache ich? Durch die Wildnis stapfen... Allein. Pfff... Für's erste jedoch stapft Borgil zunächst einmal hinter dem Sturmender aus dem Wasser und dirigiert Cron und Caewlin in die richtige Richtung und zu ihren eigenen Kleiderbündeln. >Du wirst uns gleich deine Augen leihen müssen, Borgil, < hatte der Tronjer schnaubend verkündet, als die Nacht ringsum pechschwarz geworden war. "Schon gut, schon gut, ich lasse euch schon nicht gegen den nächsten Baum rennen," hatte er gefeixt, und die Dunkelheit hatte sein diabolisches Grinsen verborgen, für dass Cron ihn vermutlich spontan ersäuft hätte. "Ein halber Schritt nach links, Langbein, sonst nehmt Ihr wirklich gleich einen Baum mit. In Ordnung, weiter. Noch ein Schritt. Achtung, da ist ein Stein." Trotz ihrer Blindheit bewegen sich beide Nordmänner auch im Stockfinsteren alles andere als unbeholfen und so haben sie ihre Kleider mit seinen Richtungsanweisungen rasch erreicht. Sie beeilen sich alle mit dem Abtrocknen und Ankleiden, vor allem, weil das Unwetter jetzt kurz vor dem Ausbruch steht und der heftige Wind bereits die ersten Regentropfen heranweht. Das Lager allerdings erreichen sie nicht mehr, ohne wieder nass zu werden. Kaum sind sie aus dem Birkenwäldchen heraus, öffnet der Himmel seine Schleusen und der erste Schauer geht auf sie nieder. Ein Tropfen fällt, dann noch einer und binnen zweier Herzschläge regnet es Bindfäden. Da keiner von ihnen Lust hat, schon wieder ein Bad zu nehmen, beginnen sie zu laufen, aber sie können rennen wie die Hasen - bis sie an den Zelten um das abgedeckte Feuer angekommen und hastig hineingeschlüpft sind, sind sie schon wieder nass bis auf die Haut.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 11. Juli 2005, 11:25 Uhr
Am Teich


>Na kommt Kaney! Nach unserem Wasserabenteuer auf dem Ildorel sind wir doch sicher daran gewöhnt, gemeinsam zu schwimmen!<
"Das war etwas ganz anderes!" kommt es kleinlaut über die Lippen des Werblütigen, aber im nächsten Moment holt er ein ledernes Abtrocktuch und Ersatzkleidung aus seinem Gepäck und macht sich mit den anderen Männern auf dem Weg um sich den Dreck vom Leib zu schrubben.

"Kommst du mit?" fragt er seinen Hund vorher noch, der immer noch nahe am Feuer liegt, und die noch nicht verspeisten Fische beobachtet, aber Garok schaut nur kurz auf, wendet seinen Blick dann wieder den Fischen zu.
"Verräter!" murmelt Kaney, und macht sich dann endgültig auf dem Weg.

Es ist heiß. Immer noch. Und dieses Wasserloch ist eine willkommene Abkühlung.
Während Kaney langsam dabei ist sich aus zu ziehen, sind Cron, Caewlin und Borgil schon nackt, und als Borgil sich ins Wasser fallen lässt, sorgt der massige Zwergenkörper - zusammen mit einem melodiösen "Platsch" - dafür, dass Kaney, obwohl er noch am Trockenen steht, bereits nass ist.
"Hmpf" grummelt Kaney sich in seinen nicht vorhandenen Bart, und beginnt sich langsam aus der leicht nassen Kleidung zu pellen.

Nun stürzen auch die beiden Nordmänner ins Wasser und zusammen mit Ben und Akira (die ebenfalls ins Kühle Nass gestürzt sind) sieht es so aus, als würde das Wasserbecken jetzt schon überfüllt sein.
Erst als Cron und Caewlin schon fast mit dem einschaumieren der Haare fertig sind wagt sich Kaney näher an das Wasser heran.
Das Wasser sieht kalt aus, und ein vorsichtig reingestreckter Zeh ins das kalte Nass bestätigt Kaney`s Eindruck.
Stell dich nicht so an, der Illdorell im Winter war kälter!Los, rein mit dir, bring es hinter dich! schimpft Kaney in Gedanken mit sich selber während er sich dann ins Wasser stürzt.
Man kann den Laut, den Kaney ausstößt als er ganz ins Wasser eintaucht, als Zischen, als "Nach Luft schnappen" - oder doch eher als Winseln? - bezeichnen, aber ansonsten kommt kein weiterer Laut über seine Lippen, während er immer wieder mit dem Kopf unter Wasser eintaucht.

"Götter, ist das kalt." flucht der Wargenmischling, während er sich ebenfalls mit dem Stück Seife sowohl den Kopf als auch den restlichen Körper abwäscht - und dann von dem SandelholzGeruch anfängt zu niesen.

>Wir werden unsere Handtücher nie mehr wiederfinden, geschweige denn unsere Kleider, ich bin blind wie ein Maulwurf. Du wirst uns gleich deine Augen leihen müssen, Borgil.<
Kaney muss breit grinsen. Er kann zwar nicht ganz so gut sehen wie Borgil, aber er riecht die Abtrocktücher - immerhin haben sie den individuellen Duft ihrer Besitzer angenommen, außerdem riechen sie in dieser "dreckigen" Wildnis viel zu sauber.

Schnell trocknet Kaney sich ab und schlüpft dann in seine sauberen Beinlinge - die immer noch ein bisschen an seinem Körper kleben.
Die Stiefel und das Abtrocktuch wickelt er in das lederne Hemd, das er anschließend wie ein Bündel über seine Schultern wirft.
Die nach Gewitter riechende Luft einziehend, blickt Kaney in Richtung des Himmels.
"Wir werden nass werden!" murmelt er, und im nächsten Moment macht sich die Badegruppe auf zurück zu den Zelten - in denen sie trotz der kurzen Entfernung zwischen Wasserloch und Zelten - nur pitschnass ankommen.

Im Zelt selber bleibt Kaney nichts anderes übrig als sich wieder aus den nassen Beinlingen zu pellen, und sich die Schlafdecke umzuwerfen, denn er hat nur jeweils zwei Beinlinge und zwei Hosen mitgenommen - und wer rechnet schon damit, innerhalb eines Tages zweimal nass zu werden?

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 11. Juli 2005, 11:30 Uhr
Nach Máels Vorschlag bricht geschäftige Eile im Lager aus, denn niemand möchte das Bad länger hinausschieben als unbedingt nötig. Zum Einen gesellt sich zu dem Geruch von Schweiß, Schmutz, Pferd und Leder nun auch der Duft von Fisch, mit dem sich höchstens noch eine Katze beeindrucken lassen würde, und zum Anderen wirkt die Aussicht auf eine Nacht im Zelt bei prasselndem Regen scheinbar sehr motivierend auf die Pärchen, die sich zuerst um die Gelegenheit beraubt sehen, sich gegenseitig  einzuseifen, weil das ja viel schneller ginge. Morgana begleitet ihn Hand in Hand zu ihrem Zelt, dessen einwillige Konstruktion irgendwie an ein Schneckenhaus erinnert und dabei so hoch aufragt, dass selbst er und erst recht Morgana aufrecht darin stehen können. Schnell suchen sie ihre Sachen zusammen, doch nach Morganas vorläufigen Abschiedskuss und dem Blick, dem sie ihm danach schenkt, ist sich Máel gar nicht mal so sicher, ob er nicht die Hälfte vergessen hat. Der Wunsch sie einfach zurück ins Zelt zu schieben und der Notwendigkeit eines Bades noch ein paar weiter Schweißperlen hinzuzufügen lodert hell in ihm, doch seine eigene Duftmarke ermahnt ihn, bei der  Reihenfolge doch der Reinlichkeit den Vorrang einzuräumen, und so begeben sie sich gemeinsam zurück zum Feuer, wo sich die Badegruppen trennen, um zu ihren jeweiligen Wannen aufzubrechen.

Der Mond schickt seine letzten Strahlen durch die sich zusammenballenden Wolken, und vereinzelt erreicht sein fahles Licht den ausgetrockneten Waldboden. Es ist fast schon stockdunkel als Borgil, Cron, Caewlin, Kaney und Máel sich einen Weg durch Farnwedel, Gräser und lichtes Unterholz suchen, bis nach etwa 30 Schritten die mattsilbrige Scheibe des aufgestauten Biberteichs vor ihnen auftaucht. Máel bleibt neben Kaney stehen, während sich die beiden Nordmänner schon entkleiden und seine grünen Mandelaugen bewundern das kleine Kunstwerk der Natur. Die hellen Stämme der Birken wachsen bis dicht ans Wasser heran und rahmen das stille Gewässer ein, das aus der Luft betrachtet wie ein Speigelbild des Mondes wirken muss, denn die Nacht färbt das grüne Blätterdach schwarz. Während Cron und Caewlin sich noch recht gesittet ins mit Sicherheit kalte Wasser begeben, wendet sich Máel an Kaney. „So sehr sich Menschenhände auch bemühen Bauwerke zu schaffen, werden sie doch nie an die schlichte Schönheit heran reichen, mit der die Natur uns immer wieder unvermittelt überraschen kann.“ Borgil scheint eindeutig weniger feinsinnig zu sein wie Máel, denn mit einem Rückenplatscher, der diesen Namen wahrlich verdient, macht er deutlich, dass Regen tatsächlich auch nach oben fallen kann, allerdings bleibt er nicht dort, sondern duscht den Elfen samt dem Wargjungen ordentlich ab. Der erfrischende Schauer kommt ihnen allerdings nicht ungelegen, und Máel murmelt halblaut zu Kaney: „So viel dazu, dass Zwerge wasserscheu sind!“ Borgil ist sich der skeptischen Blicke wohl bewusst, als er prustend wieder auftaucht, und sich mit >>Was gibt's denn da so zu gucken, hä? Noch nie 'nen Zwergen schwimmen sehen?<< eindeutig als Wasserliebhaber ausweist. „Ehrlich gesagt noch nicht. Ich bewundere nur gerade die Eleganz, mit der Ihr Euch im Wasser fortbewegt. Ihr steht den Forellen ins Nichts nach!“ Ein breites Grinsen lässt Máels Zähne im letzten Licht aufblitzen. Ben füllt sich durch den plantschenden Zwergen ermuntert ebenfalls ins Wasser zu stürzen, und eifrig eine Runde nach der anderen um die Badenden zu ziehen, immer darauf bedacht, ob nicht jemand gerettet werden müsste.

Der ehemalige Dieb schüttelt seine Stiefel ab und schlüpft aus seiner Kleidung, wobei er zu der Gewissheit gelangt, dass seine Lederhose vor Schmutz und Schweiß durchaus auch alleine stehen könnte. Das kühle Wassers, das ihn empfängt, macht ihm wenig aus, und Máel genießt die Abkühlung nach der drückenden Hitze des Tages, doch als Cron seinem Landsmann die Seife zu wirft, wird ihm klar, was er vergessen hat, als Morgana ihn mit ihrem Kuss erfolgreich an 1.000 andere Dinge erinnert hat, als an ein Stück Seife. „Ähm, wenn ich mir die Seife danach auch kurz ausleihen dürfte?! Irgendwie muss mir diese Kleinigkeit entfallen sein, als Morgana mich...abgelenkt hat.“ Cron, der sich gerade seine langen, rabenschwarzen Haare ausgewaschen hat, schnaubt mit leichter Belustigung verstehend, und hält die Seife in Máels Richtung, denn für seine Augen wird es langsam zu dunkel für einen gezielten Wurf. Es ist ein belebendes Gefühl den Schmutz der Reise von der Haut zu waschen, und da die Haare des Elfen nur bis an sein Kinn reichen, benötigt er zum Auswaschen viel weniger Zeit, als die beiden Nordmänner oder Borgil bei seinem wallenden, roten Bart. Kaney gesellt sich nach anfänglicher Scheu auch zu ihnen, um sich zu waschen, und auch ihm ist die Erleichterung anzusehen, nach den Katzenwäschen der Vortage mal wieder ganz ins Wasser tauchen zu können.

Blitz und Donner treibt das Quintett jedoch recht schnell wieder aus dem Wasser, denn vereinzelte, dicke Regentropfen, die auf die Wasseroberfläche klatschen, kündigen an, dass es doch wohl nicht bis nach Mitternacht dauern wird, bis der Himmel seine Schleusen öffnet. Rasch wird sich abgetrocknet, und Máel begnügt sich mit sauberer Hose und Stiefeln, um sich auf den Rückweg zum Lager zu machen. Seine elbischen Sinne ermöglichen ihm auch noch bei diesen Lichtverhältnissen einen sicheren Tritt, und so bewegt er sich mit geübter Lautlosigkeit durch den Wald. Borgil hat seine Nachtsicht genutzt, um alle mit weniger lichtempfindlichen Augen ohne Blessuren bis zur Lichtung zu dirigieren, wobei in seiner Stimme eine ordentliche Portion Schalk schwang, wenn er vor einem tiefhängenden Ast oder einer häckchenhaltenden Wurzel gewarnt hatte. Als hätten sich die Götter einen Schabernack mit ihnen erlauben wollen, ergießt sich genau in dem Moment der Regen mit voller Macht auf sie, als sie einen Fuß aus dem halbwegs schützenden Blätterdach wagen. Ein heller Blitz zerreißt die Dunkelheit und flüchtig können sie erkennen, dass das Feuer rasch abgedeckt und die Pferde angepflockt wurden, aber außerhalb der Zelte ist niemand mehr zu sehen.

Bis sie die Eingänge zu ihren Schlafstätten erreicht haben, sind sie bereits alle wieder so naß wie Katzen, die man durch den Ildorel gezogen hat, und Máels muss Ben mit strenger Stimme davon abhalten, direkt hinter ihm ebenfalls ins trockene Zelt zu schlüpfen., und sich stattdessen ein einigermaßen trockenen Platz unter dem kleinen Fuhrwerk zu suchen. Tropfend schließt Máel so schnell wie möglich die Zeltplane vor dem Eingang und dreht sich zu Morgana herum, die ihn breit grinsend ansieht. >>Du hast wohl vergessen Dich abzutrocknen?!<<, neckt sie ihn und im gelblichen Licht der Flamme, die auf dem kleinen Talglicht flackert, funkeln ihre Augen wie Aquamarine, wobei sie sich nicht scheut, mit ihren Blicken den Wassertropfen zu folgen, die sich einen Weg über deinen nackten Oberkörper suchen. „Warum holst Du das nicht für mich nach?“ fragt er sie mit einem frechen Lächeln auf den Lippen und kniet sich zu ihr herab, um ihr einen innigen Kuss zu stehlen. Morganas Haare, die nach Rosenblüten duften, sind feucht zu einem dicken Zopf geflochten und würden morgen früh in sanften Locken über ihre Schultern fallen, denkt Máel noch bevor sie das Licht löschen, und der starke Regen einen zumindest brauchbaren Tarnmantel für verräterische Geräusche liefert, die die dünnen Zeltbahnen nicht zu verbergen vermögen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 11. Juli 2005, 12:40 Uhr
Im Zelt von Aurian und Arwen



Die Wolken, und mit ihnen Regen und Gewitter kommen schneller, als sie alle vermutet haben. Mitternacht ist noch fern, als die ersten schweren Tropfen aus einem schwarzen Himmel herabfallen und gleißende Blitze schwefelgelbe Spuren in die Wolken ziehen. Und so wie der Regen scheinbar den Rest der Gruppe aus dem Wasser und schnellen Schrittes zurück zu den Zelten treibt, damit sich das Abtrocknen nach dem Bad wenigstens teilweise gelohnt hat - Niniane, Morgana und Raven tauchen wie auf dem nichts im Schein des Feuers auf - so vertreibt er auch die drei am Feuer und zwingt sie zum Abbruch ihrer Unterhaltung. Olyvar ist es, der sich als erster erhebt, und ganz zu recht darauf hinweist, dass man besser in die Zelte gehe um nicht nass zu werden. Allerdings geht er nicht, ohne Aurian zumindest die Sorge zu nehmen, er könnte sie aus dem Dienst der Steinfaust weisen wegen der Dinge, die sich im Winter ereignet haben. Und während das Gesicht des Lord Commanders dabei so unbewegt ist wie stets, ist die Erleichterung Aurians bei diesen Worten leicht in deren Gesicht zu sehen. Das leise Dankeswort geht allerdings im erneut rollenden Donner unter.

Ebenso schnell wie schon Niniane und Morgana vor ihnen verschwinden Aurian und Arwen in ihrem Zelt, was aber trotzdem nicht verhindern kann, dass der inzwischen stärker werdende Regen sie aussehen lässt wie zwei frisch getauchte Katzen. Selbst Laon und Nuba sehen fast aus, als hätten sie ihr Bad im Bach wiederholt, als sie hinter Arwen ins Zelt schlüpfen. Wie selbstverständlich gehen die beiden Hunde davon aus, dass sie hier im Zelt ebenso in der Nähe der Elbin schlafen wie sonst auch. Dass das Zelt ohnehin nicht gerade an Platzüberschuss leidet interessiert sie dabei weniger. Aber zumindest besitzen sie den Anstand, sich nicht hier im Zelt den Pelz trocken schütteln zu wollen. Und während Aurian sich bereits der Stiefel und Hosen entledigt und unter die Decke verkrochen hat, ist Arwen unter den aufmerksamen Augen der Hunde dabei Schlafpelz und Decke auszurollen und zumindest einen Teil davon für sich zu behalten. Denn die Hunde lassen sich am Eingang des Zeltes nieder und scheinen den Schlafpelz mit jenem vor dem Fußende ihres Bettes zu verwechseln, der sonst ihr Platz ist. Es braucht ein energisches Wort, bis sich auch Laon vom Pelz trollt und mit leidendem Blick neben Nuba einrollt.
Blitze zucken immer öfter über den Himmel, begleitet vom Grollen des Donners, und das Aufflackern ihres Lichtes genügt Arwen um im Zelt sehen zu können, wo sie ihre Sachen verstaut hat und sich ihrer Stiefel, Strümpfe und Kleider zu entledigen. Die Luft im Zelt ist noch immer stickig, und so gibt es keine zwei Gedanken, ob Arwen vielleicht in ihren Kleidern ruhen wird. Als sie allerdings bei der Leibwäsche angelangt ist, fällt ihr Blick auf die junge Halbelbin, die sich in ihrem Hemd unter die Decke verkrochen und diese fast bis zur Nasenspitze hochgezogen hat.
Eingedenk ihrer sich in letzter Zeit häufenden Fehleinschätzungen der Verhaltens- und Denkweisen der Sterblichen zögert sie. Wo und wie Aurian aufgewachsen ist, vermutlich aber unter Menschen, weiß sie nicht, und so entschließt Arwen sich, das Mädchen nicht noch dadurch in Verlegenheit zu bringen, dass sie womöglich in die eine oder andere Grenze ihr unbekannter und unverständlicher Schamhaftigkeiten übertritt, und setzt sich in ihrer Leibwäsche auf ihre Decke. Sie ist eine Halbelbin... ob ihr elbisches Blut stark genug ist, dass sie im Dunkeln sehen kann? Und das Senden... zumindest die Nähe zur Magie scheint sie geerbt zu haben... Für einen Augenblick herrscht Schweigen im Zelt und geht im Flattern der Zeltplanen, dem Donnergrollen und dem nervösen Wiehern eines Pferdes unter. Aber es hat nichts unangenehmes. "Ich weiß nicht, wie stark euer elbisches Erbe ist... könnt ihr im Dunkeln sehen, Aurian? Ich habe sonst auch," das Schaben von Leder auf Leder ist zu hören, als Arwen kurz in ihren Satteltaschen nach etwas sucht, Rascheln und dann die Ahnung einer Bewegung, als sie etwas rundes in die Mitte des Zeltes legt. Auris Eine kleine Kugel offenbart sich dem Blick, knapp faustgroß erwacht in ihrem Inneren ein flackernder Funke, der an Kraft gewinnt und schließlich ein sachtes grünes Schimmern verbreitet. "... einen Aurisyaêl, einen Lichtstein." Falcon hatte immer gedacht, man müsse das Wort aussprechen, aber das stimmt nicht, es genügt, an Licht zu denken, damit er erwacht. Ich wüsste zu gerne woher der Stein stammt und welche Magie ihm innewohnt. Die Elbin sitzt auf ihrer Decke, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen und sieht das Mädchen über den Stein hinweg an. Noch immer zeigen sich die unterschiedlichsten Gefühle im Gesicht des Mädchen, auch wenn eindeutig Erleichterung dazu gekommen ist, seit Olyvar den Gedanken, er könnte sie aus dem Dienst entfernen von sich gewiesen hat.

"Vielleicht bin ich für euch auch nicht die richtige, um darüber zu reden... Wenn ihr eine Vertraute habt um darüber zu reden, eine Freundin.. oder auch einen Freund... jemanden dem ihr vertraut, wo ihr reden könnt ohne euch für irgendetwas schämen oder fürchten zu müssen, dann tut es. Es hilft, glaubt mir." Arwens Stimme ist leise, gerade laut genug, dass die Halbelbin sie verstehen kann, und ihre Gedanken wandern zu jenem Gespräch mit Niniane in deren heißer Quelle. Damals, nach Wegesend.. Götter, warum klebt an diesen Gedanken soviel Leim? Seit wir vom Tempel aufgebrochen sind, kommen die Erinnerungen dauernd zurück... Niniane... ich muss endlich mit ihr reden, unbedingt, aber ich habe... ja verdammt, sei doch ehrlich zu dir selber, Arwen,... du hast Angst davor, mit ihr zu reden, oder Cron unter die Augen treten zu müssen. Mit einem stummen, innerlichen Kopfschütteln verschiebts sie die Gedanken an das Gespräch, das unweigerlich in den nächsten Tagen noch kommen wird. "Es mag für euch vielleicht wie leere Worte klingen, wenn ich sage, ich wüsste, wie ihr euch fühlt." Ein bitteres Lächeln ist kurz zu erkennen, das um Arwens Mund spielt. "Aber das tue ich. Das tue ich besser als mir lieb ist, denn... denn ich habe das gleich erlebt wie ihr. Nur dass ich nicht mehr in der Lage war, mir meine Rache selber zu holen. Jemand anderes, ein Freund, hat den getötet, der mir das angetan hat. Es ist schwer und es braucht Zeit, ja, aber man kann wirklich lernen damit zu leben. Und ihr müsst es lernen, es zu einem Teil von euch machen. Wenn ihr das schafft, dann ist das ein größerer Sieg über diesen Kerl als ihn zu töten."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 11. Juli 2005, 20:22 Uhr
Als Caewlin ihr Zelt kommt, findet er dort Raven frischgebadet, mit noch feuchtem Haar und nur im Hemd vor, die gerade entschlossen Stelze davon abhält, es sich mit dreckigen Schlammpfoten und klitschnassem Fell auf ihren eben ausgerollten Schlafpelzen gemütlich zu machen, und erwischt seinerseits die nach ihm hereindrängelnde Akira gerade noch am Nackenfell. "Nej. Raus mit euch. Sofort!" Er hält die Zeltklappe hoch und scheucht beide Hunde hinaus. Stelze wirft ihm einen bitter beleidigten Blick zu, fügt sich aber, als Akira sich ohne zu zögern wieder trollt. Am Eingang hält der Wolfshund noch einmal inne und wirft einen schmachtenden Blick über die Schulter zurück auf Raven, doch es kommt einfach keine Rettung in letzter Sekunde... und das, wo Frauchen die weichen  Felle doch bestimmt ganz allein für ihn hergerichtet hat. "Unter den Wagen mit euch, dort ist es trocken. Ab jetzt!" Er sieht den beiden Hunden nach, die mit hängenden Ohren, vereint in ihrem Leid, durch den Regen davontrotten und zurrt dann die Plane fest, während Raven hinter ihm eine niedrige Stumpenkerze entzündet, die flackernd schwach goldenes Licht verbreitet. Als er ihren Blick auf seine nassen Kleider bemerkt, zuckt er mit den Schultern. "Wir sind vom Regen in die Traufe gekommen... oder vielmehr vom Tümpel in den Regen..." Er schält sich aus seinem zwar sauberen, aber großflächig durchnässt an ihm klebenden Hemd und seinen Hosen und legt sich das Handtuch in den Nacken, während draußen der Donner rollt und mehrere Blitze nacheinander die Nacht taghell erleuchten. Sein Haar ist mehr als feucht und ziemlich wild durcheinander, also wühlt er in den Satteltaschen nach so etwas wie einem Kamm, den Raven im prompt aus den Fingern zupft, kaum hat er ihn gefunden. Sie hebt den Blick und lächelt. Einen Moment lang sehen sie sich an und teilen die gleiche Erinnerung - an den Abend jenes Tages in Ninianes Baum, als er zum ersten Mal nach Wochen von seinem Lager aufgestanden war. Er hatte ein Bad genommen und sie hatte ihm geduldig das völlig verfilzte Haar ausgekämmt... und in dieser Nacht hatten sie sich zum ersten Mal bewusst das runde Elbenlager geteilt. Auch wenn es in aller Unschuld geschehen war, sie hatten im selben Bett geschlafen und in Nachtgewand und Unterkleidung unter derselben Decke gelegen. Wochenlang. Selbst nach ihrem... Bad. Hatte es damals begonnen, das zwischen ihnen? Oder war es nur erwacht, weil es schon immer da gewesen war, schlafend und verborgen, weil keiner von ihnen daran gerührt hatte?

Ich schlafe auf dem Boden, wenn es dir etwas ausmacht.
Neineinein. Es macht mir nichts aus, bestimmt nicht. Nein, wirklich nicht. Du musst doch nicht auf dem Fußboden schlafen .... es sei denn, dir macht es etwas aus und du willst nicht mit mir in einem Bett schlafen. Dann kann ich auch die Hunde mit ins Bett nehmen, wenn dir das lieber ist .... ähm, nein, was für ein Unsinn, du bist noch krank und verletzt und brauchst deine Ruhe, also wirst du im Bett schlafen und ich bei den Hunden vor dem Kamin. Aber wir können auch .... also, es macht mir wirklich nichts, wenn du ... ähm, ich meine...

Caewlin hebt die Hand, berührt Ravens Gesicht und fährt mit den Fingern den Umriss ihres Mundes nach, streicht an ihrem Kinn entlang und fasst dann unter ihr weiches Haar und in ihren Nacken, um sie ein Stück näher zu ziehen. "Willst du immer noch lieber die Hunde mit ins Bett nehmen?" Ihre Augen weiten sich ein wenig, dann röten sich zuerst ihre Ohrläppchen, bis sich verdächtiges Rosa über ihre Wangen und ihre Nase ausbreitet und ihr Gesicht im Kerzenschein glühen lässt. Caewlin hält den Atem an - schön ist sie immer, aber Verlegenheit macht sie absolut unwiderstehlich, umso mehr, als dass sie sich ihrer Wirkung gar nicht bewusst ist... und er, Asche auf sein Haupt, kann es einfach nicht lassen, sie immer wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen, nur um diesen hinreißenden Gesichtsausdruck zu sehen. Sie senkt kurz den Blick, schüttelt vehement den Kopf und kniet sich dann mit einem verstohlenen, kleinen Lächeln hinter ihn, um die Knoten in seinem Haar zu bearbeiten. Diesmal ist sie jedoch nicht so zurückhaltend, wie sie es damals war und alles andere als sorgsam darauf bedacht, ihm nicht zu nahe zu kommen. Sie lehnt sich an ihn, schmiegt sich an seinen Rücken, so dass er die Wärme ihrer Haut und das Klopfen ihres Herzens spüren kann, fährt mit den Fingern durch sein Haar und glättet dann aufreizend langsam Strähne für Strähne. "Raven...,"warnt er leise, aber in seinem spöttelnden Ton schwingt auch etwas mit, das seinen Gleichmut Lügen straft, "willst du mich zugrunde richten?" Sie kichert, ohne sich im mindesten bei irgendetwas stören zu lassen, und er zwingt sich, seine Finger wenigstens noch eine Weile bei sich zu behalten, den Verstand dabei nicht zu verlieren, die Augen zu schließen und still zu halten.

So vertraut ihm ihr Körper in den vergangenen Wochen auch geworden ist, schon seit er sie zum ersten Mal berührt hat, kann er nicht genug von ihr bekommen... und je mehr er sie kennt, umso vertrauter sie ihm wird, umso mehr will er sie haben. Es kostet ihn selbst jetzt seine ganze Selbstbeherrschung, ruhig sitzen zu bleiben und sie gewähren zu lassen. Dann fällt ihm jedoch etwas ein, das alle anderen Gedanken für den Augenblick verdrängt und er beugt sich vor, um nach seinen Satteltaschen zu angeln. Er klappt sie auf und zieht ein kleines Päckchen heraus, während Raven sich neugierig aufrichtet und ihm über die Schulter späht, dann dreht er sich zu ihr um. "Hier. Das wollte ich dir schon vor Tagen geben. Erinnerst du dich an den Morgen, als Galrin im Baum aufgetaucht ist? Du wolltest wissen, wo ich gewesen bin und eigentlich hätte ich ihn dir gleich geben wollen, aber..." er zuckt mit den Schultern. Sie weiß so gut wie er, dass dieser Tag und vor allem die Ankündigungen des Schiffbauers einiges Durcheinander angerichtet hatten.... und am nächsten Morgen waren sie zu dieser Bestattung aufgebrochen. "Ich war in Talyra, um ihn zu holen und dann kamen wir vor lauter..." seine Stimme senkt sich zu einem rauen Knurren, als er das verhasste Wort, "Stenford", ausspricht und wird dann wieder weicher, " und Phelans Beerdigung nicht mehr dazu. Seitdem trage ich ihn mit mir herum und warte auf eine passende Gelegenheit, ihn dir zu geben." Er nestelt den Lederbeutel der Verpackung auf und schüttelt einen glänzenden Ring in seine Handfläche. Es ist ein breiter Reif aus mattem Silber, um den sich haarfeine Linien ziehen, die ein verschlungenes Muster bilden. Auf seiner Oberseite werden die Ornamente zu dünnen Silbersträngen, die sich aus dem Silber wie ringelnde Schlangen zu einer Fassung winden und einen einzigen, sehr dunklen Bernsteintropfen in ihrer Mitte halten. Er ist nicht groß, nur so groß wie Bryndens Daumennagel vielleicht, aber er ist sehr klar, erfüllt von einem sanften inneren Leuchten, und in seiner Tiefe glühen winzige, goldene Sprenkel und reflektieren das Licht. Caewlin weicht ihrem Blick aus und sieht auf den Ring in seiner Hand, der weich im Kerzenschein glänzt. "Er ist nichts besonderes," erklärt er. "Es ist nur Bernstein, aber er hat genau die Farbe deiner Augen und ich... na ja, es ist ein Stein, den ich als Junge gefunden habe und ich habe ihn lange Zeit wie einen Talisman mit mir herumgetragen. Nach unserer Hochzeit habe ich ihn in Talyra von einem Silberschmied auf einen Ring setzen lassen. Ich wollte gern, dass du etwas persönliches hast, aber... du musst ihn nicht tragen, wenn er dir nicht gefällt."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 11. Juli 2005, 21:41 Uhr
~ In Aurians und Arwens Zelt ~

Aurian blickt die Priesterin verwundert an. Sie hat nicht damit gerechnet, dass diese Frau, die sie so gut wie überhaupt nicht kennt, so offen zu ihr ist. >Nur dass ich nicht mehr in der Lage war, mir meine Rache selber zu holen. Jemand anderes, ein Freund, hat den getötet, der mir das angetan hat. Es ist schwer und es braucht Zeit, ja, aber man kann wirklich lernen damit zu leben.< Damit leben...ja das wird sie müssen, irgendwie. Das Mädchen seufzt. Sie weiß nicht warum, aber aus irgendeinem Grund spricht sie weiter, leise nur und zögernd aber doch. „Es ist nicht nur das, ich meine es war entsetzlich, und ...was ich  ... ich meine ich habe es beinahe genossen, ihn so zu sehen, ihn leiden zu sehen, so wie ich gelitten habe. Ich habe es genossen, das Gefühl der Macht. Und doch...“ Aurian stockt. Für einige Minuten ist es still in dem kleinen Zelt, einzig das Trommeln der Regentropfen auf der Zeltplane ist zu hören und das vernehmliche Schnarchen einer der beiden Hunde.
Arwen hat sich auf ihr Fell gesetzt, sodass sie dem Mädchen direkt in die Augen sehen kann. „Ich ...ich hatte das Gefühl, nicht ich zu sein, versteht ihr? Ich meine...es war nicht das erste Mal...das mit ...mit der Magie mein ich, aber so... und ich spüre sie wird stärker, jeden Tag mehr. Lady Niniane hat mir gesagt, dass meine Mutter eine Elbin gewesen sein muss. Von ihr habe ich wohl diese...diese Gabe. Mein Vater war, oder ist, ein Mensch, hier aus Talyra. Lestat de Winter, vielleicht habt ihr von ihm gehört. Ich weiß nichts über sie, über meine Mutter gar nichts, über meinen Vater nur Gerüchte. Ich spüre nur, dass da etwas ist...und...“ Mittlerweile hat sie sich aufgesetzt und die Arme um die Knie geschlungen. Die schwarze Mähne hängt ihr zum Teil in das blasse Gesicht. Geistesabwesend streicht das Mädchen eine Strähne hinters Ohr, ehe sie die Decke um die Schultern wickelt. Seit den Ereignissen des Winters, bei denen sie noch dünner geworden war, war ihr so gut wie immer kalt. Eine seltsame Art der Kälte, die mehr von innen kommt, so als wäre ein Stück ihrer Seele zu Eis geworden. „...und dieses Etwas macht mir Angst!“
Vor dem Zelt sind Schritte zu hören. Sofort sind die Hunde hellwach und heben die Köpfe. Einer der beiden lässt ein kurzes >Wuff< hören. Doch dann scheinen sie der einhelligen Meinung zu sein, dass alles in Ordnung ist, denn sie rollen sich wieder zusammen, nur ein kurzes Grummeln ist zu hören, als wollten sie sagen, was die Störung ihrer Nachtruhe den solle. Anscheinend waren nun auch die Männer vom Bad zurückgekehrt. Arwen hatte sich zum Zelteingang gewendet, Nun dreht sie sich zurück und sieht das Mädchen an. Aurian spürt, dass die Elbin vorsichtig ihre Sinne nach ihr ausstreckt, fragend, als wolle sie auf diese Frage herausfinden, ob das Mädchen senden kann.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 12. Juli 2005, 11:18 Uhr
in Mael und Morganas Zelt


Die Zeltplane des Eingangs hebt sich erneut, aber diesmal nicht vom unablässig, böig wehenden Wind, sondern um einen klitschnassen Elb ins Zelt zu lassen, der Ben davon abhält es sich auf den Schlaffellen gemütlich zu machen. Lupin hatte dies erst gar nicht versucht und war mit einem eher beleidigten Blick zu Morgana eben schon unter den Wagen gekrochen. Morgana kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als Mael sich tropfnass zu ihr umdreht, nachdem er die Zeltplane fest verschlossen hat. "Du hast wohl vergessen dich abzutrocknen?!", fragt sie den Elb, während sie versucht ein Kichern herunter zu schlucken. Die Wassertropfen glitzern auf seiner Haut in dem unbeständigen Licht der Kerze, während sie sich langsam ihren Weg über die Haut des Elben suchen, hinweg über die ein oder andere Narbe. Morgana folgt einem Tropfen bis sich dieser am Hosenbund aus ihrem Blick verflüchtigt. >Warum holst du das nicht für mich nach?< Eine Aufforderung, die Morgana sich nicht zweimal sagen lässt, nachdem Mael sich zu ihr gekniet und ihr einen langen Kuss gestohlen hat, greift sie nach dem noch etwas feuchten Handtuch, das sie über eine der Stangen gehängt hat und reibt damit sacht die Regentropfen von seiner Haut. "Du solltest die Hose auch ausziehen, ehe du sie morgen gar nicht mehr aus bekommst." Das Schmunzeln in ihrem Gesicht und ihre funkelnden Augen verraten, dass dies sicher nicht der einzige Grund ist warum er dies tun sollte.

Die lederne Hose klebt wie eine zweite Haut an Maels Beinen und etwas umständlich, und mit dem ein oder anderen Lachanfall, schaffen sie es mit vereinten Kräften sie von seinen Beinen zu klauben. Der Regen prasselt unablässig auf die Plane nieder und von draussen dringt ausser dem Donner, der noch immer hin und wieder durch die Nacht rollt, kein Geräusch an ihre Ohren, ebenso wie wohl kaum ein Geräusch aus dem Zelt bis an die Ohren der anderen dringen würde. Nachdem Morgana auch Maels Beine abgetrocknet hat und seine Haare nur noch feucht und nicht mehr klitschnass sind, kuscheln sie sich unter den Decken zusammen und geniesssen die Zweisamkeit nach den Tagen der Enthaltsamkeit in vollen Zügen.

Als der Regen nur noch leise auf die Planen trommelt und das Gewitter ein Stück weiter gezogen ist, schlafen beide irgendwann erschöpft aber glücklich in den Armen des anderen ein. Morgana ist so müde, dass sie noch nicht einmal Zeit hat lange über den morgigen Tag nach zu denken und sogar mit einem Lächeln im Gesicht einschläft. Maels Arm ist um sie geschlungen und ihr Rücken ruht an seiner Brust, sacht streift sein Atem über ihren Nacken und lässt sie beruhigt ins Reich der Träume gleiten.

Das Zelt hält dicht und es dringt auch kein Bach aus Regenwasser ins Zeltinnere und durchnässt die Schlaffelle. Wer immer die Zelte aufgebaut hatte, hatte sie so aufgebaut, dass sie nicht in einer Senke stehen. Leicht gräuliches Licht scheint durch die Zeltplanen als Morgana irgendwann am Morgen erwacht. Mael ist noch in Trance und vorsichtig dreht die Heilerin sich in seinen Armen um und betrachtet eine Weile lächend das Gesicht des Elben. Sacht folgt sie mit dem Zeigefinger den feinen Linien seines Gesichts. Der Regen hat aufgehört, aber im Lager ist es ansonsten noch still, nur ab und zu hört man das Schnauben der Pferde. Es muss also noch sehr früh am Morgen sein, oder alle anderen sind arge Langschläfer. Mael öffnet langsam die Augen und Morgana sieht ihn lächelnd an. "Guten Morgen, min Hjarta," flüstert sie leise, ehe sie seine Lippen mit einem Kuss verschliesst und ihn so einer Antwort beraubt. "Die anderen scheinen alle noch zu schlafen, aber der Regen hat aufgehört." Morgana befreit sich aus Maels Umarmung und krabbelt zum Zelteingang, wo sie die Plane öffnet und vorsichtig heraus späht. Es ist wirklich noch früh und nur die Pferde und die Tiere der Umgebung, besonders die laut zwitschernden Vögel, scheinen schon erwacht zu sein. Sie blickt zum Himmel, an dem noch graue Wolkenfetzen dahin treiben, sich aber hier und da blauer Himmel zeigt und sicher würden sich auch die Wolkenfetzen bald ganz verzogen haben und der Tag würde einigermassen schön werden. Die Luft riecht nach frischer regennasser Erde, Wald und den typischen Gerüchen, die ein Regen nach sich zieht. Morgana atmet einmal tief ein und aus und würde dies nicht der Tag der Beerdigung sein, könnte es ein wirklich schöner Tag werden. Sie atmet noch einmal tief, ehe sie sich wieder ins Zelt verzieht und Maels Nähe sucht. Am liebsten würde sie den ganzen Tag hier im Zelt verbringen, sich in die Felle kuscheln und alles andere vergessen, bis es Abend ist und dieser Tag ein Ende findet. Aber die Heilerin weiss, dass sie sich nicht davor drücken kann, erstens ist es ihre Pflicht und zweitens möchte sie auch Abschied nehmen von Phelan, alleine um auch für sich dieses Kapitel abzuschliessen, auch wenn sie den Waldläufer sicher nie vergessen wird, genauso wie sie nie Ian, ihre beiden ersten Kinder und Lyn vergessen würde.

Ihr Blick wandert zu Mael und zum ersten Mal wird ihr bewusst, was es bedeutet, dass er ein Elb ist und sie ein Mensch. Mael würde sie überleben, um viele Jahre überleben, sie würde altern, Falten bekommen und gebrechlich werden, während er immer derselbe bleiben würde. Sie betrachtet ihren Gefährten wortlos und lange und würde ihn gerne fragen, wie er das sieht, aber sie findet keine Worte um die Frage zu formulieren und so seufzt sie erneut auf und kuschelt sich dann an den Elben, während ihre Gedanken weiter wandern.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 12. Juli 2005, 11:40 Uhr
Als Arwen erwähnt, dass sie selber ähnliches erlebt habe wie Aurian, und dass nicht sie selber Rache hatte üben können, kann sie das 'werwiewowas' in den Augen des Mädchens lesen wie in einem offenen Buch. Aber sie spricht die Fragen danach nicht aus, obwohl sie ihr sichtlich auf der Zunge liegen. Der Gefühlsaufruhr lässt dafür langsam nach und macht Nachdenklichkeit Platz. Und alles was Arwen ihr sagt, dass sie lernen muss damit zu leben, wenn sie überleben will, scheint sie nicht wirklich zu erreichen, auch wenn sie darauf mit einem leisen Seufzen reagiert. Wer weiß, wenn man so mit sich und seinen Gedanken beschäftigt ist, wenn Angst, Erinnerungen, Scham und grundlos eingebildete Schuld einen im Würgegriff halten... dann hört man vielleicht auch nur das, was man hören will. So wie sie das was Olyvar ihr gesagt hat, gar nicht wahrzunehmen schien... bis auf das, dass er sie nicht vor die Tür setzen wird. Dann fängt Aurian doch wieder an zu sprechen, ganz leise und stockend, so als sei sie sich nicht sicher ob sie es erzählen soll und will, oder so als suche sie nach den Worten, um ein Gefühl zu beschreiben, das sie nicht versteht und das ihr Unbehagen bereitet. >Es ist nicht nur das, ich meine es war entsetzlich, und ...was ich  ... ich meine ich habe es beinahe genossen, ihn so zu sehen, ihn leiden zu sehen, so wie ich gelitten habe. Ich habe es genossen, das Gefühl der Macht... ich hatte das Gefühl, nicht ich zu sein, versteht ihr? Ich meine...es war nicht das erste Mal...das mit ...mit der Magie mein ich, aber so... und ich spüre sie wird stärker, jeden Tag mehr. Lady Niniane hat mir gesagt, dass meine Mutter eine Elbin gewesen sein muss. Von ihr habe ich wohl diese...diese Gabe. Mein Vater war, oder ist, ein Mensch, hier aus Talyra. Lestat de Winter, vielleicht habt ihr von ihm gehört. Ich weiß nichts über sie, über meine Mutter gar nichts, über meinen Vater nur Gerüchte. Ich spüre nur, dass da etwas ist... und... und dieses Etwas macht mir Angst !<

Arwen antwortet nicht gleich auf dieses... ja es klingt fast wie ein Geständnis. Sie ist sich selber unsicher, was sie dem Mädchen sagen kann und soll. Und sie hat das drängende Gefühl, dass dieses Mädchen dringend mit einer Freundin reden sollte, nicht mit einer Fremden wie ihr. Das Geräusch von Schritten vor dem Zelt und die plötzliche Wachsamkeit der Hunde lenkt auch ihre Aufmerksamkeit zum Zelteingang... und verschafft ihr noch einen Augenblick des Nachdenkens ehe sie nach einem tiefen Atemzug antwortet. "Ich kann euch keinen Vorwurf aus dem machen, was ihr empfunden habt, als ihr den Kerl... Blutaxt hieß er, oder? .. als ihr ihn getötet habt, ich denke, das gehört zu den Gesichtern der Rache. Und dass ihr euch dessen bewusst seid, und trotz allem Schuld empfindet weil und wie ihr ihn getötet habt, das spricht, denke ich, für euch. Ihr seid keine kaltblütige Mörderin. Wäret ihr es, wäre euch egal, was ihr getan habt." Die Hand des Mädchen spielt wieder gedankenverloren mit dem Anhänger um ihren Hals, und auch wenn sie Arwen ansieht, scheint es so, als würden ihre Gedanken wandern. "Es ist nicht die Magie an sich, die euch Angst macht, nicht wahr? Nicht zu wissen, wann sie erwacht, sie noch nicht wirklich beherrschen zu können, das ist was, was einen ängstigt. Das Gefühl zu wissen, dass da etwas in einem ist, dass mächtiger ist als man sich vorzustellen wagt, das schläft, aber jederzeit erwachen kann, und einen dann anspringt und überwältigt wie ein wildes reißendes Tier. Eine Macht, die sich verselbständigt, und der man dann nur noch hilflos und ausgeliefert zusehen kann, so als würde man sich selber aus großer Höhe betrachten. Man hat Angst davor, und man ist wütend, weil man es nicht kontrollieren kann. Und je stärker Wut oder Angst oder auch Hass werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es erwacht. Es ist ein ewiges Rad, das sich immer schneller dreht, und aus dem man scheinbar weder ausbrechen noch es anhalten kann."
So ruhig und beherrscht die Worte und die Stimme der Elbin auch klingen, ihre Gedanken wandern während sie spricht, wandern zurück in ihre Kindheit, und zu den Ausbrüchen, denen sie und ihre Familie hilflos gegenübergestanden hatten, zu diesem Teufelskreis aus Angst und Wut und Hilflosigkeit. Mit einem Ruck richtet sich Arwen wieder auf und sieht Aurian an, hält deren Blick mit ihrem fest. "Ihr dürft nicht aufgeben, es zu lernen. Der Lord Commander erwähnte Maester Malakai als euren Lehrer... Ich wusste nicht, dass er Talyra verlassen hat... ich kenne ihn... von früher." Dem Mädchen die Geschichte der Wurmdämonen unter der Stadt zu erzählen gehört hier nicht her, und so schluckt Arwen jede Bemerkung wo und wie sie den Magier kennen gelernt hat herunter. "Er ist ein Mann von großer Macht, das stimmt, und sicher auch ein geeigneter Lehrer um euch zu unterweisen, eure Macht zu beherrschen und anzuwenden. Denn das müsst ihr unbedingt, wenn ihr als Magierin im Dienst der Steinfaust bleiben und keine Gefahr für euch und andere darstellen wollt. Dazu ist die Macht die in der Magie liegt viel zu verlockend, als dass sie ungeschult und unbeherrscht bleiben kann und darf, erstrecht, wenn ihr sagt, dass ihr spüren könnt, wie sie mit jedem Tag stärker wird... Aber wie euer Dienstherr ganz richtig sagte: Es gibt einen Weg das zu erlernen. Und in einer Stadt wie Talyra, in der sich die unterschiedlichsten Wesen treffen, und in der ein Viertel wie die Tausendwinkelgassen blüht, da sollte sich doch jemand finden lassen, der eure Ausbildung übernehmen kann."

Unter dem Blick, den die Halbelbin ihr zuwirft, beginnt sich etwas in Arwen zu winden, und mit einem Lächeln und einer kleinen Geste winkt sie ab. "Oh, mich braucht ihr da nicht anzusehen. Ich bin bloß eine einfache Priesterin, um euch in den Pfaden arkaner Magie zu unterweisen, bin ich absolut ungeeignet. Die Magie der Priester hat einen anderen Ursprung als die der Magier. Zerbrecht euch nicht unnötig den Kopf. Ihr seid Halbelbin, und vermutlich wird euer Leben mehrere Menschenalter dauern, mehr als genug Zeit also, um eure Magie beherrschen zu lernen." Der Name, den Aurian genannt hat kommt ihr wieder in den Sinn. Lestat de Winter… nur Gerüchte.. über meine Mutter gar nicht.. "Der Name eures Vaters sagt mir leider gar nichts. Aber das muss nichts heißen, denn immerhin bin ich erst seit wenigen Jahren in Talyra." Ein Gedanke unterbricht Arwens Worte, drängt sich so sehr in den Vordergrund, dass sie nicht umhin kann, ihn auch auszusprechen. "Wenn Malakai euer Lehrer gewesen ist... was hat er schon herausgefunden? Euer Element?... Ich meine, wisst ihr, welches euer Element ist? Oder wie sich euer elbisches Erbe äußert, welche Fähigkeiten ihr von eurer Mutter geerbt habt?" Sie erinnert sich an die Dunkelheit vorhin im Zelt. "Ihr könnt im Dunkeln sehen, besser als Menschen, aber ihr habt nicht die Nachtsicht der Elben, oder? Vorhin, ehe das Licht da war, konntet ihr mich so gut wie nicht erkennen... Könnt ihr... Senden? Ohne Worte mit jemandem reden?.. Darf ich...?" Nachdem das Mädchen ihr mit einem schüchternen Nicken das Einverständnis gegeben hat, öffnet Arwen ihren Geist, spürt schlagartig die Energie, die dem Gewitter innewohnt, das sich jetzt direkt über ihnen befindet, die Unruhe der Pferde. Doch ehe die offenen Emotionen überall um sie herum das Bewusstsein der Elbin erreichen können, schirmt sie sich gegen alles ab, was nicht sie selber und das Mädchen vor ihr betrifft. Sei vorsichtig, Arwen. Du weißt nicht ob sie schon je zuvor im Geist berührt wurde, und wie sie darauf reagieren wird. Wenn sie es noch nicht kennt, könnte es ein Schock für sie sein. Und bei ihrer ungeschulten Magie könnte das die Götter wissen was auslösen. Ganz sacht und behutsam streckt sie ihre Sinne nach dem Mädchen aus, berührt deren Denken und ruft sie sacht und stumm bei deren Namen. Und ihr Ruf wird wahrgenommen, das kann Arwen spüren, während sie auf eine Antwort wartet und sich gleichzeitig wappnet auf was auch immer zu reagieren. Götter, Arwen, seit wann bist du so leichtsinnig. So etwas hier zu versuchen... Die Tatsache, dass die beiden Hunde noch immer friedlich neben ihrer Decke liegen, beruhigt Arwen etwas. Laon und Nuba haben ein untrügliches Gespür dafür, wenn Magie in ihrer Nähe gewoben wird, selbst dann, wenn es von Arwen ausgeht.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 12. Juli 2005, 22:10 Uhr
~ In Crons und Ninianes Zelt ~


Als Cron - barfuss und nur in Hosen -, dafür ein unordentliches, triefendes Bündel, bestehend aus Hemd, Handtuch und Stiefeln in den Händen mit einem Schwall kalter Nachtluft und einem feinen Regenschauer ins Zelt schlüpft, alles auf einen Haufen wirft und die Klappe hinter sich hastig schließt, ist Niniane gerade damit fertig, das Ende ihres langen, dicken Zopfes mit einem Lederband zu umwinden. Sie hebt eine Braue, sieht erst das Kleiderbündel, dann den durchnässten Zelteingang gedehnt an und öffnet gerade den Mund, dann fällt ihr Blick auf Cron. Er ist gerade dabei, sich die durchweichten Hosen aufzuschnüren und sie mustert ihn von Kopf bis Fuß und vergisst vollkommen, dass sie eigentlich gerade mit ihm hatte schimpfen wollen. Genaugenommen klebt ihr die Zunge einen Moment lang sogar am Gaumen. Sein langes, schwarzes Haar fällt ihm glatt und nass wie Seehundspelz über den Rücken, Wasserbäche rinnen über seine breiten Schultern und lassen seine Haut im Kerzenlicht schimmern, das weich die Wölbungen seiner Muskeln bronziert und umschattet. Er ist groß, doch seine Größe beschränkt sich nicht allein auf seine sieben Fuß Höhe: er besitzt wuchtige Schultern und seine breite Brust geht über in einen schlanken, sehnigen Bauch, schmale Hüften und lange, kräftige Beine. Seine leicht schrägen Augen sind so dunkelblau wie Kornblumen, die langen Wimpern rabenschwarz, und seine ebenso dunklen Brauen bilden einen Winkel wie die entfalteten Schwingen eines Vogels. Seine hohen Wangenknochen und die ausgeprägten, feinen Kiefermuskeln geben seinem Gesicht markante Eleganz, die gerade Nase und der empfindsame Zug um den Mund mildern den vagen Eindruck kantigen Hochmuts zu jungenhaft rauem Charme. Sie holt langsam und tief Atem, als er den Blick hebt und sie ansieht, den Ausdruck in ihren Augen bemerkt und vollkommen reglos verharrt. "Es trifft mich jedes mal." Das Blau seiner Augen wird noch eine Spur dunkler, dann hebt sich fragend eine seiner Brauen, doch das wissende, kleine Lächeln, das sich gerade in seine Mundwinkel schleichen will, stirbt unter dem leisen, fast erstaunten Ernst ihres Tonfalls. "Du. Du triffst mich jedes mal." Er streift sich die nassen Hosen ab, schüttelt sie aus und hängt sie in die Querverstrebung unter dem Zeltdach, ohne einmal seinen Blick aus ihrem zu lösen. Niniane bewegt sich, rutscht auf den weichen Pelzen zur Seite und schlägt die Felle zurück, um ihm Platz zu machen. Er kommt schweigend zu ihr, still und konzentriert und so ernst wie sie, seine Haut so glatt wie Marmor und so kühl wie Nacht und Regen, köstliche Kälte auf ihrer brennenden Haut, in ihrem erhitzten Fleisch.

Sie besitzt gerade noch genug Geistesgegenwart, das kleine Talglicht zu löschen, bevor ihre davon segelnden Kleider oder die sich im Wind bauschenden Zeltwände Feuer fangen können, und dann löscht sein hungriger Mund alle anderen Gedanken aus. Sein Kuss ist rau, voller Gier und einer Art bedachtsamen, sanften Rücksichtslosigkeit , die sie ganz bestimmt den Verstand kosten wird. Er lässt ihr einmal mehr bewusst werden, dass nie genug bekommen wird von seinem Geschmack oder dem Gefühl seiner Haut unter ihren Fingern... und dann schmilzt auch der Rest seiner Kühle in ihrer Hitze davon. Das monotone Rauschen des Regens und das an- und abschwellende Singen des Windes in der Gewitternacht draußen absorbiert sie, hüllt sie ein und schafft die merkwürdige Atmosphäre absoluter Stille und Abgeschiedenheit. Obwohl keine zehn Schritt entfernt ringsum im Lager zwei Rossknechte der Steinfaust und ein Dutzend ihrer Freunde schlafen (oder auch nicht), hätten sie in der warmen, dunklen Insel ihres Zeltes ganz allein auf der Welt sein können. Irgendwann weit nach Mitternacht liegen sie träge und schläfrig in ihren Fellen und unterhalten sich leise, ihr Rücken mit seiner Brust verschmolzen, ihre Arme und Beine so verschlungen, dass nicht einmal mehr sie selbst sagen könnte, wo ihr Körper eigentlich aufhört und seiner beginnt. Ihre Schlafpelze bestehen weitgehend aus einem einzigen, zusammengeknüpften Büffelfell und sind gerade breit genug für einen Mann seiner Größe und sie selbst, doch sie liegen Haut an Haut und sind warm bis in die Zehenspitzen. Er erzählt ihr leise lachend von seinem nächtlichen Badeabenteuer mit den anderen, das vom Gewitter so abrupt abgewürgt worden war, und ihr Mund verzieht sich zu einem Lächeln - sie ist selbst zu müde, um zu kichern, obwohl die Vorstellung von zwei blinden Nordmännern und einem Zwergen als Lotsen durch einen stockfinsteren Wald ziemlich erheiternd ist. "Das hätte ich gern gesehen," murmelt sie mit schläfriger Zufriedenheit, als ihr, im Schutz seines Armes geborgen die Augen zufallen. "Arwen hat immer noch kein Wort zu mir gesagt. Ich muss morgen mit ihr reden. Ihr Schweigen ist so laut, dass einem die Ohren davon dröhnen..."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 12. Juli 2005, 23:05 Uhr
Der Regen ergießt sich in wahren Sturzbächen in das flache Tal, in dem sie ihr Lager aufgeschlagen haben, und heftige Windböen zerren an den Zeltplanen, so dass Raven nur hoffen kann, dass ihre flatternde Unterkunft die Nacht und das Unwetter auch heil überstehen wird. Ihr einziger Trost ist, dass die Elbenzelte, die so verschlungen und verschnörkelt geformt sind wie überdimensionale Schneckenhäuser, noch wesentlich weniger standfest und so leicht und dünnwandig aussehen, als könne der nächstbeste Windhauch sie ins Nirgendwo davon wehen. Sie selbst haben sich in einem der Zelte aus der Steinfaust häuslich eingerichtet, das die Rossknechte auf dem Wagen transportiert hatten, und wenngleich es nicht unbedingt schön ist, so doch wenigstens stabil. Caewlin hatte nur einen einzigen Blick auf die wenig vertrauenerweckenden elbischen Zelte geworfen und dann kurzerhand ihr ganzes Gepäck und das Sattelzeug in dieses hier geschafft, in dem Raven sich nun auf den ausgerollten Fellen niederlässt und mit dem Wolfshund einen verbissenen Kampf um die besten Plätze ausficht. Stelzes Eifer, ihr auf den Schoß zu klettern oder wenigstens ein weiches Plätzchen in ihrer Nähe zu finden, an dem er sich zusammenringeln kann, wird allerdings jäh von einem ziemlich barschen >Nej. Raus mit euch. Sofort!< unterbrochen, dem er sich widerwillig fügt und sich dann zusammen mit Akira beleidigt davon trollt. Eigentlich hatte Raven einen sauberen und trockenen Nordmann erwartet, doch was da, gefolgt von einem Schwall Regentropfen und einem heftigen Windstoß, unter der Eingangsklappe hindurch ins Zelt schlüpft und gleichzeitig die Hunde in das Unwetter hinaus scheucht, ist zwar sichtbar sauberer als vor dem Bad, von trocken kann jedoch keine Rede sein. Caewlins völlig durchweichtes Hemd klebt ihm wie eine zweite Haut am Körper und aus seinen Haaren trieft das Regenwasser. Er zuckt nur grinsend mit den Schultern und erklärt mit Unschuldsmiene, sie seien vom Regen in die Traufe oder bessergesagt vom Tümpel in den Regen gekommen. "Hm", kann Raven es sich mit einem Kichern trotzdem nicht verkneifen, "normalerweise zieht man sich doch vor dem Baden aus. Hat dir das niemand beigebracht?" Der Blick, den ihr Caewlin als Antwort schickt, droht augenzwinkernd damit, sie übers Knie zu legen, doch vorerst ist er noch damit beschäftigt, sich aus den nassen Kleidern zu pellen - für einen Riesen wie ihn in dem engen, niedrigen Zelt eine ziemlich akrobatische Angelegenheit. Ungeniert und mit einem verborgenen Glitzern in den Augen schaut Raven zu, wie sich der Reihe nach breite Schultern, ein muskelbepackter Oberkörper, ein himmlischer Hintern und dann der ganze nicht weniger himmlische Rest von ihm aus Hemd und Hose schälen und allein schon der Anblick reicht, ihr das Blut in den Adern summen zu lassen. Der Schein der Kerze, die sie entzündet hat, lässt schimmerndes Gold über seine Haut und die sanft gewölbte Landschaft seiner Muskeln fließen und Raven kann ihre Augen nur noch mit übermenschlicher Anstrengung von ihm losreißen. Den geschnitzten Kamm, den Caewlin aus den Satteltaschen zutage befördert, nimmt sie ihm schließlich lächelnd aus den Fingern, wohl wissend, dass sie sich gerade beide an das gleiche erinnern, an einen kleinen magischen Augenblick vor nicht allzu langer Zeit. Und er bestätigt es, indem er leise fragt: >Willst du immer noch lieber die Hunde mit ins Bett nehmen?< Sie schüttelt den Kopf und wird tatsächlich rot bei der Erinnerung daran. Gütige Götter, was habe ich damals nur alles von mir gegeben...

"Lass mich das machen", murmelt sie nur und senkt mit einem verlegenen Lächeln den Blick. Sein Haar ist dicht und glänzend und obwohl gut eine Elle davon im vergangenen Winter der Klinge seines Dolches zum Opfer gefallen ist, reicht es ihm schon wieder bis weit über die Schulterblätter. Raven kniet sich hinter ihn und fährt mit allen zehn Fingern hinein, bearbeitet es vorsichtig und kämmt die Knoten aus, immer darauf bedacht, nicht zu sehr zu zerren und zu ziepen - und sie tut es mit Genuss. An seine warme Haut geschmiegt und seinen vertrauten Geruch in der Nase, könnte sie wohl noch Stunden so ausharren, wenn nicht alles in ihrem Inneren ihm vor Sehnsucht und Ungeduld entgegenbeben würde. Aber sie haben Zeit und auch Caewlins warnende Bemerkung, die er mit sanftem Spott an sie richtet, kann sie nicht aus dem Konzept bringen. Während der Kamm durch die langen, kastanienroten Strähnen gleitet, wandert ihr Blick über seinen Nacken den Rücken hinab, der von so vielen kleinen und größeren Narben gezeichnet ist, dass man sie kaum mehr zählen kann. Er trägt viele davon, überall am ganzen Körper. Manche sind kaum sichtbar, andere dagegen haben tiefe Spuren hinterlassen. Von vielen kennt sie die zugehörige Geschichte, von einigen hat sie die Entstehung selbst miterlebt, und ihre Hände und Lippen kennen inzwischen jede einzelne von ihnen. An einer ehemals tiefen Wunde an seinen Rippen bleibt ihr Blick schließlich hängen und sie berührt die Narbe dort sacht mit den Fingern. Whytfisk. Und es ist nicht die einzige, die Caewlin aus dem Kanal mit herauf ans Tageslicht gebracht hat. Ihre Miene verfinstert sich einen Moment lang, als düstere Erinnerungen in ihr aufsteigen und sie daran denkt, was dort unten geschehen ist. Wir haben nie richtig darüber gesprochen.... Auch sie selbst hat Narben davon zurückbehalten, zwei handspannenlange, ausgefranste Linien verwachsener Haut auf ihrem Oberschenkel, die im Kerzenschein hell, fast weiß auf der gebräunten Haut hervortreten. Sie erscheinen ihr mehr als hässlich und die Erinnerung an die Erlebnisse schmerzt, und doch weiß sie, dass sie dieser Wunde ihr Leben zu verdanken hat. Und das ihres Mannes ebenso. >So will ich dich zeichnen, dass immerdar ich dich wiedererkenne im Leben, und dieses Zeichen erinnere dich an das Wort, das du mir gegeben...< Seine Worte kommen ihr in den Sinn und berühren sie so unvermittelt, als hätte jemand eine Saite in ihr angezupft. Sie legt den Kamm beiseite, schlingt die Arme von hinten um Caewlins Schultern und küsst ihn in den Nacken. "Ich liebe dich", flüstert sie dicht an seinem Ohr und legt ihre Wange an seine, als er sich auf einmal nach vorne beugt und erneut damit beginnt, in den Satteltaschen herumzuwühlen, als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen.

"Was suchst du denn?" fragt Raven neugierig und versucht über seine Schulter hinweg einen Blick auf das zu erspähen, was er aus den Taschen kramt. Doch erst, als er sich zu ihr herumdreht, kann sie erkennen, dass er einen kleinen ledernen Beutel in der Linken hält. >Hier. Das wollte ich dir schon vor Tagen geben,< erklärt er und zerrt an dem dünnen Band herum, das den Beutel verschließt. >Erinnerst du dich an den Morgen, als Galrin im Baum aufgetaucht ist? Du wolltest wissen, wo ich gewesen bin und eigentlich hätte ich ihn dir gleich geben wollen, aber... Ich war in Talyra, um ihn zu holen und dann kamen wir vor lauter Stenford und Phelans Beerdigung nicht mehr dazu. Seitdem trage ich ihn mit mir herum und warte auf eine passende Gelegenheit, ihn dir zu geben.< Ein kleines, silbrig schimmerndes Etwas kullert aus dem Lederbeutel in seine Handfläche und als Raven erkennt, was es ist, kann sie es nur sprachlos anstarren, während Caewlin hastig weiterspricht. Etwas in seiner Stimme irritiert sie, denn sie hat einen ganz fremden Unterton und klingt fast ein wenig verlegen - etwas, das sie an ihm überhaupt noch nicht erlebt hat. >Er ist nichts besonderes< beeilt er sich zu erklären. >Es ist nur Bernstein, aber er hat genau die Farbe deiner Augen und ich... na ja, es ist ein Stein, den ich als Junge gefunden habe und ich habe ihn lange Zeit wie einen Talisman mit mir herumgetragen. Nach unserer Hochzeit habe ich ihn in Talyra von einem Silberschmied auf einen Ring setzen lassen. Ich wollte gern, dass du etwas persönliches hast, aber... du musst ihn nicht tragen, wenn er dir nicht gefällt.< "Er ist nichts besonderes?" echot sie und ihr Blick irrt ungläubig über sein Gesicht und dann über den kleinen glänzenden Reif in seiner Hand. Er ist unglaublich präzise gearbeitet, die eingetriebenen Muster und Linien, die sich aus dem Silber heraus zu hauchdünnen Strängen verschlingen und den Stein umfassen, sind so filigran und fein, dass sie kaum glauben kann, dass er von Menschenhand geschaffen ist. Der Ring sieht in ihren Augen so zart und fragil aus, als hätten eher hunderte winziger Feenhände daran geschmiedet.

"Er ist..." Sie weiß überhaupt nicht, wie ihr geschieht, als Caewlin ihr den Silberreif auf den Finger steckt und als sie endlich ihre Sprache wiederfindet, ist ihre Stimme vor Freude und Rührung nur noch ein leises, kratziges Flüstern. "Er ist ... er ist einfach wunderschön. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich .... danke", seufzt sie leise, während ihr Blick sich wie gebannt auf den leuchtenden Stein heftet. Im Kerzenschein schimmert der Bernstein in allen nur erdenklichen Farben, in funkelndem Kupfer, in sattem Bronzebraun und glänzendem Honiggold und in seiner Tiefe scheinen feurige Funken zu sprühen. "Selbst wenn er die gleiche Farbe hat - er ist doch viel schöner als meine Augen." Sie blinzelt die Tränen weg, die plötzlich aufsteigen wollen und mit aller Macht nach oben drängen. Dass Caewlin seinen Talisman geopfert und in den Ring hat einarbeiten lassen, berührt sie zutiefst. "Wenn der Stein dein Glücksbringer war und nun an meinem Finger steckt", sagt sie leise, "dann muss in Zukunft eben ich seine Aufgabe übernehmen. Und ich hoffe, ich bringe dir welches." Raven fühlt sich durch ihn so beschenkt, dass sie es gar nicht in Worte fassen kann - und auch ein wenig beschämt. Und dabei geht es nicht nur um diesen Ring. Das übermächtige Bedürfnis durchflutet sie, ihm etwas zurückzugeben für all das, was er ihr schenkt, was er ihr gibt und was er ihr bedeutet, aber sie besitzt einfach nichts, was sie ihm geben oder mit ihm teilen könnte. "Caewlin. Schau mich an." Im flackernden Dämmerlicht sucht sie seinen Blick und umfasst sein Gesicht mit beiden Händen. "Ich werde ihn tragen, so lange ich lebe. Und ich werde dich lieben, so lange ich lebe. Ich wünschte nur, ich könnte dir etwas dafür bieten, dir auch etwas schenken, aber ich ... ich habe ja nichts, was ich dir geben könnte, außer mir selbst." Ihre Finger streicheln sein Gesicht und legen sich sacht über die lange, gezackte Narbe auf seiner Wange, wandern weiter seinen Hals entlang, über die kleine weiche Mulde unter seiner Kehle, wo sie an ihren Fingerspitzen seinen schnellen, harten Pulsschlag spüren kann, in seinen Nacken, über seine Schultern, über seine warme Haut, und die Berührungen und seine Nähe durchfluten sie wie Sonnenschein. "Ich liebe dich so sehr", flüstert sie und küsst seinen langsamen, sanften Mund. "Und selbst wenn ich nicht einmal mehr einen Faden am Leib hätte .... ich wäre immer noch der reichste Mensch der Welt. Denn ich habe dich." Für die Dauer eines Herzschlages bleiben ihre Blicke aneinander haften und sie versinkt in Augen, so endlos und weit wie der Himmel, bevor sich ihre schließen und alles um sie herum plötzlich völlig unwichtig wird. Es gibt kein Gewitter und keinen Sturm mehr, keinen Regen, keine neugierige Ohren, kein gar nichts mehr, nur noch sie beide und ihren Hunger nach einander.

Raven liegt noch lange wach, Arme und Beine um Caewlin geschlungen, erschöpft und glücklich, müde und aufgewühlt, während draußen der Regen auf das Zeltdach pladdert und ein letztes, fernes Donnergrollen die nächtliche Stille durchbricht. Sie fühlt sein Herz schlagen und lauscht seinen gleichmäßigen Atemzügen, während sie das leise Lächeln auf seinem Gesicht betrachtet und gedankenverloren und noch ganz erfüllt von den letzten Stunden den Ring an ihrem Finger dreht. Irgendwann in den Stunden vor Morgengrauen kommt sie schließlich doch zur Ruhe und als sie endlich wegdämmert, schläft sie wie ein Stein. Bis eine sanfte Berührung auf ihrer Wange ihre Träume stört. "Gehweg", murmelt sie und dreht unwillig den Kopf zur Seite. "Willschlafen." Von irgendwoher dringt wie durch zähen Nebel Vogelgezwitscher an ihr Ohr und wäre sie nicht so faul und müde, würde sie sicher das Gesicht in den Fellen vergraben, aber im Moment liegt sie lang auf dem Rücken und ist nicht einmal fähig, den großen Zeh zu bewegen. Wieder tastet etwas über ihr Gesicht, eine Berührung zart wie raschelnde Schmetterlingsflügel. "Lass das", nuschelt sie schlaftrunken und tastet nach Caewlin neben sich. "Das kitzelt." Endlich findet sie seine Hand und hält sie fest, aber was auch immer ihr Gesicht berührt, es ist immer noch da, geradezu penetrant in seiner Hartnäckigkeit. Schläfrig öffnet Raven ein Auge - und schließt es gleich wieder. Das Ding, das mitten auf ihrer Brust hockt, gibt ein anlehnungsbedürftiges "Zirp" von sich. Es ist ein Traum, nichts weiter. Als sie ihre müden Augen zum zweiten Mal öffnet, blickt sie schlaftrunken und noch völlig benebelt direkt in ein langes, grünes, pferdeähnliches Gesicht mit zwei Augen, die sie geradewegs anstarren, so groß wie zwei buntgesprenkelte Mühlsteine. Das Wesen ist gut und gern so lang wie ihre Hand breit, sieht aus, als würde es auf einem anderen Stern wohnen und auf seinem Kopf sitzen zwei lange Fühler, die ihr im Gesicht herumtasten. Und es sitzt so nah an ihrem Gesicht, dass sie die verdammten Einzelteile in seinen riesigen Facettenaugen zählen könnte. Diejenigen von Ravens Gehirnzellen, die um diese Uhrzeit überhaupt schon funktionieren und zu logischen Gedanken fähig sind, signalisieren: normale Heuschrecke. Die anderen Bereiche, die noch belämmert im Tiefschlaf liegen, signalisieren: grässliches, gefährliches, grünes Monster.

Was dann passiert, dauert nicht einmal drei Herzschläge: mit einem panischen Schrei schießt Raven in die Senkrechte, schlägt wild um sich, wirft wie von einer Tarantel gestochen die Felle von sich und stürzt sich blindlings in die Flucht nach vorne. Unterwegs rafft sie an sich, was sie gerade erwischt - eines von Caewlins Hemden, das ihr in die Finger kommt -, rammt im Hinausrennen den Zeltpfosten, verheddert sich in den Decken, die verknäult auf dem Boden herumliegen, stolpert, reißt in ihrer Hektik die halbe Eingangsklappe herunter und das Zelt beinahe ein, und ist mit einem langen Satz draußen im Freien. Schweratmend und mit panisch rasendem Herzschlag, schlaftrunken und völlig kopflos schliddert und stolpert sie über das nasse Gras, strauchelt, rammt die Fersen in den rutschigen Boden, versucht zu bremsen, schafft es nicht und landet kopfüber und um sich schlagend mitten in einer nassen Zeltbahn. Die lautstark grollende Stimme, die auf einmal unter der Plane zu hören ist und deftige, zwergische Flüche von sich schleudert, bringt sie endlich zu sich und vertreibt auch noch das letzte bisschen Schlaf aus ihrem umnebelten Hirn. Mit wildem Herzklopfen und wackligen Knien rappelt Raven sich aus Borgils zerfleddertem Zelt auf und bleibt einen Moment benommen im Gras sitzen, während aus den umliegenden Zelten die eine oder andere Stimme laut wird. Verdammt, bloß schnell weg hier .... Eilig schlingt sie sich das Hemd um die nackten Schultern und macht sie sich auf den Rückweg, und während der wenigen Schritte zurück zu ihrem Zelt schlägt ihre Panik in massive, lupenreine Wut um. "Blödes Vieh, mich so zu erschrecken! Na warte!" Zornfunkelnd und wild entschlossen, es dem nächtlichen Störenfried heimzuzahlen, der sie aus dem wohlverdienten Schlaf gerissen und in Panik versetzt hat, krabbelt sie durch die herabgerissene Klappe wieder in das Zelt und verschießt auf der Suche nach dem Grashüpfer wütende Blicke um sich. "Komm raus, du Biest! Na los, zeig dich. Ich weiß genau, dass du hier irgendwo bist!" Auf allen Vieren kriecht sie durch das Zelt, wühlt sich durch Sattelzeug, Felle, Stiefel und Kleiderhaufen und beinahe bleibt ihr zum zweiten Mal an diesem Morgen das Herz stehen, als plötzlich direkt vor ihr etwas Grünes in die Luft springt und über ihr an der Zeltplane kleben bleibt. Raven fackelt nicht lange, streckt die Hand aus, packt die Heuschrecke und stößt gleich darauf ein wütendes "Aua!" aus, als sie von ihr in den Finger gebissen wird. "Raus mit dir! Geh dir anderswo einen Schlafplatz suchen!" Als sie sich erschöpft umdreht, schaut sie direkt in Caewlins grinsendes Gesicht. "Du brauchst gar nicht lachen", schnaubt sie und hält ihm anklagend ihren Zeigefinger entgegen. "Ich habe überhaupt keine Angst vor Insekten, ich habe mich nur erschrocken. Und außerdem hat es mich gebissen."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 13. Juli 2005, 09:51 Uhr
~ In Arwens und Aurians Zelt ~

Die Tausendwinkelgasse! Aurian erinnert sich daran, an jene Nacht, als sie auf der Suche nach einem Kräuterladen dort herum geirrt war und an jene unheimliche Alte. Ein Schauer rinnt ihr den Rücken hinab und schnell schiebt sie die Bilder beiseite. „ihr...ihr kennt das Gefühl nicht wahr? Ich meine das Gefühl sich seinem magischen Teil so ausgeliefert zu fühlen. So hilflos davor zu stehen, fürchten zu müssen, das die Macht einen beherrscht!“ Der Blick der Priesterin bestätigt es, sie muss nichts sagen. >Wenn Malakai euer Lehrer gewesen ist... was hat er schon herausgefunden? Euer Element?< Auf diese Frage kann das Mädchen nur den Kopf schütteln. „So weit waren wir noch nicht, ich meine, es ist nur wenig Zeit vergangen nachdem ich meine Ausbildung begonnen habe und dann ...dann haben sie mich schon geholt. Nachher war ich nur zwei, drei Male beim Maester ehe er die Stadt verlassen hat. Aber ich meine ich habe diese..diesen Kerl in eine Fackel verwndelt, andererseits die Höhle zum Einsturz gebracht...in den Kanälen habe ich ein Feuer entfacht...und die Starre, in die ich Menschen fallen lassen kann, vollkommenen Bewegungsunfähigkeit! Ich weiß es wirklich nicht!“ Nach einer kurzen Pause fährt sie fort. „Er meinte nur einmal, ich sei nicht für die Wissenschaft geboren sondern für den Kampf, eine Kriegerin im Mantel der Magie. Ich weiß nicht genau was er damit meinte, aber es...es ist beängstigend! Und was die Nachtsicht angeht: Ich kann schon im Dunkeln sehen, zwar nicht sehr gut, aber ich glaube besser als die ..die Menschen.“ Noch immer fällt es ihr schwer, sich selbst als das zu sehen was sie ist, eine Halbelbin. Zu sehr hatte sie gut 20 Sommer in dem Glauben gelebt ein Mensch zu sein, sterblich mit einer Lebensdauer von ungefähr 70 Jahren.

Der Regen trommelt gleichbleibend auf das Dach des Zeltes. Draussen ist alles ruhig, als die Priesterin sich erneut an das Mädchen wendet. >...... Könnt ihr... Senden? Ohne Worte mit jemandem reden?.. Darf ich...?"< Aurian nickt. Sie hatte diesen Versuch schon mal erlebt, damals mit Amrun im Haus der Bücher. Und das Lied, welches ihr der Elb aus dem Kerker gesandt hatte – noch immer versteht sie nicht wieso er noch am Leben ist – auch das hatte sie über den Weg der Telepathie empfangen. Doch diesmal ist es anders: Die Elbin tastet so vorsichtig nach ihrem Geist, dass die Angst, die sie beim ersten Versuch verspürt hat, vollkommen ausbleibt. Und da sie weiß, dass etwas kommen würde, ist es auch nicht so überraschend wie in der Steinfaust. Deutlich klingen die Worte in ihrem Kopf, beinahe als würden sie laut ausgesprochen. Doch als sie versucht zu antworten, ist es ihr nicht möglich. Sie erkennt an Arwens fragendem Blick, dass sie nichts empfängt. „Ich empfange Eure Botschaft, ganz klar und deutlich. Nur senden, Euch antworten kann ich Euch nicht. So sehr ich es auch versuche!“ Resignierend blickt das Mädchen die Priesterin an. „Hier scheint das Erbe meiner Mutter zu Ende zu sein!...Leider!“ Bei der Erwähnung ihrer Mutter schießt ihr ein Gedanke durch den Kopf, eine Frage, Bitte. Noch zögert sie, doch dann spricht sie sie aus: „Meint ihr, es wäre möglich etwas über sie zu erfahren? Ich meine...wer sie war, wo sie her kam, ob...ob sie noch lebt?“  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 13. Juli 2005, 19:10 Uhr
Einen Moment lang sagt sie gar nichts, starrt nur auf den Ring in seiner Hand und er fürchtet schon, er könnte ihr wirklich nicht gefallen. Möglicherweise hatte sie ja etwas ganz anderes erwartet, etwas kostbareres vielleicht oder... Er schiebt ihn dennoch auf ihre Hand, hält ihre Finger noch einen Moment fest, ertastet den Umriss des silbernen Bandes um ihren Ringfinger und beobachtet, wie das Kerzenlicht im Bernstein schimmert, auf ihrer Haut leuchtet und sie mit einem federleichten Schleier aus Golddunst umgibt. Aber dann findet sie ihre Stimme doch wieder und ihr belegter Klang bringt sein Herz zum Stolpern. >Er ist ... er ist einfach wunderschön. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich .... danke.< Sie sieht auf ihre Hand in seiner, auf den Ring an ihrem Finger und murmelt leise: >Selbst wenn er die gleiche Farbe hat - er ist doch viel schöner als meine Augen.<
"Nein, das ist er nicht." Er sieht sie an, sieht in diese himmeltiefen, goldgesprenkelten Bernsteinaugen, die er vom ersten Moment an geliebt hat, schüttelt sacht den Kopf, fasst ihr Kinn und hebt es an. "Der Stein ist hübsch, Raven, aber er ist nur ein Stein, mehr nicht." In ihrem Gesicht verändert sich etwas, vielleicht auch nur im Ausdruck ihrer Augen. Sie sieht ihn nicht gerade an, als hätte er den Verstand verloren, aber in ihrem Blick ist genug Ungläubigkeit, dass er noch einmal den Kopf schüttelt. "Du hast keine Ahnung, wie schön du bist," fährt er leise fort und streicht mit dem Daumen über ihre Wange. "Manchmal kann ich dich nicht ansehen, ohne dass..." er verstummt und sieht auf den Ring an ihrem Finger, weil es einfach keinen Namen dafür gibt. Er hätte sagen können: ohne dass mir der Atem stockt und es wäre wahr gewesen. Er hätte sagen können: ohne dass mein Herz schneller schlägt und auch das hätte gestimmt. Er hätte sagen können: ohne dass mich dein Anblick zutiefst berührt und es wäre die Wahrheit, aber das alles sind nur armselige Worte, die einfach nicht genügen, und er ist kein Poet. Als sie an jenem schicksalhaften Abend so wütend aus dem Steinbecken an Ninianes Baum gestiegen war, um ihm fauchend die Leviten zu lesen, war ihm ihr Anblick wie eine augenblickliche Blutvergiftung in die Adern gedrungen und seitdem ist er ein kranker Mann. Aber dann war die Sehnsucht seines Körpers und die seiner Seele zu einer verschmolzen und er hatte sein Herz rettungslos an die Frau unter der schönen Hülle verloren, an dieses wilde, kleine, eigensinnige, giftstachlige, sanfte, warmherzige, zimperliche, ungebärdige, sture, erstaunliche, vorlaute, sinnliche, aufsässige, geheimnisvolle Geschöpf, das mit einem goldäugigen Götterkind um eine Handspanne Haar feilscht wie ein Fischweib, das sich an das marmorne Ohr eines Steinwolfes klammert, als gelte es das liebe Leben, weil es der irrsinnigen Meinung ist, es sei nicht gut genug für ihn. Das selbst nur mit einer Ringelsocke am Fuß und in einem zerknitterten Nachtgewand noch so hoheitsvoll wie eine Königin wirken kann, das sich nicht scheut, vor versammelter Mannschaft zu verkünden, ihn geheiratet zu haben, sei das Beste gewesen, das es je in seinem Leben getan habe, das seinem Sohn mit unendlicher Geduld hölzerne Spielfiguren schnitzt und sie bemalt... und das nur neben ihm stehen und die gleiche Luft atmen muss, um ihn vollkommen um den Verstand zu bringen.

Bei ihren nächsten Worten muss er einfach lächeln. >Wenn der Stein dein Glücksbringer war und nun an meinem Finger steckt, dann muss in Zukunft eben ich seine Aufgabe übernehmen. Und ich hoffe, ich bringe dir welches.< "Das tust du, Raven. Das hast du doch schon immer getan." Sie rückt näher, nimmt sein Gesicht in beide Hände und ihr Blick versinkt in seinem. >Ich werde ihn tragen, so lange ich lebe. Und ich werde dich lieben, so lange ich lebe. Ich wünschte nur, ich könnte dir etwas dafür bieten, dir auch etwas schenken, aber ich ... ich habe ja nichts, was ich dir geben könnte, außer mir selbst< Die Tränen, die in ihren Augen schimmern und das vage Zittern in ihrer Stimme bringen ihn um seine Fassung. Er legt seine Finger um ihr Kinn und streicht mit dem Daumen über ihren Mund. Etwas bieten? Götter im Himmel, als gäbe sie ihm nicht schon genug - weit mehr, als er sich je in diesem Leben von ihr erträumt hätte. Und weit mehr, als er verdient. "Schsch... Du gibst mir dich," erwidert er leise und sie weiß genau, dass er damit nicht ihren Körper meint. "Das hast du von Anfang an getan. Ganz, alles von dir, ohne etwas zurückzuhalten oder zu verbergen." Sie sieht ihn an und ein vages Lächeln vertieft seine Mundwinkel. "Und was ist mit all den vielen kleinen Dingen, die du tagtäglich für mich tust, ohne dass ich es je von dir verlangt hätte? 'Auf die Frauen,' " zitiert er leise, "'die uns zusammenhalten, ohne die das Leben nichts bedeutet, ohne die das Land nur Erde und ein Heim nichts ist, als Mauern und ein Dach über dem Kopf '. Du sorgst schließlich auch für mich, aye? Und für Brynden hast du das sogar schon getan, als noch gar nichts zwischen uns war." Sie beugt sich zu ihm, bis ihr Mund nur noch einen Fingerbreit von seinem entfernt ist und ihr Ich liebe dich ist so leise, dass er es mehr in ihrem Atem und in ihrem Kuss spüren kann, als dass er es hört, aber das ist nicht wichtig - wichtig ist nur noch ihr Mund, das Verlangen, das er auf ihren Lippen schmecken kann, das leichte, weiche Beben von dem er trinkt, das an den Fesseln seiner hungrigen Seele zerrt, voller Gier und dennoch verwirrend sanft. Er fasst sie um die Taille, zieht sie an sich und ihre Hände legen sich auf seine Brust. >Und selbst wenn ich nicht einmal mehr einen Faden am Leib hätte .... ich wäre immer noch der reichste Mensch der Welt. Denn ich habe dich. < "Du hast auch gleich keinen Faden mehr am Leib," murmelt er, streift das Hemd von ihren Schultern und lässt es achtlos fallen, aber dann hält er noch einmal inne, fährt mit den Fingerspitzen über ihren Mund und ihr Kinn. "Aber du hast mich, das ist wahr. Und du wirst mich auch nicht wieder loswerden, also gewöhn dich besser an den Gedanken, mich für den Rest deines Lebens zu ertragen." Seine Hand wandert in ihren Nacken, vergräbt sich in ihrem Haar und er beugt ihren Kopf zurück, um sie zu küssen, ihren Mund, ihre Kehle, ihre Schultern, jeden Quadratzentimeter ihrer Haut, viel zu weich um wahr zu sein. Sie lieben sich schweigend, langsam und drängend bis sie ihre Grenzen verlieren, sich auflösen und in tausend winzige, verglühende Stücke zerschmolzen vergehen, und ihr Verlangen gestillt ist.

Am nächsten Morgen wird Caewlin von einem lauten Schrei und den wild rudernden Händen seiner Frau mehr als abrupt und recht unsanft obendrein aus dem Schlaf gerissen, schreckt hoch, fährt herum, greift nach seinem Dolch und sieht gerade noch, wie Raven mit wehendem Haar die Zeltklappe herunterreißt und hinausschießt. Splitterfasernackt.  Und den Geräuschen von draußen nach zu urteilen, räumt sie dort gerade das halbe Lager ab.  Wa...? Er sieht sich um, kann aber beim besten Willen keine einfallende Narghorde, keinen gefräßigen Bären, kein tollwütiges Rudel Wölfe, noch nicht einmal die allerkleinste Wanze im Zelt entdecken - absolut nichts, was diesen panischen Abgang gerechtfertigt hätte, bis sein Blick plötzlich auf etwas kleines, grünes fällt, das mit bebenden Fühlern neben ihm in den Pelzen sitzt und ein verschüchtertes "Zirp?" von sich gibt. Ein Heupferd?. "Sag mir, dass du nichts damit zu tun hast!" fordert er von dem verdatterten Grünling, während er nach seinen Hosen angelt, hineinschlüpft und hastig aufsteht, um seine nackte Frau einzusammeln, bevor durch das Spektakel, das sie veranstaltet, noch das ganze Lager zusammenlaufen würde -  Borgil kann er schon fluchen und rumoren hören. "Zirp!" Ertönt es entrüstet neben ihm, doch kaum ist er aufgestanden, rauscht Raven auch schon wieder herein, in seinem Hemd, immerhin, auch wenn es nur hastig übergeworfen ist, und obendrein mit flammendem Blick, aufgelöstem Haar und bebend vor rechtschaffener Empörung. Caewlins Brauen schießen in die Höhe, doch sie hat überhaupt keinen Blick für ihn übrig, sondern stellt binnen weniger Herzschläge unter gemurmelten Verwünschungen das ganze Zelt auf den Kopf und schnappt schließlich mit einem triumphierenden "HA!" den panischen flüchten wollenden Grashüpfer von der Zeltplane - nur um ihn augenblicklich mit einem wütenden Schmerzlaut durch die traurigen Überreste der Zeltklappe nach draußen zu schleudern. Dann fährt sie zu ihm herum, stellt sich auf die Zehenspitzen und hält ihm demonstrativ ihren Finger unter die Nase - und das mit einem Blick als wäre nur er allein Schuld an allem. >Du brauchst gar nicht so zu gucken Ich habe überhaupt keine Angst vor Insekten, ich habe mich nur erschrocken. Und außerdem hat es mich gebissen.<

Nicht der allerkleinste Blutstropfen ist zu sehen. Caewlin starrt sprachlos auf ihren Finger, auf sie, auf ihren bebenden Mund und den wogenden Busen, dann spürt er hemmungslose Erheiterung in sich aufsteigen. Einen Moment lang kämpft er noch tapfer dagegen an, aber er kann sich noch so sehr auf die Zunge beißen, das Lachen lässt sich beim besten Willen nicht mehr unterdrücken. Aus der glitzernden Belustigung in seinen Augen wird ein breites Grinsen und aus dem Grinsen ein schallendes Lachen. Einen Herzschlag später lacht er so sehr, dass er kaum noch Luft bekommt und ihm das Wasser in den Augen steht. Er setzt sich langsam, wo er steht, lässt sich nach hinten in die Pelze kippen, schüttelt den Kopf, will sich schier ausschütten vor Heiterkeit, bricht fast zusammen und kann sich nicht mehr daran erinnern, wann er zum letzten Mal so amüsiert war. "Oh, Raven," prustet er schließlich, steht nach Luft schnappend auf, streckt ungeachtet ihrer finsteren Miene die Arme nach ihr aus und lacht immer noch leise in sich hinein, als er sie an sich zieht. Raven allerdings funkelt ihn bitterböse an, schüttelt ihre kleine Faust unter seinem Kinn, versetzt seiner Brust hin und wieder einen kleinen Boxhieb und murmelt etwas von Blöd! Zu Tode erschreckt! Ist doch wahr! und Wehe du lachst! Lach ja nicht!, aber irgendwann kämpft sie selbst mit einem Grinsen, gibt es auf, auf ihn einzuschlagen und legt ihr Gesicht an seine Brust. Caewlin bebt immer noch vor Erheiterung. "Du bist ein verdammt schreckhaftes, kleines Ding, wenn du aufwachst, weißt du das?" Er streicht über ihr Haar, hebt ihr Gesicht an und fährt mit dem Daumen über ihre Wange. "Aber du bist extrem niedlich, wenn du dich aufregst." Er hebt sie gut einen halben Schritt vom Boden, um sie zu küssen und jedes aufgebrachte Widerwort im Keim zu ersticken, dann stellt er sie wieder auf die Füße. "Zieh dir etwas an und lass uns frühstücken gehen. Nach deinem überzeugenden kleinen Weckruf, min koerlighed, dürfte auch der Rest des Lagers inzwischen hellwach sein."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 13. Juli 2005, 23:54 Uhr
Borgil hatte die ganze Nacht lang geschlafen wie ein Stein, dankbar für das kräftige Rauschen des Regens und den grummelnden, grollenden Donner, der alle verräterischen Geräusche ringsum pflichtschuldigst übertönt hatte - denn dass es verräterische Geräusche gegeben hatte, ist so sicher wie das Gebet in einem Tempel, immerhin steht sein Zelt neben dem von Raven und Caewlin, und er hätte schon blind sein müssen, um die Blicke des Sturmenders nicht zu sehen, mit denen er seine frischgebackene Ehefrau verschlungen hatte. Und das allerletzte, was er als einsamer Strohwitwer, unfreiwilligerweise getrennt von seinem Schneemädchen, hätte gebrauchen können, wären hörbare Beweise nordischer Leidenschaft gewesen  - das hätte er mit Sicherheit nicht unbeschadet überlebt. Zweifellos hätte es ihn um den wohlverdienten Schlaf gebracht... oder zumindest gewisse Teile seiner Anatomie. Er hat also die ganze Nacht geschlafen wie ein Toter, nun ja, bis auf sein eigenes, gewaltiges, röhrendes Schnarchen, das jedoch im Regen ebenso untergegangen war, wie alles andere, und als sich die Morgendämmerung recht trödelnd und so perlgrau wie frische Austern am östlichen Himmel breit macht, die ersten Vögel in der reingewaschenen, kühlen Luft ein paar trillernde Versuche hinlegen und ganz allgemein die Nacht zu ende geht, liegt Borgil in herrlichem Schlummer. Genaugenommen treibt sein Verstand dösend an der Grenze zwischen Schlafen und Wachen, nicht mehr wirklich weg, aber auch noch längst nicht bei Sinnen, als der Tag anbricht. Die Sonne lässt sich noch nicht wirklich blicken, aber der heller werdende Himmel überhaucht sich bereits mit Purpur und Orange. Borgil in seinem Zelt träumt gerade höchst angenehm von seinem Schneemädel und ist in seinen ausschweifenden Phantasien eben bei der Erkundung ihrer köstlichsten Teile, als ihn ein kreischender Schrei von Azras weicher, weißer Haut fort und in die grausame Realität eines ziemlich kalten, ziemlich nassen und obendrein ziemlich windschiefen Zeltes katapultiert.

"Hwmhrrr?" Er schlägt die Augen auf, hebt den Kopf und wird von etwas weichem, zappelnden erschlagen, das in seiner Zeltplane landet, die ohnehin wacklige Konstruktion der Streben vollends einreißt und dann eingewickelt in feuchtes Segeltuch mit voller Wucht rittlings in seine Magengrube plumpst und dort wild herumfuhrwerkt. "ARGH!" Macht Borgil unter triefender Leinwand, klitschnasses Zelt im Gesicht, im Bart, überall. Das Zappelding erweist sich nach einer weiteren Schrecksekunde als Raven, die wutschnaubende Knurrlaute von sich gebend etwas von "Monstern!" brabbelt und Borgil ist schlagartig hellwach. Eine halbe Sekunde lauscht er angestrengt, kann aber beim besten Willen kein Monster hören, dann realisiert er durch die nasse und ziemlich durchsichtige, dünne Zeltbahn vor seiner Nase, dass Raven nackt wie am Tag ihrer Geburt auf ihm herumturnt, um sich aus dem Gewirr von Leinen, Haken und ausgerissenen Heringen herauszuarbeiten, und wird glatt noch ein wenig wacher - und obendrein ebenso schlagartig blass um die Nase. "Raven Schattenhaar," zischt er und versucht hektisch, sich unter ihr hervorzuwinden - nicht ganz einfach, um nicht zu sagen unmöglich, eingewickelt in feuchtes Segeltuch und von oben bis unten verwirrt in tausend Schnüre und Seile, aber ihm kommt da gerade ein schrecklicher Gedanke und der verleiht seinen eifrigen Bemühungen geradezu Flügel. "Ja bist du des Wahnsinns! Bei Sils heiliger Esse und seinem Hammer, runter von mir, aber sofort, du irre gewordenes Weibsstück, bevor dein Mann mit seinem Morgenstern hier auftaucht und aus meinem Schädel ein Tischgedeck macht, nur weil du dich im Zelt geirrt hast! Uff!" Ein Fuß tritt ihm in die Rippen, ein Ellenbogen landet wohl platziert auf seiner Nase, dann schwankt sie einen Augenblick und bevor sie wieder über ihn kippen kann, gibt Borgil ihr einen kleinen Schubs und befördert sie damit endgültig in die Senkrechte zurück.

Jetzt wäre zumindest eine kleine Erklärung angebracht, ein "Oh, tut mir leid" oder vielleicht auch ein kleines, verlegenes Räuspern, doch nichts da - kaum steht ihr Schatten jenseits der nassen Zeltbahn wieder auf eigenen Füssen, als sie auch schon wutschnaubend davonstürzt. "Was bei allen Neun Höllen!" Flucht Borgil und arbeitet sich mühsam und unter ganz und gar unwürdigem Gegrunze und Geschnaufe durch das zusammengekrachte Zelt (nass), einen Berg von Schnüren (verheddert) und gebrochenen Stangen (irreparabel) bis er endlich so etwas wie Licht am Ende des Tunnels, sprich die Eingangsklappe findet und seinen Kopf herausstrecken kann. Was er sieht ist das angespannte, noch ein wenig verschlafene Gesicht Olyvars, der gerade seinen Kopf aus dem Zelt auf seiner anderen Seite steckt und verwirrt auf die Spur der Verwüstung blickt, die Raven da gerade angerichtet hat. Und vor zahlreichen anderen Zeltklappen tauchen ebenfalls schlaftrunken und fragend dreinblickende Gesichter auf. Borgil schlingt seine Decke (ebenfalls feucht) um sich wie ein Laiginer sein Plaid und rappelt sich mühsam auf. Raven scheint wieder in ihrem Zelt verschwunden zu sein und da sie eben etwas von Monstern! krakeelt hatte, beschließt er, doch lieber nachzusehen... er angelt also nach seiner Axt und tritt zwei, drei Schritte näher, als plötzlich etwas kleines, grünes mit einem leisen Patsch! aus der Zeltklappe geflogen kommt und zielsicher mitten auf seiner Brust landet.

"Huch!" Entfährt es ihm und als er an sich hinuntersieht, entdeckt er einen Grashüpfer, der verzweifelt in seinem Bart hängt und sich dort gerade vom Schreck seines Lebens zu erholen scheint - falls ein Grashüpfer so etwas wie Mimik besitzt, sieht dieser hier jedenfalls völlig fertig mit der Welt aus. "Äh..." macht Borgil, pflückt das Ding vorsichtig von sich und entlässt es mit einem kleinen "Na hopp!" ins hohe Gras... und im selben Augenblick ertönt hinter ihm – oder vor ihm, wie man es nimmt -, jedenfalls aus Ravens und Caewlins Zelt, das schallende, tiefe Lachen des Sturmenders. "Na hervorragend. Hee... wenn ihr da drinnen fertig damit seid, euch zu amüsieren, könnt ihr mein Zelt wieder aufbauen!" Schnaubt er gespielt erbost, aber unter seinem Bart breitet sich ein gewaltiges Grinsen aus. Frauenkreischen, "Monster" und Heuschrecke, sowie Caewlins hörbare Erheiterung, haben sich in seinem Gehirn mittlerweile zu einem glasklaren Bild der Ereignisse zusammengefügt. Er dreht sich um, winkt ab und signalisiert dem verwirrt dreinblickenden Rest damit Entwarnung, und stapft dann - immer noch nur in der Decke - zur Lagermitte. Niniane, Arwen oder auch Aurian würden mit ein wenig magischer Hilfe bestimmt bald trotz allen Morgentaus und aller Regennässe für ein warmes, prasselndes Feuer sorgen und auf den Schreck braucht er jetzt erst einmal ein gewaltiges Frühstück.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 14. Juli 2005, 10:49 Uhr
Einen Augenblick lang hält Raven in ihrem wütendem Ausbruch zum Luftholen inne und starrt dabei misstrauisch auf Caewlins unverschämt breites Grinsen. Zuerst zucken nur seine Mundwinkel, dann beginnen seine Schultern verdächtig zu zittern, dann der ganze Nordmann. Er lacht nicht nur, er erstickt fast - er prustet, er brüllt, er schüttelt sich und er scheint plötzlich an akuter Atemnot zu leiden, denn anders kann sie sich das erstickte Röcheln, das er von sich gibt, kaum erklären. Tränen stehen ihm in den Augen, als er sich zu Boden sinken lässt und sich in den Pelzen kringelt, bis er kaum noch Luft bekommt. Raven hat überhaupt noch keinen Menschen so lachen sehen, und diesen sonst so düsteren, wortkargen Riesen schon gleich gar nicht. Fassungslos und wegen der nachhallenden Panik noch immer am ganzen Körper bebend, starrt sie auf ihn hinunter und ihre Augenbrauen schieben sich zornig zusammen. "Du nimmst mich überhaupt nicht ernst!" schnaubt sie empört, als er langsam wieder in die Senkrechte und auf die Füße kommt und die Hand nach ihr ausstreckt, um sie an sich zu ziehen. >Oh, Raven<, hört sie ihn amüsiert schnauben und sofort stellt sie ihre Stacheln auf und zeigt Krallen und geblähte Nüstern. "Oh Raven, oh Raven", äfft sie ihn wütend nach und lässt einen Hagel Knüffe und Fausthiebe auf seine völlig unbeeindruckte Brust niedergehen. "Ich möchte nur mal wissen, was daran so komisch sein soll! Ist doch wahr - mir ist fast das Herz stehen geblieben wegen diesem Biest. Außerdem war es riesig. Und es hat gebissen. Und überhaupt, was hat das Vieh hier in unserem Zelt zu suchen .... aber nicht, dass du glaubst, ich würde mich vor Heuschrecken fürchten, das tu ich nicht, es ist nur .... es ist nur..." Irgendwie hat sie sich in ihrer verworrenen Argumentation verheddert wie eine Spinne mit Koordinierungsstörungen und sie hält einen Moment mit gerunzelter Stirn inne, bevor sie Caewlin in höchster Verlegenheit angiftet: "Und du hör auf so zu lachen!"

Aufzuhören scheint ihm aber sichtlich Schwierigkeiten zu bereiten und er kann nur mit Mühe seine Erheiterung zügeln und sein schallendes Gelächter allmählich zu einem leisen Prusten herunterschrauben. >Du bist ein verdammt schreckhaftes, kleines Ding, wenn du aufwachst, weißt du das?< "Ach, ich bin schreckhaft?" Sie schickt ihm einen zornfunkelnden Blick und weist mit dem Kinn auf seinen Dolch, den er mittlerweile wieder weggelegt hat und der nun zwischen den weichen Schlafpelzen aufblitzt. "Und was ist dann das hier? Wenigstens versuche ich nicht, harmlose Grashüpfer gleich mit solchen Mordinstrumenten zu erstechen!" Über den Dolch und die Felle hinweg treffen sich ihre Blicke und die Luft zwischen ihnen scheint plötzlich knisternde Funken zu sprühen - und dann verpufft Ravens ganzer überschäumender Zorn in einem befreiten Kichern, als sie Caewlin anschaut. Sein Gesicht sieht, so gelöst und vergnügt, völlig verändert aus, so als hätte jemand dahinter tausend kleine Kerzen angezündet. Es macht sie mehr als glücklich, ihn so zu erleben und sie kann spüren, wie ihr Herz auf einmal ganz weit wird. In seinen Augen funkelt das Lachen wie glitzernder Sonnenschein in einem endlosen, türkisblauen Himmel und sein Brustkorb zittert noch immer unter den Nachbeben seiner Belustigung, als sie sich dagegen lehnt. >Aber du bist extrem niedlich, wenn du dich aufregst<, fügt er seinem Satz grinsend hinzu, während er sie vom Boden hebt. "Ich bin nicht niedlich", kann Raven gerade noch protestieren, bevor er jeden weiteren Widerspruch mit einem Kuss erstickt, der nach Lächeln und nach Hunger auf mehr schmeckt. "Aber ich liebe es, wenn du lachst", flüstert sie, als er für einen Moment ihren Mund freigibt. Jeder Anflug eines romantischen Gefühls entflattert jedoch endgültig in das blassblaue Licht des Morgens, als Borgils dröhnender Zwergenbass durch die halboffene Zeltklappe trötet: >Hee... wenn ihr da drinnen fertig damit seid, euch zu amüsieren, könnt ihr mein Zelt wieder aufbauen!< "Und wenn du Lustmolch da draußen endlich damit fertig bist, unser Zelt zu bespannern, könntest du dich einstweilen schon um Coffea und Frühstück kümmern!" schreit Raven unbeeindruckt zurück und denkt gar nicht daran, sich von ihm stören zu lassen.

Als Caewlin sie wieder auf die Füße stellt, wirft sie aus den Augenwinkeln einen Blick zur Zeltklappe und was sie dahinter stehen sieht, bringt sie nun ihrerseits zum prusten: eingehüllt in eine grün-blau-karierte Wolldecke, die er sich wie eine Toga um Schultern und Hüfte drapiert hat und die den Blick auf seinen nackten Oberkörper und auf eine Matte kupferroten Brusthaars freigibt, das Mutter Natur ihm als Ersatz für fehlendes Haupthaar reichlich mitgegeben hat, steht Borgil vor ihrem Zelt, die Streitaxt verteidigungsbereit im Anschlag. Sein Bart sträubt sich schlaftrunken in alle Himmelsrichtungen und unter der ausgefransten Decke schauen zwei kernige Waden hervor, die die Stärke und Struktur eines solide gewachsenen Olivenbaums besitzen. Kichernd verbirgt Raven ihr Gesicht an Caewlins Brust und kann nur mit einem mühsam unterdrückten Lachen hilflos nicken, als er vorschlägt: >Zieh dir etwas an und lass uns frühstücken gehen. Nach deinem überzeugenden kleinen Weckruf, min koerlighed, dürfte auch der Rest des Lagers inzwischen hellwach sein.< An der Feuerstelle herrscht jedoch noch Ruhe und sie sind, bis auf den obdachlos gewordenen Zwerg, offenbar die ersten, die aus dem Zelt hinaus in die glasklare Morgenluft gekrochen kommen. Zwar sind hinter den durchnässten Planen schon wache Stimmen zu hören, doch zu sehen ist noch niemand. Die beiden Rossknechte sind schon auf den Beinen und damit beschäftigt, die Pferde zu füttern, die den nächtlichen Gewitterregen zwar nass, aber unbeschadet überstanden haben. Umsichtigerweise hatten sie am Vorabend, bevor das Unwetter über sie hereingebrochen war, einen reichlichen Vorrat Feuerholz ins Trockene geschafft, den sie jetzt mit vereinten Kräften zu der flachen, mit nasser Asche gefüllten Grube herüberschleppen. Zwischen den Zelten und der Feuerstelle schnüffeln aufgeregt die Hunde herum, anscheinend auf der Suche nach der vermeintlichen Monster, und nach und nach tauchen auch die ersten verschlafenen Gesichter aus den Zelten auf.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 14. Juli 2005, 21:39 Uhr
Eine ganze Weile haben sie noch geredet. Und das trotz der Tatsache, dass Arwen dem Mädchen nach der Enttäuschung über die fehlende Fähigkeit des Sendens auch noch die Hoffnung nehmen musste, sie könne ihr dabei helfen, etwas über den Verbleib ihrer Mutter, vielleicht sogar sie selber ausfindig machen. Nachdem Aurian erwähnt hat, dass ihr Vater zu seiner Zeit ebenfalls im Dienst der Steinfaust gestanden habe, kann die Elbin ihr nur raten, mit dem Lord Commander zu reden, oder mit einem der anderen altgedienten Offiziere dort. Denn da sie von ihrer Mutter nichts weiß, nicht einmal den Namen, wird sie vermutlich nur über ihren Vater und dessen Geschichte weiterkommen. Es ist schon weit nach Mitternacht, als Arwen das Licht des grünen Stein verlöschen lässt und sie sich beide zur Ruhe legen. Die Hunde schlafen längst, und lassen nur dann und wann ein leises Jappen hören, so als jagten sie im Traum. Auch von Aurian ist bald der tiefe und gleichmäßige Atem der Schlafenden zu vernehmen. Allein Arwen findet keine rechte Ruhe, und das obwohl das Gewitter weitergezogen ist, und von dem Donner kaum mehr als ein fernes Grollen zu hören ist. Zuviel geht ihr im Kopf herum, und nur das allerwenigste davon hat mit Aurian und ihrem Gespräch zu tun. Der Regen lässt nur langsam nach, und seine letzten Tropfen sind es, die Arwen kurz vor Morgengrauen endlich in die Tiefen der Trance begleiten.

Doch all zu lange Ruhe ist ihr nicht vergönnt. Der Morgen kündigt sich gerade mit den ersten rosanen und kupfernen Bändern am Horizont an und lässt sich von frühen Vögeln und deren trillernden Morgengesängen begrüßen, als ein panischer Aufschrei Arwen aus den Decken hochfahren und nach ihrem Dolch greifen lässt. Und noch schneller als sie selber sind die beiden Hunde hoch und wollen zum Zelt hinaus. Ein Weg, den auch Arwen nehmen will. Doch daraus wird nichts. Weder für sie noch für die Hunde. Vorerst. Die Zeltplane am Eingang ist fest verschnürt, und hindert die Hunde und Arwen  daran sofort hinaus zu stürmen. Es kommt ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie die Schnüre gelöst hat, und während ihre Finger noch mit den Schnüren kämpfen ( sie scheint diesen Morgen über zehn Daumen zu verfügen), verstummt der Schrei, lässt einen Augenblick lastende Stille herrschen, ehe der unverkennbare Bass Borgils zu vernehmen ist. Sein Tonfall lässt ahnen, dass jene Worte, die nicht der Gemeinsprache entstammen ganz bestimmt nicht für zartbesaitete Gemüter geeignet sind. Endlich ist der Weg für die Hunde frei. Allerdings verlassen sie das Zelt alleine. Denn die Verzögerung hat auch erreicht, dass Arwen wach genug ist um an der Geräuschkulisse zu erkennen, dass hier scheinbar kein Überfall vogelfreier Wegelagerer stattfindet. Und mit einem Blick an sich herunter beschließt Arwen, dass es sicherlich nicht angeraten ist, das Zelt in ihrem jetzigen Bekleidungszustand zu verlassen. So man denn überhaupt von Bekleidung sprechen kann, denn mehr als ihre Leibwäsche trägt sie nicht. Also streift sie schnell ihr Hemd über und folgt dann erst den Hunden. In der Hoffnung, das reiche aus, um niemandem ob solch kleidungstechnischer Freizügigkeit die Schamröte ins Gesicht zu treiben.

Das Bild, dass sich Arwen dann allerdings bietet, ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Das Zelt Borgils ist faktisch nicht mehr vorhanden. Oder würde irgendwer einen Haufen nasser Planen, verhedderter Schnüre und nicht mehr sichtbaren Gestänges  noch als Zelt bezeichnen? Arwen zumindest nicht. Doch das ist nicht alles. Vor den traurigen Zeltüberresten steht Borgil. Allerdings erinnert momentan recht wenig an den Wirt der Harfe. Das, was da in axtbewehrt und mit schlafwirrem Bart zwischen einem ganz eingerissenen und einem ramponierten Zelt steht, erinnert Arwen vielmehr frappierend an einen plaidgewandeten Laiginer, der in zu heißem Wasser eingelaufen ist. Hinter ihm ist der Kopf Olyvars zu erkennen, dessen Gesicht sich scheinbar noch nicht recht zwischen Schlaf und Anspannung entscheiden kann. Hätte Arwen trotz der noch irgendwelche Zweifel gehabt, ob hier nun Gefahr welcher Art auch immer droht, spätestens das dröhnende Lachen aus dem Zelt mit dem halb heruntergerissenen Eingang hätte sie eines besseren belehrt. Allerdings sorgt auch genau dieses Lachen dafür, dass sie wie zur Salzsäule erstarrt stehen bleibt und auf die feuchten Planen eben jenes Zeltes sieht. Es ist Caewlin, der da lacht und so klingt, als kriege er weder sich selber ein noch Luft in seine Lungen. Arwen ist versucht, ihren eigenen Sinnen nicht zu trauen. Dieses für den Sturmlord so typische halbe Lächeln, das hat sie ja schon mal gesehen (ein oder zwei Mal vielleicht, wenn sie sich richtig erinnert), aber lachen hat sie ihn noch nie hören, und so nun schon gleich gar nicht. Aber es kann keine Halluzination sein, denn Borgil ist neben dem Lachen deutlich zu vernehmen und fordert die Widerherstellung seiner Schlafstatt, sofern man denn in dem Zelt damit fertig sei sich zu amüsieren. Die abwinkende Geste, mit der Borgil sich von den Zelten weg und der Lagermitte zu wendet soll wohl so etwas wie Entwarnung bedeuten.
Arwen kann sich allerdings erst aus der Starre reißen, als der Zwerg schon an der flachen Feuerstelle ankommt und ein Gesicht macht, in dem der Wunsch nach einem Feuer und einem ausgiebigen Frühstück auf diesen Schreck in der Morgenstunde klar und deutlich zu lesen steht. Mit einem knappen  'Bin gleich zurück' verschwindet Arwen wieder in ihrem Zelt - das 'nur schnell was anziehen' hat sie sich gerade noch verkniffen, denn Borgils doch recht ungewöhnliche "Bekleidung" hat ihr ihre eigene doch etwas knappe Bekleidungslage wieder ins Gedächtnis gerufen. Im Zelt sitzt Aurian in ihren Decken, schaut in die viel zu frühe Welt und kann die Augen kaum aufhalten. "Wasnlos?iswaspassiert?" kommt es reichlich verschlafen aus einem Mund, der hinter einem Schwall zerzauster, schwarzer Haare allenfalls zu erahnen ist. "Oh, nichts weiter, das war nur... der Weckruf... oder zumindest etwas ähnliches." Schnell hat Arwen ihre Kleider beisammen, sich angekleidet und verlässt das Zelt wieder. Und Laon, der ihr mal wieder wie ein Schatten folgt, nimmt sie mit sich, damit Aurian Platz und Ruhe genug im Zelt hat, um wach zu werden, sich selber wiederzufinden und ebenfalls anzuziehen. An der Feuerstelle in der Mitte des Lagers haben sich neben Borgil, der scheinbar gerade die Vorteile seines... Plaids... testet, unterdessen auch Raven und Caewlin eingefunden. Und irgend jemand hat bereits trockenes Holz zur Grube gebracht, womit einem Feuer und einem Frühstück nichts mehr im Wege steht. Eine Frage brennt Arwen allerdings nach der morgendlichen Weckszene noch unter den Nägeln. "Was ist... Coffea?" Ihr Blick pendelt zwischen Raven und Borgil hin und her wie eine unausbalancierte Waagschale.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 14. Juli 2005, 22:12 Uhr
Für Olyvar beginnt der neue Tag - nachdem er eine ziemlich ruhige Nacht neben einem wie ein Stein schlafenden Kaney samt dessen nassem Hund verbracht hatte, die sich beide in ihren Fellen zusammengerollt und keinen Mucks von sich gegeben hatten - mit einem ziemlich verwirrten Blick auf ein eingestürztes Zelt. Er weiß gar nicht genau, was ihn eigentlich geweckt hat, undefinierbarer Krach, Stimmen, das vernehmliche Ratschen nassen Segeltuchs... irgendetwas in der Art jedenfalls. Als er durch die Zeltklappe nach draußen späht, entdeckt er dort jedoch nur einen nicht minder ratlos dreinblickenden Borgil und eine Menge anderer fragend auftauchender Gesichter. Nachdem jedoch alles ruhig scheint - nur Borgils Zelt sieht aus, als seine eine wildgewordene Elefantenherde darüber hinweggetrampelt - verschwindet er schulterzuckend wieder, schiebt sich an Garrok vorbei, der nach draußen drängelt und nickt Kaney zu, der gerade die gelben Augen aufmacht. "Morgen. Hast du das eben auch gehört? Klang wie..." er zuckt mit den Schultern. Ein kreischendes Frauenzimmer. Beendet er in Gedanken den Satz. Und sehr erfreut hat sie nicht gerade geklungen, wer immer es war. Er schlüpft in ein frisches Hemd und saubere Hosen, fährt sich mit den Fingern durchs Haar und bindet es im Nacken zusammen, dann zieht er seine Stiefel an, schnappt sich den Waffengurt mit Kurzschwert und Dolch und tritt in die Morgensonne, die sich endlich bequemt, durch die nebligen Dunstschleier zu brechen und das Tal mit goldenem Licht zu füllen. An der Feuergrube haben sich bereits einige versammelt, aber Olyvar verschwindet erst einmal in dem kleinen Birkenwäldchen und zum Bach hinunter. Bevor er gesellig sein muss, will er sich das Gesicht waschen, sich rasieren, die Zähne putzen und das tun, was alle Menschen mindestens einmal im Lauf eines Tages tun müssen - und zwar dringend. Nachdem das erledigt ist und er sich elementaren hygienischen Bedürfnissen gewidmet hat, ist er dank des eisigen Wassers hellwach und sieht einigermaßen respektabel aus - nun ja, so respektabel wie man eben aussehen kann, wenn man die  Nacht in einem feuchten Zelt verbracht hat und zur Unzeit aus dem Schlaf gerissen wird von einem... Hmpf. Was auch immer.

Er hatte nicht mitbekommen, was eigentlich los war, aber er hatte Caewlins Lachen gehört und den kopfschüttelnd abwinkenden Borgil gesehen, also kann das kreischende Frauenzimmer nur Raven gewesen sein. Als er jetzt ans Feuer tritt, klebt die kleine Bogenbauerin allerdings derart an ihrem Mann, das ein Ehestreit wohl eher nicht in Frage kommt. Olyvar tauscht einen Blick mit Caewlin, dem die Belustigung noch immer ins Gesicht geschrieben steht, zieht eine Braue hoch und fragt lapidar: "Spinne, Wanze, Eidechse oder Käfer?"
Raven dreht den Kopf, sieht ihn an und in ihrem Gesicht kämpfen Verlegenheit und ein Grinsen miteinander. "Monsterheuschrecke!" Bescheidet sie ihm schließlich, legt den Kopf leicht schräg, blickt in den Himmel und flötet: "Zirp!" Olyvar grinst zurück, dann sieht er den Sturmender an. "Als Nachtwächter ist sie erstklassig. Wir sind alle wach."
Borgil, nur in eine Decke gewickelt, dreht den narbigen Schädel, wirft  Raven einen listigen Blick zu und verdeutlicht hinter ihrem Rücken mit zwei Fingern die wahren Ausmaße ihres Monsters. - zwei Sekhel, vielleicht. Olyvar tauscht einen hastigen Blick mit Caewlin, der sich ebenso auf die Zunge beißen muss, wie er, doch Arwen rettet sie alle, bevor Raven etwas von dem stummen Zwischenspiel entdeckt, indem sie ans Feuer tritt, einen der Hunde hinter sich und - für Olyvar -völlig zusammenhanglos fragt: >Was ist... Coffea?< Er blinzelt und sieht sich einmal um. Das Lager erwacht, in allen Zelten ist zumindest etwas zu hören, die Rossknechte versorgen die Pferde und wenn auch alles noch klitschnass ist ringsum, es sieht einigermaßen zivilisiert aus. Als luxuriöse azurianische Teehalle geht ihr Lager allerdings nicht durch. "Maduinn," nickt er. Morgen. "Wie kommt Ihr jetzt auf Cofea?" Er sieht Arwen an, dann wandert sein Blick fragend über Borgil, Raven und den Nordmann, ehe er wieder bei der Elbin landet. "Soweit ich weiß, ist das ein sündhaft teures schwarzes Gebräu aus dem Süden, das man in Azurien trinkt... wenn man es sich leisten kann."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 18. Juli 2005, 16:09 Uhr
Aaaaiiiieeeeeeeeeeeeeeehhhhhhhhhhh

So ungefähr klingt das Geräusch, das Kaney aus seinen Träumen reißt.
Werwiewaswo? fragt er sich schlaftrunken. Ein Angriff? Nein, das kann nicht sein, dass wäre anders. Aber wieso sollte jemand so laut schreien, da muss doch irgendetwas geschehen sein...
Weitere Geräusche klingen an sein Ohr, Geräusche die er nicht genau zuordnen kann, und so langsam beginnt sich sein immer noch müdes Gehirn zu fragen, was bei den Göttern da draußen los ist.

>Morgen. Hast du das eben auch gehört? Klang wie...<
Der Lordcommander hat mitbekommen dass sein Späher wach ist, er sieht genauso verwundert aus wie Kaney.
"Es könnte eine Banshee sein... sollen die nicht auch so laut kreischen?" murmelt Kaney, während er sich - in seine Schlafdecke eingehüllt - zum Zeltausgang begibt um nach draußen zu schauen.
Ein eingestürztes Zelt erklärt eines der seltsamen Geräusche dass Kaney im HalbWachsein gehört hat, aber es gibt immer noch keine Erklärung für den Schrei.
Aber immerhin ist es kein Angriff. erkennt der Werblütige, dann tut er es Olyvar gleich und zieht sich erstmal seine immer noch feuchten Kleidungsstücke an, um sich danach erst dem "Rätsel des kreischenden Etwas" zu widmen.
Halb schlafwandelnd torkelt Kaney erstmal in die Richtung des Wasserlochs an dem die Frauen den Abend zuvor gebadet haben, und um richtig wach zu werden taucht er seinen Kopf erst einmal ins kalte, eiskalte Nass - etwas, dass er im nächsten Moment japsend bereut.
Immerhin weckt es Kaney vollends auf, und als er mit nassen Haaren und in feuchter Kleidung wieder ans Lager kommt, hört er gerade noch die Worte des Lordcommanders bezüglich eines seltsamen Getränkes namens "Coffea"
>Soweit ich weiß, ist das ein sündhaft teures schwarzes Gebräu aus dem Süden, das man in Azurien trinkt... wenn man es sich leisten kann.<

"Ein schwarzes, sündhaft teures Gebräu?" wiederholt er mit gerunzelter Stirn die Worte von Olyvar.
"Also nichts für mich, ich kann doch nicht soviel Geld für ein Getränk ausgeben..." nuschelt er leicht verlegen, während er sich fragt, was dieses Coffea mit dem Lager zu tun hat.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 18. Juli 2005, 18:12 Uhr
Die Nacht mit ihrem prasselndem Regen und dem rollenden Donner entschädigt das verliebte Paar für die enthaltsamen Tage, die diese Reise bisher mit sich gebracht hatte, und frei von Sorgen und Gedanken haben sie sich geliebt, bis sie erschöpft aber glücklich zusammen gekuschelt ins Reich des Schlafes gleiten. Máel lauscht dabei auf Morganas langsam zur Ruhe kommenden Herzschlag, als sie sich in an seine Brust schmiegt, und mit jeder Verlangsamung ihres Rhythmuses, gleitet er tiefer in seine Trance. Tief und erholsam vergeht die Nacht wie im Fluge, und eine Berührung so sanft wie ein Schmetterlingsflügel auf seinen Lippen, lässt ihn schließlich die Augen aufschlagen. Er blickt direkt in zwei kleine Sonnen, die ihm aus Morganas Gesicht entgegenfunkeln, und ihn wie Shenrahs goldenes Licht selbst in Wärme und Zuneigung  baden. „So möchte ich ab jetzt jeden Morgen geweckt werden! Denkst Du, das ließe sich machen?“, antwortet er nach ihrem summenden Kuss, mit dem sie ihn der Chance beraubt, ihr ebenfalls einen Guten Morgen zu wünschen. >>Die anderen scheinen alle noch zu schlafen, aber der Regen hat aufgehört.<<

Sie befreit sich vorsichtig aus seiner Umarmung, um sich von ihrer eigenen Aussage zu überzeugen, und einen Blick durch den Zelteingang nach draußen zu werfen, nachdem sie die Schnüre gelöst hat, die ihn verschlossen halten. Der Anblick ihre bloßen Kehrseite, den sie ihm so verführerisch auf allen Vieren kniend bietet, lässt ihn sich schmunzelnd auf die Lippe beißen, und ruft nahtlos die Erinnerungen der vergangenen Nacht hervor, und so lassen sich seine Gedanken verräterisch leicht an der Wölbung des Schlaffells ablesen., das ihn locker bis zur Hüfte bedeckt. „Wenn Du dieses Zelt heute noch verlassen möchtest, dann solltest Du Dich ein wenig vorsehen!“, neckt er sie und ergreift eine ihrer schlanken Fesseln, um sie wieder näher zu sich zu ziehen, und nach einem kleine, quietschenden Geplänkel liegt sie wieder in seinen Armen. Auf ihr Gesicht schleicht sich allerdings ein dünner Schleier aus Gedanken, und die Gefühle, die sie an seine feinen Antennen leitet, lassen Máel inne halten. Mit der Rückseite seiner Finger streichelt er beruhigend über ihre Wange, staunt erneut über die porzellanhafte, glatte Haut, die jeden Sekhel ihres Körpers bedeckt, und küsst sie auf die Nasenspitze, doch gerade als er sich danach erkundigen will, was für Gedanken auf ihrer Seele lasten, zerreißt ein markerschütternder Frauenschrei die beschauliche Stille auf der morgendlichen Lichtung, die bis zu diesem Zeitpunkt von Vogelgezwitscher, leise plätscherndem Wasser und heiterem Sonnenlicht erfüllt ist.

Máel, bereits seit einer Weile aus der Umarmung seiner Trance befreit, ist wie sofort alarmbereit, und seine Hand zuckt augenblicklich zu seinem gebogenen Dolch, der neben seiner Schlafstatt bereit liegt. Eine Angewohnheit, die ihm hin und wieder bereits gute Dienste geleistet hat! Ohne sich groß Gedanken zu machen, dass nicht nur seine metallene Klinge blank gezogen ist, sondern er ebenso keinen Faden am Leib trägt, windet er sich durch die Öffnung, die Morgana nach ihrem neugierigen Blick nicht wieder verschlossen hat. Kampfbereit sieht er sich nach Räubern, Monstern oder Diebespack um, doch alles was er entdeckt, ist eine ebenfalls unbekleidete Nordmannfrau, die sich mit schrillem Schrei  wie ein Aal auf dem Zelt des Hafenwirtes windet, und dabei alles so nachhaltig in Mitleidenschaft zieht, dass sich Máel sicher ist, dass dieses Zelt die längste Zeit ein Zelt gewesen ist. Irritiert lässt er seine Waffe sinken, da er so nicht die Spur einer Ursache für den Tumult finden kann, und ihm die Ohren von Borgils Zwergenbass klingen, der sich lautstark über die überaus sanfte Schlafstörung beschwert. Morgana schlüpft hinter ihm aus dem Zelt, drängt sich, nur ins eins seiner Hemden gekleidet, an den Rücken des Elfen, und bewundert über seine Schulter hinweg das Schauspiel, von kläffenden Hunden, die die Trümmer eines Zeltes umkreisen, von dem sich Raven gerade wieder erhebt und eines zeternden Zwerges, der sich aus eben diesen zu befreien versucht. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn die nassen Zeltbahnen, Schnüre und Stangen bilden ein kaum zu durchdringendes Netz.

„Und da soll noch einer sagen, Elben hätten seltsame Rituale und Angewohnheiten!“, raunt er Morgana mit einem kleinen Schmunzeln zu und schiebt sie mit sich zusammen ins Zelt zurück, da es nicht nach Gefahr draußen aussieht. Zumindest keiner akuten, bis auf einen aufgebrachten Harfenwirt, der sich mit seiner Axt bewaffnet vor Caewlins und Ravens Zelt zu seiner vollen Größe aufbaut. Zugegeben mindert die Decke um seine Schultern den imposanten Eindruck ein wenig. Morganas Neugier lässt sie sich ein wenig sträuben, als Máel zusammen mit der Heilerin zurück ins Zelt möchte, und mit einem Augenaufschlag sieht er sie an. „Lass uns wenigstens etwas anziehen, ja?!“ Diesem Argument kann sich auch eine vorwitzige Heilerin nicht verschließen, und so schlüpfen sie in ihre Kleidung, wobei die deutlich zu hörenden Worte und das Lachen recht schnell erklären, wie es zu der frühen Störung gekommen ist.

Das Lager wimmelt schon voller Leben, als sie das Zelt wieder verlassen, und tief die erdige Luft des regennassen Waldes einatmen. Tautropfen glänzen wie Edelsteine an Grashalmen und Blätterspitzen, und von Bachlauf herauf breiten sich letzte Nebelfetzen aus, die sich im Licht der aufsteigenden Sonne langsam verflüchtigen. Ben trollt sich an Máels Seite, und heischt mit einem vorwurfsvollen Blick um Mitleid, weil er die Nacht draußen verbringen musste, so dass der Elf ihm entschuldigend den breiten Schädel krault. Morgana begleitet ihn zum Wasser, wo sie sich frisch machen, und ihre Haare ordnen. Das eiskalte Wasser weckt die letzten Lebensgeister, auch wenn das nach Ravens Alarmschreien kaum noch nötig ist, und Arwen überrascht sie bei ihrer Rückkehr ins Lager mit der Frage, ob jemand Cofea möchte. „Den wollte ich schon seit einer Weile mal probieren. Wenn Ihr so freundlich wärt, nehme ich gern einen Schluck!“ Olyvar und Borgil tauschen gerade heimliche Gesten über die Größe des Monsters aus, dem sich Raven so früh am Morgen bereits gestellt hat, und am Grinsen ihres Mannes kann Máel leicht abschätzen, wem er eher Glauben schenken soll. Ravens rechtschaffender Empörung über den Überfall, oder den schmunzelnden Blicken der Augenzeugen. „Es wird sich bestimmt um eine dieser gefräßigen Riesenheuschrecken gehandelt haben, die ganze Landstriche verwüsten können. Mordsgefährliche Biester! Ihr habt gut daran getan, uns vor dieser Gefahr zu warnen!“, pflichtet er deshalb mit Schalk in den Augen Raven zu, die zu ihrer Ehrenrettung darauf besteht, dass es sich um eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben gehandelt hat.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 18. Juli 2005, 22:08 Uhr
>Wenn Du dieses Zelt heute noch verlassen möchtest, dann solltest Du Dich ein wenig vorsehen!< Morgana kräuselt leicht ihre Stirn und hat noch nicht ganz begriffen, was Mael denn nun damit meint, als sie schon seine Hand an ihrem Fussgelenk fühlt, welche sie ins Zelt zurück zieht. Sie quiekt leise und versucht sich aus dem Griff zu winden,was sie eigentlich ja gar nicht will, sie balgen sich ein wenig, aber schliesslich gibt Morgana nach und kuschelt sich in die Arme des Elben. Wenn Morgana gedacht hatte, ihr Gequike hätte möglicherweise jemanden geweckt, liegt sie damit falsch, allerdings dauert es nur einige Wimpernschläge und das ganze Lager ist wach, geweckt von einem Schrei, der noch einige Zeit nachdem er aufgehört hat in ihren Ohren klingelt. Ihr Herz schlägt der Heilerin bis zum Hals, erstens weil sie sich so erschrocken hat und zweitens, weil sie befürchtet das Lager könne angegriffen werden, von was oder wem auch immer . Mael hat auch sofort seinen Dolch in der Hand und verschwindet aus dem Zelt noch ehe Morgana ein Wort hervorbringt und ihn fragen kann, ob es viel bringt sich nackt ins Kampfgetümmel zu werfen. Fast hätte sie losgekichert, aber noch sitzt ihr der Schreck zu tief in den Gliedern.

Es dauert allerdings nicht sehr lange bis ihre Neugier siegt, sie sich ein Hemd überwirft und selbst vors Zelt tritt, mittlerweile sicher, dass nichts Schlimmes passiert ist, da ausser Borgils tiefem Zwergenbass nichts zu hören ist. Allerdings versteht Morgana kein Wort von dem was der Zwerg sagt und so schlüpft sie aus dem Zelt und späht über Maels Schulter. Morgana kann gerade noch sehen, wie Raven in ihrem Zelt verschwindet, ebenso unbekleidet wie Mael, und wie das vollkommen daniedergewaltze Zelt Borgils sich bewegt und der Harfenwirt irgendwie versucht sich von ihm zu befreien. Aus Ravens Zelt erklingt plötzlich ein schallendes Lachen und auch Morgana kann sich ein kichern nun wirklich nicht mehr verkneifen. Ausserdem ist das Lachen, das aus dem Zelt kommt, und das wohl Caewlin gehört, äusserst ansteckend. Morgana hat den Nordmann erst ein einziges Mal so lachen gehört und das ist schon mindestens drei Zwölfmonde her. Es war ein Abend in der Harfe und Morgana war noch nicht lange in Talyra. Lynodlaen hatte in der Harfe ein recht anzügliches Lied zum Besten gegeben und darüber hatte Caewlin sich ähnlich gut amüsiert wie jetzt, obwohl dieses Lachen heute doch noch eindeutig herzhafter ist.>Und da soll noch einer sagen, Elben hätten seltsame Rituale und Angewohnheiten!< Morgana muss noch mehr kichern und als Borgil sich endlich aus den Überresten seines Zeltes gekämpft hat und nur mit einer Decke bekleidet zum Zelt von Raven stampft, ist sie froh, dass Mael sie ins Zelt zurück schiebt, weil sie sich sicher sonst vor Lachen auf dem Boden gewälzt hätte. Allerdings schaut sie immer noch einmal hin, ehe Mael sie mit dem Argument, wenigstens sie könnten sich ja was anziehen überzeugt ins Zelt zu gehen. Während die Beiden sich anziehen, schüttelt Morgana den Kopf und noch immer liegt ein Schmunzeln um ihre Lippen, dass sich allerdings verflüchtigt, als sie sich daran erinnert was für ein Tag heute eigentlich ist. "Der Morgen beginnt so heiter, und wenn jemand zufällig hier vorbei kommen würde, würde er nie denken, dass wir auf dem Weg zu einer Beerdigung sind. Allerdings habe ich das Gefühl, auch wenn Phelan immer ein wenig traurig wirkte, hätte ihm das durchaus gefallen. Er konnte überaus witzig sein, wenn er Aethling mal für einen Moment aus seinen Gedanken verbannen konnte." Während Morgana und Mael, umkreist von Ben und Lupin, zum Wasserbecken gehen um sich frisch zu machen, erzählt sie Mael von Galrins verunglückter Hochzeit und dem durchaus sehr lustigen Abend in der Harfe, an dem soviel gelacht wurde, dass sie am nächsten Tag Muskelkater vom Lachen hatte.

Als sie das Lager wieder betreten riecht es schon verdächtig nach Cofea. Morgana kennt das Getränk, allerdings bevorzugt sie seinen Genuss mit Milch und Zucker. In Ermangelung von frischer Milch muss sie sich mit Zucker zufrieden geben, den sie in einem ihrer Beutelchen findet. Endlich bekommen sie zumindest teils mit über was Raven sich so erschrocken hat, da Olyvar und Borgil sich gerade über die Grösse der Heuschrecke unterhalten.>Es wird sich bestimmt um eine dieser gefräßigen Riesenheuschrecken gehandelt haben, die ganze Landstriche verwüsten können. Mordsgefährliche Biester! Ihr habt gut daran getan, uns vor dieser Gefahr zu warnen!< Fast hätte Morgana sich an dem Schluck Cofea verschluckt, den sie gerade im Mund hatte, als Mael diese Bemerkung, recht trocken, aber mit einem belustigten Funkeln in den Augen zum Besten gibt und sie ein Lachen unterdrücken muss, weil sonst der Cofea auf Maels Hemd gelandet wäre. Da Frauen aber immer zusammen halten, knufft die Heilerin dem Elb in die Rippen und wirft Raven einen Blick zu der sagt, 'Männer, als wenn die eine Ahnung hätten, was in uns Frauen vorgeht.' Morgana setzt sich auf einen der Baumstämme, die zwar noch leicht feucht sind, aber nicht mehr nass und nippt weiter an ihrem Cofea. Sicher würden sie nach dem Frühstück aufbrechen und zu dem Platz reiten, an dem dann Phelan beerdigt wird. In der Eile eben hatte Morgana gar nicht daran gedacht, das eigentlich dafür vorgesehene Kleid anzuziehen, aber das würde sie dnan noch vor dem Aufbruch nachholen. Essen will sie nichts und so lehnt sie dankend ab, als Mael ihr etwas anbietet.

Während die Heilerin weiter ihren Gedanken nachhängt und der Platz ums Lagerfeuer herum sich füllt, muss sie sich ständig irgendwo kratzen, auch wenn es fast die ganze Nacht geregnet hatte, hatte dies die Mücken nicht abgehalten sich in den Morgenstunden wenigstens ihre Nahrung zu suchen und da Morgana ohne Nachtgewand geschlafen hat, ist sie nun so gut wie am ganzen Körper zerstochen. Wunderbar, ich werde sicher die ganze Beerdigung über, keinen Wimpernschlag still stehen können, weil mich irgendeiner dieser verdammten Stiche sicher ständig jucken wird. Ich hoffe ich habe noch irgendwo eine Salbe dafür, die den Juckreiz ein wenig lindert.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 20. Juli 2005, 01:01 Uhr
Niniane wird wie alle anderen im Lager im Morgengrauen vom Heuschreckenspektakel geweckt. Und wie die meisten anderen fährt sie schlaftrunken und völlig verwirrt aus ihren weichen Pelzen hoch, tastet nach ihrem Schwert, registriert noch ganz benommen, dass der Platz neben ihr leer und Cron nicht da ist, und kippt gleich darauf wie vom Blitz getroffen wieder zurück. In ihrem Kopf dreht sich alles und ihr wird schlagartig so übel, dass sie einen Herzschlag später auf Händen und Knien durchs Zelt krabbelt, so unbeholfen wie hektisch auf der Suche nach irgendetwas, das als Spucknapf herhalten könnte. Da weder eine Schüssel, noch ein Nachttopf, noch ein Eimer aufzutreiben sind, reißt sie in ihrer Verzweiflung irgendwann den Lederbeutel mit der schmutzigen Kleidung auf und übergibt sich würgend und spuckend hinein. Welche Monster oder blutrünstigen Barbaren auch immer da draußen gerade ihr Lager heimsuchen - oder vielleicht auch nicht, denn der Tumult vergeht gerade so rasch, wie er begonnen hatte, auch wenn in allen Zelten ringsum Geräusche laut werden - sie kann jetzt beim besten Willen nicht aufstehen. Vor ihren Augen tanzen kleine bunte Kringel und ihr Magen dreht sich wie ein wildgewordener Brummkreisel... kaum hat sie sich jedoch einmal, dafür allerdings gründlich, übergeben und starrt etwas fassungslos auf die Schweinerei, die sie in ihrem Wäschebeutel angerichtet hat, verschwindet die Übelkeit so plötzlich und so vollständig wieder, wie sie über sie gekommen war. Dafür meldet sich magenknurrend ihr Hunger. Das kann nicht sein! Niniane blinzelt einmal, zweimal, schüttelt ungläubig den Kopf, schnappt sich dann mit angewidertem Gesicht den müffelnden Lederbeutel, schlüpft in ihr Hemd und will sich gerade hinaus in die Morgenkühle schleichen, als Cron hereinkommt - vollständig angezogen und offensichtlich schon länger wach. "DU! Geh mir aus dem Weg!" Faucht sie aufgebracht, hält ihm demonstrativ den stinkenden Wäschebeutel unter die Nase, funkelt ihn von unten herauf an und schiebt sich dann an ihm vorbei nach draußen. Im Lager herrscht kein Aufruhr mehr, aber am Feuer stehen Arwen, Olyvar, Raven, Caewlin und Borgil, letzterer in einer karierten Wolldecke, und sie schnappt im Vorbeihasten nur etwas von Monsterheuschrecken auf, was ihr völlig mit einem ganz und gar anderen Gedanken beschäftigter Verstand gerade noch als Ursache für das Geschrei von eben einordnen kann. Dann quetscht sie sich noch immer vollkommen durcheinander zwischen Olyvars und Borgils Zelt hindurch, das auch schon einmal bessere Zeiten gesehen hat, und verschwindet in Richtung Forellenbach.

An einer seichten Stelle zwischen zwei flachen Steinplatten, die das Ufer säumen, kniet sie sich nieder, schüttelt den Lederbeutel aus und beginnt mit fliegenden Fingern, die vollgespuckten Kleider auszuwaschen. Ihre energischen Bemühungen sind allerdings nur von mittelmäßigem Erfolg gekrönt, denn sie hat kein Waschbrett, keine Seife und erst recht keine Bürste, aber immerhin kann sie den gröbsten Schmutz beseitigen und der Gestank lässt sich auch wegwaschen. Als alles ausgewrungen und die Tasche ebenfalls gereinigt ist, so gut es eben geht, wäscht sie sich Gesicht und Hände, spült ihren Mund aus und starrt dann lange auf ihr Gesicht, das sich an einer ruhigen Stelle im Wasser spiegelt. Sie rechnet nach, einmal, zweimal, weiß genau, wie sie sich Klarheit verschaffen könnte und wagt es doch nicht. Sei nicht albern, du weißt es doch schon. Tu nicht so, als hättest du genau das nicht schon einmal mitgemacht... Eine Weile wippt sie unschlüssig und brodelnd auf den Fersen hin und her, rechnet noch einmal nach, hört ihren eigenen Magen knurren, kaut zweifelnd an ihrer Unterlippe herum, holt schließlich tief Luft und schließt die Augen. Einen Moment lang lauscht sie angespannt in sich hinein und richtet alle ihre Sinne auf ihr Inneres... dann klatscht sie mit der flachen Hand so heftig aufs Wasser, dass es hoch aufspritzt. Kaum hat die dunkle Oberfläche sich wieder geglättet, taucht Crons besorgtes Gesicht neben ihrem darin auf und sie fährt herum. Nicht gut... nein. Oh, gar nicht gut... durch die heftige Bewegung rumort es schon wieder in ihrer Magengegend. Sie sieht in sein fragendes Gesicht und verspürt gleichzeitig den Wunsch, ihm auf der Stelle um den Hals zu fallen, ihm den Kopf abzureißen, ihn zu küssen und von einem Bein aufs andere zu hüpfen. "Ich," verkündet sie erbost und spürt doch, wie ihr Herz schneller schlägt, ihre Augen sich mit quecksilbrigen Funken erhellen und ihre Mundwinkel zucken, "habe gerade die Forellen von gestern in unseren Wäschesack gespuckt! Da bitte..." sie zeigt auf die triefenden Wäschestücke, die sie auf den Steinen ausgebreitet hat und geht auf ihn zu, bis sie direkt vor ihm steht. "Und daran bist nur du schuld, du... du.... verdammter Normander!" Sie legt ihm beide Hände auf die Brust, als wolle sie ihn am Hemdkragen packen und schütteln, aber sie lässt sich nur gegen ihn sinken. "Oh... ist mir schlecht. Und ich habe ja solchen Hunger..."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 20. Juli 2005, 01:16 Uhr
Cron war lange vor jedem Tumult im Lager und auch lange vor dem Morgengrauen aufgestanden, hatte nach den Pferden gesehen und dann im ersten Dämmern des neuen Tages  mit Ninianes Schleuder in den lichten Birkenhainen hinter ihrem Lagerplatz einen fetten Truthahn erlegt, der offenbar genauso wenig hatte schlafen können, wie er selbst. Jetzt baumelt das Federvieh kopflos in Obhut der Rossknechte von der Wagendeichsel und blutet aus. Vom Heupferdaufruhr bekommt Cron daher nur noch die letzten Züge mit, als Raven, Caewlin, Borgil, Arwen, Olyvar und Kaney schon am Feuer versammelt sind - doch als der den Kopf in sein Zelt steckt, um nachzusehen, ob Niniane ebenso aufgeschreckt wie alle anderen bereits auf den Beinen ist, wird ihm nur ein komisch riechender Ledersack unter die Nase gehalten und fauchend beschieden, er solle gefälligst aus dem Weg gehen. Dann rauscht Niniane nur im Hemd an ihm vorbei und er sieht ratlos auf zerwühlte Pelzdecken. Sein Vater hatte ihm ja beizeiten schon gesagt, und das mehr als einmal, dass Frauen unberechenbare, unlogische Wesen wären, die nie sagen würden, was sie wollten, sich aber vorbehielten, sehr unangenehm zu werden, wenn sie es nicht bekämen, aber das hier... Himmel! Habe ich irgendetwas angestellt? Er ist sich keiner Schuld bewusst und nach einer solchen Nacht hätte er doch eine etwas andere Begrüßung erwartet, als Geh mir aus dem Weg! "Verflixtes Frauenzimmer..." er dreht auf dem Absatz um, und sieht sie gerade noch zwischen den Zelten verschwinden, kommt aber nicht sehr weit mit seiner Verfolgung, denn Borgil stapft gerade nackt und nur in eine Wolldecke gehüllt an ihm vorbei und brummt dabei empört: "Cofea zum Frühstück, Cofea zum Frühstück! Ja sind wir hier in einer azurianischen Luxuvilla oder mitten im Wald? Cofea zum Frühstück, aber sonst geht's schon gut... woher soll ich denn hier in der Pampa Cofea nehmen?"

"Cofea? Von Niniane natürlich. Aber was bei allen Neun Höllen tust du hier in einer... vergiss es, später. Warte, sie hat hier irgendwo..." Cron schlüpft ins Zelt zurück, kramt aus ihren Satteltaschen das kleine Leinensäckchen mit dem kostbaren braunen Pulver hervor und drückt es dann dem verdatterten Zwergen in die schwielige Pranke. Warum Borgil nur mit einer Decke um seinen knorrigen Zwergenkörper am Feuer sitzt, kann er später immer noch fragen. "Hier. Einfach mit kochendem Wasser aufbrühen. Raven weiß, wie es geht," ruft er noch über die Schulter, dann folgt er Niniane, die in Richtung Bach verschwunden ist. Als er sie findet, sitzt sie in der Hocke am Wasser, um sich her ein Schlachtfeld nasser Kleidungsstücke und einen triefenden Lederbeutel, wippt langsam vor und zurück und sieht ganz und gar hilflos aus. "Cariad?" Sie dreht sich um, steht auf und schwankt einen Moment, als hätte sie zuviel Wein erwischt, aber seine hilfreich ausgestreckte Hand ignoriert sie völlig, sie sieht ihn nur an - und dann verändert sich ihre Miene zu einer rührenden Mischung aus Empörung und Zärtlichkeit und Cron versteht gar nichts mehr. Hatte sie ihn nicht eben noch zum Dunklen oder zumindest weit, weit weg gewünscht? "Nan, was um Himmels Willen ist los mit dir?"
Ihr Gesicht verzieht sich, aber ihre Augen leuchten, als sie anklagend auf die nasse Wäsche zeigt und dann indigniert erklärt: >Ich habe gerade die Forellen von gestern in unseren Wäschesack gespuckt! Da bitte...Und daran bist nur du schuld, du... du.... verdammter Normander!<
"Cariad, schnappst du über?" Als sie zu ihm kommt und ihre Finger sich in sein Hemd krallen, legt er ihr prüfend die Hand auf die Stirn. Warm ist ihre goldbraune Haut immer, aber Fieber scheint sie keines zu haben.

Sie zieht unwillig ihren Kopf weg, schnalzt noch ungehaltener mit der Zunge und lehnt sich dann doch an ihn. Dann vergräbt sie ihre Nase an seiner Brust und erklärt gedämpft durch das Leinen seines Hemdes, ihr wäre ja so schlecht und sie hätte ja so Hunger. "Morgendliche Übel...Moment mal... Moment mal. Soll das vielleicht heißen, du bist… du bekommst... schwanger?" Irgendwie erwischt er exakt den Tonfall zwischen gefasster Frage und verwirrtem Herausplatzen und obendrein gelingt es ihm auch noch, gleichzeitig bestürzt und hingerissen auszusehen. Dann breitet sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, dass so breit sein muss wie der Ginnungagap und er hebt sie hoch, vergräbt seine Nase in ihrem Hals und hält sie fest. Ein Kind... ein Baby. Sein Kind. Ein Sohn vielleicht. Oder eine Tochter wie Shaerela... die gerade dreizehn Monde alt ist. Der Gedanke bringt ihn halbwegs wieder zu sich und er stellt Niniane widerstrebend auf die Füße zurück, ohne sie wirklich loszulassen. Sei kein Narr. Sie ist gesund und sie ist stark und sie hatte bei Shaerela keinerlei Schwierigkeiten. Eine ganze Weile stehen sie am Ufer des gurgelnden Forellenbaches in der Morgensonne, um sich her ein Kreis klitschnasser Hemden, Hosen und Leibwäsche und grinsen sich an wie zwei Narren, die zu tief ins Glas geschaut haben. Dann fällt ihm etwas ein. "Wann? Was meinst du?" Sie zuckt mit den Schultern, aber dann spürt er, wie sie sämtliche Muskeln anspannt, um ihre revoltierenden Eingeweide im Zaum zuhalten. Sie verzieht ihren Mund und schlagartig kalkweiß geworden, schafft sie es gerade noch, sich umzudrehen um sich geräuschvoll in den rauschenden Bach zu erbrechen. Zwischen Würgen und Spucken murmelt sie etwas von Langschnee und er nickt, immer noch grinsend. Das völlig närrische, breitentzückte Lächeln klebt geradezu in seinen Mundwinkeln und will einfach nicht mehr verschwinden. "Arme Cariad..." er hält ihre Schultern und das Haar aus ihrem Gesicht und wartet, bis sich ihr Magen soweit beruhigt hat, dass sie wieder aufstehen kann. Dann wischt er ihr mit dem Zipfel eines gewaschenen Hemdes den Mund und sieht immer noch schrecklich fröhlich aus. "Spül dir den Mund aus, Nan und dann lass uns frühstücken gehen, ja? Ich glaube nicht, dass jetzt noch etwas drin ist, das hochkommen könnte..."

Er hilft ihr, die Sachen einzusammeln und sie kehren Arm in Arm ins Lager zurück, beide noch ganz gefangen von dieser unerwarteten Wendung und in stillschweigendem Einvernehmen, es niemandem zu sagen... obwohl Cron fürchtet, dass die allermeisten zwei und zwei zusammenzählen können, wenn Niniane sich in den nächsten Tagen vor allem Morgens alle Naslang übergeben würde. Auf dem Weg zu den Zelten kommen ihnen Maél und Morgana entgegen, die ebenfalls zum Bach wollen und als sie ans Lagerfeuer treten, ist Borgil gerade unter Ravens fachkundiger Anleitung dabei, heißes Wasser über braunes Cofeapulver zu schütten, was einen überwältigenden Duft durchs Lager ziehen lässt. Niniane verschwindet kurz, um sich etwas mehr als nur ein Hemd anzuziehen und auch Borgil grummelt etwas davon, dass er sich gern überhaupt ankleiden würde, aber zunächst einmal kommen Morgana und ihr Elb zurück und es gibt für jeden, der kosten möchte, einen Becher dampfendheißen Cofea Azuria... allerdings ohne Milch oder Sahne, sehr zum Leidwesen von Niniane, die dann lieber ganz verzichtet und sich an Tee hält. Nachdem auch Aurian aus ihrem Zelt aufgetaucht ist, frühstücken sie geröstetes Brot, Dörrfleisch und getrocknete Feigen, trinken im nebligen Wald irgendwo kurz vor dem Heidweg mitten in der Wildnis Cofea, den sie Dank Ninianes Versnobtheit dabei haben, und erfahren unter Gelächter vom heimtückischen Überfall der monströsen und zweifellos blutrünstigen hiesigen Heupferde. Nach dem Morgenmahl kleidet auch Borgil sich an und während die Rossknechte die Pferde satteln und den Wagen anspannen, legt Niniane ihr elbisches Trauergewand in reinem Weiß an, das sie für diesen Anlass mitgenommen hatte. "Ich hoffe, das Wetter hält," bemerkt Cron nach einem Blick in den Himmel zu Caewlin und Maél, die am Feuer stehen und ihre Cofeabecher leeren, und muss ständig darauf achten, nicht alles und jeden völlig idiotisch anzugrinsen. Es ist zwar keine Wolke zu sehen, aber es ist merkwürdig diesig und der Nebel hängt immer noch zwischen den Baumkronen wie Fetzen weißer Schleier. "Wenigstens bis heute Mittag noch, dann dürften wir die Stelle erreicht haben."  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 20. Juli 2005, 13:58 Uhr
Der Schrei, der Aurian aus dem Schlaf reißt, geht durch Mark und Bein. Völlig desorientiert tast sie hinter Arwen und den Hunden aus dem Zelt. Was sie dort allerdings zu sehen bekommt, macht sie schleunigst munter und nur mit Mühe kann sie einen mittleren Lachanfall unterdrücken: Eben gräbt sich ein vor sich hinschimpfender, nur in eine Decke gewickelter Zwerg aus dem, was dereinst ein Zelt war. Sähe Borgil in diesem Moment nicht so komisch aus, der sich in alle Richtung sträubende Bart könnte einiges an Furcht hervorrufen – könnte, den eben kann er nur mit Mühe verhindern, über die Deckenfalten zu stolpern und mit einem Bauchfleck in einer Schlammpfütze zu landen.
Nacheinander verlassen auch die anderen Mitglieder der Reisegesellschaft die Zelte, am eiligsten Niniane, die in einem Affentempo Richtung Bach schießt, gefolgt von Cron, nur um einige Zeit an seine Schulter gelehnt wieder aufzutauchen. Obwohl weiß um die Nasenspitze registriert Aurian mit ihren Elbensinnen eine feine prickelnde Spannung, die feinen Schwingungen eines Glücksgefühls, das aus den tiefsten Tiefen eines Herzens kommt. Wie auch ihre Magie, waren ihre empathischen Fähigkeiten in den letzten Wochen und Monaten gewachsen, unmerklich aber doch. Fragend sieht sie die beisden an, doch diese scheinen es nicht zu bemerken. Aurian nippt vorsichtig an dem Becher Coffea, den Borgil, mittlerweile angekleidet, ihr in die Hand gedrückt hat. Das schwarze Zeug ist heiß und bitter, doch nach einigen Schlucken schmeckt es immer besser. Kaney scheint diese Meinung nicht zu teilen, der junge Späher macht eine Gesicht, als hätte man ihn soeben gezwungen, noch unreife Waldbeeren zu essen.

Die Luft ist nach den Schauern der vergangenen  Nacht angenehm kühl und frisch und zwischen zwei Schlucken des für sie neuartigen Getränkes atmet das Mädchen tief durch. Alle Lebensgeister scheinen wieder zu erwachen und nach einer Weile schlendert sie mit dem Becher in der Hand zu den Pferden. Dikta blubbert ihr entgegen, während Borgils Pony daneben an einem Heuhalm herumkaut. As Gewitter der Vornacht und die Tatsache, die kleinsten zu sein, hat die beiden eine Art Waffenstillstand schließen lassen scheint es. „Na ihr? Seid ihr auch brav?“ Aurian fährt der Stute über die Schulter, während soeben einer der Rossknecht sich mit einem Hechtsprung vor den riesigen Hufen von Caewlins Pferd in Sicherheit bringt. Aurian ist heilfroh, außerhalb der Reichweite  dieses...dieses Höllentieres zu sein und auch die gescheckte Stute scheint diese Ansicht zu teilen. Die Knechte beginnen, die Pferde zu satteln, untrügliches Zeichen, das der Aufbruch zur letzten Etappe bevorsteht. Aurian streicht noch einmal über die Stirn Diktas um dann zu ihrem Zelt zurückzukehren. Hier fährt sie sich durch ihre Mähne, flicht diese zu einem dicken Zopf und legt den leichten dunklen Mantel der Stadtgarde um. Richtiges Trauergewand besitzt sie nicht und irgendwie fühlt sie sich deplaziert. Im Geiste beschließt sie, sich im Hintergrund zu halten. All die anderen waren Phelans Freunde gewesen, sie hingegen hatte ihn kaum gekannt, nur wenige Tage in denen er zwar ihr Leben gerettet hatte, doch ansonsten wusste sie nichts über ihn. Er hat sein Leben für eine Fremde aufs Spiel gesetzt. Eben führen die Knechte die Pferde heran und die gesamte Gruppe sitzt auf – mehr oder weniger elegant, wenn man Kaney und Borgil zusieht. Es scheint ein schöner Tag zu werden, gerade so als wolle auch Shenrah dem Waldläufer die letzte Ehre erweisen.  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 20. Juli 2005, 22:54 Uhr
Borgil war eigentlich nur auf dem Weg zum Wasserkessel, den er anstelle des Rosts vom gestrigen Abend in den eisernen Dreifuß hängen will, um so etwas wie Tee zuzubereiten, als Cron ihm auf seine Verwünschungen hin doch tatsächlich ein kleines Leinensäckchen mit gemahlenem Cofea in die Hand drückt. "Potzblitz!" Entfährt es ihm und er starrt sprachlos auf die Kostbarkeit in seiner Hand. Den Tronjer hingegen scheint etwas ganz anderes zu beschäftigen, denn er ist so schnell verschwunden, dass Borgil nicht einmal mehr "Aha" sagen kann. "Auch schön. Dann eben Cofea zum Frühstück... lieber Himmel, was sind wir nur für ein dekadenter Haufen!" Er organisiert Kessel, Kannen, Becher, Teller und alles, was die Vorräte noch hergeben, doch bevor er sich daran macht, das geheimnisvolle schwarzbraune Zeug in so etwas wie trinkbare Flüssigkeit zu verwandeln, Crons Worte, man müsse es einfach nur aufbrühen und Raven wisse schon wie, noch im Gedächtnis, besteht er darauf, wieder ein betretbares Zelt zu bekommen und endlich diese lächerliche Decke loszuwerden. Caewlin und Raven machen sich also grinsend daran, sein Quartier wieder in die Senkrechte zu bringen und bekommen nach einem Moment tatkräftige Unterstützung von Maél, der mit nicht minder unverschämten Mörderlächeln im Gesicht mit anpackt. Kaney füttert derweil die Hunde, Morgana, Arwen, der Lord Commander und die inzwischen ebenfalls aufgestandene Aurian bereiten das Morgenmahl und kümmern sich ums Feuer. Nachdem Borgil wieder ein Dach über dem Kopf hat, verschwindet er unter selbigem, kleidet sich an, flicht sich den Bart (was er längst nicht so gut kann, wie sein Schneemädel, das ihm sowieso an allen Ecken und Enden fehlt), schnallt den Waffengurt um, zieht seine Stiefel über und tritt, halbwegs wieder ein Zwerg von Rang und Stand, hinaus in die Morgensonne. Am Feuer hat sich derweil ein Kreis neugieriger Gesichter um Raven geschart, die ein Stück feines Leinen über den Rand eines irdenen Kruges gelegt, es mit Leder festgebunden und so zu einer Art Trichter umfunktioniert hat. Im Trichter ist etwa eine Handvoll Cofeapulver und als sie nach und nach kleine Mengen heißen Wassers darüber schüttet, zieht ein ganz und gar köstlicher Duft um die Feuerstelle. Borgil sieht sich um und schüttelt den Kopf, dann grinst er in seinen Bart. "Nobel geht die Welt zugrunde."

Niniane und Cron kommen gerade rechtzeitig zum Frühstück wieder und jeder der Augen im Kopf hat, kann das frappierend synchrone Grinsen auf ihren Gesichtern sehen, die um die Wette leuchten wie eine ganze Kiste Kerzen - Borgil allerdings sieht gerade nicht hin, denn er ist vollauf damit beschäftigt, sich von Raven in die höhere Kunst des Cofeabrauens einweihen zu lassen und das Strahlen der beiden entgeht ihm völlig. Nach dem Morgenmahl halten sie sich nicht weiter auf, sondern bereiten rasch und ohne weitere Verzögerungen ihren Aufbruch vor. Ihre Pferde sind bereits gesattelt, einige der Frauen kleiden sich noch rasch um und dann sind sie auch schon bereit. Die paar Stunden auf seinen eigenen Beinen haben Borgils geschundenem Hinterteil mehr als gut getan, doch als er jetzt in den Sattel steigt, meldet sich sein Allerwertester augenblicklich wieder zu Wort. "Aua. Ich wusste doch, da war noch etwas..." brummelt er, während Cron sich an die Spitze ihres kleinen Zuges setzt, gefolgt von  Olyvar, der den Wagen lenkt, Niniane neben sich auf dem Kutschbock. Die Jagdstute der Halbelbin und Bayvard, der kastanienbraune Hengst des Lord Commanders, würden im Lager bleiben, ebenso wie die beiden Rossknechte, die schon eifrig dabei sind, einen riesigen Truthahn zu rupfen. Hinter dem Wagen reiten Morgana, Arwen und Maél, gefolgt von Caewlin und Raven auf ihren schweren Pferden, dann Kaney und Aurian und schließlich er selbst, das Schlusslicht auf seinem stämmigen Pony. Kaum sind sie aus dem Tal herausgeritten, immer dem zuckelnden, ratternden Totenwagen hinterher, als der Nebel sich verflüchtigt und eine warme, weiche Grünglanzsonne von einem ganz und gar tiefblauen, wolkenlosen Himmel strahlt. Der Wald ringsum füllt sich mit goldenem Licht und dem Gesang hunderter Vögel, es duftet nach Hornveilchen, Moos, schwarzer Erde und sattem, jungem Grün und der Waldweg, dem sie folgen, liegt so leer und eben vor ihnen wie eine breite, sich windende Straße. Hier hat es begonnen, hier geht es zu Ende, was mein Freund? Borgil überlässt es Bildur, sich seinen Weg zu suchen, der willfährig hinter den anderen herstapft und hängt seinen Gedanken nach, einem dunklen Wald von Gedanken, die allesamt um Phelan kreisen, den sie heute, in wenigen Stunden, der sonnenwarmen, weichen Walderde anvertrauen würden.

Nur seinen Körper, denk daran. Seine Seele ist längst an einem wärmeren Ort, vereint mit seinem Sohn, seiner ersten Frau... und mit all seinen Männern, die hier oder in den Verdwäldern ihr Leben gelassen hatten... ach Phelan. Talyra hätte wirklich dein Zuhause werden können. Wenn du nur gewollt hättest... wenn du nur den Weg gefunden hättest. Wenn du nur hättest vergessen können... sind mir zu viele Wenns und Abers für meinen Geschmack. Du hättest nicht sterben müssen, wenn du's nicht gewollt hättest. Ich weiß es, du weißt es... und die anderen können es sich denken. Ich hab's dir schon mal gesagt und ich sage es wieder... ich werde nie wieder am Feuer sitzen und ein Horn Met leeren können, ohne an dich zu denken. Was war das für ein Kampf! Sagenhafte Prügelei... sagenhafter Tod. Vergessen werd' ich dich nie, und wenn ich tausend Jahre alt werde. Wo immer du jetzt sein magst, ob du mit dem Weißen Schiff davon gesegelt bist oder in Sithechs Hallen wandelst, das sollst du wissen. Und wenn irgendwann mein Ende kommt, dann sehe ich dich vielleicht irgendwo wieder... dann sitzen wir zusammen und reden über die alten Zeiten. Über morsche Leitern und Tunnelklettereien an glitschigen Felswänden...
Es wird tatsächlich Mittag, bis sie den Heideweg erreichen. Der Wald um sie her wird lichter, offener und seine tiefen, dichten grünen Schatten weichen goldgesprenkelten Lichtungen, bis er schließlich vom Heideweg durchschnitten wird, der breiten, uralten einstigen Handelsstraße, die von West nach Ost, von den Mondtoren am Verzauberten Fluss, der Grenze zu den Elbenlanden nach Surmera am Ildorel führt. Einst mag er schnurgerade und gut gepflastert gewesen sein... und viel befahren von allerlei Händlern, Wanderern, Kaufleuten und Kriegern. Jetzt überzieht ihn Moos, Gras und Unkraut haben ihn fast völlig überwuchert und dichte Preiselbeersträucher säumen seine ausgefransten Ränder... nur hier und da schimmert noch das Grau des einstigen Kopfsteinpflasters durch. Borgil hat Bildur weit nach vorn getrieben und reitet inzwischen neben dem Wagen her, wo sich Niniane und Olyvar leise unterhalten. Er schnappt nur hin und wieder ein paar Wortfetzen auf, offenbar erzählt die Waldläuferin dem Lord Commander gerade etwas darüber, wie es früher hier ausgesehen haben mag: eine breite, sichere Handelsstrasse, so gerade wie ein Pfeil, mit vielbesuchten Gasthöfen und blühenden Dörfern an ihrem Rand, die den Reisenden Rast und Einkehr sicherten. Das ist lange her, Niniane, selbst für deine Maßstäbe... seit die Spitzohren ihre Grenzen dichtgemacht haben, sagen sich hier nur noch Fuchs und Hase Gute Nacht. Als die Sonne sich dem Zenit nähert, zügelt der Tronjer seinen mitternachtsschwarzen Thunderländer und deutet auf einen kleinen Hain aus Schwarzkiefern, Buchen und  vereinzelten Fichten, in dessen Mitte sich eine einzelne, hohe Tanne erhebt... vom Weg aus ist allerdings nur ihr Wipfel zu sehen. Borgil wirft Niniane auf dem Kutschbock einen Blick zu und sieht die Waldläuferin fast unmerklich nicken. "Heißt das, wir sind da, ja? Hier ist es?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 21. Juli 2005, 23:12 Uhr
Der Heideweg, auf den Cron sie führt, ist kaum mehr als ein wagenbreites Stück moosbewachsener Fläche zwischen dicken Teppichen von Heidekraut und kleinen Sträuchern, das sich zwischen schlanken, weißgrauen Birken dahinzieht. Manchmal kreuzen ihn Pfade und Wildwechsel, ab und an scheinen die Reste der alten, grauen Pflastersteine, die hier und da durch Moos und Büschel wilden Thymians schimmern, ganz zu verschwinden, nur um einige Meilen weiter unvermutet wieder aufzutauchen. Beim Anblick einer etwas blassen Niniane, die beim Aufbruch aus dem Lager freiwillig den Kutschbock gegen den Sattel ihrer Jagdstute getauscht hatte und ohne zu Zögern neben Olyvar auf den Totenwagen geklettert war, hatte Caewlin einen ratlosen Blick mit Raven getauscht, aber als sie gegen Mittag das Ziel ihrer Reise, ein kleines Wäldchen aus Buchen, Fichten und Schwarzkiefern am Wegesrand, erreichen, ist er immer noch nicht schlauer. Der Totenwagen war auf dem weichen Moos des Heidewegs trotz einiger Schlaglöcher und Senken wider Erwarten gut vorangekommen, wenn auch langsam... zu langsam jedenfalls für den Grauen, der von der allgemeinen Grünglanzstimmung und den Unwettern der vergangenen Nacht so aufgestachelt war, dass Caewlin den ganzen Vormittag über nichts anderes getan hatte, als das überschäumende Temperament seines Pferdes im Zaum zu halten. Daran, die Waldläuferin oder Cron ein wenig genauer zu beobachten oder einfach nachzufragen, was los wäre, war nicht einmal zu denken gewesen. Nachdem der Graue sämtliche Pferde in seiner unmittelbaren Nähe erfolgreich scheu gemacht und nach allem und jedem in Reichweite getreten hatte, war Caewlin nur noch damit beschäftigt gewesen, im Sattel zu bleiben und seinem verrückten Gaul den Schneid abzukaufen. Da Gråuna es schon immer gehasst hatte, irgendein anderes Pferd vor sich zu haben und einfach keine Ruhe hatte geben wollen, war ihm irgendwann nichts anderes übrig geblieben, als ihn so rasch an den anderen vorbeizutreiben, dass das missratene Vieh einfach keine Gelegenheit gehabt hatte, irgendein Pferd oder am Ende noch dessen Reiter zu beißen, zu treten, niederzutrampeln oder aufzufressen. Dann hatte er ihm die Zügel freigegeben und ihn laufen lassen - dem verdutzt dreinblickenden Cron hatte er nur noch mit einem eisenschellenbewehrten Armstumpf zuwinken können.

Zwei Stunden später und kurz bevor sie den Hain, in dem Phelan sein Grab finden soll, erreichen, war Caewlin mit einem klitschnassen, aber halbwegs zu reitenden Pferd zu den anderen zurückgekehrt: nass bis über die Knie, weil der Graue durch einen nicht unbedingt seichten Bach gestürzt war, ohne auch nur langsamer zu werden, voller blauer Flecken, blutend aus einem halben Dutzend langer Kratzer von Dornenranken, tiefhängenden Ästen oder harter Rinde und genauso schwer atmend wie sein Pferd, aber sichtlich zufrieden. Raven empfängt ihn bei seiner Rückkehr mit einer hochgezogenen Braue und einem fragenden Blick, aber da er es nicht wagt, Gråuna so nah an den Braunen heranzulassen, dass er sie küssen könnte, zuckt er nur mit den Schultern und grinst: "Frühjahrskoller." Keine halbe Stunde später erreichen sie das Wäldchen, Cron zügelt Donner an der Spitze ihres Zuges und sie steigen aus den Sätteln, als der Wagen bis an den Rand des Hains gefahren ist. Den Weg zwischen das Dickicht engstehender Schwarzkiefern findet man nur, wenn man wie Niniane und der Tronjer weiß, welchen der jungen Bäume man zur Seite schieben muss, um dahinter einen schmalen Saumpfad zu finden, der über eine kleine Böschung in eine Mulde führt. In der Mitte der flachen Senke erhebt sich eine gewaltige Tanne. Ihr Stamm hat sicher einen Durchmesser von einem Schritt oder mehr und ihre tiefhängenden Äste bilden eine Art  hochgewölbtes Zelt aus tiefen, dunkelgrünen Schatten. Im weichen Waldboden daneben ist ein flacher Grabhügel, der mit runden Steinen und kleinen Findlingen abgedeckt wurde, die das Moos längst mit einer dichten, grünen Decke überzogen hat. Sie satteln die Pferde ab und pflocken sie beim Wagen an, dann folgen sie der Waldläuferin im Gänsemarsch in den Hain, die ihnen leise erklärt, dass die Waldläufer Phelans im Sommer vor zwei Jahresläufen hier ihr Lager aufgeschlagen hatten. Unter der Tanne war Aethling an seinen Wunden gestorben und neben ihr begraben worden... Caewlin lässt seinen Blick durch die Senke schweifen und nickt: der Platz ist ideal -  nahe des Weges, aber so gut verborgen, dass niemand, der nicht weiß, wo er suchen muss, ihn auf Anhieb findet.

Olyvar und Maél bringen die mitgebrachten Schaufeln vom Wagen und die nächsten drei Stunden vergehen damit, dass Borgil junge Bäume fällt, die als Stützen für das weiche Erdreich dienen sollen, während Cron, der Lord Commander, der Elb, Kaney und er selbst immer abwechselnd eine tiefe Grube neben dem steinbedeckten Grabhügel ausheben. Als Gräber eignet er sich einhändig kaum, aber Caewlin räumt den anderen das aufgeworfene Erdreich beiseite, so gut es geht, bringt mit Borgil in den Ecken der langsam entstehenden Grube Stützen an und sammelt mit den anderen Steine, die sie später auf das frische Grab legen würden, damit hungrige Wölfe, Vielfrasse oder Bären nicht an den Toten kämen. Schließlich haben sie eine Grube von zwei Schritt Länge und etwa eineinhalb Schritt Tiefe ausgehoben und genug Steine für einen Grabhügel zusammengetragen. Olyvar sammelt die Schaufeln ein und Caewlin zieht Raven an sich, die wie alle anderen mit befangenem Blick auf das gähnende Loch im Boden starrt. Sie, Cron und er selbst vielleicht aus noch anderen Gründen - im Norden wurde niemand der kalten, schwarzen Erde übergeben, sondern immer dem Feuer. Andere Länder, andere Sitten. Und selbst er muss zugestehen, dass dieser Ort etwas Besonderes hat, etwas, das sich nur schwer in Worte fassen, aber in jedem Baum und jedem Stein und im weichen Waldboden mit seiner dicken Schicht abgestorbener Nadeln und vermodernder Blätter spüren lässt. Diese Senke ist alt und still und hier im kühlen Schatten des grünen Halbdunkels zwischen den Bäumen spürt man etwas wie Frieden... und vollkommene Ruhe. Selbst die Hunde, die sonst nie so lange so ruhig sind, wenn ein Wald voller fremder Gerüche und zahlloser Wildspuren lockt, liegen still und wachsam in einem lockeren Kreis am Rand der Mulde. "Holen wir Phelan," murmelt er über Ravens Kopf hinweg und sieht kurz zu Morgana hinüber, die auf dem Weg hierher und erst Recht beim Ausheben des Grabes zusehends stiller und blasser geworden ist. Jetzt hat sie die Arme um ihre Mitte geschlungen und sieht so verloren und zerbrechlich aus, als sei sie aus Glas. "Morgana?" Er lässt Raven los, tritt zu ihr und berührt die Heilfrowe sacht an der Schulter. "Wer soll ihn zu Grabe tragen?"

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 22. Juli 2005, 00:14 Uhr
Schon während des Morgenmahls war Morgana stiller geworden und die Heiterkeit, die ihr eben noch ein amüsiertes Lächeln auf die Lippen gezeichnet hatte, war verschwunden. Nachdem sie den Cofea ausgetrunken hatte, hatte sie sich umgezogen, und ihre Mückenstiche so gut es ging versorgt. Aber sie würden sie sicher trotzdem plagen und Morgana denkt mit Grauen daran, dass sie womöglich die ganze Zeremonie schmeissen würde, weil sie nicht still würde stehen können. Das schlichte schwarze Kleid, dessen Rock in weiten Falten fällt, so dass sie würde bequem reiten können, hat kaum Verzierungen, nur um den Halsausschnitt rankt sich eine gestickte Girlande aus Mondblumen. Als sie wieder vor das Zelt tritt sind auch alle anderen zum Aufbruch bereit und der kleine Trupp setzt sich in Bewegung. Mael, Arwen und Morgana folgen direkt dem Leichenwagen und zum ersten Mal seit sie aufgebrochen sind, wirft die Heilerin einen vorsichtigen Blick in den Wagen. Vielleicht hätte sie dies nicht tun sollen, denn sobald ihr Blick auf Phelans hergerichteten Leichnam trifft, sieht sie nicht dies, sondern die Bilder aus jener Nacht in der er starb und sie hilflos zusehen musste. Sie schluckt einmal hart und wendet den Blick ab und starrt auf die Mähne des Pferdes, das mit ruhigem Schritt dem Wagen folgt.

Ganz im Gegensatz zu Caewlins Pferd, das irgendwann zusammen mit seinem Reiter an ihnen vorbeiprescht und aus ihren Augen verschwindet. Morgana bekommt dies nur halb mit, wie eigentlich alles was auf dem Weg zu Phelans Grabstätte um sie herum geschieht. Selbst die juckenden Mückenstiche scheinen es aufgegeben zu haben sie in den Wahnsinn zu treiben. Mael reitet dicht neben ihr und hin und wieder spürt sie seinen Blick auf ihr ruhen, und genau in dem Moment, wo sie ihr Pferd am liebsten herum drehen möchte, weil sie gar nicht dahin will, wo sie nun hin muss, greift Mael nach ihrer Hand. Eine beruhigende Geste und Morgana versucht sogar ein halbes Lächeln.

Niniane hatte sich in ihrem weissen Kleid und recht grünlich im Gesicht auf den Kutschbock gesetzt, was Morgana zwar verwundert hat, aber da die Heilerin viel zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt ist, geht sie dem auch nicht weiter nach. Shenrah hat seinen Zenit erreicht, als auch die Gruppe die Stelle am Heideweg erreicht, die Phelans letzte Ruhestätte sein wird. Etwas abseits des Weges betreten sie eine verborgene Senke und Morgana wird schlagartig klar, warum Phelan genau hier begraben werden wollte. Nicht nur weil auch Aethling hier liegt, sondern wegen all dem was dieser Ort ausstrahlt. Die Ruhe des Waldes und seine ganze Schöhnheit, das was Phelan ausser seinem Sohn immer am meisten am Herzen gelegen hat, was sein zu Hause war, und es nun auch für immer sein wird. Die Männer haben schon die Schaufeln geholt und beginnen neben der grossen Tanne, die die Senke wie eine grosse Beschützerein überragt, das Grab aus zu heben. Morganas Herz schlägt ihr bis zum Hals und sie wird nervös, aber nur innerlich nach aussen hin muss sie fast wirken wie eine Statue, die auf das immer grösser werdende Loch im Boden starrt und sich erneut in ihren Gedanken verliert. Die Tränen die ihr in die Augen steigen bemerkt sie nicht einmal, aber sie bahnen sich noch nicht ihren Weg über ihre Lider hinaus, sondern schimmern nur in ihren Augen.

Obwohl Shenrah mittlerweile warm vom Himmel scheint ist ihr kalt und sie schlingt die Arme um sich, um diese Kälte zu vertreiben, die aus ihr selbst zu kommen scheint. Jemand berührt sie leicht und sie löst sich aus der Starre und blickt in Caewlins Gesicht.>Wer soll ihn zu Grabe tragen?< Morgana sieht den Nordmann vollkommen verdattert an, mit einer solchen Frage hatte sie nicht gerechnet und sich schon gar keine Gedanken darüber gemacht. In ihrem Kopf beginnen sich die Möglichkeiten zu überschlagen. Es wäre schön, wenn Cron, Caewlin, Borgil und Olyvar Phelans Leichnam zu Grabe tragen würden, aber dies würde wohl ein recht seltsamer Anblick werden, bei den Grössenunterschieden, die die Männer haben, und nicht angemessen für eine Beerdigung. Ein fast unbändiges Kichern will sich den Weg hinaus aus ihrer Kehle bahnen und sie hat Mühe es zu unterdrücken, als sie sich dieses Bild vorstellt. Bei allen Göttern Morgana, reiss dich zusammen, du solltest mit Anstand und Trauer deinem verstorbenen Gefährten das letzte Geleit geben und nicht wie eine irre kichernde alte Hexe! Sie weiss selber nicht was mit ihr los ist und das Kichern verschwindet auch so schnell wieder, wie es gekommen ist, ihre Nerven sind wohl einfach zu überreizt. Schliesslich findet die Heilerin ihre Sprache wieder, auch wenn sich ihre Stimme dünn und brüchig anhört. "Es wäre schön, wenn du und Cron Phelan diese Ehre erweisen würdet. Ihr habt ihn wohl am Besten gekannt und viele Abenteuer mit ihm zusammen erlebt." Ihr Blick wandert kurz zwischen den beiden Nordmännern hin und her, als beide ihre Bitte annehmen.

Es wird kaum gesprochen, während Cron und Caewlin zum Wagen gehen um Phelans strebliche Überreste zu Grabe zu tragen. Mael hat sich irgendwo die Hände gereinigt und tritt zu ihr, legt sacht seinen Arm um sie, verliert aber kein Wort, aber das braucht er auch nicht, es reicht für Morgana zu wissen er ist bei ihr und sie kann sich an ihn lehnen, wenn es nötig ist und Halt finden. Lupin hat sich zu ihren Füssen gelegt und Ben liegt bei den anderen Hunden am Rande der Senke. Morgana sucht Arwens Blick, die Anukis Priesterin würde die Zeremonie und die Gebete sprechen und nickt ihr dann zu, als Cron und Caewlin, würdevoll Phelans Leichnam tragend, die Lichtung betreten.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 23. Juli 2005, 14:49 Uhr
Auch wenn der Morgen reichlich früh, Dank einer anlehnungsbedürftig zirpenden Heuschrecke mit einer für einen Trauerzug doch ungewohnten Heiterkeit und dem versnobten Luxus von frisch gebrühtem Cofea begonnen hat, kaum sind alle mit Frühstück, Cofea, der nötigen Morgentoilette sowie dem An- und Umkleiden fertig und der Zug aus Wagen und neun Pferden ist auf seinem Weg, als sich so etwas wie ein sanfter Schleier über die Stimmung legt, und das nicht nur bei Morgana, obwohl der Heilerin der letzte Teil des Weges sichtlich am schwersten fällt. Arwen reitet neben ihr, als sie sich zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch dem Wagen mit dem aufgebahrten Toten nähert und einen Blick auf ihn wirft. Den ersten überhaupt, seit er in ihren Armen starb... Arwen weiß von den Priestern im Tempel, dass sie nicht dort gewesen ist. Und sie glaubt verstehen zu können, warum Morgana das nicht tun konnte. Auch jetzt scheint der Anblick des Waldläufers über deren Kräfte zu gehen, denn es ist kaum mehr als ein flüchtiger Blick, ehe sich das Blau der Augen zu verflüchtigen scheint und einem rauchigen Grau Platz macht. Es ist ein stummer Blick, den sie mit Maèl wechselt, dann lässt sie Shur etwas zurückfallen und überlässt dem Elben den alleinigen Platz neben Morgana. Wenn überhaupt ist er derjenige, der ihr jetzt und bei dem was noch folgt helfen und sie trösten kann. Und Arwen ist auch nicht böse darum, alleine hinter den beiden her zu reiten, ihr gehen so viele Gedanken im Kopf herum, dass es gut tut, mit sich und ihnen allein zu sein. Denn so wie der Anblick des Toten bei Morgana die Erinnerungen an jene Nacht in der Harfe hervorruft, weckt er bei Arwen mit gnadenloser Kälte die Erinnerungen an Wegesend. Die Erinnerungen an jene beiden Male, die sie Phelan danach noch getroffen hatte, während des Inari-Festessens des Stadtrates und auf Kizumus Hochzeit sind so blass, dass sie nicht gegen die dunklen Schatten ankommen. In Gedanken neigt sie den Kopf vor dem Waldläufer. Es tut mir leid, Phelan. Ich sollte mich anders an euch erinnern. Aber obwohl ich davon am wenigsten bewusst mitbekommen habe, ist doch meine stärkste Erinnerung an euch, dass ihr mir zusammen mit anderen in Wegesend das Leben gerettet habt. Wir haben zusammen die steife Förmlichkeit der Inarifeier des Stadtrates ertragen, und auf Kizumus Hochzeit saß ich neben euch und Morgana. Verzeiht mir, wenn mein Gedenken an euch immer an die Stunden in einem dunklen Keller gebunden ist.

Obwohl sie auf Straßen reiten, die seit Jahrhunderten kaum benutzt worden sind, zögern weder Cron noch Niniane bei der Wahl des Weges, der sich zwischen Heidekraut, weißen Birken und niedrigen Sträuchern durch Wald und lichte Haine windet. An diesem Tag öffnet sich von neuem der alte Weg zwischen den Mondtoren und Surmera, über den Dutzende von Menschenaltern kaum noch ein Reisender gewandert ist. Fast scheint es, als sei das Rad der Zeit zurückgedreht worden. Ohne es zu wollen, wandern Arwens Gedanken aus Gegenwart und nahen Vergangenheit mit ihren dunklen Schatten zurück in ferne Zeiten. In ihrer Kindheit, lange bevor der Fluch erwacht war, war sie dieser Straße schon einmal gefolgt. Zusammen mit ihrem Bruder hatte sie eine Gesellschaft von Priestern und Gelehrten begleitet, nach... ja wohin eigentlich?... sie kann sich beim besten Willen nicht mehr an Zweck und Ziel jener Reise erinnern. Aber sie erinnert sich an die Gasthöfe und Dörfer am Wegesrand, in denen sie Rast eingelegt hatten, an eine ebene, gutgepflasterte Straße, auf der Wagen besser und schneller vorankamen, als heute der Totenwagen Phelans. Arwen verwendet keinen Gedanken an den Weg, zu sehr ist sie in Erinnerungen versunken, wandert ihr Geist zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Die Wahl von Weg und Tritt überlässt sie getrost ihrem Pferd. Sie nimmt weder den Wandel der Landschaft wirklich wahr, noch bemerkt sie die neugierigen Vögel, die ob der ungewohnten Gäste in ihrer Nachbarschaft aus ihren Nestern aufflattern und wie Hummeln in der Luft hängen, oder die erstarrt in den Zweigen verharrenden Eichhörnchen, die jeden der Hunde in der Reisegesellschaft mit größter Skepsis mustern. Aber selbst Shurs Sicherheit hätte ihr nicht geholfen den gesuchten Ort zu finden, sie wäre an dem kleinen Hain aus Schwarzkiefern, Buchen und Fichten vorbei geritten. Und vermutlich hätte sie dabei noch die einzelne hohe Tanne bewundert, deren Wipfel vom Weg aus zu erkennen ist; nicht ahnend, dass man nur einige junge Bäume zur Seite schieben muss - so wie Cron und Niniane es tun - um hinter ihnen einen schmalen Saumpfad zu finden, der sie die letzten Schritte zu ihrem Ziel führt.

Die nächsten Stunden vergehen meist schweigend und vertieft in jene Arbeiten, die einer Bestattung nun einmal voraus gehen. Besorgt wandern Arwens Blicke immer wieder zu Morgana, die mit jeder Schaufel Erdreich, die aus der Grube geholt wird ruhiger und blasser wird - sofern das überhaupt noch möglich ist. Götter, gebt ihr die Kraft, das durchzustehen... sie begräbt hier und heute mehr als nur den Mann, der für einige Zeit ihr Gefährte gewesen ist, sie beendet einen Abschnitt ihres Lebens... Der Blick der Elbin huscht kurz zu Maèl hinüber der seine Schaufel gerade an einen der anderen weiterreicht. Wenigstens hat sie einen Teil ihres neuen Lebens hier bei sich, das mag ihr Halt geben. Schweigend sammelt Arwen noch weitere Steine aus dem umliegenden Dickicht, mit denen später das Grab abgedeckt werden soll. Irgendwann, es mögen drei Stunden vergangen sein, ist es soweit: Das Grab ist fertig ausgehoben. Über der Grube liegen drei von Borgil geschlagene Stämme junger Birken; auf ihnen wird die Bahre mit dem Toten ruhen, ehe sie endgültig mit den bereit liegenden Seilen in die dunkle Tiefe des Grabes zur letzten Ruhe gesenkt wird.
Als Morgana die Frage gestellt wird, wer Phelan zu Grabe tragen soll, fürchtet Arwen für einen Augenblick, die Heilerin würde entweder in einen hysterischen Anfall zwischen Weinen und Lachen oder schlicht in Ohnmacht fallen. Doch nach einem fast endlosen Augenblick hat sie sich gefangen und bittet die beiden Nordmänner mit dünner Stimme, dieses zu tun. Während sie selber zu einem mitgenommenen Bündel am Rand der Senke geht, folgt Arwen den beiden Männern mit den Augen und kann sich ein Kopfschütteln nur knapp verkneifen. Wie... ich kann ja verstehen, dass sie Morganas Wunsch erfüllen. Und wenn einer von den anderen oder sogar sie alle zusammen ihn tragen würden, sähe das zugegeben etwas merkwürdig aus, und schlimmsten Falls wäre das eine reichlich schlagseitige Angelegenheit...  aber wie soll das so gehen? Nicht dass ich es ihm vorwerfen würde, wie könnte ich, aber Caewlin hat nur eine Hand, wie soll er alleine mit Cron die Bahre tragen? Vor ihrem inneren Auge drängt sich ihr unweigerlich das Bild einer kippenden und ihre Last verlierenden Bahre auf. Nur schwer gelingt es Arwen, diese Vorstellung zu verdrängen. Sei nicht albern, das wird nicht passieren. Sie werden eine Möglichkeit finden, die Bahre zu tragen, ohne dass so etwas geschieht.


Die Sonne steht längst hoch am Himmel und breitet eine für diese Jahreszeit ungewohnte Wärme über das Land - selbst hier im Wald und im Schatten der großen Tanne. Arwen ist froh, dass sie ihre Haare am Morgen eingeschlagen und mit Holznadeln hochgesteckt hat. Aus ihrem Bündel holt sie den braunen Mantel der Anukis-Priester. Bisher hatte sie nur das schlichte Kleid im Trauerweiß der Elben getragen, für einen Mantel ist es unterwegs einfach zu warm gewesen. Doch da sie sich gegen das grüne Gewand einer Priesterin entschieden hatte, hat sie vor, während der folgenden Zeremonie wenigstens den braunen Mantel mit den Zeichen Anukis' zu tragen. Mitten in der Bewegung, mit der sie ihn umlegen will, verharrt Arwen dann jedoch. Mit einem Mal begreift sie erst, was sie schon die ganze Zeit an diesem Ort so tief berührt hat: Die Stille und Reinheit des Waldes. Entschlossen legt sie den Mantel zurück. Symbole, Zeichen, Trachten, alles das ist im Angesicht des Todes ohne Belang, Äußerlichkeiten ohne Bedeutung für das was war, das was ist und das was sein wird. Und ebenso sind die Formen von Rituale und Zeremonien nicht wirklich wichtig. Zwischen zwei Atemzügen ist auch Arwens Sorge verschwunden, sie könnte Fehler in der Zeremonie machen. Es kommt nicht darauf an, welche Gebete gesprochen und welche Gesänge angestimmt werden. Das einzige was zählt ist, dass das was gesagt wird von Herzen kommt, die Form ist ohne Bedeutung. Eine einzige ehrlich gemeinte Träne ist mehr wert als tausend hochtrabende Trauerreden oder formvollendete Rituale. Das Knacken von Zweigen, als zwei Männer ihre sperrige Fracht zwischen den dicht beieinander stehenden Schwarzkiefern über den Saumpfad tragen, reißt Arwen aus ihren Gedanken. Und als sie aufsieht, trifft ihr Blick den Morganas, die ihr in dem Moment zunickt, als die Nordmänner mit der Totenbahre über den Rand der Senke und in den grünen Schatten der Tanne treten. Mit einem knappen Senken des Kopfes erwidert Arwen das Nicken und tritt zu den anderen an das offene Grab. Die Bahre ruht auf den Birkenstämmen, und das blaue Tuch breitet sich so aus, dass es gnädig den Blick auf die dunkle Grube darunter verbirgt. Ein letztes Mal holt die Elbin tief Luft und während das grüne Zeichen Anukis' auf ihrer Stirn zu schimmern beginnt, lässt sie ihre Augen über die Anwesenden wandern: Morgana steht dort, Maels Arm als Halt und Trost um die Schultern gelegt. Kaney und Aurian zwischen Olyvar und Borgil, dessen Miene Arwen bitter an jene unheilvolle Sithechnacht erinnert. Niniane und Cron stehen ihr fast gegenüber, und für einen Moment fragt Arwen sich, was mit der Waldläuferin seit dem Morgen los ist; sie freiwillig den Wagen statt des eigenen Pferdes nehmen zu sehen, ist zumindest ungewöhnlich. Raven und Caewlin daneben stehen dicht beieinander und ihre unterschwellige Befangenheit scheint eher dem Grab als dem Anblick des Toten zu gelten. Dass im Norden die Toten nicht der Erde sondern dem Feuer übergeben werden, muss Arwen sich erst ins Gedächtnis rufen.

"Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben." Der erste Satz ist gesprochen, und jedem, der schon einmal die Zeremonie in einem Tempel miterlebt hat, muss klar sein, dass Arwen dem althergebrachten Ritus nicht folgt. "Dieser Satz ist so alt wie die Trauer, und vermutlich soll er den Zurückgebliebenen Trost spenden und über den Verlust hinweg helfen. Nur leider sind Worte nicht dazu in der Lage, den Schmerz der Trauer zu nehmen. Denn selbst das Wissen um die Liebe der Götter tröstet jene nicht, aus deren Mitte der Tote viel zu früh gerissen wurde." Ihr Blick irrt kurz über den Toten, über das blasse Gesicht, die Schatten in den Schnitzereien des Bogens und das Milchweiß der Pfeile. Sie hat noch nie eine Bestattung selber abgehalten, und so ohne den Halt den das Gerüst der zeremoniellen Worte bietet, versucht Arwen verzweifelt ihre flatternden Gedanken zu sortieren und die Worte zu ordnen. "Anukis, Herrin und Hüterin der Wälder! Sithech, Herr über Winter und Tod! Eure Segen erbitten wir für Phelan Desmond, Waldläufer im Dienste Anukis', Protektor in den Wäldern des Larisgrüns," ihr Blick richtet sich auf Niniane, die wie Phelan Waldläuferin und Protektorin ist, "Vater und Gefährte," Ihr Blick sucht den Morganas und trägt in sich die Erinnerung daran, wie Phelan damals auf der Hochzeit mit Ian umgegangen war, "Freund und Bruder im Kampf, Retter in großer Not." Ihre Augen wandern weiter, von Borgil, Kaney und Aurian zu Cron, Raven und Caewlin. "Ein Mann, der den Willen der Götter tat, sein Schicksal erfüllte und dessen Wort soviel galt wie ein Eid." Sie sieht Olyvar an; von Morgana weiß sie, dass der Lord Commander Phelan auch ohne Treueschwur als Späher in seinen Dienst genommen hatte. "Er erfüllte die Aufgaben, die ihm das Leben stellte, jede von ihnen, bis hin zur letzten. ... So mancher steht im Kampf vor diesem Augenblick der Wahl. Auch Phelan. Und er traf seine Wahl ohne zu zögern. Er wählte den Tod, damit andere leben können. Was er aber bestimmt nicht gewollt hat, ist dass andere sich deswegen schuldig fühlen... Er starb für seine Freunde... und machte damit das größte Geschenk, das man geben kann..."

Eine Bewegung am Rande ihres Gesichtsfeldes lässt Arwen kurz stocken. Eigentlich kann es nicht mehr sein als die Bewegung von Tannenzweigen im Wind, und trotzdem zieht es ihren Blick an. Der Atem stockt ihr, und einen Herzschlag lang will sie ihren Augen nicht trauen. Am Rand der Senke, im dämmrigen Halbschatten des Kiefernhaines, dort wo der Saumpfad mündet, steht Phelan. Und er ist nicht allein. In seiner Hand ruht die Hand eines vielleicht fünfzehn Sommer alten Knaben mit langen Haaren und gebräunter Haut, Phelan so ähnlich, dass Arwen augenblicklich weiß, wer das sein muss. Aethling. Ihr Blick trifft den der schemenhaften Silhouette. Ich verdanke euch viel Phelan. Und das Wort 'Danke' wird nie genug sein. Ein Lächeln ist alles an Antwort, was sie bekommt. Das, und eine Geste, die Gruß und Abschied zugleich ist, und allen gilt, die sich hier eingefunden haben. Voller Respekt neigt Arwen den Kopf vor dem was sie sieht, oder zu sehen glaubt, völlig sicher wird sie sich darüber vermutlich niemals sein. Denn als sie den Blick wieder hebt, ist da nichts mehr. Nichts, außer zwei silbernen Mondblumen im weichen Gras, die vorher nicht dort gewesen sind. Ihr Atemholen klingt fast wie ein leises Seufzen als sie fortfährt. "Niemand auf Rohas weitem Rund weiß, welchen Weg Halbelben gehen, wenn ihr Körper stirbt, ob sie ebenso wie die Menschen mit den weißen Schiffen die Kreise Rohas verlassen, oder ob sie über den Purpurfluss in Sithechs Stille Hallen gehen. Aber wohin auch immer Phelan gegangen ist, er ist dort wo er sein wollte und er ist mit jenen vereint, die er viel zu früh verloren hat. Was wir hier begraben, ist nur die sterbliche Hülle, und sie wird dort zur letzten Ruhe gebettet, wo Phelans Herz immer zu hause gewesen ist." Erst als sie die Worte ausgesprochen hat, huscht ihr Blick Verzeihung heischend zu Morgana. Genau das ist es immer gewesen, was die Heilerin gefürchtet hat. Sie hat diese Wunde nicht aufreißen wollen, doch nun ist es gesagt und kann nicht ungesagt gemacht werden. "Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben. Aber es sterben immer nur die Körper. So lange wir uns erinnern, stirbt niemand endgültig. Es tut weh sich zu erinnern, aber das ist der Preis, den wir dafür zahlen, dass jene, die vor uns gegangen sind, in uns und unseren Erinnerungen unsterblich sind."

Mit einem tiefen Atemzug wendet Arwen sich dem Leichnam zu, schlägt das Segenszeichen ihrer Göttin über ihm und sieht den silbrigen Schimmer des Kältezaubers verblassen. Nicht mehr lange, und er würde in dunkler Erde ruhen, wo die Natur ihren Lauf nimmt. Den Kältezauber braucht es nicht mehr. Er ist im Tod dorthin zurückgekehrt, wo er im Leben zu hause gewesen ist... Der Kreis hat sich geschlossen. Sie verneigt sich ein letztes Mal vor dem Protektor des südlichen Larisgrüns, dann tritt sie zurück und verlässt den Kreis, damit auch die anderen von ihm Abschied nehmen können, jeder nach seiner Art. Nahezu lautlos führen ihre Schritte sie hin zum Saumpfad. Also habe ich es mir doch nicht eingebildet.. zumindest nicht alles... Behutsam hebt sie die beiden Mondblumen auf und nimmt sie mit sich. Sie will sie Morgana geben, nachher, wenn das alles hier vorbei ist. Sie würde Trost brauchen. Und vielleicht hilft es ihr, zu wissen, dass Phelan nicht ganz ohne Gruß für sie gegangen ist. Leise kehrt sie in den Kreis der anderen zurück. Es ist nie darüber gesprochen worden wer, aber wenn alle Abschied genommen haben, würde es vier Männer brauchen, um den Toten in das Grab zu senken, einen an jedem Seilende.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 23. Juli 2005, 21:35 Uhr
Während die Männer mit Hacken und Schaufeln bewaffnet dem weichen Waldboden zu Leibe rücken und im Dämmerschatten der gewaltigen Tanne damit beginnen, die Grube auszuheben, in die Phelans Leichnam gesenkt werden soll, geht Raven eine Weile Borgil zur Hand. Schweigend hilft sie dem unablässig grummelnden und vor sich hin schnaufenden Zwerg, die jungen Bäume, die seiner Axt zum Opfer fallen, von Ästen und Zweigen zu befreien - eine Aufgabe, die ihr bei ihrer Arbeit als Bogenbauerin so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass sie gar nicht mehr darüber nachdenken muss, was sie tut. Ihre Hände erinnern sich ganz von selbst daran und schlagen mit dem kleinen Beil, das Borgil ihr in die Hand gedrückt hat, säuberlich die Äste und belaubten Spitzen ab, so wie sie es schon hunderte Male getan haben. Als sie genügend Stützholz geschlagen und vorbereitet haben und ihre Finger und die hirschledernen Hosen ganz klebrig von goldenem Harz sind, hilft sie ihm, es hinüber zum Grab zu tragen. Dort reichen sie die von Ästen und Laubwerk befreiten Hölzer an Caewlin weiter, der bis zur Brust in dem ausgehobenen, rechteckigen Loch steht und die schlanken Stämme in Empfang nimmt, um damit das lockere Erdreich abzustützen, das ständig in die Höhlung nachrieselt. Als Raven neben der Grube in die Hocke geht und die Stämme hinabgleiten lässt, berühren sich einen Moment ihre Finger, seine erdverkrusteten und ihre harzverklebten, aber bevor sie noch ein Wort sagen oder ihm zulächeln kann, fühlt sie sich von einer schwieligen Zwergenpranke am Kragen gepackt und wieder auf die Füße gezogen. Borgil scheucht sie erneut ans Werk und schnaubt ungeduldig, sie seien zum arbeiten hier und herumturteln könne sie auch später noch. Augenrollend trottet Raven hinter ihm her und hätte ihm am liebsten die Zunge herausgestreckt, aber dann zaust sie ihm nur grinsend den roten Bart. "Du bist ja nur neidisch, weil du dein Schneemädel nicht dabei hast." Und das kann nicht einmal Borgil abstreiten.

Schon einmal an diesem Tag hatte er Raven aus ihren Träumen aufgeschreckt, als er neben ihr ein süffisantes Räuspern von sich gegeben hatte. Caewlin hatte versucht, den wild herumtänzelnden Grauen in Zaum zu halten, der sich gebärdet hatte wie ein Fass Loas Öl kurz vor dem Explodieren. Schließlich hatte er es achselzuckend aufgegeben, den Hengst bremsen zu wollen und ihm die Zügel schießen und einfach laufen lassen, und der Graue war davongedonnert, als hätte ihm jemand eine Handvoll azurianischer Pfefferschoten unter die Schweifrübe gestopft. Es war ein eindrucksvolles Bild gewesen, ein sehr eindrucksvolles: der hochgewachsene, breitschultrige Krieger, das Haar leuchtend in der Sonne und den mächtigen strahlgrauen Hengst zwischen den Schenkeln, beide geradezu strotzend vor Kraft und Energie .... Raven hatte ihnen nur mit völlig verklärtem Gesichtsausdruck hinterher starren und die Augen nicht von ihnen wenden können, bis sie schließlich in einer Staubwolke am Horizont verschwunden waren. Genau in jenem Moment war Borgils Räuspern schräg von unten an ihr Ohr gedrungen, als er vom Sattel seines Ponys aus gefragt hatte: "Was ist, willst du hier Wurzeln schlagen?" Erst seine Stimme hatte sie von ihrer rosa Wolke geschubst, sie wieder in die Wirklichkeit zurückbefördert und realisieren lassen, dass sie mit angehaltenem Atem und einem blödsinnig frohen Grinsen im Gesicht auf dem Rücken des Braunen gesessen war und vermutlich ausgesehen hatte, als hätte sie gerade eine Erscheinung gehabt. Sie hatten den Hain mit Aethlings Grab beinahe schon erreicht, als Caewlin mitsamt seinem verrückten Gaul endlich wieder aufgetaucht war, zerkratzt, nass, atemlos und mit einem höchst zufriedenen Gesicht, wobei der Hengst zwar sichtlich ruhiger war als vorher, jedoch ausgesehen hatte, als könne er noch tagelang weiter durch den Wald donnern, ohne auch nur ein Zeichen von Müdigkeit zu zeigen. Irgendwo unter seiner boshaften, tret- und beißfreudigen Fellhülle scheint er jedenfalls eine Quelle unerschöpflicher Energie zu besitzen und nie zu erlahmen. Zwar sticht gelegentlich sogar den Braunen der Hafer - obwohl er im Gegensatz zu Gråuna eher das stoische Temperament einer hundertjährigen, fußkranken Landschildkröte hat und sie sogar Brynden auf seinem Rücken zum Einkaufen in die Stadt schicken könnten, in der Gewissheit, dass er ihn sicher und wohlbehalten wieder zurückbringen würde -, aber dieses Faultier von Pferd würde beim besten Willen keinem Vergleich mit Caewlins Grauem standhalten.

Raven grinst, als sie daran denkt und einen Moment lang träumt sie versonnen in der Gegend herum, das Bild ihres Mannes vor ihrem inneren Auge, aber dann erinnert sie sich unwillig wieder an den Grund, aus dem sie hierher gekommen sind und schließt sich den anderen an, die im Unterholz nach Steinen zum Abdecken des Grabes suchen. Sie arbeiten Hand in Hand und kommen rasch vorwärts, und in dem Maße, in dem die Grube in die Tiefe wächst, wächst der Haufen Steine, den sie nach und nach heranschleppen, allmählich in die Höhe. Während sie gebückt durchs Unterholz kriechen und sich durch niedrige Ginsterbüsche, Heidekraut und dorniges Gestrüpp kämpfen, schiebt sich Raven besorgt an Ninianes Seite. Die Waldläuferin hat die Röcke über den Stiefeln hochgeschürzt und sich den Saum in den Gürtel gestopft, um sich damit nicht im Unterholz zu verfangen. Ihr schlichtes, weißes Trauergewand wirkt schon ziemlich ramponiert, ähnlich wie Niniane selbst, die ziemlich blass um die Nase ist und so aussieht, als könne sie sich jeden Moment ins nächstbeste Gebüsch übergeben - was sie einige Male auch ausgiebig und geräuschvoll tut. "Was ist denn los mit dir?" bohrt Raven flüsternd nach und legt die Stirn in sorgenvolle Falten, während sie der Freundin wie ein anhänglicher Schatten durch das Gebüsch folgt und die dornigen Ranken abzuwehren versucht, die sich um ihre Knöchel schlingen und in ihrem Zopf verfangen. "Gestern ging es dir doch noch prächtig, du wirst doch nicht krank werden?" Niniane zuckt vielsagend mit den Schultern und ihre Miene ist eine Mischung aus spitzbübischem Grinsen, stillem Stolz und gespieltem Vorwurf, als sie durch das Gewirr von Baumstämmen zu Cron hinüber deutet, der auf seine Schaufel gestützt neben dem ausgehobenen Grab steht und sich den Schweiß von der Stirn wischt. "Daran ist nur er schuld", empört sie sich und auf Ravens verständnislosen Gesichtsausdruck hin fügt sie mit einem schiefen Lächeln hinzu: "Ich bin nicht krank, ich bin schwanger." Raven schließt mit Mühe ihre heruntergeklappte Kinnlade und kann Niniane für die Dauer einiger Herzschläge nur ungläubig anstarren, bevor sich ihre Brauen zusammenziehen und sie ihr entschlossen die schweren Steine aus den Händen reißt. "Gib her - du darfst nicht so schwer tragen." Amüsiert schärft die Waldläuferin ihr ein, die Neuigkeit nicht überall auszuplaudern, während sie kichernd um die Steine rangeln und sie sich schließlich geschlagen geben muss. Mit den Steinen beladen und seltsam still stapft Raven neben ihr her zum Grab und zum Rest der Gruppe zurück, während Niniane redet und erzählt und sich auf dem Rückweg noch zweimal mit ihrem rebellierenden Magen auseinandersetzen muss, der es sich offenbar vorgenommen hat, das Frühstück vom Morgen über den halben Wald zu verteilen.

Das Grab ist inzwischen fertig ausgehoben und mit den dünnen Stämmen gesichert - eine tiefe, tiefe Grube, die Raven allein durch ihren Anblick zum Schaudern bringt. Im Grunde könnte ihr vollkommen egal sein, was mit ihr nach ihrem Tod geschieht, aber der Gedanke, unter schwerer, feuchter Erde begraben zu sein, hat trotzdem etwas Beklemmendes. Die Vorstellung, nach alten Normander Bräuchen verbrannt zu werden, behagt ihr zwar auch nicht unbedingt - weil sie dummerweise mit ihrem Tod verbunden wäre -, aber es scheint ihr weitaus angenehmer zu sein, zu einem Häuflein Asche verbrannt frei durch Wolken und Wind zu treiben, als tief unter der Erde begraben zu liegen. Aber Phelan war kein Normander und außerdem war er in diesem Wald zuhause. Er hatte sich ja gewünscht, neben seinem Sohn zu liegen und hier seine ewige Ruhe zu finden, also ist er hier auch gut aufgehoben. Der Platz hier im Schatten der riesigen, alten Tanne, die alle umstehenden Bäume um Längen überragt, ist zweifellos ein besonderer und sogar sie kann die ehrfurchtgebietende, alterslose Stille spüren, die über dem ganzen Ort liegt und ihn mit einer eigentümlichen Aura umhüllt. Ihr selbst fällt trotz längerem Überlegens kein Platz ein, an dem sie begraben sein und bis in alle Ewigkeit liegen möchte, weder hier noch in Normand. Sie kennt nur einen einzigen Platz, den sie bis zum Ende aller Tage nie mehr verlassen möchte, und das ist derjenige, an dem sie sich gerade befindet, der Platz an Caewlins Seite. Sie tritt zu ihm, schlingt den Arm um seine Hüften und drückt sich einen Augenblick lang an ihn, bevor ihr Blick genau wie der seine auf Morgana fällt, die ein wenig abseits steht und schrecklich verloren aussieht. Caewlin geht zu ihr hinüber und wechselt einige leise Worte mit der Heilerin, bevor er Cron ein Zeichen gibt und sie an den Wagen treten, um die Bahre mit Phelans Leichnam von der Ladefläche zu heben. Der Waldläufer war zu seinen Lebzeiten nicht unbedingt stattlich zu nennen gewesen und schon für jeden einzelnen der beiden wäre es vermutlich ein Leichtes, die Bahre einhändig wie ein Serviertablett vor sich herzutragen - zu zweit laden sie sich die Last ohne die geringste Mühe auf die Schultern und schaffen sie ohne Schwierigkeiten vom Wagen bis zum ausgehobenen Grab hinüber. Nur beim Herablassen, als sie mit ihrer Fracht in die Knie gehen müssen, um sie auf den Stämmen über der Grube absetzen zu können, gibt es ein wenig Gekipple, doch rund um das Grab sind genügend helfende Hände da, die bereitwillig mit anfassen und dafür sorgen, dass das Aufbahren ohne Zwischenfälle vonstatten geht.

Schweigend haben sich inzwischen alle neben der Grube versammelt. Mit zwiespältigen Gefühlen starrt Raven auf den stillen, blassen Leichnam, der nun auf einem leuchtend blauen Tuch über dem offenen Grab ruht. Er sieht nicht richtig tot aus, aber auch nicht richtig lebendig, eher so wie eine bleiche, wächserne Puppe und bei dem Gedanken daran, wie lange er schon tot ist, stellen sich ihr die Nackenhaare auf. Was man mit Kräutern, Ölen und ein wenig Magie alles zuwege bringt, schießt es ihr durch den Kopf und sie schaudert unmerklich, aber dann wird ihre Aufmerksamkeit von Arwens Stimme angezogen, die plötzlich die lastende Stille durchbricht, als sie mit der Totenrede beginnt. Raven senkt den Blick und versucht, sich auf die getragenen Worte zu konzentrieren, obwohl ihre Gedanken so wild und hakenschlagend durch die Gegend galoppieren wie Stelze auf der Jagd nach einem flüchtigen Kaninchen. Sie versucht sich ihre Begegnungen mit Phelan ins Gedächtnis zu rufen und ihr Blick schweift unwillkürlich und voller Sorge zu Morgana hinüber, die still und bleich neben Maél steht. Stumme Trauer zeichnet ihr Gesicht und ihre Augen sind voller Kummer und schimmernder Tränen des Abschiednehmens, aber sie wirkt gefasst und der Elb an ihrer Seite ist ihr sichtlich Hilfe und Stütze. Jedes Ende ist gleichzeitig ein neuer Anfang.... Ravens kleine Hand schiebt sich in Caewlins große und im sanften Druck ihrer Finger liegen in diesem Moment all ihre Gefühle und Gedanken, von denen sie hofft, dass er sie spürt und versteht. Schweigend lauschen sie Arwens Worten und dem Segen, den sie spricht, bevor die Priesterin vom Grab des Waldläufers zurücktritt und es ihnen allen freistellt, sich persönlich von ihm zu verabschieden. "Ich möchte lieber hier bleiben", flüstert Raven Caewlin zu und löst ein wenig unsicher ihre Hand aus seiner, damit er tun kann, was immer er in diesem Augenblick tun möchte. Sie ist sich nicht sicher, wie er Phelan Lebewohl sagen wird, aber ihr selbst liegt es nicht, große Gesten oder große Worte zu machen und so nimmt sie ihren Abschied lieber ein wenig abseits im Stillen, in Gedanken bei dem toten Waldläufer und bei all dem, was er letztendlich für sie alle getan hatte. Es gibt uralte Legenden, erinnert sie sich, während sie aus dem Schatten der Bäume heraus beobachtet, wie einer nach dem anderen seinen Abschied von Phelan nimmt, und sie erzählen davon, dass die Götter manchen Wesen, die zu Lebzeiten Besonderes oder Gutes getan haben, als Ehrerbietung einen Platz an ihrer Seite gewähren und dass sie nach ihrem Tod fortan als Licht vom Nachthimmel strahlen, damit sie nie vergessen werden. Vielleicht leuchtest auch du dort oben, Phelan Desmond, du hättest es dir verdient.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 24. Juli 2005, 13:42 Uhr
Der Coffea schmeckt seltsam. Ungewohnt halt, und nach einem Becher von dieser braunen Brühe weiß Kaney nicht, ob ihm Coffea schmeckt oder nicht, dafür vertreibt das Getränk aber jeden Rest Müdigkeit aus seinem Körper.
Dieses Wachsein ist auch irgendwie vonnöten, denn nun stellt sich (wieder) das Problem, dass er seinen -plötzlich wieder schmerzenden - Hintern auf Gurps Rücken bewegen muss.
Zum Glück haben die Pferdeknechte sich schon um Gurp gekümmert denkt Kaney, während er vorsichtig die weichen Nüstern des Schulpferdes tätschelt.
Und mithilfe der Pferdeknechte schafft Kaney es auch, den Rücken des Pferdes zu erklimmen.
Der Ritt auf dem alten, vom Wald beinahe verschlungenen Heideweg ist mehr oder weniger erreignislos, bis auf der Tatsache, dass Gurp - sonst die Ruhe in Person - einmal etwas vor Caewlins Grauen scheut, als dieser nach dem matschbraunen Pferd schnappt. Und um den Übermut seines Pferdes zu zähmen bleibt Caewlin nichts anderes übrig als es sich auslaufen zu lassen.
Seltsames Tier denkt sich Kaney, während er sich leicht verkrampft an dem Sattel festhält.

Schließlich - endlich - sind sie da.
Hier also liegt Phelan`s... Sohn. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er einen Sohn in meinem Alter hatte. Es ist schön hier... friedlich, irgendwie. Ein Guter Ort, ja.
Nun beginnt die schweißtreibende Arbeit der Grabaushebung. Kaney faßt an, so gut er kann - trotz eines Muskelkaters durchs Reiten, und einem - durch Salben betäubten - aber immer noch schmerzenden Hintern. Doch mit gemeinsamer Arbeit wird das Loch - das Grab - immer tiefer, bis es schließlich die passende Größe für den Leichnam des Protektor des südlichen Larisgrüns hat.
Dann beginnt die Zeremonie. Phelans Körper ruht auf den Stämmen über dem Grab, und Arwen, die Priesterin, beginnt mit der Zeremonie.
Kaney hat in seinem recht jungen Leben bisher keine richtige, zeremonielle Beerdigung erlebt. Kleine Rituale, ja, und auch Beerdigungen in seinem Heimatdorf, aber das hier war etwas ganz anderes. Und so weiß Kaney auch nicht, dass die Zeremonie eigentlich anders abläuft als sie es hier tut.
Arwen redet. Redet über das Leben des Waldläufers, über das was ihn ausgemacht hat, was er war. Und immer wieder muss Kaney an Situationen denken, die er mit Phelan erlebt hat.
>...Er starb für seine Freunde... und machte damit das größte Geschenk, das man geben kann...<
Diese Worte erzeugen eine gehörige Gänsehaut auf Kaney`s Rücken.
Hm, Garok... spricht der Werblütige in Gedanken zu seinem Hund, der ruhig neben ihm liegt Es fühlt sich an, als würde er alles mitbekommen, was, Alter Freund?
Unsicher wie dieses Ritual nun weitergeht, wartet der Werblütige mit zusammengeballten Händen ab, wie die anderen nun reagieren, um sich dann ihrem Beispiel anzuschließen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 24. Juli 2005, 17:05 Uhr
Niniane zupft sich gerade unwillig einen Stechginsterzweig aus dem Haar, zwei schöne, kürbisgroße, moosbewachsene Steinbrocken im anderen Arm, als Raven neben ihr auftaucht und ihr hilft, sich von dem anhänglichen Grünzeug zu befreien. Sie murmelt ein Danke und streicht sich das Haar über die Schulter zurück, als sie Ravens besorgtem Blick begegnet. Da sie sich seit ihrer Ankunft in dem kleinen Wäldchen schon mindestens ein halbes Dutzend mal übergeben hat, dürfte inzwischen wirklich jeder mitbekommen haben, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung ist... oder zwei und zwei zusammengezählt haben. Ihr Geheimnis will sie trotzdem noch ein Weilchen für sich behalten, wenigstens noch ein paar Tage. Wenigstens noch ein paar Stunden, wenigstens noch ein ganz kleines bisschen...>Was ist denn los mit dir? Gestern ging es dir doch noch prächtig, du wirst doch nicht krank werden?< "Daran," erklärt sie im Brustton der Überzeugung, "ist nur er schuld!" Sie nickt zu Cron hinüber, der am unfertigen Grab steht und sich in diesem Moment gerade auf seinen Spaten stützt und mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn wischt, ehe er über irgendetwas lächelt, das Kaney zum Besten gibt, der ebenso schaufelbewehrt neben ihm steht und in die Grube blickt. Einen Moment zögert sie, aber dann schickt sie schulterzuckend die Geheimnistuerei zu den Neun Höllen. "Ich bin nicht krank, ich bin schwanger." Hätte sie Raven erzählt, eine lila Kuh wäre gerade mit Orangen jonglierend am Himmel vorbeigeflogen, die junge Frau hätte kein perplexeres Gesicht machen können. Dann allerdings erscheint eine steile, kleine Entschlossenheitsfalte zwischen ihren feingezeichneten, dunklen Brauen und im nächsten Moment sieht Niniane sich ihrer schönen Steine beraubt, die Raven ihr resolut aus dem Arm rupft. "Huch... was soll denn das?"
>Gib das sofort her - du darfst nicht so schwer tragen.<
"Ach Papperlapapp, ich bin im zweiten Monat, da ist man ja überhaupt noch nicht richtig schwanger!" Sie holt sich in freundschaftlichem Gerangel ihre moosige Beute wieder, wiegt sie triumphierend in den Händen und wird dann übergangslos ernst. "Hör mal, Raven... behalt es noch ein Weilchen für dich ja? Caewlin kannst du es ruhig sagen, aber ich will nicht, dass es alle gleich erfahren." Sie sieht zu dem gähnenden, rasch wachsenden Loch im Waldboden hinüber. "Nicht jetzt an Phelans... Grab." Raven nickt nur, aber Niniane fällt auf, wie still sie auf einmal geworden ist. Leider kommt sie nicht dazu, nach den Gründen für die plötzliche Nachdenklichkeit zu fragen, denn allein auf dem Rückweg zu den anderen schluckt einmal ein Rainfarnbüschel und einmal ein hübscher Fleck blühender Hornveilchen die letzten Reste von Cofea und geröstetem Zwieback, die noch in ihrem Magen gewesen sind. "Geht schon wieder. Jetzt habe ich nichts mehr intus, was ich noch von mir geben könnte. War bei Shaerela nicht anders, aber es geht bald vorbei mit der Übelkeit. Ich gehe nur rasch zum Wagen und hole mir einen Schluck Wasser..."

Sie sieht nach den Pferden, die friedlich im Schatten einiger Birken grasen, holt sich den Wasserschlauch aus Donners Satteltaschen, spült sich den Mund und nutzt die Gelegenheit, sich Gesicht und Hände zu waschen, ehe sie durch den kleinen Fichtenhag zu den anderen zurückkehrt. Über den Saumpfad kommen ihr Caewlin und Cron gerade entgegen, um Phelan vom Wagen zu holen und als sie in die Senke herabkommt, bemerkt sie Arwens Miene, die beiden mehr als zweifelnd hintererblickt - nicht gerade, dass sie ihren Kopf schüttelt. Niniane hebt spöttisch eine Braue. Was? Glaubst du, sie lassen ihn fallen? Caewlin hat vielleicht nur noch eine Hand, aber einen wunderbar funktionierenden Arm und zwei gesunde Schultern. Er soll Phelan nur tragen, er muss ihm keine Zöpfe flechten! Sie weiß selbst nicht, warum sie auf Arwens skeptischen Blick so harsch reagiert. Oder doch, eigentlich weiß sie es sehr gut: seit sie auf diesen Trauerzug aufgebrochen sind, schneidet die Elbin Cron und sie wo es nur geht, obwohl Niniane sich nicht daran erinnern kann, dass einer von ihnen ihr irgendetwas böses nachgesagt, geschweige denn etwas getan hätte. Eigentlich hatte sie heute mit ihr reden wollen, es dann aber doch sein lassen. Warum auch? Ich bin mir keiner Schuld bewusst, niemand von uns hat sie beleidigt... Seufzend gesellt sie sich zu Borgil und Raven, und nimmt ihren Platz am Fußende des Grabes ein. Wenn sie meint, sich benehmen zu müssen, wie ein trotzendes Kind, dann ist ihr nicht zu helfen.
Phelans Leichnam wird gebracht und über dem Grab aufgebahrt und Niniane beobachtet die folgende, ein wenig ungewöhnliche Zeremonie mit gelassener Miene, wenn sich ihre Stirn auch hin und wieder in nachdenkliche Falten legt. Das größte Geschenk, das man geben kann? Das größte Geschenk, das man geben kann, ist für jemanden zu leben... nicht für ihn zu sterben. Und Phelan wollte sterben. Warum spricht das hier niemand aus? Wir wissen es alle... oder zumindest die meisten. Er hat dort unten nichts als den Tod gesucht, weil er sein Leben nicht mehr ertragen hat. Der Frieden der Wälder war ihm verloren gegangen, in Talyra wurde er nie heimisch, seine Beziehung zu Morgana war gescheitert, noch bevor sie wirklich begann...dann hat er seine Kräfte in den Dienst der Stadtgarde gestellt, aber einen Eid wollte er nicht schwören und auch zu den Blaumänteln hat er niemals wirklich gehört. Phelan war ein zerrissener Mann, der die Schicksalsschläge seines Lebens nie verwunden und nirgendwo eine Heimat für sich gefunden hat... wo immer du jetzt bist, min Ijo, ich hoffe, du findest Frieden.

Niniane folgt den weiteren Worten der Anukispriesterin nur mit halbem Ohr und hängt ihren eigenen Gedanken nach, bis Arwens vernehmliches Stocken sie aufblicken lässt. Die Elbin starrt auf eine Stelle im Unterholz, als hätte sie dort ein Gespenst gesehen, doch als Niniane ihrem Blick folgt, wabert unter den Bäumen über dem Saumpfad noch die Luft ein wenig, ein Spiel von Sonnenlicht auf raschelnden, grünen Blättern oder...  Nein, mehr. So ist das also. Dann leb wohl, Phelan. Mit einem kleinen Schmunzeln senkt sie den Kopf. Eitel genug, um auf der eigenen Beerdigung aufzukreuzen, das bringst auch nur du fertig... Sie sieht immer noch auf ihre Fußspitzen in den weichen Lederstiefeln, die unter dem ehemals weißen, jetzt etwas angegrünten Saum ihres Gewandes hervorlugen, als Arwen weiterpredigt und etwas von Halbelben, sterblichen Hüllen und unsterblichen Erinnerungen erzählt. Als die Anukispriesterin jedoch den Kältezauber aufhebt, der den lange einbalsamierten und seit fünf Monden auf seine Bestattung wartenden Leichnam bisher so zuverlässig konserviert hatte, hebt Niniane ungläubig den Blick. Das kann sie nicht machen... nicht jetzt, wo wir uns alle noch von ihm verabschieden sollen und er noch eine Stunde hier in der Grünglanzwärme herumliegen wird! Sie hofft inständig, sich getäuscht zu haben, aber nein - die kühlende Hülle weicht mit blassblau aufschimmerndem Dunst von Phelan und langsam steigt Niniane ein leichter, aber unleugbar vorhandener Geruch nach Totenölen, Balsamierungsharzen und – darunter - schwacher Verwesung in die Nase. Nein. Oh nein... nicht gut... gar nicht gut... Sie zwingt ihren augenblicklich revoltierenden Magen nach unten und wirft Arwen einen bitterbösen Blick zu. Auf gar keinen Fall würde sie sich in das offene Grab oder, noch schlimmer, auf Phelans Leiche übergeben. Und eigentlich will sie die Beerdigung auch nicht verlassen, nicht jetzt, nicht ohne wenigstens anständig Abschied genommen und eine Handvoll Erde ins Grab hinabgeworfen zu haben. Einen Herzschlag später allerdings kommt sie zur Einsicht, dass es für sie selbst, für alle anderen Trauergäste und vor allem für Phelans Würde eindeutig besser ist, wenn sie Anstand, Protokoll und Zeremoniell ganz schnell außer Acht lässt und sofort die Flucht ergreift. Grün im Gesicht tritt sie einen Schritt zurück, murmelt eine Entschuldigung und sucht hastig das Weite.

Als sie ein paar Augenblicke später außer Sicht- und Hörweite der restlichen Gesellschaft mit den sauberen Gerüchen von kühler Waldluft, Erde, Moos und Gras in der Nase ihren Magen wieder unter Kontrolle hat, beschließt sie, sich erst dann von dem Waldläufer zu verabschieden, wenn er begraben sein würde oder zumindest aus sicherer Entfernung - allein und für sich. Von allen Anwesenden, Morgana vielleicht ausgenommen, hatte sie Phelan wohl am besten gekannt und sie weiß, er würde es ihr nicht übel nehmen. Wir haben schon lange vorher voneinander Abschied genommen. Schaudernd erinnert sie sich an die Sithechnacht, an diese schwarzen, bitteren Stunden voll nicht enden wollender Schrecken, die immer neues Grauen nach sich gezogen hatten... beim Gedanken an das leblose, zarte Bündel, das Cron in die Harfe getragen hatte, an die leuchtend roten Blutflecken auf seinem Surcot und in silbernem Haar, spürt sie schon wieder würgenden Brechreiz in ihrer Kehle, aber in ihrem Magen ist einfach nichts mehr, das sie noch ausspucken könnte. Sie lehnt sich gegen einen Baumstamm, legt ihren Kopf in den Nacken, schließt die Augen und zwingt sich, ruhig zu atmen, bis die Übelkeit nachlässt. Ich hoffe sehr, du hast dich bald häuslich eingerichtet, Kind, und das Spucken dauert nicht so lange, wie bei Shaerela... ich kann nicht noch einmal drei Monde lang immer mit einem Eimer herumlaufen. Als sie sich soweit wieder hergestellt fühlt, dass sie es wagen kann, zu den anderen zurückzukehren, nähert sie sich dem offenen Grab nur langsam und hält sich im Hintergrund. Ihr Blick streift kurz Morganas Rücken, die sich sehr gerade und sehr gefasst hält und äußerlich ruhig neben Maél vor Phelans Leichnam steht... ihre stoische Ruhe nur von gelegentlichen Zappelanfällen unterbrochen, wenn sich einer ihrer zahllosen Mückenstiche bemerkbar macht. Die arme Heilerin war in der vergangenen Nacht das Opfer sämtlicher im südlichen Larisgrün beheimateter Stechmücken geworden und ihre geschundenen Arme sehen aus, als sei sie in Giftsummach geraten. Dann bemerkt Niniane, wie Kaney die Hände zu Fäusten ballt und etwas misstrauisch in die Runde blickt, unschlüssig, was nun folgen sollte oder was von ihm jetzt erwartet würde, also geht sie zu dem Wargjungen hinüber und berührt ihn sacht an der Schulter. "Wenn du möchtest, kannst du dich jetzt von ihm verabschieden," flüstert sie und nickt zu Borgil, der vortritt, die schwieligen Hände faltet, den Kopf senkt und ein paar Worte murmelt, zu leise, als dass sie verstehen könnte, was er sagt. So wie sie Borgil kennt vermutlich irgendetwas, das sehr äh... Geradeheraus ist. "Man spricht ein Gebet oder einen Segenswunsch, so wie Borgil gerade, oder man denkt einfach kurz an den Verstorbenen und verabschiedet sich im Stillen. Aber du musst nicht, wenn du nicht möchtest." Oder dein Magen so empfindlich ist, wie zur Zeit meiner. Sie lächelt Kaney noch ein wenig schwach, aber aufrichtig zu und faltet dann ihrerseits ihre Hände. Ihr letztes Gebet für Phelan spricht sie allerdings nur in Gedanken. Heilige Anukis, Herrin der Wälder, schütze deine Kinder, jetzt und in der Stunde ihres Todes. Amenasit.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Borgil am 24. Juli 2005, 22:29 Uhr
Nachdem Arwen ihre Predigt beendet hat, Niniane würgend ins Gebüsch geflohen ist und niemand sonst Anstalten macht, vorzutreten, ergreift Borgil die Initiative. Er faltet seine ledrigen, harten Zwergenhände vor dem Bauch und murmelt einen kurzen Segen in seiner Muttersprache, dann wendet er sich ab und stapft davon, um dem nächsten Platz zu machen. Sieh an, Niniane ist auch wieder da... Er sieht die Protektorin bei Kaney stehen, noch ein wenig blass im Gesicht, aber offenbar wieder Herrin ihrer Eingeweide. Borgil hat selbst mit einem leichten Schaudern kämpfen müssen, auch wenn seine Nase (und es ist eine gewaltige Nase) keineswegs zartbesaiteter Natur ist - der Geruch nach Totenölen war ihm schon immer zuwider und obwohl er schon einige Beerdigungsriten der verschiedensten Völker mitgemacht hat, werden sie ihm immer fremd bleiben, ganz gleich wie feierlich oder zwanglos sie sein mögen. Da Zwerge, wenn sie nicht gerade eines gewaltsamen Todes sterben, versteinern, gibt es in den großen Zwergenstädten auch keine Friedhöfe und erst recht keine Gräber, nur stille Hallen voller Krypten und Ahnennischen mit Statuen sitzender oder stehender Zwerge, meist mit ihren Waffen und Insignien oder geschätzten Werkzeugen in den Händen. Manchmal stellte man die glorreichen Vorfahren auch an öffentlichen Orten, in ehrenvollen Hallen oder aber an rege besuchten Wegscheiden auf. Allein am Marktplatz in der dreiundzwanzigsten Tiefe von N'arkam Dror stehen seines Wissens zwei Dutzend Statuen, die... Du schweifst ab, Alter! Phelan wollte bestimmt vieles in seinem Leben sein, aber keine Statue auf einem Zwergenmarkt! Er verdrückt sich unauffällig aus der übrigen Trauergesellschaft und stapft aus dem Wäldchen heraus. Eine Weile bleibt er bei den Pferden und genießt ihre friedvolle Ruhe, das leise Geräusch ihrer grasrupfenden und gelassen mahlenden Kiefer, ihr Schnauben und die angenehme Grünglanzwärme, die über dem völlig ausgestorben in der Sonne schlummernden Heideweg liegt. Einzig das Summen der Bienen und dicken, goldbraunen Hummeln vibriert in der Luft und es riecht aromatisch nach den ersten, blühenden Wildkräutern, nach Salbei, Thymian, Rosmarin und Zitronenmelisse. Borgil ist mit seinen Gedanken an weit weniger wohlduftenden Orten, nämlich in stinkenden Kanalisationstunneln. Noch einmal lässt er seine Erlebnisse mit Phelan in den Katakomben vor seinem inneren Auge vorbeiziehen, erinnert sich an den feinen, trockenen Humor des Halbelben, an seine tödliche Zielsicherheit mit dem Bogen, an seine magischen Heilkünste und seine melancholische, wortkarge Verlässlichkeit.

Ich wußte es bringt Pech, unter Leitern zu stehen. Noch dazu, wenn ein Zwerg daran hochklettert....Ich weiß schon, warum ich die Frauen rund und gut zu nehmen mag. Ihr seid ja knochiger als der Purpurtod...Hinauf mit Euch und ich schwöre, das ist das letzte Mal auf dieser Reise, dass ihr mir Euren Hintern ins Gesicht streckt....Ihr könnt ihn mir ja küssen, Spitzohr, wenn ihr schon da hinten an mir herumtatschen müsst!... WOLLT IHR WOHL EURE DRECKIGEN FINGER VON MEINEM SPITZOHR LASSEN?!.... Phelan? Phelan! Kommt schon, so ist es brav. Auf die Beine mit Euch. Seht mich an! Wie viele Borgils seht Ihr? Na? Na? Eins, zwei, drei? Mehr? Nehmt einfach den in der Mitte... Was bei allen Göttern, Phelan, ist hinter mir?.... Wünscht Euch die Kanalratten zurück, Borgil. Alle von ihnen und noch viel mehr. Oder wünscht Euch einfach weit, weit weg von diesem Ort. Die neun Höllen spucken aus, was sie dort nicht mehr haben wollen.... Dann hatten Phelan und er gekämpft, Seite an Seite und der Halbelb war tödlich verwundet worden und im infernalischen Chaos aus Bränden, Rauch und einstürzender Felsmassen hatte Borgil die anderen irgendwie zusammengesammelt und den Waldläufer aus den Tunneln getragen. Jetzt steht er selbst ganz und gar lebendig in der Grünglanzsonne auf einer götterverlassenen uralten Handelsstraße mitten im Nirgendwo und Phelan liegt keine fünfzig Schritt entfernt über einer schwarzen Grube im Boden und würde vermutlich gerade in diesem Augenblick begraben werden...  Arwens Worte kommen ihm in den Sinn, und ein kleiner Spruch, den er selbst schon bei der ein oder anderen Gelegenheit verwendet hat: Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben... was ist das eigentlich für ein seltsames Sprichwort? Sollten die Götter jene, die sie lieben, nicht am Leben lassen? Lange und glücklich, bis sie irgendwann friedlich in ihren Betten einschlafen, nach einem erfüllten Dasein voller Wärme und Kinder und Zufriedenheit? Oh, komm schon, Borgil - werde jetzt nur nicht philosophisch. Phelan ist tot, er findet gerade seine letzte Ruhe, Zeit, mit der Geschichte abzuschließen. Erinnere dich an ihn und lass es gut sein... Er wirft einen letzten Blick auf die sonnenüberflutete Einsamkeit ringsum und kehrt zu den anderen zurück. In der Senke herrscht immer noch beklommene Stille, aber von abgrundtiefer Trauer oder Verzweiflung meint Borgil eigentlich nichts zu sehen... was nach fast einem halben Jahr seit Phelans Tod auch nur verständlich ist. Ihre Trauer mag echt und wahrhaftig sein, aber sie ist nicht mehr frisch.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 25. Juli 2005, 17:46 Uhr
Nach dem Frühstück, das mit Cofea recht luxuriös ausfällt und der gesüßt mit Zucker angenehm herb auf der Zunge schmeckt, begeben Morgana und er sich zurück zum Zelt, wo sie sich die Trauergewänder für die Beerdigung überstreifen. Der Elf tauscht dabei seine schwarze Kleidung gegen ein schlichtes, weißes Hemd und eine Hose in der gleichen Farbe, während die Heilerin ihren schönen Körper in ein schwarzes Kleid hüllt. Was für unterschiedliche Bedeutungen Farben doch haben können. Ob ich auch bei schwarz bleiben sollte? Kurz wägt Máel die Entscheidung ab, aber dann bleibt er bei seiner Farbwahl und schließt die Knöpfe seines Hemds. Schließlich floss in Phelans Adern auch elbisches Blut, also ist Weiß wohl angemessener für einen Elfen wie Máel. Gemeinsam mit Morgana begibt er sich zu den Pferden, die von den Männern der Steinfaust bereits gesattelt wurden. Morgana ist still und in sich gekehrt, und der ehemalige Dieb versucht ihr Trost und Halt zu geben, so gut er es mit einem gefühlvollen Streichen seiner Hände oder einer Umarmung vermag.

Schon beim Aufbruch ist Caewlins grauer Hengst ein kaum zu bändigendes Biest, so dass der riesige Nordmann irgendwann die Zügel schießen lässt, um das Temperament des Pferdes etwas abzukühlen. Als er in forschen Tempo an der kleinen Karawane vorbei reitet, fühlt Hestur sich ein wenig herausgefordert, und Máel muss ihn mit einem energischen Zug am Zügel und einem leisen „Hooo!“ bremsen, damit er nicht einfach hinterher stürmt, und an seinem Platz neben Morganas brauner Stute und hinter dem Leichenwagen bleibt. Die Straße, auf der sie reiten, muss ehemals sehr gut ausgebaut gewesen sein, denn der Wald hat sie trotz der vielen Jahre, die sie kaum noch benutzt wurde, nicht völlig zurück erobert. Überall schimmern noch Pflastersteine wie dunkle Flecken Tinte zwischen Moos und Gräsern, und die ausgefransten Straßenränder markieren noch immer den alten Verlauf. Máel richtet seinen Blick in die Ferne. Der Waldsaum zu beiden Seiten der alten Handelsstraße verschmilzt am Horizont zu einem durchgehen Grün. In diese Richtung liegt Máels Heimat, die er seit einigen Jahren nicht besucht hat. Vertraute Gesichter tauchen vor ihm auf und lassen sein Herz zusätzlich schwer werden, und er sucht Morganas Augen. Ihre Farbe hat sich in ein rauchiges Grau verwandelt, und ein ein feuchter Schimmer zeugt von aufsteigenden Tränen, die sie zurück hält, doch trotz aller Trauer darin gibt Morganas Blick ihm das Gefühl genau da zu sein, wo er hingehört. An ihrer Seite!

Als sie schließlich einen gut verborgenen Pfad erreichen, den Niniane und Cron wie aus dem Nichts hervorzaubern, verlassen sie den Heideweg. Der Waldpfad, dem sie nun folgen, ist eben breit genug für den Wagen und endet in einer flachen Senke, in deren Mitte sich eine mächtige, alte Tanne erhebt, deren Spitze bereits von der Straße aus zu sehen war. Ehrfürchtig hat sich das Unterholz zurückgehalten und so eine Lichtung geschaffen, die von den ausladenden Zweigen des großen Baumes überdacht wird. Der ganze Ort hat etwas magisches, wirkt wie aufgeladen mit der Kraft der Natur. Máel zügelt sein Pferd und lässt seinen Blick durch die schattige, angenehme Kühle schweifen. Ruhe und Frieden erfüllt diesen Ort, und Máel kann gut verstehen, warum Phelan für seinen Sohn und sich diesen Platz gewählt hat. Die Männer machen sich nach einer kurzen Pause daran, mit Schaufeln das Grab auszuheben und die Wände der Grube abzustützen, während sich die Frauen um die Steine für den Grabhügel kümmern. Der Boden ist weich und sie kommen dabei zügig voran, doch trotz aller Sorgfalt verwandelt sich das Weiß von Máels Kleidung an seinen Unterschenkeln langsam in einen sanften Braunton. Morgana verfolgt die Arbeiten mit versteinertem Gesicht und schlingt dabei ihre Arme um sich, als herrsche unter den Zweigen der Tanne noch Winter. Am Liebsten hätte Máel die Schaufel fort geworfen, sich seine Geliebte geschnappt, um mit ihr davon zu reiten, doch hier und heute geht ein wichtiger Abschnitt für sie zu Ende, und der Elf weiß, erst danach wird der Weg für eine gemeinsame Zukunft wirklich frei sein.

Die Sonne steigt bis über ihren Zenit, bevor alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, und alle wieder mit halbwegs geordneter Kleidung und ein wenig erfrischt und gefasst vor dem Grab Aufstellung genommen haben, um mit der Zeremonie zu beginnen. Morganas innere Unruhe ist leicht an ihrer Zappeligkeit abzulesen, die nicht nur von ihren unzähligen Mückenstichen herrührt, die ihren Körper zieren und sie in den Wahnsinn treiben. Cron und Caewlin tragen Phelans Bahre mit der angemessenen Würde zu seiner letzten Ruhestätte, und Máel geht zusammen mit Borgil den Nordmännern beim Absetzen der Bahre zur Hand.

Arwen beginnt die Grabrede ohne die weltlichen Insignien ihrer Gottheit, und auch ohne förmliche Floskeln, die normalerweise mit einer solchen Zeremonie verbunden sind. Einzig das Symbol von Anukis leuchtet hell von ihrer Stirn. Máel verspürt die Trauer, die die Senke erfüllt, und wie Morgana in seiner tröstenden Umarmung zur Salzsäule erstarrt, aus der sie nur erwacht, wenn der Juckreiz der Mückenstiche zu groß wird. Tränen schimmern feucht in ihren Augen,  wie ein übervolles Glas, dessen Oberflächenspannung gerade noch ein Überlaufen verhindert, und lassen auch das Herz des Elfen schwer werden. Er hat als Einziger der Anwesenden Phelan nicht, oder viel mehr nur sehr flüchtig, gekannt, und so geht es ihm eher nahe, die Trauer der anderen zu fühlen. Der Tod selbst ist nichts ungewohntes für den ehemaligen Dieb, doch erinnert ihn dieses Abschiednehmen an die Male, als er selbst jemand Geliebten  verloren hatte. Arwens Worte werden zunehmend sicherer, während sie frei spricht, und der Elf folgt ihrer Ansprache aufmerksam. Einige Punkte teilt er nicht völlig, denn es wollte ihm noch nie in den Sinn, warum gerade die Menschen früher zu den Göttern gerufen werden, die diese am meisten lieben?! Ist nicht jeder seines Glückes Schmied?, hält eine leise flüsternde Stimme in seinem Inneren spöttelnd dagegen, und er kneift die Augen zusammen, um sie zum verstummen zu bringen. Loa, die launische Herrin des Feuers hatte im mehr als einmal eine Tür geöffnet, wo schon alles aussichtslos erschienen war, und so widerstrebt es ihm, der Ansicht seines ehemaligen Ausbilders zu folgen, der auf die Götter weniger gut zu sprechen war.

Als sich das Ritual dem Ende nähert, gerät Arwen kurz ins Stocken und ihr Blick schweift zum Rand der Senke, aber Máel vermag an diesem Punkt nichts zu erkennen als ein leichtes Flirren der Luft, und  als sie fortfährt, misst er dem keine weitere Bedeutung bei. >>...und sie wird dort zur letzten Ruhe gebettet, wo Phelans Herz immer zu Hause gewesen ist.<< Der Satz liegt noch in der Luft, als Máel den Ruck spürt, der dabei durch Morgana an seiner Seite geht, und er zieht mit einem leisen Zischen die Luft ein. Er weiß sehr wohl, wie sehr der Heilerin diese Tatsache zu schaffen gemacht hat, und hätte es gerne gesehen, wenn ihr wenigstens diese Erinnerung heute erspart geblieben wäre.

Das Aufheben des Kältezaubers auf Phelans Leichnam kommt für alle ein wenig überraschend, aber am überraschendsten wohl für Niniane, die fast schlagartig statt weiß nun grün um die Nase wird, und sich so schnell wie möglich entfernt, ohne dabei jeden Anstand fahren zu lassen entfernt. Zugegeben ist der Geruch nach Harzen und Ölen vermischt mit dem süßlichen Duft beginnender Verwesung nicht gerade Parfüm, aber deshalb dreht sich einem doch nicht gleich der Magen um. Stirnrunzelnd blickt er der Flüchtenden nach, und in seinem Kopf beginnt sich ein Mosaik zusammen zu setzen, das mit Ninianes raschen Verschwinden vor dem Frühstück begann, dann mit einem selig grinsenden Cron weiter ging, und mit Ninianes freiwilliger Reise auf dem Kutschbock und jetzt ihrer Flucht seinen Abschluss findet. Der Gedanke, über ein kleines Geheimnis gestolpert zu sein, lässt seine Mundwinkel zucken. Der Seitenblick zu Morgana ist erfüllt von Zuneigung und dem Gedanken, wie leicht sich eine ähnliche Wendung bei ihnen ergeben könnte. Genug Gelegenheiten hatten sie dafür seit der Inarinacht genutzt. Vielleicht ist heute nicht der beste Tag, um von einem neuen Leben zu erfahren, aber vielleicht auch nicht der schlechteste. Warum sollte nicht an einem Tag wie diesem auch wieder etwas neues beginnen?

Als Arwen endet, befindet sich auch Niniane wieder unter den Trauernden, und ermutigt Kaney, sich von Phelan zu verabschieden, nachdem Borgil den Anfang gemacht hatte. Máel wartet damit, bis sich Morgana als letzte dazu entschließt, an Phelans Sag zu treten, und er hält sich dicht bei ihr, als sie diesen schweren Gang antritt. Das Gesicht des Halbelben wirkt wie eine Maske aus  Wachs, doch seine Züge sind friedlich, als wenn er in seinem Tod Erlösung gefunden hätte. Morgana hält tapfer die Tränen zurück, während sie Abschied nimmt und auch Máel spricht ein paar leise, elbische Worte.
„Wir müssen ihn noch hinab lassen und das Grab schließen.“, wendet er sich an Morgana, „Bleibst Du solange bei Raven und Niniane?“ Er drückt sie an seine Brust und schmiegt seine Wange an ihre Stirn, während er auf ihre Antwort wartet. „Cron, Caewlin, Borgil und ich müssen uns noch um die letzten Dinge kümmern.“

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 26. Juli 2005, 06:45 Uhr
Sicher hatte Aurian in ihrem Heimatdorf schon einigen Beerdigungen beigewohnt, doch diese hier ist anders. Hier sind nur wahre Freunde Phelans anwesen, all die Lästerer und neugierigen Seelen, die ansonsten Zaungäste solcher Zeremonien sind, fehlen und das gibt dem ganzen eine Ehrlichkeit, die ihr einen Schauer über den Rücken rinnen lässt. Und dann ist da noch etwas: Der ganze Wald scheint von ihm Abschied nehmen zu wollen, die Vögle in den Bäumen scheinen für ihren Protektor ihr schönstes Lied zu singen, am Waldrand entdeckt Aurian eine Rehkuh mit ihrem Kitz und am Himmel zieht ein Falke seine Kreise. Erneut rinnt ihr ein Kribbeln über die Haut. Was mache ich hier eigentlich? Ich habe ihn kaum gekannt. All die anderen hier sind seine Freunde, haben Erinnerungen, die sie mit ihm teilen. Ich ... ich kenne ihn nur aus diesem schmutzigen Loch dort unten. Unauffällig gleitet der Blick der jungen Magierin von einem zum anderen: Kaney neben ihr scheint nicht minder nervös zu sein, während er den Worten der Priesterin lauscht. Auf der anderen Seite steht Olyvar, undurchsichtig wie immer und doch vermeint Aurian eine gewisse Aufruhr und Bewegtheit zu spüren, die vom Lord Commander ausgeht. Ebenso steht es um Borgil und die beiden Nordmänner. Morgana steht die Anspannung deutlich ins Gesicht geschrieben und Mael, der schräg hinter ihr steht, stütz sie. Als sie ihn ansieht, hebt der Elb den Kopf und sieht sie an. Sie haben während des gesamten Rittes noch kein Wort gewechselt und Aurian sieht noch immer seinen Kopf vor sich, der auf den Zinnen thront. Wieso ist er am Leben? Wie kann das sein? Magie...ja, das ist es. Und genau das sollte gerade dich nicht schocken!

Sie wendet sich wieder den Geschehnissen am Grab zu. Eben hatte Arwen den Schutzzauber um den Waldläufer aufgehoben und der Geruch, der sich über der kleinen Lichtung  ausbreitet verschlägt ihr für einen Moment den Atem. Mit Mühe kann sie ihren revoltierenden Magen unter Kotrolle halten, anders als Niniane, die schleunigst hinter die Büsche verschwindet. Auch die anderen werden etwas blass um die Nase, doch es ist Borgil, der die allgemeine Starre bricht und als erster ans Grab tritt, um sich zu verabschieden. Ihm folgt Kaney, ermuntert von der wieder zurückgekehrten Waldläuferin. Einer nach dem anderen tritt vor, so auch Aurian, unsicher und zögernd. Der Wind fährt in ihre schwarze Mähne und lässt die Strähnen um ihren Kopf flattern. „Ich habe Euch kaum gekannt Phelan Desmond und doch, Ihr habt mir das Leben gerettet, dort unten, als ich kaum mehr war als eine geschundene, gequälte Seele. Gefoltert, geschändet und bereit zu sterben. Ich wollte sterben und ihr habt mich da weg geholt. Und dann, als wäre es nicht genug, habt Ihr mich noch mal gerettet. Ich weiß nicht wo wir waren, aber ich war bereit zu sterben, ich wäre da unter geblieben. Aber ihr habt mich nicht gelassen, habt mich zurück gestoßen ins Leben. Und dafür danke ich Euch! Ihr seid tot, ich weiß, doch wenn es irgendwo noch Gerechtigkeit gibt, dann seid ihr dort, wo Ihr jetzt seid glücklicher als hier auf dem Rund Rohans. Lebt Wohl Phelan Desmond!“ Ihre Worte sind so leise gesprochen, dass wohl keiner sie verstanden hat. Mit einem letzten Nicken tritt sie wieder zurück und überlässt dem nächsten der Trauergäste den Platz am Grab.

Als auch Morgana sich als letzte verabschiedet hat, beginnen die Männer die Grube wieder zu verschließen. Das Geräusch der herabfallenden Erdbrocken klingt seltsam dumpf und Aurian zuckt etwas zusammen. Es klingt so endgültig, so vergänglich und endgültig. Ihr kommen wieder Ninianes Worte aus dem Baum in den Sinn, als die Halbelbin ihr ihre Abstammung offenbart hatte: Sie würde nicht altern, beinahe ewig leben. Was bedeutet das wohl, so lange zu leben? Wie oft werde ich noch solchen Zeremonien beiwohnen, Leute begleiten die ich vielleicht besser kennen, näher stehe...vielleicht...Cedric. Er ist Mensch, irgendwann... in einer Schlacht, oder... Der Gedanke ist ihr beinahe unerträglich und etwas abseits von den anderen setzt sie sich auf einen Stein. Noch nie war ihr das alles, Leben und Tod so bewusst geworden. Bis dato war es einfach ein ewiger Kreislauf gewesen, doch nun wird ihr bewusst, dass sie eigentlich außerhalb dieses Kreises steht, wie auch Niniane, wie alle Elben, wie auch Phelan außerhalb gestanden war, wäre er nicht von diesem Rattenmensch getötet worden.  

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 26. Juli 2005, 22:59 Uhr
Der Nachmittag ist weit fortgeschritten, als Phelans Leichnam endlich über dem Grab liegt, ein letztes Mal aufgebahrt über einem gähnend schwarzen Loch, das so endlos scheint wie der weite Himmel. Weiches, milchiggelbes Licht strahlt durch den kleinen Hain, in dem sie sich versammelt haben, lässt die Stämme der Bäume ringsum leuchten, glänzt auf weichem, dunklem Waldgras, glüht ihn dicken Moospolstern und füllt die ganze Senke mit Gold und tiefen Schatten. Olyvar steht neben Arwen, Aurian an seiner anderen Seite und folgt der schlichten Zeremonie mit stoischer Miene, in Gedanken weit fort... er kann nicht von sich behaupten, Phelan je so gut kennen gelernt zu haben, dass er ihn Freund hätte nennen können, aber der Waldläufer war ihm immer sympathisch gewesen und sie hatten sich gegenseitig sehr geschätzt. Und ich habe seine Dienste als Späher, Heiler und Jäger für die Steinfaust geschätzt... Olyvar hatte dem Halbelben nie vergessen, wie selbstverständlich und bedingungslos er sich nach dem Feldzug gegen die Narge mit Morgana und ihren Helferinnen um die Verwundeten und Verletzten der heimgekehrten Blaumäntel gekümmert hatte, wie unermüdlich er um den Schutz und das Gleichgewicht der Wälder um Talyra bemüht gewesen war. Er hätte ihn jederzeit in Eid und Pflicht genommen, aber das hatte Phelan nicht gewollt,  nicht gekonnt... Wie auch immer. Er war letztlich für die Steinfaust tätig. Und er fiel, um Aurian zu schützen... Olyvars Gedanken kreisen um die endlosen Wochen, in denen die junge Frau im vergangenen Herbst verschwunden gewesen war. Die Stadtgarde hatte auf der Suche nach ihr Mondelang ganz Talyra auf den Kopf gestellt - alle Stadtviertel waren durchkämmt worden, alle Handelsstraßen überwacht, der Hafen und alle Speicher durchwühlt, Anschläge mit ihrer Beschreibung zu Hunderten angebracht worden. Olyvar hatte selbst Tallard, einen Stadtrat, und sein Anwesen Tag und Nacht überwachen, die Tausendwinkelgassen und jedes bekannte Bordell der Stadt durchsuchen lassen... nirgendwo war auch nur eine Spur von ihr aufzutreiben gewesen. Dann waren Caewlin, Phelan und Borgil auf der Suche nach Raven in die Tunnel der alten Kanalisation hinabgestiegen und hatten Aurian im Kerker der Kanalratten gefunden - wie durch ein Wunder noch am Leben. Sie hatten sie befreit und zurückgebracht und dabei war der Waldläufer gefallen.

Und auch deshalb stehst du jetzt hier. Phelan hat viel für die Steinfaust getan, doch er war kein Blaumantel. Aber er hat sein Leben für eine Stadtgardistin gelassen.  Olyvars Blick ruht während der ganzen Grabrede unverwandt auf dem Gesicht des Toten. Kalt und grau erinnert die Farbe seiner eigentlich dunklen Haut an altes Eis, die Miene mit den geschlossenen Augen ist wächsern, leblos und hat selbst im Tod noch etwas Abgewandtes, als wolle er kein Mitleid. Nachdem Arwen ihre einfache Predigt beendet hat und den Kältezauber aufhebt, der Phelan bisher eingehüllt hatte, setzt ein Schweigen ein, das nur von Ninianes eiligem Davonhasten unterbrochen wird und endlos lang erscheint - bis Borgil schließlich leise schnaubend vortritt. Der Zwerg, von dem Olyvar weiß, dass er dem Halbelben in der kurzen Zeit, in der ihn gekannt hat, recht nahe gestanden war, hält sich nicht lange am Grab auf und danach folgen die anderen. Olyvar reiht sich hinter Aurian ein, die ein wenig länger bei Phelans Leichnam verweilt. Er kann sehen, dass sie eine Weile spricht, aber ihre Worte sind so leise und tonlos, dass selbst er, keinen Schritt hinter ihr, sie nicht versteht... ihre Miene, als sie sich umdreht, spricht jedoch Bände. Olyvars Abschied ist wortlos, ein stummes Gebet und ein schweigendes Lebewohl. Tha thu air dol. Beannachd leibh, Phelan Desmond, Protektor und Hüter des südlichen Larisgrüns, bha sibh e duine calma... und Ihr wart ein guter Waldläufer, ein treuer Diener Eurer Göttin.Wo immer Ihr jetzt seid... tha fìos agam bithidh e math. Olyvar blickt noch ein letztes Mal auf den Toten hinab und murmelt leise einen Segensspruch: "Naomh Anukaire, a mháthair nàdur, guí orainn na peacaithe, anois is ar uair ar mbás." Dann wendet auch er sich ab und hält sich im Hintergrund, bis irgendwann alle Abschied genommen haben. Borgil, Caewlin, Cron und Maél übernehmen es schließlich, den Toten an Seilen in die schwarze Grube hinabzulassen und als das geschehen ist, ist er es, der die erste Handvoll weicher, schwarzer Erde hinabwirft, ehe sie alle zu den Schaufeln greifen, um Phelan Desmond zu begraben.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 26. Juli 2005, 23:27 Uhr
Mael steht neben ihr, den Arm um sie gelegt, und als Cron und Caewlin Phelans Leichnam aufgebahrt haben, beginnt Arwen mit der Zeremonie. Morgana strafft ihre Schultern, schluckt die Tränen hinunter, die ihr noch in den Augen stehen und blickt auf ihren ehemaligen Gefährten. Du hast genug um ihn geweint Morgana, fast einen ganzen Mond lang im Faeyristempel, und danach auch noch, Tränen helfen weder ihm noch dir. Sie folgt den Worten Arwens, die keine förmliche Zeremonie anfängt, sondern ihre eigenen Worte und Gedanken wiedergibt. Die Worte fliegen an Morgana vorbei wie Schmetterlinge im Wind und von manchen begreift sie den tieferen Sinn nicht, weil sie zu sehr in ihren Gedanken versunken ist. Irgendwann stockt Arwen und blickt auf einen Punkt am Rande der Bäume, als Morgana ihrem Blick folgt kann sie nichts mehr sehen, aber es ist ihr fast, als wäre sie kurz berührt worden, nicht körperlich, aber ihr Geist und ein Lächeln schleicht sich auf ihr Gesicht. Phelans letzte Worte schiessen ihr in den Kopf, so als hätte er sie eben erst gesagt und vielleicht hat er das auch. >Weine nicht Morgana..< und >Vielleicht kannst du mir verzeihen, dass ich gegangen bin, irgendwann einmal. Aber bitte, trauere nicht. Ich habe alles getan, was ein Mann in seinem Leben tun kann, all die Aufgaben, die mir gestellt waren bis hin zur Letzten. Es ist, wie es ist und wir können nichts daran ändern, was die Götter uns vorgeben.....Ich blicke zurück auf ein erfülltes Leben. Teile das mit mir und geh mit dem Licht deiner Göttin den Weg weiter, Morgana.< Ich werde den Weg gehen, so wie ich ihn immer gegangen bin, ich verspreche es dir. Und ich werde immer mit einem Lächeln und Liebe zurück blicken auf das Stück Weg, das wir zusammen gehen konnten. Ich verzeihe dir, dass habe ich schon getan, als du gerade das Haus verlassen hattest. Die Götter haben mich das letzte Stück deines Weges mit dir gehen lassen und dafür bin ich dankbar. Ich werde dich nicht vergessen, min Elskan.

>Aber wohin auch immer Phelan gegangen ist, er ist dort wo er sein wollte und er ist mit jenen vereint, die er viel zu früh verloren hat. Was wir hier begraben, ist nur die sterbliche Hülle, und sie wird dort zur letzten Ruhe gebettet, wo Phelans Herz immer zu hause gewesen ist.< Dieser Satz dringt durch ihre Gedanken hindurch und setzt sich für einen Moment fest. Morganas Blick wandert weg von Phelans Antlitz, dass bleich und wächsern wirkt, hin zu Arwens Gesicht und ihre Blicke treffen sich kurz, und der Blick der Elbin bittet um Verzeihung. Auch wenn Arwen damit sicher recht gehabt hat, trifft es Morgana in diesem Moment tief, aber es stärkt auch in ihr die Erkenntnis, dass sie mit Phelan nie wirklich hätte glücklich werden können, egal wie sehr ihre Liebe vielleicht noch hätte wachsen können, wenn sie wieder zusammen gefunden hätten, aber dies ist nicht der Wunsch der Götter gewesen und wohl auch nicht Phelans, er hat sich nie mehr wohl gefühlt in dieser Welt, seitdem Aethling gestorben ist. Arwen spricht die letzten Worte und das silbrige Schimmern um Phelans Körper verblasst. Der Geruch der typischen Öle der Einbalsamierung erfüllt schwach die Luft und lässt Morgana für einen Moment den Atem anhalten, was ihr allerdings nicht lange gelingt, denn einer ihrer Mückenstiche juckt sie just in dem Moment an einer recht unmöglichen Stelle, an die sie selber nicht hinankommt.  Morgana hatte eben schon versucht so ruhig wie möglich zu stehen und ihre Unterarme in Ruhe zu lassen, die jetzt schon aussehen, als hätte sie die Beulenpest. Zum Glück für Morgana und zum Pech von Niniane meldet sich wohl gerade jetzt der seit heute morgen sehr empfindliche Magen der Halbelbin wieder und sie verschwindet vom Grab hinter ein Gebüsch, dadurch richten sich kurz alle Augen auf die 'flüchtende' Niniane was Morgana Zeit gibt, sich einige Mückenstiche an den Beinen zu kratzen, was bei der Zeremonie sehr störend und ungebührlich gewesen wäre.

Nachdem Niniane zurück gekehrt ist und sich zu Kaney stellt, der sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlt, wie vielleicht jeder hier am Grab, betrachtet sich die Heilerin die Elbin für einen kurzen Moment näher. Die Übelkeit kann nicht am Essen liegen, dann hätten es alle Anwesenden haben müssen. Ein genauer Blick in Richtung Bauch genügt Morgana aber um die Ursache zu erkennen, die dieses Erbrechen auslöst und ein leichtes Lächeln zeigt sich auf dem Gesicht der Heilerin. So ist der Lauf der Dinge, das eine Leben geht und ein neues Leben kommt, ein beständiger Kreislauf. Durch Niniane und ihr kleines "Geheimnis" abgelenkt, versäumt Morgana es, als erste ans Grab zu treten, wie es eigentlich sicher üblich gewesen wäre, aber ehe sie ihren Fauxpas ausbügeln kann, ist Borgil schon ans Grab getreten, die schwieligen Hände gefaltet und ein paar unverständliche Worte murmelnd. Morgana ist dem Zwerg mehr als dankbar dafür, denn sie würde sich gerne als Letzte von Phelan verabschieden und dann diesen Ort verlassen, damit dieses Kapitel ihres Lebens seinen Abschluss finden kann und Phelan seine wohlverdiente Ruhe neben seinem Sohn.

Nach und nach treten die anderen an das Grab und Morgana tritt danach an den Leichnam heran. Worte hat sie keine mehr, sie hat mehr als einmal in den letzten Monden stille Zwiesprache mit Phelan gehalten und es ist alles gesagt worden, was sie ihm hatte sagen wollen. Aus einen kleinen Beutel an ihrem Gürtel holt sie ein paar getrocknete Mondblumen, die Blumen die sie beide immer verbunden hatten, und legt sie auf Phelans Brust. Tränen schimmern in ihren Augen, aber keine schafft es die Hürde über ihre Lider zu überwinden, dann tritt sie zurück, lehnt sich für einen Moment an Mael, ehe dieser mit den anderen Männern, den sterblichen Körper Phelans in die Erde hinunter lässt. Olyvar wirft eine handvoll Erde hinab und einige andere folgen seinem Besipeil, ehe die Männer nach den Schaufeln greifen, Mael sich zu ihnen gesellt und Morgana erst etwas verloren alleine am Rande des Grabes steht. Doch dann wendet sie sich ab und geht zu den anderen Frauen herüber, sich gedankenverloren an einem ihrer unzähligen Mückenstiche kratzend.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 29. Juli 2005, 12:25 Uhr
Als Phelan aufgebahrt über seinem Grab liegt, Arwen ihren Platz hinter ihm einnimmt und sich alle zu einem lockeren Kreis versammeln, kehrt Caewlin an Ravens Seite zurück. Einen Moment lang folgt er ihrem Blick, der  mit widerwilliger Faszination auf dem grauen, eingefallenen Gesicht des Waldläufers liegt - obwohl Phelan seit fünf Monden tot ist und furchtbare Verletzungen davongetragen haben musste, ist er im Anukistempel so sorgfältig hergerichtet und einbalsamiert worden, dass sein Körper fast unversehrt scheint. Gleich darauf spürt Caewlin, wie sich Ravens schmale Finger zwischen seine schieben und er wendet den Blick von dem Toten und sieht auf sie hinunter. Ihr Gesicht ist voller Kummer und in ihren Augen huschen unruhige Schatten, als seien ihre Gedanken an zu vielen Orten gleichzeitig, während sie ihren Blick langsam über die anderen, über den aufgebahrten Waldläufer und das offene Grab darunter schweifen lässt. Caewlin lässt ihre Hand nicht los, aber er dreht sich ein wenig und zieht sie näher an sich, bis sie vor ihm steht und er beide Arme um ihre Mitte legen kann. Er hatte Phelan in Wegesend als zuverlässigen Schützen und Heiler und als aufrichtigen Waffengefährten kennen und schätzen gelernt, und in der Kanalisation hatte der Halbelb seinen Wert mehr als einmal bewiesen. Caewlin weiß, der Waldläufer war vornehmlich mit ihm und Borgil gegangen, um seine alte Schuld bei Niniane abzutragen, aber insgeheim hatte Phelan vielleicht auch nur auf ein solches Ende gehofft... die Gefahr gesucht, den Tod erwartet oder es schlicht darauf angelegt, ihn zu finden. Arwen tritt vor und beginnt mit ihrer Predigt, und schon der erste Satz lässt Caewlin kaum merklich zusammenzucken. >Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben.< Er hebt den Kopf und sein Blick sucht Borgil, doch der Zwerg sieht nur auf seine gefalteten Hände und hat die Augen unter den dichten, rostroten Brauen halb geschlossen. Falls er sich erinnert, lässt er sich nichts anmerken, aber Caewlin hat die Worte des Harfenwirtes nach dem Inarifestmahl auf dem Marktplatz so deutlich im Ohr, als habe er sie eben erst ausgesprochen: >Trinken wir auf Calyra von Sturmende. Ein altes Sprichwort sagt: Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben...< Caewlin atmet langsam ein und aus und seine Miene wird so undurchdringlich wie die einer Steinmaske, gleich darauf spürt er den leisen Druck von schmalen Fingern zwischen seinen, wortlose Frage und Antwort zugleich. Er streicht mit dem Daumen über Ravens Handrücken, über ein zartes Muster feiner Adern und fragile Sehnen unter weicher Haut, während Arwen leise weiterspricht.

> Dieser Satz ist so alt wie die Trauer, und vermutlich soll er den Zurückgebliebenen Trost spenden und über den Verlust hinweg helfen. Nur leider sind Worte nicht dazu in der Lage, den Schmerz der Trauer zu nehmen...< Caewlin hört die Worte der Grabrede nicht mehr, irgendwann ist auch nicht mehr wichtig, was gesagt wird. In Gedanken ist er bei jenem Abend in der Harfe, bei Phelans ruhiger, abwartender Wachsamkeit, als Niniane ihn eingeweiht und um seine Hilfe gebeten hatte, an sein eigenes, atemloses Warten auf eine Entscheidung des Halbelben, als er noch geglaubt hatte, es gehe hier nur um Whytfisk und ihn - als er noch gedacht hatte, Raven würde bestimmt gleich nachkommen, so wie es vereinbart gewesen war. Sie war nicht erschienen, dafür hatte Niniane ihren furchtbaren Verdacht geäußert, sie könne allein zu Whytfisk gegangen sein, um ihr Leben gegen seines einzutauschen und das Rotzgör, das gleich darauf bei Borgil aufgetaucht war, hatte ihre Worte bestätigt... und dann war nicht mehr wichtig gewesen, ob er allein oder mit einer Hundertschaft hinter sich in die Tunnel steigen würde und keine Zeit mehr für weitere Pläne geblieben... und Phelan hatte nicht einen Augenblick gezögert. Caewlin weiß noch, was er gedacht hatte, als sie in die stinkenden Tunnel hinabgestiegen waren: Ein Zwerg, ein halbelbischer Waldläufer und eine ebenso spitzohrige Diebin, die kaum mehr ist als ein Kind. Und ich. Whytfisk lacht sich tot... Vermutlich hatte er das sogar, ganz gleich, wie oft sie ihm auch entkommen und wie viele seiner Männer dann von ihnen getötet worden waren... Er hat selbst noch gelacht, als ich ihm den Schädel einschlug. Dennoch... ohne dich, Halbelb, wären wir dort unten nie so weit gekommen. Das Rotzgör wäre ertrunken. Die Wachen hätten uns niedergemacht. Der Junge... wie hieß er noch?... hätte seine Hand mit Sicherheit verloren. Wir hätten Borgil niemals diesen Schacht hinaufbekommen und wir hätten die Kanalratten niemals überrascht, weil du uns mit untrüglicher Sicherheit mitten in ihre Speisekammer und ihre Halle geführt hast... und ihr hättet den Kampf in der Honigwabe nicht gewonnen...

Ninianes kopflose Flucht von der Bestattungszeremonie lässt Caewlin aufblicken, aber er sieht die Waldläuferin nur noch mit wehendem Haar und geschürzten Röcken im Unterholz verschwinden - zweifellos, um sich zu übergeben, wie sie es an diesem Tag schon so oft getan hat. Dann steigt ihm der süßliche Geruch der Öle, Salben und Harze in die Nase, mit denen man Phelans Leichnam konserviert hatte und er ahnt, warum die Waldläuferin das Weite sucht, auch wenn seine menschliche Nase keine Verwesungsgerüche wahrnehmen kann. Seit wann ist Niniane so empfindlich? Caewlin tauscht einen Blick mit Cron, der zwar eindeutig Sorge in den Augen hat, aber dann nur mit einem geradezu unverschämten Grinsen die Schultern zuckt und keine Anstalten macht, ihr nachzugehen - ganz so, als sei die ständige Spuckerei seiner Frau nicht der geringste Anlass zur Sorge, im Gegenteil. Caewlin hebt fragend eine Braue und mustert den Tronjer aufmerksam, doch Cron wendet sich wortlos wieder der Bestattungszeremonie zu und hüllt sich dabei in so haarsträubend triumphierendes Schweigen, dass er "schwanger" ebenso gut in schrittgroßen Lettern in den Himmel hätte malen können. Caewlin blinzelt überrascht, doch Ravens leise Worte reißen ihn aus seinen Gedanken. >Ich möchte lieber hier bleiben<, murmelt sie und er bemerkt, dass Borgil bereits am Grab steht, um ein letztes Lebewohl zu sagen und Arwen ihre Rede wohl längst beendet hat. Ihre Finger winden sich aus seinen, ehe er sie wieder einfangen kann und Caewlin schüttelt sacht den Kopf, aber er sieht zu dem Toten und zu denen, die nacheinander an seine Bahre treten, hinüber. "Ich habe mich schon vor langer Zeit von Phelan verabschiedet, Raven." So wie von allen, die dabei gewesen sind. "Schon seit ich... die anderen in der Halle zurückgelassen habe, um Whytfisk und dir zu folgen." Sie tauschen einen langen, stummen Blick - über all das, was in den Tunneln geschehen war, hatten sie beide bisher noch nie wirklich ausführlich gesprochen. Im Schatten der Bäume warten sie, bis Morgana als letzte von allen dem Grab und dem Toten Respekt gezollt hat, dann hilft Caewlin Cron, Borgil und dem Spitzohr, der den Leichnam sorgsam vollständig in das blaue Tuch einschlägt, ihn an Seilen in die schwarze Grube hinabzulassen.

Sie begraben Phelan Desmond im weichen Licht eines Grünglanznachmittags und der ganze Wald ringsum scheint dabei den Atem anzuhalten. Die Vögel sind verstummt, die Tiere verschwunden, selbst die Bäume und der Wind schweigen. Es dauert seine Zeit, bis die Grube mit der weichen, dunklen Walderde gefüllt und ein Grabhügel aus den gesammelten Steinen darüber geformt ist und die Sonne sinkt, ehe sie mit allem fertig werden, zusammengeräumt, die Schaufeln auf dem Wagen verstaut und die Pferde wieder gesattelt haben. Caewlin spürt seinen Magen knurren,  - seit dem Morgenmahl im Lager hatte keiner von ihnen mehr etwas gegessen - aber er schluckt den Vorschlag, etwas zu essen, ehe sie aufbrechen, ungesagt hinunter. Trotz aller gelösten Stimmung, die Atmosphäre hat etwas, das nach raschem Aufbruch schreit und zumindest er ist erleichtert, als sie die Senke in dem Wäldchen verlassen und im grauen Zwielicht auf den Heideweg hinaustreten. Die Sonne ist bereits hinter den Bäumen im Westen gesunken und kühle, blaue Schatten lecken  über die breite Schneise aus Heidekraut und überwucherten uralten Pflastersteinen. Der kleine Hain mit seinen dunklen, hohen Nadelbäumen liegt still und schwarz hinter ihnen. Im Lager wartet ein fetter Truthahn auf uns alle... nur noch ein paar Stunden, das wirst du aushalten.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 30. Juli 2005, 11:25 Uhr
Die Pferde sind unruhig, ganz so, als hätten auch sie es eilig, von dem kleinen Fichten und Kiefernwäldchen, dessen Umriss sich scharf und dunkel gegen den dämmrigen Himmel abhebt, fortzukommen. Der Heideweg liegt schnurgerade vor ihnen im letzten, grauvioletten Zwielicht, der Wald ringsum voller friedlicher, grünblauer Schatten, die Wärme der gerade gesunkenen Sonne liegt noch schwer in der Luft und strahlt vom weichen Waldboden und den hier und da durch Gras und Heidekraut schimmernden Pflastersteinen ab. Niniane klettert zu Olyvar auf den Kutschbock, aber sie bereut schon nach einem Vierteltausendschritt ihren Entschluss, Anarvendis bequemen Rücken gegen dieses ratternde, quietschende, ruckende Gefährt eingetauscht zu haben, eine Wahl, die ihr am Morgen noch so weise erschienen war. Bevor sie dem Lord Commander vor die Füße speien kann, wechselt sie lieber hastig zu Cron, der sie vor sich in den Sattel setzt. Donner macht die zusätzliche Last nichts aus, falls er ihre hundertzwanzig lächerlichen Pfund überhaupt spürt, und der mitternachtsschwarze Thunderländer benimmt sich ohnehin mustergültig... vielleicht ist auch er froh, Phelans Grabstätte und die ganze Gegend hier hinter sich lassen zu können. Den breiten, kraftvollen Rücken Donners unter sich und Crons beruhigende Wärme hinter sich fühlt Niniane sich wesentlich besser, lehnt sich zurück, kuschelt sich in die Arme, die sie halten und spürt erleichtert, wie ihr überreizter Magen sich zusehends beruhigt. Mit dem abflauen der Übelkeit stellt sich sofort nagender Hunger ein und mehr als einmal ist das Knurren aus ihrer Bauchgegend so laut, dass sie Cron hinter sich belustigt schnauben hört. "Ich kann nichts dafür. Essigsauer eingelegtes Gemüse wäre jetzt schön... oder saure Sülze. Oder bitterer Persemonenwein... oder..." Cron unterbricht sie irgendwann trocken, erklärt, es würde vermutlich gebratenen Truthahn ganz ohne Essig geben und zerstört damit gnadenlos ihre delikaten, bittersauren Phantasien. "Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig, dass ich ein Stück rohes Fleisch ergattere," erwidert sie gereizt. "Leber wäre mir gerade recht, kalt und blutig." Er grinst nur, sie kann es spüren, auch wenn sie sein Gesicht nicht sieht und drückt einen Kuss auf ihren Scheitel.  

Sie kommen gut voran und begegnen bis weit nach Mondaufgang nichts größerem als hier und da davonhuschenden Kaninchen und einmal einer Schleiereule, die mit hohlem Ruf über ihre kleine Gruppe dahinsegelt, ein dunkler Schatten vor dem nächtlichen Sternenhimmel... dummerweise sind sie wegen des Wagens aber auch langsam und ihr Rückweg ins Lager ist Unbequemerweise auch noch genauso weit, wie es der Herritt am Morgen war. Es ist also beinahe Mitternacht, als sie endlich in das langgezogene Tal mit dem schmalen Forellenbach und seinem kleinen Wasserfall gelangen, in dem ihre Zelte - inzwischen trocken – stehen, und sie sind alle mehr als erledigt - bis auf den Grauen vielleicht, der aussieht, als hätte er sich gerade eben warmgelaufen. Sie überlassen ihre Tiere den Rossknechten Olyvars, die sie absatteln, tränken, füttern und dann grasen lassen und stellen mit Erleichterung fest, dass ein warmes Feuer in der flachen Grube in der Mitte des Lagers prasselt. Der Truthahn ist längst gebraten und lockt mit seinem Duft, außerdem gibt es frisches Fladenbrot und eine Schüssel voll reifer Walderdbeeren, nichts davon sauer, aber inzwischen wird Niniane von einem so mörderischen Hunger geplagt, dass sie sogar einen ganzen Elefanten am Spieß mit Honigkruste und Oliven allein verspeist hätte, ob bitter, süß, verbrannt oder roh. Sie versammeln sich am Feuer, wo die Rossknechte - die Götter mögen ihre Seelen ewig in Ehren halten - ein paar Decken über dicke Polster aus geschnittenem Gras ausgebreitet haben und machen sich dann wie die Wölfe über das Essen her. Niniane sitzt zwischen Arwen und Cron und stopft eine erkleckliche Anzahl mit Truthahnfleisch gefüllter Fladenbrotstücke in sich hinein, nascht zwischendurch von Erdbeeren und spült das ganze mit Dünnbier hinunter, bis sie sich nach einer Mahlzeit, die für fünf Hafenarbeiter ausgereicht hätte, endlich halbwegs wiederhergestellt fühlt. Satt, zufrieden, warm bis in die Zehenspitzen und in der geborgenen Nähe ihres Mannes, wird ihr Wohlbefinden nur noch von den Schmutzrändern unter ihren Nägeln und den Blasen an ihren Händen vom Sammeln und Schleppen der Steine für Phelans Grabhügel beeinträchtigt.

Arwen neben ihr dagegen schafft es wie immer spielend, auch nach einem solchen Tag noch wie frisch aus dem Ei gepellt auszusehen. Niniane betrachtet die Anukispriesterin einen Moment von der Seite und spürt einen Anflug von Neid, dann lässt sie den Gedanken fallen. Manche Frauen werden mit der Gabe, sich in jedweder Situation mit tadellosem Äußeren zu präsentieren geboren, andere nicht. Arwen würde sogar mit einer Mistforke in der Hand und bis zu den Knien in Kuhfladen steckend noch damenhaft wirken. Du nicht. Du hast es in fünftausend Jahren nicht gelernt und du wirst es nie mehr lernen, finde dich damit ab... Mit einem leisen Seufzen streckt sie die Beine aus, lehnt sich mit dem Rücken an Cron und angelt nach dem Schlauch mit Sommerwein, reicht ihn dann aber mit einem säuerlichen Grinsen und ohne davon zu trinken weiter. "Ach ja. Es geht doch nichts über das Gefühl, aus Nachtdunkelheit und Wildnis nach Hause an ein warmes Feuer zu kommen... auch wenn es nur ein Zeltlager ist." Sie streckt sich wie eine zufriedene Katze und angestachelt von der allgemeinen Zufriedenheit um sich her, fasst sie sich ein Herz. Findest du nicht, dass es allmählich Zeit wird, dein Schweigen zu brechen und zu sagen, was los ist, Arwen?

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 30. Juli 2005, 22:44 Uhr
Es ist ein sonniger Tag gewesen, warm und mit einem hohen blauen Himmel. Ein Tag, dessen Licht den Wald in allen Farben des Frühsommers und der erwachenden Natur leuchten ließ und nach einer sanften Dämmerung einen Nachthimmel offenbart, dessen Sterne schimmern wie Diamanten, strahlend und so zahlreich wie die Körner aus einem umgestoßenen Salzfass. Doch davon nimmt Arwen auf ihrem Rückweg nichts wahr. Der Wald, den sie sieht ist voller Schatten die ständig ihre Form wandeln und gnadenlos Erinnerungen wecken, die sie in den tiefsten Tiefen ihres Geistes vergraben glaubte. Sie reitet mit blicklos nach vorne gerichteten Augen und achtet nicht auf den Weg, sie lässt Shur einfach den vorangehenden Pferden folgen. Alles erscheint ihr unwirklich, die Bäume um sie herum, das gedämpfte Geräusch der Hufe auf dem Waldboden, die Vögel über ihnen. So vieles geht ihr durch den Kopf. Sie hatte gedacht, sie würde Phelan besser gerecht werden, wenn sie ihn nicht mit den unpersönlichen rituellen Worten einer Bestattungszeremonie beisetzen. Aber irgendetwas an ihren Worten scheint nicht richtig gewesen zu sein, auch wenn sie bei aller Grübelei keinen Fehler in ihnen finden kann. Caewlins Gesicht, das auch sonst schon nicht als durchschaubar gelten kann, hatte sich gleich nach dem ersten Satz in eine versteinerte Maske verwandelt. Sie kann diese Reaktion nicht verstehen, kann allenfalls vermuten, dass die Worte den Nordmann an die auch viel zu jung verstorbene Calyra erinnern. Ebenso wenig kann sie die bitterbösen Blicken, die Niniane ihr zugeworfen hatte verstehen, nachdem sie das Segenszeichen über Phelan geschlagen hatte. Aber nachdem sie Phelan damals selber zusammen mit einem anderen Priester hergerichtet hatte, sind ihr die Gerüche der Harze, Salben und Totenöle auf eine Art vertraut, die sie aus der Wahrnehmung ausblenden. Und so kreisen ihre Gedanken um die Beisetzung, den seltsam dumpfen Klang von Erdbrocken, die auf einen toten, stoffverhüllten Körper treffen, um Morgana und den Blick in deren Augen, als sie ihr die beiden Mondblumen gegeben hatte (die Heilerin hatte auch ohne jedes Wort sofort gewusst, woher und von wem sie kamen), um Wegesend, um ihre Tochter, von der sie viel zu weit und viel zu lange getrennt ist. Und um Niniane und Cron, die zusammen auf Donner vor ihr herreiten. Seit Tagen sind sie nun schon gemeinsam unterwegs, und es wird immer schwerer ihnen auszuweichen, ihnen offen in die Augen zu sehen, kostet sie jedes Mal größte Überwindung, und so vermeidet sie es, wo sie kann. Der Aufbruch am Tempel kam so schnell, dass dort keine Gelegenheit gewesen war, ein Gespräch zu suchen. Und unterwegs war es schlicht unmöglich gewesen, es hatte nicht einen Augenblick gegeben, in dem sie eine unbeobachtete Aussprache hätte suchen können. Die Situation, die Schuldgefühle die Arwen nun schon über ein Jahr mit sich herumträgt, es ist langsam unerträglich früh sie. Auch und vor allem, weil sie den beiden, denen sie sich erklären müsste tagtäglich gegenüber sieht. Mach dir doch nichts vor, Arwen. Wenn du nicht so verdammt feige gewesen wärst, dann wärst du schon längst bei ihr gewesen und hättest mit ihr geredet. Dann gäbe es diese Situation jetzt nicht.

So in Gedanken versunken überrascht es sie, als Shur stehen bleibt und leise schnaubend die Ankunft an ihrem Lagerplatz vermeldet. Er ist ebenso müde wie die anderen Pferde, und die Reiter. Und die Dienste der Rossknechte, die sich um die Pferde kümmern, werden von Pferd und Reiter begrüßt. Die vierbeinigen Hufträger sind froh Sattel und Zaum loszuwerden und mit Futter und Wasser versorgt zu werden. Und die Reiter werden wie magisch von dem Duft der gebratenen Truthähne an das flackernde Feuer gezogen. Allerdings werden an diesem Abend die Holzsitze wohl eher weniger Verwendung finden, nach den Stunden im Sattel sind die dicken Polster aus geschnittenem Gras unter den ausgebreiteten Decken eine verlockende Alternative. Nachdem sie alle seit dem Morgenmahl mehr oder weniger freiwillig gefastet haben, findet das Essen bei allen heißen Zuspruch. Selbst bei Niniane, die den Tag bisher damit verbracht hatte, das wenige, was sie morgens zu sich genommen hatte in kleinen Portionen wieder von sich zu geben, und die sich nun mit sichtlichem Heißhunger über Fleisch, Brot und Erdbeeren hermacht. Während des Essens hat Arwen sich nach einem unaufmerksamen Moment neben Niniane und Cron wiedergefunden. Sie selber hat keinen rechten Appetit, selbst nach diesem Tag und dem Fasten seit dem Morgen nicht. Essen tut sie nur wenig, und auch das nur, weil sie weiß, dass sie noch mehrere Tage Rückweg vor sich haben, und sie essen muss. Dafür fällt ihr der Appetit der Waldläuferin um so mehr auf. Und spätesten, als die den Weinschlauch mit diesem seltsam säuerlichen Lächeln weitereicht ohne selber etwas getrunken zu haben, fügen sich für Arwen die Puzzlestücke zusammen. Morgens nicht mehr als einen gerösteten Zwieback, dann das Spucken und jetzt dieser Heißhunger... das kennt Arwen noch vom vorvergangenen Winter, als sie nach Wegesend in Ninianes Baum gewesen ist. Sie ist gesegnet... sie erwartet wieder ein Kind... Das Begreifen zieht Arwens Gedanken fast augenblicklich mit einem zärtlichen Lächeln fort, hin zu Rialinn, die schon längst tief und süß ruht, müde von einem Tag voller neuer Entdeckungen und vermutlich hoffnungslos verwöhnt und von den Mädchen mit honigsüßem Brei und süßen Erdbeeren abgefüttert. Ach Rialinn, ich sollte bei Dir sein, zuhause und nicht hier im Wald... Ein tiefer Atemzug begleitet den Gedanken an ihre Tochter.

Gedankenverloren und ziemlich lustlos kaut Arwen auf der letzten Kante von ihrem Stück Fladenbrot herum, als Ninianes Senden sie erreicht,... und sie verschluckt sich fast an dem Brotrest. Nur mit äußerster Mühe kann sie verhindern, laut zu husten und um Luft zu ringen, und so womöglich alle Augen auf sich zu ziehen. Von einem Augenblick auf den anderen schlägt ihr das Herz im Hals und will sich partout nicht an seinen angestammten Platz zurückschieben lassen. Das Gespräch, das sie ebenso herbeigesehnt wie gefürchtet hat, dieses Gespräch steht nun bevor. Jetzt gibt es kein Zurück und keine Ausflüchte mehr. Die Elbin hebt zögernd den Blick und sieht Niniane neben sich an, unsicher, ob sie den goldenen Augen auch nur einen Wimpernschlag lang standhalten kann. Ja, wir müssen reden. Die Götter wissen, ich hätte schon längst zu Dir kommen und mit Dir... mit euch... reden müssen, aber ich... Lass uns reden, jetzt. Bitte. Aber nicht hier am Feuer. Lass uns bitte ein paar Schritte gehen... zum Wasserfall oder wohin du willst. Die Antwort auf ihre Bitte kommt eben so stumm wie zuvor die Frage. Mit einerr leisen Bemerkung, erhebt sie sich und verlässt den Feuerschein ebenso wie den Kreis der Zelte, die in der nächtlichen Dunkelheit silbern vom Sternenlicht und rotgolden vom Feuerschein schimmern. Niniane folgt ihr nur wenig später.
Die Nacht ist sternenklar, und das Licht der Sterne reicht den beiden Frauen um zu sehen wohin sie treten, nächtliche Nager huschen durch raschelndes Gras und aufgeschreckte Nachtfalter flattern in der kühlen Nachtluft um sie her. Eine Weile gehen sie schweigend neben einander her, während Arwen nach den richtigen Worten sucht, und sie nicht finden mag. Das Schweigen wird immer lastender, ebenso wie Arwens Verzweiflung wächst, weil sie nicht weiß, wie sie sagen soll, was sie sagen will und sagen muss. Sie schlingt ihre Arme um sich selber, doch nicht weil ihr kalt ist, sondern weil sie sich an sich selber festhalten muss. Als könne das ihre wild durcheinander turnenden Gedanken zur Ordnung rufen. Für einen Moment ist sie sogar versucht, sich in höfisches Zeremoniell zu flüchten, stehen zu bleiben, vor Niniane auf die Knie zu fallen und die acht Gesänge des respektvollen Ersuchens anzustimmen, einfach um überhaupt einen Anfang zu finden, um Halt in dem Gerüst zu finden, den jedes Zeremoniell bietet. Doch sie verwirft den Gedanken eben so schnell, wie er gekommen ist. Sie kann sich nichts vorstellen, was die Halbelbin mehr aufbringen würde, als etwas derartiges. Das Rauschen des Wasserfalls ist schon deutlich zu hören, als Arwen schließlich stehen bleibt und einfach anfängt zu reden; selbst auf die Gefahr hin, dass es wirres Zeug ist, völlig zusammenhanglos und unverständlich und mehr Fragen aufwirft als es erklärt.

"Weshalb ich mit Dir, nein eigentlich auch mit Cron, aber erstmal mit Dir reden muss... nicht müssen, ich will es ja, es ist nur... Götter helft mir... Was ich sagen will, was ich schon so lange sagen will, ist... Himmel, warum ist das so schwer, die richtigen Worte für etwas zu finden, was einem so wichtig ist?" Mit einer verzweifelten Geste wirft sie die Hände hoch, um sich im nächsten Augenblick wieder an sich selber festzuhalten. Das Herz schlägt ihr noch immer im Hals, der Puls rast und sie hat das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen. Anukis steh mir bei! "Ich hätte eigentlich schon vor vielen Mondläufen zu Dir und Cron kommen müssen. Spätestens, als dieser Hyeronim Holzapfel im Tempelhain auftauchte und von einer höchst denkwürdigen Hochzeit an einem riesigen Baum am Smaragdstrand berichtet hat." Mit einem Mal kehrt Ruhe in ihre Gedanken und ihren Herzschlag ein, und es gelingt ihr sogar so etwas wie ein zaghaftes Lächeln. "Ich wollte schon längst zu euch gekommen sein, und ich hätte es auch getan, wenn ich nicht zu feige gewesen wäre. Um mich bei euch entschuldigen, und euch um Verzeihung zu bitten. Dich, weil ich es gewagt habe, mich in Dinge einzumischen, die mich nichts angingen. Und Cron, für die Dinge, die ich im Pfirsich zu ihm gesagt habe, ich hatte sie anders gemeint, aber.. nun ja, als Diplomatin bin ich wohl nicht wirklich geeignet... Oh bitte, Niniane, du musst mir glauben, es tut mir leid. Ich hätte mich da heraus halten sollen, aber ich konnte einfach nicht zusehen, wie ihr beiden in euer Unglück rennt... Das wollte ich schon so lange erklären, aber ich war einfach zu feige, ich habe mich so geschämt und mich nicht getraut, euch unter die Augen zu treten."

Jetzt ist es gesagt, endlich. Aber wirkliche Erleichterung kann Arwen nicht empfinden. Das letzte Wort ist längst verklungen, als sie zögernd den Blick hebt und Niniane ansieht. Die ganze Zeit, während sie geredet hat, hat sie nicht gewagt sie anzusehen. Und auch jetzt weiß sie nicht, was sie im Blick dieser goldenen Augen erwarten wird, und ob sie dem gewachsen ist.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Raven am 02. Aug. 2005, 12:56 Uhr
Ihr Lager ist noch nicht in Sichtweite, als sie sich gegen Mitternacht dem kleinen Tal nähern, in dem sie ihre Zelte aufgeschlagen haben - in Riechweite ist es jedoch schon lange und der Duft von Holzfeuer und knusprig gebratenem Truthahn, den ihnen der Wind entgegenträgt, lässt Raven schlagartig das Wasser im Mund zusammenlaufen. Seit dem zeitigen Aufbruch am Morgen hatte keiner mehr von ihnen etwas gegessen und der Magen hängt ihr inzwischen vor Hunger in den Kniekehlen. Das einzige, das sie nach diesem langen, anstrengenden Tag noch locken kann, sind die Wärme eines Feuers, etwas vernünftiges zu Essen, ein weiches Lager und ihr Mann. Auch die Pferde, die die Nähe von Futter und Wasser wittern, legen einen Schritt zu und drängen plötzlich wieder vorwärts, nachdem sie den langen Rückweg von der Grabstelle in gleichmütigem Trott zugebracht hatten. Sogar Caewlins Grauer hatte sich erstaunlich gesittet benommen und seine Zähne und Hufe ausnahmsweise bei sich behalten. Trotzdem nähern sich ihm die Rossknechte der Steinfaust, die ihre Reittiere auf der Lichtung in Empfang nehmen, nur mit äußerster Vorsicht und ihren Gesichtern ist anzusehen, dass sie vor dem gewaltigen Schlachtross mehr als nur Respekt haben. Steifbeinig und müde rutscht Raven aus dem Sattel und lässt sich von den Knechten nur allzu gern den Braunen abnehmen, bevor sie zur Feuergrube hinübergehen. Während sie unterwegs waren, hatten die Männer der Steinfaust bereits alles für ihre Rückkunft vorbereitet. Rund um die Feuerstelle hatten sie weiche Sitzgelegenheiten für die müden Reiter errichtet, Borgils demoliertes Zelt wieder halbwegs bewohnbar gemacht, und in der breiten, flachen Grube schwelt rotglühendes Feuer, über dem das gerupfte Federvieh, an einem Spieß knusprig braun gebraten, nur darauf zu warten scheint, dass sie sich wie ein Rudel heißhungriger Wölfe darüber hermachen. Genau das tun sie dann auch und es dauert nicht lange, bis tatsächlich der gesamte Truthahn ratzekahl verputzt und nichts weiter als ein Häufchen abgenagte Knochen von ihm übrig geblieben ist, an dem sich zuletzt noch die Hunde gütlich tun.

Müde, satt und zufrieden rutscht Raven an Caewlins Seite, zieht die Beine an und kuschelt sich in seinen Arm, während sie mit halbem Ohr den leisen Gesprächen lauscht, die um sie herum und über das Feuer hinweg schwirren. Zumeist dreht es sich um Belanglosigkeiten und niemand von ihnen scheint noch die Kraft oder das Bedürfnis zu haben, über Phelan oder seine Bestattung zu sprechen. In Gedanken, da ist Raven sich jedoch sicher, weilt bestimmt noch der eine oder andere bei dem Waldläufer, den sie nun endgültig und unwiderruflich unter die Erde gebracht haben, doch niemand spricht es aus. Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben.... Die Sätze, mit der Arwen ihre Grabrede begonnen hatte, kommen ihr in den Sinn und unwillkürlich muss sie an den Abend des Inarifestes zurückdenken. Borgil hatte an diesem Tag die selben Worte verwendet, als er - im Gedränge an der überfüllten Festtafel und inmitten einer ausgelassen feiernden Menge - eindringlich die Erinnerungen an die Toten wachgerüttelt hatte, die sie zu beklagen hatten. Auch die Erinnerungen an Calyra, die noch so frisch und schmerzlich sind. Bei dem wortgleichen Beginn der Totenrede waren sie, wie damals auf dem Marktplatz, sofort und unvermittelt wieder in Raven aufgestiegen, als seien sie untrennbar mit diesem Satz verbunden, und sie weiß, dass sich wohl auch Caewlin daran erinnert hat. Die ganze Bestattungszeremonie über und auch auf dem Rückweg ins Lager war er sehr schweigsam gewesen und sie kann nur hoffen, dass die Anukispriesterin mit ihrer Rede nicht unverheilte Wunden aufgerissen hat. Raven schlingt den Arm um ihn und schmiegt sich noch dichter an seine Seite, soweit das überhaupt noch möglich ist. Wir haben in diesem Jahr einfach zu viele Freunde verloren...

Bevor sie sich jedoch völlig in ihren melancholischen Gedankengängen verliert, reißt sie eine kaum merkliche Spannung, die plötzlich in der Luft zu schwirren scheint, aus ihren trübsinnigen Grübeleien und sie wirft einen verwirrten Blick in die Runde am Feuer, um die Quelle dessen auszumachen. Sie besitzt nicht die feinen Sinne eines Elben oder Halbelben, aber das elbische Blut in ihr ist immerhin noch so stark und ihre Sinne so geschult, dass sie erkennt, wenn in ihrer Nähe gesendet wird. Den Inhalt der Botschaft kann sie allerdings beim besten Willen nicht verstehen, dem gespannten Ausdruck auf ihren Gesichtern nach sind es jedoch Niniane und die Priesterin, die sich gerade über das Feuer hinweg austauschen. Du neugieriges Weibsbild, schimpft sie sich in Gedanken, es geht dich einen feuchten Kehrricht an, was andere reden, also halte deinen Geist und deine Ohren gefälligst verschlossen oder wenigstens in eine andere Richtung. Tatsächlich erheben sich die beiden gleich darauf und verlassen das Feuer, um in der sternhellen Nacht in Richtung Bach zu verschwinden. Nachdenklich starrt Raven den beiden hinterher, während sie mit der Dunkelheit zwischen den Bäumen verschmelzen. Arwen hat sich die ganze Zeit über schon so seltsam benommen, fällt ihr auf. Kühl und reserviert ist sie auf ihre elbische Art ohnehin immer, aber so wortkarg und verschlossen, geradezu abwehrend, hat Raven sie selten erlebt. Wieso hat sie eigentlich ihren blauhaarigen Elben nicht mitgebracht? Er weicht doch sonst nicht von ihrer Seite...

Ausführlicher über das Thema nachzudenken, ist sie jedoch absolut nicht mehr in der Lage, denn im Moment fühlt sie sich, als hätte sie überall an ihrem Körper Bleigewichte hängen, vor allem an den Augenlidern. Eine ganze Weile bleiben sie noch am Feuer sitzen, unterhalten sich über Dies und Das, scherzen leise mit Borgil, Kaney und Olyvar, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe niedergelassen haben, aber nach und nach verschwinden alle blinzelnd und gähnend in ihren Zelten oder elbischen Schneckenhäusern und legen sich zur Ruhe. Auch Caewlin und sie verkriechen sich nach einem Gutenachtgruß in ihr Zelt. Am morgigen Tag würden sie in aller Frühe ihr Lager abbrechen und sich - endlich, endlich - wieder auf den Rückweg machen. Während sie aus ihren Kleidern schlüpfen und unter die Felle kriechen, erzählt Raven ihm flüsternd die Neuigkeit, die Niniane ihr verraten hatte, doch Caewlins Mundwinkel zucken nur, als wüsste er das ohnehin schon lange. Und ihr fällt im Nachhinein auf, dass auch fast alle anderen die Waldläuferin mit wohlwollenden, wissenden Blicken gemustert hatten. Nur sie in ihrer grenzenlosen Ahnungslosigkeit hatte natürlich wieder ein dummes Gesicht gemacht und erst nachfragen müssen. Hm. Offenbar bin ich die einzige, die es Niniane nicht an der Nasenspitze ablesen kann, dass sie schwanger ist. Muss mir das zu denken geben? Sie entscheidet sich für ein eindeutiges Nein und mit solch bleischweren Lidern ist es ihr zugegebenermaßen auch ziemlich gleichgültig, was um sie herum geschieht. Selbst wenn in diesem Augenblick die Welt untergehen würde - wichtig ist nur noch dieser große, herrlich warme Körper neben ihr, sein Herzschlag, sein Atem, seine Stimme, sein Geruch, seine Nähe. Alles andere kann ihr gerade herzlich gestohlen bleiben. Mit einem leisen Seufzen schlingt sie Arme und Beine und alles, was sich sonst noch zum schlingen eignet, um Caewlin herum und vergräbt das Gesicht an seiner warmen Halsbeuge. "Morgen geht es endlich wieder nach Hause."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 02. Aug. 2005, 17:37 Uhr
Ja, wir müssen reden. Die Götter wissen, ich hätte schon längst zu Dir kommen und mit Dir... mit euch... reden müssen, aber ich... Lass uns reden, jetzt. Bitte. Aber nicht hier am Feuer. Lass uns bitte ein paar Schritte gehen... zum Wasserfall oder wohin du willst. Womit immer Niniane gerechnet hat, die Unsicherheit in Arwens Augen, als die Elbin für einen Herzschlag nur den Blick hebt und der fast schuldbewusste Unterton in ihrem Senden verwirrt sie. Sie setzt sich auf, doch die Anukispriesterin wartet  keine Antwort ab, sondern murmelt eine Entschuldigung und verschwindet mit raschelnden Röcken vom Feuer. Niniane tauscht einen Blick mit Cron. Er mag nicht wissen, was Arwen und sie in Gedanken ausgetauscht haben, aber er kennt sie gut genug, um zu wissen, wenn sie sendet und er schickt Arwens Rücken einen langen Blick nach, als die Dunkelheit außerhalb des Feuerscheins die Elbin verschluckt. "Ich gehe ihr nach und rede mit ihr," seufzt sie. "Warte nicht auf mich..."
Arwen wartet am Rand des kleinen Zeltrundes und eine ganze Weile gehen sie nur schweigend nebeneinander durchs hohe Gras und zwischen schlanken Birkenstämmen hindurch, graue, bleich schimmernde Säulen in der Nachtdunkelheit ringsum. Der Tag war warm und sonnig gewesen, wie fast alle seine Vorgänger seit diesem viel zu warmen Sturmwindmond, doch die Gräser und der Boden sind längst nass vom Tau und ihre Rocksäume bald mehr als feucht. Niniane hätte erschöpft sein sollen - und ist es auch - dennoch spürt sie trotz ihrer wachsenden Unruhe noch immer einen Nachhall von Hochstimmung in sich, angesichts der Tatsachen, dass ihre Reise hierher ohne Schwierigkeiten verlaufen und Phelan endlich begraben war, dass Morgana alles so gelassen hatte nehmen können und bei Maél in besten Händen scheint, dass ihr Magen in ganz und gar versöhnlicher Stimmung und obendrein gut gefüllt ist und nicht zuletzt wegen ihrer Schwangerschaft, die auch nach ein paar Stunden seit ihrer Entdeckung noch immer die Wirkung eines beschwingenden, kleinen Weinrausches hat. Sie ist unleugbar müde, aber gleichzeitig hellwach und nimmt alles um sich her überdeutlich war, das sanfte Streicheln des Nachtwindes, die seidenkühlen Berührungen der Grasrispen an ihren Beinen, die Kraft der Erde unter ihren bloßen Füßen, den Geruch nach Wasser und Frühling in der Luft, selbst den kalten, fernen Glanz der Sterne am samtschwarzen Firmament über ihnen - und die nervöse Hochelbin neben sich. Arwen holt ein paar Mal Atem, als wolle sie zum Sprechen ansetzen, verstummt aber jedes Mal wieder, ohne ein Wort zu sagen und Niniane zwingt sich zur Geduld.

Die Anukispriesterin scheint vollkommen hin- und hergerissen zwischen ihrem Bedürfnis, etwas zu erklären und der Schwierigkeit, einen Anfang zu finden und bleibt plötzlich so abrupt stehen, dass Niniane noch zwei Schritt weitergeht, ehe sie es merkt und sich zu ihr umdreht. Arwen schließt die Augen, macht eine Miene, als empfehle sie sich in die Hände ihrer Göttin und richtet ihren Blick auf ihre Füße, in die Nacht, einen bestimmt höchstinteressanten Ärmelsaum... überall hin, aber nicht mehr auf Ninianes Gesicht. Was dann kommt, schickt Niniane einen mahnenden Schauer über den Rücken, denn es klingt, als wolle Arwen ihr im nächsten Moment eine Todsünde beichten. >Weshalb ich mit Dir, nein eigentlich auch mit Cron, aber erstmal mit Dir reden muss... nicht müssen, ich will es ja, es ist nur... Götter helft mir... Was ich sagen will, was ich schon so lange sagen will, ist... Himmel, warum ist das so schwer, die richtigen Worte für etwas zu finden, was einem so wichtig ist?<
"Arwen, bei allen Göttern, was ist denn nur..."
Weiter kommt sie nicht mit ihrer Frage, denn eine hastig nachgeschobene Erklärung der Hochelbin unterbricht sie: >Ich hätte eigentlich schon vor vielen Mondläufen zu Dir und Cron kommen müssen. Spätestens, als dieser Hyeronim Holzapfel im Tempelhain auftauchte und von einer höchst denkwürdigen Hochzeit an einem riesigen Baum am Smaragdstrand berichtet hat.< Ein noch ein wenig wackliges Lächeln schleicht sich in Arwens Mundwinkel, aber es gilt wie ihr Blick ihren Füßen. Zu Ninianes leiser, aber penetranter Unruhe gesellt sich schlagartige Wachsamkeit und ihre Augen werden schmal. Meine Heirat? Was hat meine Heirat mit ihrer Missachtung zu... Sie kommt nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu bringen, denn Arwen fährt augenblicklich, wenn auch ein wenig ruhiger, fort: >Ich wollte schon längst zu euch gekommen sein, und ich hätte es auch getan, wenn ich nicht zu feige gewesen wäre. Um mich bei euch entschuldigen, und euch um Verzeihung zu bitten. Dich, weil ich es gewagt habe, mich in Dinge einzumischen, die mich nichts angingen. Und Cron, für die Dinge, die ich im Pfirsich zu ihm gesagt habe, ich hatte sie anders gemeint, aber.. nun ja, als Diplomatin bin ich wohl nicht wirklich geeignet... Oh bitte, Niniane, du musst mir glauben, es tut mir leid. Ich hätte mich da heraus halten sollen, aber ich konnte einfach nicht zusehen, wie ihr beiden in euer Unglück rennt... Das wollte ich schon so lange erklären, aber ich war einfach zu feige, ich habe mich so geschämt und mich nicht getraut, euch unter die Augen zu treten...<

Niniane ist, gelinde gesagt, sprachlos. Sie hatte Arwen vor diesem Trauerzug lange nicht mehr gesehen... fast einen vollen Jahreslauf. Seit Kizumus und Olyvars Hochzeit nicht mehr. Auch damals hatte sie mit der Elbin kaum ein paar Worte gewechselt, aber das hatte an den Umständen und dem Festtrubel gelegen und die Stimmung zwischen ihnen war alles andere als unterkühlt gewesen... wenigstens sie hatte das so empfunden. Und als sie sich dann am Anukistempel getroffen hatten, um Phelan das letzte geleit zu geben, hatte Arwens reserviertes, ja fast schon abweisendes Benehmen sie zunächst stutzig gemacht, dann war ihr das anhaltende Schweigen der Elbin sauer aufgestoßen und jetzt hatte ihr offensichtliches Schuldbewusstsein sie schließlich verwirrt. Und als der Name Hieronym Holzapfel gefallen war, hatte sie für einen Moment beinahe geglaubt, Arwen würde ihr wegen ihrer Heirat mit einem Nordlord tatsächlich Vorwürfe machen... auf das, worin das seltsame Verhalten der Anukispriesterin in Wahrheit begründet liegt, wäre Niniane nicht einmal im Traum gekommen. Sie öffnet schon den Mund, um etwas zu erwidern, doch dann kommen ihr halb vergessene Worte wieder in den Sinn... Crons Worte, in jener Nacht, in der er so unvermutet wieder am Baum aufgetaucht war, nach der Hochzeit des Lord Commanders. ...dass du das Kind ganz allein zur Welt gebracht hast, habe ich erst von Arwen erfahren. Wochen später. Ich hätte zu dir kommen sollen damals, gleich, doch Arwen... Sie hat versucht, mir deine Beweggründe aus ihrer Sicht zu erklären. Zweifellos hat sie es gut gemeint und wollte nur helfen, aber sie hat mir... praktisch unterbreitet, ich solle meinen Mund halten, keine Ansprüche stellen und zu dir zurückkehren, weil du leiden würdest und 'die Zeit und der Boden für eine Ehe zwischen einer Elbin und einem Nordlord noch nicht bereitet wäre' - das... das war zuviel....
"So ist das also," erwidert sie nach einer langen Weile des Schweigens schließlich. "Nun ja... verständlich, dass du versucht hast, etwas zu tun. Ich weiß nicht, was ich an deiner Stelle getan hätte... vielleicht hätte ich mich ebenso eingemischt." Vielleicht? Meldet sich eine trockene Stimme in ihren Gedanken und liefert prompt ein gestochen scharfes Bild von einem denkwürdigen Morgenmahl mit Caewlin, dem sie freiweg geraten hatte, Raven bei erstbester Gelegenheit vor einen Priester zu schleifen, bevor seine schlechte Laune noch unerträglicher würde...

"Also gut, ich hätte mich sehr wahrscheinlich ebenso eingemischt. Cron hat mir erzählt, was du ihm äh... unterbreitet hast. Natürlich glaube ich dir, dass du es sicher anders gemeint hast, aber ich kann ebenso gut verstehen, wenn es ihn beleidigt hat. Noch dazu, nachdem ich... nachdem ich ihn so behandelt hatte, weißt du. Er hat gesagt, ich hätte einen Narren aus ihm gemacht, und das ist wahr. Aber aus mir hatte ich ebenso eine Närrin gemacht. Deine Worte von damals haben ihn... sehr getroffen, Arwen, und ihn zornig gemacht. Ich kann mir dennoch nicht vorstellen, dass er dir das noch immer nachträgt... er hat es jedenfalls seit diesem einen Mal nie wieder zur Sprache gebracht, noch hat er je auch nur ein böses Wort über dich verloren. Wenn du jemanden um Verzeihung bitten solltest, dann ihn... nicht mich. Ich kann nicht für ihn sprechen, aber was mich angeht: ich bin dir gewiss nicht böse, Arwen und ich glaube wirklich nicht, dass er es ist. Was ich aber nicht verstehe ist..." sie hebt in einer ratlosen Geste die Hände und sucht Arwens Blick, der sich endlich zaghaft hebt. "Warum hast du deswegen nur so lange geschwiegen? Ich meine nicht das ganze vergangene Jahr, sondern die letzten Tage, unsere gemeinsame Reise hierher ? Ich meine... du benimmst dich uns gegenüber fast so, als hätten wir dir irgendetwas getan und wir rätseln schon seit Tagen, was um aller Götter Liebe Willen, in dir vorgehen mag."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Morgana am 02. Aug. 2005, 19:32 Uhr
Sie hatten sich nicht mehr lange an Phelans Grab aufgehalten, nachdem der letzte Stein auf den Grabhügel gelegt worden war. Morgana war dies ganz recht gewesen, denn plötzlich hatte für sie an diesem Platz eine seltsame Stimmung geherrscht und so etwas wie eine Leere hatte sich in ihr ausgebreitet, weil ein Abschnitt ihres Lebens nun sein endgültiges Ende gefunden hatte, sie Phelans letztem Wunsch gerecht geworden war und sie gleichzeitig das Gefühl hatte eine Last sei ihr von den Schultern genommen worden. Der Ritt hin zum Lager verlief ruhig und es wurde wenig gesprochen, Morgana und Mael sind Seite an Seite geritten und hatten sich den ganzen Weg an den Händen gehalten. Diesmal hatte Morgana keine Zweifel mehr gehabt, die Beerdigung hatte ihre letzten Zweifel zerstört und irgendwie hat sie auch das Gefühl gehabt, Phelan hätte sie frei gegeben.

Als sie das Lager noch nicht ganz erreicht haben, steigt Morgana der Duft von gebratenem Truthahn in die Nase und ihr Magen meldet sich laut genug um Mael ein breites Schmunzel auf sein Gesicht zu zeichnen. Es ist schon kurz vor Mitternacht und Morgana ist müde, hungrig und halb wahnsinnig von den vielen Mückenstichen, ehe sie sich ans Feuer setzt verschwindet sie kurz in ihrem Zelt um sich die Stiche einzucremen, die wie verrückt jucken. Immer dann wenn einer aufgehört hat, beginnt der nächste und manchmal weiss sie nicht, wo sie als erstes kratzen soll. Die kühle Salbe verfehlt zum Glück ihre Wirkung nicht und so kann sie in Ruhe von dem herrlichen Truthahn essen ohne sich ständig an den unmöglichsten Stellen kratzen zu müssen. Nachdem von dem Truthahn nur noch das Gerippe über der Feuerstelle hängt und alle knurrenden Mägen verstummt sind, lehnt sich die Heilerin an den Elb, satt, zufrieden und sehr schläfrig. Auch die anderen sehen so aus als würden allen gleich die Augen zufallen, ausser Arwen und Niniane, die wohl stumme Zwiesprache gehalten haben und sich vom Feuer entfernen. Morgana weiss nicht um was es geht zwischen den beiden, aber eine gewisse Spannung war die ganze Zeit zu spüren gewesen, genauso wie Arwens stille Zurückhaltung auf der ganzen Reise bisher. Aber Morgana ist zu müde sich weiter Gedanken darum zu machen.

Ihre Gedanken treiben dahin wie Wolken im Wind, gleiten kurz zu der Zeremonie, die dem Waldläufer sicher gefallen hätte, denn er hatte es nie mit Zeremonien und steifen Festen. Er war immer nur wiederstrebend zu den Festessen in der Stadthalle mitgegangen und hatte auch ansonsten solche Dinge gemieden wenn es ging. Ihre Gedanken wandern weiter und bleiben dann bei dem Elb an ihrer Seite hängen, dessen Wärme die kühlere Nachtluft von ihr fernhält. Sie kuschelt sich noch ein wenig enger an ihn, muss dann aber wieder wegrücken und ihn bitten sie an einer Stelle im Rücken zu kratzen. "Diese verdammten Viecher, warum haben die sich ausgerechnet mich ausgesucht. Du musst mir nachher helfen und die Stiche auf meinem Rücken versorgen, schliesslich bist du mit Schuld daran, dass ich so zerstochen bin." Ein breites Schmunzel legt sich auf ihr Gesicht in dem die Flammen des Feuers tanzen. "Wenn du nicht da gewesen wärst, hätte ich sicher nicht unbekleidet geschlafen und hätte nicht überall gestochen werden können," neckt sie den Elb noch ein wenig weiter und erläutert ihm dann, wo er noch kratzen soll. Nach und nach begeben sich alle zur Ruhe und Morgana und Mael ziehen sich auch in ihr Zelt zurück um den Rest der Nacht, die nicht mehr sehr lang ist, in trauter Zweisamkeit zu verbringen.

Morgana freut sich schon darauf nach Talyra zurück zu kehren, endlich ihren Sohn wieder in den Armen zu halten und in einem vernünftigen Bett zu schlafen. Nachdem Mael ihre Mückenstiche auf dem Rücken eingerieben hat und sie sich nun einigermassen ohne Juckanfälle bewegen kann, kuschelt sich Morgana eng an den Elb. Nach einem langen zärtlichen Kuss gleitet sie vom Geräusch seines Atems und dem Schlagen seines Herzens in ihrem Ohr sanft in den Schlaf. Das Summen der Mücke, die sich wohl durch das schwache Licht der gerade erst verlöschtem Lampe angezogen gefühlt hatte, hört sie schon nicht mehr.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 03. Aug. 2005, 18:36 Uhr
Für die bangen Momente von Ninianes Schweigen kommt Arwen sich vor wie in den Augenblicken kurz vor einem Gewitter, so als knistere die Luft vor der angestauten Spannung und der Flügelschlag eines Schmetterlings würde genügen, um Blitz und Donner zu gleißendem, brüllenden Leben zu erwecken. Und das kommt dem, was sie befürchtet auch ziemlich nahe. Es würde sie nicht wundern, wenn die Halbelbin ihr voller berechtigter Wut die Götter wissen was an den Kopf werfen würde. Innerlich wappnet sie sich für die schlimmsten Vorwürfe und geht in Gedanken durch, wie schnell sie ihre Sachen zusammenpacken und mit Shur aufbrechen kann, sollte Niniane verlangen, dass sie ihr augenblicklich aus den Augen verschwindet. Doch nichts dergleichen geschieht.

>So ist das also...< Ganz langsam holt Arwen Luft. Und erst als der Atem schmerzhaft ihre Lungen füllt, merkt sie, dass sie vor lauter Angst vergessen hat zu atmen. Was Niniane ihr antwortet dringt nur wie durch zähen Nebel bis in Arwens Denken vor, langsam und in Bruchstücken. >Cron hat mir erzählt.... es ihn beleidigt hat... Deine Worte damals haben ihn sehr getroffen, Arwen, und ihn zornig gemacht...< Schlagartig sieht Arwen wieder jenen Tag im Pfirsich vor sich, meint die Stimme des Nordlords zu hören und zuckt wie unter einem Schlag zusammen.>In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht so beleidigt worden. Dass ausgerechnet Ihr es sein würdet...< Scham, Schuldgefühle, Wut auf sich selber, der ganze Gefühlswirrwarr, er sie seit fast einem Jahreslauf davon abgehalten hatte, die beiden aufzusuchen, sich zu erklären und um Verzeihung zu bitten, alles ist schlagartig und mit beißender Klarheit wieder da. Wie hat sie sich einbilden können, es würde einfacher sein, wenn sie nur den richtigen Moment fände. Es gibt keinen richtigen Moment für so etwas, keinen Augenblick, der es einfacher macht. Und die richtigen Worte zu finden fällt ihr jetzt ebenso schwer wie damals, und wie an jedem Tag, der seitdem vergangen ist. Für einen Moment wünscht sie sich weit fort von hier. Im Geist sieht sie vor sich ein Paar stahlgrauer Augen, das sanfte Lächeln in ihnen, und meint die leise Stimme zu hören, die ihr versichert, sie würde das nicht alleine tun müssen. Tja, wie es aussieht, muss ich da doch alleine durch... Was würde sie dafür geben, wenn sie sich jetzt in die Sicherheit zweier starker Arme flüchten und ihr Gesicht in einer Flut dunkelbrauner Haare verbergen könnte. Doch das kann sie nicht. Zwei Tage nach Inari war ein weißer Botenrabe erschienen und hatte ihn nach Erryn zurück gerufen. Vermutlich ist er schon wieder halb zurück in Lomirion. Die aufkommende Sehnsucht vermischt sich, wendet sich ihrer Tochter zu. Rialinn, die in ihren Armen zappelt, sich abends schläfrig auf ihrem Schoß zurecht kuschelt oder versucht, sich loszureißen, wenn sie gekämmt und angekleidet werden soll. >Wenn du jemanden um Verzeihung bitten solltest, dann ihn...< Ninianes Stimme ruft Arwens schweifende Gedanken wieder zurück ins Hier und Jetzt – doch ein Hauch Wehmut bleibt zurück. Zum ersten Mal seit sie den Feuerschein verlassen haben, sucht Arwen bewusst und offen den Blick Ninianes, und es gelingt ihr auch, den Blickkontakt zu halten und sich nicht wieder abzuwenden. Dass ihre Hände immer wieder unruhig wandern, ihre Finger sich verknoten, um dann wieder die Arme um sich selber zu schlingen, als müsse sie sich an sich selber festhalten um nicht zu zerbrechen, das merkt Arwen gar nicht. "Ja, das sollte ich... Götter ich weiß das... ich weiß das schon seit..." seit er aus dem Pfirsich gestürmt ist, zurecht wütend und verletzt von meinen Worten. Dass sie anders gemeint waren zählt nicht, sie waren mehr als nur ungeschickt gewählt. Sie kommt nicht dazu, ihren Satz zu beenden, denn die nächsten Worte der Halbelbin rauben ihr für lange Augenblicke den Atem zum Reden. >..ich bin dir gewiss nicht böse..< Nur mit größter Anstrengung kann Arwen die aufsteigenden Tränen der Erleichterung daran hindern, ihre Augen zum Überlaufen zu bringen. Und fast genau so viel Beherrschung kostet es sie, nicht vor Erleichterung und Dankbarkeit vor Niniane auf die Knie zu fallen.

Die ratlose Geste Ninianes verwirrt Arwen dann allerdings, und deren Worte treffen sie völlig unvorbereitet. > Warum hast du deswegen nur so lange geschwiegen? Ich meine nicht das ganze vergangene Jahr, sondern die letzten Tage, unsere gemeinsame Reise hierher ? Ich meine... du benimmst dich uns gegenüber fast so, als hätten wir dir irgendetwas getan und wir rätseln schon seit Tagen, was um aller Götter Liebe Willen, in dir vorgehen mag.< Für schier endloses Augenblicke breitet sich wieder Schweigen zwischen ihnen aus, während Arwen erst versucht zu begreifen, was ihre... - nun ja, es hatte eine Zeit gegeben, wo sie und Niniane Freundinnen gewesen waren, doch ob das jetzt noch so ist, Arwen wagt nicht, es einzuschätzen -  was Niniane meint, udn dann nach Worten such um zu erklären. Als würde ihr das helfen zu verstehen, folgt Arwens Blick der Flug einiger Nachtfalter, die die beiden Elbinnen umschwirren. Ganz in der Nähe ist das leise Rascheln einer Maus zu hören, dann das fast lautlose Gleiten eines großen Vogels. Das verzweifelte Quieken einer Maus in den Fängen einer großen Nachteule ist Zeuge einer erfolgreichen Jagd. All das nimmt Arwen wahr, und doch auch wiedr nicht, während ihre Gedanken sich überschlagen. "Ihr hättet mir etwas getan?... Was...?.. Ich meine.. Wie kommt ihr auf so etwas?" Arwen ist ehrlich verwirrt. Ja, sie hatte sich während der ganzen Tage ihrer Reise zurückgezogen gehabt und war mehr als still gewesen, auch gegenüber Cron und Niniane. Aber auf die Idee, dass Cron und Niniane das als stummen Vorwurf auffassen könnten, wäre sie in drei Zeitaltern nicht gekommen. "Warum ich die ganzen Tage geschwiegen habe? Ich hatte mir vorgenommen gehabt, am Tempel mit euch zu sprechen, noch vor dem Aufbruch. Aber Olyvar hat so schnell aufbrechen lassen, dass ich keine Gelegenheit mehr dazu hatte. Und später, unterwegs... Himmel... was hätte ich dafür gegeben, hätte sich eine Gelegenheit finden lassen. Aber da war immer jemand von den anderen um euch herum, nie die Gelegenheit, euch um ein Gespräch abseits und ohne Zuhörer zu bitten... bis heute. Und wenn Du nicht den Anfang gemacht hättest, hätte ich vermutlich wieder den Mut nicht gefunden um dieses zu erbitten." Unsicher streicht sie sich die Haare aus dem Gesicht, in denen der laue Nachtwind spielt. Das Herz schlägt ihr noch immer irgendwo im Hals, auch wenn sich der Schlag langsam beruhigt, und nicht mehr wild durch ihre Adern pulsiert.

"Was in mir vorgeht?" Ein bitteres Lächeln huscht durch Arwens Gesicht, und kurz legen sich trübe Schleier über ihren Blick. "Diese Reise, Phelans Trauerzug... Ich bin hier, weil ich der selben Göttin diene, wie er es getan hat, als Priesterin Anukis'. Und weil ich es ihm schulde. Er hat damals in Wegesend ebenso wie all die anderen sein Leben für mich gewagt, ohne mich zu kennen oder zu wissen, warum und weshalb. Einfach so. Ich will mir nicht anmaßen, ihn einen Freund zu nennen, dazu kannte ich ihn zu wenig. Zweimal habe ich ihn danach noch getroffen. Aber das, was für mich unauslöschlich mit ihm verbunden ist, ist die Erinnerung an dunkle, zeitlose Stunden in diesen Kellern. Ich weiß, dass er das nicht verdient hat. Ich weiß, dass ich mich anders an ihn erinnern sollte, dass ihm ein anderes, ehrendes Gedenken zusteht. Aber es... geht nicht." Pflichterfüllung und eiserne Selbstdisziplin, die Mauern die Arwen in den zahllosen Jahresläufen ihres Lebens um ihr Wesen aufgebaut hat, beginnen an einigen Stellen langsam zu bröckeln. Der eisige Panzer, der sie für andere so oft kalt und unnahbar wirken lässt, bekommt erste Risse. Krampfhaft ringt sie um ihre Selbstbeherrschung und kämpft darum, die Erinnerungen die sie seit Tagen immer wieder überfallen zu verdrängen, sie tief in sich zu vergraben. "Ich dachte, ich hätte gelernt, damit zu leben, hätte gelernt, die Erinnerungen irgendwo ganz tief zu vergraben. Aber das war eine Illusion. Seit wir am Tempel aufgebrochen sind, suchen sie mich heim, zu jeder Tages- und Nachtzeit, zu jeder Stunde, egal ob ich wache oder ruhe. Das ist der eigentliche Grund, warum ich die ganzen Tage geschwiegen und mich von allen zurückgezogen habe. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich will nur noch zurück nach hause, zu Rialinn, damit ich die Schatten des Vergangenen endlich wieder begraben kann." Arwen holt tief Atem, und nur knapp gelingt es ihr, dem Drang weinend davon zu rennen zu widerstehen. Tränen stehen dicht an der Oberfläche ihrer Augen, aber sie will jetzt nicht weinen, sie will nicht vor den Erinnerungen kapitulieren. Zu kapitulieren hieße, ihnen wieder Macht über ihr Leben einzuräumen, und das will sie um keinen Preis. "Ich würde gerne noch mit Cron reden, aber nicht mehr jetzt." Suchend wandert ihr Blick über den Nachthimmel. Es ist schon längst nach Mitternacht. Wie lange sie geredet haben, wüsste sie nicht zu sagen, aber im Lager haben sie sich vermutlich alle längst zur Ruhe gelegt. Und selbst falls Cron noch nicht schlafen sondern auf Niniane warten sollte, hätte er vermutlich zu dieser Stunde besseres im Sinn, als mit Arwen über diese alte Geschichte zu reden und sich ihre Entschuldigung anzuhören. "Könntest Du ihm sagen, dass ich morgen mit ihm reden möchte? Bitte." Bei 'morgen' muss Arwen dann doch über sich selber schmunzeln. "Wohl eher heute... nachher, wenn die Sonne aufgegangen und er wach ist, vor oder nach dem Aufbruch, wann es ihm recht ist."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Aurian am 05. Aug. 2005, 06:36 Uhr
Sen ganzen Rückweg über hatte Aurian geschwiegen. Ihre Gedanken waren um die Ereignisse der Sithechnacht und der Wochen davor gekreist. Und um sich und ihre magische Begabung, ebenso wie um ihr elbisches Erbe. Noch vor zwei Jahren war ihr Leben so einfach gewesen, doch nun schien alles mit jedem Tag komplizierter und verwirrender. Aus irgendeinem Grund hatte das Mädchen das Gefühl, in einem Strudel gefangen zu sein, der sie weiterzog ohne dass sie etwas tun konnte.Was bin ich eigentlich?  Wer bin ich? Die Unsicherheit, die im vorigen Jahr schon um so vieles besser geworden war, sie kehrt nun zurück, stärker den je.
Als sie den Lagerplatz erreichen, werden sie bereits von den Rossknechten und einem über dem Feuer brutzelnden Truthahn erwartet. Aurian fährt Dikta noch einmal über den Hals, ehe sie die kleine Stute der Obhut der Männer überlässt. Langsam geht sie ans Feuer und lässt sich am Rand nieder. Borgil drückt ihr eine Stück Fleisch in die Hand, grinst und brummelt irgendwas von: >Iss Mädl, an dir is eh nix dran!< Aurian lächelt schief. Wirklichen Hunger hat sie nicht, doch der Rückweg ist noch verhältnismäßig weit und sie würde die Kraft brauchen. Allgemein ist die Stimmung am Feuer etwas müde und schläfrig. Dass Niniane und Arwen den Platz verlassen, bekommt sie nicht ganz mit. Zu sehr ist sie mit sich beschäftigt. Mit einem mal will sie nur allein sein. „Entschuldigt mich bitte!“ mit diesen Worten steht die junge Magierin auf und verlässt den Lagerplatz Richtung Waldrand. Hier, hinter den Zelten führt ein kleiner Weg in den Wald. Diesem folgt sie ein Stückchen, bis sie zu einer mächtigen Buche gelangt. Zwischen den Wurzeln hat sich ein Teppich aus Moos ausgebreitet, weich und einladend. Aurian lässt sich nieder und lauscht dem Schrei eines Käuzchens. Olyvar hatte ihr versprochen, sie nicht aus der Steinfaust zu verweisen und auch Arwen, die Priesterin hatte ihr Mut gemacht, was das Beherrschen der Magie anging. Und doch....die Unsicherheit bleibt, die Zweifel über sich selbst. Versunken betrachtet sie ihre Hände: schlank und doch kräftig. Als sie sich darauf zu konzentriert versucht, so wie sie es von Maester Malakei gelernt hatte, glühen kleine blaue Lichtwölkchen um ihre Fingerspitzen. Als sie die Hände bewegt, zeichnen sich Muster in die Nacht.
Aurian seufzt. Sie würde sich einen neuen Lehrer suchen müssen ohne Zweifel. Je länger sie wartet, desto gefährlicher würde sie werden. Bei dem Gedanken, was sie allen anrichten könnte, rinnt ihr ein Schauer über den Rücken. Um sich abzulenken, schließt sie die Augen. Es fällt ihr normalerweise immer leichter, sich in den Meditationszustand zu versetzen, den der Leiter des Hauses der Bücher sie gelehrt hatte, doch heute ist es seltsam schwierig. Zu viel geistert in ihrem Kopf herum. Doch irgendwann gleitet sie in diesen sanften Trance, irgendwo zwischen hier und dort.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Kaney am 05. Aug. 2005, 13:25 Uhr
Während die Beerdigungsgesellschaft zurück zu ihrem Lagerplatz reitet, denkt Kaney über die Beerdigung und andere Dinge nach.
Er hatte sich, nachdem ihm Niniane erklärt hatte, wie man ich bei so einem Ritual zu verhalten hat, etwas näher an das Grab gestellt, und hatte sich im Stillen von Phelan verabschiedet. Er bedankt sich für die Zeit, die er mit dem Waldläufer verbringen konnte, dafür, dass die gemeinsamen Abenteuer gut ausgegangen sind.
Weitere stille Gedanken, Bitten, Wünsche und Danksagungen folgen.
Dann hatten die übrigen Männer den Leichnam in ds Grab herabgelassen, und Kaney hatte sich beim Zuschaufeln des Loches beteiligt.

Am Lager angekommen - wo sie schon ein Festmahl erwartet - schwingt sich Kaney von Gurp (inzwischen mit etwas mehr Eleganz als noch wenige Tage zuvor), übergibt den Pferdeknechten das Schulpferd, und stürzt sich praktisch auf das Essen.
>Ach ja. Es geht doch nichts über das Gefühl, aus Nachtdunkelheit und Wildnis nach Hause an ein warmes Feuer zu kommen... auch wenn es nur ein Zeltlager ist.< erklärt Niniane, und der Werblütige kann da nur rülpsend zustimmen.
Der Abend vergeht mit ruhigen Gesprächen, teilweise werden noch Erinnerungen an Erlebnissen mit dem verstorbenen Waldläufer ausgetauscht.
Irgendwann verabschiedet sich der Werblütige um ins Zelt zu gehen und sich schlafen zu legen.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Niniane am 05. Aug. 2005, 22:22 Uhr
Niniane lauscht Arwen schweigend, unterbricht sie kein einziges Mal, während die Elbin zusehends fahriger wird und ein gehetzter Ausdruck in ihren Augen aufschimmert. Was immer sie an Offenbarungen erwartet hat, das nicht. Nicht Wegesend, nicht dass die Erinnerungen daran für Arwen offenbar immer noch so bitter... und so frisch sind. Dass ausgerechnet Phelan, der selbst dort im Gasthaus nur wenig mit ihr oder Falcon zu schaffen gehabt und sich eher um die Wirtsfamilie gekümmert hatte, sie so daran erinnert, hätte sie nicht vermutet. Als Arwen schließlich verstummt und sichtlich um Fassung ringt, schweigt auch sie noch eine ganze Weile. Ihr Blick wandert über das hohe Gras zum Bach hinab, nicht zu sehen, aber zu hören, ein unablässiges Murmeln und Plätschern von Wasser, das schnell über rundgeschliffene Steine fließt. Ich dachte, ich hätte gelernt, damit zu leben, hätte gelernt, die Erinnerungen irgendwo ganz tief zu vergraben. Aber das war eine Illusion. Seit wir am Tempel aufgebrochen sind, suchen sie mich heim, zu jeder Tages- und Nachtzeit, zu jeder Stunde, egal ob ich wache oder ruhe. Das ist der eigentliche Grund, warum ich die ganzen Tage geschwiegen und mich von allen zurückgezogen habe. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich will nur noch zurück nach hause, zu Rialinn, damit ich die Schatten des Vergangenen endlich wieder begraben kann. Niniane wendet ihren Blick langsam von den silbrig gesäumten Grasrispen, auf denen nass der nächtliche Tau glänzt und sieht die Hochelbin neben sich lange und aufmerksam an. Als sie schließlich spricht ist ihre Stimme so sanft und behutsam, als rede sie zu einem verängstigten Kind. Ihre Worte allerdings sind so geradeheraus wie stets. "Und wenn du sie noch so tief vergräbst, Arwen, sie kommen immer wieder hoch... so lange du sie nicht loslassen kannst. Ja, was dir geschehen ist war schrecklich. Aber du hast es getan, um Falcons Leben zu retten, verdammt noch mal. Und so sehr es auch schmerzt, das jetzt zu hören - du hast das richtige getan. Ich hätte nicht anders gehandelt. Was immer man über Falcon sagen kann, er war dein Gemahl und du hast ihn geliebt. Was hättest du sonst tun können? Sterben? Bullenscheiße, Arwen! Was hatte Kalmir denn von dir? Ein Stück Fleisch, mehr nicht. Er hatte weder deine Seele, noch dein Herz, noch deinen Geist oder Verstand, nichts von dem, was dein Wesen ausmacht. Kalmir war ein niederträchtiges Schwein, mag sein, aber letztlich war er doch nicht mehr als ein verblendeter, erbärmlicher Wurm, der das bekam, was er verdient hat. Aber du... Arwen, wenn du die Erinnerungen nicht loslässt, wenn du ihm und dir nicht vergeben kannst, dann werden sie dich heimsuchen so lange du lebst."

Einen Moment schweigt sie, während ihr Blick wieder durch das Tal wandert. Ein Purpurfalter flattert vorbei, trunken von Grünglanzwärme und Waldmeisternektar und verschwindet in der Dunkelheit unter den Birken. "Ich würde dir gern sagen, dass es bald nicht mehr weh tut, dass es nicht so schlimm sei, dass du nicht mehr daran denken solltest... aber das würde dir nicht helfen und es würde auch nichts ungeschehen machen. Nichts kann es ungeschehen machen, Arwen. Aber ich kann dir sagen, dass ich weiß, wie es ist, wenn einem soviel Schmerz zugefügt wird. Und ich kann dir sagen, dass es irgendwann vorbei geht. Nicht morgen, nicht in einem Mond, vielleicht nicht einmal in einem Jahrestanz. Aber es wird besser... man kann damit leben. Es wird vielleicht immer schmerzen, daran erinnert zu werden, aber es wird dich nicht mehr beherrschen. Ich werde nicht sagen: vergiss Kalmir und Wegesend. Kalmir und Tyalo sind tot und bezahlen in der Hölle für ihre Taten. Aber du lebst, Arwen. Schenk ihnen nicht noch im Nachhinein den Sieg... das sind sie nicht wert." Niniane strafft sich und wendet sich halb um, dann blickt sie wie Arwen eben in den Himmel. Die Sterne wirken so nah, als bräuchte man nur die Hand ausstrecken, um sie zu berühren. "Ich werde es Cron sagen. Morgen müssen wir ohnehin das Lager abbrechen, das wird einige Zeit in Anspruch nehmen und so wie ich Cron kenne, ist er ohnehin vor Sonnenaufgang wach. Es wird sich bestimmt eine Gelegenheit finden, ein paar Worte unter vier Augen zu wechseln, ich für meinen Teil jedenfalls, gehe jetzt schlafen. Ich bin erledigt und du musst ebenso erschöpft sein. Komm, gehen wir ins Lager zurück." Sie schlendern nebeneinander durch das nasse Gras zu den Zelten ohne noch ein Wort zu wechseln, jede ihren eigenen Gedanken nachhängend. Am Feuer sitzt niemand mehr, aber die Rossknechte hatten noch Holz nachgelegt und es für die Nacht abgedeckt, so dass es mit ein wenig Glück langsam, aber stetig bis zum Morgen brennen würde. Im scharlachroten Schein der Glut wünscht Niniane Arwen leise "Khel Anar" und sieht der Elbin dann nach, bis sie in ihrem Zelt verschwunden ist. Als sie dem Feuer schließlich den Rücken kehrt und in ihr eigenes schlüpft, schläft Cron bereits. Er wacht nicht auf, als sie neben ihn zwischen die weichen, warmen Pelzdecken kriecht, aber er dreht sich um und zieht sie an sich, um sie zu wärmen. Seine große Hand tastet sich schläfrig über ihren Bauch und bleibt dort liegen, als wolle er das ungeborene Leben darin ebenso festhalten, wie sie.

Niniane kommt lange noch nicht zur Ruhe, obwohl sie erschöpft und müde ist. Ihre Gedanken kreisen beständig um Arwen, um das, was die Elbin erzählt hatte, um Cron, um den Pfirsich, um alles, was im vergangenen Jahr geschehen war... bis sie endlich, irgendwann kurz bevor die Dämmerung grau und fahl über den Himmel zieht, doch noch die Augen schließt. Keine fünf Herzschläge später, wie es scheint, reißt sie das geschäftige Treiben zweier frühaufstehender Rossknechte wieder aus dem Schlaf. Olyvars Männer waren auf diesem vermaledeiten Trauerzug ein wahrer Segen gewesen, aber im Augenblick stehen sie kurz davor (auch wenn sie nicht die leiseste Ahnung davon haben), von einer aufgebrachten, todmüden und obendrein hundsmiserabel gelaunten, an notorischer Morgenübelkeit leidenden Niniane in zwei Ochsenfrösche verwandelt zu werden, denn sie veranstalten mit dem Wasserholen, den Pferden, dem Wagen, dem Kochgeschirr, dem Dreifuß und der Zubereitung eines Morgenmahls ungefähr so viel Lärm wie eine durchgehende Elefantenherde. Ninianes revoltierenden Eingeweide allerdings bewahren die Knechte der Steinfaust vor einem Schicksal als warzige Krötenwesen und sie lässt sich stattdessen -  nachdem sie sich ausgiebig in einen freundlicherweise von Cron bereitgestellten Kübel übergeben hat -, nur wieder in die Pelze sinken, zieht das weiche Büffelfell über ihren Kopf, schließt die Augen und ignoriert angestrengt die ringsum ausbrechende Morgengeschäftigkeit. Cron ist längst auf den Beinen, vermutlich spricht er gerade mit Arwen und sie kann bereits die Stimmen einiger anderer hören, die sich noch ein wenig schlaftrunken am Feuer versammeln. Eine halbe Stunde später quält auch sie sich auf die Beine, klatscht sich ein wenig kaltes Wasser aus der Feldflasche ins Gesicht, spült sich den Mund, putzt sich die Zähne mit einem geschälten Weidenzweig und ein wenig Salbei, kämmt ihr Haar aus, flicht es zu einem Zopf und schlüpft in weiche Lederbeinlinge, ein Hemd und ihre Stiefel. An Frühstück ist noch nicht einmal zu denken, also packt sie ihre Sachen zusammen, rollt die Schlafpelze auf, schnürt alles zusammen und verstaut es in den Satteltaschen. Als ihr Magen sich soweit beruhigt hat, dass sie es vielleicht wagen kann, so etwas wie Tee und Röstbrot zu versuchen, gesellt sie sich zu den anderen ans Feuer. Borgil hat das Zubereiten des Morgenmahls übernommen, so wie es aussieht, denn der Zwerg fuhrwerkt geschäftig am Dreifuß herum, röstet Brot, verteilt Tee und Cofea, brät ein paar Maismehlküchlein und scheint ganz in seinem Element. "Alter Drückeberger... du spielst nur deshalb hier den Meisterkoch, weil du dich davor drücken willst, dein Zelt abzubauen," raunt sie ihm zu, als sie über seine mächtigen, muskelbepackten Schultern hinweg nach der Teekanne angelt. "Ah... nein, danke. Keine Küchlein. Nur ein Stück geröstetes Brot, bitte."

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Caewlin am 06. Aug. 2005, 20:32 Uhr

Raven ist so müde, dass sie schon beinahe einschläft, während sie sich noch aus ihren Kleidern schält. Trotzdem erzählt sie ihm unter unterdrücktem Gähnen und blinzelnd wie ein verschlafenes Kätzchen im Nest noch von Ninianes Schwangerschaft. Sein wissendes Grinsen, als er zu ihr unter die warmen, weichen Pelze kriecht und sich neben ihr ausstreckt, verleitet sie dann allerdings doch dazu, noch einmal beide Augen aufzumachen. "Aye, ich weiß es schon, Raven... es war auch nicht schwer zu erraten. Niniane spuckt schon seit dem Morgen, klettert freiwillig auf einen Wagen, wo sie doch reiten könnte Cron läuft herum, als wäre er so groß wie der Frostriesenkönig persönlich  - und alle beide grinsen dabei so breit wie der Ginnungagap..." er gähnt so heftig, das seine Kiefer knacken und streckt dann von den Schultern bis zu den Zehenspitzen seine schmerzenden Muskeln. Der Kampf mit dem Grauen hatte ihm einiges abverlangt, vom stundenlangen Graben danach ganz zu schweigen. Seine Hand ist trotz aller Schwielen ein einziges Blasenfeld, irgendwo in seinem Daumenballen sitzt ein penetrant stechender Splitter und auf seinem rechten Arm sind drei tiefe, blutige Kratzer, wo er sich die Haut an einem hervorstehenden Ast aufgerissen hatte. "Was für eine andere Erklärung gäbe es denn da..." Raven zuckt mit den Schultern und schmiegt sich dann an auf der Suche nach einem bequemen Schlafplatz an ihn - und das so gründlich, dass der Gedanke an Schlaf plötzlich gar nicht mehr so verlockend erscheint, wie eben noch. Er hebt den Arm, um ihr Platz zu machen und zieht sie an sich und sie untermalt ihre Bemühungen neben ihm, an ihm, auf ihm, unter ihm und dabei möglichst großflächig mit ihm verschmolzen, zu schlafen, mit unwilligen kleinen Knurrlauten, weil sie nicht gleich die richtige Lage findet. Caewlin unterdrückt ein ebenso erheitertes, wie berührtes leises Lachen. Gleich darauf hält er allerdings mit einem schmerzerfüllten Zischen die Luft an. "Raven, kannst du deinen Fuß da wegnehmen? Mein rechtes Knie ist so dick wie eine verdammte Feuermelone und außerdem blau und grün."

Sie blinzelt ihn an und im nächsten Augenblick findet er sich im Schein einer Kerze ohne Pelze in der kalten Nachtluft wieder, während sie sich über ihn beugt, das lange Haar über die Schulter zurückstreicht und sein lädiertes Knie genauer in Augenschein nimmt. Er stützt sich auf die Ellenbogen und versucht einen Blick auf die Prellung zu erhaschen, aber alles, was er im flackernden Kerzenlicht sehen kann, sind vage, blauschwarze Schatten und ein Kniegelenk, das ihm selbst im Halbdunkel ziemlich verschwollen vorkommt. "Der Graue hat versucht, mich an einer Sitkafichte loszuwerden," knurrt er, während ihre Finger vorsichtig die verfärbte Haut abtasten. "Aber so schlimm ist es nicht, nur ein blauer Fleck. Komm her," er streckt die Hand nach ihr aus und zieht sie an sich, dann legt er die Pelzdecken wieder um sie. "Es ist kalt und wir müssen mit der Sonne aufstehen. Morgana kann sich das Bein ja ansehen," fügt er gähnend hinzu, "wenn es morgen noch nicht besser ist." Er rollt sich mit ihr auf die Seite, schmiegt sich an ihren Rücken und birgt ihren Körper dicht an seinem. Sie ist so viel kleiner als er, dass er sie vollkommen umschließen, sie einhüllen, beschützen und wärmen kann. Ihre Haut verschmilzt mit seiner, ihr Kopf ruht unter seinem Kinn, ihre Finger haben sich mit seinen verflochten und ihre Füße, klein und kalt, sind zum wärmen unter seine Beine geschoben. Ihr Haar duftet noch schwach nach Mandeln, Honig und Holzrauch vom Feuer und fließt lang und offen über seinen Arm und seine Haut, dunkel, kühl und glatt und so weich und schwer wie Mitternachtsseide. "Wenn uns jemand sähe," murmelt er schläfrig mit dem Hauch eines Lächelns in der Stimme, "würde er Stein und Bein schwören, dass wir nie wieder auseinander kommen. Wir sind so verschlungen wie einer dieser endlosen Knoten, aye?" Er vergräbt seine Nase in ihrem Haar, hält sie nur noch fester und schließt die Augen. Und dann sind die einzigen Geräusche, die er noch wahrnimmt, Ravens Herzschlag und ihr Atem, die sanft und gleichmäßig die Dunkelheit erfüllen.

Am nächsten Morgen erwacht Caewlin trotz dumpfem Schmerz in seinen Armen und Beinen und einem immer noch leise pochenden Kniegelenk mit dem Gefühl vollkommenen Friedens. Eine Weile liegt er ganz still und lauscht. Die ersten Vögel regen sich in den Birkenwäldchen rund um ihr Lager, doch in den anderen Zelten ist alles still. Draußen ist es noch dunkel, aber als er die Hand ausstreckt und die Zeltklappe zurückschlägt, ist die Luft vor dem Eingang grau vom aufsteigenden Morgendunst. Kleine silberne Schwaden kriechen durch das Gras, lecken über die Zeltleinwand und hängen gespenstisch bleich im grauen Zwielicht. In der Feuerstelle schimmert es noch schwach orange und rot durch eine Decke weißer Asche. Wenn niemand Holz nachlegt, geht es aus... Raven regt sich neben ihm und murmelt leise etwas im Schlaf, aber sie wacht nicht auf, auch nicht, als er sie küsst, ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht und aufsteht. Er ist ohnehin wach, also kann er auch aufstehen, sein Bein ausprobieren und sich um das Feuer kümmern. Sein Knie lässt sich anstandslos bewegen und das Bein ohne Schwierigkeiten belasten, wenn es auch weh tut, also beschließt er, Morgana deswegen gar nicht erst zu behelligen und geht nach draußen, um sich der sterbenden Glut anzunehmen. Als das Feuer wieder brennt, geht er zum Bach, wäscht sich mit eiskaltem Wasser, rasiert sich, füllt alle Wasserschläuche und Feldflaschen, die er hatte finden können, hängt sie sich über die Schulter und bringt einen Kessel voll Wasser für Tee oder Cofea mit ins Lager. Zurück am Feuer erwartet ihn dort schon Borgil, der ihm den Kessel abnimmt und ihn an den Dreifuß hängt und ein paar Augenblicke später erscheint auch Olyvar, dicht gefolgt von Cron und zwei verschlafenen Rossknechten. Der Tag verspricht allerdings mehr windig, als schön oder gar heiß zu werden, und mehr als einer fröstelt nach den frühsommerlich warmen vergangenen Tagen in der kalten Morgenluft.
Borgil macht sich an die Zubereitung eines Morgenmahls für alle aus den Restbeständen ihrer Vorräte, Cron geht zu den Pferden und als nach und nach alle anderen, zuletzt schließlich auch noch eine missmutig dreinblickende Niniane, sich am Feuer versammelt und etwas gegessen haben, kümmert Caewlin sich mit Mael, Olyvar, Kaney und den Knechten um den Abbau der Zelte.

Die Sonne ist schon eine Weile aufgegangen, aber sie steigt gerade erst über die Wipfel der Birken, die in sattem, jungen Grün leuchten, und glüht in dunklem Orange und Purpurgrau unter dahintreibenden Wolkenburgen hervor, als auch sie sich endlich zu einer Mahlzeit am Feuer niederlassen können. Dort, wo die Zelte gestanden hatten, sind runde und eckige Abdrücke im hohen Gras, überall stehen halbfertig gepackte Satteltaschen herum oder warten zusammengerollte Decken und verschnürte Bündel darauf, auf den Wagen oder einen Pferderücken zu kommen, von den herumliegenden Sätteln und Trensen ganz zu schweigen. Caewlin allerdings kümmert sich im Augenblick nicht um das verstreute Chaos, sondern widmet sich einem Becher dampfenden Cofeas und einem hastigen Frühstück im Stehen... und dem ersten Augenblick unter immerhin fast vier Augen mit seiner Frau, den er an diesem Morgen hat. Raven hat bereits gegessen, aber sie holt sich noch einmal Cofea und bleibt eine Weile bei ihm - soweit er sehen kann, sind ihrer beider Sachen bereits gepackt - und Olyvar, Mael und Kaney sind auf der anderen Seite des Feuers in eine leise Unterhaltung vertieft und vertilgen dabei in friedlicher Eintracht den Rest von Borgils Maisküchlein. Caewlin vergewissert sich mit einem raschen Blick ihrer Unaufmerksamkeit, drückt seinen leeren Teller einem vorbeieilenden Rossknecht in die Hand und zieht Raven dann näher an sich. "Wenn wir zu Hause sind, Raven, willst du dann noch eine Weile bei Niniane im Baum bleiben? Wenn die beiden nichts dagegen haben natürlich. Ich könnte mir denken, dass sie gerade jetzt ein wenig Hilfe gebrauchen kann, bei der ganzen Arbeit, die im Frühsommer ansteht und Cron wird viel jagen gehen und im Wald sein müssen, wenn sie nicht selbst nach ihrem Larsigrün sehen kann. Und für mich findet ihr sicher auch irgend etwas zu tun... Es wäre vielleicht eine Möglichkeit, ihnen das... nun ja, das ein wenig zu vergelten, was sie für uns getan haben. Ist nur ein Gedanke, aber... was meinst du?" Sie nickt nur und nachdem sie beide ihre Cofeabecher geleert haben und auch das restliche gebrauchte Geschirr eingesammelt und in einem Weidenkorb verstaut ist, machen sie sich mit den anderen daran, das Gepäck, die zusammengerollten Zelte und die übrige Ausrüstung auf die Pferde zu packen oder auf den Wagen zu laden, bis sie eine halbe Stunde später etwa endlich alle aufbruchbereit sind.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Mael Duinc am 08. Aug. 2005, 08:27 Uhr
Morgana wirkt seltsam gelöst, nachdem der letzte Stein seinen Platz auf Phelans Grabhügel gefunden hat. Der Abschied, den sie eigentlich bereits vor einigen Monden vom Walsläufer genommen hatte, hatte seinen Ausklang gefunden. Der Tag geht ebenfalls zur Neige, und als sich die kleine, buntgemischte Reisegruppe bereit zum Aufbruch macht, verstummen die letzten Vögel, der Wind unter den ausladenden Zweigen der alten Tanne schläft ein und eine tiefe Stille breitet sich in der Senke aus. Als die Zeit zum Aufbruch ins Lager kommt, besteigen Máel und Morgana ihre Pferde, und als die Heilerin die Hand des Elfen ergreift und ihn mit ihren blauen Augen ansieht, läßt das letzte Sonnenlicht die grünen Sprenkel in ihnen aufleuchten. Oder ist es ein Glühen von innen? Máel lächelt sie an. Voller Wärme und Zuneigung, die ihn bis in seine blauschwarzen Haarspitzen durchströmt. In den letzten Siebentagen hatten sie alles geteilt, doch erst jetzt ist der Weg in eine gemeinsame Zukunft wirklich frei. Frei von unbeendeten Dingen, die wie ein Steinchen im Stiefel bei jedem Schritt zu spüren sind. Und ihr Blick gibt ihm Zuversicht, daß das Schicksal es diesmal gut mit ihm meint. Der Rückweg verläuft größtenteils schweigend, und erst der Duft von Gebratenem, haucht ihnen allen wieder mehr Leben ein.

Kurz vor Mitternacht erreichen sie die Lagerstätte, und ein einladendes Feuer flackert  zwischen den Zelten und taucht alles in ein zartes Spiel aus Orangerot und Schwarz. Selbst Borgils Zelt sieht zumindest wieder so aus, als verdiente es diesen Namen. Morganas Zurückhaltung was das Kratzen ihrer juckenden Mückenstiche angeht, hat deutlich nachgelassen, und so nimmt Máel ihre Handgelenke mit seinen Händen gefangen. Seine schlanken Finger umschließen sie völlig, und als sie sich herauswinden möchte, zieht Máel die Heilfrau an sich. „Du weißt doch, daß es davon nur schlimmer wird.“, versucht er es mit sanfter Stimme, doch ihre gekräuselten Augenbrauen lassen ihn innehalten. >>Ich werde mit etwas Salbe versuchen den Juckreiz zu beruhigen.<<, antwortet sie jedoch versöhnlich, und schmunzelnd trennen sie sich. Während Morgana das Zelt aufsucht, um die Geschenke der kleinen Quälgeister zu versorgen, begibt Máel sich zum Bachlauf, um sich ein wenig zu erfrischen.

Als sie zum Lagerfeuer zurückkehren, hat der Truthahn bereits ordentlich Fleisch gelassen, und Niniane sieht so satt und zu frieden aus, wie eine Rosine im Kuchen, doch so ganz scheint ihr Hunger noch nicht gestillt zu sein, denn mit spitzen Fingern wandert immer wieder eine Erdbeere in ihren Mund. Wohlige Trägheit erfüllt alle, und das Essen am Feuer ist ein angemessener Ausklang für diesen Tag. Aber vielleicht doch nicht alle. Arwen wirkt abwesend und in sich gekehrt, wie schon seit Beginn der Reise, und als sich Ninianes Blick auf sie heftet zuckt sie ein wenig erschreckt zusammen. Um Beherrschung bemüht, sucht die Anukis-Priesterin den Blick der Halbelbin, und wie auf ein geheimes Zeichen hin, erheben sich die beiden Frauen mit einer leisen Entschuldigung und entfernen sich von den anderen. Máel sieht ihnen nach und fragt sich, was zwischen den beiden vorgefallen sein mag, daß eine greifbare Spannung zwischen ihnen in der Luft liegt. Das geht Dich nichts an., maßregelt er sich selbst, und wird dann von Aurian abgelenkt, die sich ebenfalls erhebt, um sich entschuldigend ein paar stille Momente im Wald zu suchen. „Ich denke zwar nicht, daß es allzu gefährlich hier ist, aber alleine sollte niemand mitten in der Nacht im Wald herumlaufen.“, murmelt Máel Morgana zu, die sich müde und beinahe schnurrend  an seine Brust gekuschelt hat. Ben, paß auf sie auf! Hin und her gerissen zwischen dem Befehl und dem Knochen, den der große Rüde ergattern konnte, erhebt er sich umständlich als Máel ihm mit dem Kinn in Aurians Richtung schickt. Nach einem kurzen Zögern beschließt Ben schnaubend, den Knochen einfach mitzunehmen. Wer weiß schon, ob nicht Stelze, Lupin oder gar Akira die Chance nutzt, diese unbewachte Köstlichkeit nicht verkommen zu lassen, dann trabt Ben davon und verschmilzt schon nach wenigen Schritt Entfernung zum Feuer mit der Schwärze der Nacht.

Der nicht enden wollende Juckreiz von Morganas Mückenstichen beendet schließlich den Abend für die Beiden, und mit allgemeinen Gute-Nacht-Wünschen, verabschieden sie sich, um ihr gemeinsames Zelt aufzusuchen. >>Diese verdammten Viecher, warum haben die sich ausgerechnet mich ausgesucht. Du mußt mir nachher helfen und die Stiche auf meinem Rücken versorgen, schließlich bist du mit Schuld daran, dass ich so zerstochen bin.<< Das breite Grinsen auf ihrem Gesicht verrät schon Morganas Gedanken, bevor sie den nächsten Satz in sein Ohr flüstert. >>Wenn du nicht da gewesen wärst, hätte ich sicher nicht unbekleidet geschlafen und hätte nicht überall gestochen werden können.<< Der Widerschein des Feuers zaubert tanzende Lichtpunkte in ihre Augen, in die Máel eintauchen möchte, um ihr so nah wie möglich zu sein. „Du bist einfach zu süß, darum wollten die Mücken nur Dein Blut.“, neckt der Elf sie ein wenig und bekommt dafür ein gemurmeltes >>Sehr witzig.<< zu hören. „Dann werde ich Dich mal mit Deiner Zaubersalbe verarzten, hm?!“ Máel schließt den Zelteingang während Morgana ihr Kleid abstreift. Eine Vielzahl von kleineren und größeren Mückenstichen überzieht gerötet ihre helle Haut und lassen Máel ahnen, wie unangenehm es gewesen sein muß, den Tag so auf einem Pferd zu verbringen. Sie kramt ein Tigelchen aus einer ihrer Taschen, und als sie den Deckel öffnet, entströmt ihm der Duft von Kräutern. „Lass mich das machen. Du kommst eh nicht an jede Stelle.“ Morgana reicht ihm die Salbe, und als er zwei Fingerspitzen hineintaucht, fühlt sie sich erfrischend kühl an. Máel widmet sich zu erst ihrem Rücken, und Morgana schlingt dabei ihre Arme um ihre Knie. Doch auch die Stellen, die sie durchaus auch alleine erreicht hätte, überläßt sie seinen zärtlichen Fingern. So versorgt ist der nervige Juckreiz fürs Erste erträglich, und aneinander gekuschelt löschen sie das Licht. „Schlaf gut, mein Engel.“, raunt Máel ihr zu, und nach einem langen Gute-Nacht-Kuss gleiten sie rasch in die wohlverdienten Arme des Schlafes.

Ein durchdringendes Summen an Maéls Ohr weckt ihn geraume Zeit später, und er öffnet seine Augen einen Spalt. Das Licht im Zelt ist mehr als dämmrig, und so muß er sich selbst als Elf anstrengen, um den kleinen Quälgeist auszumachen, der seine beiden Opfer umkreist. Als sich die Mücke auf Máels Arm nierderlässt, grinst er siegessicher und wartet, bis sie ihren Rüssel in seine Haut bohrt, um zu trinken. Mit einer flinken Bewegung und einem leisen Klatschen endet das Insekt als rötlicher Fleck auf seiner Haut. „Hab ich Dich, Du Aas!“ Morgana an seiner Seite räkelt sich verschlafen, und murmelt ein „Was?“, ohne wirklich wach zu werden, und Máel betrachtet lächelnd ihre friedlichen Züge eine Weile, bevor er sich lautlos erhebt und frische Kleidung ergreift. Die Luft außerhalb des Zeltes ist feucht und kalt, aber auch frisch und belebend. Der Elf schlüpft in seiner Kleider und beschließt, sich ein Bad an dem kleinen Wasserfall zu gönnen, bevor der allgemeine Trubel wieder erwacht. Das Wasser ist eisig, aber als er wieder heraussteigt, fühlt Máel sich wie ein neuer Mensch.

Halbwegs trocken und mit frischen Kleidern erreicht er das Lager wieder, als Borgil und Caewlin dabei sind, Wasser für Tee oder dieses leckere Gebräu Cofea zu erhitzen. „Guten Morgen zusammen.“, begrüßt er die Frühaufsteher vergnügt, auch wenn der Tag eindeutig weniger schönes Wetter verspricht, als die vorangegangenen. Nach und nach versammeln sich alle zum Frühstück, das Borgil ganz nach seiner Natur für sie alle zubereitet hat, und dann folgt der Abbau des Lagers. „Wenn wir wieder zu Hause sind, freue ich mich auf ein richtiges Bett!“, scherzt Máel und zieht dann Morgana enger an sich, „Und noch auf die ein oder andere Sache.“, fügt er grinsend hinzu. „Vielleicht sollten wir auf dem Markt schauen, ob wir Ian nicht etwas mitbringen können.“

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Cron am 08. Aug. 2005, 17:48 Uhr
Im Lager herrscht geschäftiges Treiben und da die anderen so gut wie alle mit dem Abbau der Zelte und dem Packen beschäftigt sind, schnappt Cron sich die herumliegenden Geschirre, Sättel und Trensen und macht sich bei den Pferden nützlich. Er ist gerade dabei, die prall gefüllten Satteltaschen aus Büffelleder auf Donners Rücken zu schnallen, als Arwen hinter ihn tritt und sich mit einem leisen Räuspern bemerkbar macht. Er wendet den Kopf und sieht auf sie hinunter. Niniane hatte zwar gestern, als sie irgendwann nach Mitternacht mit eiskalten Füßen und klamm vor Nachtkühle zu ihm unter die Pelze gekrochen war, eindringlich davon geflüstert, die Elbin wolle mit ihm sprechen und sein schlaftrunkener Verstand hatte es auch registriert, aber wirklich bewusst wird es ihm erst in diesem Augenblick wieder. Da Niniane jedoch weiter kein Wort über ihr Gespräch mit Arwen verloren hatte, weiß er auch nicht, woran er ist und er hatte sich in den vergangenen Tagen ebenso wie einige andere über das mehr als abweisende Benehmen der Anukispriesterin gewundert. "Oh. Ihr seid es. Ihr wolltet mich sprechen?" Er zurrt die Riemen fest und schließt die Schnallen, dann klopft er Donner den mächtigen Hals. Arwen verknotet ihre Finger, löst sie wieder, verschlingt sie erneut und sieht aus, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie die Flucht nach vorn wagen oder einen hastigen Rückzug antreten soll, aber als sie schließlich doch mit ihrem Anliegen herausrückt, sieht er sie nur lange und nachdenklich an. Dann drückt er ihr Anarvendis' Trense in die Hand. "Kommt und helft mir. Da warten noch mehr Pferde auf ihre Sättel und Zaumzeuge und wir können uns unterhalten." Sie trenst Nachtwind auf, während er Ninianes Jagdstute sattelt und auch ihr Schlafpelze und Gepäck aufschnallt. "Komm schon Mädchen, nicht so aufgeblasen," murmelt er und zieht den Sattelgurt an. "Äh... nicht Ihr," fügt er dann über die Schulter in Arwens Richtung hinzu. "Sie natürlich." Er zurrt den Sattelgurt fest, bringt die Schließen aber beim besten Willen nicht an ihren Platz... Niniane würde nachgurten müssen. "Was Euch angeht, Arwen... Ihr habt mich doch schon um Verzeihung gebeten. Wißt Ihr noch?"

Er dreht sich zu ihr um und lehnt sich einen Moment an die braune Jagdstute, die ihre Mähne ausschüttelt, gähnt und von einem Fuß auf den anderen tritt, ohne dabei wirklich unruhig herumzutänzeln. "Ihr habt mir eine Nachricht im Pfirsich hinterlassen. Falls es Euch irgendwie beruhigt, ich habe Eure Entschuldigung schon damals akzeptiert. Aber es ist wahr, ja. Ihr habt mich beleidigt. Ich sehe das heute noch genauso wie damals. Ich trage es Euch jedoch nicht nach, falls Ihr darauf hinauswolltet." Mit ein paar raschen Handgriffen vergewissert er sich, dass Zaum und Sattel, sowie Taschen und Schlafpelzrollen ansonsten an ihrem Platz sind und geht dann zum nächsten Tier - Borgils Frithpony. "Schließlich," fügt er nach einer Weile noch hinzu, "hattet Ihr wohl wirklich die besten Absichten. Ich denke, Ihr habt es sicher gut gemeint. Das Problem war vielleicht, dass Ihr die menschliche - und damit auch meine - Sicht der Dinge in dieser Angelegenheit so völlig außer Acht gelassen habt. Und es geht nicht alles nach elbischen Wegen und Gesetzen auf Rohas weitem Rund. Wie auch immer... Niniane ist meine Frau geworden, nach jedwedem Recht. Und  was immer daraus entstehen mag, sie wird es auch bleiben." Er bückt sich und greift nach Sattel und Trense von Bildur. Sein Geschirr ist aus dunklem Leder, mit Bronzebeschlägen versehen, die eindeutig von zwergischer Machart sind, und Cron erinnert sich, gehört zu haben, dass Zwerge, wenn sie denn reiten mussten, eine Vorliebe für die schweren, kleinen Pferde des Frithlandes hatten. Bildur ist der einzige seiner Art, den Cron bisher zu Gesicht bekommen hat, aber er kann verstehen, warum die Söhne der Steine diese Pferderasse bevorzugen: Bildur scheint soviel Masse und schiere Kraft zu besitzen, wie ein ausgewachsenes Schlachtross, kann aber bestenfalls ein Stockmaß von fünf Fuß haben. Und mit seinem mächtigen Hals, der breiten Brust, den muskelbepackten Schultern und stämmigen Beinen ist die Ähnlichkeit mit Borgil geradezu frappierend. "Wie der Herr, so das Gescherr oder wie heißt es doch so schön?" Murmelt er, während er dem geduldigen Frithpony den Sattel auflegt und über seine Kruppe hinweg Caewlins Grauem einen missmutigen Blick zuwirft. Ein Teil seiner Gedanken ist jedoch noch immer mit den Worten der Elbin, ihrer händeringenden Entschuldigung und seiner Antwort darauf beschäftigt.

Es ist, als hätte er eben einen flüchtigen Gedanken erhascht, etwas wichtiges, aber er kann seinen Finger nicht genau darauf legen, und das lässt ihm keine Ruhe. Arwen, die seine halb scherzhaften Worte über das Pony gehört haben muss, mustert Borgils Reittier mit einem amüsierten Blick und lächelt dann, während sie sich um ihr eigenes Pferd kümmert. Ein Wunder, dass wir bei all diesen Hengsten keine größeren Schwierigkeiten hatten... obwohl, es war keine der Stuten rossig und sie sind es gewöhnt, im größeren Verband zu gehen. Olyvars schwerer, brauner Jagdhengst, der einst so schön gewesen war und nun von der Nase bis zur Schweifrübe mit verschlungenen, dunklen Narbenmustern bedeckt ist, Aurians Ponystute und Kaneys lammfrommes Tier lassen sich ohne Schwierigkeiten satteln, zäumen und geduldig beim Wagen anbinden. Ravens Brauner und das schwarze Pferd des Elben ebenso, und Arwens Hengst folgt der Elbin ohnehin wie ein Hund. Caewlins Grauer dagegen macht seinem Namen alle Ehre, aber immerhin versucht er nur ein halbes Dutzend Mal, Cron mitten ins Gesicht zu beißen oder ihn an einer Birke zu zerquetschen, bis er endlich den Sattel auf dem Rücken dieses monströsen Elefanten und die Trense in seinem Maul hat. Während die Elbin und er schweigend nebeneinander arbeiten, Satteltaschen und Gepäck auf die hoffentlich richtigen Reittiere verteilen und zuletzt die Wagenpferde einspannen, hängen  sie beide ihren eigenen Gedanken nach und sprechen nur, wenn ihr Tun es unmittelbar erfordert. Es ist merkwürdig, Arwen, einer Hochelbin und Anukispriesterin, die stets so würdevoll und gefasst wirkt, so unwirklich und immer ein wenig über allen Dingen stehend, bei einer so profanen Arbeit wie dem Schließen eines Schweifriemens zuzusehen. Aber sie weiß durchaus, was zu tun ist, soviel zumindest kann er sehen, auch wenn sie auf Vinyamar zweifellos Knechte für derlei Handwerk hat. Es dauert seine Zeit, bis alle Tiere bereit und die Wagenpferde angespannt sind, alle Sattelgurte überprüft, alles Gepäck festgezurrt ist, aber schließlich sind sie fertig. Ach das Lager ist inzwischen vollkommen abgebrochen, die Zelte liegen zusammengerollt und verschnürt auf dem Wagen, die Ausrüstung ist verstaut, das Feuer ausgetreten und die Glut mit Sand und Erde gelöscht. Nichts außer einem Kreis von Flusssteinen, ein paar angenagten Hundeknochen und verstreuten Pferdeäpfeln und den Abdrücken im Gras, wo die Zelte gestanden hatten, erinnert mehr daran, dass hier bis zum Morgen noch ein Lager gewesen war.

Sie versammeln sich am Wagen, den jetzt wieder die Knechte der Steinfaust lenken und nach einem kurzen Moment allgemeinen Wirrwarrs, sitzen sie alle wieder im Sattel. Cron lässt seine Augen noch einmal durch das langgezogenen Tal wandern und wirft dann einen unfrohen Blick in den windverwehten Himmel, der sich mit grauen Regenwolken zuzieht, dann treten sie endlich ihren langen Rückweg an. Niniane reitet neben ihm, ein wenig blass um Mund und Nase, aber sie hält sich tapfer und führt sie alle die gleichen verschlungenen Waldwege und Wildpfade durch das Larisgrün zurück, auf denen sie ihren kleinen Trauerzug schon hergebracht hatte. Die Große Nord-Südstraße wäre zweifellos bequemer als Reiseweg, aber das würde sie zahllose Tausendschritt kosten, die sie erst nach Osten reiten müssten und einen Umweg von mehreren Tagen bedeuten. Bis zum Mittag des ersten Tages hält das Wetter, doch dann zieht es sich endgültig zu und die nächsten zwei Tage verbringen sie in einem feuchten, nebeldurchtränkten Wald voller tiefer, blaugrüner Schatten. Am dritten Tag regnet es von Sonnenaufgang bis tief in die Nacht hinein Bindfäden: lotrecht und stetig rauscht das Wasser in Strömen aus einem zinngrauen Himmel, so stark, dass noch nicht einmal das dichte Blätterdach des Larisgrüns mehr wirklich Schutz davor bietet und sie hängen auf ihren Pferden wie nasse Katzen, bis zu den Nasenspitzen in triefende Umhänge gewickelt. Als sie in dieser Nacht ihr Lager zwischen drei großen Eichen aufschlagen, sind sie nass bis auf die Haut und werden auch nicht mehr trocken. Ohne ein wenig priesterliche Magie hätten sie nicht einmal mehr ein Feuer in Gang gebracht ... und selbst damit qualmt das feuchte Holz entsetzlich und am Morgen stinken sie allesamt nach Rauch. Missmutig und begierig, endlich nach Hause zu kommen, setzen sie ihren Weg fort – all die frühsommerliche Wärme und ungebührliche Frühlingshitze, die im Sturmwind und am Anfang des Grünglanzmondes so vielversprechend in den Herzlanden Einzug gehalten hatte, scheint nur noch eine Erinnerung, denn das Wetter hat keinerlei Barmherzigkeit mir ihnen und wird nicht einen Deut besser.

Titel: Re: Der Heideweg
Beitrag von Arwen am 09. Aug. 2005, 22:31 Uhr
Die vergangene Nacht ist für Arwen alles andere als ruhig gewesen. Genau genommen hat sie überhaupt keine Ruhe gefunden, zu viele Gedanken haben ihre Aufmerksamkeit gefordert. Niniane hatte ihre Entschuldigung angenommen, ihr aber auch in vertraut-unverblümter Art den Kopf gewaschen… und Arwen damit einiges zu denken gegeben. Immer wieder hört sie Ninianes Worte, sanft und doch unerbittlich. > Ja, was dir geschehen ist war schrecklich. Aber du hast es getan, um Falcons Leben zu retten, verdammt noch mal. Und so sehr es auch schmerzt, das jetzt zu hören - du hast das richtige getan. Ich hätte nicht anders gehandelt. Was immer man über Falcon sagen kann, er war dein Gemahl und du hast ihn geliebt. Was hättest du sonst tun können? Sterben? < Ja, es schmerzt, das zu hören, und das nicht minder, je öfter sie sich die Worte der Waldläuferin ins Gedächtnis ruft. Vielleicht hätte sie sterben sollen, vielleicht hätte sie Falcons Wunsch nachgeben sollen, als der genau das von ihr verlangt hatte: Gemeinsam mit ihm von eigener Hand zu sterben um Tyalo und Kalmir den Triumph zu nehmen. Doch im selben Moment, wo der Gedanke da ist, weiß sie, dass das der falsche Weg gewesen wäre, dass sie das nicht gekonnt hätte, nicht mit Rialinn unter dem Herzen. Sie hätte sich und damit ihr ungeborenes Kind nicht töten können, ehe es auch nur einmal das Licht Shenrahs erblickt hatte. Das Kind, das Falcon niemals gesehen hatte; er hatte nicht einmal gewusst, dass es eine Tochter sein würde. Er war in den Tod gegangen, ehe sie selber das gewusst hatte. >Was hatte Kalmir denn von dir? Ein Stück Fleisch, mehr nicht. Er hatte weder deine Seele, noch dein Herz, noch deinen Geist oder Verstand, nichts von dem, was dein Wesen ausmacht…. Arwen, wenn du die Erinnerungen nicht loslässt, wenn du ihm und dir nicht vergeben kannst, dann werden sie dich heimsuchen so lange du lebst.< Ein Stück Fleisch…
Hatte Kalmir das in ihr gesehen? Ein Stück Fleisch? Eine Sache, die er nur benutzt hatte um Falcon mit dem was er tat mehr zu quälen als jeder körperliche Schmerz es gekonnt hätte? So hart das auch klingen mag, Niniane hat damit recht, je mehr Arwen darüber nachdenkt, desto klarer wird ihr das. Sich das einzugestehen ist nicht einfach, und es schmerzt fast eben so sehr wie die Erinnerungen. Die Gedanken lassen sie keine Ruhe finden, die dunklen Tiefen der Trance sind ihr in dieser Nacht ferner als die Sterne, deren silbernes Licht den samtdunklen Himmel schmückt. Es ist noch lange vor Morgengrauen, am Horizont zeigt sich noch nicht einmal die Ahnung eines rötlichen Bandes das den Sonnenaufgang ankünden würde, als Arwen es schließlich aufgibt Ruhe zu suchen. Sie schnappt sich den Beutel mit frischer Wäsche, ein Handtuch aus weichem Leder und verlässt das Zelt, das sie in dieser Nacht für sich alleine gehabt hatte. Aurian hatte die Nacht anscheinend im Wald verbracht; etwas, das Arwen erst jetzt bewusst wird. Doch der Gedanke wird schnell wieder von anderen verdrängt, während Arwen sich auf den Weg zu dem Teich unter dem Wasserfall macht. Wie kann ich die Erinnerungen loslassen, wo sie mich doch nicht loslassen? Hat Niniane auch damit Recht? Lassen sie mich nicht los, weil ich nicht verzeihen kann? Aber wie kann ich Kalmir verzeihen, was er getan hat? Wie kann man so etwas verzeihen? Nichts kann es ungeschehen machen, nichts wird die Erinnerung je vergehen lassen… was hat Vater gesagt? Es tut immer weniger weh, je öfter man sich erinnert, jeder Mond, jeder Jahrestanz der vergeht nimmt dem Schmerz etwas von seinem Biss… Oh Vater ich wünschte, Du hast Recht, aber es dauert so lange, bis der Schmerz nachlässt, so lange… und ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe, so lange durchzuhalten,… Lange noch kreisen ihre Gedanken darum, dass Niniane meinte, sie müsse sich selber verzeihen und die Erinnerungen loslassen, wenn sie je von ihnen frei sein wolle, wenn sie den Verrätern nicht noch im Nachhinein den Sieg schenken wolle. Er hatte nur meinen Körper, nun ja, 'nur' ist die Untertreibung des Jahres… aber er hatte nicht mich, nicht Seele, Herz, Geist oder Verstand, auch wenn es mich fast den verstand gekostet hat… Sich selber vergeben… das scheint Arwen fast noch schwerer als Kalmir zu verzeihen. Denn es bedeutet sich eingestehen zu müssen, dass sie sich selber nicht verzeihen kann. Sich selber zu vergeben, dass sie aus eigenem Willen - von freiwillig kann in Anbetracht der Situation beim besten Willen nicht geredet werden - dass sie aus eigenem Willen dem Handel zugestimmt hat. Ihre Gründe dafür, die Niniane ebenso wie ihre Entscheidung als richtig bezeichnet hat, die kann sie vor sich selber nur schwer als Rechtfertigung akzeptieren. Eine kleine, gemeine Stimme in ihrem Unterbewusstsein pocht immer nur darauf, dass sie ihren Treueschwur gebrochen hatte; und diese Stimme ist nur schwer zum Schweigen zu bringen.


Taunasses Gras kitzelt sie an den Füßen, streicht seidensanft über ihre Beine, und dort wo sie geht, flattern empörte Falter aus dem Gras auf; Nachtfalter, die sich zu den Stunden des nahenden Morgens zur Ruhe begeben. Stille liegt über dem Tal, Nebel wabert über dem Boden und hängt zwischen Birken und Büschen wie Seidentücher. Dieser Morgen ist in Stimmung und Temperatur dem Herbst ähnlicher als dem ungewohnt warmen Frühjahr, das bisher die Herzlande erfreut hatte. Und das Wasser des Teiches ist noch um einiges kälter als die nachtkühle Luft. Und so nimmt es nicht wunder, dass Arwen sich bibbernd und schlotternd mit dem Bad beeilt. Fast fluchtartig verlässt sie das Wasser wieder, um sich rasch abzutrocknen und anzukleiden, aber immerhin ist sie jetzt trotz fehlender Ruhe mehr als wach. Ein Blick in den sich langsam mit Wolken zuziehenden Himmel, sie streift das lederne Wams über und schließt die Schnüre. Dieser Tag scheint sich nicht der Wärme seiner Vorgänger anschließen zu wollen.
Auf ihrem Weg zurück ins Lager begegnet sie Máel, den scheinbar trotz der Morgenfrische das kalte Wasser eines Bades zu locken scheint. Im Lager selber ist trotz der frühen Stunde bereits rege Betriebsamkeit ausgebrochen, und es dauert nicht lange, bis sich nach und nach alle zu einem recht ungemütlichen Frühstück im Stehen rund um Borgil, die höchst willkommene Wärme des Feuers, Cofea, heißen Tee (für alle, die das hustensaft-bittere, schwarze Gebräu nicht ohne Rahm und Zucker oder wenigstens Honig herunter bekommen) und Maisküchlein versammeln. Viel gesprochen wird an diesem Morgen nicht, dafür sind alle zu sehr mit dem Packen ihrer Taschen, Bündel, Decken und Schlafpelze beschäftigt - oder in Gedanken schon auf dem Heimweg nach Talyra.

Als Cron sich aufmacht, die Pferde zu satteln und zu zäumen, folgt Arwen ihm nur wenig später. Wenn nicht jetzt bei den Pferden, würde sie vermutlich keine Gelegenheit mehr finden, ehe die Mauern Talyras in Sichtweite kämen. Aber auch dieses Wissen macht es ihr nicht einfacher, als er sie ansieht. Es dauert scheinbar endlose Augenblicke, bis Arwen sich zwischen Flucht nach vorn und Rückzug entscheiden kann: Flucht nach vorne. Sie stolpert mehr als einmal dabei über ihre eigenen Worte, und ihre Finger gleichen mittlerweile einem gordischen Knoten, ringt sie doch mit ihnen wie mit den Worten. Eine Antwort bekommt sie nicht sofort, stattdessen drückt der Nordmann ihr die Trense von Ninianes Stute in die Hand und heißt sie, ihm bei den Pferden zu helfen. Schweigend trenst sie Nachtwind auf, während er sich um den Sattel kümmert. >Komm schon Mädchen, nicht so aufgeblasen… Äh... nicht Ihr… Sie natürlich.< Arwen muss trotz ihrer Anspannung lächeln, als Cron scheinbar annimmt, sie könne seine Worte an das Pferd auf sich beziehen; und sie ist schon Schlimmeres geschimpft worden als aufgeblasen. >Ihr habt mich doch schon um Verzeihung gebeten. Wisst Ihr noch? Ihr habt mir eine Nachricht im Pfirsich hinterlassen. Falls es Euch irgendwie beruhigt, ich habe Eure Entschuldigung schon damals akzeptiert. Aber es ist wahr, ja. Ihr habt mich beleidigt. Ich sehe das heute noch genauso wie damals. Ich trage es Euch jedoch nicht nach, falls Ihr darauf hinauswolltet.< "Ich war mir nicht sicher, ob die Nachricht euch damals erreicht hat. Und ja, das ist es, worum es mir geht. Es tut mir leid, und ich schäme mich noch heute dafür, dass ich meine Worte so ungeschickt gewählt habe. Nichts lag und liegt mir ferner, als euch beleidigen zu wollen." Die Erwiderung, dass es auf Rohas weitem Rund nicht nur nicht ausschließlich nach elbischem Recht gehe, sondern auch nicht nur nach dem Recht der Menschen, die schluckt Arwen ungesagt und nahezu ungedacht herunter. An einer solchen Diskussion der Rechte und Gesetze sind schon weisere Köpfe gescheitert, und sie ist die Letzte, die sich dazu ein Urteil erlauben wird. >Niniane ist meine Frau geworden, nach jedwedem Recht. Und was immer daraus entstehen mag, sie wird es auch bleiben.< "Nichts anderes habe ich schon damals erhofft, Cron. Ich bin garantiert die Letzte, die an eurer Verbindung Anstoß nehmen würde. Wenn es zwei Wesen auf Rohas weitem Rund gibt, die für einander bestimmt sind, dass ihr und Niniane. Das würde selbst ein taubstummer Blinder erkennen."
Shurs Zaum in der Hand sieht sie Cron zu, wie er das stämmige Pony des Harfenwirtes aufzäumt und sattelt, und seine leisen Worte über die Ähnlichkeit von Ross und Reiter vertreiben ein wenig die angespannte Beherrschtheit aus Arwens Gesicht. Ein Lächeln spielt um ihren Mund und erreicht auch ihre Augen. Die Ähnlichkeit der Statur von Bildur und Borgil ist allerdings auch frappierend. Schweigend arbeiten sie weiter, gehen von einem Pferd zum nächsten, Ravens Brauner, die Ponys von Aurian und Kaney, der narbengezeichnete Jagdhengst des Lord Commanders… Arwen erinnert sich an die berichte der Novizinnen vom Feldzug, wie das Pferd zugerichtet gewesen war, dass  Olyvars Knappe aber nicht hatte dulden wollen, dass jemand das Tier von seinem Leiden erlöst, sondern darauf bestanden hatte, es zu versorgen wie die anderen Verwundeten auch, wie der Junge das Pferd mit gezogener Waffe verteidigt und sie schließlich zahllose Wunden gewaschen und genäht und doch keine Hoffnung für das Pferd gehabt hatten, bis Niniane gekommen war und es zum Aufstehen gebracht hatte. Wenig mehr als einen Jahreslauf war das nun her. Wortlos aber Hand in Hand geht es weiter, werden Taschen, Decken und aufgerollte Pelze auf den Pferden verteilt. Und erst als die Schnallen nicht passen wollen, fällt Arwen auf, dass sie beinahe die Satteltaschen von Morgana und Máel vertauscht hätte. Auch beim Anschirren der Wagenpferde fällt kaum ein Wort, doch Arwen spürt die Blicke des Nordmanns sehr wohl, die der manchmal in ihre Richtung wirft, und es verwirrt sie. Er tut fast so, als habe er mich noch nie… nein, hat er auch noch nie. Woher soll er wissen, dass ich in meinen Lehrjahren bei Naurgol ebenso Pflichten im Haus und auf dem Feld hatte, wie ich in anderen Dingen unterwiesen wurde? Es wäre sicher interessant, sein Gesicht zu sehen, wäre er dabei, wenn auf Vinyamar geschlachtet wird.

Irgendwann ist alles fertig, die Pferde gezäumt und gesattelt, das Gepäck entweder auf den Pferden oder dem Wagen verstaut, und einer nach dem anderen schwingt sich in den Sattel. Kaney kommt unterdessen ohne fremde Hilfe in den Sattel seines Ponys, und da die Landung in selbigem nicht mehr zu immer neuen Grimassen führt, scheint sich seine Rückseite nach den Tagen im Sattel an die reitende Fortbewegung gewöhnt (und sich eine Schicht Hornhaut zugelegt) zu haben. Aurian erscheint nur wenig vor dem Aufbruch in Begleitung von Ben, der noch immer den Knochen wie eine Trophäe mit sich herum trägt. Nur dass an dem Knochen inzwischen auch die emsigste Ameise keine Fitzel Fleisch mehr finden würde. Es hätte wohl nicht mehr viel gefehlt, und Máel hätte sich auf die Suche nach Mädchen und Hund gemacht. Den Schatten unter ihren Augen nach zu urteilen hat die junge Halbelbin in der letzten Nacht eben so wenig Ruhe gefunden wie Arwen, gefrühstückt hat sie auch nichts. Wortlos steigt das Mädchen auf ihr Pony und wirkt unter ihrem Mantel fürchterlich klein und zusammengesunken.
Das Wetter hat kein Einsehen mit ihnen. So unerbittlich, wie auf dem Hinweg die Sonne auf sie hernieder geschienen hatte, so gnadenlos ist nun auf dem Rückweg der Regen. Noch vor dem Morgengrauen des dritten Tages hat er begonnen, und seit dem nicht einen Augenblick nachgelassen. Der Boden ist unterdessen weich und tief, was es für Zugpferde und Wagen nicht eben einfacher macht voran zu kommen. Und die Stimmung der Reisegesellschaft nähert sich immer mehr dem Grau des Himmels an, nass und verfroren wie sie sind. Jeder hat sich in seinen Mantel gewickelt, bei keinem schaut mehr als die Nasenspitze heraus. Und trotzdem sehen sie alle aus wie frisch getauchte Katzen, nass bis auf die Knochen, als sie am Abend ihr Lager im Schutz dreier Eichen aufschlagen. Die Bäume halten längst nicht mehr den Regen ab, aber wenigstens trifft er sie hier nicht ganz so heftig. Feuerholz lässt sich nur in nassen Zustand finden, und angesichts der Anwesenheit diverser Elben, Priesterinnen und einer Magiernovizin versuchen die Rossknechte erst gar nicht, mit Zunder und Feuerstein Feuer zu machen. Arwen wechselt einen kurzen Blick mit Niniane, dann sorgen sie gemeinsam für ein Feuer, ein ziemlich qualmendes Feuer, aber ein Feuer. Aurian, die vielleicht auch ein Feuer hätte entfachen können, hält sich abseits. Denn in dem Maße, wie Arwen nach ihrem Gespräch mit Niniane langsam in die Gruppe zurückfindet, hält Aurian sich schweigsam und nachdenklich im Hintergrund. An ein richtiges warmes Essen ist bei dem Wetter nicht zu denken, aber immerhin reicht es, um heißen Tee zu kochen und den Rest Reisebrot zu rösten. Dazu macht ein Stück Schinken die Runde, das Arwen aus ihren Satteltaschen geholt und von seiner Hülle aus grünen Blättern befreit hat.

Wirklich Ruhe findet in dieser von stetigem Regen durchfeuchteten Nacht keiner von ihnen, und auch das Feuer kann kaum bis zum Morgen am Leben erhalten werden, und dankt ihnen ihre Bemühungen obendrein mit so dichtem Qualm, das man meinen könnte, ein Alchemist habe sein brodelndes Labor ins Larisgrün verlegt. Der neue Tag beginnt eben so nass und kalt wie der alte geendet hat. Niemanden verlangt es nach einem unnötigen Aufenthalt unter den Eichen, und so gerät das Morgenmahl recht kurz und knapp. Der Vorrat an Cofea ist aufgebraucht, und so findet der heiße Tee dankbare Abnehmer nach dieser regenkalten Nacht. Lange halten sie sich damit allerdings nicht auf. Und schon wenig später kündet nur ein mit Erde und nassem Laub abgedecktes Häuflein nasser Asche von ihrem Lagerplatz. Die Pferde sind ebenso nass wie ihre Reiter und entsprechend schlecht gelaunt. Borgils Frithpony scheint unbedingt seine Differenzen vom Hinweg mit Aurians Pony wiederbeleben zu wollen und selbst Shur, sonst die Sanftmut auf vier Hufen, legt drohend schnaubend die Ohren an, als Máels Pferd ihm einmal zu nahe kommt, woraufhin Arwen ihn durchpariert und sich ans Ende der Kolonne zurückfallen lässt, bis der Grauschimmel sich wieder beruhigt hat. Es geht schon die ganze Reise viel zu gut mit all den Hengsten in der Gruppe, was sie jetzt am wenigsten brauchen können, sind unnötige Rangkämpfe am letzten Tag der Reise.
Sie alle wollen nur noch nach hause, und das möglichst rasch. Eine Rast zur Mittagszeit um die Pferde sich erholen zu lassen ist alles, wozu sie sich bei dem stetig fallenden Regen durchringen können. Nur wenig später geht es weiter durch offenen Wald und über Lichtungen voller Rainfarn und Smaragdgras, weiter durch Haine von Kastanien, Silberpappeln und Rotahorn, weiter durch Birkenhaine, Sumpfkiefernwälder und Weidendickichte, die im Regen nichts von ihrer Schönheit auf dem Hinweg haben, als das junge Grün der Bäume im Licht von Shenrahs Auge leuchtete. Die Sonne hat sich seit ihrem Aufbruch in dem kleinen Tal mit dem Wasserfall hinter regenschweren Wolken versteckt. Und auch jetzt ist das Nahen des Abends nicht an einem in Feuer getauchten Himmel zu erkennen, sondern daran, dass die Wolken sich von einem hellen Zinngrau zu bleierner Schwere verfärben. Doch auch das immer trüber und spärlicher werdende Licht kann der Reisegruppe nun nicht mehr die Stimmung trüben. Sie wissen es, und ebenso ihre Pferde. Ohne, dass auch nur einer sein Reittier antreiben muss, beschleunigen die ihren Schritt, scheinen Stall, Trockenheit und Futter über viele Tausendschritte zu wittern, so sehr drängen sie plötzlich vorwärts.
Die Nachtfeuer auf den Mauern sind das erste, was sie in der aufziehenden Dunkelheit erkennen können, dann die erleuchteten Bögen der Nyzemia und der bronzene Löwe. Olyvar hat die Spitze des Zuges übernommen, nicht ohne Grund, denn als sie das Stadttor erreichen, winken die Wachen ihren Lord Commander und die Reisegruppe ohne weitere Fragen oder Verzögerungen durch. Es hat etwas angenehm Vertrautes, die Hufe der Pferde über die wetterbedingt leeren Straßen der Stadt klappern zu hören. Und der Gedanke an ein heißes Bad hat etwas höchst Verlockendes.  




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